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Full text of "Krystallsysteme und Krystallstructur"

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UC-NRLF 


REESE  LIBRARY  ■    5 

iir  1 III. 

UNIVERSITY  OF  CALIFORNIA. 


1  'X 


KRYSTALLSYSTEME 


UND 


KRYSTALLSTRUCTUR 


VON 


db.  abthur  schoenflies, 

PBIYATSOORT  DER  MATHEMATIK   AH   DER  UNITERSITIT   OÖTTUfaBH. 


MIT   73   IN   DEN   TEXT   GEDRÜCKTEN   FIGUREN. 


"> 


LEIPZIG, 

DRUCK   UND  VERLAG  VON  B.  G.  TEÜBNER. 
1891. 


^^^^3 


Yo  r  w  o  r  t. 


In  der  Behandlung  derjenigen  Fragen,  welche  die  Ein- 
theilung  der  Krystalle  nach  den  Symmetrieeigenschaften,  sowie 
die  Theorie  der  Structur  betreffen,  ist  man  in  den  letzten 
Jahrzehnten  mehr  und  mehr  von  der  empirischen  zur  deduc- 
tiven  Methode  übergegangen.  Wir  verdanken  diesem  Schritt 
die  Erkenntniss,  dass  sich  ^ie  Systematik  der  Ery  stalle  aus 
einem  einzigen  Grund^es^ier  und  die  Theorie  der  Structur 
aus  einer  einzigen  fundamentalen  Hypothese  in  mathematischer 
Weise  ableiten  lässt. 

Nach  moderner  Ansicht  tritt  die  Eigenart  der  Erystall- 
snbstanz  in  der  Abhängigkeit  des  physikalischen  Verhaltens 
Yon  der  Richtung  in  die  Erscheinung.  Das  Grundgesetz, 
welches  das  physikalische  Verhalten  regelt,  ist  das  Symmetrie' 
gesetz.  Wie  HesseH)  zuerst  gelehrt  hat,  kann  es  im  Ganzen 
genau  32  durch  ihre  Symmetrie  yon  einander  verschiedene 
Krystallclassen  geben.  Diese  32  Classen  mit  durchaus  ele- 
mentaren Hilfsmitteln  aufzustellen,  bildet  die  Aufgabe,  deren 
Losung  ich  in  dem  ersten  Theil  dieser  Schrift  unternom- 
men habe. 

Der  zweite  Theil  enthält  eine  ausführliche  Erörterung 
der  Theorieen  der  Krystallstructur.  Die  Structurtheorieen 
knüpfen  bekanntlich  an  Bravais  und  Sohncke  an;  sie  gehen 
von   der   allseitig   angenommenen   Hypothese   aus,    dass    die 

1)  Vgl.  hierüber  die  während  des  Druckes  dieser  Schrift  erschienene 
Arbeit  von  Sohncke,  Die  Entdeckung  des  EintheilnDgsprincips  der 
Krystalle  durch  J.  F.  C.  Hessel,  Zeitschr.  f.  Eryst.,  Bd.  18,  S.  486. 


-    IV    - 

Stractur  der  Krystalle  ihren  Ausdruck  in  der  regelmässigen 
Anordnung  der  Molekeln  findet.  Hieran  anschliessend  habe 
ich  mir  die  Aufgabe  gesetzt,  zu  erörtern,  welche  Structur- 
theorieen  auf  Grund  der  eben  genannten  Hypothese  überhaupt 
möglich  sind,  und  in  welchem  Yerhältniss  die  verschiedenen 
Structurauffassungen  zu  einander  stehen/  Ferner  ist  die  Frage 
eingehend  geprüft  worden,  welche  speciellen  Annahmen  über 
Form  und  Qualität  der  Molekel  den  einzelnen  Theorieen  zu 
Grunde  liegen,  und  welche  weiteren  Folgerungen  implicite  mit 
ihnen  verbunden  sind.  Durch  ausführliche  Untersuchung  dieser 
Fragen  hoffe  ich  das  abschliessende  Urtheil  über  den  Werth 
oder  Unwerth  der  einzelnen  Structurvorstellungen  erleichtert 
zu  habeu.  Eine  mathematische  Entscheidung,  welcher  Theorie 
der  Vorzug  gebührt,  ist  allerdings  unmöglich;  hierfür  können 
nur  physikalische  oder  speciell  krystallographische  Gesichts- 
punkte massgebend  sein.  Um  so  mehr  scheint  es  aber  ge- 
boten, die  geometrische  Seite  des  Problems  zu  erledigen  und 
auf  alle  diejenigen  mathematischen  und  *  krystallographischen 
Consequenzen  hinzuweisen,  welche  jeder  einzelnen  Theorie 
eigenthümlich  sind. 

Bei  dem  besonderen  Interesse,  welches  seit  kurzer  Zeit 
den  Theorieen  der  Krystallstructur  entgegengebracht  wird, 
gebe  ich  mich  der  Hoffnung  hin,  einen  günstigen  Zeitpunkt 
für  meine  Arbeit  gewählt  zu  haben. 

Göttingen,  August  1891. 

A.  Schoenfiies. 


Inhaltsverzeichniss. 


Erster  Abschnitt. 

Die  KrystaUsysteme  und  ihre  Unterabtheilnngen. 
Einleitung. 

°  Seite 

§  1—2.   Definition  der  Kry'atalle 3 

§  3—4.   Gleichwerthige  Richtungen 6 

§  5—7.   Symmetrieeigenschaften  und  Deckoperationen 8 

§  8.    Symmetrie  der  Krystalle 13 

§  9—10.  Eintheilung  der  Krystalle 14 

# 
Gap.  I.    Allgemeine  Sätze  über  Operationen  und 

ihre  Zusammensetzung. 

§  1.   Aequivalente  Bewegungen 20 

§  2.   Drehung  um  eine  Axe 21 

§  3 — 4.   Zusammensetzung  yon  Drehungen 22 

§  6.   Der  Euler'sche  Satz 25 

§  6—8.   Die  Operationen  zweiter  Art 26 

§  9.   Die  typischen  Formen  der  Bewegungen  und  Operationen  zweiter 

Art • 29 

§  10.   Znsammensetzung  beliebiger  Operationen 30 

Cap.'II.    Das  Rechnen  mit  Operationen. 

%  1.   Einführung  neuer  Bezeichnungen 31 

§  2.   Potenzen  von  Drehungen 32 

§  3.   Die  Identität 33 

§  4—5.   Producte  yon  Drehungen * 34 

§  6—7.   Producte  und  Potenzen  yon  beliebigen  Operationen.   ...  36 

§  8.   Scfalnssbemerkung 42 


-    VI    - 

Cap.  III.    Der  Gcuppenbegriff. 

§  1.   Die  Symmetrieeigenschaften 43 

§  2.    Die  Potenzen  und  Prodacte  der  Deckoperationen 44 

§  3—5.   Die  Symmetrieaxen  erster  Art 45 

§  6.    Die  Symmetrieaxen  zweiter  Art.    .    .    .  ' 49 

§  7 — 8.    Die  Abhängigkeit  der  Symmetrieeigenschaften  von  einander  52 

§  9—10.   Der  Gruppenbegriff 54 

Cap.  IV.    Die  Drehungsgruppen  und  die  ihnen^ 
entsprechenden  Erystallclassen. 

§  1.   Definition  der  Drehungsgruppen 57 

§  2.  Die  KrystallclasBen  mit  einer  einzigen  Symmetrieaze  ....  57 
§  3—5.   Die   Kry stalle! aasen    mit   einer   Hauptaze   und   mehreren 

Nebenaxen 58 

§  6—8.   Die  Krystallclassen   mit  mehr  als  einer  n- zähligen  Axe 

(n>2).  Ihre  Beziehung  zu  den  regelmässigen  Körpern  .  .  62 
§  9 — 13.   Aufstellung  der  Erystallclassen  mit  mehr  als  einer  n-zäh- 

ligen  Axe  (»>2) 69 

§  14.   Tabelle  der  Krystallclassen,  die  nur  Symmetrieaxen  besitzen  72 

Cap.  V.    Die  Gruppen  zweiter  Art 

§  1 — 3.    Gruppen  mit  einer  Axe  zweiter  Art 75 

§  4.   Beziehung  der  Gruppen  zweiter  Art  zu  den  Gruppen  erster  Art  81 

§  6.   Eintheilung  der  Gruppen  zweiter  Art 85 

§  6—9.    Gruppen  zweiter  Art  mit  einer  Symmetrieaxe 85 

§  10.    Allgemeiner  Satz  über  die  Ableitung  der  Gruppen  zweiter  Art  90 

§  11—16.   Die  Diedergruppen  zweiter  Art 91 

§  16.  Die  Tetraedergruppen  zweiter  Art 97 

§  17.   Die  Octaedergruppe  zweiter  Art 99 

§  18.   Tabellen 101 

Cap.  VI.    Die  Krystallsysteme. 

§  1—3.   Eintheilung  der  Krystallclassen  in  Systeme 106 

§  4—5.   HauptabtheiluDg  und  Unterabtheilungen 112 

§  6.   Der  monogonale  Typus 115 

§  7.   Der  digonale  Typus 116 

§  8.   Der  trigonale  TjpuB 118 

§  9.    Der  tetragonale  Typus 119 

§  10.   Der  hexagonale  Typus 121 

§  11'.   Der  reguläre  Typus 122 

§  12.    Allgemeiner  Character  der  Eintheilung  in  Typen 124 

§  13—15.   Die  gewöhnlichen  Krystallsysteme 125 


-    VII    — 

Seite 

§  16.   Das  trikline  and  monokline  System 129 

§  17.   Das  rhombische  System 130 

§  18.   Hauptgruppen  und  Untergruppen 131 

§  19.   Gruppentheoretische  Beziehung   zwischen  den  Claasen  des- 
selben Kry  stall  Systems 133 

§  20.   Ausgezeichnete  Untergruppen  und  ihre  Beziehung  zum  Kry- 

stallsystem 134 

§  21.    Beziehung  zwischen  der  Zahl  der  Deckoperationen  der  Haupt- 
gruppen und  Untergruppen 139 

§  22.   Holoedrieen  und  Meroedrieen 143 

§  23—24.   Tabellen  der  Erystallsysteme  und  ihrer  Unterabtheilungen  146 

Cap.  VII.    Die  Krystallformen. 

§  1.   Die  N  gleichwerthigen  Geraden 153 

§  2.   Besondere  Lagen  der  N  Geraden 165 

§  3—4.   Die  einfache  Krystallform 158 

§  6—6.   Beziehung  der  Krystallform  zu  den  Symmetrieelementen  .  161 

§  7—8.    Zahl  der  Flächen  und  Kanten  der  Krystallform 164 

§  9—13.    Das  reguläre  System 169 

§  14—16.    Die  Krystallsysteme  mit  einer  zwei-,  drei-,  vier-  oder 

sechszähligen  Hauptaxe 177 

§  16.    Combination  von  Krystallformeü 182 

§  17.   Die  Benennungen  der  Unterabtheilungen 183 

§  18—20.    Kaleidoscopische  Erzeugung  der  Krystallformen.    .    .    .  186 

Cap.  Vni.    Analytische  Darstellung  der  Sym- 
metrie Verhältnisse. 

§  1 — 2.   Coordinatentransformationen  und  Substitutionen '  195 

§  3.   Die  Coordinaten  der  gleichwerthigen  Punkte 198 

§  4 — 6.   Das  digonale  und  monogonale  System 200 

§  6.   Allgemeiner  Satz  über  die  Coordinaten  der  gleichwerthigen 

Punkte       203 

§  7.   Erzeugende  Operationen  und  Substitutionen 204 

§  8—10.   Die  Erzeugungsarten  der  einzelnen  Gruppen 207 

§  11—13.   Öas  trigonale  System 211 

§  14—16.   Das  tetragonale  System 216 

§  16—19.   Das  hexagonale  System 219 

§  20.   Das  reguläre  System 223 

§  21.   Die  Normalen  der  Krystallformen 226 

Cap.  IX.    Physikalische  Consequenzen. 

§  1 — 2.    Die    Symmetrie    der    einzelnen    physikalischen    Erschei- 
nungen   .    .    .    ,  • , 227 


—  vni  — 

Seite 

§  3.   Eintheilang  der  Erystalle  für  Erscheinungen  mit  einem  Sym- 

metriecentmm 229 

§  4.   Beispiele  aus  der  mathematischen  Physik 231 

Zweiter  Absehnitt. 
Theorie  der  KrystallBtruotur. 

Cap.  I.    Die  fundamentalen  Hypothesen. 

§  1.   Die  Structur  der  homogenen  Körper 237 

§  2^3.   Hypothese  über  die  Strnctar  der  Krystallsubstanz ....  238 

§  4.   Zweck  der  Stracturtheorieen 240 

§  5— -6.   Die  Theorie  von  Bravais 240 

§  7.   Die  an  Wiener-Sohncke  anschliessenden  Theorieen    .    .   .  243 

§  8.   Die  Symmetrie  der  Molekelhanfen 244 

§  9.   Werth  der  Stracturtheorieen 246 

Cap.  IL    Raumgitter  und  Translationsgruppen. 

§  1.   Die  regelmässigen  Punktgebilde 260 

§  2—3.   Die  Zusammensetzung  der  Strecken  und  Translationen.   .  252 

§  4.   Die  TranslatioDSgruppen 255 

§  5.   Die  lineare  Translationsgruppe 258 

§  6.   Die  ebene  Translatiopsgruppe 259 

§  7.   Die  r&umlichen  Translationsgruppen 261 

§  8—10.    Systeme  primitiYer  Translationen 264 

§  11—12.   Primitive  Translationstripel  der  räamlichen  Gruppen.   .  268 
§  13.  Invarianter  Inhalt  der  primitiven  Parallelogramme  und  Pa- 

rallelepipeda 272 

Cap.  lU.    Symmetrische  Punktnetze  und  Baumgitter. 

§  1.   Der  Symmetriecbaracter  der  Punktnetze  und  Baumgitter  .    .  275 

§  2.   Symmetrie  der  Punktnetze 276 

§  3.   Die  symmetrischen  Netze 278 

§4—5.   Die  Symmetrieverhältnisse  der  Baumgitter  ...*...  281 
§  6—7.   Die  Systeme  primitiver  Translationen  der  symmetrischen 

Gitter 284 

§  8.   Die  Gitter  vom  triklinen  und  monoklinen  Typus 290 

§  9—10.    Die  Gitter  vom  rhombischen  Typus 292 

§  11.   Die  Gitter  vom  rhomboedrischen  Typus 296 

§  12.   Die  Gitter  vom  tetragonalen  Typus 297 

§  13.   Die  Gitter  vom  hexagonalen  Typus 299 

§  14.   Die  Gitter  vom  regulären  Typus 300 

§  15.   Tabelle  der  BAumgitter • 301 


-    IX    — 

Cap.  IV.    Die  Bravais'sche  Theorie.  g^.^^ 

§  1.   Die  Molekelgitter 305 

§  2.   Homogene  Natur  der  Molekelgitter 306 

§  3—4.  Symmetriecbaracter  der  Molekelgitter 307 

§  5—6.   Darstellung  der  Bravais'Bchen  Gittertheorie 310 

§  7.   Die  Yariabeln  Parameter  der  Molekelgitter 315 

§  8.   Die  BravaiB*8cbe  Grenzbedmgung 817 

§  9.   Zusammenhang  zwischen  der  BrayaiB^scben  Gittertheorie  und 

den  andern  Structurtbeorieen 321 

Cap.  Y.    Die  Zusammensetzung  beliebiger  räum- 
licher Operationen. 

§  1.   Aequivalenz  und  Zasammensetzong  von  Bewegungen  ....  326 

§  2.   Yertauscbbare  Bewegungen 328 

§  3.    £infacb8te  Fälle  der  ZasammeDsetzung  yon  Bewegungen  .    .  330 

§  4.   Die  Scbraubenbewegung a33 

§  5.    Zusammensetzung  Yon  Scbraubenbewegungen 337 

§  6 — 7.   Zusammensetzung  beliebiger  räumlicher  Operationen    .    .  340 

§  8.   Die  typischen  Formen  der  räumlichen  Operationen  zweiter  Art  344 

§  9—10.   Gesetz  des  Isomorphismus  für  beliebige  Operationen  .    .  346 

§  11—14.   Die  transformirten  Operationen 351 

Cap.  VI.    Gruppentheoretische  Hilfssatze. 

§  1.    Definition  der  Raumgrnppen 359 

§  2.   Die  Axenarten  der  Baumgruppen 361 

§  3.   Die  in  den  Baumgruppen  enthaltenen  Translationsgruppen   .  362 

§  4.   Isomorphismus  zwischen  Baumgruppeu  und  Punktgruppen    .  363 

§  5—6.   Beducirte  Bewegungen 367 

§  7.   Die  Symmetrieazen  der  Baumgitter  und  Molekelgitter   .    .   .  371 

§  8.   Beducirte  Operationen  zweiter  Art 373 

§  9.   Beziehungen  zwischen  den  Punktgruppen  und  den  ihnen  iso- 
morphen Baumgruppen 374 

§  10—12.   Erzeugung  der  Baumgrnppen    .    .    .  , 378 

§  13.   Besondere  Bedingungen  fdr  die  Erzeugung  Yon  Baumgruppen 

zweiter  Art 386 

§  14.   Kriterien  für  die  Identität  verschiedenartig  erzeugter  Gruppen  388 

§  15.   Analytische  Darstellung  der  Baumgruppen 890 

%  16.   Classificirung  der  Baumgruppen 393 

Cap.YII.    Die  Gruppen  des  triklinen  und  mono- 
klinen  Systems. 

$  1.   Bezeichnungen 396 

§  2.  Die  Hemiedrie  des  triklinen  Systems 397 

Schoen flies,  Krjstallstructur.  a** 


-    X    - 

Seite 

§  3.   Die  Holoedrie  des  triklinen  Systems 398 

§  4—6.   Die  Hemiedrie  des  monoklinen  Systems 399 

§6—7.   Die  Hemimorphie  des  moDoklinen  Systems 406 

§  8.   Die  Holoedrie  des  monoklinen  Systems 409 

Cap.  VIIL    Die  Gruppen  des  rhombischen  Systems. 

§  1.   Vorbemerkungen 414 

§  2.   Allgemeine  Eigenschaften  der  hemimorpben  Gruppen.    ...  415 

§  3.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^ 417 

§  4 — 5.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgpmppe  F^' 423 

§  6.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  T^" 428 

§  7.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^'" 430 

§  8.   Allgemeine  Bemerkungen  über  die  hemiedriscben  Gruppen    .  433 

§  9.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^ 436 

§  10.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  T^' 439 

§  11.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  T^" 441 

§  12.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^'" 442 

§  13.   Allgemeine  Bemerkungen  über  die  boloedriscben  Gruppen  .  445 

§  14  —  15.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^    .    .    .    .    .  446 

§  16.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^' 452 

§  17.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^" 465 

§  18.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F^"' 456 

Cap.  IX.    Die  Gruppen  des  rhomboedrischen  Systems. 

§  1.  Vorbemerkungen 459 

§  2—4.    Die  Tetartoedrie 461 

§  5.    Die  paramorpbe  Hemiedrie 465 

§  6.   Die  hemimorpbe  Hemiedrie 466 

§7—8.    Die  enantiomorphe  Hemiedrie 469 

§  9—10.    Die  Holoedrie 473 

Gap.  X.    Das  tetragonale  System. 

§  1.   Vorbemerkungen 479 

§  2.   Die  sphenoidiscbe  Tetartoedrie 480 

§  3—4.   Die  Tetartoedrie  erster  Art 481 

§  5.   Allgemeine  Bemerkungen  zur  Hemimorphie 486 

§  6.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F 487 

S  7.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F' 489 

§  8.    Die  paramorpbe  Hemiedrie 491 

§  9.    Allgemeine  Bemerkungen  über  die  spbenoidisebe  Hemiedrie .  494 

§  10.    Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F 496 

§  11.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  P' 499 

§  12.   Allgemeine  Bemerkungen  über  die  enantiomorphe  Hemiedrie  501 


-    XI    -- 

Seite 

§  13.   Die  Gruppen  mit  der  Traoslationsgriippe  F 503 

§  14.   Die  Gnippen  mit  der  TraoBlationsgrappe  P ' 607 

§  15.   Allgemeine  Bemerkungen  über  die  holoedrischen  Gruppen  .  508 

§  16.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F 510 

§  17.   Die  Gruppen  mit  der  Translationsgruppe  F' 516 

Cap.  XI.    Das  hexagonale  System. 

§  1.   Vorbemerkungen 519 

§  2.   Die  Tetartoedrie  mit  dreizähliger  Hauptaze 519 

§  3.   Die  Hemiedrie  mit  dreizähliger  Axe 520 

§  4.   Die  Tetartoedrie  mit  sechszähliger  Hauptaxe 521 

§  5.    Die  hemimorphe  Hemiedrie 524 

§  6.   Die  paramorphe  Hemiedrie 526 

§  7.   Die  enantiomorphe  Hemiedrie 528 

§  8.    Die  Holoedrie .• 530 

Cap.  XII.    Das  reguläre  System. 

§  1.    Vorbemerkung 534 

§  2.    Die  Tetartoedrie 534 

§  3.   Die  paramorphe  Hemiedrie 537 

§  4.   Die  hemimorphe  Hemiedrie 539 

§  5.    Die  enantiomorphe  Hemiedrie 541 

§  6.    Die  Holoedrie 545 

§  7.   Die  Coordinaten  der  gleichwerthigen  Punkte 549 

§  8.   Tabelle  aller  Baumgruppen 554 

Cap.  XIII.    Die  regelmässigen  Molekelhaufen. 

§  1 — 2.    Die  reguläre  Baumtheilung 558 

§  3—5.   Reguläre  Raumtheilung  und  regelmässige  Punktsysteme  .  560 

§6—8.   Beziehungen  zwischen  Raumtheilung  und  Raumgruppen  .  566 

§  9—10.    Die  Form  des  Fundamentalbereichs 672 

§  11 — 12.   Raumtheilungen  allgemeinster  Art 575 

§  13—15.   Die  Fundamentalbereiche  der  Raumtheilungen  allgemein- 
ster Art 579 

§  16—18.   Die  regelmässigen  Molekelhaufen  mit  beliebiger  Molekel  584 
§  19—20.   Die    regelmässigen   Molekelhaufen    mit    symmetrischer 

Molekel 590 

§  21.   Beispiele  Yon  Molekelhaufen   mit  symmetrischen  Molekeln. 

Die  Theoxieen  von  Sohncke  und  Wulff 593 

§  22.   Synmietrie  der  regelmässigen  Molekelhaufen 599 

§  23 — 25.   Die  überhaupt  möglichen  Structurtheorieen,  welche  mit 

regelmässigen  Molekelhaufen  operiren 602 

§  26.    Die  variablen  Grössen  der  reinen  Structurtheorie 609 


-    XII    - 

Seite 

§  27.   Unmöglichkeit  anderer  Structnrtheorieen ,  welche  mit  regel- 
mässigen Molekelhanf en  operiren 610 

§  28—80.   Vergleich  der  Gitterfcheorie  nnd  der  reinen  Stmctartheorie  612 

§  31.   SohnckeU  erweiterte  Theorie 617 

§  82.   Die  Mallard*8chen  Stmcturformen 622 

Cap.  XIV.    Das  Gesetz  der  rationalen  Indices. 

§  1.   Formulimng  der  Aufgabe 627 

§  2.   Beweis  einiger  Hilfssätze 628 

§  3—6.   Auftreten  unendlich  kleiner  Bewegungen 631 

§  6.    Nachweis  der  Gruppen  endlicher  Translationen 636 

§  7.   Das  Gesetz  der  rationalen  Indices 637 

Yerzeichniss  der  Berichtigungen  am  Schluss  des  Buches. 


ERSTER  ABSCHNITT. 


DIE  KRISTALLSYSTEME  UND  IHRE  ÜNTERABTHEI LUNGEN. 


Schoenfliet,  KrystalUlructur. 


Einleitung. 


Dasjenige  Naturgesetz,  welches  es  möglich  macht,  die 
Lehre  Yon  den  Erystallsystemen  deductiv  mathematisch  zu 
entwickeln,  ist  das  Symmetriegesetz.  Den  erfahrungsgemässen 
Inhalt  desselben  genauer  auseinander  zu  setzen,  und  zu  zeigen, 
dass  auf  Grund  desselben  die  Eintheilung  der  Krystalle  nach 
den  Symmetrieeigenschaften  auf  ein  mathematisches  Problem 
hinausläuft,  bildet  den  Gegenstand  der  nachfolgenden  Ein- 
leitung. 

§  1.  Definition  der  Krystalle.  Die  homogenen  festen 
Körper  kommen  theils  in  Jcrystallinischem,  theils  in  amorphem 
Zustand  vor.  Der  Unterschied  zwischen  beiden  Eörperclassen 
beruht  auf  ihrer  Structur^)  und  tritt  in  ihrem  physikalischen 
Verhalten  in  die  Erscheinung. 

Als  Krystalle  bezeichnet  man  vielfach  nur  solche  Stücke 
krystallinischer  Materie,  welche  eine  mehr  oder  weniger  voll- 
kommen entwickelte,  regelmässige  äussere  Form  besitzen.  Den 
unregelmässig  geformten  krystallinischen  Partikeln  wird  dabei 
der  einzelne  Erystall  als  selbstständiges  Individuum  gegen- 
übergestellt. Die  Structur  erscheint  bei  dieser  Auffassung  nur 
als  allgemeines  Kennzeichen  des  krystallinischen  Zustandes, 
während  für  den  einzelnen  Krystall  ausserdem  die  wesentliche 
äussere  Form  als  characteristisch  angesehen  wird.  In  neuerer 
Zeit  wird  jedoch  von  vielen  Autoren  jedes  beliebige  Stück 
krystallinischer  Masse  mit  dem  Namen  i&y^^a!!  belegt  Zwischen 
einem  allseitig  gut  entwickelten  Krystall  und  einem  beliebigen 

1)  Das  Nähere  hierüber  im  zweiten  Abschnitt. 


Stück  krystallinischer  Substanz  kommen  nämlich  so  viele  und 
so  mannigfache  Zwischenformen  vor,  dass  es  schwierig  ist,  eine 
bestimmte  Grenze  zu  fixiren. 

Da  in  der  vorliegenden  Schrift  nur  solche  Fragen  be- 
handelt werden,  welche  sich  auf  das  Verhalten  jedes  beliebigen 
Stückes  krystallinischer  Substanz  beziehen,  so  scheint  es  im 
Interesse  der  Darstellung  zweckmässig  zu  sein,  wenn  wir  uns 
ebenfalls  dem  neueren  Sprachgebrauch  anschliessen. 

§  2.  Untersuchen  wir  die  Ausdehnung,  welche  ein  homo- 
gener Erystall  durch  die  Wärme  erfährt,  so  zeigt  sich  der  Aus- 
dehnungscoefficient  in  allen  parallelen  Geraden  als  constant; 
dagegen  hängt  er  im  Allgemeinen  von  der  Richtung  ab,  in 
welcher  er  gemessen  wird.  Dasselbe  gilt  von  den  elastischen 
Kräften,  ebenso  von  der  Brechung,  welche  das  Licht  beim 
Durchgang  durch  den  Krystall  erleidet,  von  den  electrischen 
Spannungen,  welche  durch  Erwärmung  auftreten  u.  s.  w.  Alle 
physikalischen  Eigenschaften,  welche  ein  Krystall  zeigt,  stim- 
men längs  paralleler  Geraden  überein,  sind  aber  im  übrigen 
in  verschiedenen  Richtungen  im  Allgemeinen  auch  unter 
einander  verschieden. 

Die  homogenen  amorphen  Körper  verhalten  sich  dagegen 
im  wesentlichen  physikalisch  isotrop;  d.  h.  in  welcher  Rich- 
tung man  sie  auch  untersucht,  man  findet  stets  die  nämlichen 
physikalischen  Erscheinungen.  Keine  ihrer  Richtungen  ist  vor 
einer  andern  ausgezeichnet.  Korper  wie  Glas,  Opal,  u.  s.  w.  be- 
sitzen in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  und  nach  allen  Richtungen 
dieselbe  physikalische  Beschaffenheit 

Die  vorstehenden  Sätze  sind  jedoch  nicht  ausnahmslos 
giltig.  Einerseits  giebt  es  auch  für  die  Krystalle  verschiedene 
Richtungen,  in  denen  sie  die  gleichen  physikalischen  Eigen- 
schaften aufweisen,  andrerseits  kommt  es  aber  auch  vor,  dass 
sich  amorphe  Körper  nicht  in  allen  Zuständen  isotrop  ver- 
halten. Um  die  Krystalle  von  ihnen  zu  sondern,  reicht  daher 
der  blosse  Hinweis  auf  die  Abhängigkeit  des  physikalischen 
Verhaltens  von  der  Richtung  nicht  aus;  in  der  That  liegt  erst 
in  der  besonderen  Art  dieser  Abhängigkeit  das  unterscheidende 
Merkmal. 


—     5     - 

Die  Art,  in  welcher  ,die  physikalischen  Eigenschaften 
eines  Krystalles  mit  der  Richtung  wechseln,  ist  durch  feste 
einfache  Grundgesetze  geregelt.  Diese  Gesetze  sind,  wie  alle 
Naturgesetze,  durch  Beobachtung  uud  Experiment  gefunden 
worden;  man  pflegt  sie  als  die  Symmetriegesetze  (§  8)  zu  be- 
zeichnen. Hiernach  dürfen  wir  die  Definition  der  homogenen 
Kry stalle  folgendermassen  präcisiren:  Ein  Krystall  ist  ein 
homogener  fester  Körper,  dessen  physikalische  Eigenschaften  in 
verschiedenen  Richtungen  im  Allgemeinen  verschieden  sind  und 
sich  nach  festen  Symmetriegesetzen  mit  der  Richtung  ändern. 

Die  äussere  Form  der  Krystalle  ist,  wie  bereits  oben  er- 
wähnt, vielfach  durch  eine  mehr  oder  weniger  stark  ausgeprägte 
Regelmässigkeit  der  Begrenzungsflächen  ausgezeichnet.  Diese 
Eigenthümliclikeit  bildet  das  geometrische  Merkmal,  welches 
für  die  Krystalle  characteristisch  ist.  Da  aber  die  Ausbildung 
bestimmter  ebener  Grenzflächen  bei  jedem  Krystall  offenbar  in 
den  molecularen  Gesetzen  der  Krystallisation,  d.  h.  also  wieder 
in  den  physikalischen  Eigenschaften  der  Krystallsubstanz  be- 
gründet ist,  so  leuchtet  ein,  dass  sich  in  den  regelmässigen 
Gestalten  der  Krystalle  ebenfalls  eine  physikalische  Eigenart 
documentirt;  so  dass  die  obenstehende  Definition  auch  die  geo- 
metrische Regelmässigkeit  der  äusseren  Form  einschliesst. 

Die  geometrische  Form  wurde  lange  Zeit  als  das  wesentliche, 
resp.  ausschliessliche  Unterscheidungsmerkmal  der  Krystalle  an- 
gesehen. Von  dieser  Ansicht  scheint  sich  in  voll  bewusster  Weise 
zuerst  Franz  Neumann  losgesagt  zu  haben;  er  hat  ganz  aus- 
drücklich auf  die  Nothwendigkeit  „des  physikalischen  Verständ- 
nisses von  Strnctur  und  Gestaltung'^  hingewiesen.^)  Mit  der  fort- 
schreitenden Erkenntniss  der  physikalischen  Eigenschaften  der 
Krystalle,  besonders  im  Gebiete  der  Optik  und  Elasticität,  traten 
die  physikalischen  Gesichtspunkte  mehr  und  mehr  in  den  Vorder- 
grund; augenblicklich  ist  die  Auffassung,  dass  im  physikalischen 
Verhalten  der  wesentliche  und  unzerstörbare  Character  der  Krystall- 
sobstanz  zu  Tage  tritt,  während*  die  äussere  Form,  weil  von  den 
umständen  des  Krjstallwaehsthums  abhängig,  nar  eine  zufiLllige 

1)  Beitrage  zur  Krystallonomie,  1823.  Vorrede,  S.  8  u.  4.  Dort 
heisst  ea  auch:  Die  Erystallflächen  sind  nicht  als  etwas  ursprünglich 
seiendes  im  Krystall  zu  betrachten,  sondern  nar  als  Erscheinung,  als 
Resultat  der  Thätigkeiten  in  den  Flächenrichtungen. 


-     6     — 

Eigenschaft  repräsentirt,  so  gut  wie  allgemein  angenommen.  Bei 
Naumann-Zirkel  werden  die  FormuUrungen  noch  von  dem  oben  er- 
wähnten Gegensatz  zwischen  Krjstallindividuen  und  Kr jstallsub stanz 
beherrscht;  die  ersteren  werden  im  wesentlichen  geometrisch,  die 
letztere  rein  physikalisch  definirt/)  Eine  Definition  der  Krystalle, 
welche  ausschliesslich  auf  das  physikalische  Verhalten  ba'sirt  ist, 
wurde  zuerst  von  P.  Groth  aufgestellt.^) 

§  3.  Gleiohwerthige  Biohtungen.  Es  seien  g  und  h  zwei 
Geraden^  welche  das  Innere  eines  Krystalles  durchdringen. 
Besitzt  der  Erystall  in  der  Richtung  von  g  und  h  denselben 
Elasticitätscoefficienten,  so  stimmen  in  diesen  Richtungen  auch 
die  optischen  Kräfte  überein.  Dagegen  braucht  das  umgekehrte 
nicht  der  Fall  zu  sein.  Ueberhaupt  zieht  die  üebereinstim- 
mung  gewisser  physikalischer  Eigenschaften  längs  gegebener 
Richtungen  durchaus  nicht  die  Uebereinstimmung  aller  übrigen 
Eigenschaften  nach  sich. 

Es  giebt  aber  in  jedem  Erystall  zu  einer  beliebigen 
Geraden  g  andere  Geraden  von  bestimmter  Richtung  so,  dass 
längs  derselben  der  Erystall  in  jeder  Beziehung  dasselbe  physi- 
kalische Verhalten  zeigt^  also  sowohl  die  gleiche  Elasticität, 
als  auch  die  gleiche  Wärmeleitung,  die  gleichen  optischen 
Eigenschaften  u.  s.  w.  Solche  Geraden  existiren  sowohl  im 
Innern,  wie  auf  der  Oberfläche  des  Erystalles,  sie  heissen 
hrystcdlographisch  gleichwerthig,  oder  kurz  gleichwerthig. 

Die  Erfahrung  lehrt,  dass  alle  parallelen  Geraden  als 
gleichwerthig  zu  betrachten  sind.  Um  die  Abhängigkeit  der 
physikalischen  Eigenschaften  von  der  Richtung  zu  studiren,  ist 
es  daher  ausreichend,  wenn  wir  uns  auf  solche  Richtungen 
beschränken,  welche  von  einem  und  demselben  Punkt  ausgehen. 

1)  Lehrbuch  der  Mineralogie,  §  3.  Erystall  ist  jeder  starre  an- 
organische Körper,  welcher  eine  wesentliche  und  ursprüngliche,  mehr 
oder  weniger  regelmässige,  polyedrische  Form  besitzt,  die  mit  seinen 
physikalischen  Eigenschaften  zusammenhängt.  Ferner,  §  6,  Denjenigen 
physikalischen  Zustand  der  Materie,  welcher  sowohl  den  normal  aus- 
gebildeten Erystallen,  als  nicht  minder  auch  den  in  ihrer  äusseren  Form- 
entwickelnng  gehemmten  Individuen  eigen  ist,  bezeichnet  man  als  den 
krystallinischen. 

2)  Ein  Erystall  ist  ein  homogener  fester  Eörper,  dessen  Elasticität 
sich  mit  der  Richtung  ändert    Ber.  d.  Berl.  Akad.   1875.    S.  549. 


—     7     — 

Ein  solcher  Punkt  0.  kann  beliebig  im  Innern  der  Erystallmasse 
gewählt  werden;  um  alle  Punkte  herum  verhält  der  Erystall 
sich  gleichartig. 

Jede  Gerade,  welche  durch  den  eben  genannten  festen 
Punkt  0  geht,  hat  zwei  entgegengesetzte  Richtungen.  Die- 
selben müssen  auch  krystallographisch  von  einander  geschieden 
werden.  Besitzt  z.  B.  ein  Krystall  Pyroelectricität,  so  zeigen 
^  die  beiden  Enden  der  electrischen  Aze  bekanntlich  entgegen- 
gesetzte Polarität,  sie  spielen  daher  nicht  die  Rolle  von  kry- 
stallographisch gleichwerthigen  Richtuugen.  Wir  werden  in 
Folge  dessen  die  durch  den  Punkt  0  gehenden  Geraden  immer 
nur  als  einseitig  unbegrenzt  voraussetzen.  Die  meisten  physi- 
kalischen Eigenschaften,  wie  Elasticität,  Lichtbrechung  u.  s.  w. 
sind  allerdings  für  entgegengesetzte  Richtungen  identisch;  es 
ist  auch  an  sich  klar,  dass  z.  B.  die  Ausdehnung  eines  Ery- 
Stalles  durch  die  Wärme  in  der  einen  Richtung  genau  dieselbe 
Intensität  zeigen  muss,  wie  in  der  entgegengesetzten.  Eine  Ver- 
schiedenheit kann  offenbar  nur  für  solche  physikalischen  Er- 
scheinungen auftreten,  welche  wie  Electricität,  magnetisches 
Verhalten  u.  s.  w.  polarer  Natur  sind. 

Wenn  zwei  Ebenen,  die  im  Innern  oder  auf  der  Ober- 
fläche eines  Erystalles  verlaufen,  in  der  Beziehung  zu  einander 
stehen,  dass  zu  jeder  durch  einen  Punkt  0  gehenden  Geraden 
der  einen  Ebene  eine  durch  einen  gewissen  Punkt  0^  gehende 
Gerade  der  andern  Ebene  existirt,  welche  ihr  gleichwerthig 
ist,  so  heissen  auch  diese  Ebenen  krystallographisch  gleich- 
werthig. Parallele  Ebenen  sind  stets  gleichwerthig,  ebenso  solche, 
welche  auf  gleichwerthigen  Geraden  senkrecht  jstehen  u.  s.  w. 

§  4.  Ist  0  irgend  ein  beliebiger  Punkt  im  Innern  der 
Erystallmasse  und  g  eine  durch  ihn  gehende  Gerade,  so  giebt 
es,  wie  die  Erfahrung  gelehrt  hat,  für  jeden  Erystall  eine 
bestimmte  Anzahl  anderer  durch  0  gehender  Ge)raden,  g^,  g^, 
.  . .  gif^i,  welche  mit  g  krystallographisch  gleichwerthig  sind. 
Die  Zahl  N  dieser  gleichwerthigen  Geraden  ist  bei  einem  und 
demselben  Erystall  im  Allgemeinen  constant,  welches  auch 
die  Richtung  der  beliebig  gezogenen  Geraden  g  sein  mag. 
Nur  für  einzelne  specielle  Richtungen  kann  —  aber  auch  dies 


—     8     — 

nur  scheinbar  —  eine  Ausnahme  eintreten.  Welcher  Art  diese 
Ausnahmeerscheinung  ist,  und  worauf  sie  beruht,  wird  Cap. 
VII,  2  erwähnt  werden. 

Denken  wir  uns  für  irgend  einen  Krystall  die  zugehörige 
einfache  Krystallform  und  fallen  von  dem  Mittelpunkte  der- 
selben die  N  Lothe  auf  die  N  Begrenzungsflächen,  so  bilden 
dieselben  das  einfachste,  resp.  anschaulichste  Beispiel  für  N  gleich- 
werthige  Gej-aden,  und  die  zu  ihnen  senkrechten  Flächen  der 
Krystallform  bilden  ihrerseits  ein  Beispiel  für  eine  Gruppe 
von  N  gleichwerthigen  Ebenen  des  Krystalles.  Im  Allgemeinen 
pflegt  man  die  theoretischen  geometrischen  Erörterungen  an 
die  Krystallform,  d.  h.  also  an  die  Grenzflächen  derselben  an- 
zuknüpfen. Hier  sind  jedoch  aus  verschiedenen  Gründen  statt 
dessen  die  N  Lothe  oder  genauer  gesprochen  solche  N  Geraden 
gewählt  worden,  fftr  welche  die  N  Lothe  ein  einfaches  Beispiel 
abgeben;  und  zwar  besonders  deshalb,  weil  die  nachfolgenden 
Eutwickelungen  sich  im  Allgemeinen  leichter  an  die  Figur 
der  N  gleichwerthigen  Geraden,  wie  an  die  Krystallform  an- 
knüpfen lassen.  Gleichzeitig  ist  aber  ersichtlich,  dass  der 
Uebergang  von  der  einen  Betrachtungsweise  zur  andern  un- 
mittelbar und  ohne  die  geringste  Schwierigkeit  ausgeführt 
werden  kann.^) 

§  5.  Symmetrieeigenschaften  und  Deokoperationen.  Die 
Lage  der  N  Geraden  im  Raum  gehorcht  in  allen  Fällen  einem 
einfachen  Grundgesetz.  Um  dasselbe  möglichst  einfach  zu 
formuliren,  ist  es  zweckmässig  zuvor  auf  einige  elementare 
geometrische  Thatsachen  hinzuweisen. 

Wird  eine  ebene  oder  räumliche  Figur  F  durch  Bewegung 
in  eine  Lage  F^  gebracht,  so  sind  die  beiden  Figuren  F  und 

1)  Die  Einfuhrang  einseitig  begrenzter  Geraden,  statt  der  Grenz- 
flächen der  Krystallform  findet  sich  wohl  zaerst  bei  He s sei;  vgl.  den 
Artikel  über  J^rystallographie  in  Gehl  er s  physikalischem  Wörterbuch, 
S.  1062  ff.  Vgl.  ferner  Gadolin,  Memoire  sur  la  d^daction  d'un  seul 
principe  de  tous  les  syst^mes  cristallographes,  Acta  soc.  scient.  fennicae, 
Helsingfors,  Bd.  9,  S.  1  n.  2,  sowie  V.  v.  Lang,  Lehrbuch  der  Erystallo- 
graphie,  S.  17  und  Minnigerode,  Untersuchungen  über  die  Symmetrie- 
Terhältnisse  und  die  Elasticität  der  Krystalle,  Nachrichten  v.  d.  Götting. 
Ges.  d.  Wiss.    1884,  S.  195. 


—    9    - 

JF\  oflfenbar  congruent.  Umgekehrt,  sind  F  und  F^  irgend  zwei 
congruente  Figuren,  so  lassen  sie  sich  durch  Bewegung  mit 
einander  zur  Deckung  bringen. 

Wird  eine  räumliche  Figur  F  an  irgend  einer  Ebene 
gespiegelt,  so  geht  sie  dadurch  in  ihr  Spiegelbild  F'  über. 
Die  beiden  Figuren  F  und  F'  heissen  spiegelhildlich  (oder  sym- 
metrisch) gleich;  congruent  dagegen  sind  sie  im  Allgemeinen 
nicht.  Die  Figuren  F  und  F'  bleiben  natürlich  spiegelbild- 
lich gleich,  wenn  eine  oder  jede  von  ihnen  noch  in  eine  andere 
Lage  gebracht  wird. 

Sind  umgekehrt  F  und  F'  zwei  raumliche  Figuren,  die 
einander  spiegelbildlich  gleich  sind,  so  haben  sie  entweder 
eine  solche  Lage,  dass  die  eine  direct  das  Spiegelbild  der 
andern  in  Bezug  auf  eine  gewisse  Ebene  ist,  oder  wenn  dies 
nicht  der  Fall  ist,  so  kann  jedenfalls  F'  in  eine  solche  Lage 
gebracht  werden,  dass  F  und  F'  als  Spiegelbilder  von  einander 
erscheinen.  Um  daher  F  mit  F'  zur  Coincidenz  zu  bringen, 
bedarf  es  entweder  nur  einer  Spiegelung  oder  einer  Spiegelung 
in  Verbindung  mit  einer  Bewegung. 

§  6.  Es  giebt  Figuren,  welche  die  besondere  Eigenschaft 
haben,  sich  selbst  auf  verschiedene  Weise  congruent  oder  spiegel- 
bildlich gleich  zu  sein.    Solche  Figuren  heissen  symmetrische^) 


1)  Die  Bedeatung  des  Wortes  „Symmetrie"  ist  leider  keine  ein- 
heitliche. Es  gehen  im  wesentlichen  zwei  verschiedene  Bedeotongen 
neben  einander  her.  Im  Gegensatz  zu  „congruent**  heisst  „symmetrisch" 
resp.  „symmetrisch  gleich"  soviel  wie  „spiegelbildlich  gleich",  und  dies 
ist  (vgl.  oben  §  6)  derjenige  Begriff  der  „Symmetrie",  welcher  in  der 
reinen  Geometrie  vorwiegend  auftritt.  Seiner  Natur  nach  bezieht  er  sich 
im  Allgemeinen  auf  zwei  verschiedene  räumliche  Objecte;  in  diesem  Sinn 
bezeichnet  man  z.  B.  linke  und  rechte  Gliedmassen  als  symmetrisch. 
Hiervon  ist  der  mehr  krystallographische  Begriff  der  „Symmetrie"  wesent- 
lich verschieden.  Seine  genauere  Bedeutung  wird  oben  im  Text  ge- 
geben. Er  bezieht  sich  im  Unterschied  zum  vorigen  stets  auf  eine  und 
dieselbe  Banmfigur,  und  ist  immer  das  Kennzeichen  für  eine  gewisse 
Begelmässigkeit  derselben. 

In  dieser  Schrift  wird  der  Symmetriebegriff  dnrchgehends  nnr  in 
der  zweiten  Bedeutung  angewandt.  Wo  ein  Hinweis  auf  die  erste  Be- 
deutung nöthig  ist,  wie  z.  B.  oben,  wird  dies  stets  besonders  hervor- 
gehoben werden. 


-     10     - 


Figuren;  man  sagt^  dass  sie  durch  Symmetrieeigenschaften  aus- 
gezeichnet sind. 

Derartige  Figuren,  ebene  wie  räumliche,  sind  uns  aus  der 
Anschauung  in  Menge  geläufig;  einige  Beispiele  mögen  hier 
folgen. 

Beispiel  1.  Das  gleichschenklige  Dreieck  ABC  kommt 
(Fig.  1)  durch  Umklappung  um  die  Höhe  AD  mit  sich  zur 
Coincidenz.     Es  ist  sich  daher  selbst  congruent,  nämlich 

ABG^  ACB, 
wo   die  Buchstaben,  wie   üblich,  so  geordnet  sind,  dass   die 
entsprechenden  Punkte  an  entsprechender  Stelle  stehen. 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


Ist  ABC  gleichseitig,  so  kommt  es   durch  Umklappung 
um  jede  der  drei  Höhen,   sowie   durch  Drehung   um    seinen 
Mittelpunkt  mit  sich  zur  Deckung.    Es  ist  also  beispielsweise 
ABC  <^  BCA  cv  CAB. 

Beispiel  2.  Eine  gerade  Pyramide,  deren  Grundfläche  das 
Parallelogramm  AB  CD  ist  (Fig.  2).  Da  die  Pyramide,  wenn 
sie  um  180^  um  ihre  Äxe  gedreht  wird,  mit  sich  selbst  zur 
Deckung  gelangt,  so  ist 

SAB  CD  ~  SCDAB. 
Auf  andere  Art  ist  die  Pyramide  nicht  mit  sich  selbst  con- 
gruent,  abgesehen  von  der  Beziehung,  dass  jeder  Punkt  sich 
selbst  entspricht,  was  natürlich  für  jede  Raumfigur  gilt. 
Ebenso  wenig  ist  die  Pyramide  in  irgend  einer  Weise  sich 
selbst  spiegelbildlich  gleich.  Dies  tritt  aber  ein,  wenn  ABCD 
ein  Bhombus   ist,   denn   in   diesem  Fall   wird   die  Pyramide 


-   11    - 

durch  die  Ebene  SAG  so  in  zwei  Theile  8 ABC  und  8ADC 
getheilt,  dass  jeder  das  Spiegelbild  des  andern  in  Bezug  auf 
die  Ebene  8AC  ist.  Durch  Spiegelung  an  dieser  Ebene  geht 
daher  die  Pyramide  in  sich  selbst  über.  Dasselbe  gilt  für  die 
Ebene  8Bn. 

Beispiel  3.  Es  ist  zweckmässig,  noch  eine  etwas  compli- 
cirtere  Raumfigur  ins  Auge  zu  fassen.  Wir  denken  uns  dazu 
ein  reguläres  Dreieck  ABC  und  über  und  unter  demselben  je 
eine  gerade  Pyramide  von  derselben 
Höhe.   Nun  drehen  wir  die  obere  Pyra-  ^***J* 

mide  um  180^  um  ihre  Axe,  so  dass 
ihre  Grundfläche,  wie  die  nebenstehende 
Figur  3  zeigt,  in  die  Lage  A^B^C^^ 
kommt.  Die  so  entstandene  Figur  ist 
sich  mehrfach  selbst  congruent  und 
spiegelbildlich  gleich;  im  besondern 
auch  so,  dass  die  obere  und  untere 
Pyramide  sich  entsprechen.  Beispiels- 
weise geht  durch  Umklappung  um  die 

Gerade  u  die  Grundfläche  ABC  in  C^B^A^  über,  während 
die  Axen  der  unteren  und  oberen  Pyramide  sich  vertauschen; 
es  ist  daher 

8ABC8,A,B,C,  ^  8,C,B,A,8CBA. 

Die  Doppelpyramide  ist  sich  aber  in  dem  angegebenen 
Sinn  auch  spiegelbildlich  gleich.  Allerdings  giebt  es  keine 
Spiegelung,  welche  die  obere  und  untere  Pyramide  mit  einander 
vertauscht.  Wenn  wir  aber  ausser  der  Spiegelung  gegen  die 
Grundfläche  noch  eine  Drehung  um  60^  um  die  Axe  vor- 
nehmen, so  gelangt  die  Figur  dadurch  ebenfalls  mit  sich  zur 
Coincidenz.  Wir  lernen  daraus,  dass  in  manchen  Fällen  wirk- 
lich erst  Spiegelung  und  Bewegung  zusammen  die  Coincidenz 
der  Figur  herbeiführen,  während  die  bezügliche  Spiegelung 
oder  Bewegung  allein  dies  nicht  leistet. 

Beispiel  4.  Fällen  wir  in  den  beiden  zuletzt  betrachteten 
Beispielen  von  der  Mitte  der  Grundfläche  die  Lothe  auf  die 
Seitenflächen,  so  bilden  auch  diese  N  einseitig  begrenzten  Ge- 


~     12     ~ 

raden  stets  eine  Figur,  die  sich  auf  mehrfache  Art  selbst  con- 
gruent  resp.  spiegelbildlich  gleich  ist.  In  der  That  ist  un- 
mittelbar einleuchtend,  dass  wenn  z.  B.  die  gerade  rhombische 
Pyramide  (Bsp.  2)  auf  irgend  eine  Art  in  sich  übergeht,  dies 
auch  von  den  vier  Lothen  gilt,  die  sich  vom  Centrum  der  Grund- 
fläche auf  die  Seitenflächen  fallen  lassen,  und  das  Gleiche  gilt 
für  die  Doppelpyramide. 

§  7.  Ist  F  irgend  eine  räumliche  Figur,  die  sich  auf 
gewisse  Art  selbst  congruent  ist,  so  giebt  es  stets  eine  oder 
mehrere  Bewegungen,  welche  sie  in  sich  überführen.  Die 
hierin  ausgedrückte  Regelmässigkeit  der  Figur  bezeichnen  wir 
als  eine  Symmetrieeigetischaft  der  ersten  ÄrL  Es  ist  evident, 
dass  die  specielle  Natur  solcher  Symmetrieeigenschafteu  von 
der  Art  und  Weise  abhängen  wird,  auf  welche  sich  die  ein- 
zelnen Punkte  und  Linien  derselben  unter  einander  vertauschen, 
d.  h.  von  der  Natur  der  bezüglichen  Bewegungen.  Dasselbe 
ist  natürlich  der  Fall,  wenn  die  Figur  aus  N  von  demselben 
Punkt  ausgehenden  Geraden  besteht. 

Hat  zweitens  die  Figur  F  die  Eigenschaft  sich  selbst 
spiegelbildlich  gleich  zu  sein,  so  geht  sie,  wie  das  obige  zeigt, 
entweder  durch  blosse  Spiegelung  oder  durch  Spiegelung  und 
Bewegung  in  sich  über  (vgl.  Beispiel  3).  Ist  im  besondem 
F  die  Figur  der  N  gleich werthigen  Geraden  ^,  ^1,0^3, .. .,  und 
gehen  aus  ihnen  durch  Spiegelung  an  ircrend  einer  Ebene  die 
Geraden  g\  g^,  g^, . . .  hervor,  so  müssen  dieselben  entweder 
mit  den  Geraden  5^,  5^1,  ^2»  •  •  •  ^^  irgend  einer  Reihenfolge  iden- 
tisch sein,  oder  sie  müssen  durch  Bewegung  mit  S', 5^1,5^2?  ••  • 
zur  Deckung  gebracht  werden  können.  Das  letztere  ist  z.  B. 
für  die  sechs  Geraden  der  Fall,  welche  von  der  Mitte  der 
Doppelpyramide  (Bsp.  3)  auf  die  Seitenflächen  gefällt  werden 
können. 

Die  hierin  ausgedrückte  Regelmässigkeit  der  Figur  jP, 
resp.  der  N  gleichwerthigen  Geraden  bezeichnen  wir  als 
eine  Symmetrieeigenschaft  der  zweiten  Art,  Die  besondere 
Natur  dieser  Symmetrieeigenschaft  ist  durch  die  Lage  der 
spiegelnden  Ebene  e  und  die  Natur  der  Bewegung  charac- 
terisirt 


—     13    — 

Wir  bezeichnen  nunmehr  eine  Bewegung,  welche  eine 
Figur  F  in  sich  überführt,  als  eine  Beckhewegxing^  resp.  eine 
Deckoperation  der  ersten  Art  Ebenso  werden  wir  jede  Spiege- 
lung, oder  die  Verbindung  einer  Spiegelung  mit  einer  Be- 
wegung, welche  eine  Figur  F  in  sich  überführt,  eine  Beck- 
Operation  der  gweiten  Art  nennen. 

Alsdann  folgt  sofort,  dass  jede  Symmetrieeigenschaft  der 
ersten  oder  zweiten  Art  einer  Figur  jdurch  eine  gewisse  Deck- 
operation der  ersten  oder  zweiten  Art  veranschaulicht  werden 
kann,  und  dass  die  besondere  Art  der  Symmetrieeigenschaft 
durch  die  Natur  der  zugehörigen  Deckoperation  genau  und 
sicher  characterisirt  ist.  Nach  der  Art  der  DecJcoperationeti 
kötmen  daher  die  SyfMnetrieeigenschaßen  unterschieden  resp.  ein- 
getheüt  werden.  In  welcher  Weise  dies  stattzufinden  hat,  werden 
wir  später  ausführlicher  erörtern. 

§8.  Symmetrie  der  Krystalle.  Die  Oesammtheit  aller  Sym- 
metrieeigenschaften einer  Figur  bezeichnen  wir  als  ihren  Sym- 
metriecharctcter  oder  kurz  als  ihre  Symmetrie.  In  diesem  Sinne 
kommt,  wie  wir  aus  der  Erfahrung  wissen,  den  N  gleich- 
werthigen  Geraden  eines  Erystalles  stets  ein  bestimmter  Sym- 
metriecharacter  zu  und  ebenso  der  Krystallform,  resp.  dem 
Polyeder,  welches  (§  4)  von  den  zu  diesen  Geraden  senkrechten 
Ebenen  gebildet  wird.  Die  Erfahrung  lehrt  aber  noch  mehr.- 
Der  Symmetriecharacter  der  N  Geraden  g^Oug^y  '  i^^  näm- 
lich ganz  unabhängig  davon,  wie  die  Ausgangsrichtung  g 
innerhalb  der  ErystaUmasse  angenommen  wird.  Er  erhält  sich 
überdies  während  der  wechselnden  physikalischen  Zustände,  in 
denen  sich  der  Krystall  befinden  kann;  natürlich  vorausgesetzt, 
dass  die  auf  den  Krystall  wirkenden  Kräfte  nicht  etwa  seine 
Structur  wesentlich  ändern  oder  gar  zerstören.  Diese  That- 
sache  bildet  den  Inhalt  des  sogenannten  Symmetriegesetzes  (§  2), 
des  obersten  Grundgesetzes  der  physikalischen  Krystallographie. 
Es  zeigt,  dass  die  im  Symmetriecharacter  vereinigten  Sym- 
metrieeigenschaften eine  bleibende  Eigenschaft  des  Krystalles 
selbst  vorstellen;  sie  repräsentiren  dasjenige,  was  man  in  Folge 
dessen  die  Symmetrie  resp.  den  Symmetriecharacter  des  Krystalles 
zu  nennen  pflegt. 


"  N 


—     14    — 

Da  jede  Symmetrieeigenschaft  ihren  Ausdruck  in  einer  ge- 
wissen Deckoperation  findet,  so  kann  die  Symmetrie  des  Ery- 
stalles  stets  durch  gewisse  Deckoperationen  definirt  werden, 
nämlich  durch  die  Gesammtheit  derjenigen,  welche  die  dem 
Erystall  zugehörigen  N  gleichwerthigen  Geraden  in  sich  über* 
führen.  Ausdrücklich  möge  noch  bemerkt  werden,  dass  wie 
unmittelbar  ersichtlich,  jede  dieser  Deckoperationen  den  Punkt 
0  unverändert  lässt. 

Es  kann  vorkommen,  dass  bei  Anwendung  geeigneter  äusserer 
Kräfte  der  Kry stall  seine  physikalische  Eigenart  ändert;  beispiels* 
weise  kann  ein  optisch  einaxiger  Kry  stall  unter  gewissen  Um- 
ständen in  einen  optisch  zweiaxigen  übergehen,  und  damit  eine  ge- 
ringere Symmetrie  annehmen.  Im  allgemeinen  bleibt  das  Symmetrie- 
gesetz dabei  erfüllt;  von  denjenigen  Zuständen,  in  denen  dies  nicht 
der  Fall  ist,  sehen  wir  ab. 

§  9.  Eintheilung  der  Krystalle.  Krystalle,  welche  dieselben 
Symmetrieverhältnisse  aufweisen,  werden  zu  einer  und  derselben 
Classe  gerechnet.  Die  Frage  ist,  wie  viele  solcher  Classen  es 
giebt,  und  durch  welche  Symmetrieeigenschaften  jede  derselben 
characterisirt  ist  Wie  das  Vorstehende  zeigt,  führt  diese  Auf- 
gabe auf  das  geometrische  Problem,  auf  die  verschiedenste 
Weise  ^  durch  einen  Punkt  gehende  Geraden  so  zu  ziehen, 
dass  sie  durch  gewisse  Deckoperationen  in  sich  übergeführt 
werden  können.  Ist  dieses  Problem  gelöst,  so  ist  damit  die 
Frage  nach  den  möglichen  Krystallclassen  von  selbst  erledigt. 

Construiren  wir  die  Ebenen,  welche  auf  den  N  Geraden  in 
gleichem  Abstand  vom  Pimkt  0  senkrecht  stehen,  so  geht 
diese  Ebenenschaar,  resp.  das  von  ihnen  begrenzte  Polyeder 
durch  dieselben  Deckoperationen  in  sich  über,  wie  die  Figur 
der  N  Geraden;  beide  besitzen  daher  die  gleiche  Symmetrie. 
Dies  findet  statt,  in  welcher  Entfernung  vom  Punkt  0  die 
Ebenen  auch  liegen  mögen.  Die  so  bestimmten  Raumfiguren 
sind  keineswegs  die  einzigen,  welche  durch  dieselben  Sym- 
metrieeigenschaften characterisirt  sind,  wie  die  N  Geraden, 
vielmehr  giebt  es  stets  eine  unbegrenzte  Zahl  noch  anderer 
Gebilde  dieser  Art.  Um  dies  an  einem  Beispiel  anschaulich 
zu  machen,  betrachten  wir  die  in  §  5,  2  erwähnte  rhom- 
bische gerade  Pyramide.     Zunächst  ist  evident,  dass  jede  Py- 


—     15     - 

ramide  dieser  Art  durch  die  gleichen  Deckoperationen  in  sich 
übergeht.  Dasselbe  gilt  aber  auch  von  jeder  derartigen  ab- 
gestumpften Pyramide  mit  parallelen  Grundflächen^  femer  auch 
yon  zwei  derartigen  Pyramiden  oder  Pyramidenstumpfen ,  die 
auf  derselben  Grundfläche  stehen,  ebenso  aber  auch,  wenn  wir 
noch  auf  jede  Seitenfläche  analoge  Körpertheile  aufsetzen, 
u.  8.  w.  u.  s.  w.       *  • 

Wir  wollen  alle  Körper,  welche  durch  die  gleichen  Deck- 
operationen zur  Coincidenz  mit  sich  gebracht  werden  können, 
zu  einer  Classe  symmetrischer  Polyeder  rechnen,  alsdann  ist  das 
oben  genannte  Problem,  wie  übrigens  auch  aus  §  4  unmittel- 
bar hervorgeht,  in  der  Aufgabe  enthalten,  alle  symmetrischen 
Polyeder  zu  ermitteln.  Diese  Aufgabe  kann  durch  geometrische 
Betrachtungen  ohne  Schwierigkeit  erledigt  werden.  Die  Lösung 
derselben  bildet  den  Inhalt  der  nächstfolgenden  Entwickelungen. 
Das  geometrische  Resultat  lautet,  dass  es  unendlich  viele  Classen 
symmetrischer  Polyeder  giebt,  so  dass  also  eine  aus  N  Geraden 
bestehende  symmetrische  Figur  auf  unendlich  viele  Arten  con- 
struirt  werden  kann«  Aber  nur  einer  ganz  beschränkten  Zahl 
von  ihnen  entspricht  eine  Krystallclasse.  Der  Grund  hierfür 
liegt  in  dem  sogenannten  Gesetz  der  rationalen  Indices^).  Es 
bedingt,  dass  unter  der  unendlichen  Zahl  von  Classen  sym- 
metrischer Figuren  nur  32  existiren,  welche  eine  Krystallclasse 
liefern  können.  Ob  alle  diese  Krystallclassen  in  der  Natur 
wirklich  vertreten  sind,  ist  eine  Frage,  die  natürlich  nur  an 
der  Hand  der  Erfahrung  geprüft  werden  kann^).  Andere 
Krystallclassen  dagegen  können,  wie  sich  aus  dem  Vorstehen- 
den schliessen  lässt,  nicht  existiren;  wir  dürfen  sicher  sein, 
dass  es  in  der  Natur  keinen  Krystall  giebt,  der  bezüglich 
seiner  Symmetrieverhältnisse  nicht  in  eine  der  genannten 
32  Classen  fiele. 

Als  Schlussresultat  können  wir  demnach  die  höchst  bemerJcens- 
werthe  Thatsache  aussprechen,  dass  unter  Voraussetzung  der  er- 


1)  Vgl.  das  letzte  Capitel  dieses  Abschnittes. 

2)  Man  hat  bisher  noch  nicht  Erystalle  einer  jeden  der  32  Classen 
kennen  gelernt. 


-     16     - 

fakrungsmässigm  Grundgesetee  der  geometrischen  Krysiallographie 
die  Aufgabe,  alle  Krystallclassen  0u  finden,  einer  rein  mathema- 
tischen BehandUmg  fähig  ist. 

§  10.  Die  Definition  resp.  Ableitung  der  Symmetrieyerhält- 
nisse,  welche  wir  in  den  vorstehenden  Paragraphen  gegeben 
haben,  weicht  von  der  in  den  krjstallographischen  LehrbQchem 
sonst  üblichen  ziemlich  erheblich  ab.  Mab  pflegt  gewohnlich 
diejenigen  Symmetrieelemente ,  welche  durch  die  Anschauung 
unmittelbar  gegeben  sind^  nämlich  Axe,  Ebene,  Gentrum  der 
Symmetrie  zu  Grunde  zu  legen,  und  von  ihnen  aus  weiter  zu 
operiren.  Es  hat  sich  aber  gezeigt,  dass  man  auf  diese  Weise 
zu  allen  theoretisch  möglichen  Krystallclassen  nicht  gelangen 
kann;  es  ist  nöthig,  ausserdem  noch  die  sogenannten  Sym- 
metrieaxen  zweiter  Art  einzufahren  (vgl.  Gap.  III,  6).  Wollten 
wir  nun,  unter  Anlehnung  an  die  gewohnlichen  krystallogra- 
phischen  Darstellungen,  die  oben  genannten  drei  Symmetrie- 
eigenschaften ohne  weitere  Begründung  durch  die  Axen  zweiter 
Art  ergänzen,  und  von  dieser  Grundlage  aus  die  Untersuchung 
durchführen,  so  würden  doch  wiederum  Zweifel  entstehen 
müssen,  ob  mit  den  so  erhaltenen  Krystallclassen  alle  über* 
haupt  theoretisch  denkbaren  Symmetrieverhältnisse  erschöpft 
sind.  Die  Frage,  welches  diejenigen  elementaren  Symmetrie* 
eigenschaften  pind,  auf  welche  sich  alle  Symmetrieverhaltnisse 
zurückführen  lassen,  muss  ja  selbst  erst  ein  Gegenstand  der 
Untersuchung  sein.  Aus  diesem  Grunde  ist  es  nöthig,  einen 
Weg  einzuschlagen,  welcher  von  einer  ganz  allgemeinen  Defi* 
nition  der  Krystallsymmetrie  ausgeht,  wie  sie  die  vorstehende 
Einleitung  enthält. 

Wir  erlangen  hierdurch  die  Gewissheit,  dass  uns  bei 
richtiger  Deduction  keine  Krystallclasse  entgehen  kann;  aller'* 
dings  werden  wir  zu  diesem  Zweck  die  Mühe  nicht  scheuen 
dürfen,  zunächst  einige  rein  mathematische  Hilfsbetrachtungen 
durchzuführen.  Es  wird  in  erster  Linie  nöthig  sein,  dass  wir 
uns  mit  den  wichtigsten  Gesetzen  über  Deckoperationen  ver- 
traut machen  und  eine  Methode  kennen  lernen,  nach  welcher 
sie  der  Rechnung  unterworfen  werden  können.  Wenn  diese 
Vorbereitungen  getroffen  sind,  lässt  sich  die  Lösung  des  Pro- 


—     17     — 

blems,  alle  denkbaren  Erystallclassen  aufzustellen^  in  einfacher 
und  elementarer  Weise  durchführien.  * 

Die  Eenniniss  der  Krystallsysteme  und  ihrer  ünterabtheilungen 
ist  ursprünglich  das  Resultat  empirischer  Beobachtung.  Die  sieben 
auch  jetzt  noch  gebräuchlichen  Krystallsysteme  wurden  von  Weiss 
eingeführt^).  Die  Einsicht  in  das  gesetzmässige  Verhältniss  ihrer 
ünterabtheilungen  zu  den  Hauptabtheilungen  lenkte  das  Augenmerk 
der  Erystallographen  schon  früh  auf  die  Aufgabe,  auch  diejenigen 
ünterabtheilungen  aufzufinden,  welche  zunächst  nur  als  theoretisch 
möglich  erscheinen.  Man  verfuhr  dabei  im  wesentlichen  inductiy 
und  Hess  sich  meist  von  Analogieverhältnissen  leiten;  allerdings 
haben  sich  auf  diese  Weise  mehi*fach  irrthümliche  Folgerungen  er: 
geben').  Der  erste,  welcher  in  der  Aufzählung  aller  Symmetriearten 
ein  geometrisches  Problem  erkannte,  und  die  Nothwendigkeit  be- 
griff, dasselbe  deductiy  mathematisch  zu  behandeln,  war  He s sei'). 
Ohne  in  der  oben  angegebenen  Weise  von  der  Aufsuchung  der 
einfachsten  Symmetrieelemente  auszugehen,  ist  er  auf  originellem, 
wenn  auch  nach  heutiger  Auffassung  umständlichem  Wege,  zur 
Aufstellung  aller  möglichen  Symmetriearten,  resp.  der  32  Erystall- 
classen gelangt  Die  Nomenclatur  allerdings  ist  wenig  durch- 
sichtig; in  einer  zweiten,  später  erschienenen  Darstellung  hat  er 
sie  selbst  durch  eine  sachgemässere  ersetzt^).  Dieser  äussere  um- 
stand scheint  bedauerlicher  Weise  veranlasst  zu  haben,  dass  seiner 
Arbeit  nicht  diejenige  Aufmerksamkeit  zu  Theil  wurde^  welche  sie 
verdiente*^).  Zwanzig  Jahre  nachher  wurde  das  Problem,  und  zwar 
unabhängig  von  Hessel,  von  neuem  der  Behandlung  unterworfen. 
Dies  geschah  durch  Bravais'  Arbeit  über  die  symmetrischen  Po- 
lyeder*). Diese  mit  vielem  Scharfsinn  und  in  klarer  Darstellung 
durchgeführte  Untersuchung  ist  jedoch  leider  nicht  erschöpfend;  eine 
der  möglichen  Symmetrieclassen,  nämlich  diejenige,  welche  durch 
eine  4n-zählige  Aze   zweiter  Art  characterisirt  ist,  ist  Bravais 

1)  Chr.  S.  Weiss,  Uebersichtliche  Darstellung  der  verschiedenen 
natfirlichen  Abtheilongen  der  Krystallisationssjsteme.  Abhandig.  d.  Berl. 
Akad.  1815,  S.  289. 

2)  Vgl.  hierzu  z.  6.  die  oben  S.  8  erwähnte  Arbeit  von  Gadolin, 
besonders  S.  29,  86,  39. 

8)  Vgl.  das  oben  S.  8  befindliche  Citat. 

4)  Ueber  gewisse  merkwürdige  statische  und  mechanische  Eigen- 
schaften des  Raumes.    Marburg  1862.    üniversitätsschrift. 

5)  Auch  der  Verfasser  wurde  erst  von  befreundeter  Seite  auf  die* 
selbe  aufmerksam  gemacht. 

6)  Memoire  sor  les  polyädres  de  forme  symätrique.  Journal  de 
math.  par  Liouville,  Bd.  14,  S.  141— isa 

Behoenflies,  KrysUUstractor.  2 


-    18    - 

entgangen^).  Dem  Ausgangspunkt  seiner  Betrachtungen  haftet 
nämlich  noch  der  empirische  Character  an;  er  glauhte,  dass  man 
mit  den  drei  elementaren  Symmetrieelementen,  Axe,  Ehene,  Centrum 
der  Symmetrie  auskomme,  und  ist  in  Folge  dessen  zu  der  ehen 
genannten  Krystallclasse  nicht  gelangt.  Die  zweite  erschöpfende 
Erledigung  der  Aufgahe,  alle  theoretisch  denkharen  Krystallclassen 
aufzustellen,  verdanken  wir  Gadolin*);  er  hat  von  neuem,  und 
zwar  wie  es  scheint,  ohne  die  Bravaisschen  Arheiten  zu  kennen, 
die  32  Krystallclassen  geometrisch  abgeleitet  In  jüngster  Zeit  ist 
dasselbe  und  zwar  nach  wesentlich  verschiedener  Methode  auch  von 
Fedorow*),  P.  Curie*)  und  Minnigerode^)  geschehen®). 

Ausser  den  eben  genannten  Autoren  hat  sich  auch  Möbius 
eingehend  mit  der  Theorie  der  symmetrischen  Polyeder  beschäftigt. 
Seine  erste  Arbeit  hierüber^)  erschien  im  Jahre  1849;  sie  betrifft 
im  wesentlichen  nur  die  Ableitung  der  KrystoWsysteme.  Wie 
Möbius  selbst  mittheilt®),  war  sie  bereits  abgefasst,  ehe  die  Bravais- 
schen Untersuchungen  vorlagen.  Diese  Untersuchungen  bestimmten 
ihn  aber,  die  Theorie  der  symmetrischen  Figuren  von  neuem  ein- 
gehender in  Angriff  zu  nehmen.  Ueber  die  erste  Hälfte  seiner  Re- 
sultate hat  Möbius  im  Jahre  1851  in  der  sächsischen  Gesellschaft 
der  Wissenschaften  einen  kurzen  Bericht  erstattet;  er  bekämpft 
den  oben  skizzirten  empirischen  Standpunkt  von  Bravais,  stellt 
dem  gegenüber  die  allgemeine  Definition  der  Symmetrieeigen- 
schaften auf,  und  gelangt  in  Folge  dessen  auch  zu  den  Symmetrie- 
axen  zweiter  Art^).    Das  Gesammtergebniss  seiner  Untersuchungen 


1)  Vgl.  die  Bemerkung  auf  S.  79  dieser  Schrift. 

2)  a.  a.  0.  S.  2. 

S)Fedorow  hat  seine  Resultate  bereits  im  Jahre  18B3  in  der  Peters- 
burger mineralogischen  Gesellschaft  bekannt  gemacht;  vgl.  Verhdlg.  v. 
Jahre  1884,  Bd.  20,  S.  334. 

4)  Sur  les  questione  d'ordre,  Bull,  de  la  soc.  min.  de  France,  Bd.  7, 
S.  89  u.  418,  1884. 

5)  Untersuchungen  über  die  Symmetrieyerhältnisse  der  Erystalle, 
Neues  Jahrb.  f.  Min.    Beilageb.  6,  S.  146,  1887. 

6)  Mit  den  oben  erwähnten  Problemen  hängt  auch  Hess,  Lehre 
von  der  Eugeltheilung,  vielfach  zusammen.  Vgl.  übrigens  auch  Cap.  YU 
dieser  Schrift. 

7)  Ueber  das  Gesetz  der  Synunetrie  der  Erystalle,  Ber.  d.  Sachs. 
Ges.  d.  Wiss.  1849,  Bd.  1,  S.  66. 

8)  Ueber  symmetrische  Figoren,  Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1851. 
Bd.  Sf  S.  19. 

9)  Vgl.  die  vorstehende  Abhandlung,  sowie  die  auf  folgender  Seite 
citirte  nachgelassene  Arbeit,  Vorrede,  S.  664. 


—    19    — 

hat  Möbius  nicht  mehr  selbst  veröffentlicht,  obwohl  sie  im 
Jahre  1851  schon  so  gut  wie  vollständig  fertiggestellt  waren. 
In  der  von  F.  Klein  besorgten  Gesammtausgabe  seiner  Werke  sind 
sie  von  Reinhardt  ans  dem  Nachlass  herausgegeben  worden^). 
Vgl.  die  Vorrede,  S.  563  ff.  üebrigens  ist  zu  bemerken,  dass 
Möbius  in  Folge  einer  irrigen  Annahme  bei  dem  Ausgangspunkt 
seiner  Ableitung  nicht  zu  sämmtlichen  Arten  von  Symmetrie,  resp. 
von  symmetrischen  Figuren  gelangt.  Vgl.  hierüber  die  Bemerkungen 
am  Ende  von  Cap.  V,  S.  100. 


1)  Werke,  herausgegeben  auf  Veranlassung  der  kdnigl.  sächs.  Ges. 
d.  Wiss.,  Bd.  II,  S.  667.  Die  Erörterungen,  welche  sich  auf  die  den  Axen 
zweiter  Art  entsprechende  Symmetrie  beziehen,  finden  sich  besonders 
§  14  und  15.  Vgl.  auch  die  unter  Anm.  8  der  vorigen  Seite  citirte  Ab- 
handlung, §  4. 


Erstes  Capitel. 

Allgemeine  Sätze  ftber  Operationen  und  ihre 
Zusammensetzung. 

§  1.  Aeqnivalente  Bewegungen.  Die  Deckoperationen 
erster  Art  sind  Bewegungen^  welche  einen  festen  Punkt  0 
unverändert  lassen.  Diese  wollen  wir  jetzt  ins  Auge  fassen. 
Als  Objekt  der  Bewegung  betrachten  wir  fürs  erste  irgend 
einen  festen  Körper  S.  Die  Bewegung  eines  solchen  Körpers 
um  einen  festen  Punkt  ist  uns  zwar  aus  der  Anschauung  un- 
mittelbar vertraut;  aber  doch  wird  es  zweckmässig  sein,  auf 
diejenigen  Verhältnisse;  welche  für  uns  in  Frage  kommen, 
nochmals  in  präciser  Form  hinzuweisen. 

Wir  bezeichnen  im  Folgenden  durchgehends  den  beweg- 
lichen Körper  durch  einen  einfachen  Buchstaben  ohne  Index, 
wenn  es  sich  nur  darum  handelt,  ihn  von  andern  Körpern  zu 
unterscheiden,  ihm  also  gleichsam  einen  Namen  zu  geben. 
Während  er  sich  bewegt,  kommt  er  in  verschiedene  Lagen; 
diese  Lagen  sollen  durch  Indices  angedeutet  werden.  Sj,  5,, 
S^  u.  s.  w.  werden  daher  irgend  welche  Lagen  bedeuten,  die 
der  Körper  S  bei  der  Drehung  um  den  festen  Punkt  0  an- 
nehmen kann. 

Was  von  dem  ganzen  Körper  gilt,  soll  auch  von  den 
einzelnen  Punkten  'desselben  gelten.  Wir  bezeichnen  durch 
den  Buchstaben  Ä  ohne  Index  irgend  einen  seiner  Punkte, 
um  ihn  aus  der  Gesammtheit  der  Punkte  herauszuheben,  und 
verstehen  unter  Ä^y  A^y  A^  u.  s.  w.  verschiedene  Lagen,  in 
welche  A  in  Folge  der  Bewegungen  gelangen  mag. 

Es  seien  nnn  S^  und  S^  irgend  zwei  Lagen  des  beweg- 
lichen Körpers;  S^  wollen  wir  als  Anfangslage,  S^  als  Endlage 


—     21     — 

betrachten.  Der  Weg,  welchen  der  Körper  zu  durchlaufen 
hat,  um  von  S^  nach  S^  zu  gelangen,  kann  offenbar  sehr 
mannigfaltig  gewählt  werden.  Es  giebt  daher  eine  grosse 
Zahl  von  Bewegungen,  welche  den  Uebergang  aus  einer  Lage 
Si  in  die  Lage  S^  yermitteln  können. 

Alle  diese  Bewegungen  sollen  als  äquivalent  betrachtet 
werden;  d.  h.  wir  stellen  folgende  Definition  auf: 

Zwei  Bewegungen  heissen  äquivalent,  wenn  sie  einen  Körper 
aus  derselben  Anfangslage  in  dieselbe  Endlage  vberführen. 

§  2.  Drehung  um  eine  Axe.  Für  den  Zweck,  den  wir 
einzig  und  allein  im  Auge  haben,  handelt  es  sich  bei  der  Be- 
wegung niemals  um  den  Weg,  den  der  Körper  zurücklegt, 
sondern  immer  nur  um  Anfangslage  und  Endlage.  Den  Ueber- 
gang aus  der  Anfangs-  in  die  Endlage  können  wir  uns  so 
einfach  wie  möglich  denken;  es  sind  daher  immer  nur  die 
einfachsten  Bewegungs Vorgänge,  auf  welche  wir  unsere  Auf- 
merksamkeit zu  lenken  haben. 

Wir  betrachten  zunächst  die  Drehung  um  eine  durch  0 
gehende  Axe.  Während  der  Drehung  beschreibt  jeder  Punkt 
P  von  S  einen  Kreisbogen,  dessen  Mittelpunkt  auf  der  Axe  a 
liegt.  Die  Länge  des  Kreisbogens  bestimmt  den  zugehörigen 
Drehungswinkel.  Ist  l  eine  durch  0  gehende  Gerade  des 
Körpers  S,  und  sind  l-^  und  l^  ihre  Lagen  vor  und  nach  der 
Drehung,  so  bilden  auch  die  Ebenen  (a2J  und  (al^  den 
DrehungswinkeU  Der  Drehungswinkel  ist  daher  bestimmt,  so- 
bald ausser  der  Axe  Anfangs-  und  Endlage  irgend  einer  durch 
0  gehenden  Geraden  l  bekannt  sind.  In  dem  besonderen  Fall, 
dass  der  Drehungswinkel  180^  resp.  n  beträgt,  bezeichnen  wir 
die  Drehung  als  UnJcUvppung  oder  Umwendung. 

Gelangt  der  Körper  S  durch  Drehung  um  a  aus  einer 
Lage  Si  in  eine  Lage  S^,  so  bleibt  die  Axe  a  unbeweglich; 
d.  h.  ihre  Lagen  a^  und  a,  sind  identisch.  Es  ist  aber  auch 
das  umgekehrte  richtig;  d.  h.  sind  Si  und  S^  zwei  Lagen 
des  Körpers  8,  und  weiss  man,  dass  Anfangs-  und  Endlage 
einer  gewissen  Geraden  a  coincidiren,  so  bedarf  es  nur  einer 
Drehung  um  a,  um  den  Uebergang  des  Körpers  S  aus  der  Lage 
Si  in  die  Lage  S^  zu  vermitteln. 


-     22     - 

Es  sei  a  der  Winkel  einer  Drehung^  die  um  die  Axe  a 
stattfindet.  Lassen  wir  nicht  eine  Drehung  um  a^  sondern 
eine  Drehung  um  den  Winkel  a  '•\'2x  eintreten,  so  nimmt  der 
bewegte  Körper  dieselbe  Endlage  ein;  das  gleiche  findet  statt, 
wenn  der  Drehungswinkel  die  Grösse  a  +  4jr  besitzt,  u.  s.  w. 
Alle  diese  Drehungen  sind  in  dem  oben  definirten  Sinn  äqui- 
valent; d.  h.  es  gilt  der  Satz: 

Lehrsatz  L  Drehungen  um  dieselbe  Axe  sind  äquivalent^ 
wenn  sie  sich  um  eine  oder  mehrere  volle  Umdrehungen  unter- 
scheiden  y  d.  h.  wenn  die  Differenz  der  Drehungswinkel  ein  Viel- 
faches von  2%  ist, 

Bemerkung  1.  Es  kann  in  bestimmten  Fällen  vorkommen, 
dass  die  beiden  Lagen  8^  und  S^j  die  wir  zu  betrachten  haben, 
identisch  sind.  In  diesem  Fall  kann  von  einer  eigentlichen 
Drehung  nicht  mehr  die  Rede  sein.  Es  ist  aber  zweckmässig, 
auch  dann  noch  von  einer  Drehung  zu  sprechen,  und  zwar 
von  einer  solchen,  für  welche  sich  der  Drehungswinkel  auf 
Null  reducirt.  Dies  wird  auch  durch  den  vorstehenden  Satz 
nahe  gelegt;  denn  diese  uneigentliche  Drehung  ist  ja  einer 
wirklichen  Drehung  von  der  Grösse  2Xy  resp.  43t...  äquivalent 

Bemerkung  2.  Der  Uebergang  aus  der  Anfangslage  S^ 
in  die  Endlage  8^  lässt  sich  auch  dadurch  vermitteln,  dass  wir 
den  Körper  8  um  die  Axe  a  im  entgegengesetzten  Sinn  drehen, 
und  zwar  um  den  Winkel  2%  —  a;  auch  hier  dürfen  ausser- 
dem noch  eine  oder  mehrere  volle  Umdrehungen  um  die  Axe 
a  vorgenommen  werden. 

Im  Gegensatz  zu  den  vorher  betrachteten  Drehungen 
pflegt  man  solche  Drehungen  als  negativ  zu  bezeichnen;  es  ist 
ersichtlich,  dass  jede  Ortsveränderung  des  Körpers  8  sowohl 
durch  positive,  als  durch  negative  Drehungen  herbeigeführt 
werden  kann.  Da  aber  unter  allen  äquivalenten  Drehungen 
immer  nur  eine  zu  berücksichtigen  ist^  so  werden  wir,  um  die 
Darstellung  möglichst  einfach  zu  halten,  immer  nur  mit  posi- 
tiven Drehungen  operiren  und  die  negativen  ganz  aus  dem 
Spiele  lassen. 

§  3.  ZusammensetKimg  von  Drehungen.  Es  seien  a  und 
h  zwei  durch  den  Punkt  0  gehende  Axen.    Eine  Drehung  um 


—     23     - 


ng.  4. 


a  von  der  Grosse  a  möge  den  Körper  S  aus  der  Lage  Si  in 
eine  Lage  S^  bringen.  Sodann  trete  eine  zweite  Drehung  um 
die  Äxe  b  ein,  vermöge  deren  der  Körper  8  aus  der  Lage  /Sa 
in  die  Lage  S^  übergeht;  der  bezügliche  Drehungswinkel  sei  ß. 
Wie  nun  auch  die  Axen  a  und 
b  liegen  mögen,  so  lässt  sich 
beweisen;  dass  es  stets  möglich 
isi^  den  Körper  S  aus  der  An- 
fangslage Si  in  die  Endlage  S^ 
durch  eine  einjsige  Drehung  um 
eine  Axe  c  überzuführen. 

In  dem  einfachen  Fall,  dass 
die  beiden  Axen  a  und  b  mit 
einander  zusammen  fallen,  ist 
die  Behauptung  unmittelbar  evi- 
dent; alsdann  fallt  auch  c  mit 
a  und  b  zusammen.  Wenn  dagegen  a  und  b  verschiedene 
Axen  sind,  so  ist  (Fig.  4)  c  so  zu  bestimmen,  dass  in  der 
ans  üj  b,  c  gebildeten  Ecke  dem  Sinn  und  der  Grösse  nach 

^  cab  =»  i«    und    ^C  abc  «=  ^ß  ^) 
ist. 

Der  Beweis  ist  leicht  zu  führen.  Wir  ziehen  noch  die- 
jenige durch  0  gehende  Gerade  c\  welche  das  Spiegelbild  von 
e  in  Bezug  auf  die  Ebene  (ab)  ist,  so  folgt,  dass  die  Bogen 
1)  ac  ■=  ac'     und     bc  =  bc' 

sind;  und  dass  auch 

^  bac'  =  \a    und    ^  c'ba  =  \ß 
ist.    Daher  ist  nach  Sinn  und  Grösse 

'^cac^=cc    und     ^cbc  =  ß. 
Wir   wollen   nun   diejenige  Gerade  des   Körpers  S  ins  Auge 
fassen,  welche  bei  der  Anfangslage  S^  mit  der  Axe  c  zusammen- 
fallt.    Da  ac  =  ac    und  ^  cac  =  a  ist,   so  gelangt  sie  in 


1)  Die  Bezeichnungen  der  Winkel  sind  stets  so  gewählt,  dass  durch 
die  hesügliche  Drehnng  die  zaletzt  genannte  Gerade  ans  der  zuerst  ge- 
nannten hervorgeht.  Die  Figur  enth&lt  anch  die  Schnittpunkte  der  Ge- 
raden mit  einer  um  0  als  Mittelpunkt  constrairten  Kugel. 


^    24     - 

Folge  der  Drehung  um  a  nach  c,  und  da  auch  hc^^hc'  und 
^  che  ea  ß  ist,  80  kommt  sie  von  hier  aus  in  Folge  der 
Drehung  um  h  wieder  nach  c  zurück;  ihre  erste  Lage  fallt 
also  mit  ihrer  Endlage  zusammen.  Gemäss  §  2  bedarf  es 
daher  in  der  That  nur  einer  Drehung  um  diese  Axe  c,  um  den 
Körper  S  in  die  Endlage  S^  zu  bringen.  Damit  ist  die  obige 
Behauptung  erwiesen;  also  folgt: 

Lehrsatz  IL  Führt  ein  Körper  S  nach  einander  Drehungen 
um  ewei  Äxen  a  und  b  aus,  welche  sich  in  einem  Punkte  0 
schneiden,  so  kann  die  hierdurch  bestimmte  Ortsveränderung  durch 
eine  einzige  Drehung  um  eine  ganz  bestimmte  Axe  c  vermittelt 
werden,  welche  ebenfalls  durch  0  geht^). 

Man  pflegt  diesen  Satz  oftmals  kurz  dahin  auszusprechen, 
dass  sich  zwei  Drehungen,  deren  Axen  sich  schneiden,  stets 
wieder  zu  einer  Drehung  zusammensetzen  lassen.  Dieselbe 
heisst  die  zusammengesetzte  oder  resultirende  Drehung  und  die 
JDrehungen  um  a  und  b  heissen  ihre  Camponenten. 


1)  Der  Winkel  der  um  c  stattfindenden  Drehung  spielt  zwar  far  die 
Zwecke  der  vorliegenden  Schrift  keine  Rolle,  im  Interesse  der  Voll- 
ständigkeit des  obigen  Satzes  möge  jedoch  die  Bestimmung  desselben 
hier  eine  Stelle  finden. 

Wir  haben  (§  2)  Anfangs-  und  Endlage  einer  durch  0  gehenden 
Geraden  ins  Auge  zu  fassen.  Wir  wählen  dazu  diejenige  Gerade  von 
5,  welche  in  der  Anfangslage  mit  der  Axe  a  coincidirt.  Bei  der  Drehung 
um  a  bleibt  sie  in  Buhe,  d.  h.  a  und  a^  sind  identisch,  durch  Drehung 
um  b  gelangt  sie  in  die  Endlage  Oj,  so  dass 

^aba,^ß 
und  Bogen 

ab  '^  a^b 

ist    Der  Winkel  der  resultirenden  Drehung  ist  daher 

'^aea^  —  y. 
Denken  wir  uns  nun  wieder  die  Schnittpunkte  Äy  B,  C7,  A^  der  Geraden 
a,  &,  c,  a,  mit  einer  um  0  als  Mittelpunkt  gelegten  Kugel,  so  sind  die 
Dreiecke  ABC  und  A^BÖ  congruent.    Daher  halbirt  der  Bogen  BC 
den  Winkel  AOA^;  d.  h.  es  ist 

aus   dem   Dreieck   ABC  folgt  daher  noch'  die   symmetrisch   gebaute 
Gleichung 

sin  bc  :  sin  ca  :  sin  ab  =^  sin  ^a  :  sin  ^ß  :  sin  -^y. 


—    25     - 

Es  folgt  nun  sofort^  dass  sich  auch  beliebig  viele  Dre- 
hungen^ deren  Axen  sämmtlich  durch  0  gehen^  zu  einer  Drehung 
zusammensetzen  lassen,  d.  L  es  gilt  der 

Lehrsatz  III.  Drehungen  um  Axen  a,  b,  c  . . .,  die  durch 
einen  und  denselben  Fjunkt  0  gehen,  lassen  sich  stets  zu  einer 
eineigen  Drehung  um  eine  bestimmte  Axe  ß  msammensetzen^  die 
gleichfalls  durch  0  geht, 

§  4.  Wenn  erst  die  Drehung  um  b  vom  Winkel  ß  und 
dann  erst  die  Drehung  um  a  vom  Winkel  a  erfolgt,  so  ist 
auch  die  so  bestimmte  Bewegung  einer  einzigen  Drehung  um 
eine  durch  0  gehende  Axe  äquivalent  Es  entsteht  aber  die 
Frage,  ob  diese  Axe  d  mit  der  Axe  c  identisch  ist  oder  nicht. 
Wir  betrachten  zunächst  wieder  den  einfachen  Fall,  dass  a 
dieselbe  Gerade  ist  wie  b.  Alsdann  ist  auch  d  mit  a  und  b 
identisch,  also  auch  mit  c.  Sind  a  und  h  verschiedene  Axen, 
so  construiren  wir  d  nach  den  oben  angegebenen  Vorschriften. 
Da  aber  jetzt  die  erste  Drehung  um  b  stattfindet,  so  haben 
wir  gemäss  §  3  e2  so  zu  zeichnen,  dass  in  der  aus  b,  a,  d  ge- 
bildeten Ecke  (vgl.  Fig.  2)  nach  Sinn  und  Grosse 
^(eZ6a)  — i/5  und  ^{bad)  =  \a 
ist.  Diese  Gleichungen,  mit  den  Gleichungen  des  §  3  ver- 
glichen, ergeben  unmittelbar,  dass  d  mit  c'  identisch  ist;  d.  h. 
c  und  d  sind  verschiedene  Geraden,  und  zwar  ist  d  das  Spiegel- 
bild von  c  in  Bezug  auf  die  durch  a  und  b  gehende  Ebene. 

Die  letzte  Bemerkung  gestattet  übrigens  auch  die  Frage 
zu  beantworten,  unter  welchen  Bedingungen  die  Axen  c  und 
d  identisch  werden.  Dies  kann  offenbar  nur  für  solche  Ge- 
raden c  eintreten,  welche  mit  ihrem  Spiegelbild  zusammen- 
fallen, bei  verschiedenen  Axen  a  und  b  also  nur,  wenn  die  Axe 
c  auf  der  Ebene  (ab)  senkrecht  steht. 

Das  Vorstehende  führt  zu  dem 

Lehrsatz  IV.  Bei  der  Zusammensetzung  von  Drehungen 
hängt  die  resuiHrende  Drehung  im  Allgemeinen  von  der  Beihen- 
folge  äby  in  loelcher  die  einzelnen  Drehungen  ausgeführt  werden. 

§  5.  Der  Snlersohe  Satz.  Es  seien  8^  und  S^  irgend 
zwei  beliebige  Lagen  des  beweglichen  Körpers,  so  sagt  der 


-     26    — 

Eulersclie  Satz  aus^  dass  es  stets  möglich  ist  den  Körper  S 
aus  der  Anfangslage  5^  in  die  Endlage  S^  durch  Drehung  am 
eine  einzige  durch  0  gehende  Axe  überzuführen.  Um  dies  zu 
beweisen^  fassen  wir  Anfangslage  und  Endlage  irgend  einer 
Fig.  5.  durch  0  gehenden  Geraden  l  von  S  ins  Auge 

und  bezeichnen  sie  durch  l^  und  2,.  Diese 
Geraden  bestimmen  (Fig.  5)  eine  Ebene;  sei 
n  die  durch  0  gehende  Normale  dieser  Ebene 
und  V  der  Winkel  (Zj  Zg).  Wir  nehmen  nun  den 
Körper  S  zunächst  in  der  Anfangslage  an^ 
und  lassen  um  die  Gerade  n  eine  Drehung 
vom  Winkel  v  eintreten.  Dadurch  gelangt 
offenbar  l^  nach  l^y  d.  h.  die  Gerade  l  in  ihre  Endlage;  gemäss 
§  2  bedarf  es  daher  nur  noch  einer  gewissen  Drehung  um  die 
Gerade  l^^  um  den  Körper  S  in  die  Endlage  S^  zu  bringen. 

Der  Uebergang  des  Körpers  S  aus  der  Lage  S^  in  die 
Lage  8^  kann  daher  durch  zwei  auf  einander  folgende  Dre- 
hungen um  resp.  n  und  l^  vermittelt  werden.  Diese  beiden 
Drehungen  sind  aber,  wie  eben  (§  5)  bewiesen,  stets  einer 
einzigen  Drehung  um  eine  durch  0  gehende  Axe  c  äquivalent; 
also  folgt: 

Lehrsatz  V.  Ein  um  einen  festen  PunJct  0  beweglich 
Körper  S  kann  atis  einer  beliebigen  Anfangslage  5^  in  eine  be- 
liebige Endlage  S^  stets  vermittelst  einer  Drehung  um  eine  einstige 
durch  0  gehende  Axe  übergeführt  werden, 

§  6.  Die  Operationen  zweiter.  Art.  Die  Deckoperation 
zweiter  Art  ist  entweder  eine  Spiegelung  an  einer  durch  0 
gehenden  Ebene,  oder  sie  ist  aus  einer  solchen  Spiegelung 
und  einer  Bewegung  um  den  Punkt  0  zusammengesetzt.  Jede 
Spiegelung,  sowie  jede  mit  einer  Spiegelung  verbundene  Be- 
wegung bewirkt,  dass  ein  Körper  S  in  einen  ihm  spiegelbildlich 
gleichen  Körper  8'  übergeht.  Den  Vorgang,  welcher  einen 
Körper  S  in  einen  ihm  spiegelbildlich  gleichen  Körper  S'  ver- 
wandelt, wollen  wir  allgemein  als  eine  Operation  der  zweiten 
Art  bezeichnen,  und  analog  dazu  die  Bewegungen  auch  Opera- 
tionen erster  Art  nennen. 


—     27     — 

Für  die  Operationen  zweiter  Art  lässt  sich  in  ähnlicher 
Weise^  wie  für  die  Bewegungen  ^  der  Begriff  der  Aequivalenz 
einführen,  und  zwar  stellen  wir  folgende  Definition  auf: 

Operationen  zweiter  Art  heissen  äquivalent,  wenn  sie  einen 
Körper  8  in  denselben  ihm  spiegelbildlich  gleichen  Körper  S' 
überfuhren. 

Es  handelt  sich  daher  auch  hier  in  erster  Linie  darum, 
die  einfachsten  unter  den  Operationen  zweiter  Art  ausfindig 
zu  machen. 

Die  allgemeine  Operation  zweiter  Art  besteht  aus  einer 
Spiegelung  und  einer  Bewegung^),  welche  Punkt  0  unverändert 
lässt.  Aber  nach  dem  Eulerschen  Satz  kann  jede  Bewegung 
durch  eine  Drehung  um  eine  durch  0  gehende  Axe  ersetzt 
werden;  folglich  ist  jede  Operation  zweiter  Art  durch  eine 
Spiegelung  und  eine  Drehung  ausführbar,  und  zwar  so,  dass 
die  spiegelnde  Ebene  und  die  Drehungsaxe  beide  durch  den 
Punkt  0  gehen. 

§  7.  Ueber  die  Lage  der  Drehungsaxe  zu  der  Spiegelungs- 
ebene lässt  sich  aus  dem  Vorstehen' 
den   keine   Folgerung   ziehen.     Dies 
ist   daher   noch  besonders  zu  unter- 
suchen. 

Den  einfachsten  Fall  repräsentirt 
diejenige  Operation,  bei  welcher  eine 
Drehung  nicht  auftritt,  d.  h.  die  Spie- 
gelung selbst.  Jeder  Punkt  und  jede 
Gerade  geht  durch  sie  in  ihr  Spiegel- 
bild über. 

Nehmen  wir  ferner  an,  dass  (Fig.  6)  die  Drehungsaxe  u 
auf  der  spiegelnden  Ebene  e  senkrecht  steht,  und  dass  der 
zugehörige  Drehungswinkel  die  Grösse  it  hat,  d.  h.  dass  die 
Drehung  eine  Umklappung  um  u  ist,  so  erhalten  wir  ebenfalls 
einen  einfachen  Typus  einer  Operation  zweiter  Art,  nämlich 


Fig.  6. 
U 

<- 1- 7.1^ 


Z 


LI 


y 


V 


I 


1)  Ist  eine  Bewegung  nicht  yorhanden,  so  können  wir,  wie  oben, 
wieder  von  einer  Drehung  vom  Winkel  Nnll  sprechen.  Alsdann  ist  die 
reine  Spiegelung  wieder  mit  einbegriffen. 


—     28     — 

deDJenigeii;  welcher  als  Inversion  bezeichnet  wird.  Ist  nsunlich 
Ä^  irgend  ein  Punkt  in  der  Anfangslage,  so  gelangt  er  in 
Folge  der  Spiegelung  an  £  in  die  Lage  Äj^  und  von  da  in 
Folge  der  Umklappung  um  u  in  die  Endlage  A^]  und  zwar 
geht  ÄiÄ^  durch  0  und  0  ist  der  Mittelpunkt  dieser  Strecke. 
Die  Inversion  ersetzt  daher  jeden  Punkt  durch  denjenigen  Punkt, 
welcher  ihm  in  Bezug  auf  0  diametral  gegenüber  liegt.  Der 
Punkt  0  wird  das  Centrum  der  Inversion  genannt. 

Wenn  wir  annehmen,  dass  zuerst  die  Umklappung  um 
die  Axe  u  und  dann  die  Spiegelung  gegen  die  Ebene  e  ein- 
tritt, so  gelaugt  A^  zunächst  nach  A^'  und  dann  ebenfalls 
nach  A2]  die  Reihenfolge,  in  welcher  die  Umklappung  und  die 
Spiegelung  eintreten,  ist  daher  für  die  Endlage  aller  Punkte 
völlig  gleichgiltig.  Beachten  wir  ferner,  dass  die  Endlage  A^ 
ausser  von  A^  nur  von  0  abhängt,  so  ist  ersichtlich,  dass  wir 
stets  zu  demselben  Punkt  A^  gelangen  müssen,  welche  Lage 
auch  die  Ebene  s  haben  möge.     Also  folgt: 

Lehrsatz  VI.  Die  Inversion  kann  durch  eine  Spiegelung  und 
eine  Umklappung  um  die  zur  spiegelnden  Ebene  senkreckte  Axe 
ersetzt  werden.  Die  Lage  der  spiegelnden  Ebene  ist  beliebig,  ebenso 
die  Beihenfolge,  in  welcher  Spiegelung  und  UmJdappung  ausgeführt 
werden, 

§  8.  Wir  hatten  oben  (§  5)  gefunden,  dass  jede  Bewegung 
um  einen  Punkt  einer  Drehung  um  eine  Axe  äquivalent  ist; 
ebenso  lässt  sich  auch  für  die  allgemeine  Operation  zweiter 
Art  eine  typische  Form  angeben.  Die  bezügliche  Operation 
möge  den  Körper  S  aus  der  Lage  S^  in  den  ihm  spiegelbild- 
lich gleichen  Körper  S^  überführen.  Diesen  Process  denken 
wir  uns  etwas  abweichend  von  der  früheren  Art  in  folgender 
Weise  ausgeführt.  Zunächst  möge  eine  Inversion  gegen  0  ein- 
treten. Dieselbe  verwandelt  den  Körper  S^  in  den  ihm  spiegel- 
bildlich gleichen  Körper  S^.  Nun  ist  noch  S^  mit  5/  zur 
Deckung  zu  bringen,  und  dies  geschieht,  da  beide  Körper  con- 
gruent  sind,  vermittelst  einer  Drehung  um  eine  bestimmte 
durch  0  gehende  Axe.  Die  Operation  zweiter  Art  kann  dem- 
nach in  eine  Inversion  gegen  0  und  eine  Drehung  um  eine 
Axe  u  aufgelöst  werden;  cd  sei  der  zugehörige  Drehungswinkel. 


-     29     - 

Nun  lässt  sich  aber  die  Inversion  in  der  oben  angegebenen 
Weise  durch  eine  Spiegelung  an  einer  beliebigen  Ebene  und 
eine  ümklappung  ersetzen.  Diesen  Umstand  wollen  wir  so 
ausnützen,  dass  wir  (Tgl.  Fig.  6)  die  spiegelnde  Ebene  s  senk- 
recht auf  der  eben  genannten  Drehungsaxe  u  annehmen,  also 
die  Ümklappung  um  die  Axe  u  stattfindet  Alsdann  folgt  un- 
mittelbar, dass  die  bezügliche  Operation  zweiter  Art  der  Spie- 
gelung gegen  s  und  derjenigen  Drehung  um  u  äquivalent  ist^ 
deren  Winkel  ä  +  a>  ist. 

Der  Herleitung  nach  hat  zuerst  die  Spiegelung  einzutreten; 
es  ist  aber  leicht  ersichtlich,  dass  dieselbe  Operation  erzielt 
wird,  wenn  zuerst  die  Drehung  und  dann  die  Spiegelung  aus- 
geführt wird.  In  der  That  gelten  die  Betrachtungen,  die  an 
der  Hand  von  Fig.  6  eben  für  die  Inversion  angestellt  wurden, 
in  derselben  Weise  auch  hier,  nur  dass  die  Geraden  A^Ai' 
und  Ä^Ä^  nicht  mehr  mit  der  Drehungsaxe  in  einer  Ebene 
liegen.     Wir  erhalten  demnach  folgendes  Resultat: 

Lehrsatz  VII.  Die  Operation  eweiter  Art  kann  so  durch 
eine  Spiegelung  und  eine  Drehung  ersetsst  werden,  dass  die  Dre- 
hungsaxe  auf  der  siegelnden  Ebene  senkrecht  steht.  Die  Beihen- 
folge,  in  welcher  Spiegelung  und  Drehung  ausgeführt  werden,  ist 
beUAig. 

Für  die  so  aus  Spiegelung  und  Drehung  bestehende  Ope- 
ration möge  die  Bezeichnung  Drehspiegelung  eingeführt  werden. 

Die  oben  bereits  erörterten  einfachsten  Operationen  zweiter 
Art,  Spiegelung  und  Inversion,  entsprechen  den  besonderen 
Fallen,  dass  der  Drehungswinkel  resp.  den  Werth  Null  oder 
X  hat 

§  9.  Die  typisohen  Formen  der  Bewegungen  nnd  Ope- 
rationen Bweiter  Art.  Das  Ergebniss  der  vorstehenden  Er- 
örterungen lässt  sich  dahin  aussprechen,  dass  unr  für  Opera- 
tionen erster  und  eweiter  Art  je  eine  einfachste  typische  Form 
ermiiteU  haben.  Die  typische  Form  der  Operationen  erster  Art, 
d«  h.  der  Bewegungen,  ist  die  Drehung  um  eine  Axe;  jede  Be- 
wegung um  einen  festen  Punkt  ist  einer  solchen  Drehung 
äquivalent  Als  typische  Form  für  die  Operationen  zweiter 
Art  hat  sich  die  Drehspiegelung  ergeben;  d.  h.  die  Verbindung 


-     30    — 

einer  Drehung  mit  einer  Spiegelung ,  deren  Ebene  senkrecht 
auf  der  Drehungsaxe  steht  Jede  Operation  zweiter  Art,  die 
einen  Punkt  unverändert  lässt,  kann  durch  eine  Drehspiege- 
lung bewirkt  werden. 

Für  die  Praxis  ist  es  zweckmässig,  die  beiden  einfachsten 
Fälle  der  Drehspiegelung,  die  den  Winkeln  Null  und  n  ent- 
sprechen, d.  h.  die  reine  Spiegelung  und  die  Inversion,  beson- 
ders herauszuheben.  Der  Grund  ist  ein  doppelter.  Einerseits 
sind  diese  Operationen,  wenn  wir  ihre  Anschaulichkeit  ins 
Auge  fassen,  viel  einfacher  als  die  allgemeine  Dreh  Spiegelung, 
andrerseits  aber,  und  das  ist  die  Hauptsache,  pflegt  man  in 
den  meisten  Fällen  mit  Spiegelung  und  Inversion  vollkommen 
auszureichen. 

§  10.  Zasammensetzung  beliebiger  Operationen.  Wir 
schliessen  das  vorstehende  Capitel,  indem  wir  den  Begriff  der 
Zusammensetzung  auf  beliebige  Operationen  übertragen.  Es 
ist  unmittelbar  evident,  dass  irgend  zwei  Operationen  erster 
oder  zweiter  Art  hinter  einander  ausgeführt,  wieder  einer  Ope- 
ration erster  resp.  zweiter  Art  äquivalent  sind.  Wir  werden 
später  für  verschiedene  specielle  Fälle  die  Art  der  resultirenden 
Operation  genauer  bestimmen.  An  dieser  Stelle  beschränken 
wir  uns  darauf,  einen  einzigen  Satz  allgemeineren  Inhalts  ab- 
zuleiten.    Derselbe  lautet: 

Lehrsatz  VIII.  Ztoei  Opefationen  jsweiter  Art,  die  einen 
Punkt  0  unverändert  lassen,  sind  ettsammen  in  allen  Fallen  einer 
Drehung  um  eine  durch  0  gehende  Axe  äquivalent 

Die  erste  Operation  zweiter  Art  verwandelt  nämlich  einen 
Körper  8^  in  einen  ihm  spiegelbildlich  gleichen  Korper  S/. 
Unterwerfen  wir  nunmehr  den  Körper  S^  einer  zweiten  Ope- 
ration zweiter  Art^  so  geht  aus  ihm  offenbar  ein  Körper  S^ 
hervor,  welcher  mit  S^  congruent  ist.  Aber  S^  und  S^  lassen 
sich  durch  blosse  Bewegung,  resp.  Drehung  um  eine  durch  0 
gehende  Axe  zur  Deckung  bringen,  und  damit  ist  der  Satz 
bewiesen. 


Zweites  Capitel. 

Das  Rechnen  mit  Operationen. 

§  1.  Einführiiiig  neuer  Bezeichnungen.  Die  im  Yor- 
stebenden  Capitel  abgeleiteten  Sätze  knüpften  sich  an  die 
Existenz  eines  Körpers  S,  welcber  gewissen  Drehungen  oder 
Operationen  zweiter  Art  unterworfen  wird.  Die  Gestalt  dieses 
Körpers  blieb  ganz  willkürlich,  sie  spielt  weder  bei  den  Be- 
weisen noch  im  Wortlaut  der  Lehrsätze  irgend  eine  Rolle. 
In  Folge  dessen  ist  es  zweckmässig,  den  Korper  S  ganz  und 
gar  ausser  Acht  zu  lassen.  Wir  werden  daher,  um  die  Dar- 
stellung zu  kürzen,  im  Folgenden  in  einer  etwas  mehr  ab- 
stracten  Form  von  den  Operationen  selbst  handeln,  ohne  uns 
darum  zu  kümmern,  welches  die  Raumgebilde  sind,  die  den- 
selben unterworfen  werden. 

Dasjenige,  was  wir  für  die  Zwecke  der  Krystallographie 
über  Drehungen  und  Operationen  zweiter  Art  zu  wissen  nöthig 
haben,  betrifft  ausschliesslich  die  Zusammensetzung  derselben. 
Die  Ableitung  der  hierauf  bezüglichen  Gesetze  wird  durch 
einen  bemerkenswerthen  Umstand  ausserordentlich  vereinfacht. 
Bei  der  Zusammensetzung  der  Operationen  kann  nämlich,  wie 
wir  sofort  erkennen  werden,  mit  gutem  Erfolg  eine  Rech- 
nungssymbolik benutzt  werden,  welche  Aehnlichkeit  mit  der 
Multiplikation  der  Zahlen  hat.  Dies  wollen  wir  zunächst  er- 
läutern. 

Im  Interesse  einer  einfachen  Darstellung  scheint  es  zweck- 
mässig zu  sein,  wenn  wir  uns  vorläufig  allein  auf  Drehungen 
beschränken,  also  zunächst  nur  die  Zusammensetzung  der  Dre- 
hungen selbst  ins  Auge  fassen. 


-     32    — 

Eine  Drehung  um  die  Axe  a,  deren  Winkel  a  ist,  be- 
zeichnen wir  von  nun  an  durch  S((a)  oder  kurz  durch  S(.    Unter 

«(«),       JBOJ),       e(y)... 
resp. 

a,        85,        e    ... 

sind  daher  Drehungen  zu  yerstehen,  deren  Axen  resp.  a,  &,  c 
sind,  und  deren  Grosse  durch  die  Winkel  a,  ß^y  . ..  bestimmt 
ist.  Für  diese  Winkel  gelten  die  oben  Cap.  1, 2  getroflfenen 
Festsetzungen.  Wir  nehmen  dieselben  also  stets  als  positiv 
an;  im  übrigen  können  sie  jede  beliebige  Grosse  haben;  wie 
schon  oben  bemerkt,  wird  es  ja  bisweilen  nöthig  sein,  auch 
solche  Drehungen  ins  Auge  zu  fassen,  die  aus  mehr  als  einer 
Yollen  Umdrehung  bestehen. 

§  2.  Fotensen  von  Drehungen.  Betrachten  wir  nun  die 
Drehungen,  welche  resp.  durch 

«(a),     «l(2a),     a(3a) ^(na)  .... 

dargestellt  sind.  Wir  können  uns  yorstellen,  dass  die  Drehung 
?[(2a)  entsteht,  wenn  die  Drehung  8[(a)  um  die  Axe  a  zwei- 
mal hinter  einander  ausgef&hrt  wird.  Ebenso  ergiebt  sich 
?[(3a)  bei  einer  dreimaligen  Wiederholung  der  Drehung  Ä, 
und  allgemein  ?l(na),  wenn  die  Drehung  %  nmal  hinter 
einander  erfolgt.  Im  Anschluss  an  diese  Ueberlegungen  soll 
jetzt  eine  neue  Bezeichnung  eingeführt  werden.  Wir  bejseichnen 
nämlich  die  vorstehenden  Drehungen  Tcurz  durch 

a,    a^    «», a», 

so  dass  also  ganz  allgemein  für  jede  positive  ganze  Zahl  n 

«(na)  =  a» 

gesetzt  ist.  Die  Drehung  «(«)  nmal  hinter  einander  ausge- 
führt, wird  also  genau  so  bezeichnet,  als  ob  sie  die  nte  Potenz 
von  a  wäre. 

In  dieser  Bezeichnung  steckt  aber  nicht  allein  eine  äusser- 
liche  Analogie  zu  den  Potenzen;  vielmehr  ~  und  hierauf  be- 
ruht ihre  Zweckmässigkeit  —  kann  bei  der  neuen  Bezeichnungs- 
weise mit  den  Drehungen  genau  so  gerechnet  werden,  als  ob  sie 
Potenzen  wären.    Dies  werden  wir  sofort  erweisen. 


—     33    — 

Es  seien  h  und  k  irgend  zwei  positive  ganze  Zahlen^ 
80  dass  also 

a(Äa)  —  «*  und  %(ka)  =  «* 

gesetzt  werden  kann.    Sind  nun  81*  und  Ä*  wirkliche  Potenzen, 
so  bestellt  die  Gleichung 

1)  «*.«*  =  «*+*. 

Die  Frage  ist,  ob  diese  Gleichung  auch  für  die  Drehungen 
einen  wirklichen  Sinn  hat.  Dies  ist  in  der  That  der  Fall. 
Die  Drehungen  W^  und  W'  sind  nämlich  zusammen  einer 
Drehung  um  den  Winkel  (A-|-A;)a,  d.  h.  eben  der  Drehung 
?l*+*  äquivalent;  die  obige  Gleichung  gilt  daher  in  dem  Sinne, 
dass  die  Multiplication  die  Zusammensetzung  der  bezüglichen 
Drehungen  bedeutet  und  beide  Seiten  der  Gleichung  äqui- 
valente Drehungen  repräsentiren.  Auf  Grund  dessen  dürfen 
wir  mit  den  Drehungen 

«,      a«,       W 

genau  so  rechnen,  wie  mit  Potenzen;  in  der  That  ist 

« . «« =  «8,    a« .  21«  —  a .  «*  =  ?i» . «  =  a*  u.  8.  w, 

§  3.  Die  IdenÜt&t«  Die  in  der  Krystallographie  auf- 
tretenden Drehungswinkel  stehen  sämmtlich  in  einem  ratio- 
nalen Yerhaltniss  zu  2x,  Ist  beispielsweise  a  =  120^,  so  ist 
Ä*  eine  Drehung  um  240^  und  ?[*  eine  Drehung  um  360®, 
d.  h.  eine  volle  Umdrehung.  Eine  volle  Umdrehung  ist  aber 
einer  Drehung  vom  Winkel  Null  äquivalent;  es  ergiebt  sich 
also  auch  hier  die  Nothwendigkeit,  die  Drehung  vom  Winkel 
Null  ins  Auge  zu  fassen.    Wir  bezeichnen  sie  durch  9(0). 

Wenn  wir  versuchen,  die  Analogie  mit  den  Potenzen  auch 
auf  die  Drehung  von  der  Grosse  Null  auszudehnen,  so  können 
wir  dafür  nur  das  Symbol  %^  s=s  l  einführen.  Dies  ist  in  der 
That  nothwendig,  wenn  wir  im  Einklang  mit  den  obigen 
Bezeichnungen  bleiben  wollen.  Setzen  wir  nämlich  die  Dre- 
hung 91(0)  mit  irgend  einer  andern  Drehung  Sl^ »» a(Aa) 
zusammen,  so  ergiebt  sich  als  resultirende  Drehung  natürlich 
wieder  W^  selbst;  das  Zeichen  für  21(0)  muss  daher  so  gewählt 

Sehoenfliet,  KrysUlIitractar.  3 


—    34     — 

werden,  dass  es  mit  Ä*  multiplicirt  wieder  Ä*  giebt;  und  dies 
ist  gerade  für  die  Zahl  1  resp,  für  die  Potenz  Ä®  der  Fall. 
Wir  beschliessen  diese  Erörterungen  durch  folgende  Definition: 
Die  Drehung  von  der  Grösse  Null  heisst  Identität  Das 
Zeichen' für  dieselbe  ist  1. 

^  §  4.  Froduote  von  Drehnngen.  Die  im  vorstehenden 
entwickelte  Methode ,  die  Zusammensetzung  von  gewissen 
Drehungen^  die  um  dieselbe  Axe  stattfinden,  symbolisch  durch 
die  Multiplication  von  Potenzen  auszudrücken,  lässt  sich  auf 
Drehungen  um  beliebige  durch  denselben  Punkt  gehende  Axen 
übertragen  und  zwar  auf  folgende  Weise.  Sind  Ä  und  85 
irgend  zwei  Drehungen,  deren  Axen  durch  den  Punkt  0  gehen, 
uud  @  die  ihnen  äquivalente  resultirende  Drehung,  so  wollen 
wir  von  nun  an  diese  Beziehung  durch  die  Gleichung 

as3  =  © 

characterisiren,  und  nennen  ^  das  Product  von  %  und  iB. 
Offenbar  wird  diese  Bezeichnung  durch  die  eben  erörterte  An- 
wendbarkeit des  Potenzbegriffes  nahe  gelegt 

Die  Berechtigung  der  vorstehenden  Definition  ist  nunmehr 
zu  prüfen.  Dazu  haben  wir  zu  untersuchen,  ob  und  wie  sich 
mit  solchen  Producten  rechnen  lässt. 

Zunächst  springt  ein  wesentlicher  Unterschied  gegen  die 
aus  Zahlen  gebildeten  Producte  in  die  Augen.  In  dem  aus 
%  und  S3  gebildeten  Product  ist  nämlich  die  Reihenfolge  der 
Drehungen,  gemäss  Gap.  I,  IV  im  Allgemeinen  nicht  gleich- 
giltig;  die  resultirende  Drehung  ist  davon  abhängig,  ob  erst 
die  Drehung  %  und  dann  93,  oder  erst  die  Drehung  S3  und 
dann  %  ausgeführt  wird.  Es  ist  daher  festzusetzen,  welche 
Reihenfolge  gemeint  ist,  wenn  wir  dem  aus  %  und  93  gebildeten 
Product  die  Form  2193  geben.   Dies  geschieht  folgendermassen. 

Unter  dem  Product  Ä93  verstehen  wir  diejenige  Ortsver- 
änderung,  welche  eintritt,  wenn  euerst  die  Drehung  Sl  und  dann 
die  Drehung  93  ausgeßihrt  unrd.^) 

1)  Der  hier  benutzte  Productbegriff  deckt  sich  also  nicht  voll- 
ständig mit  dem  arithmetischen  Productbegriff.  Darin  liegt  natürlich 
kein  Hindemiss,  das  Wort  „Product"  far  den  oben  angegebenen  Zweck 
zu  benutzen. 


—     35    — 

Die  Reihenfolge,  in  welcher  die  Drehungen  vor  sich 
gehen,  entspricht  also  in  den  Formeln  der  Bichtnng  von  links 
nach  rechts.  Dass  in  speciellen  Fällen  die  resultirende  Dre- 
hung sich  nicht  ändert,  wenn  die  Reihenfolge  der  Compo- 
nenten  vertauscht  wird,  haben  wir  bereits  oben  bemerkt.  Für 
Drehungen,  die  um  dieselbe  Axe  stattfinden,  ist  dies  immer 
der  Fall,  daher  war  es  auch  nicht  nöthig,  in  den  vorher- 
gehenden Paragraphen  beim  Rechnen  mit  Potenzen  auf  die 
Reihenfolge  Rücksicht  zu  nehmen. 

§  5.  Die  einzige  Operation,  die  wir  für  unsere  Zwecke 
mit  den  Drehungen  vorzunehmen  haben,  ist  die  wiederholte 
Zusammensetzung  derselben.  Dieselbe  führt  auf  Producte  von 
beliebig  vielen  Factoren,  so  dass  jeder  Factor  eine  Drehung 
repräsentirt*  Wir  wollen  nunmehr  untersuchen,  wann  diese 
Producte  derselben  resultirenden  Drehung  äquivalent  sind, 
resp.  welche  formalen  Aenderungen  die  Producte  gestatten, 
ohne  dass  sie  aufhören,  derselben  Ortsveränderung  äquivalent 
zu  bleiben. 

Sind  a,  &,  c  Zahlgrossen,  so  besteht  die  fundamentale 
Gleichung 

(ab)c  =  a(bc), 

Sie  bewirkt,  dass  in  einem  Zahlenproducte,  ohne  dass  der  Werth 
desselben  sich  ändert,  Factoren  beliebig  in  Klammem  einge- 
schlossen werden  können,  und  umgekehrt  derartige  Klammem 
sich  tilgen  lassen.  Das  Grundgesetz,  welches  sich  darin  aus- 
spricht, ist  auf  Drehungen  übertragbar;  d.  h.  es  gilt  die 
Gleichung  ^ 

(5135)©  =  si(95S). 

In  der  That,  die  linke  Seite  repräsentirt  diejenige  Ortsver- 
anderung,  welche  eintritt,  wenn  erst  die  Drehungen  8  und 
SB,  und  dann  noch  @  ausgeführt  wird.  Die  rechte  Seite  ver- 
langt, dass  erst  die  Drehung  21,  und  dann  noch  nacheinander 
die  Drehungen  S3  und  (S  ausgeführt  werden;  d.  h.  aber  in 
beiden  Fällen  sollen  der  Reihe  nach  die  drei  Drehungen 
8,  S3,  (S  vor  sich  gehen.  Damit  ist  die  obige  Gleichung  als 
richtig  nachgewiesen.     Daraus  folgt^  dass  wir  in  den  beiden 


-    36    -- 

obigen  Producten  genau  wie  bei  Zahlen  die  Klammem  ganz 
und  gar  weglassen  konneu;  jedes  dieser  Producta  kann  ein- 
fach durch 

SIS5© 

bezeichnet  werden.  Dies  gilt  natürlich  auch  für  beliebig  viele 
Drehungen.     Beispielsweise  ist 

«(936)®  =  («83)63), 
denn  beide  Producte  sagen  aus,  dass  hinter  einander  die  vier 
Drehungen  21,  83,  S,  S)  ausgeführt  werden  sollen  u.  s.  w.    Wir 
haben  daher  für  die  Rechnung  mit  Drehungen  folgende  beiden 
Hauptgesetze  gewonnen: 

Lehrsatz  I.  In  einem  Prodwt  von  Drehungen  darf  die 
Beihenfolge  derselben  im  Allgemeinen  nicht  geändert  werden, 

Lehrsatz  IL  Jedes  Product  von  Drehungen  bleibt  ungeändert^ 
wenn  man  beliebig  viele  auf  einander  folgende  derselben  in  eine 
Klammer  einsMiesst,  resp.  derartige  Klammern  tilgt. 

§  6.  FrodXLOte  und  Fotenssen  von  beliebigen  Operationen. 
Die  vorstehenden  Definitionen  und  Sätze  haben  wir  aus  dem 
Grunde  zunächst  für  Drehungen  allein  abgeleitet,  weil  bei 
dieser  Beschränkung  die  Darstellung  einfacher  und  anschau- 
licher ist.  Es  ist  aber  unmittelbar  evident,  dass  die  Definition 
der  Potenz,  resp.  des  Products  und  die  von  demselben  giltigen 
Lehrsätze  I  und  II  auf  beliebige  Operationen  übertragbar 
sind.  In  der  That  sind  ja  irgend  zwei  Operationen  erster  oder 
zweiter  Art,  die  nach  einander  eintreten,  stets  wieder  einer 
gewissen  Operation  erster  oder  zweiter  Art  äquivalent;  es 
lässt  sich  also  in  demselben  Sinne  von  einem  Product  von 
beliebigen  Operationen  sprechen,  wie  von  einem  Product  von 
Drehungen.  Ist  z.  B.  @  eine  Spiegelung  und  U  eine  Um- 
klappung um  eine  zur  spiegelnden  Ebene  senkrechte  Axe,  so 
ist  das  Product  beider  Operationen  diejenige  Operation,  welche 
ihnen  beiden  zusammen  äquivalent  ist,  also  (Cap.  I,  VI)  eine 
Inversion  3;  es  besteht  daher  die  Gleichung 

3  =  ©U  =  U@. 
Andrerseits   bleiben   aber   offenbar  alle  die  Schlüsse,  welche 
zu  den  beiden  Sätzen  des  vorstehenden  Paragraphen  führten, 


—    37     — 

unverändert  bestehen,  wenn  wir  statt  der  Drehungen  beliebige 
Operationen  erster  oder  zweiter  Art  betrachten;  wir  sind  daher 
zu  folgenden  Aussprüchen  berechtigt 

Unter  einem  Prodtwt  vmi  beliebigen  Operationen  S  und  SR 
versteht  man  diejenige  Operation  SR,  welche  eintritt,  wenn  erst  die 
Operation  S  und  dann  SR  ausgeführt  wird. 

Lehrsatz  III.  In  einem  Product  von  Operationen  darf  die 
Beihenfolge  derselben  im  Allgemeinen  nicht  geändert  werden. 

Lehrsatz  IV.  Jedes  JProduct  von  Operationen  bleibt  unge- 
ändert,  wenn  man  beliebig  viele  derselben  in  Klammem  ein- 
schliesst,  oder  solche  Klammem  tügt. 

(S2K)9l  •  • .  =  S(2R9l)  •  •  •  =  SaRSR  -   •  • 

Es  ist  zweckmäasig,  an  der  Hand  dieser  Sätze  auf  die- 
jenigen Bechnungsregeln  hinzuweisen,  von  denen  im  Folgenden 
immer  Gebrauch  gemacht  werden  wird. 

1)  In  jedem  Product  von  Operationen  ist  es  gestattet, 
eine  beliebige  Operation  durch  andere  ihr  äquivalente  zu  er- 
setzen und  umgekehrt.  Beispielsweise  kann  man  in  jedem 
Product  die  Inversion  3  durch  U@  ersetzen  und  umgekehrt. 

2)  Jede  Gleichung  zwischen  Operationen  darf  in  der  Weise 
mit  derselben  Operation  multiplicirt  werden,  dass  die  Multi- 
plication  auf  beiden  Seiten  gleichzeitig  von  rechts  oder  gleich- 
zeitig von  links  erfolgt.  Denn  sind  91,  S,  S^,  3R,  9R^,  ... 
beliebige  Operationen,  und  ist 

&m Si2»i---, 

so  ist  offenbar  auch 

S2R...5ft  =  S^aRj...gt 

und  ebenso  ist,  wie  leicht  ersichtlich,  auch 
gtSSR . .  •  =  «SiSRi  •  •   • 
Wir    sagen,    dass    die    letzten   beiden   Gleichungen   aus   der 
ersten  durch  rechtsseitige  resp.  linksseitige  Multiplication  mit 
91  hervorgehen. 

3)  Enthalten  die  beiden  in  einer  Gleichung  stehenden 
Producte  recht>s  resp.  links  dieselbe  Operation,   so  kann  die 


-     38    — 

Gleichung  durch  diese  Operation  dividirt  werden.  D.  h.  be- 
stehen die  Gleichungen 

saß.  .SR-Sia», ...gt 

oder 

9lSaÄ--  =  3lSi3Ri.--, 

so  ist  in  beiden  Fällen 

ßüR 2,3», . . . 

Bezeichnen  wir  nämlich  die  im  umgekehrten  Sinn  aus- 
geführte Operation  91  durch  Wy  so  ist  evident ,  dass  91  und 
9r  sich  gegenseitig  aufheben^  d.  h.  es  ist 

9191'  =  9l'9l  =  1. 

Wenn  wir  nun  die  ersten  beiden  Gleichungen  rechts  resp. 
links  mit  9i'  multipliciren,  so  ergiebt  sich  die  dritte  Gleichung, 
um  die  Yorstehende  Rechnungssymbolik  auf  ein  Beispiel 
anzuwenden,  wollen  wir  den  Cap.  I,  VII  bewiesenen  Satz,  dass 
jede  Operation  zweiter  Art  einer  gewissen  Drehspiegelung 
äquivalent  ist,  hier  nochmals  ableiten.  Wir  hatten  gesehen 
(S.  28),  dass  eine  Operation  zweiter  Art  —  wir  bezeichnen  sie 
durch  ß  —  durch  eine  Inversion  und  eine  Drehung  vermittelt 
werden  kann.  Nennen  wir  die  Drehung  %  und  die  Inversion  3, 
so  besteht  in  Folge  dessen  die  Gleichung 

2  =  3a(a). 

Die  Inversion  3  ist  aber,  wie  Cap.  I,  VI  bewiesen,  gleich 
dem  Product  aus  der  Spiegelung  @  an  der  zu  a  senkrechten 
Ebene  und  einer  Umklappung  um  a;  d.  h.  es  ist 

S  =  ©«(«),    . 

und  wird  dies  eingesetzt,  so  folgt 

ß  =  ©Sl(Ä)2l(a) 
=  ©«(ä  +  «) 

und  dies  ist  die  Behauptung. 

Wir  bezeichnen  von  nun  an  eine  Operation  der  zweiten 
Art,  deren  Axe  a  und  deren  Winkel  a  sein  möge,  durch- 
gehends  durch 

g(Ä),   resp.  S. 


—    39     -- 


Für  a  ==  0,  reep.  a  =  ä  erhalten  wir  die  Spiegelung  und 
Inversion.  Für  diese  beiden  Operationen  wollen  wir^  da  sie 
vielfach  gebraucht  werden^  besondere  einfache  Zeichen  ein- 
fahren^ nämlich  @  für  die  Spiegelung  und  3  für  die  Inversion^ 
so  dass  die  Gleichungen  gelten 

©==ä(o),  3  =  a(^). 

§  7.  Speoielle  Fälle.  Es  ist  in  vielen  Fällen  nothwendig 
zu  wissen^  welche  Operation  durch  das  Product  gewisser  ein- 
facher Operationen  wie  Drehung,  Spiegelung  u.  s.  w.  repräsen- 
tirt  wird.  Diejenigen  hierauf  bezüglichen  Sätze,  von  denen 
wir  im  Folgenden  Gebrauch  zu  machen  haben^  sollen  nach- 
stehend abgeleitet  werden. 

Wir  beginnen  mit  zwei  einfachen  Gleichungen,  deren 
Richtigkeit  unmittelbar  ersichtlich  ist,  nämlich  es  ist 

1)  @«  =  1     und     3*==1; 

in  der  That  heben  sich  ja  zwei  Spiegelungen  an  derselben 
Ebene  gegenseitig  auf  und  ebenso  zwei  Inversionen  gegen 
denselben  Punkt;  d.  h. 

Lehrsatz  V.  Das  Quadrat  einer  Spiegelung  oder  Inversion 
gid)t  die  Identität. 

Sind  femer  @  und  ©^  zw&i  Spiegelungen  an  verschie- 
denen Ebenen  s  und  f^,  die  den  Winkel  a  mit  einander  bilden, 
und  ist  a  ihre  Schnittlinie,  so  ist,  wie  wir  sofort  zeigen  werden, 

2)  @©i  =  a(2a);         d.  h. 
Lehrsatz  VI.    Das  Product  von  m/oei  Spie- 
gelungen ist  eine  Drehung  um  die  Schnittlinie 
der  spiegelnden  Ebenen. 

Zunächst  nämlich  ist  evident,  dass  (Fig.  7) 
jeder  Punkt  der  Geraden  a  bei  beiden  Spie- 
gelungen seinen  Platz  nicht  ändert;  daher  ist 
das  Product  eine  Drehung  um  a.  Ist  nun  { 
irgend  eine  auf  a  senkrechte  Gerade  der  Ebene 
Bj  so  bleibt  dieselbe  bei  der  Spiegelung  gegen 
i  ebenfalls  unverändert;  und  tritt  alsdann  die 
Spiegelung  ©^  ein,  so  geht  l  in  die  Gerade  l^  über,  welche 
ihr  Spiegelbild  in  Bezug  auf  die  Ebene  e^  ist    Der  Winkel 


Fig.  7 


-     40    — 

(üij)  =  2a  ist  demnach  der  Drehungswinkel.  Wie  die  Her- 
leitung zeigt,  ist  genauer  gesprochen  a  derjenige  spitze  Winkel^ 
um  welchen  die  Ebene  e  gedreht  werden  muss,  um  mit  e^  zu- 
sammenzufallen. Die  Reihenfolge  der  Spiegelungen  ist  daher 
im  Allgemeinen  nicht  vertauschbar. 

Stehen  die  spiegelnden  Ebenen  senkrecht  auf  einander^ 
so  ist  das  Product  eine  Umklappung.  In  diesem  besonderen 
Fall  ist  übrigens  die  Reihenfolge^  in  welcher  die  Spiegelungen 
vor  sich  geheu^  gleichgiltig. 

Aus  dem  eben  abgeleiteten  Satz  fliesst  eine  wichtige  Fol- 
gerung. Wir  multipliciren  die  Gleichung  2)  und  zwar  beide 
Seiten  von  links  mit  ©,  so  folgt  wegen  ©^  =«  1,  dass 

3)  ©1  =  ©21 

ist.  In  derselben  Weise  ergiebt  sich,  wenn  wir  Gleichung  2) 
rechtsseitig  mit  ©^  multipliciren, 

4)  ©  =  «@i. 
Dies  giebt  den 

Lehrsatz  VII.  Das  Product  aus  einer  Drehung  und  einer 
Spiegelung,  deren  Ebene  die  Drehungsaxe  enthält,  ist  mieder  eine 
Spiegelung,  deren  Ebene  durch  die  Drehungsaxe  geht 

Der  Winkel  der  spiegelnden  Ebenen  ist,  wie  das  vor- 
stehende zeigt,  gleich  dem  halben  Drehungswinkel. 

Lehrsatz  VIII.  Ist  3  eine  Inversion,  ©  eine  Spiegelung  und 
U  dne  Umklappung,  deren  Axe  auf  der  spiegelnden  Ebene  senk- 
recht steht,  so  ist  das  Product  von  eweien  der  drei  Operationen 
3;  @,  U  stets  der  dritten  äquivalent 

Wir  wissen  nämlich  bereit^;  dass 

3  =  ©U    und     S  =  U© 

ist.     Hieraus  folgt  durch  linksseitige,  resp.  rechtsseitige  Mul- 

tiplication  mit  ©,  da  ja  ©*  =  1  ist, 

@3  =  ©m  =  U, 

3@  =  U@«  — U. 

Wenn  die  ersten  beiden  Gleichungen  von  rechts  resp. 
links  mit  U  multiplicirt  werden,  so  ergiebt  sich,  da  auch 
U*  =  1  ist, 

U3-U«©  =  ©. 


-     41     — 

Diese  Gleichungen  sind  übrigens  sämmtlich  in  der  einen  Glei- 
chung 

S@U  =  1 

enthalten,  welche  mittelst  der  vorstehenden  leicht  verificirt 
werden  kann. 

Wir  beweisen  schliesslich  noch  einen  Lehrsatz  allgemei- 
neren Characters,  der  sich  auf  jedes  Product  bezieht^  das  von 
der  Reihenfolge  der  Operationen  unabhängig  ist.     Er  lautet: 

Lehrsatz  IX.  Ist  das  aus  fi  und  SR  gebildete  Product  von 
der  Beihenfolge  der  Operationen  unabhängig^  so  ist  die  n**  Poteng 
von  SSK  dem  Product  aus  2"^  und  SW"  äquivalent. 

Nach  Voraussetzung  ist  nämlich 

S3R  =  2RS. 
Daher  wird  gemäss  Lehrsatz  IV 

(22R)*-=(S3R)(SaK) 
« iJ(2R2)aR 
=  S(23R)2R  =  S»3R^ 
Ebenso  folgt  nun 

(ßmy  =  (2a»)«(SüR) 
=  2«aR«2aR 
=  2*aR(aK2)aR 

=  2«2R(2aR)aR 

=  2*(2R2)aR* 

=  2«(2ÜR)2R»  =  2»2R», 
In  derselben  Weise  kann  man  weiter  schli^ssen  und  erhält 

^22Ä)"  =  S*aR». 
Beispiel.    Die  Drehspiegelung  ist  gemäss  der  Definition 
dem  Product  aus  einer  Drehung  und  einer  Spiegelung  äqui- 
valent; d.  h.  es  ist 

ä  =  ©«  =  «©. 

Daher  folgt  aus  dem  obigen  Satz 

a«  =  @«at  =  ««©«, 

gS  =  ©8^3  _  a»@% 

u.  &•  w. 


—    42    — 

§  8.  SohllUHibeinerkling.  Das  fdndameiitale  Princip;  welches 
das  vorstehend  definirte  Rechnen  mit  Operationen  ermöglicht, 
beruht  auf  dem  Euler 'sehen  Satz.  Aus  ihm  folgt  nämlich^ 
dass  jede  Folge  von  Operationen  erster  oder  zweiter  Art  immer 
wieder  einer  eineigen  Operation  äquivalent  ist,  und  dies  allein  ist 
in  Wirklichkeit  diejenige  Thatsache,  welche  die  Uebertragung 
des  Productbegriffes  auf  die  Zusammensetzung  von  Operationen 
gestattet.  Wie  nämlich  erstens  das  Product  zweier  Zahlen 
wieder  eine  Zahl  ist,  d.  h.  ein  Ding  derselben  Art,  so  ist  auch, 
was  wir  oben  §  4  und  6  als  Product  zweier  Operationen  de- 
finirt  haben,  immer  wieder  eine  bestimmte  Operation.  Ist 
femer  c  das  Product  der  Zahlen  a  und  &,  also 

ah  =  Cf 
so  ist  es  gleicbgiltig,  ob  ich  dieses  Product  durch  c  oder  durch 
ab  bezeichne,  und  ebenso  ist  es,  wenn 

saß -91 
gesetzt  wird,  völlig  gleichbedeutend,  ob  die  resultirende  Orts- 
Veränderung  durch  die  Operation  91  oder  durch  die  Aufein- 
anderfolge der  Operationen  S  und  SDl  vermittelt  wird. 

Dies  sind  in  der  That  diejenigen  Analogieen,  welche  die 
Uebertragung  des  Productbegriffes  veranlasst  haben.  Gleich- 
zeitig ist  ersichtlich,  worauf  schliesslich  noch  kurz  hingewiesen 
werden  möge,  dass  es  noch  viele  andere  Gebiete  giebt,  auf 
welche  sich  die  Productbegriffe  ebenso  übertragen  lassen. 
Beispielsweise  gehört  die  Zusammensetzung  der  Kräfte  hier- 
her, ebenso  die  Zusammensetzung  beliebiger  räumlicher  Be* 
wegungen,  u.  s.  w.  u.  s.  w. 


Drittes  Capitel. 

Der  Gnippenbegriff. 

§  1«  Die  SymmetrieeigenBOhaften.  Jede  Deckoperation, 
welche  eine  Figur  in  sich  überfahrt,  definirt  eine  Symmetrie- 
eigenschaft derselben  (Einleitung,  §  7). 

Gemäss  den  Erörterungen  des  ersten  Capitels  zerfallen  die 
Deckoperationen  in  vier  yerschiedene  Typen,  nämlich  in  Dre- 
hung, Spiegelung,  Inversion  und  Drehspiegelung.  Es  muss 
daher  auch  vier  yerschiedene  Typen  von  Symmetrieeigen- 
schaften geben.    Wie  definiren  dieselben  wie  folgt. 

Wenn  eine  Figur  durch  Inversion  gegen  einen  Punkt  in 
sich  übergeht,  so  sagt  man,  sie  besitze  Symmetrie  gegen  einen 
Funkt  und  nennt  diesen  Punkt  ihr  Symmetriecentnim. 

Ist  die  Operation,  welche  die  Figur  in  sich  überführt, 
eine  Spiegelung  an  einer  Ebene,  so  sagt  man,  die  Figur  be- 
sitze Symmetrie  gegen  eine  Ebene  und  nennt  diese  Ebene  eine 


Wenn  die  Figur  durch  einfache  Drehung  um  eine  Axe  in 
sich  übergeführt  werden  kann,  so  sagt  man,  sie  besitze  Sym- 
metrie gegen  eine  Axe  und  nennt  diese  Axe  eine  Symmetrieaxe^ 
oder  genauer  eine  Symmetrieaxe  der  ersten  Art 

Ist  endlich  die  Deckoperation  eine  allgemeine  Operation 
zweiter  Art^  d.  h.  eine  wirkliche  Drehspiegelung,  so  sagen  wir, 
die  Figur  besitze  gemischte  Symmetrie  und  nennen  die  zu- 
gehörige Axe  eine  Symmetrieaxe  der  0weiten  Art^). 

1)  P.  Curie  gebraucht  für  die  bezügliche  Symmetrie  den  Ans- 
dmck  plan  de  symitrie  älteme  (a.  a.  0.  S.  430),  Hessel  bezeichnet  die 
Axe  als  gegenstellig  (a.-a.  0.  S.  1058),  Gadolin  nnd  Fedorow  sagen 
tymitrie  »phmoidaU  (a.  a.  0.  S.  17,  resp.  80)  mid  Minnigerode  nennt 
die  Axe  einseitig  wn  der  moeiten  Art  (a.  a.  0.  S.  161). 


-     44    — 

Jeder  Erystall  ist  durch  gewisse  Symmetrieeigenschaften 
ausgezeichnet;  die  Besonderheit  der  Sjmmetrieeigenschaften 
bildet  das  specifische  Merkmal  jeder  Erystallclasse.  Statt 
ihrer  werden  jedoch  nach  wie  vor  die  Deckoperationen  in 
erster  Linie  den  Gegenstand  der  mathematischen  Betrachtung 
ausmachen.  In  ihnen  besitzen  wir  nämlich  dasjenige  Substrat, 
welches,  wie  wir  sahen,  mit  besonderem  Vortheil  der  Rech- 
nung unterworfen  werden  kann.  Haben  wir  die  für  die  Deck- 
operationen giltigen  Sätze  abgeleitet,  so  ist  es  allemal  ein 
leichtes,  diese  Sätze  auf  die  Symmetrieeigenschaften  zu  über- 
tragen; die  eben  zwischen  ihnen  angegebenen  Beziehungen 
sind  hierzu  vollständig  ausreichend. 

§  2.  Die  Potenzen  und  Froduote  der  Deokoperationen. 
Die  Bedeutung  der  Deckoperation  für  einen  Erystall  besteht 
darin,  dass  sie  die  N  gleich werthigen  Geraden  g,  g^y  g^  . . .  in 
sich  überfährt.  Geht  die  Figur  der  N  Geraden  durch  irgend 
welche  Deckoperationen  in  sich  über,  so  giebt  es  nach  §  9 
der  Einleitung  noch  andere  Raumfiguren,  denen  dieselbe  Eigen- 
schaft zukommt.  Naturlich  sind  die  Gesetze,  denen  die  Deck- 
operationen folgen,  durchaus  unabhängig  davon,  welches  die 
Figur  ist,  die  bei  den  Deckoperationen  in  sich  übergeht;  wir 
können  daher,  um  diese  Gesetze  abzuleiten,  statt  der  N  Ge- 
raden auch  jede  andere  Art  solcher  Figuren  ins  Auge  fassen, 
wie  z.  B.  die  regelmässigen  Polyeder,  die  Krystallformen  u.  s.  w. 

Lehrsatz  I.  Jede  Potene  einer  Deckoperation  ist  selbst  eine 
Deckoperation. 

Geht  nämlich  eine  Figur  durch  eine  Operation  fi  in  sich 
über,  so  thut  sie  es  offenbar  auch  dann,  wenn  die  Operation 
S  zweimal  oder  mehrmals  hinter  einander  ausgeführt  wird. 
Mit  anderen  Worten,  ist  fi  eine  Deckoperation,  so  sind  auch 
S*,  S',  S*  . . .  Deckoperationen. 

Beispielsweise  kommt  eine  gerade  sechsseitige  Pyramide 
mit  regulärer  Basis,  wenn  sie  um  60^  um  die  Axe  gedreht 
wird,  mit  sich  selbst  zur  Deckung,  und  es  ist  evident,  dass 
dies  auch  bei  Drehungen  um  120®,  180®  . . .  geschieht 

Der  vorstehende  Satz  ist  eio  specieller  Fall  desjenigen 
fundamentalen  Theorems,  welches  die  Gedammtheit  der  Deck- 


^    45    - 

Operationen,  welche  eine  nnd  dieselbe  Figur  in  sich  überführen, 
mit  einander  verknüpft.    Dasselbe  lantet: 

Lelirsatz  II.  Sind  2  und  SDt  irgend  fswei  DeckopercUionen 
einer  Figur,  so  ist  auch  das  Product  SaR  eine  Deckoperation 
derselben. 

Der  Beweis  folgt  unmittelbar  aus  der  Definition.  Lassen 
wir  nämlich  die  Operation  S  eintreten,  so  geht  die  Figur  nach 
Annahme  in  sich  über;  tritt  nun  ^  ein,  so  findet  dasselbe 
statt;  es  führt  also  in  der  That  auch  das  Product  fiSDt  die 
bezügliche  Figur  in  sich  über. 

So  einfach  und  durchsichtig  dieser  Satz  ist,  so  ist  er  doch, 
wie  bereits  erwähnt,  von  fundamentaler  Bedeutung,  um  dies 
ins  rechte  Licht  zu  setzen,  erinnern  wir  daran,  dass  ja  das 
Product  S3R  stets  einer  einzigen,  von  S  und  9K  verschiedenen 
Operation  91  äquivalent  ist.  In  ihr  haben  wir  dem  Satze  ge- 
mäss eine  neue  Deckoperation  der  Figur  zu  erblicken.  Nun- 
mehr lässt  sich  der  Satz  auf  jede  der  Operationen  S,  SDl,  91  an- 
wenden; wir  sehen  also,  dass  durch  die  Deck  Operationen  fi  und 
9R  sofort  eine  ganze  Reihe  weiterer  Deckoperationen  der  Figur 
bestimmt  wird. 

Betrachten  wir  z.  B.  ein  gerades  quadratisches  Parallel- 
epipedon  und  die  acht  Geraden,  welche  den  Mittelpunkt  des- 
selben mit  den  acht  Ecken  verbinden.  Dasselbe  gestattet 
einerseits  eine  Spiegelung  @  gegen  eine  Ebene,  welche  parallel 
zu  den  Grundflächen  durch  den  Mittelpunkt  geht,  andrerseits 
eine  Umklappung  U  um  die  Höhe  des  Parallelepipedons.  Es 
muss  daher  dem  vorstehenden  Satze  zufolge  auch  das  aus  @ 
und  U  gebildete  Product  eine  Deckoperation  sein.  Dieses  Pro- 
duct ist  aber  (Cap.  I,  VI)  einer  Inversion  gegen  die  Mitte  des 
Parallelepipedons  äquivalent,  und  in  der  That  führt  die  Inver- 
sion das  Parallelepipedon  und  die  acht  Geraden  in  sich  über. 

§  3.  Die  Symmetrieazen  erster  Art,  Die  Sjmmetrieaxen 
erster  und  zweiter  Art  bedürfen  einer  eingehenderen  Betrach- 
tung.   Wir  beginnen  mit  den  Symmetrieaxen  erster  Art 

Wir  haben  bisher  den  Drehungswinkel  ganz  beliebig  ge- 
lassen, wollen  aber  nun  die  eigentlich  krystallographischen 
Zwecke   ins  Auge   fassen.     Nach   dem  Gesetz  der  rationalen 


—    46     - 

Indices^)  kommen  in  der  Erystallographie  nur  solche  Winkel 
in  Frage,  die  in  einem  einfachen  rationalen  Verhältniss  zu  23r 
stehen,  nämlich  diejenigen,  welche  durch  eine  Gleichung  von 
der  Form 

«  =  —  2ä 

n 

bestimmt  sind,  wo  n  nur  die  vier  Werthe  2,  3, 4,  6  haben  kann 
und  m  kleiner  als  n  ist.  Auf  diese  werden  wir  uns  Ton  nun 
an  beschränken.  Ich  bemerke  noch,  dass  es  natürlich  genügt« 
solche  ganzen  Zahlen  m  und  n  ins  Äuge  zu  fassen,  die  keinen 
gemeinsamen  Theiler  haben. 

Wir  bilden  die  unendliche  Reihe  von  Drehungen,  welche 
aus  den  sämmtlichen  positiven  Potenzen  der  Drehung  S(  be- 
steht, die  wir  überdies  um  die  Identität  vermehren.  Diese 
Reihe  ist 

1,  a,  a*,  a»,  • .  in  inf. 

Von  dieser  Reihe  gilt  folgender 

Lehrsatz  HL  In  der  unendlichen  Reihe  1,  Ä,  a^  •  •  in  inf. 
giebt  es  genau  n  einander  nicht  äquivalente  Drehungen ,  nämlich 
die  Drehungen  1,  a,  a*  •  •  •  a**"^.  Jede  Drehung  der  Beihe  ist 
einer  dieser  n  Drehungen  äquivalent. 

Beweis.    Es  sei  zunächst  ni'^^l,  also 

=  — . 
n 

Die  Drehung 

a«  =  a(na)-a(2Ä) 

ist  eine  volle  Umdrehung,  sie  führt  die  bewegliche  Figur 
wieder  in  ihre  Anfangslage  Zurück  und  ist  daher  gemäss  Cap. 
II,  3  der  Identität  äquivalent;  d.  h.  es  ist 

1)  a«  =  1 . 

Daraus  folgt  nun  unmittelbar,  dass 

2)  a»+i-a,  a«+«  =  as  •.. 

ist;  die  sämmtlichen  in  der  obigen  Reihe  enthaltenen  Drehungen 
sind  also  in  der  That  einer  der  n  Drehungen 

3)  1,  a,  a«, . . .  a»-^ 


1}  HierCiber  vgL  das  letzte  Capitel  dieses  Abschnittes. 


—     47     — 

äquivalent     Es   ist  jetzt  nur  noch  zu  zeigen^   dass  diese  n 
Drehungen   auch   wirklich   n  verschiedene  Ortsveränderangen 
repräsentiren.     Dazu  beachten  wir  die  Drehungswinkel;  diese 
sind  resp. 
4)  0,    -2«,    ~2ä,  ...  ^'^^2ä; 

alle  diese  Winkel  sind  aber,  da  jeder  kleiner  als  2%  ist,  von 
einander  verschieden,  also  sind  es  auch  die  zugehörigen  Dre- 
hungen. 

§  4.    Dieselben  Schlüsse  bestehen,  wenn  m  >  1  ist     In 
diesem  Fall  ist 

la)  «•  =  a(n  •  ^  2«)  =  Sl(2mjr), 

also  besteht  die  Drehung  ^l**  aus  m  vollen  Umdrehungen«    Sie 
ist  demnach  ebenfalls  der  Identität  äquivalent,  und  es  bestehen 
auch  hier,  die  Gleichungen 
2a)  ?l»+i  =  «,     S[«+2_3i2^    ...^ 

alle  Drehungen  W  sind  also  wieder  einer  der  n  Drehungen 
3a)  1,    SC,    «%  ...  a»-^ 

äquivalent.  Es  ist  wieder  zu  beweisen,  dass  diese  n  Dre- 
hungen auch  wirklich  verschieden  von  einander  sind.  Die 
Drehungswinkel  sind 

4a)  0,    ^2«,    ^2«,    ...(5^lil^2«; 

dieselben  sind  aber  in  diesem  Fall  nicht  sämmtlich  kleiner 
als  23r.  Nun  sind  zwei  Drehungen  um  dieselbe  Axe  nur  dann 
äquivalent)  wenn  (Gap.  I,  Lehrsatz  I)  die  Drehungswinkel  sich 
um  ein  ganzes  Vielfaches  von  2it  unterscheiden.  Wäre  dies 
far  die  Winkel 

—  2ä    und    —  2ä  , 

wo  A  <  %  sein  möge,  der  Fall,  so  müsste  ihre  Differenz 

n 
ein  ganzes  Vielfaches  von  2%  sein.    Es  müsste  also  (/;  —  }i)m 
durch  n  theilbar  sein.    Da  nun  m  und  n  nach  Voraussetzung 
keinen  gemeinsamen  Theiler  haben,  so  müsste  /;  — *  &  durch  n 


—    48     - 

theilbar  sein  und  dies  ist^  da  &  < n  und  h<n  ist^  nicht  mög- 
lich, den  einen  selbstverständlichen  Fall  ausgenommen,  dass 
h'^h  ist.    Damit  ist  der  obige  Satz  bewiesen. 

Neimen  wir  noch  zwei  Winkel,  die  sich  um  ein  ganzes 
Vielfaches  von  2^  unterscheiden,  äquivalent,  so  lässt  sich  be- 
haupten, dass  die  unter  4a)  stehenden  Winkel  in  irgend  einer 
Reihenfolge  den  n  Winkeln  4)  äquivalent  sind. 

Die  Winkel  4a)  sind  nämlich  sämmtlich  Vielfache  yon 
2x1  n.  Einige  von  ihnen  sind  sicher  grösser  als  eine  volle  Um- 
drehung. Lassen  wir  aber  die  eventuellen  vollen  Umdrehungen 
unberücksichtigt,  so  reduciren  sie  sich  auf  einfache  Vielfache 
von  2%  in  und  da  sie  sämmtlich  verschieden  von  einander 
sind,  so  müssen  sie  in  der  That  in  irgend  einer  Reihenfolge 
den  n  Winkeln  4)  äquivalent  sein.  Es  sind  also  auch  die  zu- 
gehörigen Drehungen  in  derselben  Reihenfolge  äquivalent,  und 
es  folgt 

Lehrsatz  IV.  Sind  %  und  %^  0wei  Drehungen  um  dieselbe 
Axe,  deren  Drehungswinkel  resp. 

«  =  —  2«     und      a.  =  — 2ä 
n  *        n 

sind,  wo  m  und  n  keinen  gemeinsamen  Theiler  häben^  so  sind 
die  n  Drehungen  1,  ?t,  ?[*  •  •  Ä"""^  in  irgend  einer  Reihenfolge 
den  Drehungen  1,  Äj,  %*  •  •  •  Äi"""^  äquivalent 

Ist  z.  B.  n  =  6  und  w  =  5,  so  sind  die  Drehungswinkel, 
welche  den  Potenzen  von  %  entsprechen,  resp. 

0,  i-2;r,  1-2«,  '^2«,  ^2«,  |- 2«, 
und  diejenigen,  welche  den  Potenzen  von  %^  entsprechen, 

0,  i.2«,  ^2«,  H2„,  ^2«,  ^2«, 
diese  letzteren  sind  äquivalent  zu 

0,       |2«,       i-2«,       -i2«,        |2«,       |2«. 

§  5.  Aus  den  vorstehenden  Erörterungen  ziehen  wir  noch 
eine  wichtige  Folgerung.  Weiss  man  nämlich,  dass  irgend  eine 
Figur,  also  z.  B.  die  N  gleichwerthigen  Geraden  g^g^  g%7  - '  * 
die  Deckoperation 


-    49    — 

gestatten^  so  ist  auch 

eine  Deckoperatioo.  In  der  That  muss  es  ja  unter  den  Po- 
tenzen von  8|  genau  eine  geben ;  deren  Winkel  die  Grösse 
2nin  hat^  und  damit  ist  die  Behauptung  bewiesen. 

'  Für  jede  Symmetrieaxe  giebt  es  daher  stets  einen  kleinsten 
Drehungswinkel  «,  so  dass  a  =  2ä  :  w  ist.  Eine  solche  Sym- 
fndrieaxe  heisst  n-zählig;  die  in  der  Krystallographie  auf- 
tretenden Symmetrieaxen  müssen  daher  gleichfalls  alle  von 
dieser  Art  sein.  Wir  hatten  die  eben  bewiesene  Thatsache 
auch  als  eine  solche  einführen  können^  die  aus  der  Erfahrung 
stammt.  In  der  That  kann  man  sie  implicite  als  einen  Theil 
des  Gesetzes  von  der  Rationalität  der  Indices  betrachten. 
Wenn  wir  vorgezogen  haben,  dies  nicht  zu  thun,  so  liegt  der 
Grund  darin,  dass  sie  sich  einerseits,  wie  das  Vorstehende 
zeigt,  ohne  Mühe  deductiy  ableiten  lässt,  und  dass  andrerseits 
die  in  dieser  Schrift  enthaltene  Ableitung  aller  möglichen 
Erystallclassen  gerade  von  dem  Gesichtspunkt  aus  unternommen 
ist,  zu  zeigen,  welches  die  nothwendigen  und  hinreichenden 
Erfahrungsthatsachen  sind,  auf  die  sich  das  Gebäude  der  geo- 
metrischen Krystallographie  mathematisch  aufbauen  lässt ^). 

§  6.  Die  Symmetrieaxen  «weiter  Art.  Die  für  die  Axen 
zweiter  Art  characteristische  Deckoperation  ist  das  Product 
aus  einer  Drehung  und  einer  Spiegelung.  Von  der  Drehung 
dürfen  wir  nach  dem  Vorhergehenden  die  beschränkende  Vor- 
aussetzung machen,  dass  ihr  Winkel  a='2n:n  ist.  Daher 
dürfen  wir  (}ie  Deckoperation  in  der  Form 

voraussetzen.  Wir  nennen  dieselbe  eine  n-mhlige  Symmetrieaxe 
der  eweiten  Art  Gemäss  dem  Gesetz  der  rationalen  Indices 
kann  n  wieder  nur  die  Werthe  2,  3,  4,  6  haben. 

1)  Möbius  und  Qadolin  haben  gleichfalls  den  obigen  Standpunkt 
eingenommen;  vgl.  a.  a.  0.  §  61  ff  reap.  S.  8. 

Scboen flies,  KryitaUitraotor.  4 


—  50  - 
Wir  bilden  wieder  die  unendliche  Reihe  von  Operationen 
1,  «,  %\  f^  .-.in  inf. 
und  beweisen  y  dass  auch  sie  nur  eine  endliche  Zahl  nicht 
äquivalenter  Operationen  enthalten  kann.  Wir  wissen  bereits 
(Gap.  I,  VIII),  dass  alle  geraden  Potenzen  yon  S(  Bewegungen 
sind,  und  demnach  die  ungeraden  Potenzen  Operationen  zweiter 
Art  repräsentiren.  An  der  Hand  der  Anschauung  lässt  sich 
im  besondem  leicht  erkennen,  dass  W  eine  Drehung  nm  a 
ist,  deren  Winkel  2a  ist,  dass  9^  aus  einer  Spiegelung  und 
einer  Drehung  um  a  vom  Winkel  3  a  besteht  u.  s.  w.  Das- 
selbe ergiebt  sich  auch  leicht  mittelst  unserer  Formeln.  Ge- 
mäss der  Definition  ist 

daher  folgt  aus  dem  für  vertauschbare  Operationen  bestehen- 
den Lehrsatz  (Gap.  II,  IX),  wenn  wir  noch  beachten,  dass 
©^  =  1  ist, 

ä*  «=«*©*  =  «*, 
u.  s.  w. 
Die  Operation  W^  ist  demnach,  wenn  X  eine  gerade  Zahl  ist, 
eine  einfache  Drehung  um  den  Winkel  Aa;  während,  wenn  X 
ungerade  ist,  zu  der  Drehung  noch  eine  Spiegelung  gegen  die 
zu  a  senkrechte  Ebene  hinzukommt 

Ist  nun  im  Besondern  n  eine  gerade  Zahl,  so  folgt 
sofort,  dass 

ist,  d.  h.  in  diesem  Fall  können  nur  die  ersten  n  Glieder  der 
obigen  Beihe  unter  einander  verschieden  sein.  Dass  sie  es 
auch  wirklich  sind,  beruht  auf  denselben  Gründen,  wie  im  vor- 
hergehenden Paragraphen  für  die  Reihe  3);  also  folgt: 

Lehrsatz  V.  In  der  unendlichen  Beihe  1,  %  Ä*,  •  •  •  in  inf. 
gid)t  es,  wenn  n  eine  gerade  Zahl  ist^  genau  n  ^lander  nicht 
äquivalente  Operationen^  nämlich  1,  ?l,  Ä*,  •  •  •  Sl"''^  Keine 
derselben  ist  eine  reine  Spiegelung. 


—    51    — 

Ist  dagegen  n  eine  ungerade  Zahl,  so  ist  n  -f  1  gerade, 
«  +  2  ungerade  u.  s.  w.;  also  ist 
a« =«»©»  =  ©, 

u.  s.  w.; 
bis  wir  schliesslieli  zu  der  Relation 

gelangen.  In  diesem  Fall  sind,  wie  die  Yergleicliung  un- 
mittelbar zeigt,  die  Operationen  Ä",  S!l'*+*  •  •  •  von  den  Ope- 
rationen 

1,   a,  «»-..  «"-1 

wirklich  verschieden.  Femer  ist  ersichtlich,  dass  sich  diese 
2n  Operationen  in  der  Form 

1,    a®,    w,  a«s  •.., 
@,    a,    a«@,  «» ... 

darstellen  lassen,  resp.  wenn  wir  die  zweiten,  vierten  u.  s.  w. 
Glieder  beider  Reihen  vertauschen,  in  der  übersichtlicheren  An- 
ordnung 

1,    a,     a«   ...a»-s 
@,  a@,'a*@ .-.  a»-^®. 

Dies  fährt  zu  folgendem  Resultat: 

Lehrsatz  VI.  In  der  unendlichen  Reihe  1,  a,  a^  . . .  in  inf. 
gieht  es,  wenn  n  ungerade  ist,  genau  2n  einander  nicht  äquivalente 
Operationen,  nämlich  die  ersten  2n  Glieder.  Eine  dieser  Opera- 
Horten  ist  eine  reine  Spiegelung. 

Wir  wollen  die  beiden  Sätze  durch  Beispiele  illustriren. 
Es  sei  zunächst  n  «=  4,  so  giebt  es  vier  nicht  äquivalente 
Operationen,  nämlich 

1,  a@,  a%  a«©. 

a^  ist  eine  Umklappung,  a®  und  a^@  sind  Drehspiegelungen, 
deren  Winkel  resp  90^  und  270^  sind.  Eine  reine  Spiegelung 
kommt  nicht  vor. 

4* 


—    52    - 

Ist  dagegen  n  »^S,  so  giebt  es  sechs  nicht  äquivalente 
Operationen,  nämlich  drei  Bewegungen  um  resp,  0®,  120**  und 
240«,  d.  h. 

1,  «,  a* 

und  drei  Operationen  zweiter  Art 

©,  a®,  a^@. 

Die  eine  von  ihnen  ist  eine  reine  Spiegelung;  die  anderen  sind 
Drehspiegelungen  mit  den  Winkeln  120«,  resp.  240« 

§  7.  Die  Abhängigkeit  der  Symmetrieeigensohaften  von 
einander.  Zwischen  den  Symmetrieeigenschaften,  durch  welche 
eine  und  dieselbe  Figur  ausgezeichnet  ist^  besteht  eine  gesetz- 
massige  Abhängigkeit.  Dies  ist  eine  unmittelbare  Folgerung 
des  Lehrsatzes  II.  Sowohl  jede  der  beiden  Deckoperationen 
2  und  3W,  wie  auch  das  Product  ßSW  definirt  ja  eine  ge- 
wisse Symmetrieeigenschaft  der  Figur,  und  zwar  wird  im  All- 
gemeinen durch  2201  eine  neue  Symmetrieeigenschaft  der- 
selben repräsentirt.  Dies  gilt  daher  im  besondem  auch  von 
der  Figur  der  N  gleich werthigen  Geraden;  die  Symmetrie- 
eigenschaften, welche  einer  und  derselben  Erystallclasse  ent- 
sprechen, sind  also  dergestalt  mit  einander  verbunden,  dass 
irgend  zwei  derselben  im  Allgemeinen  eine  dritte  von  ihnen 
verschiedene  nach  sich  ziehen.  So  entspricht  in  dem  oben 
(Gap.  II,  6)  betrachteten  Beispiel  den  Operationen  fi  und  3St  eine 
zweizählige  Symmetrieaxe  und  eine  zu  ihr  senkrechte  Sym- 
metrieebene, dem  Product  dagegen  ein  Symmetriecentrum;  eine 
zweizählige  Symmetrieaxe  und  eine  zu  ihr  senkrechte  Sym- 
metrieebene bedingen  also  mit  Nothwendigkeit  die  Existenz 
eines  Symmetriecentrums. 

Die  Existenz  von  Gesetzen,  welche  die  einer  und  derselben 
Figur  resp.  einer  und  derselben  Kryställclasse  zugehörigen  Sym- 
metrieeigenschaften  unter  einander  verknüpfen,  ist  diejenige  fun- 
damentale Thatsache,  welche  eine  mathematische  Ableitung  aUer 
theoretisch  möglichen  Kryställclassen  gestattet.  Wir  haben  uns  nur 
die  Frage  vorzulegen,  welche  Symmetrieeigenschaften  gleich- 
zeitig neben  einander  auftreten  können;  wenn  es  uns  gelingt, 
diese  erschöpfend  zu  beantworten,  so  kennen  wir  damit  alle 


-    53    — 

VerbindaDgen  von  Sjmmetrieen,  die  geometrisch  möglich  sind, 
wir  müssen  also  auch  za  allen  theoretisch  denkbaren  Krystall- 
classen  gelangen. 

§  8.  Ehe  wir  zur  eigentlichen  Lösung  dieser  Aufgabe 
übergehen,  ist  es  zweckmässig^  fär  gewisse  specielle  Fälle  die- 
jenigen neuen  Symmetrieeigenschaften  zu  bestimmen,  welche 
durch  die  gleichzeitige  Existenz  von  irgend  zwei  Symmetrie- 
eigenschaften bedingt  sind.  Die  bezüglichen  Sätze  ergeben 
sich  unmittelbar  aus  denjenigen,  die  wir  im  letzten  Capitel 
über  Producte  von  Operationen  abgeleitet  haben.  Wir  brauchen 
diese  Sätze  nur  auf  unsere  Deckoperationen  anzuwenden,  und 
dann  von  den  Deckoperationen  zu  den  durch  sie  characterisirten 
Symmetrieeigenschaften  überzugehen. 

Da  das  Product  von  zwei  Spiegelungen  eine  Drehung  um 
die  Schnittlinie  derselben  ist  (Cap.  II,  VI),  so  folgt: 

Lehrsatz  VII.  Die  Schnittlinie  von  gwei  Symmetrieebenen  ist 
eine  Symmetrieaxe^).  Bilden  die  Ebenen  den  Winkel  a  «=  fcin 
mit  einander,  so  ist  die  Symmetrieaxe  n-zählig. 

Aus  Gap.  II,  VII  folgt,  dass  wenn  eine  Symmetrieebene 
eine  Symmetrieaxe  enthält,  dadurch  noch  eine  zweite  durch 
letztere  gehende  Symmetrieebene  bedingt  ist.  Ist  die  Symmetrie- 
axe n-zählig,  so  schliessen  beide  Ebenen  den  Winkel  a  =  n  :n 
ein.  Indem  wir  diesen  Satz  wiederholentlich  anwenden,  er- 
giebt  sich: 

Lehrsatz  Vm.  Enthält  eine  Symmetrieebene  eine  n-eahlige 
Symmetrieaxey  so  gehen  durch  sie  n  Symmetrieebenen.  Je  zwei 
auf  einander  folgende  Ebenen  bilden  den  Winkel  a  =  ^:n 
mit  einander.  ^ 

Im  besondern  ergiebt  sich  für  w  =  2,  dass  die  Schnitt- 
linie Ton  zwei  zu  einander  senkrechten  Symmetrieebenen  eine 
zweizählige  Symmetrieaxe  ist,  und  dass  umgekehrt  eine  zwei- 
zählige  Symmetrieaxe,  die  in  einer  Symmetrieebene  liegt,  noch 
eine  zweite  durch  sie  gehende  Symmetrieebene  bedingt,  die 
auf  der  ersten  senkrecht  steht,  d.  h.: 


1)  Hier,  wie  in  den  folgenden  Sätzen,  sind  stets  Azen  erster  Art 
gemeint 


-    54    — 

Lehrsatz  IX.  Eine  zweieäklige  Symmetrieaxe  und  zwei  durch 
sie  gehende  senkrechte  Symmetrieehenen  kommen  stets  vereinigt  vor; 
d.  h.  enthält  eine  Erystallclasse  ewei  dieser  Symmetrieelemente,  so 
enthält  sie  auch  das  dritte. 

Femer  erhalten  wir  schliesslich  aus  den  Gleichungen 
4 — 6  den  folgenden  Satz: 

Lehrsatz  X.  Ein  Symmetriecentrum,  eine  Symmetrie^ene  und 
eine  m  dieser  senkrechte  geradzahlige  Symmetrieaxe  sind  drei  Sym- 
metrieelemente,  die  stets  verbunden  vorkommen;  d.  h.  enthält  eine 
KrystaUclasse  zwei  derselben,  so  enthält  sie  auch  das  dritte. 

Da  nämlich  die  Symmetrieaxe  geradzahlig  ist^  so  existirt 
unter  den  zugehörigen  Deckoperationen  immer  eine  Umklappung. 

Einige  analoge  Sätze  über  Symmetrieaxen  zweiter  Art 
werden  wir  später  an  geeigneter  Stelle  besonders  mittheilen. 

§  9.  Der  Gruppenbegriff.  Die  eben  erörterte  gesetz- 
mässige  Verbindung,  welche  die  für  eine  KrystaUclasse  charac- 
teristischen  Symmetrieeigenschaften  und  Deckoperationen  um- 
schliesst,  lässt  sich  dahin  aussprechen,  dass  dieselben  einen 
geschlossenen  Ereis  bilden,  so  dass  irgend  zwei  derselben 
immer  eine  dritte  bedingen,  welche  wiederum  diesem  Kreise 
angehört  Dieser  Umstand  ist  von  ausserordentlicher  Wichtig- 
keit. Er  bewirkt,  dass  wir  für  die  Aufgabe,  alle  denkbaren 
Krystallclassen  zu  ermitteln,  mit  grossem  Yortheil  von  einem 
mathematischen  Grundbegriff  Gebrauch  machen  können,  der, 
wenn  auch  erst  in  neuerer  Zeit  in  die  Wissenschaft  eingeführt^ 
doch  seiner  Einfachheit  und  Anwendbarkeit  wegen  einen  elemen- 
taren Gharacter  besitzt,  und  daher  in  einer  elementaren  Dar- 
stellung mit  vollem  Recht  eine  Stelle  findet.  Dieser  Begriff 
ist  der  „Gruppenbegriff".  Wir  knüpfen  ihn  an  die  Deckopera- 
tionen an  und  stellen  über  ihn  folgende  Definition  auf: 

Unter  einer  endlichen  Gruppe  von  Operationen  verstehen  unr 
eine  endliche  Beihe  nicht  äquivalenter  Operationen  von  der  beson- 
deren Beschaffenheit,  dass  das  Product  von  irgend  zweien  derselben 
stets  einer  Operation  der  Beihe  äquivalent  ist. 

Wie  die  Fassung  der  Definition  zeigt,  soll  die  Zahl  der 
Operationen,  welche  die  Gruppe  enthält,  eine  endliche  sein. 
Ferner  ist   zu  beachten,   dass  alle  äquivalenten  Operationen 


—    55    - 

wieder  als  identisch  betrachtet  werden;  sie  sind  in  der  Gruppe 
durch  eine  Operation  repräsentirt.  Wenn  wir  femer  irgend  zwei 
dieser  Operationen  zusammensetzen,  so  verlangt  die  Definition, 
dass  die  resultirende  Operation  selbst  in  der  Gruppe  vorkommt^ 
oder  doch  einer  Operation  der  Gruppe  äquivalent  ist. 

Denken  wir  uns  nun  aüe  Deckoperationen  aufgestellt^ 
durch  welche  irgend  eine  räumliche  Figur  Fj  also  im  beson- 
dem  die  N  gleichwerthigen  Geraden  in  sich  übergehen.  Nach 
Satz  II  ist  das  Prodnct  von  irgend  zweien  derselben  immer 
wieder  einer  dieser  Deckoperationen  äquivalent.  Es  ist  daher 
unmittelbar  evident,  dass  die  Gesammtheü  der  Deckoperationen, 
welche  die  Figur  der  N  Geraden  resp.  die  Figur  F  in  sich  über- 
führen, stets  eine  solche  Gruppe  bilden.    In  der  That,  sind 

S,    2»,    91  .  •  • 

die  sämmÜidien  Deckoperationen,  so  muss  ja,  wenn  wir  irgend 
zwei  derselben  multipliciren,  die  dem  Product  äquivalente  Ope- 
ration sicher  in  der  obigen  Seihe  enthalten  sein.  Diese  That- 
sache  ist  die  Basis  der  nachfolgenden  Entwicklungen;  wir 
sprechen  sie  in  folgendem  Hauptsatz  aus: 

Hauptsatz.  ÄUe  Deckoperationen,  welche  eine  symmetrische 
Baumfigur  in  sich  überfuhren,  lüden  eine  endliche  Gruppe  von 
Operationen. 

Insbesondere  ergiebt  sich 

Lehrsatz  XI.  Für  jeden  KrystaU  bildet  die  OesammÜheit  der 
Deckoperationen,  welche  die  eugehörigen  N  gleichwerthigen  Geraden 
in  sich  überfuhren,  eine  endliche  Gruppe  von  Operationen. 

§  10.  Die  innige  Beziehung,  in  weFcher  die  KrystaU- 
classen  und  der  Gruppenbegriff  zu  einander  stehen,  tritt  durch 
diesen  Satz  deutlich  hervor.  Die  Aufgabe,  alle  theoretisch 
möglichen  Krjstallclassen  zu  finden,  ist  offenbar  in  dem  all- 
gemeineren Problem  enthalten,  alle  endlichen  Gruppen  von 
Operationen  aufzustellen.  Dieses  Problem  werden  wir  in  den 
beiden  folgenden  Capiteln  erledigen.  Vorher  mögen  jedoch 
noch  einige  Bemerkungen  allgemeiner  Natur  über  endliche 
Gruppen  von  Operationen  eine  Stelle  finden.  Die  Definition 
sagt  auS)  dass  wenn  wir  irgend  zwei  Operationen  S  und  äR 


-     56    — 

der  Gruppe  hinter  eiDander  ausfahren^  die  resaltirende  Opera- 
tion ebenfalls  der  Qruppe  angehört.  Diese  Bestimmung  gilt 
natürlich  auch,  wenn  jD2  dieselbe  Operation  ist,  wie  S.  Ist 
daher  S  eine  Operation  der  Gruppe,  so  gehören  auch  alle 
Potenzen  Ton  S  der  Gruppe  an.  Es  handelt  sich  aber  bei 
jeder  Gruppe  nur  um  die  nicht  äquivalenten  Operationen, 
also  folgt: 

Lehrsatz  XII.  Enthalt  eine  endliche  Crruppe  von  Operationen 
eine  Operation  S,  so  enthält  sie  auch  sämmtliche  nicht  äquiva- 
lente Potenzen  von  2, 

Wie  wir  oben  bewiesen  haben,  giebt  es  immer  eine  Potenz 
von  fi,  welche  der  Identität  äquivalent  ist.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XIII.  Jede  endliche  Crruppe  von  Operationen  ent- 
hält die  Identität. 


Viertes  Capitel. 

Die  Drehungsgrappen  und  die  Urnen  entsprecliendeii 
Krystallclassen. 

§  1.  Definition  der  Drehnngsgnippen.  Die  Aufgabe^  alle 
endlichen  Grappen  von  Operationen  abzuleiten,  soll  auf  die 
Weise  behandelt  werden,  dass  wir  zunächst  solche  Gruppen 
suchen,  die  nur  Drehungen  enthalten,  und  dann  diejenigen, 
welche  auch  mit  Operationen  zweiter  Art  gebildet  sind.  Die 
erstere  Classe  Ton  Gruppen  nennen  wir  Gruppen  erster  Art 
oder  Drehungsgruppen,  die  andern  bezeichnen  wir  als  Gruppen 
zweiter  Art  Die  Krystallclassen,  welche  den  Gruppen  erster 
Art  entsprechen,  sind  dadurch  ausgezeichnet,  dass  sie  nur 
Sjmmetrieaxen  erster  Art  besitzen. 

Da  zwei  Drehungen  um  einen  Punkt  0  mit  einander  zu- 
sammengesetzt stets  wieder  einer  Drehung  um  den  Punkt  0 
äquivalent  sind,  so  ist  klar,  dass  es  Drehungsgruppen  wirklich 
geben  kann,  und  damit  ist  die  Berechtigung  unseres  Verfahrens 
dargelegt. 

§  2.  Die  Krystallolassen  mit  einer  einaigen  Symmetrieaxe. 
Als  den  einfachsten  Fall  bezeichnen  wir  denjenigen,  in  welchem 
nur  eine  einzige  Symmetrieaxe  a  vorhanden  ist.  Die  Existenz 
einer  solchen  Symmetrieaxe  bewirkt  (Gap.  IIT,  5),  dass  es  unter 
den  bezüglichen  Deckoperationen  stets  eine  Drehung  giebt,  deren 
Winkel  die  Grosse  a«=»2%:n  hat  Es  muss  daher  in  den 
Drehungsgmppen,  welche  wir  suchen,  jedenfalls  die  Drehung 

«-«(v) 

vorkommen.     In  diesem  Fall  gilt  der  folgende 


—    58    — 

Lehrsatz  I.  Ist  der  Drehungswinkel  a  «=  2n; :  n^  so  hüden 
die  n  Drehungen  1,  %  Ä^  •  •  •  Ä*""*  eine  •Drehungsgruppe. 

Der  Satz  ist  eine  unmittelbare  Folge  der  in  Cap.  III  be- 
wiesenen Theoreme.  In  der  That  sind  ja  erstens  die  n  Dre- 
hungen sämmtlich  von  einander  verschieden  und  zweitens  ist 
auch  das  Product  von  irgend  zwei  Potenzen  SC^  und  Ä'*  stets 
wieder  einer  in  der  obigen  Reihe  enthaltenen  Potenz  von  % 
äquivalent;  es  sind  daher  die  in  der  Definition  einer  Gruppe 
enthaltenen  Bedingungen  wirklich  erfüllt. 

Gleichzeitig  folgt,  dass  es  andere  Drehungsgruppen ,  bei 
welchen  alle  Drehungen  um  dieselbe  Axe  stattfinden,  nicht 
geben  kann.  Die  Gruppen,  deren  Existenz  wir  eben  nach- 
gewiesen haben,  heissen  cyclische  Gruppen.  Wir  bezeichnen  sie 
durch  das  Symbol  C«.  Sie  sind  durch  die  Drehung  Ä  voll- 
ständig bestimmt.  Dies  wollen  wir  dadurch  ausdrücken,  dass 
wir  die  Bezeichnung 

<'-(«(v)l 

einführen. 

Die  Krystallclassen,  für  welche  sämmtliche  Deckopera- 
tionen durch  die  n  Drehungen  der  Gruppe  C«  repräsentirt 
werden,  besitzen  nur  eine  Symmetrieaxe.  Dieselbe  ist  n-zählig. 
Nun  kann,  wie  aus  dem  Gesetz  der  rationalen  Indices  folgt, 
n  nur  die  Werthe  2,  3,  4,  6  haben.    Also  folgt: 

Lehrsatz  II.  Es  sind  vier  Krystallclassen  möglich,  deren 
Symmetrie  durch  die  Existenz  einer  einzigen  Symmetrieaae  erster 
Art  charaderisirt  ist.  Die  Axe  ist  resp.  zwei-,  drei-,  vier-  oder 
sechszählig. 

Die  zugehörigen  Drehnngsgruppen  sind  resp. 

§  3.  Die  Erystallolassen  mit  einer  Hanptaxe  und  mehreren 
Nebenaxen.  Unter  den  Krystallclassen,  welche  mehr  als  eine 
Symmetrieaxe  besitzen^  fassen  wir  zuerst  denjenigen  einfachen 
Fall  ins  Auge,  dass  zwei  zweizählige  Axen  u  und  u^  vorhanden 
sind.  Dieselben  mögen  den  Winkel  a  einschliessen.  Die  zu- 
gehörige Drehungsgruppe,  wenn  eine  solche  existirt,  enthält 


-     59    — 

jedenfalls  die  Umklappungen  U  und  U^;  also  auch  das  Pro- 
duct  derselben.  Sei  liun  a  diejenige  Gerade,  welche  (Fig.  8) 
auf  der  yon  u  und  u^  gebildeten  Ebene  (Zeichnungsebene) 
im  Punkt  0  senkrecht  steht.  Tritt 
zunächst  die  Umklappung  U  ein,  so 
vertauschen  sich  die  beiden  Hälften 
Ton  a  mit  einander,  und  wenn  jetzt 
die  Umklappung  U^  erfolgt,  so  ge- 
langt jeder  Punkt  von  a  wieder  an 
seinen  ursprünglichen  Platz.  Das 
Product  UUi  ist  daher  einer  Dre- 
hung um  a  äquivalent;  d.  h.  die  be- 
trachtete Erystallclasse  enthält  auch  eine  zu  u  und  u^  senk- 
rechte Symmetrieaxe.  Es  handelt  sich  nur  noch  um  die  Be- 
stimmung des  bezüglichen  Drehungswinkels. 

Zu  diesem  Zwecke  suchen  wir  die  Endlage  der  Geraden  u. 
Während  der  Umklappung  U  bleibt  sie  unverändert  und  ge- 
langt dann,  wie  leicht  zu  sehen,  in  Folge  der  Umklappung 
U|  in  eine  Lage  u^,  so  dass  nach  Sinn  und  Grosse 

^(«♦Ui)  =  ^(Wit«,) 

ist.    Daher  ist  der  Drehungswinkel 

und  es  besteht  die  Relation 

1)  UU,-Sl(2ai). 

§  4.  Eine  Erystallclasse,  welche  die  Symmetrieaxen  u 
und  u^  enthält,  enthält,  wie  bewiesen,  auch  die  Symmetrie- 
axe a.  Wir  können  daher  die  zugehörige  Drehungsgruppe 
auch  dadurch  zu  bestimmen  suchen,  dass  wir  von  der  Drehung 
Sl  und  einer  der  beiden  Umklappungen,  z.  B.  U  ausgehen. 
Dies  soll  nunmehr  geschehen^).  Es  sei  a  eine  M-zählige  Sym- 
metrieaxe, so  enthält  die  fragliche  Gruppe  jeden&Us  die  Dre- 
hungen 

A)  1,    «,    ««  ...  %--\ 


1)  Eine  andere,  noch  einfachere  Ableitung  der  bezüglichen  Dre- 
iiiiDgflgnippe  findet  sich  S.  67. 


~     60    — 

wo  der  Winkel  a  «==  2ä  :  n  ist.  Ferner  enthält  sie  diel)rehung 
U;  also  auch  alle'  diejenigen  ^  welche  durch  Multiplication  der 
Potenzen  W-  mit  U  entstehen^  nämlich: 

ü)  U;  n%,  USl«  .  .  \m—K 

Es  ist  nützlich,  wenn  wir  uns  auch  von  diesen  letzteren  eine 
anschauliche  Vorstellung  bilden.    Aus  der  obigen  Gleichung  1) 
folgt,  wenn  wir  auf  beiden  Seiten  von  links  mit  U  multipli- 
ciren  und  beachten,  das  U^  =  1  ist, 
2)  Ui  =  U8l(2ai), 

wo  Ui  und  u  den  Winkel  m  einschliessen,  übrigens  m  ein  be- 
liebiger Winkel  sein  kann.     Zeichnen  wir  nun  die  Axen 

«<2;  ^y   '"  <««-l 

senkrecht  zu  a  so,  dass 

^  Kw)  =  ^  (WgMi)  = ^  (WM._i)  =  y  «  =  |- 

ist,  so  folgt 

ua(«)  =  Ui, 

U«»(«)  =  USl(2a)  =  U,, 


U?l— i(a)  =  \X%i(n  -  1)«)  =  U,_i 

und  zwar  sind  Ui,  U,  ■  •  •  U.— i  Umklappungen  um  die  Äxen 
Ui,  u^  "*  ^*n—i)  80  dass  sicli  die  Reibe  U)  auch  folgender- 
massen  schreiben  lässt 
uo  U,    Ui,    Ua,  •••  U«-i. 

Die  2n  Drehungen  A)  und  ü)  resp.  Uj)  bilden  eine  Gruppe. 
Zunächst  ist  offenbar,  dass  sie  sämmtlich  Yon  einander  ver- 
schieden sind.  Es  ist  daher  nur  noch  der  Gruppencharacter  nach- 
zuweisen. Nun  ist  das  Product  zweier  Potenzen  von  %  stets 
einer  Drehung  um  a  äquivalent,  und  dasselbe  gilt  gemäss  Glei- 
chung 1)  Ton  dem  Product  zweier  Umklappungen  U;i  und  U^. 
Ferner  ist  aber  auch,  wie  aus  Gleichung  2)  folgt,  das  aus 
einer  Umklappung  und  einer  Potenz  von  ^  gebildete  Product 
stets  einer  Umklappung  der  Reihe  U)  äquivalent,  und  damit 
ist  die  Behauptung  erwiesen. 

Wir  gelangen  daher  zu  folgendem  Resultat: 


—    61     — 


Lelirsatz  III.  Wenn  die  n-zahlige  Axe  a  und  die  niveissählige 
Axe  u  senkrecht  auf  einander  stehen,  so  büden  die  2n  Drehungen 

u,  ua,  u«^ ...  usi»-^ 

eine  Gruppe  von  Drehungen, 

Die  Krystalle^  welche  diesen  Gruppen  entsprechen^  be- 
sitzen ausser  einer  n-zähligen  Symmetrieaxe  noch  n  auf  der- 
selben senkrechte  zweizählige  Axen,  so  dass  je  zwei  auf  ein- 
ander folgende  denselben  Winkel  x:n  einschliessen;  a  heisst 
Mauptaxe,  u,  u^  •  • .  u«-.i  heissen  Nebenaxen.  Die  bezüglichen 
Gruppen  sollen  DiMergruppen  heissen  und  durch  Dn  bezeichnet 
werden.  Sie  sind,  wie  das  Vorstehende  zeigt,  durch  %  und  U 
bestimmi    Dies  drücken  wir  aus,  indem  wir  die  Formel 

^- («(")-«) 

einführen.    Auch  hier  kann  n  die  Werthe  2,  3,  4,  6  erhalten. 
Also  folgt: 

Lelirsatz  IV.  Es  giebt  vier  Kryställdassen,  welche  durch 
eine  n-eahlige  Symmetrieaxe  und  n  zu  ihr  senkredhte  Bweizahlige 
Symmebtieaxen  characterisirt  sind;  sie  entsprechen  den  Zahlen 
fi  —  2,  3,  4,  6. 

Fig.  9. 


n-G 


^ 

'^J 

^- 

u,              \ 

/ 

\ 

«<» 

\ 

Slfj 

'^f 

/" 

■^ 

/ 

^^ 

u. 

Ly 

y^ 

\> 

^ 

\ 

A, 

u* 

V 

Die  zugehörigen  Drehungsgruppen  sind  (vgl.  Fig.  9): 

A -{«(«),  U},  A- (5t  (¥),«),    A-=(si(f),u), 


Da 


(«(!)>"! 


^     62    — 


Fig.  10. 


§  5.  Wenn  n  den  Werth  2  hat,  also  die  Drehungsaxe 
a  ebenfalls  zweizählig  ist,  so  ergiebt  sich  eine  Gruppe,  die 
besondere  theoretische  Bedeutung  hat.  Sie  heisst  die  Vierer- 
gruppe.   Sie  ist  durch  drei  Umklappungen  characterisirt,  deren 

Axen  dieselbe  Lage  zu  einander  haben 
wie  drei  rechtwinklige  Coordinaten- 
axen.  Wir  wollen  sie  (Fig.  10)  durch 
u,  v,  w  bezeichnen.  Die  Gruppe  be- 
steht aus  den  vier  Operationen 
1,    U,    »,    SB. 

Diese  vier  Operationen  müssen  also 
die  bemerkenswerthe  Eigenschaft  be- 
sitzen, dass  jedes  aus  ihnen  gebildete 

Product   wieder  einer  von  ihnen  äquivalent  ist    Es  ist  von 

Interesse,  dies  in  dem  yorliegenden  Fall  wirklich  nachzuweisen. 

Es  ist  leicht  ersichtlich,  dass  (vgl.  §  3,  Gleichung  1) 
»SB-U,    2BU  =  »,    U»  =  aB 

ist;  aber  ebenso  ist  auch 

Der  Vollständigkeit  halber  -fügen  wir  hierzu  noch  die  einfache 
Gleichung 

USS  838  =  1, 

welche  sich  z.  B.  aus  der  ersten  Gleichung  durch  linksseitige 
Multiplication  mit  U  ergiebt 

Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch  V  und  nennen  sie 
Vierergruppe,  Die  zugehörigen  Krystalle  besitzen  drei  zu  ein- 
ander senkrechte,  zweizählige  Symmetrieaxen. 

§  6.  Die  ErystallclaBBen  mit  mehr  als  einer  n-sShligen 
Aza  (n  >  2).  Ihre  Beziehung  zu  den  regelmässigen  Eöri>enx. 
Die  oben  §  3  in  Angriff  genommene  Aufgabe,  die  Krystall- 
classen  mit  mindestens  zwei  Symmetrieaxen  zu  finden,  ist  noch 
nicht  vollständig  erledigt.  Wir  haben  bisher  über  die  beiden 
Axen,  von  deren  Existenz  wir  ausgingen,  bestimmte  Annahmen 
gemacht.  Diese  lassen  wir  jetzt  fallen  und  suchen  demenir 
sprechend  sofort  alle  Drehungsgruppen,  die  mit  zwei  beliebig 


—     63    — 

angenommenen  Drehnngsaxen  a  und  b  gebildet  werden  können. 
Hierzu  bedürfen  wir  des  folgenden  Hilfssatzes. 

Lehrsatz  V,  Sind  a  und  b  irgend  zwei  Symmetrieaxen,  so 
ist  auch  diejenige  Gerade  b ,  in  welche  b  durch  die  zu  a  gehörige 
Drehung  übergeht^  eine  Symmetrieaxe  und  zwar  ist,  wenn  b  eine 
p-mhlige  Axe  ist,  V  ^enfcdls  p-zäMig. 

Beweis.  Es  sei  a  eine  n- zählige  und  b  eine  2>-zäliIige 
Axe;  femer  seien  wieder  g^  g^,  g^  •  •  •  die  N  gleich werthigen 
Geraden.  Infolge  der  Drehung  um  a  mögen  sie  in  die  Lage 
9i  9ij  9%  ' "  gelangen;  natürlich  sind  diese  Geraden  von 
9}  9\i  9%  ' ' '  ^^^  ^^  d^^  Bezeichnung  verschieden.  Durch  die- 
selbe Drehung  gehe  b  in  die  Lage  V  über^  so  dass  also  b'  zu 
den  Geraden  fl^,  g^',  g^  ' ' '  ebenso  liegt,  wie  b  ^^  g^  g^  9%*  -  " 
Nun  ist  nach  Annahme  b  eine  Symmetrieaxe  für  die  Geraden 
9i  9ii  9%  "  "y  ^^  muss  daher  auch  V  eine  Symmetrieaxe  für 
die  Geraden  g\  g(,  g%  -  -  -  sein.  Da  aber,  wie  wir  eben  sahen, 
die  Geraden  g,  ^/,  g^  •  •  •  von  den  Geraden  g,  gu  g^  - '  -  nur 
in  der  Bezeichnung  verschieden  sind,  so  ist  V  auch  eine  Sym- 
metrieaxe für  die  N  Geraden  g,  gi,  g^  •  •  •  und  zwar,  wie  b, 
eine  j>-zahlige;  q.  e.  d. 

N  Eine  wiederholte  Anwendung  des  Satzes  Y  lehrt  die 
Existenz  von  n  Axen  &,  &',  6"  •  •  •,  welche  sich  aus  b  ergeben, 
wenn  die  Drehung  um  a  wiederholt  ausgeführt  wird.  Ebenso 
ist  evident,  dass  ausser  Or  noch  andere  n-zahlige  Axen  a',  a '  •  •  • 
Torhanden  sind,  die  sich  aus  a  durch  Drehung  um  b  ergeben. 
Auf  ii^end  zwei  dieser  Axen  können  wir  ebenfalls  den  vor- 
stehenden Satz  anwenden  und  uns  auf  diese  Weise  scheinbar 
immer  neue  Symmetrieaxen  ableiten. 

Dies  ist  in  der  That  der  Fall,  wenn  a  und  b  willkürlich 
angenommen  werden.  Aber  jede  wirkliche  Erystallclasse  be- 
sitzt nur  eine  endliche  Anzahl  von  Symmetrieaxen.  Es  ist 
daher  zu  prüfen,  welchen  Bedingungen  a  und  b  zu  genügen 
haben,  damit  bei  dem  eben  skizzirten  Verfahren  sich  nur  eine 
endliche  Anzahl  von  Axen  ergiebt,  d.  h.  die  neu  abgeleiteten 
Axen  sich  schliesslich  einmal  unter  den  bereits  vorhandenen 
vorfinden. 


—    64     - 

§  7.  Es  sei  die  n-zählige  Axe  a  und  die  |>-zählige  Aze  b 
so  gewählt,  dass  wir  nur  za  einer  endlichen  Zahl  ron  Axen 
gelangen.  Aus  der  Gesammtheit  aller  Axen  heben  wir  für  einen 
Augenblick  a  heraus.  Lassen  wir* nun  um  a  eine  Drehung 
um  den  Winkel  2x:n  eintreten ,  so  muss,  wie  unmittelbar 
folgt,  jede  andere  Axe  an  eine  Stelle  gelangen,  an  der  sich. 
bereits  eine  Axe  befindet;  dies  heisst  aber  weiter  nichts 
anderes,  als  dass  die  Gesammtheit  der  Axen  durch  die  zu  a 
gehörige  Drehung  in  sich  übergeht.  Da  aber  a  vor  den 
andern  Axen  keineswegs  ausgezeichnet  ist,  so  gilt  dies  ron 
jeder  n-zähligen  resp.  f?-zähligen  Axe,  d.  h.: 

Lehrsatz  VL  Jede  der  Gruppe  angehörige  Drehung  fuhrt 
das  Axensystem  der  Gruppe  in  sich  über. 

Auf  Grund  dieser  Bedingung  lassen  sich  die  Axen  a  und  h 
leicht  bestimmen.  Wir  bemerken  zunächst,  dass  wir  davon 
absehen  können,  dass  eine  der  beiden  Axen  zweizählig  ist-. 
Ist  z.  B.  h  zweizählig,  so  existirt  nach  dem  Vorstehenden  jeden- 
falls noch  eine  von  h  verschiedene  zweizählige  Axe  h\  und 
wir  kommen  daher  auf  den  schon  erledigten  Fall  zurück,  dass 
zwei  zweizählige  Axen  vorhanden  sind. 

Es  werde  nun  festgesetzt,  dass  unter  allen  n-zähligen 
resp.  j)-zähligen  Axen  a  und  h  zwei  solche  sein  sollen,  dass 
keine  andern  zwei  einen  kleineren  Winkel  einschliessen,  als 

a  und  h.  Um  den  Schnittpunkt 
0  aller  Axen  legen  wir  nun 
(Fig.  11)*)  eine  Kugel,  und 
markiren  alle  Punkte,  in  denen 
dieselbe  von  den  Axen  durch* 
schnitten  wird;  diese  Punkte 
seien  A,  Ä^  Ä\  . ,  resp.  jB,  ^, 
jB"  . . .  Da  a  eine  n-zahlige 
Axe  ist,  so  liegen  n  von  den 
Punkten  jB,  J3',  ^'. , .,  darunter 
auch  B  selbst,  auf  einem  Kreis,  dessen  Mittelpunkt  A  ist,  und 
es   liegt   keiner  dieser  Punkte  innerhalb  des  Ejreises,   da  es 


1)  Die  Figur  entspricht  den  Werthen  n^^^h^  pt»^. 


--    65    - 

sonst  eine  |>-zählige  Axe  geben  würde,  die  mit  a  einen  kleineren 
Winkel  einschliesst  als  b.  Was  aber  für  die  Axe  a  resp.  den 
Pankt  Ä  gilt;  gilt^  wie  wir  oben  gesehen  haben,  für  jede 
n- zählige  Symmetrieaxe  resp.  für  jeden  der  Punkte  A,Ä\A'\,.] 
d.  h.  jeder  dieser  Punkte  ist  der  Mittelpunkt  eines  Kreises^ 
welcher  n  der  Pnnkte  jB,  jB',  B"  . . .  enthält. 

Jeder  der  Punkte  B,  B',  JB" . . .  kommt  in  p  solchen 
Kreisen  Tor.  Um  die  p-zählige  Symmetrieaxe  b  liegen  nämlich, 
wie  wieder  aus  dem  obigen  Satze  folgt,  p  Axen  a,  a,  a ' . . . , 
welche  denselben  Winkel  mit  b  bilden,  wie  a]  daher  kann 
jeder  der  zugehörigen  Punkte  Ä,  A',  Ä\  , .  Mittelpunkt  eines 
Kreises  werden,  welchem  der  Punkt  B  angehört;  durch  B 
gehen  daher  wirklich  p  Kreise.  Was  für  B  gilt,  gilt  aber 
auch  für  jeden  der  Punkte  B^  JB',  B!\  ..  und  damit  ist  die 
Behauptung  erwiesen. 

Die  Vertheilung  der  Punkte  jB,  BfyS'..,  ist  daher  eine 
solche,  dass  je  n  derselben  auf  einem  Kreise  liegen,  und  dass 
jeder  yon  ihnen  p  solchen  Kreisen  angehört.  Denken  wir  uns 
nun  in  jedem  dieser  Kreise  je  zwei  auf  einander  folgende 
Punkte  durch  eine  Gerade  yerbunden,  so  entstehen  lauter 
reguläre  Polygone  von  n  Seiten,  und  da  keiner  der  Punkte 
jB,  Sy  B" . . .  im  Innern  eines  solchen  Polygons  liegt,  so  um- 
schliessen  alle  diese  Polygone  einen  einfachen  Körper.  Dieser 
Körper  hat  die  Eigenschaft,  dass  jede  seiner  Flächen  n  Ecken 
hat,  und  in  jeder  Ecke  p  Flächen  zusammenstossen;  er  ist 
daher  einet"  der  sogenannten  einfachen  regelmässigen  Körper. 

Was  wir  eben  für  die  Punkte  B^  B',  JB" . . .  abgeleitet 
haben,  lässt  sich  in  derselben  Weise  auch  für  die  Punkte 
Aj  Äy  Al' .. .  beweisen.  Auch  sie  bilden  ein  regelmässiges 
Polyeder,  nämlich  dasjenige,  dessen  Begrenzungsflächen  p  Ecken 
haben,  während,  in  jeder  Ecke  n  Polygone  zusammenstossen. 

§  8.  Wir  waren  von  der  Aufgabe  ausgegangen,  die  Be- 
dingungen zu  suchen,  unter  welchen  sich  mit  zwei  Axen  a 
und  b  eine  endliche  Drehungsgruppe  bilden  lässt.  Als  BesuUat 
ergiebt  sich  die  interessante  Thatsache,  dctss  die  nrjgäMige  Axe  a 
und  die  p-zäMige  Axe  b  in  einer  innigen  Beziehung  zu  den 
regelmässigen  Körpern  stehen;  die  Zählen  n  und  p  können  nur 

Schoen flies,  KrystallatractTir.  5 


^     66     - 

solche  Werthe  haben,  welche  hei  den  regelmässigen  Körpern  auf- 
treten.   Dies  sprechen  wir  folgendermassen  als  Lehrsatz  aus. 

Lehrsatz  VIL  Bei  Drehungsgruppen,  die  mehr  als  eine  n-jsahlige 
Äxe  haben  (n  >  2),  sind  die  Drehungsaxen  in  allen  FäMen  iden- 
tisch mit  den  Symmetrieaxen  eines  regelmässigen  Polyeders. 

Die  regelmässigen  Körper  sind:  das  Tetraeder^  das  Octaeder 
und  Hexaeder^  das  Ikosaeder  und  Dodekaeder.  Dem  Tetraeder 
entsprechen  die  Zahlen  n  =  3,  p  =  S,  dem  Octaeder  und 
Hexaeder  die  Zahlen  n  <=»  3,  |)  «=  4  und  umgekehrt  ^  dem 
Ikosaeder  und  Dodekaeder  die  Zahlen  n  ==  3,  jp  =  5  und  um- 
gekehrt Dies  sind  daher  die  einzigen  Werthe  von  n  und  p^ 
welche  zu  endlichen  Drehungsgruppen  führen  können.  Wir 
wollen  zeigen^  dass  diese  Gruppen  aber  auch  wirklich  existiren. 
Dazu  schicken  wir  einige  Hilfssätze  voraus. 

§  9.     Ableitung  einiger  Hilfssätze. 

1.  ÄUe  Drehungen^  welche  ein  reguläres  Polyeder  in  sich 
überfiihren,  bilden  eine  Gruppe.  Dieser  Satz  folgt  unmittelbar 
aus  der  Erwägung^  dass  die  regulären  Polyeder  zu  den  sym- 
metrischen Raumfiguren  gehören. 

2.  Ein  regelmässiges  Polyeder  mit  Je  Kanten  kann  auf  2  k 
verschiedene  Arten  durch  Bewegung  mit  sich  zur  Deckung  ge- 
bracht werden. 

Beweis:  Soll  allgemein  irgend  ein  Körper  S  in  eine 
bestimmte  Lage  gebracht  werden^  so  brauchen  wir  nur  zu 
wissen y  an  welche  Stelle  irgend  drei  seiner  Punkte  kommen 
sollen^).  Wenn  diese  die  vorgeschriebene  Stelle  eingenommen 
haben^  so  ist  damit  auch  der  Körper  S  festgelegt.  Dies  wenden 
wir  auf  das  Polyeder  an.  Bei  jeder  Deckbewegung  kommt 
es  in  eine  andere  Lage.  Nun  bleibt  bei  allen  Deckbewegungen 
des  Polyeders  sein  Mittelpunkt  0  unveränderlich;  daher  wird 
die  Endlage  desselben  bestimmt  s^n^  sobald  man  die  Endlage 
für  irgend  eine  seiner  Kanten  —  sie  heisse  AB  —  kennt. 

1)  Ist  ein  Pankt  A  eines  Körpers  S  an  eine  Stelle  Ai  gelangt,  so 
kann  sich  S  um  Ai  noch  beliebig  bewegen.  Sind  zwei  Punkte  A  und 
B  von  S  mit  zwei  Punkten  A^  und  B^  zusammengefallen,  so  kann  sich 
der  Körper  S  noch  um  ÄiB^  als  Aze  drehen.  Sind  endlich  drei  Punkte 
Yon  S  an  vorgescbriebene  Stellen  gelangt,  so  liegt  der  Körper  fest. 


~     67     - 

Die  Kante  AB  {Sllt  dabei  natürlich  stets  wieder  mit  einer 
Polyederkante  znsammen.  Nun  kann  aber  AB  mit  der  Kante 
A'B^  noch  auf  zwei  verschiedene  Arten  zur  Deckung  gebracht 
werden ;  nämlich  entweder  so  dass  A  auf  A'  und  B  auf  B' 
fallt^  oder  so  dass  A  auf  B^  und  B  auf  A'  fallt;  daher  giebt 
es  in  der  That  2 Je  Lagen  des  Polyeders,  also  auch  2 Je  ver- 
schiedene Deckbewegungen.  Dabei  ist  natürlich ,  wie  immer, 
die  Identität  ebenfalls  als  eine  Deckbewegung  gerechnet. 

Dieser  Satz  gilt  offenbar  auch  für  andere  symmetrische 
Polyeder,  wenn  man  sich  auf  die  gleichartigen  Kanten  be- 
schränkt. Wir  wollen  ihn  benutzen,  um  eine  zweite  Ableitung 
der  Diedergruppen  zu  geben.  « 

Giebt  es  ausser  den  Gruppen  Cn  noch  andere  Gruppen  mit 
einer  n-zähligen  Axe,  so  müssen  nach  Satz  Y  die  andern  Azen 
so  liegen,  dass  die  zugehörigen  Bewegungen  die  Axe  a  in 
sich  überführen;  sie  müssen  daher  zweizählige  Axen  sein,  die 
auf  a  senkrecht  stehen.  Ist  u  eine  derselben,  so  giebt  es,  wie 
aus  den  Gleichungen  des  §  4  folgt,  n  solcher  Axen  u.  Es 
ist  zu  zeigen,  dass  diese  Axen  eine  Gruppe  bestimmen.  Wir 
betrachten  dazu  irgend  eine  gerade  Doppelpyramide,  deren 
Grundfläche  ein  reguläres  n-Eck  isi  Dieselbe  hat  n  gleiche 
horizontale  Kanten;  und  diese  gehen  bei  jeder  Deckbewegung 
in  einander  über.  Es  giebt  daher  im  Ganzen  2n  Deckbewe- 
gungen für  die  Doppelpyramide,  wobei  natürlich  die  Identität 
mitgerechnet  isi  Diese  2n  Drehungen  sind  aber  genau  die- 
jenigen, welche  oben  §  4  aufgeführt  p^^  12 
sind,  nämlich  die  n  Drehungen  um 
die  Axe  a,  und  die  n  Umklappungen 
um  Ui...tin]  es  folgt  also  auch  hier, 
dass  dieselben  eine  Gruppe  bilden. 

Ist  z.B.  n  —  4,  so  sind  (Fig.  12) 
dies  erstens  vier  Drehungen  um  die 
Axe;  dazu  kommen  die  vier  Um- 
klappungen um  diejenigen  Geraden, 
welche  entweder  zwei  gegenüber- 
liegende Ecken,  oder  die  Mitten  zweier  gegenüberliegender 
Kanten  der  Grundfläche  verbinden;   in   der  That  führt  jede 


^     6Ö     - 


dieser  Umklappungen  die  Grundfläche,  also  auch  die  Doppel- 
pyramide in  sich  über.  Analoge  Verhältnisse  bestehen  immer 
dann,  wenn  n  eine  gerade  Zahl  ist  (vgl.  Fig.  13).  Ist  jedoch 
n   ungerade,   so  liegen   die  Umklappungsaxen   etwas   anders; 


Fig.  13. 


Fig.  u. 


'V  \ 

\"'       .// 

jede  verbindet  eine  Polygonecke  mit  der  Mitte  der  gegen- 
überliegenden Seite,  wie  z.  B.  für  n  =  3  die  obenstehende 
Figur  14  zeigt. 

3.   Ein  dritter  Hilfssatz,  dessen  wir  benöthigt  sind,  ist 
der  folgende. 

Weldies  auch  die  Werthe  von  n  und  p  sein  möffen^  so  ist 
das  Produd  aus  %  und  S3  stets  einer  Umklappung  äquivalent. 

Während  der  Drehung  um  S 
(Fig.  15)  behält  nämlich  die  Axe  a 
ihren  Platz  und  gelangt  in  Folge  der 
Drehung  um  b  in  die  Lage  a .  Ferner 
wollen  wir  diejenige  Gerade  b^  ins 
Auge  fassen,  welche  durch  die  Drehung 
um  a  mit  b  zusammenfallt  Die  erste 
Drehung  bringt  sie  nach  b]  die  zweite, 
die  um  b  selbst  stattfindet,  ändert  ihre 
Lage  nicht  Die  Drehungen  S(  und  93 
bringen  also  a  in  die  Lage  a  und  b^  in  die  Lage  b.  Bezeichnen 
wir  nun  den  Schnittpunkt  der  Bogen  ÄÄ'  und  B^B  durch  C, 
so  ist  evident,  dass  die  eben  genannte  Ortsveränderung  durch 
Umklappung  um  c  vermittelt  werden  kann.  Damit  ist  der 
obige  Satz  bewiesen.  Beachten  wir  noch,  dass  C  die  Bogen 
AÄ  und  B^B  halbirt,  so  folgt: 


—    69 


Vis.  16. 


^^ 


Lehrsatz  YIII.  Einer  Drehimgsgruppef  welche  n-mfUige 
Äxen  a  und  p-mhlige  Axen  b  enthält ^  gehören  stets  auch  gwei- 
zählige  Axen  an,  nämlich  diejenigen,  welche  die  von  je  einer 
n-mhligen  resp.  p-gäMigen  Axe  gebildeten  Winkel  halbiren. 

Da  die  Werthe  von  n  und  p  ohne  Bedeutung  für  den 
Beweis  des  Satzes  sind;  so  gilt  er  auch^  wenn  n^'p  ist. 

§  10.  Anfstelltuig  der  Erystallolassen  mit  mehr  als  einer 
»-zahligen  Axe  (n>  2).  Ist  n  =  3  und  i>  =  3,  so  sind  (Fig.  16) 
die  Punkte  A,  A'...  die  Ecken  eines  Tetraeders^  welches 
natürlich  der  oben  ge- 
nannten Kugel  eingeschrie- 
ben ist.  Es  müssen  daher 
vier  dreizählige  Axen  a, 
a,  a",  d"  existiren,  näm- 
lich die  Verbindungslinien 
der  Tetraederecken  mit 
dem  Mittelpunkt  der  Kugel. 
Die  zweizähligen  Axen 
halbiren  die  von  a,  a\  a  , 
d"  gebildeten  Winkel,  also 
auch  die  Teiraederkanten. 
Solcher  Axen  giebt  es  drei;  jede  ist  Verbindungslinie  der  Mitten 
Ton  zwei  gegenüberliegenden  Kanten;  sie  steht  überdies  senk- 
recht auf  ihnen.  Diese  Axen  mögen  u^  v,  w  heissen;  jede  von 
ihnen  ist  senkrecht  zu  den  beiden  andern;  sie  haben  daher 
dieselbe  Lage  zu  einander,  wie  die  Axen  der  Vierergruppe. 

Die  so  definirten  12  Drehungen 

1,     U,      »,      SB, 

%\  r^  «"*,  a'"» 

bilden  eine  Gruppe.  Jede  von  ihnen  führt  nämlich  das  Tetra- 
eder in  sich  über;  andrerseits  hat  ein  Tetraeder  sechs  Kanten, 
und  damit  ist  nach  Hilfssatz  1  und  2  die  Behauptung  er- 
wiesen. 

Die  vorstehende  Gruppe  soll  die  Tetraedergruppe  heissen; 
wir  bezeichnen   dieselbe  durch  T,     Die  zugehörige  Krjstall- 


70     - 


classe  ist  durch  drei  zweizählige  und  yier  dreizahlige  Syui- 
metrieaxen  ausgezeichnet.    Also  folgt: 

Lehrsatz  IX.  Es  giebt  eine  Erystallclasse,  welche  vier 
dreizäMige  und  drei  tmeizahMge  Symmetrieaxen  hesitet.  Dieselben 
sind  gerichtet  wie  die  Diagonalen  und  die  Höhen  eines  Würfels. 

Die  Drehungen  1,  U,  SS,  SB  bilden  die  Vierergruppe;  die 
Täraedergruppe  enthält  also  alle  Operationen  der  Vierergruppe. 

§  11.  Ist  n  =  3,  1)  =  4,  so  bilden  (Fig.  17)  die  Punkte 
-4,  J.' ...  ein  Hexaeder,  und  die  Punkte  B^D^ . . .  ein  Octaeder. 
Die  zugehörige  Gruppe  heisst  Octaeder gruppe.  Für  die  Vor- 
stellung ist  es  einfacher,  dieselbe  durch  Betrachtung  des 
Hexaeders  abzuleiten. 

Fig.  17. 


Die  Geraden,  welche  zwei  gegenüberliegende  Ecken  des 
Hexaeders  verbinden,  sind  dreizahlige  Axen,  und  die  Höhen 
sind  yierzahlige  Axen.  Es  existiren  daher  im  Ganzen  yier 
dreizahlige  Axen  a,  a ,  a'\  d"  uud  drei  vierzahlige  Axen  J,  6',  V\ 
Die  zweizähh'gen  Axen  halbiren  die  von  den  Axen  a,  a',  a",  a'^ 
gebildeten  Winkel,  also  auch  die  Kanten  des  Hexaeders. 
Solcher  Axen  giebt  es  sechs;  jede  verbindet  die  Mitten  von 
zwei  gegenüberliegenden  Kanten  und  steht  senkrecht  auf  den- 
selben; wir  bezeichnen  sie  durch  m',  w",  v',  v\  w\  w\ 

Die  den  vorstehenden  Axen  entsprechenden  24  Drehungen 
—  die  besondere  Reihenfolge,  in  welcher  dieselben  hier  er- 
scheinen, werden  wir  sofort  begründen  — 

1,    S3^   a3'^  a"^  u-,   u",    »,    s», 

a,     ?l',     «",     21'",  »',     SB",     83',     93'», 

%\    %:\    %:'\    r"^  838',    SB",    83",    83"» 


-     71     — 

bilden  eine  Gruppe.  Jede  führt  nämlich  das  Hexaeder  in  sich 
über,  andrerseits  hat  das  Hexaeder  12  Kanten,  womit  gemäss 
Satz  1  und  2  die  Behauptung  erwiesen  ist. 

Wir  bezeichnen  die  Octaedergruppe  durch  0.  Ihr  ent- 
spricht eine  Erystallclasse,  die  folgendermassen  bestimmt  ist: 

Lehrsatz  X.  Es  giebt  eine  Krystalldasse,  die  drei  vier- 
zäMige,  vier  dreizählige  und  sechs  ßtoeimhlige  Symmetrieaxen 
enthält  Die  Axen  sind  gerichtet  wie  die  drei  Hohen ,  die  vier 
Körperdiagonälen  und  die  secJhs  Flächendiagonälen  eines  Würfels. 

Anmerkung,  Die  Axen  h,  V,  V  entsprechen  der  Lage 
Dach  genau  den  Axen  u,  v,  w  der  Tetraedergruppe.  Da  b,  V,  V 
yierzählig  sind,  so  ist  überdies 

d.  h.  die  in  obigem  Schema  links  stehenden  12  Drehungen 
sind  genau  die  Drehungen  der  Tetraedergruppe;  d.  h. 

Die  Octaedergruppe  enthalt  sämmtliche  Operationen  der 
Tetraedergruppe. 

§  12.  Die  Drehungsgruppe,  welche  den  Zahlen  n  =  3, 
p  =  5  entspricht,  heisst  Ucosaedergruppe.  Sie  enthält  fünf- 
zählige  Symmetrieaxen,  und  hat  daher  keine  krystallographische 
Bedeutung.  Wir  können  daher  eine  ausführliche  Ableitung 
der  in  ihr  enthaltenen  Drehungen  unterlassen.^) 

§  13.  Mit  den  für  n  und  p  gefundenen  Zahlenwerthen 
haben  wir  im  vorstehenden  je  eine  Drehungsgruppe  abgeleitet 
Wir  wollen  noch  zeigen,  dass  dies  wirklich  die  einzigen  dieser 
Art  sind.  Betrachten  wir  z.  B.  den  Fall  n  =  3,  p  =  4,  so 
zeigt  das  Vorhergehende,  dass  jede  zugehörige  Drebungsgruppe 
dieselben   drei  yierzähUgen   und  vier  dreizähligen  Axen  ent- 


1)  Im  Interesse  der  Vollslftndigkeit  gebe  ich  hier  noch -eine  kürze 
Characteristik  der  Ikosaedergruppe.  Sie  enth&lt,  da  das  Ikosaeder  30 
£anten  besitzt,  60  DrehuDgen.  Nun  existiren  beim  Ikosaeder  10  drei- 
dhlige,  6  fanfz&hlige  and  16  zweiz9hlige  Axen;  dies  giebt  bereits 
20  -\- 2A '\- Ib  =  69  Drehangen,  welche  zasammen  mit  der  Identität  die 
60  Drehungen  der  Ikosaedergruppe  constituiren.  Das  genauere  ygl.  man 
s.  B.  bei  F.  Klein,  Vorlesungen  aber  das  Ikosaeder.   1882. 


-     72    — 

halten  muss.  Dies  gilt  aber  auch  aUgemein;  denn  die  Lage 
und  Zahl  der  Axen  a,  a  . . .  resp.  b,  b\ . .  ist  ja  mit  den 
Werthen  von  n  und  p  unmittelbar  gegeben.  Für  jede  Grappe 
dieser  Art  gilt  nun  folgendes. 

Es  sei  6  irgend  eine  Drehung  der  bezüglichen  Gruppe^ 
deren  Axe  von  den  Axen  a,a\.,  und  b,b'...  verschieden  isi 
Nach  dem  oben  bewiesenen  Hilfssatz  (§  6)  gehören  nun  auch 
diejenigen  Axen  der  Gruppe  an,  in  welche  die  Axen  a^  a  .. ., 
b,V. ..  durch  Drehung  um  c  übergehen.  Durch  diese  Drehung 
dürfen  aber  keine  neuen  Axen  entstehen;  d.  h.  auch  die  Drehung 
^  muss  das  System  der  Axen  a^  a  , . .,  b,b\,.,  also  auch 
das  bezügliche  regelmässige  Polyeder,  welches  Ton  den  Punkten 
AfÄ\..  resp.  B,  ff . . .  gebildet  ist,  in  sich  übeiführen.  Nur 
solche  Drehungen  S,  welche  diese  Bedingung  erfüllen,  können 
daher  einer  durch  a  und  b  bestimmten  Gruppe  angehören. 
Die  oben  abgeleiteten  Gruppen  enthielten  aber  bereits  aüe 
derartigen  Drehungen;  sie  sind  daher  die  einzigen,  welche 
überhaupt  existiren  können.  Damit  ist  die  Behauptung  er- 
wiesen. 

§  14.  Tabelle  der  EryBtallclaaseny  die  nnr  Symmetrie- 
axen  besitzen.  Die  vorstehend  abgeleiteten  Erystallclassen 
sind  dadurch  characterisirt,  dass  sie  nur  Symmetrieaxen  be- 
sitzen. Zu  ihnen  fügen  wir  noch  diejenige  Glasse  hinzu,  die 
gar  keine  Symmetrie  besitzt.  Für  sie  existirt  daher  nur  eine 
uneigentliche  Deckoperation,  nämlich  die  Identität  Andrer- 
seits kann  man  in  gewissem  Sinn  auch  die  Identität  als  Gruppe 
betrachten;  die  Identität,  wiederholt  ausgeführt,  wenn  wir  uns 
dieses  Ausdrucks  bedienen  wollen,  giebt  immer  wieder  die 
Identität. 

Im  Ganzen  haben  wir  demnach  bereits  elf  theoretisch  mög- 
liche Ejrystallclassen  gefunden,  entsprechend  den  elf  Gruppen 
erster  Art,  die  nur  Deckoperationen  erster  Art  d.  h.  Deck- 
bewegungen enthalten. 

Wir  lassen  hier  noch  eine  Tabelle  derselben  folgen.  Zum 
Yerständniss  derselben  schicke  ich  folgende  Bemerkungen 
voraus. 

Eine  j}-zählige  Symmetrieaxe   ist  durch  Ap,   resp.  Ip  he- 


—     73    — 

zeichnet  worden;  und  zwar  soll  hp  immer  eine  Hauptsymmetrie- 
axe  bedeuten^). 

Man  pflegt  ferner  solche  Symmetrieaxen^  welche  bei  den 
Drehangen  der  Gruppe  auf  einander  fallen,  als  gleiche  oder 
gleidiberechtiffte  Axen  zu  bezeichnen;  dieselben  repräsentiren 
nur  einen  besonderen  Fall  solcher  Geraden,  die  wir  in  der 
Einleitung  als  gleichwerthige  Richtungen  eines  Erystalles  de- 
finirt  haben.  Zwei  gleichberechtigte  Axen  Ip  werden  wir  durch 
2lp  bezeichnen,  u.  s.  w.  Wie  die  vorstehenden  Entwickelungen 
unmittelbar  zeigen,  sind  gleichzählige  Symmetrieaxen  im  All- 
gemeinen auch  gleichberechtigt;  eine  Ausnahme  tritt  nur  für 
die  zweizähligen  Nebenaxen  der  Diedergruppen  ein;  diese  sind 
(§  9),  wenn  n  ungerade  ist,  sämmtlich  gleichberechtigt,  wenn 
dagegen  n  gerade  ist,  so  zerfallen  sie  in  zwei  Classen  gleich- 
berechtigter Axen  (vgl.  Fig.  7,  S.  61). 

Jede  Symmetrieaxe  besteht  aus  zwei  Hälften  von  ent- 
gegengesetzter Bichtung.  Sind  diese  beiden  Richtungen  kry- 
stallographisch  gleichwerthig,  kommen  sie  also  durch  die 
Drehungen  der  Gruppe  zur  Deckung,  so  heisst  die  Axe 
ztceiseitig;  ist  dies  nicht  der  Fall,  so  heisst  die  Axe  einseitig^ 
ihre  entgegengesetzten  Richtungen  sind  dann  nicht  gleich- 
werthig. Einseitige  Axen  treten,  wie  unmittelbar  ersichtlich, 
bei  den  cyclischen  Gruppen  auf;  ferner  sind  auch  die  drei- 
zahligen  Axen  der  Tetraedergruppe,  sowie  die  zweizähligen 
Axen  der  Diedergruppe  fQr  n «»  3  einseitig. 

Die  besondere  Hervorhebung  dieser  Verhältnisse  bedeutet, 
wie  bereits  erwähnt,  nichts  anderes,  als  die  Anwendung  des 
Begriffes  der  gleichwerthigen  Richtungen  auf  die  Symmetrie- 
axen. Die  Zweckmässigkeit  davon  beruht  darauf,  dass  dieser 
Begriff  in  vielen  Fällen  gerade  für  die  Symmetrieaxen  be- 
sonders in  Frage  kommi 


1)  In  der  Bezeichnnng  habe  ich  mich  im  Ganzen  Bravais  an- 
gdschloBsen;  nur  mit  dem  Unterschied,  dass  ich,  dem  allgemeinen 
geometrischen  Qebranch  folgend,  zur  Bezeichnnng  der  Geraden  kleine 
Bachsiaben  benutze. 


74    — 


Tabelle  L 

Die  Erystallclassen,  die  nur  Symmetrieaxen  enüialten. 


No. 

DrehuBgsgruppen 

Zahl  der 
Drehungen 

Die  ein-         Die  swei- 
seitigen  Sjm-  aeitigen  Sym- 
metrieaxen     metrieaxen 

1 

Identität  Cj 

1     -  '  -  1 

2 

Cyclische  Gruppe  Cg  1         2 

h 

— 

3 

4 

Cyclische  Gruppe  Cg 
Cyclische  Gruppe  C^ 

3 

h 

— 

4 

K 

— 

5 

Cyclische  Gruppe  Cg 

6 

K 

h,  V,  k" 

6 

Vierergruppe  V 

4 

7 

Diedergruppe  D^ 

6       1       3i, 

h 

8    Diedergruppe  D^ 

8       ,        - 

K,  2k,  2V 

9 

Diedergruppe  Dq 

12 

— 

^,sl,,3k' 

10 
11 

Tetraedergruppe  T 

12 

^h 

^k 

Octaedergruppe  0 

24 

— 

3i*,4t„6l, 

Fünftes  Capitel. 

Die  Gruppen  zweiter  Art. 

§  1.  Gruppen  mit  einer  Axe  zweiter  Art«  Wie  im 
vorigen  Capitel  bewiesen,  bilden  die  sämmtlichen  nicht  äqui- 
valenten Potenzen  einer  Drehung  9  eiue  Drehungsgruppe,  und 
zwar  repräsentirt  dieselbe  unter  allen  Drehungsgruppen  den 
einfachsten  Typus.  In  analoger  Weise  stellen  die  sämmtlichen 
nicht  äquivalenten  Potenzen  einer  symmetrischen  Operation 

eine  Gruppe  zweiter  Art  dar.  Denken  wir  iins  nämlich  diese 
Potenzen 

1,  S,  ä«  ...  etc.  ... 
sämmtlich  aufgestellt,  so  ist  ja  das  Product  von  irgend  zweien 
derselben  stets  wieder  einer  Potenz  der  vorstehenden  Reihe 
äquivalent,  und  damit  ist  die  Behauptung  erwiesen.  Die  An- 
zahl der  nicht  äquivalenten  Potenzen  hängt  davon  ab,  ob  n 
gerade  oder  ungerade  ist  (Cap.  111,6).     Daher  gilt  der  Satz: 

Lehrsatz  L  Die  sämmüichen  nicht  äquivalenten  Potenzen 
einer  Operation  zweiter  Art  S  bilden  eine  Gruppe  zweiter  Art, 
Ist  der  zugehörige  Brehungswinkd  a^^2x:n,  so  enthält  die 
Gruppe  n  oder  2n  Operationen,  je  nachdem  n  gerade  oder  un- 
gerade ist. 

Die  Oruppe  möge  durch 

S.- {8(^)1 

bezeichnet  werden«  Ihr  entspricht  eine  Erystallclasse,  deren 
Symmetrie  in  der  Existenz  einer  n-zahligen  Axe  zweiter  Art 
besteht.    Fdr  manche  Werthe  von  n  kann  übrigens,  wie  wir 


--     76     - 

sehen  werden^  die  Symmetrie  der  Krystallclasse  noch  anders 
definirt  werden. 

Die  einfachsten  Gruppen  ergeben  sich,  wenn  a  den  Werth 

0  oder  n  hat  Die  Operation  ^  ist  dann  eine  Spiegelung^ 
resp.  Inversion.     Also  folgt: 

Ist  @  irgend  eine  Spiegelung,  so  bilden  die  Operationen 

1  und  @  eine  Gruppe;  wir  bezeichnen  sie  einfacher  durch 

Ist  3  eine  Inversion,  so  bilden  die  Operationen  1  und  3 
eine  Gruppe;  das  Zeichen  für  dieselbe  sei 

5, -{3}. 

Jeder  dieser  beiden  Gruppen  entspricht  eine  mögliche 
Krystallclasse.     Wir  erhalten  daher: 

Lehrsatz  IL  Es  giebt  eine  Krystallclasse,  deren  Symmetrie 
in  der  Existenz  einer  einzigen  Symmetrieebene  besteht. 

Lehrsatz  III.  Es  giebt  eine  Krystallclasse,  welche  durch  die 
Existenz  eines  blossen  Symmäriecentnims  definirt  ist 

Da  der  Werth  n  =  2  der  Inversion  entspricht,  so  sind 
nur  noch  die  Zahlen  n  =  3,  4,  6  zu  behandeln,  also  die 
Gruppen  C^,  C^,  Cq  resp.  die  zugehörigen  Erystallclassen  zu 
erörtern. 

Ist  zunächst  n  =  3,  so  sind  die  sechs  Operationen  der 
bezüglichen  Gruppe  resp.  die  Bewegungen 

1,  a,  r 

und  die  Operationen  zweiter  Art 

die  Axe  a  ist  daher  eine  dreizählige  Symmetrieaxe  der  ersten 
Art.  Alle  sechs  Operationen  lassen  sich  aus  der  Drehung  9 
und  der  Spiegelung  @  zusammensetzen;  die  entsprechende 
Krystallclasse  kann  daher  durch  eine  dreizählige  Symmetrie- 
axe erster  Art  und  eine  zu  ihr  senkrechte  Symmetrieebene 
definirt  werden,  also  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Es  giebt  eine  Kryställdasse,  die  eine  drei- 
zahUge  Axe  erster  Art  und  eine  zu  ihr  senkrechte  Symmetrie- 
ebene  besitzt. 


—    77     — 

Ist  n  «=  4,  80  besteht  die  zugehörige  Gruppe  aus  den 
Bewegungen 

1,    «« 

und  den  Operationen  zweiter  Art 

ä  =  a@,    ««  =  «»©. 

Die  Gerade  a  ist  daher  als  Drehungsaxe  nur  zweizählig^  als 
Sjmmetrieaxe  der  zweiten  Art  dagegen  yierzählig^  sie  ist 
daher  eine  eigentliche  Sjmmetrieaxe  der  zweiten  Art«  Dieser 
Gruppe  entspricht  daher  eine  Erystallclasse,  welche  durch 
eine  einzige  yierzählige  Symmetrieaxe  der  zweiten  Art  de- 
finirt  ist;  d.  h. 

Lehrsatz  V«  Es  giä>t  eine  Ärystailclasse,  wdche  eine  em- 
jsige  viergäMige  Äxe  zweiter  Art  besitzt. 

Hat  endlich  n  den  Werth  6,  ist  also  a  «=>  60^,  so  ent- 
hält die  zugehörige  Gruppe  sechs  Operationen^  nämlich  die 
Bewegungen 

1,    «S    «* 

und  die  Operationen  zweiter  Art 

%,    r,    W] 

die  Gerade  a  ist  daher  als  Drehungsaxe  nur  dreizahlig  und 
ist  mithin  ebenfalls  eine  eigentliche  Sjmmetrieaxe  der  zweiten 
Art.  Die  entsprechende  Erystallclasse  kann  aber  in  diesem 
Fall  noch  auf  andere  Art  definirt  werden.  Es  ist  nämlich 
nach  Cap.  II,  IX 

nun  ist  9^  eine  Drehung. um  n,  d.  h.  eine  Umklappung,  also 
ist  gemäss  Gap.  11,  YIII 

a»  =  3, 

die  Erystallclasse  besitzt  daher  ein  Symmetriecentrum.  Dem- 
nach folgt  weiter 

und  ebenso,  da  ja  Ä^  =  1  ist, 


-     78     - 

die  drei  yorstelienden  Operationen  der  Gruppe  lassen  sich 
daher  in  der  Form 

darstellen.  Alle  sechs  Operationen  lassen  sich  daher  aas  der 
Drehung  %%  d.  h.  einer  Drehung  um  120^  und  der  Inversion 
zusammensetzen.    Daher  folgt: 

Lehrsatz  VI.  Es  giebt  eine  Erystallelasse,  die  durch  eine 
sechsjsäMige  Symmetrieaxe  »weiter  Art  characterisirt  ist  Dieselbe 
kann  auch  durch  eine  dreieahlige  Axe  erster  Art  und  ein  Sym- 
metriecentrum  definirt  werden. 

§  2.  Die  dreizählige  und  sechszählige  Symmetrieaxe  zweiter 
Art  könuen^  wie  das  vorstehende  zeigt,  in  einfachere  Symmetrie- 
eigenschaften aufgelost  werden.  Nur  für  die  vierzählige  Axe 
zweiter  Art  ist  dies  nicht  der  Fall;  sie  ist  daher  die  einzige 
krystallographisch  mögliche  Symmetrieaxe  zweiter  Art,  welche 
nicht  durch  einfachere  Symmetrieeigenschaften  ersetzt  werden 
kann. 

Wenn  eine  sechszählige  Symmetrieaxe  zweiter  Art  dieselbe 
Symmetrie  repräsentirt,  wie  eine  dreizählige  Axe  erster  Art 
und  ein  Symmetriecentrum,  so  ist  auch  umgekehrt  evident, 
dass  einer  Krystallclasse,  welche  die  beiden  letztgenannten 
Symmetrieelemente  enthält,  auch  eine  sechszählige  Axe  zweiter 
Art  zukommt.  Es  ist  im  Allgemeinen  üblich,  die  Symmetrie- 
axen  zweiter  Art  nur  dann  besonders  zu  erwähnen,  wenn  sie, 
wie  oben  die  vierzählige  Axe,  nicht  durch  einfachere  Sym- 
metrieelemente ersetzbar  sind.  Wir  werden  jedoch,  um  eine 
vollständige  Aufzählung  aller  Symmetrieeigenschaften  zu  er- 
zielen, die  Axen  zweiter  Art  bei  den  bezüglichen  Ejrystall- 
classen  ebenfalls  erwähnen,  üeberdies  treten  dadurch  auch 
die  Analogieen,  wie  sich  später  (Gap.  YII)  zeigen  wird,  deut- 
licher hervor.  ^ 

Bemerkung.  Die  Gruppen  C^  und  Cq  bezeichnen  wir 
noch  durch 

iS^    resp.    Sß . 

Es  geschieht  dies,  weil  ihnen  (vgl.  Cap.  VI)  diejenigen  Unter- 
abtheilungen der  Erystallsysteme  entsprechen,  welche  man  als 
„sphenoidisch''  zu  bezeichnen  pflegt. 


—     79     - 

Die  im  Lehrsatz  IV  beschriebene  ErystallclaBBe  ist  diejenige, 
welche  in  der  Bravaisschen  Abhandlung  über  die  symmetrischen 
Poljeder  nicht  enthalten  ist.  Sie  wird  aber  in  den  ]£]tude8  cristallo- 
graphiqnes  doch  erwähnt.  Dort  geht  Bravais  von  der  Aufgabe 
aas,  alle  Unterabtheiltmgen  der  sieben  Erystallsjsteme  zu  er- 
mitteln; hierbei  ist  ihm  die  bezügliche  Polyederart  nicht  entgangen. 
Er  sagt  darüber  folgendes:  Un  tel  polyddre  ob6irait  ik  des  lois 
de  sym^trie  diff^rentes  de  Celles  que  je  me  suis  bom6  ä  consid6rer 
dans  mon  Memoire  sur  les  polyddres  de  forme  sym6trique.  Ces 
polyddres  offriraient  cette  circonstance  digne  de  remarque  que  deux 
faces  inyersement  semblables  pourraient  dtre  identiques  quoique  le 
polyödre  molöculaire  ne  poss^d&t  ni  plans,  ni  centre  de  symötrie; 
rien  de  pareil  n'a  lieu  poor  les  polyödres  mol6culaires  que  nous 
neos  sommes  bom68  k  consid6rer  jusqu'ici,  on  que  nous  consid6- 
rerons  par  la  suite. 

J'ai  exclu  les  poly^res  qni  offriraient  ce  singolier  genre  de 
sym^trie  de  T^tnde  g6n6rale  que  j'ai  faite  des  polyddres  sym6tri- 
ques,  ayec  d'autant  moins  de  scmpules  qu'il  ne  parait  pas  que  ce 
cas  singolier  se  rencontre  dans  la  natare.  (^tndes  cristallographi- 
ques,  Jonrn.  de  Töcole  polytechnique,  Heft  34,  S.  229.) 

üebrigens  hat  Bravais  das  bezügliche  Polyeder  in  der  Schluss- 
tabelle doch  aufgeführt;  vgl.  a.  a.  0.  Tabelle  IX,  S.  275  nebst  An- 
merkung. 

§  3.  Die  soeben  für  n  =  2,  3,  4,  6  besonders  durchgeführte 
Untersuchung  der  Oroppen 


ä-läf^)! 


soll  nun  noch  f&r  beliebiges  n  durchgeführt  werden.  Wir  ge- 
langen dadurch  zu  einer  einfachen  Uebersicht  über  alle  mög- 
lichen Falle. 

Die  Frage  ist,  wann  die  Symmetrieaxen  zweiter  Art  in 
einfachere  Symmetrieelemente  auflösbar  sind,  d.  h.  in  Axen 
erster  Art,  Ebene,  resp.  Centrum  der  Syihmetrie. 

Ist  zunächst  n  eine  ungerade  Zahl,  so  ergiebt  sich  aus 
Cap.  III^  6  unmittelbar,  dass  die  2n  Potenzen  von  9  stets  aus^ 
der  Drehung  %  und  einer  Spiegelung  zusammengesetzt  werden 
können.  In  diesem  Fall  ist  die  n- zählige  Axe  zweiter  Art 
gleichzeitig  n-zählige  Axe  erster  Ari 

Ist  dagegen  n  gerade,   und  setzen  wir  n  i»  2m,  so  ist 


—    80    - 

gemäss  Cap.  III;  6  die  Axe  a  als  Drehungsaxe  nur  m- zahlig. 
Ferner  ist^  da  bereits 

ist;  unter  den  Potenzen  von  %  eine  reine  Spiegelung  nicht 
vorhanden.  Es  fragt  sich  also  nur,  ob  unter  ihnen  eine  In- 
version vorkommt.  Wir  haben  dazu  diejenige  Operation  zu 
betrachten,  deren  Winkel  x  ist;  nämlich  W^.    Nun  ist 

wenn  nun  tn  ungerade  ist;  so  ist 

ä- =  »(«)©  =  3, 
wenn  dagegen  m  selbst  gerade  ist;  so  wird 

die  Gruppe  G^m  enthält  daher  stets  und  nur  dann  eine  In- 
version;  wenn  m  ungerade  ist 

Ist  zunächst  m  gerade;  d.  h.  ist  n  durch  4  theilbar,  so 
giebt  es  unter  den  Potenzen  von  %  weder  eine  Spiegelung 
noch  eine  Inversion,  es  lässt  sich  demnach  die  n-zählige  Sym- 
metrieaxe  zweiter  Art  nicht  in  einfachere  Symmetrieelemente 
auflösen.  Der  kleinste  derartige  Werth  von  n  ist  4  selbst;  er 
ist  der  einzige,  der  krystallographisch  in  Frage  kommt 

Ist  dagegen  m  ungerade,  so  kann  die  n-zählige  Axe 
zweiter  Art,  wie  in  dem  speciellen  Fall  n  «=  6;  stets  durch 
eine  m-zählige  Axe  erster  Art  und  ein  Symmetriecentrum  er- 
setzt werden.  Für  die  Potenzen  von  %  folgt  nämlich,  da  ja  n 
gerade,  m  ungerade,  also  m  —  1  und  m  -j-  I  gerade  sind, 

also  lassen  sich  die  2  m  Potenzen  folgendermassen  schreiben 
1,       «©,      «S  ...«-"S 

Nun  ist 

««©«3, 


-    8i    - 

also 
femer 

d.  h.  jede  dieser  Operationen  ist  dem  Product  aus  3  und  der- 
jenigen Drehung  äquivalent,  welche  in  dem  obigen  Schema 
resp.  über  oder  unter  ihr  steht.  Die  n  Potenzen  von  9[  können 
daher,  wie  oben  für  n  =»  6,  auch  durch 

1,  a^   ...  a—% 
3,  a*3  •••  a»-«3 

dargestellt  werden.    Also  ergiebt  sich  insgesammt 

Lehrsatz  VII.  Eine  n-zäMige  Symmetrieaxe  eweUer  Art  ist, 
icenn  n  ungerade  ist,  gleichmtig  n-eöMige  Symmetrieaxe  erster 
Art;  sie  bedingt  überdies  immer  eine  Symmetrieebene,  Ist  n  ge- 
rade und  n  =  2m,  so  ist  die  Axe  als  Symmetrieaxe  der  ersten 
Art  nur  m-zaklig.  Ist  nun  m  ungerade,  so  ist  die  n-zählige  Axe 
moeiter  Art  einer  m-zähligen  Axe  erster  Art  und  einem  Symmetrie- 
centrum  äquivalent,  ist  aber  m  selbst  gerade,  so  kann  sie  nicJit 
in  einfachere  Symmetrieelemente  aufgelöst  werden. 

§  4.  Besiehung  der  Gruppen  rweiter  Art  zu  den 
Gruppen  erster  Art.  Die  eben  abgeleiteten  Gruppen  bilden 
das  Analogon  zu  den  cyclischen  Drehungsgruppen  des  vorigen 
Capitels.  Dies  ist  ein  Specialfall  eines  allgemeineren  Satzes. 
Es  wird  sich  ergeben^  dass  alle  Grupjpen  zweiter  Art  einer  der 
Drehungsgruppen  des  vorigen  Capitels  in  analoger  Weise  zur 
Seite  stehen.    Hierzu  leiten  wir  zunächst  einige  Hilfssätze  ab. 

1.  Für  jede  Gruppe  zweiter  Art  bilden  die  in  ihr  vor- 
kommenden  Drehungen  eine  Drehungsgruppe. 

Beweis.  Da  das  Product  von  zwei  Operationen  zweiter 
Art  einer  Drehung  äquivalent  ist,  so  ist  zunächst  klar,  dass 
jede  Gruppe  zweiter  Art  auch  Drehungen  enthält  Es  sei  Q 
eine  solche  Gruppe  und 

1,    ®i,    ®,  ...  ®i-i 
die  in  ihr  enthaltenen  X  Drehungen.    Das  Product  zweier  von 
ihnen  ist  wieder  eine  Drehung  und  muss  daher  in   G,  also 

Schoenfliea,  S^ystallBtnictar.  6 


—    82    - 

auch  in  vorstehender  Reihp  enthalten  sein,  womit  der  Satz 
bewiesen  ist. 

Man  wird  den  Inhalt  dieses  Satzes  in  den  bisher  behan- 
delten Fällen  leicht  bestätigt  finden.  Die  Drehungsgruppe 
wird  immer  von  denjenigen  Potenzen  von  31  gebildet,  welche 
selbst  Drehungen  sind.  Ist  z.  B.  n  eine  ungerade  Zahl,  so 
zerfallen  die  2n  Operationen,  wie  Cap.  III,  Satz  VI  lehrt,  in 
die  n  Drehungen 

1,    Sl,     Sl«...2l«-S 

welche  eine  cyclische  Gruppe  Cn  darstellen,  und  in  die  n  Ope- 
rationen zweiter  Art 

©,  a©,  3i2@  ...  21»-^©. 

Dies  Beispiel  zeigt  noch,  dass  die  Zahl  der  Drehungen 
der  Zahl  der  Operationen  zweiter  Art  gleich  ist.  Dies  ist 
eine  allgemeine  Eigenschaft  dieser  Gruppen;  es  gilt  nämlich 
der  Satz: 

2.  Hauptsatz:  Jede  Gruppe  zweiter  Art  enthalt  ehenso  viele 
Drehungen^  wie  Operationen  zweiter  Art. 

Es  seien 

1)  1,    ®i,     ®2  •••  ®^-i 
die  Drehungen  der  Gruppe  G,  und 

2)  @,    ©„    @,  •••©^-1 

die  Operationen  zweiter  Art.  Wir  beweisen  zunächst,  dass 
fi  nicht  grösser  sein  kann  als  A.  Nämlich  jedes  der  Producta, 
welches  durch  Multiplication  der  letzten  Reihe  mit  ©  ent- 
steht, d.  h. 

©%       ©©1,       ©©2   .•■    ©©;.-l 

muss  der  Gruppe  G  angehören.  Sind  nun  alle  Operationen 
der  Reihe  2)  verschieden,  so  müssen  oflFenbar  auch  alle  diese 
Producte  verschieden  sein,  da  ja  in  ihnen  auf  dieselbe  Opera- 
tion ©  lauter  verschiedene  andere  Operationen  folgen.  Jedes 
dieser  Producte  ist  aber  eine  Bewegung,  und  diese  Bewegungen 
müssen  unter  den  obigen  A  Bewegungen  enthalten  sein*,  daher 
kann  fi  niemals  grösser  sein  als  A. 

Andrerseits  kann  A  auch  nicht  kleiner  sein  als  ft.    Näm- 


—    83    — 

lieh  die  Operation,  welche  durch  MuUiplication  der  Reihe  1) 
mit  irgend  einer  Operation  zweiter  Art,  z.  B.  mit  @  ent- 
stehen, d.  h. 

gehören  ebenfalls  der  Gruppe  an»  Dies  sind  nun  aber  lauter 
Operationen  zweiter  Art,  überdies  sind  sie  sämmtlich  ver- 
schieden, da  sie  aus  derselben  Operation  ©  und  lauter  ver- 
schiedenen Bewegungen  bestehen;  die  Gruppe  G  enthält  daher 
sicher  A  Operationen  zweiter  Art.  Damit  ist  der  Satz  be- 
wiesen. Gleichzeitig  zeigen  die  letzten  Erörterungen,  dass 
auch  folgender  Satz  besteht: 

3.  Enthält  eine  Gruppe  zweiter  Art  G  eine  Operation  zweiter 
Art  @,  so  ergeben  sich  alle  ihre  Operationen  zweiter  Art,  wenn 
die  Drehungen  der  in  ihr  enthaltenen  Drehungsgruppe  G  mit  © 
midtiplidrt  werden. 

Diese  Gruppe  ist  also  durch  die  Drehungen  von  G  und 
die  eine  Operation  @  völlig  bestimmt.  Man  sagt  daher  auch, 
dass  die  Gruppe  zweiter  Art  G  durch  MuUiplication  der  Gruppe 
G  mit  @  entsteht.  Von  diesem  Sprachgebrauch  werden  wir 
im  Folgenden  häufiger  Anwendung  machen. 

4.  Jede  einer  Gruppe  zweite  Art  ungehörige  Operation  zweiter 
Art  führt  die  Sjfmfnetrieaxcn  der  Gruppe  in  sich  über. 

Beweis^).  Wir  denken  uns  wieder  (vgl.  S.  63)  die  ^gleich- 
werthigen  Geraden  g,  gi,  g^^  •  •  •,  deren  Symmetriecharacter 
durch  die  Gruppe  G  repräsentirt  wird,  so  dass  also  diese  Ge- 
raden durch  jede  Operation  von  G  unter  sich  zur  Deckung 
gelangen. 

Nun  sei  ©  irgend  eine  Operation  zweiter  Art  von  G.  In 
Folge  derselben  möge  die  Symmetrieaxe  a  in  die  Lage  a  und 
die  Geraden  g,  g^  g^  -  -  resp.  in  g,  (//,  g^  -  -  *  übergehen,  wo 
natürlich  g\  gl,  9%  "  von  g,  g^^  g^'  ' '  i^ur  in  der  Bezeichnung 
▼erschieden  sind.  Wie  evident,  hat  a'  zu  g\  ^/,  gl ' ' '  dieselbe 
Lage,  wie  a  z\x  g,  g^,  g^  -  "  •  Nun  ist  a  eine  p-zählige  Sym- 
metrieaxe für  g,  gi,  g2  •  ■  *,  daher  ist  auch  a'  eine  p-zählige 
Symmetrieaxe  für  g\  gl,  gl  •  •  •;   folglich,  da  die  Geraden  g{ 

1)  Vgl.  den  aHalogen  Beweis  des  Hilfssatzes  in  Cap.  IV,  6. 


^    84    — 

dieselben  Geraden  sind  wie  die  ^,-,  so  ist  a'  aucli  p- zahlige 
Symmetrieaxe  für  die  Geraden  g\  g^y  g^  •  •  •  •  Die  p-zahlige 
Symmetrieaxe  wird  also  durch  die  Operation  @  wieder  in  eine 
p-zählige  Symmetrieaxe  übergeführt  und  da  dies  für  jede  Sym- 
metrieaxe von  6r  gilt;  so  ist  der  Satz  damit  bewiesen. 

5.  Ist  ©  eine  Ovation  zweiter  Art,  welche  das  Axen- 
System  einer  Drehungsgruppe  G  in  sich  überfuhrt^  so  giebt  es 
stets  eine  Gruppe  zweiter  Art,  die  durch  die  Gruppe  G  und  die 
Operation  @  bestimmt  ist^  die  also  durch  Mtdtiplication  von  G 
mit  @  entsteht. 

Beweis.     Es  seien 

1,     ®i,     &,     "  ®x^i 

die  Drehungen  der  Gruppe  G]  jede  derselben  führt  das  Axen- 
system  von  G  in  sich  über.  Dies  gilt  daher  auch  von  den 
Operationen 

@,     ©®i  •••  ©®;i-i, 

da  ja  nach  Voraussetzung  @  die  Axen  von  G  in  sich  überführt 
Gleichzeitig  folgt  aber,  dass  es  andere  Deckoperationen 
für  diese  Axen  nicht  geben  kann.  Denn  wäre  dies  doch  der 
Fall,  so  müssten  nach  Hilfssatz  2  darunter  auch  Drehungen 
sein,  was  aber  unmöglich  ist.  Obige  Deckoperationen  bilden 
daher  in  der  That  zusammen  eine  Gruppe  zweiter  Art  Damit 
ist  der  Satz  bewiesen. 

Endlich  bedürfen  wir  noch  eines  letzten  Hilfssatzes.  Näm- 
lich, es  seien  aus  G  durch  Multiplication  mit  @  und  @|  zwei 
Gruppen  zweiter  Art  G  resp.  G^  abgeleitet,  so  ist  noch  die 
Ftage  zu  erledigen,  ob  G  und  G^  immer  verschiedene  Gruppen 
sind,  resp.  wann  dies  nicht  der  Fall  Ist  Hierüber  gilt  fol- 
gender Satz:  ^ 

6.  Ist  jede  der  Operationen  isweiter  Art  ©  resp.  ©^  eine  Spiege- 
lung oder  Inversion  und  ist  ihr  Produd  einer  Bewegung  von  G 
äquivalent,  so  sind  die  Gruppen  (^weiter  Art,  die  aus  G  durch 
Multiplication  mit  ©  und  ©^  gebildet  werden  können,  identisch^). 


\)  Der  Satz  gilt  auch,  wenn  @  und  @,  beliebige  Operationen  sind; 
wir  bedürfen  aber  seiner  nur  in  dem  speciellen  Fall. 


-    85    — 

Es  seien  G  resp.  G^  die  Gruppen,  die  aus  G  durch  Mul- 
tiplication  mit  @  resp.  Q^,  entstehen.     Ist  nun 

wo  &g  irgend  eine  Drehung  der  Gruppe  G  bedeutet,  so  folgt 
durch  Multiplication  mit  @;  da  ja  in  den  hier  betrachteten 
Fällen  &  =  1  ist,  _        _ 

©j  ==  @@^, 

d.  h.,  die  Operation  ©^  gehört  der  Gruppe  G  an.  Die  Gruppe 
G  kann  daher  gemäss  Hilfssatz  3  auch  durch  Multiplication 
von  G  mit  ©^  erhalten  werden;  d.  h.  aber  G  und  G^^  sind 
identisch. 

Andrerseits  ist  auch  evident,  dass  wenn  G  und  G^  dieselbe 
Gruppe  zweiter  Art  vorstellen,  @  und  ©^  gleichzeitig  dieser 
Gruppe  angehören  müssen;  es  muss  daher  @  ©^  eine  Bewegung 
von  G  sein. 

§  5.  Eintheiltmg  der  Gruppen  zweiter  Art.  Wir  können 
nunmehr  zu  einer  systematischen  Ableitung  der  Gruppen  zweiter 
Art,  resp.  der  zugehörigen  Erystallclassen  übergehen.  Wir 
haben  von  den  im  vorigen  Capitel  aufgestellten  Drehungs- 
gruppen auszugehen  und  alle  Operationen  zweiter  Art  aus- 
zuspüren, welche  das  Axensystem  der  Gruppe  in  sich  über- 
führen. Jede  derselben  erzeugt  nach  Hilfssatz  5  eine  Gruppe 
zweiter  Art. 

Die  Gruppen  zweiter  Art  zerfallen  also  wieder  in  Gruppen 
mit  einer  Hauptaxe,  in  solche  mit  einer  Hauptaxe  und  einer 
Schaar  zu  ihr  senkrechter  Nebenaxen  und  in  diejenigen  Gruppen, 
welche  mit  den  regelmässigen  Körpern  gebildet  sind.  Haben 
wir  dieselben  sämmtlich  aufgestellt,  so  ist  an  der  Hand  des 
letzten  Hilfssatzes  nur  noch  zu  prüfen,  ob  alle  so  erhaltenen 
Gruppen  auch  wirklich  verschieden  sind  oder  nicht. 

§  6.  Gruppen  zweiter  Art  mit  einer  Symmetrieaxe.  Für 
den  Fall,  dass  die  Symmetrieaxe  a  von  der  zweiten  Art  ist, 
haben   wir  die  « bezüglichen  Gruppen  schon  oben  aufgestellt. 

Ist  die  Symmetrieaxe  von  der  ersten  Art,  so  ergeben  sich 
die  zugehörigen  Gruppen  zweiter  Art  im  Anschluss  an  die 
vorstehenden   Hilfssätze    folgendermassen.     Es   sei    die   Sym- 


—    86    — 

metrieaxe  a  n-zahlig,  so  dass  die  Drehungen  der  Gruppe  erster 
Art  G  resp. 

1,    «,    %^  '"  3t«-^ 

sind.  Aus  ihr  ergiebt  sich  eine  Gruppe  G  durch  Multiplication 
dieser  Potenzen  mit  einer  Operation  zweiter  Art,  welche  die  Axe 
a  in  sich  überführt.  Solcher  Operationen  kann  es,  wie  wir  sofort 
zeigen  werden,  im  ganzen  drei  geben.  Nämlich  eine  Dreh- 
spiegelung ist  ausgeschlossen,  da  ja  nur  die  eine  Symmetrie- 
axe  a  existiren  und  eine  Axe  erster  Art  sein  soll.  Es  können 
daher  nur  Spiegelung  und  Inversion,  d.  h.  also  Symmetrieebene 
und  Symmetriecentrum  in  Frage  kommen,  und  zwar  ist  die 
Symmetrieebene  entweder  senkrecht  zur  Axe,  oder  sie  enthält 
dieselbe.  Um  die  Begriffe  zu  fixiren,  wollen  wir  ims  die 
Symmetrieaxe  a  vertical  vorstellen,  alsdann  ist  die  spiegelnde 
Ebene  entweder  vertical  oder  horizontal  zu  denken.  Bezeichnen 
wir  die  Spiegelung,  je  nachdem  die  Ebene  derselben  vertical 
oder  horizontal  liegt,  durch  ©,,  resp.  @a;  so  sind  also 

diejenigen  drei  Operationen  zweiter  Art,  mit  denen  sich  eine 
Gruppe  zweiter  Art  bilden  lässt,  welche  die  Drehungen  1,  ?t, 
«2  . .  .  ?ln-i  enthält. 

Wir  Icönnen  daher  ans  jeder  der  cycUscJien  Gruppen  auf 
drei  verschiedene  Arten  eine  Gruppe  ztveiter  Art  ahleiten. 

Es  ist  aber  noch  zu  untersuchen,  ob  die  so  gebildeten 
Gruppen  auch  sämmtlich  verschieden  sind.  Wir  haben  dazu 
nach  Hilfssatz  6  die  Producte 

3@A,    3®.,    @.@A 

zu  betrachten.  Die  beiden  letzten  sind  gemäss  Gap.  III,  7 
Umklappungen  um  eine  zu  a  senkrechte  Axe;  dieselbe  ist  von 
allen  Potenzen  von  %  verschieden.  Dagegen  ist  das  erste 
Product  eine  Umklappung  um  die  Symmetrieaxe  a;  und  diese 
ist  unter  den  Potenzen  von  Sl  enthalten  oder  nicht,  je  nach- 
dem n  gerade  oder  ungerade  ist.     Daraus  folgt: 

Lehrsatz  VIII.  Ist  n  ungerade,  so  ergehen  sich  drei  verschie- 
dene Gruppen  zweiter  Art;  ist  n  gerade  ^  nur  zwei. 

Da  diese  Gruppen  durch  die  in  ihnen  enthaltene  Drehungs- 


—    87     — 

gruppe  Cn  und  die  bezügliche  Operation  zweiter  Art  vollständig 
bestimmt  sind,  so  bezeichnen  wir  sie^  wie  folgt: 

Cn'={Cn,    3}, 

wobei  zu  beachten^  dass  die  letztere  Gruppe  nur  dann  beson- 
ders zu  zählen  ist,  wenn  n  ungerade  ist. 

§  7.    Für  w  =  3  erhalteh  wir  drei  verschiedene  Gruppen. 
Die  erste  derselben,  • 

C3'={Q,  3}, 

enthält  die  sechs  Operationen 

1,      31,      %\ 
3,    Z%r   321*, 
sie  ist  daher  mit  der  oben  S.  76  erwähnten  Gruppe  identisch. 
Die  dreizählige  Hauptaxe  ist  daher  gleichzeitig  eine  sechszählige 
Symmetrieaxe  zweiter  Art,  wie  es  übrigens  auch  dem  Lehrsatz 
VII  entspricht. 

Die  zweite  Gruppe  ist 

sie  ist,  da  sie  die  Spiegelung  @a  enthält,  ebenfalls  mit  einer 
schon  oben  erwähnten  Gruppe  identisch,  nämlich  mit  der  Gruppe 
des  Lehrsatzes  lY. 

Die  dritte  Gruppe  ist 

Sie  enthält  die  Drehungen 

1,  8(,  a*^ 

und  die  Operationen  zweiter  Art 

©„  3t©„  St^©,. 
Jeder  derselben  entspricht  gemäss  Gap.  II,  7  eine  durch  a 
gehende  Symmetrieebene;  dieselben  schneiden  sich  unter  einem 
Winkel  von  60®.  Zu  dieser  Gruppe  sind  wir  noch  nicht  ge- 
langt. Die  zugehörige  Erystallclasse  enthält  eine  dreizählige 
Symmetrieaxe  und  drei  durch  sie  gehende  Symmetrieebenen, 
die  sich  unter  gleichen  Winkeln  schneiden;  d.  h. 


'       —     88    — 

Lehrsatz  IX.  Es  giebt  eine  ErystaUdasse,  weMie  durch  eine 
dreimhlige  Symmdrieaxe  und  drei  durch  sie  gehende  Symmetrie' 
ebenen  definirt  ist 

§  8.  Ist  n  gerade  y  hat  es  also  die  Werihe  2,  4,  6,  so 
giebt  es  nur  je  zwei  Gruppen,  nämlich 

und 

Die  erstere  enthält  die  Bewegungen 

und  die  Operationen  zweiter  Art 

©.,  si©Ä,  w®,  ..■  a«-i©A. 

unter  denselben  ist  natürlich  auch  die  Inversion  3  enthalten; 
in  der  That  ist  ja 

Die  übrigen  Operationen  der  zweiten  Zeile  drücken  aus,  dass 
die  Hauptaxe  gleichzeitig  als  Sjmmetrieaxe  zweiter  Art  auf- 
gefasst  werden  kann,  aber  auch  höchstens  als  n-zählige.  Darin 
spricht  sich  keine  neue  Sjmmetrieeigenschaft  aus.  Die  entr 
sprechende  Erystallclasse  ist  daher  durch  eine  n-zählige  Axe, 
eine  zu  ihr  senkrechte  Symmetrieebene  und  ein  Symmetrie- 
centrum ausgezeichnet;  d.  h. 

Lehrsatz  X.  Für  gerades  n,  d.  h.  w  =  2,  4,  6,  giebt  es 
je  eine  Krystallclasse^  die  eine  n-ssahlige  Symmetrieaxe,  eine  eu 
derselben  senkrechte  Symmetried>ene,  sowie  ein  Symmetriecentrum 
besitzt. 

Die  Gruppe  Cn^  enthält  ebenfalls  die  n  Drehungen 

1,  si,  a« ...  si»-s 

sowie  die  n  Operationen  zweiter  Art 

©„  a©,,  w®, . . .  ««-!©.. 

Aus  der  Existenz  der  durch  die  Axe  a  gehenden  Symmetrie- 
ebene folgt  nach  Cap.  III,  YIII,  dass  im  ganzen  n  solcher 
Ebenen  vorhanden  sind.  Die  obigen  n  Operationen  zweiter 
Art  repräsentiren  genau  die  Spiegelungen  an  diesen  n  Ebenen. 
Also  folgt: 


Lehrsatz  XI.  Für  gerades  n,  d.h,  n  =  2,4t^  6,  gieht  es  je 
äfu  Erystaildasse,  welche  eine  n-zählige  Symmetrieaxe,  sowie  n 
duwcit  sie  hindurchgehende  Symmetrieebenen  hesiUt 

§  9.  Die  soeben  für  die  Werthe  n  =  2,  3,  4,  6  im  Ein- 
zelnen durchgeführte  Untersuchung,  welche  von  den  Gruppen 

sich  schon  unter  den  Gruppen  mit  einer  einzigen  Symmetrie- 
axe  zweiter  Art  vorfinden,  moge^  um  eine  bessere  Uebersicht 
über  die  Einzelresultate  zu  erzielen,  wieder  für  beliebige  Werthe 
n  durchgefahrt  werden.  Es  ergeben  sich  unmittelbar  die  fol- 
genden Resultate: 

1)  Die  Gruppe  C«'  kommt  gemäss  Lehrsatz  VIII  über- 
haupt nur  für  ungerades  n  in  Frage;  sie  ist  aber  stets  mit 
der  Gruppe  C^»  identisch.  In  der  That  zeigt  ja  Lehrsatz  VII, 
dass  die  Gruppe  02  n  für  ungerades  n  neben  einer  n-zähligen 
Axe  erster  Art  immer  ein  Symmetriecentrum  enthält. 

2)  Die  Gruppe  0^*-  ist  für  ungerades  n  mit  der  Gruppe 
C«  identisch;  ist  n  gerade,  so  repräsentirt  sie  eine  neue  Gruppe. 
In  der  That  folgt  ja  aus  Cap.  III,  6,  dass  für  ungerades  n 
unter  den  Operationen  der  Gruppe  Cn  die  Spiegelung  ©  ent- 
halten ist,  für  gerades  n  aber  nicht. 

Da  die  Gruppe  C7„  für  ungerades  n  eine  w- zählige  Axe 
erster  Art  besitzt,  so  ziehen  wir  vor,  sie  für  derartige  Werthe 
von  n  durch  C„*  zu  bezeichnen. 

3)  Die  Gruppe  C«*  enthält  verticale  Symmetrieebenen, 
kann  daher  niemals  mit  einer  Gruppe  identisch  sein,  die  nur 
eine  Symmetrieaxe  zweiter  Art  besitzt.     Also  folgt: 

Es  gid>t  im  ganzen  vier  verschiedene  Typen  von  Gruppen 
mit  einer  einzigen  Symmetrieaxe ^  nämlich  die  Chruppen  (7«,  C7«' 
und  C„*  ßr  jedes  n,  und  die  Gruppen  Cn  für  gerades  n. 

Es  existiren  demnach  im  ganzen  vier  verschiedene  Gat- 
tungen von  Eiystallclassen,  die  eine  einzige  Symmetrieaxe  be- 
sitzen. Bezeichnen  wir  wieder  die  Gruppen  (7»,  für  gerades 
n,  wie  oben  in  §  2  geschehen,  durch  5»,  so  sind  dies  die- 
jenigen, welche  den  Gruppen 

Cn,       Cn',       Cn%      Sn 


—     90    — 

entsprechen.     Die   drei   ersteren   besitzen  eine  n-zählige  Axe 
erster  Art,  die   letzteren  nur  eine  n-zählige  Axe  zweiter  Art. 

Bemerkung.  Hiermit  sind  die  Erörterungen  über  die- 
jenigen Gruppen,  für  welche  nur  eine  einzige  Symmetrieaxe 
der  ersten  oder  zweiten  Art  vorhanden  ist,  abgeschlossen. 
Wir  fügen  denselben  noch  eine  Bemerkung  hinzu.  Sie  betrifft 
den  Umstand,  dass  wir  im  Vorstehenden  niemals  direct  von 
einer  zweizähligen  Symmetrieaxe  zweiter  Art  gesprochen  haben. 
Dies  erklärt  sich  folgendermassen.  Diejenige  Operation,  welche 
für  die  zweizählige  Symmetrieaxe  zweiter  Art  characteristisch 
ist,  ist  die  Inversion,  die  Axe  stellt  daher  dieselbe  Symmetrie- 
eigenschaft dar,  wie  ein  Centrum  der  Symmetrie.  Für  ein 
Symmetriecentrum  giebt  es  aber  keinerlei  ausgezeichnete  Rich- 
tung mehr,  jede  zweizählige  Axe  zweiter  Art  ist  ihm  äquivalent. 
Aus  diesem  Grunde  ist  es  angezeigt,  die  Axen  zweiter  Art  ganz 
aus  dem  Spiele  zu  lassen;  es  konnte  sich  sonst  leicht  die  irr- 
thümliche  Auffassung  bilden,  dass  auch  für  sie  die  durch  die 
Axe  repräsentirte  Richtung  eine  besondere  Bedeutung  für  die 
bezügliche  Symmetrieeigenschaft  hat. 

§  10.  Allgemeiner  Satz  über  die  Ableitung  der  Gruppen 
zweiter  Art.  Die  Aufstellung  der  übrigen  Gruppen  zweiter 
Art,  resp.  der  entsprechenden  Krystallclassen,  wird  durch  eine 
einfache  üeberlegung,  die  wir  vorausschicken  wollen,  beträcht- 
lich erleichtert.  Wir  fassen  zu  diesem  Zwecke  wieder  die 
Kugel  ins  Auge,  deren  Centrum  der  Schnittpunkt  0  aller  Axen 
ist,  und  markiren  ihre  Durchschnittspunkte  mit  den  Axen. 
Dadurch  entsteht  in  jedem  Fall  ein  reguläres  Polyeder,  und 
zwar  entweder  eine  Doppelpyramide  oder  einer  der  regel- 
mässigen Körper. 

Sei  nun  G  eine  der  entsprechenden  Drehungsgruppen. 
Sie  enthalte  21c  Drehungen,  so  besitzt  das  bezügliche  Polyeder 
(Cap.  IV,  9)  h  Kanten,  die  sich  bei  diesen  Drehungen  auf  alle 
mögliche  Weise  vertauschen;  und  zwar  ist,  wie  wir  sahen, 
jede  Drehung  bestimmt,  wenn  bekannt  ist,  mit  welcher  Poly- 
ederkante irgend  eine  derselben  —  sie  heisse  wieder  AB  — 
zusammenfallt.  Nun  sei  wieder  G  eine  Gruppe  zweiter  Art, 
welche    G    als    Drehungsgruppe    enthält.     Ist    ©    eine    ihrer 


^     91     - 

Operationen  zweiter  Art^  so  führt  sie  die  Axen  von  G^  also 
auch  das  zugehörige  Polyeder  in  sich  über,  und  zwar  natür- 
lich ebenfalls  so,  dass  die  k  Kanten  sich  unter  einander  ver- 
tauschen. Es  wird  daher  durch  die  Operation  @  die  Kante 
AB  mit  irgend  einer  Kante  ÄB^  zusammenfallen,  so  dass  A 
mit  Ä'  und  B  mit  B'  coineidirt. 

Es  giebt  aber  auch  unter  den  Drehungen  der  Gruppe  G 
eine,  welche  die  Kante  AB  mit  der  Kante  AB'  auf  die  an- 
gegebene Art  zusammenfallen  lässt;  dieselbe  sei  ®q.  Denken 
wir  uns  nun  erst  die  Operation  ©  und  dann  eine  Spiegelung 
®  gegen  die  Ebene  OÄB!  ausgeführt,  so  sind  diese  beiden 
Operationen  einer  Bewegung  äquivalent,  und  das  ist,  da  die 
Spiegelung  ©  die  Punkte  Ä.B'  unverändert  lässt,  genau  die- 
jenige, welche  die  Polyederkante  AB  auf  AB!  fallen  lässt, 
d.  L  die  Bewegung  @^.     Es  besteht  also  die  Gleichung 

Ist  nun  ©  eine  solche  Operation  zweiter  Art,  dass 

©«  =  1 
ist,  80   folgt,    wenn   wir   die  erste  Gleichung  von  links  mit 
@*~^  multipliciren, 

©  =  ©'»-1®^; 
die  Gruppe  G  enthält  daher  unter  ihren  Operationen  auch  die 
Spiegelung  ©.    Nach  Hilfssatz  3  kann  demgemäss  die  Gruppe 
zweiter  Art  G  durch  Multiplication  der  Drehungsgruppe  G  mit 
der  Spiegelung  ©  gebildet  werden. 

Da  somit  jede  Gruppe  zweiter  Art  durch  Multiplication 
mit  einer  reinen  Spiegelung  gebildet  werden  kann,  so  haben 
wir,  um  aus  der  Drehungsgruppe  G  eine  Gruppe  zweiter  Art 
G  abzuleiten,  als  erzeugende  Operationen  nur  einfache  Spiege- 
lungen ins  Auge  zu  fassen. 

Wir  haben  daher  nur  die  Frage  zu  discutiren,  ob  es 
Spiegelungen  giebt,  welche  das  Axensystem  einer  Gruppe  G 
in  sich  überführen.  Jede  hierzu  geeignete  Spiegelung  ©  führt 
nach  Hilfssatz  5  zu  einer  Gruppe  zweiter  Art. 

§  11.  Die  Diedergruppen  zweiter  Art.  Bei  den  Dieder- 
gruppen  kann  die  Symmetrieebene  sowohl  horizontal  als  ver- 


-     92    — 

tical  laufen;  im  letzteren  Fall  mnss  sie  entweder  eine  Nebenaxe 
enthalten,  oder  den  Winkel  zweier  nächsten  Nebenaxen  hal- 
biren.  Wir  bezeichnen  die  zugehörigen  Spiegelungen  wieder 
durch  @A,  resp,  ©».  Jede  von  ihnen  führt  zu  einer  Gruppe 
zweiter  Art;  es  ist  nur  zu  prüfen,  ob  beide  verschieden  sind. 
Die  mit  der  horizontalen  Spiegelung  @a  gebildete  Gruppe 
zweiter  Art  bezeichnen  wir  durch 

Das  Product  ®h®v  ist  (Cap.11,7)  einer  ümklappung  um  die 
Schnittlinie  der  spiegelnden  Ebenen  äquivalent;  daher  kann 
gemäss  Hilfssatz  6  die  Operation  ©«  nur  dann  zu  einer  von 
D»*  verschiedenen  Gruppe  führen,  und  ist  daher  nur  dann  zu 
berücksichtigen,  wenn  die  bezügliche  Symmetrieebene  den 
Winkel  zweier  Nebenaxen  halbirt.  Indem  wir  sie  in  dieser 
Lage  als  eine  Diagonalebene  auffassen,  bezeichnen  wir  die 
zugehörige  Spiegelung  durch  @d  und  die  vermittelst  @i  ge- 
bildete Gruppe  zweiter  Art  durch 

Diese  Gruppen,  resp.  die  zugehörigen  Erystallclassen  sind 
nun  wieder  genauer  zu  erörtern.  Von  besonderem  Interesse 
sind  für  uns  die  einfachen  Symmetrieelemente,  durch  welche 
jede  Gruppe,  resp.  jede  Krystallclasse  ausgezeichnet  ist  Wir 
können  sie  wie  bisher  aus  dem  Schema,  welches  die  Gesammt- 
heit  der  Operationen  bilden,  durch  Deutung  dieser  Operationen 
unmittelbar  ablesen.  Sie  lassen  sich  aber  auch  ableiten,  ohne 
dass  es  nöthig  wäre,  dieses  Schema  zu  benutzen.  Die  Sym- 
metrieelemente  der  Diedergruppen  zweiter  Art  bestehen  näm- 
lich einerseits  aus  den  Symmetrieaxen  der  Drehungsgruppe  Dn, 
andrerseits  natürlich  aus  denjenigen,  welche  durch  die  Sym- 
metrieaxen und  die  Spiegelung  @a  resp.  ®d  bestimmt  werden. 
Um  dieselben  in  jedem  Fall  zu  ermitteln,  bedürfen  wir  ausser 
den  oben  (§  4)  abgeleiteten  Sätzen  noch  des  folgenden  Hilfs- 
satzes: 

Wird  die  Diedergruppe  Dn  fnit  der  Spiegelung  ©^  erweitert, 
so  wird  die  n- zählige  Hauptaxe  dadurch  eine  ineöMige  Sym- 
metrimxe  zweiter  Art 


-    93    - 

Wir  nehmen  die  Symmetrieebene  von  ®a  so  an^  dass  sie 
(vgl.  Fig.  9,  S.  61)  den  Winkel  zwischen  den  Nebenaxen  u 
und  u^  halbirt,  merken  an^  dass 

ist  nnd  betrachten  das  Product  ll©«^.  Ist  nun  @a  wieder  eine 
horizontale  Spiegelung,  @p  eine  verticale,  deren  Ebene  durch 
u  geht,  80  ist  gemäss  Gap.  II,  7 

folglich  ist 

U©d  =  ©A©.©d 

und  da  die  Ebenen  von  ©«  und  ©<{  den  Winkel  7c:2n  ein- 
schliessen,  so  folgt  weiter  (vgl.  Cap.  II,  7) 


U©.=  ©A«(-J). 


Das  Product  U©«]  ist  daher  in  der  That  einer  solchen  Dreh- 
spiegelung um  die  Axe  a  äquivalent,  dass  die  Axe  a  dadurch 
eine  2n-zählige  Symmetrieaxe  zweiter  Art  wird. 

Hieraus  ziehen  wir  sofort  die  wichtige  Folgerung,  dciss 
die  vorstehenden  Gruppen  für  w  =  4  und  w  «=  6  Iceine  JcrystdUo- 
graphische  Bedeutung  mehr  haben  können;  wirkliche  KrystaU- 
classen  können  ihnen  nur  ßr  n  =»  2  und  w  =  3  entsprechen. 

§  12.  Für  n  -a  2  ist  D«  die  Vierergruppe  F;  die  ihr  ent- 
sprechenden Krystallclassen  sollen  wieder  besonders  erörtert 
werden.   Wir  bezeichnen  die  bezüglichen  Gruppen  resp.  durch 

F*  =  {r,©.}, 
7-={r,  ©,}. 

Die  Operationen  der  Gruppe  F*  sind 
1,       U,         »,         SB, 
©A,    U©A,    »©A,    aB©A. 
Da  die   Sjmmetrieebene   6,  welche   der   Spiegelung  ©a   ent- 
spricht,  die  Axen  u  und  v  enthält,   so  existiren  noch  zwei 
andere  zu  6  senkrechte  Symmetrieebenen  (Cap.  III,  VIII).   Sie 
entsprechen   der   zweiten   und  dritten  unter  den  Operationen 
der  zweiten  Zeile.    Die  letzte  dieser  Operationen  zeigt,  dass 
(Cap.  III,  X)  auch  ein  Symmetriecentrum  vorhanden  ist. 


-     94    — 

Dagegen  sind  die  Operationen  der  Gruppe  F"* 
1,       U,         SB,        2B, 
@^,    U©d,    SB@^,    2ö®rf. 

Die  Ebene  (?  der  Spiegelung  ©^  geht  durch  die  tv-Axe,  ohne  eine 
der  andern  Axen  zu  enthalten.  In  diesem  Falle  giebt  es  daher 
nur  noch  eine  zweite  Symmetrieebene;  sie  geht  ebenfalls  durch 
tv  und  steht  senkrecht  auf  6.  Ihr  entspricht  die  letzte  unter 
den  Operationen  der  zweiten  Zeile.  Die  andern  Operationen 
zeigen^  dass  gemäss  dem  obigen  Hilfssatzc  die  Hauptaxe 
gleichzeitig  eine  vierzählige  Symmetrieaxe  zweiter  Art  ist. 
Wir  erhalten  demnach  folgende  Sätze: 

Lehrsatz  XII.  Es  giebt  eine  Krystallclasse,  tvelche  drei  sfcei- 
zaiilige  Symmetrieaxen  hesitist,  drei  zu  einander  senkrechte  Sym- 
metrieehe7teny  welche  je  zwei  dieser  Axen  enthalten,  und  ein  Sym- 
metriecefntrum, 

Lehrsatz  XIII.  Es  gieht  eine  Krystallclasse,  welche  eine  vier- 
zählige Hauptaxe  zweiter  Art  besitzt,  zwei  zu  ihr  und  unter  ein- 
ander senkrechte  zweizählige  Symmetrieaxen  sowie  zwei  Symmetrie- 
ebenen,  welche  durch  die  Hauptaxe  gehen  und  die  von  den  andern 
Axen  gebildeten   WinJcel  halbiren. 

§  13.  Die  Fälle  n  =  3,  4,  6  wollen  wir  gemeinsam  be- 
trachten. ^Wir  fassen  zunächst  die  Gruppen 

D„*  ={!)„,  ©/,} 
ins  Auge.     Die  zugehörigen  Operationen  sind: 


1, 

91, 

W      ■ 

•  •  si—s 

u, 

Ux, 

u,     • 

••  u„_„ 

@/„ 

91©/,, 

W®,  ■ 

•  •  31—»©,,, 

U®/„ 

Ui©/„ 

112  @A    • 

•  ■  U,_i©.. 

Die  horizontale  Symmetrieebene,  welche  der  Spiegelung  ©^ 
entspricht,  enthält  n  zweizäbiige  Symmetrieaxen,  daher  existiren 
(Gap.  ni,  VIII)  noch  w  andere  Symmetrieebenen,  welche  durch 
die  w-zählige  Hauptaxe  gehen;  sie  entsprechen,  wie  leicht  zu 
sehen,  den  n  Operationen  der  vierten  Zeile.  Ist  n  ==  4  oder 
6,  so  ist  unter  den  Drehungen,  welche  um  die  Hauptaxe  statt- 
finden, auch  eine  Umklappung  vorhanden;  daher  giebt  es 
gemäss    Cap.  III,  X    in    der    bezüglichen   Krystallclasse    ein 


—    95     - 


Symmetriecentrum  ^).  Für  n  =  3  kann  dies  jedoch  nicht  der 
Fall  sein;  also  folgt: 

Lehrsatz  XIV.  Es  giebt  eine  Krystallclasse,  welche  eine  drei- 
mlüige  Hauptaxe,  drei  zweizählige  Nehenaxen  und  3  +  1  Symmetrie- 
ebenen  besitzt;  eine  dieser  Ebenen  steht  auf  der  Hanpfaxe  senkrecht, 
jede  der  andern  enthält  die  Hauptaxe  und  je  eine  Nebenaxe, 

Lehrsatz  XV.    Für  n  ==  4  oder  6  giebt  es  je  eine  Krystaü- 

'  dasse,  welche  eine  n-mhlige  Hauptcuve,  n  zu  ihr  senkrechte  Neben- 

cucen,  ein  Symmetriecentrum  und  w  +  1  Symmetrieebenen  besitzt. 

Die  eine  Ebene  steht  auf  der  Hauptaxe  senkrecht,  die  andern 

verbinden  die  Hauptaxe  mit  je  einer  Nebenaxe. 

§  14.  Die  Gruppen  Dn^  kommen  gemäss  §  11  nur  für 
w  =  2  und  «  =  3  in  Frage.  Dem  Werth  w  =  2  entspricht 
die  Vierergruppe  F^,  die  wir  oben  betrachtet  haben.  Es  ist 
daher  nur  noch  die  Gruppe 


A"={^3 


©J 


ZU  erörtern.     Ihre  Operationen  sind 

1,     31,     %\       ©„       «@„     21«®,, 
U,    U,,    W,,      U@,,    U,©.,    U^®.. 

Die  Symmetrieebene,  welche  der  Spiegelung  ©,/  entspricht,  enthält 

die  Hauptaxe  a,  es  giebt  daher 

drei     solcher    Symmetrieebenen. 

Sie  entsprechen  den  drei  Opera- 
tionen der  dritten  Zeile  ^).    Weil 

(vgl.  Fig.  18)»)  die  Ebene  6d  auf 

einer  der  zweizähligen  Nebenaxeu 

senkrecht  steht,  so  existirt  auch 

ein    Symmetriecentrum.     üeber- 

dies  ist  die  Hauptaxe  als  Sym- 

metrieaxe  zweiter  Art  sechszählig. 

Also  folgt: 

1)  Es  entspricht  einer  Operation  der  dritten  Zeile.    Alle  diese  Ope- 
rationen bedeuten  Drebspiegelungen  um  die  Axe  a  (vgl.  oben  §  8). 

2)  Die  Operationen  der  vierten  Zeile  bedeuten  wieder  Drehspiege- 
lungen bezüglich  der  Axe  a. 

3)  Die  (Jeraden  s^,  »g,  8.^  sind  Schnittlinien  der  horizontalen  und 
Yerticalen  Symmetrieebenen. 


—    96    -• 

Lehrsatz  XVI.  Es  ffiebt  eine  Erystailclassey  welche  eine  sechs- 
eählige  Hauptaxe  zweiter  Art,  drei  zu  ihr  senkreckte  dreizäJUige 
Nebenaxen^  ein  Symmetriecentrum  und  drei  Symmetrieebenen  be- 
sitzt, welche  durch  die  Hauptaxe  gehen  und  die  von  den  zwei- 
zähligen  Axen  gdnldeten  WinM  haUnren. 

§  15.  Um  den  Zusammenhang  der  Diedergruppen  mit  den 
cyclischen  Gruppen  ins  rechte  Licht  zu  setzen,  geben  wir  noch 
einen  zweiten  Weg  an^  auf  welchem  man  zu  den  Diedergruppen 
zweiter  Art  gelangt.  Wir  knüpfen  dazu  an  die  Frage  an,  ob 
sich  aus  den  Gruppen  Gn  mit  einer  Symmetrieaxe  zweiter  Art 
in  ähnlicher  Weise  Diedergruppen  ableiten  lassen,  wie  aus 
den  cyclischen  Gruppen  mit  Symmetrieaxen  erster  Art. 

Soll  es  eine  Gruppe  geben,  welche  eine  n-zählige  Axe  a 
zweiter  Art,  ausser  ihr  aber  noch  andere  Axen  besitzt^  so  muss 
jede  Operation  der  Gruppe  nach  Hilfssatz  4  die  Axe  a  in 
sich  überführen.  Ausser  der  Axe  a  kann  daher  die  bezüg- 
liche Gruppe  nur  noch  zweizählige  Axen  enthalten  und  zwar 
enthält  sie,  wenn  sie  eine  enthält,  auch  diejenigen,  welche  aus 
dieser  durch  die  Operation  $(  hervorgehen,  d.  h.  n  solcher 
Axen.  Andrerseits  gelangen  wir  aber  auch  wirklich,  wenn  wir 
die  Gruppe  C»  mit  einer  ümklappung  multipliciren,  zu  einer 
der  Diedergruppen  zweiter  Ari 

Dies  ergiebt  sich  wie  folgt  Zunächst  ist  zu  bemerken, 
dass  nach  Lehrsatz  YII  nur  gerade  Zahlen  n  zu  berücksichtigen 
sind.  Ist  nun  wieder  n  =  2m,  so  enthält  die  Gruppe  Cn 
2m  Operationen,  die  sich  wie  folgt  schreiben  lassen: 

1,    a* ...  ««->, 

und  wenn  diese  mit  U  multiplicirt  werden,  so  ergiebt  sich 

u,      u«^ ...  u««-s 

U«,     US«  ...  U^—K 
Nun  ist,  wie  aus  Cap.  IV,  4  folgt 

d.  h.  die  erste  und  dritte  der  vorstehenden  Zeilen  bilden  die 
Diedergruppe    Dm-     Ferner    ist,    wenn    wir    die   Spiegelung, 


-     97     -- 

deren  Ebene  durch  a  und  w  geht,  wieder  durch  ©p  bezeichneu, 
gemäss  den  Gap.  II,  7  entwickelten  Hilfssätsen 

uä«  =  u©2i»  =  ©,?i^  =  @;, 

wo  die  zu  ©d  resp.  ©/  gehörigen  Symmetrieebenen  resp.  die 
von  uuy,  «1^2  •  •  •  gebildeten  Winkel  halbiren.  Dies  zeigt,  dass 
die  vorstehenden  2n  Operationen  genau  die  Gruppe  Dm^  bilden. 
Diese  Gruppen  lassen  sich  also  au<ßi  als  Diedergruppen  auffassen, 
die  aus  den  Gruppen  zweiter  Art  Cn  genau  so  gebildet  sind,  wie 
die  Diedergruppen  Dn  aus  den  Gruppen  Cn* 

Wir  hatten  oben  die  Gruppen  C«  —  wegen  ihrer  Be- 
ziehung zu  gewissen  Krystallclassen  —  durch  Sn  bezeichnet. 
Analog  dazu  werden  wir  die  aus  Sn  gebildeten  Diedergruppen 
durch  Sn^  repräsentiren.  Die  zugehörigen  Krystallclassen  be- 
sitzen eine  eigentliche  n- zählige  Symmetrieaxe  zweiter  Art 
Wir  können  daher  auch  folgenden  Satz  aussprechen : 

Lehrsatz  XVII.  Für  jedes  gerade  w  (d.  ä.  w  =  4  und  6)  giebt 
es  zwei  Krystallclassen,  die  eine  n-zäJdige  Hauptaxe  zweiter  Art 
besitzen.    Sie  entsprechen  den  Gruppen  Sn  und  /Sn". 

Im  besondem  ist  noch 

§  16.  Die  Tetraedergmppen  zweiter  Art  und  die  zu- 
gehörigen Krystallclassen.  Es  ist  noch  übrig,  mit  der  Tetra- 
edergruppe, resp.  Octaedergruppe  Gruppen  zweiter  Art  zu  bilden 
und  die  entsprechenden  Krystallclassen  zu  characterisiren.  Nach 
Gap.  IV,  10  enthält  die  Tetraedergruppe  auch  die  Axen  t«,  v,  w 
einer  Vierergruppe.  Soll  daher  eine  Spiegelung  sämmtliche  Axen 
der  Tetraedergruppe  in  sich  überführen,  so  muss  sie  jedenfalls 
auch  die  Axen  w,  v,  w  in  sich  überführen.  Es  können  daher 
höchstens  die  oben  betrachteten  Spiegelungen  ©^  und  ©«i  die 
Eigenschaft  haben,  das  gesammte  Axensystem  der  Tetraeder- 
gruppe mit  sich  zur  Deckung  zu  bringen.  Dies  ist  aber  auch 
wirklich  der  Fall.  Die  Ebene  von  ©a  ist  nämlich  eine  Sym- 
metrieebene dieses  Axensystems,  und  ebenso  die  Ebene  ®d» 

Schoen flies,  KrystaUBtractor.  7 


—    98     - 

Die  mit  ©;,  resp.  @d  gebildeten  Gruppen  zweiter  Art  sind 
von  einander  verschieden.  Das  Product  von  @a  und  @ci  ist 
nämlich  einer  Umklappuug  um  eine  Gerade  äquivalent,  die 
den  Winkel  der  Azen  u  und  v  halbirt,  also  der  Tetraedergruppe 
nicht  angehört,  womit  nach  Hilfssatz  6  die  Behauptung  erwiesen 
ist.     Wir  bezeichnen  die  so  definirten  Gruppen  durch 

r*  =  {r,  @ä}    und 

T^==[T,  ©,}. 
Die  Operationen  von  I*  sind 
1,      U,      »,      SB  ©„        U©„     »@Ä,      2B@*, 

«,  «',  «",  «'"  und  a©A,  r©Ä,  a"©A,  «'"©*, 
«s  r^  «"s  «'"«         a»@A,  «'*©*,  «"*©*,  «'"'©*. 

Wie  bei  der  Vierergruppe  ist  jede  der  drei  von  u,  v,  w  ge- 
bildeten Ebenen  eine  Symmetrieebene  und  ebenso  existirt 
ein  Symmetriecentrum.  Diese  Symmetrieelemente  entsprechen 
wieder  den  Operationen  der  ersten  Zeile  rechts.  Die  andern 
Operationen  zeigen,  dass  die  vier  dreizähligen  Axen  a,  a\  a",  a" 
gleichzeitig  als  sechszählige  Symmetrieazen  zweiter  Art  auf- 
zufassen sind. 

Dagegen  sind  die  Operationen  von  T^ 
1,     U,     »,      SB,  e^,        U©^,      »©rf,       2B©^, 

a,  «',  r,  «"'  und  a©^,  a'©^,  r©^,  «"'©.y, 
a^  a'^  «"^  a'"^  a«©^,  a'*©^,  a"«©^,  a"'^©.,. 

Die  vorstehende  Gruppe  enthält  die  sämmtlichen  Operationen 
der  Gruppe  F^;  die  erste  Zeile  enthält  dieselben.  Wie  bei 
der  Gruppe  V^  schneiden  sich  daher  zwei  Symmetrieebenen 
in  der  w-Axe,  also  auch  in  der  u-  resp.  t;-Axe.  Jede  dieser 
Symmetrieebenen  enthält  überdies,  wie  aus  den  bekannten 
Eigenschaften  der  regelmässigen  Körper  folgt,  zwei  von  den 
dreizähligen  Axen. 

Ferner  ist,  ebenfalls  wie  bei  V^,  die  Axe  w  gleichzeitig 
als  vierzählige  Symmetrieaxe  zweiter  Art  zu  betrachten;  das- 
selbe gilt  daher  für  die  u-  und  v-Axe.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XVIII.  Es  gieht  ewei  verschiedene  KrysUüUlasseny 
welche  die  der  Te^aedergmppe  entsprechenden  Symmetrieaaien  ent- 


—     99     — 

halten.  Die  eine  hesitsst  ausserdem  drei  auf  einander  senkredite 
Symmetrieehenen  und  ein  Symmetriecentrum,  die  andere  sechs 
Sjfmmetrieä)enen,  deren  jede  durch  zwei  dreimhlige  Axen  hin- 
durchgeht. Für  die  letztere  sind  die  zumeäJdigen  Axen  gleich- 
zeitig vierzählige  Axen  zweiter  Art,  und  für  die  erstere  sind  die 
dreiaiäiligen  Axen  sechsgählige  Axen  zweiter  Art. 

§  17.  Die  Ootaedergmppe  zweiter  Art  und  die  bu- 
gehörige  Erystallolasse.  Die  Octaedergruppe  euthält  auch 
die  Axen  der  Tetraedergruppe.  Für  sie  können  daher  nur 
solche  Spiegelungen  in  Frage  kommen,  welche  die  Tetraeder- 
gruppe in  sich  überführen,  also  ebenfalls  @a  nnd  ^a-  Jede 
derselben  bringt  in  der  That  sämmtliche  Axen  der  Octaeder- 
gruppe zur  Deckung.  Aber  in  diesem  Fall  ist  das  Product 
@A®<i  einer  in  der  Octaedergruppe  enthaltenen  Umklappung 
äquivalent;  denn  die  Schnittlinie  der  horizontalen  Symmetrie- 
ebene und  einer  Diagonalebene  ist  stets  eine  der  Axen  u,  u\ 
v\  v'\  w\  w'\  Es  giebt  daher  gemäss  Hilfssatz  6  nur  eine 
Gruppe  zweiter  Art,  die  sich  mittelst  der  Octaedergruppe 
bilden  lässt;  wir  bezeichnen  sie  durch 

Ihre  48  Operationen  sind 

I. 
1      SB»    85'«    W 

%   a'   a"   «'" 
a*  a'*  a"*  a"'* 

III. 

@       SB»©    »'»©    S3"»® 

a©  a'©  a"@   a"'© 
a»@  a'»©  a"»©  a'"»© 

Da  die  Gruppe,  wie  wir  eben  sahen,  sowohl  die  Spiegelung 
@A  als  ©d  enthält,  so  besitzt  sie  offenbar  sämmtliche  Sym- 
metrieelemente, welche  in  T*,  resp.  T^  Torkommen,  d.  h.  die 
drei  Symmetrieebenen,  welche  die  vierzähligen  Äxen  verbinden, 
and  die  sechs  andern,  in  denen  sich  je  zwei  der  zweizähligen 
Symmetrieaxen  der  Octaedergruppe  schneiden.  Ein  Symmetrie- 


IL 

U' 

U" 

SB 

85» 

SB- 

SB" 

85' 

SB'» 

SB' 

'    2B" 

SB" 

85"» 

IV. 

U'© 

U"© 

SB© 

85»© 

S'© 

SB"© 

83'© 

85' 

>@ 

SB'© 

SB"© 

85"© 

;  85" 

■»©, 

7 


* 


-     100    — 

centrum  ist  überdies  auch  yorhanden^)^  endlich  ist  jede  der 
dreiz£^Iigen  Axen  gleichzeitig  als  sechszählige  Symmetrieaxe 
zweiter  Art  zu  betrachten;  also  folgt: 

Lehrsatz  XIX.  Es  gieU  eine  KrystaVdasse,  die  ausser  den 
Symmetrieaxen  der  Odaedergruppe  noch  ein  Symmetriecentrum 
iesitztj  femer  drei  Symmetrieebenen  ^  welche  je  awei  viereäJdige 
Axen  verbinden y  und  je  sechs,  welche  je  ßwei  dreieahlige  Axen 
enthalten.  Die  letzteren  sind  gleichzeitig  sechszählige  Symmetrie^ 
axen  zweiter  Art;  je  zwei  von  ihnen  schneiden  sich  {überdies  in 
einer  zweizöMigen  Symmetrieaxe. 

Die  Thatsachc;  dass  die^Gruppe  0^  alle  Symmetrieeigen- 
schaften enthält,  welche  den  Gruppen  T^  und  T^  zugehören, 
muss  sich  auch  in  dem  Yerhältniss  ausdrücken,  in  welchem 
die  Operationen  dieser  Gruppen  zu  einander  stehen.  Beachten 
wir  nun  wieder,  dass  die  Bewegungen 

»S    »'*,    95"* 
resp.  mit  den  Umklappungen 

U,    »,    SB 

identisch  sind,  so  folgt  unmittelbar,  dass  die  mit  I  and  III 
bezeichneten  Operationen  genau  die  Operationen  der  erweiterten 
Tetraedergruppe  T^  darstellen;  d.  h. 

Die  Operationen  der  Tetraedergruppe  T^  sind  sämmtlich 
unter  den  Operationen  der  Octaedergruppe  0*  enthalten. 

In  derselben  Weise  bilden  die  Operationen  I  und  IV  die 
Operationen  der  Gruppe  T^.  Nämlich  gemäss  Cap.  III,  VIII 
ist  ja 

also  enthält  die  Gruppe  0*  auch  die  Spiegelung  ®d]  daher 
auch  alle  diejenigen  Operationen,  welche  sich  durch  Multi- 
plication  der  Bewegungen  I  mit  @«f  ergeben,  d.  h.  eben  die 
Operationen  zweiter  Art  von  T**.  Die  eben  erwähnten  Ope- 
rationen müssen  überdies  genau  die  Operationen  IV  sein,  weil 


1)  Die  Operationen,  denen  die  bezuglichen  Symmetrieelemente  ent- 
sprechen, sind  leicht  anzugeben.  So  giebt  S3''@  eine  der  erstgenannten, 
U'6  und  U"@  zwei  der  letztgenannten  Symmetrieebenen  n.  8.  w. 


-     101     - 

weil  keine  von  ihnen  unter  III  vorkommen  darf.  Damit  ist 
die  Behauptung  erwiesen;  d.  h. 

Die  Operationen  der  Tetraedergruppe  T^  sind  sämmtlidi 
unier  den  Operationen  der  Octaedergnippe  0*  enthalten^). 

§  18.  Tabellen.  Die  vorstehend  abgeleiteten  Krystall- 
classen  werden  wir  wieder  durch  eine  Tabelle  veranschaulichen. 
Die  Symmetrieaxen  bezeichnen  wir,  wie  in  der  Tabelle  I 
(S.  74)  durch  Ip,  resp.  Äp.  Ein  Symmetriecentrum  werde 
durch  C  reprasentirt;  endlich  sollen  ri  und  6  die  Symmetrie- 
ebenen bedeuten,  r^  immer  diejenige,  welche  auf  der  Haupt- 
a3[e  %  senkrecht  steht.  Wie  die  Symmetrieaxen,  so  heissen 
auch  die  Symmetrieebenen  gleich,  resp.  gleidiberechtigt,  wenn 
sie  durch  die  Operationen  der  Gruppe  auf  einander  fallen.  Die 
Axen  unterscheiden  wir  in  dem  oben  S.  73  angegebenen  Sinn 
wieder  in  einseitige  und  zweiseitige;  dabei  ist  zu  beachten, 
dass  Axen,  die  für  eine  Drehungsgruppe  einseitig  sind,  durch 
Hinzutreten  von  Symmetrieeigenschaften  zweiter  Art  zweiseitig 
werden  können^).  Ausserdem  sind  hier  die  Symmetrieaxen 
zweiter  Art  noch  besonders  aufzuführen;  sie  sind  der  Defini- 
tion gemäss  immer  als  zweiseitige  Axen  aufzufassen.  Es  ge- 
schieht dies,  um  dadurch  eine  vollständige  Angabe  aller  Sym- 
metrieelemente zu  erzielen;  natürlich  führen  wir  wie  bisher 
eine  Axe  als  n^zahlige  Axe  zweiter  Art  nur  dann  auf,  wenn 
sie  nicht  etwa  schon  eine  n-zählige  Axe  erster  Art  ist. 


1)  Bezüglich  der  Ikosaedergrnppen  zweiter  Art  vgl.  man  die  oben 
S.  71  genannte  Schrift  von  F.  Klein. 

2)  Abweichend  vom  obigen  pflegt  man  eine  Aze  dann  als  einseitig 
zu  bezeichnen,  wenn  ihre  Hälften  nicht  durch  Bewegung  zur  Drehung 
gelangen.  Man  unterscheidet  demnach  zwei  Arten  einseitiger  Axen,  je 
nachdem  ihr^  Enden  nur  durch  Operationen  zweiter  Art  oder  überhaupt 
nicht  gleichwerthig  werden.  Die  letzteren  heissen  auch  polar  einseitige 
odet  polare  Axen. 


-     102     - 


Tabelle  II. 

Die  Erystallclassen,  die  auch  Sjmmetrieeigenscbaften 
zweiter  Art  enthalten. 


No. 

Gruppe  zweiter  Art 

Zahl  der 
Deck- 
opera- 
tionen 

Symmetrieaxen 

ein-     zweiseitige  zweiseitige 
seitige    erster  Art    zweiter  Art 

Symmetrie-  , 

ebenen  und  ! 

Symmetrie- 1 

centrum     | 

1 

Ä-{@} 

2 
2 

— 

— 

— 

n            1 

C                             ; 

2 
3 

1    '^ 
5 

~G 

7 

5* -{3} 

— 

— . 

— 

s^-im] 

4 
6  ~ 

r 

K 

Ä«  =  {6'„3} 

, 

h 

c           1 

CV  =  {C„@*} 

h. 

— 

C/  =  {C„S,} 

Ä,  1    - 

— 

2tf 

C,*={Cs,@*} 

6 

____ 

"     8~ 

— 

V 

8 
9 

10 
11 

C,'  =  {C„Br] 

h 

— - 

3ff 

C/  =  {C„©,} 

K 



C4'={C„@.} 

8 

K 

— 

— 

40 

Ce*={q,.@*) 

12 

12 

8 

K 

— 

Cn 

12 
13 
14 
15 
16 
17 
18 

"l9" 
20 

121 

Ce'-ICe,©.) 

h 

— 

— 

6« 

F*  =  {r,©,} 

— 

^2?  'a »  h 

— 

2>,*  =  {D„©*} 

12 
-     - 

16 
12~ 

3?, 

\ 

s*''  =  {f;@.} 

h,  2k 

K 

K,2l„2k' 

K 

a,ij,2tf,2tf 

C,3o         1 

K  ^k 

A*  =  {A,©*) 

24 
~~24~ 
24'~ 

•— 

Ag,3Z„3ig' 

— 

C,ij,3ff,3tf! 

— 

4i„  3?, 

4?« 

0,36        1 

ik 

3/, 

31^ 

6ff             1 

48 

-   'ii,Ah,Qk 

^h 

C,  3«,  6ff'  1 

—     103     - 

Endlich  folgt  hier  eine  Tabelle,  au8  der  man  entnehmen 
kann,  wie  die  von  den  yerschiedenen  Autoren  eingeführten 
Bezeichnungen  einander  entsprechen. 

Für  die  Hesseische  Ausdrucksweise  vgl.  man  die  oben 
S.  17  erwähnte  Festschrift  der  Universität  Marburg,  Tabelle  I. 

Die  Bezeichnungen  von  Bravais  finden  sich  in  dem 
S.  17  genannten  Memoire  sur  les  poly^dres  de  forme  symetrique 
a.  a.  0.  S.  179,  sowie  in  den  l^tudes  cristallographiques  a.  a.  0. 
S.  271. 

Die  Bezeichnungen  von  Möbius  sind  der  nachgelassenen 
Abhandlung  „Theorie  der  symmetrischen  Figuren"  entnommen, 
Werke,  herausgegeben  von  F.  Klein,  Bd.  II,  S.  567;  man  vgl. 
die  §§  22,  24,  65,  sowie  76  ff.  Die  in  der  Tabelle  enthalteneu 
Zahlen  bedeuten  die  Paragraphen. 

Möbius  hat  die  Identität  nicht  besonders  erwähnt. 
Ausserdem  fehlen  ihm  aber  auch  die  Gruppen  Dn*^  für  gerades  n. 
Dies  Versehen  ist  dadurch  verursacht,  dass  er  glaubte,  alle 
Symmetriegruppen,  die  eine  n-zählige  Hauptaxe  enthalten,  mit 
nur  zwei  verschiedenen  Symmetrieeigenschaften  erzeugen  zu 
können  (a.  a.  0.  §  66  u.  69).  Dies  trifft  aber  für  die  Gruppen 
^n  {f^  gerade)  nicht  zu.  Ferner  ist  die  Classe  Dxf  da  sie  keine 
neuen  Gruppen  liefert^  überflüssig. 

Die  Gadolinsche  Classificirung  aller  Krystallclassen  findet 
sich  in  der  oben  S.  8  citirten  Abhandlung,  Memoire  sur  la  de- 
duction  etc.,  S.  26—38. 

Fedorows  Tabelle  findet  sich  in  den  oben  erwähnten 
nissisch  geschriebenen  „Elementen  der  Lehre  von  den  Figuren" 
(ha^iaja  yiiEHiH  0  «HTypAXTb)  Petersburg  1885,  S.  163,  sowie  §  38 
bis  42.  Die  drei  Gruppen  von  Krystallclassen,  die  dort  auf- 
geführt sind,  habe  ich  durch  I,  II,  III  bezeichnet. 

Die  Bezeichnungen  von  Curie  sind  der  Tabelle  ent- 
oommen,  die  er  im  Bull,  de  la  soc.  min.  de  France,  S.  102  und 
450  entworfen  hat. 

Endlich  vgl.  man  bezüglich  der  Minnigerodeschen  Be- 
zeichnung seine  „Untersuchungen  über  die  Symmetrieverhält- 
nisse  der  Krystalle"  (Neues  Jahrb.  für  Miner.,  Beilageb.  5, 
S.  157  ff.). 


-     104     - 


Ta1>elle  III. 


HoBsel 

Bravais 

1 

MObiuB 

Gadolin 
F.  2 

Curie             Fedorow 

_       __        _ 

U..I      1  in,  8 

Mlnni- 
gerode 

32 

Schoonflies 

Vg^ 

2 

24(0)1) 

^.2 

IX.  3 

in,  4 

31      :         S,        \ 

l'G'*) 

3 

24(6) 

IX.  2 

111,7 

30 

s 

11  u«  8) 

4,^-1 

22  a,  n— 2 

^.3 

VI,1,2«2 
VI,2,2-2 

111,6 

29 

0.* 

VG^*) 

6,  g^l 

An  =  2*) 

^.1 

111 ,2 
III,  5 

28 

l«W»ö) 

7,5  =  1 
10,  g  «  1 

12,(7-1 

^,n  — 2 
22a,w"— 3 
22  c,  M  —  6 

D.  3      VI,  4,2  =  2 

26 

C,' 

Vu^ 

C.  12 

VI, 1,2-3 

1,10 

17 
12 

c. 

VG^ 

l*u« 

i'G* 

VI, 2,2-3 

0/ 

U,g-1 

i4,n  — 3 
22a,w  =  4 

22  6,  n— 4 

an 

B.b 
J5.4 
B.6 
C.  10 
^6" 

VI, 4,2-3 
VI, 1,2-4 
VI,  3,2  =  2 
VI,  2,2-4 
VI, 4,2-4 

1,11 

11,7 
11,5 

14 
22  ~ 

4,  g  =  2 

-') 

24 

5,3  =  2 

Aw-4«) 

11,4 

21 
19 

10 

c/ 

7,3«2 
4,5  =  3 

^,n  — 4 
22o,n=6 

11,6 

c: 

VI,  1.2-6 

1,7 

c. 

11^» 

11,  g«-l 

D,n  — 3^') 

VI,3,2«3 

VI,  2^2  ==6 
VI, 4,2-6 

1,5 

1,4 

16 

S,-C,' 

VG^ 

6,(?  =  3 

An=6  »<>) 
.4,«  — 6 

C.4 
0.9 

9 

Ce" 

7,  2«3 

1,6 

7 
27 

c,' 

6,3  —  1 

B,n  — 2 

D.2 

V,1.2  =  2 

111,3 

1»6?« 

8,2-1 

— 

D.  1 

V,2,2  =  2 

111,1 

25 

v" 

VG^ 

13,2  =  1 
16,2-1 

5,  n  —  3 

(7.7 

V,l,2  =  3 

1,9 

15 

A 

C,n-3 
B,n  — 4 

C.6 
B.  2 

V,2,2  =  3 
V,l,2-4 

1,8 

11 

A* 

lig* 

6,2«2 

11,3 
11,2 

20 

9,2«1 

a,«  — 4 

£.3 

V,3,2-2 

23 

8,2-2 

— 

B.l 

V,2,2=-4 

II.  1 

18 

1    l^e« 

6.  2  =  3  1  £ ,  n  —  6 

C.2 

V,l,2«6 

1,3 

8 

16,  2  —  1    (7,  n  —  6 

0.3 
C.l 

J.4 

V,3,2«3 

1,2 

13 

S."  ■=-!>,'' 

8,2-3|        - 

V,2,2-6 

1,1 

6 

D/ 

17             76,  T, 

IV,  1 

§42 

6 

T 

18        1    86,  H, 

IV,  2 

§40 

4 

T* 

4*1*« 

19        ;     78.  r. 

^.3 

IV,  3 

§39 

2 

md 

41,. 

20 

84,  E,  ») 
92,0. 

A2 
AI 

111,1 

§41 
§38 

3 

0 

1  4^^» 

21 

m,2 

1 

0* 

—     105    — 


Anmerkungen  zu  nebenstehender  Tabelle. 

1)  Auch  D*,  n  =  2. 

2)  Auch  IW. 

3)  Auch  1*«^ 

4)  Auch  1*^*. 

6)  Auch  0,  n  =  2. 

6)  Auch  1*GK 

7)  Diese  Klasse  fehlt,  wie  oben  S.  79  bemerkt,  bei  Bravais.  In 
der  S.  103  citirten  Miunigerodeschen  Abhaudlung  ist  sie  durch  4,  ^«a  i 
bezeichnet  worden.  Allerdings  besitzt  sie,  wie  die  bezügliche  Bravaissche 
Klasse,  eine  zweizählige  Axe  erster  Art,  aber  damit  ist  ihre  Symmetrie 
noch  nicht  erschöpft. 

8)  Auch  JD*,  n  =»  4. 

9)  Auch  D*,  n  «-  6. 

10)  Auch  Z)*,  n  =»  3. 

11)  Auch  Ol,  §89. 


^ 


Sechstes  Capitel. 
Die  Krystallsysteme. 

§  1.  Eintheilong  der  Erystallolassen  in  Systeme.  Die  im 
Vorstehenden  abgeleiteten  32  Krystallclassen  pflegt  man  in  yer- 
schiedene  grössere  Gruppen  za  scheiden,  welche  man  KrystdU- 
systeme  nennt.  Als  Eintheilangsgrund  kommt  in  erster  Linie 
die  Analogie  des  symmetrischen  Verhaltens  in  Betracht;  daneben 
sind  Speculationen  über  die  Structur  der  Krystalle,  «owie  spe- 
cielle  physikalische  und  schliesslich  auch  practische  Gesichts- 
punkte für  die  Ausgestaltung  der  üblichen  Systematik  mass- 
gebend gewesen.  Was  zunächst  den  letzten  Punkt  betrifft,  so 
sind  Yon  den  32  möglichen  Krystallclassen  bisher  keineswegs 
alle  in  der  Natur  aufgefunden  worden^  und  es  ist  natürlich, 
dass  sich  die  historisch  entstandene  Construction  der  Systeme 
ausschliesslich  auf  diejenigen  Krystallclassen  aufgebaut  hat, 
von  denen  in  der  Natur  Vertreter  vorhanden  waren.  Es  er- 
klärt sich  hieraus  von  selbst,  dass  dieselbe  dem  practischen 
Bedürfhiss  sehr  gut  entspricht;  überdies  wird  sie  aber  auch, 
was  hier  ausdrücklich  schon  bemerkt  werden  möge  und  später 
ausführlich  begründet  werden  wird  ^),  durch  die  Ansichten  über 
die  Structur  resp.  die  moleculare  Beschaffenheit  der  Krystalle 
gestützt,  resp.  geradezu  gefordert. 

Wenn  hier  trotzdem  zunächst  eine  andere  Gruppirung  der 
Krystallclassen  in  grössere  Abtheiluhgen  gegeben  werden  soll, 
so  geschieht  dies  aus  dem  Grunde,  weil  wir  damit  gleichzeitig 
eine  zweite  Ableitung  aller  möglichen  Krystallclassen  verbinden 


1)  Vgl.  im  zweiten  Abschnitt  das  Capitel  über  Raumgitter  und  ihren 
Zusammenhang  mit  der  KryataUstructur. 


-     107     — 

wollen,  und  zu  diesem  Zweck  die  Bevorzugung  der  rein  geo- 
metrischen Analogieen  von  grossem  Yortheil  ist.  Ueberdies 
erweist  sich  diese  Eintheilung  aber  auch  für  solche  Fragen 
als  zweckmässig,  in  denen  es  sich  gerade  um  geometrische 
Analogiebeziehungen  handelt,  wie  z.  B.  f&r  diejenigen  Probleme, 
welche  wir  im  nächsten  Capitel  zu  besprechen  haben. 

Wie  in  der  Einleitung  mehrfach  erörtert  worden  ist,  hängt 
die  Frage  nach  den  möglichen  Erystallclassen  mit  der  Frage 
nach  den  sämmtlichen  symmetrischen  Polyedern  auf  das  engste 
zusammen,  oder  vielmehr  die  erste  ist  in  der  zweiten  ent- 
halten. Nun  lassen  sich  die  symmetrischen  Polyeder,  nach 
ihren  Symmetrieaxen,  in  mehrere  grosse  Hauptclassen  son- 
dern. Die  erste  wird  vdn  denjenigen  Polyedern  gebildet,  für 
welche  es  mehrere  Symmetrieaxen  giebt,  die  mehr  als  zweizählig 
sind.  Die  sämmtlichen  Polyederclassen  dieser  Art  haben  wir 
oben  Cap.  lY  abgeleitet;  sie  zerfallen  in  drei  Gruppen,  je 
nachdem  ihre  Symmetrie  mit  der  des  Tetraeders,  Octaeders 
oder  Ikosaeders  übereinstimmt.  Ihnen  stehen  alle  andern 
symmetrischen  Polyeder  gegenüber,  d.  b.  diejenigen,  die  höch- 
stens eine  mehr  als  zweizählige  Aze  besitzen.  Sollen  diese 
in  engere  Abtheilungen  geschieden  werden,  so  bietet  sich  als 
natürlicher  Eintheilungsgrund  die  Zähligkeit  der  Hauptaxe  dar; 
alle  Polyeder,  für  welche  diese  Axe  n- zählig  ist,  wird  man 
naturgemäss  in  eine  Hauptclasse  rechnen;  wobei  wir  noch]^hiu- 
zufügen,  dass  es  hierbei  als  gleichgiltig  gelten  soll,  ob  die 
Hauptaxe  von  der  ersten  oder  zweiten  Art  ist. 

An  der  Hand  dieser  Erwägungen  ist  es  nun  nicht  schwierig, 
die  Frage  nach  der  Gesammtheit  aller  symmetrischen  Polyeder 
von  neuem  zu  beantworten.  Da  wir  bereits  ein  Eintheilungs- 
princip  für  die  Hauptclassen  gewonnen  haben,  und  damit 
die  letzteren  sämmtlich  kennen,  so  brauchen  wir  für  jede 
von  ihnen  nur  die  Frage  zu  lösen,  wieviele  Polyederclassen  ihr 
.angehören  können.  Gerade  diese  Untersuchung  gestaltet  sich 
aber  bei  dem  hier  gewählten  Eintheilungsprincip  besonders 
einfach;  es  wird  sich  zeigen,  dass  sie  für  jede  Hauptclasse 
auf  die  nämlichen  Erwägungen,  und  dementsprechend  auf  die 
gleichartigen  Resultate  hinausläuft 


-     108    — 

Ehe  wir  uns  der  hiermit  angedeuteten  Untersuchung  zu- 
wenden, werde  daran  erinnert^  dass  ihr  Ergebniss  natürlich 
mit  demjenigen  übereinstimmen  muss^  welches  in  den  vor- 
stehenden Gapiteln  gefunden  wurde.  Um  dies  leicht  ersichtlich 
zu  machen,  ist  es  zweckmässig,  zuvor  diejenigen  Polyeder- 
classen,  welche  den  einzelnen  eben  definirten  Hauptclassen 
angehören,  mit  Hilfe  der  Sätze  von  Capitel  lY  und  Y  aufzu- 
stellen; wir  können  uns  alsdann  unmittelbar  überzeugen,  dass 
die  bezüglichen  Resultate  sich  decken.  Uebrigens  ist  es  aus- 
reichend, wenn  wir  uns  hierfür,  dem  practischen  Zweck  dieser 
Schrift  nachgebend,  auf  diejenigen  Polyederclassen  beschränken, 
welche  auch  krystallographische  Bedeutung  haben,  d.  h.  auf 
diejenigen,  welche  den  in  den  Tabellen  I  und  II  aufgeführten 
Erystallclassen  entsprechen.  Ausgeschlossen  werden  dadurch 
einerseits  solche  symmetrischen  Polyeder,  deren  Symmetrie 
von  der  Natur  der  Ikosaedersymmetrie  ist,  andererseits  die- 
jenigen mit  einer  n- zähligen  Hauptaxe,  wenn  n  gleich  5,7,8... 
ist.  Die  Yerhältnisse  der  letzteren  sind  aber  genau  analog  zu 
denen,  für  welche  n  die  krystallographisch  zulässigen  Werthe 
2,  3,  4,  6  hat,  so  dass  nur  die  Polyeder  von  der  Ikosaedernatur 
unberücksichtigt  bleiben.^) 

§  2.  Solcher  Polyederclassen  von  krystallographischer  Be- 
deutung, welche  durch  ihre  Yerwandtschaffc  mit  den  regel- 
mässigen Körpern  cbaracterisirt  sind,  giebt  es  fünf,  nämlich 
diejenigen,  welche  den  Gruppen 

0*,  0,  T<^,  T\  T 

entsprechen.  Sie  sind,  was  für  keine  andere  Krystallclasse  zu- 
trifft, durch  den  Besitz  von  vier  gleichwerthigen  dreizähligen 
Symmetrieazen  ausgezeichnet.  Diese  bezeichnen  wir  als  ihren 
Symmetriecharacter.  Die  Polyeder,  resp.  die  Erystallclassen 
selbst,  sollen  diejenigen  von  reguUkem  Typus  heissen.  Sie 
bilden  die  erste  Hauptclasse  symmetrischer  Polyeder. 

In  die  zweite  Hauptclasse  rechnen  wir  diejenigen  Polyeder, 
welche  eine  sechszählige  Hauptaxe  besitzen,  und  bezeichnen 
sie  als  die  Polyeder   von   hexagondlem  Typus.    Wir  rechnen 

1)  Hierüber  vgl.  man  die  mehrfach  citirte  Schrift  von  F   Klein. 


-     109     — 

zu  ihnen  sowohl  diejenigen;  für  welche  die  Axe  von  der  ersten 
Ari^  als  auch  diejenigen,  für  welche  sie  von  der  zweiten  Art 
ist;  sie  entsprechen  den  sieben  Gruppen 

Rücksichtlich  ihrer  Symmetrie  constituiren  sie  ebenfalls  eine 
wohldefinirte  geschlossene  Abtheilung;  wir  sagen,  dass  der  ihnen 
allen  gemeinsame  Symmetriecharacter  in  einer  sechszähligen 
Axe  besteht 

Die  nächste  Hauptclasse  wird  von  denjenigen  Polyedern 
gebildet,  deren  Symmetriecharacter  durch  eine  vierzählige 
Hauptsymmetrieaxe  gebildet  wird.  Wir  nennen  sie  die  Poly- 
eder von  tetragonalem  Typus.  Zu  ihnen  gehören  diejenigen 
Polyederclassen,  deren  Symmetrie  durch  die  Gruppen 

D,\  D„  C^\  C:,  C„  8,",  s, 
bestimmt  ist.   Die  Anzahl  derselben  ist  ebenfalls  sieben.  Analog 
zu  den  Polyedern  von  hexagonalem  Typus  finden  sich  unter 
ihnen  auch  solche,  für  welche  die  Hauptaxe  von  der  zweiten 
Art  ist. 

Diejenigen  Polyeder,  welche  den  Gruppen 

entsprechen,  bilden  die  Polyeder,  deren  Symmetriecharacter  in 
einer  dreizähligen  Axe  besteht;  sie  heissen  die  Polyeder  von 
trigonalem  Typus.  Ihnen  kommen  sämmtlich  dreizählige  Haupt- 
axen  erster  Art  zu;  eine  eigentliche  dreizählige  Axe  zweiter 
Art  existirt  nach  Cap.  V,  3  nicht  Ihre  Zahl  beträgt  daher 
nur  fünf. 

Ebenso  rechnen  wir  die  Polyeder,  welche  eine  oder  mehrere 
zweizählige  Symmetrieaxen  besitzen,  zu  einer  Hauptclasse;  sie 
stellen  die  Polyeder  von  digonälem  Tffpus  dar.  Die  zugehörigen 
Gruppen  sind 

Die  Gruppe  S^^  deren  Symmetrie  in  der  Existenz  eines 
Symmetriecentrums  besteht,  kennzeichnet  diejenigen  Polyeder, 
ffir  welche  die  zweizählige  Symmetrieaxe  von  der  zweiten  Art 
ist;;  wir  haben  ja  oben  Cap.  V,  9  gesehen,  dass  das  Symmetrie- 
centrum dieselbe  Symmetrie  darstellt,  wie  eine  Symmetrieaxe 


—     110     - 

der  zweiten  Art.  Da  nur  eine  derartige  Polyederciasse  existirt, 
so  ist  die  Zahl  der  Glassen  sechs. 

Endlich  bleiben  noch  die  beiden  Polyederclassen  übrig, 
welche  den  Gruppen 

S    und    C^ 

entsprechen.  Sie  haben  den  gemeinsamen  Character,  dass  sie 
eine  Symmetrieaxe  überhaupt  nicht  mehr  besitzen;  es  liegt 
daher  ebenfalls  nahe,  sie  als  eine  letzte  Hauptclasse  aufzu- 
fassen. 

Man  kann  übrigens  die  Analogie  zu  den  andern  Glassen 
symmetrischer  Polyeder  formal  auch  dadurch  herstellen,  dass 
man  den  beiden  fraglichen  Classen  eine  einmhlige  Symmetrie- 
axe beilegt.  Als  einzählige  Symmetrieaxe  eines  Korpers  haben 
wir  eine  solche  zu  betrachten,  welche  denselben  erst  bei  einer 
▼ollen  Umdrehung  mit  sich  selbst  zur  Deckung  bringt.  Dies 
trifft  natürlich  für  jeden  Körper  zu,  and  schliesst  daher  eine 
eigentliche  Symmetrieeigenschaft  nicht  ein.  Mit  Rücksicht  hier- 
auf bezeichnen  wir  die  beiden  vorliegenden  Polyederclassen  als 
diejenigen  von  monogonalem  Typus.^) 

Wir  sind  damit  zu  folgender  Eintheilung  gelangt: 

I.    Begol&rer  Typus. 
Symmetriecharacter:  Vier  dreizählige  Axen. 

n.    Hexagonaler  Typus. 
Symmetriecharacter:  Eine  sechszählige  Axe. 

1)  Die  obige  Classificirung  lässt  sich  allgemein  auf  Polyeder  mit 
n-zähliger  Hauptaxe  ausdehnen.  Es  ist  nur  za  unterscheiden,  ob  n  ge- 
rade oder  ungerade  ist.  Ist  n  gerade,  so  sind  die  Verhältnisse  denen 
des  tetragonalen,  resp.  hexagonalen  Typus  analog;  die  bezüglichen 
Polyeder  entsprechen  den  Gruppen 

-^n*>    -^»1   ^n*»   ^n"»   ^n'   ^n"»   ^n ' 

Ist  dagegen  n  ungerade,  so  giebt  es  wie  für  n  =  3  nur  fünf  Classen, 
nämlich  diejenigen,  deren  Gruppen 

sind.     (Vgl.  hierzu  noch  Cap.  V,  9  und  11.) 


—    111   — 

m.    Tetragonaler  Typus. 
Symmetriecharacter:  Eine  vierzählige  Axe. 

IV.    Trigonaler  Typus. 
Symmetriecharacter:  Eine  dreizählige  Axe. 

V.    Digonaler  Typus. 
Symmetriecharacter:  Nur  zweizählige  Axen. 

VI.    Monogonaler  Typus. 

Symmetriecharacter:  Keinerlei  Symmetrieaxe.     (Eine 
einzählige  Axe.) 

§  3.  Die  eben  gegebene  Eintheilung  der  krystallographi- 
schen  Polyeder  repräsentirt  gleichzeitig  eine  analoge  Einthei- 
lang  der  Erystaliclassen,  und  da  sie  den  specifischen  Symmetrie- 
character der  Classen  desselben  Typus  deutlich  und  einheitlich 
hervortreten  läset,  so  besitzt  sie  den  Vorzug  grosser  Einfachheit 
und  Natürlichkeit.  Allein  wenn  sie  auch  theoretisch  als  die 
am  meisten  naheliegende  erscheint^  so  deckt  sie  sich  doch^ 
wie  oben  bereits  erwähnt  wurde,  nicht  mit  derjenigen,  welche 
im  Allgemeinen  in  Geltung  ist.  Wir  werden  auf  die  letztere 
später  (§  16  ff.)  genauer  eingehen,  zuvor  soll  es  unsere  Auf- 
gabe sein,  Natur  und  Bedeutung  der  eben  gegebenen  Ein- 
theilung genauer  zu  prüfen  und  zu  zeigen,  dass  die  der  obigen 
Tabelle  zu  Grunde  liegenden  Gesichtspunkte  für  die  Lösung 
der  Frage  nach  allen  symmetrischen  Polyedern,  resp.  allen 
theoretisch  möglichen  Erystallclassen  in  der  That  mit  beson- 
derem Vortheil  benutzt  werden  können. 

Den  Weg,  den  wir  hierbei  einschlagen  werden,  haben  wir 
bereits  oben  mit  einigen  Worten  angedeutet.  Wir  werden  uns 
die  Aufgabe  stellen^  alle  Polyederclassen,  resp.  alle  Krystallclassen 
^  bestimmen^  denen  in  dem  oben  definirten  Sinn  ein  gewisser 
9^fischer  Symmetriecharacter  snikonfwnt;  hei  richtiger  Äusfühnmg 
müssen  wir  unbedingt  zu  allen  Classen  des  bezüglichen  Typus 
gingen.  Die  Ausführung  bietet  keinerlei  Schwierigkeiten. 
Zuuächst  erinnere  ich  daran,  dass  wir  jeden  Typus,  sowie 
den  zugehörigen  Symmetriecharacter   bereits    bestimmt,  resp. 


—     112     - 

definirt  Laben.  Handelt  es  sich  nun  z.  B.  um  die  Classen  vom 
tetragonalen  Typus^  so  haben  wir  alle  Symmetrieelemente  zu 
suchen,  die  sich  mit  einer  vierzähligen  Hauptaxe  erster  oder 
zweiter  Art  verbinden  lassen,  und  die  bezüglichen  Polyeder- 
classen,  resp.  Erystallclassen  zu  bilden.  Das  gleiche  gilt  für 
die  Polyeder  eines  jeden  andern  Typus,  da  ja  jeder  durch 
einen  bestimmten  Symmetriecharacter  gekennzeichnet  ist. 

§  4.  Hanptabtheilung  und  Unterabtheilungen.  Den  eben 
skizzirten  Gedanken  werden  wir  nun  im  Folgenden  zur  Aus- 
führung bringen,  übrigens  in  einer  etwas  modificirten  Form, 
welche  die  Untersuchung  wesentlich  vereinfachen  wird.  Es  ist 
zweckmässig,  das  Resultat,  zu  dem  wir  gelangen  werden,  im 
Voraus  in  Kürze  zu  skizziren.  Fassen  wir  z.  6.  wieder  den 
tetragonalen  Typus  in's  Auge,  so  besteht  in  demselben  eine 
bestimmte  Krystallclasse,  welche  vor  allen  andern  durch  eine 
doppelte  Eigenschaft  hervorragt,  und  zwar  diejenige,  welche  der 
Gruppe  D/  entspricht.  Sie  enthält  einerseits  die  grösste  Zahl 
von  Symmetrieeigenschaften,  die  sich  mit  der  für  den  tetra- 
gonalen Typus  specifischen  Symmetrie,  d.  h.  mit  einer  vier- 
zähligen Hauptaxe  verbinden  lassen,  andrerseits  kommt  ihr 
aber  auch  jede  Symmetrieeigenschaft  zu,  welche  in  irgend  einer 
der  andern  Erystallclassen  auftritt.  Sie  spielt  daher  die  Bolle 
einer  Hauptabtheilung,  welcher  die  andern  als  Unterabthei- 
lungen gegenübergestellt  werden  können.  Die  gleichen  Yeiv 
hältuisse  treffen,  wie  sich  zeigen  wird,  in  derselben  Weise 
auch  für  die  Polyeder  eines  jeden  andern  Typus  zu. 

Durch  diesen  Umstand  wird  die  Aufgabe  alle  Unter- 
abtheilungen eines  gegebenen  Typus  zu  finden,  wesentlich  er- 
leichtert Ist  nämlich  die  Hauptabtheilung  bekannt,  so  sind 
uns  gemäss  dem  Vorstehenden  bereits  alle  diejenigen  Sym- 
metrieelemente unmittelbar  gegeben,  welche  in  den  Unter- 
abtheilungen auftreten.  Um  daher  die  Unterabtheilungen  zu 
finden,  haben  wir  weiter  nichts  zu  thun,  als  diese  Symmetrie- 
elemente auf  jede  mögliche  Art  mit  der  bezüglichen  specifi- 
schen Symmetrie  zu  verbinden. 

Wir  werden  nunmehr  die  vorstehenden  Ueberlegungen  im 
Einzelnen  durchführen  und  zeigen,  dass  die  eben  geschilderten 


~     113    — 

Verhältnisse  für  die  Polyeder  resp.  die  Krystallclassen  jedes 
einzelnen  Typus  wirklich  zutreffen.  Dazu  schicken  wir  zu- 
nächst einige  Hilfssätze  voraus. 

In  den  Lehrbüchern  der  Krystallographie  ist  es  im  Allgemeinen 
üblich,  fttr  jeden  Typus  von  der  Hauptabtheilung  direct  auszugehen, 
und  ohne  weiteres  anzunehmen,  dass  diejenigen  Symmetrieelemente, 
die  sie  enthält,  die  einzigen  sind,  welche  mit  der  bezüglichen 
specifischen  Symmetrie  des  Typus  verbunden  werden  können.  Dies 
ist  jedoch,  wenn  man  deductiv  zu  Werke  gehen,  und  sich  nur  auf 
das  Symmetriegesetz  stützen  will,  ohne  Beweis  nicht  gestattet. 
Es  versteht  sich  durchaus  nicht  von  selbst,  dass  alle  Sym- 
metrieelemente, die  einzeln  mit  einer  n- zähligen  Hauptaxe  ver- 
bunden vorkommen  können,  auch  gleichzeitig  zusammen  mit  ihr 
bestehen  können,  und  wenn  wir  zum  regulären  Typus  übergehen, 
80  trifft  diese  Voraussetzung  allgemein  gar  nicht  mehr  zn.  Mit 
den  vier  dreizähligen  Azen  lassen  sich  nämlich  sowohl  die  zwei- 
zShligen  Azen,  welche  die  Octaedergruppe  liefern,  als  auch  die 
fünfzähligen  verbinden,  welche  zur  Ikosaedergruppe  fahren  *) ;  wenn 
aber  beide  zusammen  gleichzeitig  mit  den  vierzähligen  Axen  vor- 
kommen sollen,  so  stellt  sich  eine  unendliche  Zahl  von  Axen  ein, 
und  die  Oruppe  hört  auf,  endlich  zu  sein. 

Da  die  Ikosaedersymmetrie  krystallographisch  nicht  existirt, 
so  fahrt  allerdings  das  bezügliche  Verfahren  practisch  ebenfalls 
zum  richtigen  Besultat.  In  dieser  Schrift  können  wir  jedoch 
keinen  andern  Standpunkt  einnehmen,  als  dass  wir  die  angezogene 
Thatsache  für  jeden  Typus  als  richtig  nachzuweisen  haben. 

§  5.  Ableitung  einiger  Hilfssätze.  Die  Hilfssätze^  deren 
wir  benötigt  sind,  sind  die  folgenden. 

1.  In  jeder  Unterabtheüung  treten  gleicht^erthige  Symmetrie- 
demente  stets  vereinigt  auf.  Dies  folgt  unmittelbar  aus  der 
Definition  des  V7ortes  gleichwerthig.  Enthält  z.  B.  eine  Unter- 
abtheüung des  trigonalen  Typus  eine  durch  die  Axe  gehende 
Symmetrieebene,  so  enthält  sie  alle  drei;  denn  die  beiden 
andern  sind  durch  die  eine  Ebene  und  die  dreizählige  Axe 
gemäss  Cap.  III;  8  von  selbst  bedingt. 

Suchen  wir  daher  die  sämmtlichen  Verbindungen,  welche 
zwischen  der  specifischen  Symmetrie  und  den  andern  Symmetrie- 
elementen der  Hauptabtheilung  möglich  sind,  so  brauchen  wir 
von  gleichwerthigen  Symmetrieelementen  immer  nur  je  eines 

1)  Auf  den  Beweis  soll  hier  nicht  eingegangen  werden. 

Sehoenflies    KrystallBtructor.  8 


—     114     — 

ins  Auge  zu  fassen.  Ueberdies  können  wir  dasselbe  beliebig 
auswählen;  wir  werden  die  Wahl  stets  so  zu  treffen  suchen, 
dass  die  Untersuchung  dadurch  möglichst  einfach  wird. 

2.  Der  vorstehende  Satz  ist  ein  specieller  Fall  eines 
allgemeineren  Theorems,  welches  aus  Cap.  III,  7  zu  folgern 
ist  und  aussagt,  dass  in  jeder  Unterahtheiliing  solche  Symmetrie- 
elemente,  die  sicli  gegenseitig  bedingefif  vereinigt  vorJcommen.  Dies 
kommt  für  uns  besonders  für  die  nicht  gleichwerthigen  zwei- 
zähligen  Nebenaxen  in  Frage.  Enthält  z.  B.  eine  Polyeder- 
classe  oder  Erystallclasse  des  tetragonalen  Typus  ausser  der 
Hauptaxe  irgend  eine  der  Nebenaxen,  so  kommen  ihr  alle  Neben- 
axen zu;  denn  diese  sind  ja,Vie  Cap.  IV,  4  lehrt,  durch  die  Exi- 
stenz einer  derselben  nothwendig  bedingt.  Dasselbe  gilt  von 
den  Nebenaxen  der  Glassen  des  hexagonalen  Typus  u.  s.  w. 

Um  alle  möglichen  Unterabtheilungen  einer  Hauptab- 
theilung zu  erhalten,  genügt  es  daher  wieder,  die  specifische 
Symmetrie  mit  irgend  einer  dieser  zweizähligen  Nebenaxen 
zu  verbinden;  wir  werden  dieselbe  ebenfalls  so  auswählen, 
wie  es  für  die  Einfachheit  der  Entwickelungen  am  zweck- 
mässigsten  ist. 

3.  Einen  speciellen  Fall  des  vorstehenden  Satzes  wollen 
wir  besonders  erwähnen,  weil  wir  sehr  oft  von  ihm  Gebrauch 
zu  machen  haben. 

Ist  ?2  ^W6  Bweizählige  Symmetrieaxe,  und  sind  rj  und  6 
zwei  durch  sie  gehende  zu  einander  senkrechte  Symmetrieebenen, 
so  Jcontmt  jeder  Krystallclasse,  toelche  zwei  dieser  Elemente  ent- 
hält, auch  das  dritte  zu.  Dieser  Satz  ist  bereits  oben  Cap.  HI, 
Lehrsatz  IX  bewiesen  worden.  Verschiedene  Krystallclassen 
können  sich  daher  nur  dann  ergeben,  wenn  die  specifische 
Symmetrie  des  Typus  mit  je  einem  der  obigen  drei  Symmetrie- 
elemente  oder   mit  allen    dreien   gleichzeitig  verbunden  wird. 

4.  Wird  eine  n-zählige  Axe  zweiter  Art  mit  einer  zu  ihr 
senkrechten  Symmetrieebene  verbunden,  so  wird  die  Axe  dadurch 
eine  solche  erster  Art. 

Der  Beweis  ergiebt  sich  unmittelbar  aus  der  Definition 
der  Axen  zweiter  Art.  Eine  w- zählige  Axe  zweiter  Art  ist 
nämlich  durch  die  Operation 


-     115    — 

definirh  Tritt  zu  ihr  die  Symmetrieebene  tj  hinzu,  so  befindet 
sich  unter  den  Deckoperationen  auch  die  Spiegelung  @,  also 
ist  auch  das  Product  beider,  nämlich 

eine  Deckoperation;  d«  h.  die  Axe  a  ist  n- zählige  Symmetrie- 
axe  der  ersten  Art. 

5.  Tritt  zu  einer  2m'Zalüigen  Axe  zweiter  Art  a  eine  durch 
sie  gehende  Symmetrieebene,  so  treten  von  selbst  auch  gweizahlige 
Nd)enaxen  auf,  und  umgekehrt. 

Diesen  Satz  leiten  wir  aus  der  Endgleichung  des  Gap.  V,  11 
ab.    Bilden  l^  und  6  den  Winkel  %:2m,  so  ist 

Setzen  wir  noch  n  =  2m,  so  geht  diese  Gleichung  in 

Über.    Durch  Multiplication  mit  @^  folgt 
und  durch  Multiplication  mit  U 

und  dies  ist  die  Behauptung.  Zweizählige  Nebenaxen  und 
verticale  Symmetrieebenen  sind  also  immer  zugleich  mit  der 
2f»- zähligen  Axe  zweiter  Art  verbunden. 

§  6.  Der  monogonale  TypuLS.*)  Dem  monogonalen  Typus 
gehören  die  beiden  Classen  von  Polyedern,  resp.  diejenigen 
Erystallclassen  an,  welche  den  Gruppen 

8  und  Ci 
entsprechen.    Die  Gruppe  S  ist  in  dem  oben  definirten  Sinne 
als  Hauptgruppe  zu  betrachten.     Um  dies  auch  in  formaler 
Hinsicht  hervortreten  zu  lassen^  bedienen  wir  uns  der  oben 
(§  1)  zu  diesem  Zweck   eingeführten   einzähligen  Axen;  als- 

1)  Vgl  hier  und  im  Folgenden  die  Tabellen  I  u.  H  (S.  74  u.  102). 

8* 


-     116    — 

dann  können  wir  sagen  ^  dass  jede  der  beiden  Glassen  eine 
einzählige  Axe  besitzt^  und  die  Gruppe  S  ausserdem  eine 
Symmetrieebene.  Die  in  §  2  behauptete  Beziehung  zwischen 
Hauptabtheilung  und  Unterabtheilung  tritt  dadurch  auch  hier 
deutlich  an's  Licht.  Um  dieses  Yerhältniss  auch  in  formaler 
Hinsicht  anschaulich  zu  characterisiren,  bezeichnen  wir  die 
Gruppe  S  noch  durch  Cj*;  in  der  That  stellt  ja  die  Gruppe  S 
den  einfachsten  Fall  der  Gruppe  (7„*  dar.  Alsdann  ist  der 
monogonale  Typus  dureh  die  beiden  Gruppen 

Ci*    und     Gl 
characterisirt. 

Da  eine  einzelne  Symmetrieebene  das  einzige  Symmetrie- 
element ist;  welches  beim  monogonalen  Typus  zulässig  ist, 
so  ist  gleichzeitig  klar,  dass  es  andere  Glassen  von  Polyedern, 
resp.  Krystallen  mit  einzähliger  Axe  nicht  geben  kann. 

§  7.  Der  digonale  Typus«  Dem  digonalen  Typus  ge- 
hören diejenigen  Classen  von  Polyedern,  resp.  diejenigen 
Krystallclassen  an,  welche  den  Gruppen 

entsprechen.  Ihre  Symmetrieaxen  sind  sammtlich  zweizählig, 
fQr  die  Gruppe  82  ist  die  Axe  überdies  von  der  zweiten  Art 
(vgl.  Gap.  V,  9);  die  bezügliche  Symmetrie  läuft  daher  auf 
ein  Symmetriecentrum  hinaus. 

Wir  fassen  zunächst  die  Gruppen  mit  Axen  erster  Art 
in's  Auge.  Als  Hauptabtheilung  haben  wir  die  zur  Gruppe  F* 
gehörige  Glasse  zu  wählen;  ihre  Symmetrieelemente  sind,  wenn 
wir  für  den  Augenblick  eine,  und  zwar  beliebig  welche,  ihrer 
Axen  mit  h^  und  die  zu  ihr  verticale  Symmetrieebene  mit  rj 
bezeichnen, 

Äg,  I2,  V?  Vf  ^7  ^  f  G. 

Nun  möge  Äj  diejenige  Axe  sein,  welche  in  allen  Unterab- 
theilungen erhalten  bleibt,  die  also  die  specifische  Symmetrie 
darstellt.  Um  die  Vorstellung  zu  fixiren,  denken  wir  uns 
dieselbe  vertical.  Um  alle  möglichen  Unterabtheilungen  zu 
erhalten,  haben  wir  sie  mit  den  Symmetrieelementen 


—     117     — 

zü  verbinden.  Aber  gemäss  Satz  2  des  vorstehenden  Para- 
graphen kommt  von  den  Axen  Z^  und  den  durch  h^  gehenden 
Ebenen  <T  nur  je  eine  in  Frage;  es  genügt  daher  zu  prüfen, 
auf  welche-  nur  mögliche  Art  sich  die  Elemente 

h>  n>  ^P  G 
mit  der  Axe  h^  verbinden  lassen. 

Die  Untersuchung  lässt  sich  aber  noch  weiter  reduciren« 
Nämlich  durch  h^  und  ij  ist  das  Symmetriecentrum  C  von 
selbst  bedingt-,  es  braucht  daher  nach  Hilfssatz  2  ebenfalls 
nicht  besonders  berücksichtigt  zu  werden^  so  dass  zur  Ab- 
leituDg  aller  möglichen  ünterabtheilungen  mit  Axen  erster  Art 
nur  die  Elemente 

zu  berücksichtigen  sind.  Wir  wählen  dieselben  —  was  ja 
zulässig  ist  —  in  solcher  Lage,  dass  1^  die  Schnittlinie  von  ij 
und  6  ist. 

Wir  erhalten  nunmehr  folgende  ünterabtheilungen: 

Die  erste  Unterabtheilung  ist  diejenige,  welche  nur  die 
zweizählige  Axe  h^  selbst  enthält.    Ihr  entspricht  die  Gruppe  C^. 

Verbinden  wir  die  Axe  ä^  mit  der  zweizähligen  Neben- 
axe  l^j  so  ergiebt  sich  diejenige  Unterabtheilung^  welche  der 
Vierergruppe  V  entspricht. 

Wird  zu  der  Axe  h^  die  zu  ihr  senkrechte  Symmetrie- 
ebene ri  gefügt,  so  entsteht  diejenige  Unterabtheilung,  deren 
Symmetrie  durch  die  Gruppe  Cg*  dargestellt  ist.  Sie  enthält 
auch  ein  Symmetriecentrum. 

Endlich  geht  durch  Verbindung  der  Axe  h^  mit  der 
durch  sie  gehenden  Symmetrieebene  6  diejenige  Unterabthei- 
lung hervor,  welche  der  Gruppe  C^  entspricht. 

Andere  Ünterabtheilungen,  welche  ausser  \  eines  der  drei 
Symmetrieelemente  l^,  rij  6  enthalten,  giebt  es  nicht.  Jede 
weitere  Abtheilung  des  digonalen  Typus  muss  nämlich  min- 
destens zwei  dieser  Elemente  enthalten.  Aber  nach  Hilfssatz  3 
kommen  sie  stets  vereinigt  vor;  eine  Abtheilung,  welche  zwei 
von  ihnen  enthält,  enthält  sie  daher  sämmtlich  und  ist  die 
Hauptabtheilung. 


—    118    — 

Es  handelt  sich  jetzt  noch  um  die  Unterabtheilungen  mit 
Axen  zweiter  Art.  Die  erste  ist  wieder  diejenige,  welche  nur 
diese  Axe,  resp.  nur  ein  Symmetriecentrum  enthält.  Weitere 
Unterabtheilungen  dieser  Art  giebt  es  aber  nicht;  denn  wird 
das  Symmetriecentrum  mit  irgend  einem  der  andern  Symmetrie- 
elemente, d.  h.  einer  Axe  oder  Ebene  der  Symmetrie  verbunden, 
so  tritt  stets  eine  zweizählige  Axe  erster  Art  auf,  die  bezüg- 
liche Abtheilung  ist  daher  bereits  unter  den  vorher  betrachteten 
vorhanden. 

Es  treffen  daher  auch  für  den  digonalen  Typus  die  in 
§  3  behaupteten  Verhältnisse  vollständig  zu,  und  dasselbe 
wird  sich  für  jeden  andern  Typus  heraus  stellen. 

§  8.  Der  trigonale  Typus.  Die  Classen  symmetrischer 
Polyeder,  resp.  die  Krystallclassen ,  welche  eine  dreizahlige 
Hauptaxe  besitzen,  sind  diejenigen,  welche  den  Gruppen 

entsprechen.  Die  Hauptaxe  ist,  wie  es  die  ungerade  Zahl 
drei  mit  sich  bringt  (Cap.  V,  3),  stets  von  der  ersten  Art. 
Als  Hauptabtheilung  kann  nur  die  zur  Gruppe  B^  gehörige 
Classe  in  Frage  kommen,  sie  enthält  die  Symmetrieelemente 

Es  ist  zu  zeigen,  dass  wir  alle  Unterabtheilungen  erhalten, 
indem  wir  die  Hauptaxe  \  auf  jede  mögliche  Weise  mit  den 
übrigen  Symmetrieelementen  verbinden. 

Gemäss  dem  ersten  Hilfssatz  des  vorstehenden  Para- 
graphen 5  brauchen  wir  nur  die  Symmetrieelemente 

zu  betrachten.  Dieselben  lassen  sich  wieder  so  wählen^  dass 
Zg  die  Schnittlinie  von  17  und  6  isi  Wir  erhalten  folgende 
Unterabtheilungen. 

Die  erste  ist  diejenige,  welche  nur  die  dreizahlige  Symmetrie- 
axe  selbst  enthält;  sie  entspricht  der  Gruppe  Q. 

Verbinden  wir  die  Axe  Ä5  mit  der  zweizähligen  Neben- 
axe  Z27  <3o  ergiebt  sich  diejenige  Unterabtheilung,  welche  der 
Gruppe  J)^  entspricht. 


-     119    — 

Durch  Verbindung  der  Axe  h^  mit  der  zu  ihr  senkrechten 
Symmetrieebene  17  geht  diejenige  Unterabtheilung  hervor,  welche 
der  Gruppe  C^^  entspricht. 

Endlich  entsteht  durch  Verbindung  der  Axe  h^  mit  der 
durch  sie  gehenden  Symmetrieebene  6  diejenige  ünterabthei- 
lung,  welche  der  Gruppe  Cg*  entspricht. 

Andere  Unterabtheilungen  giebt  es  uichi  Denn  wegen 
der  besonderen  Lage  der  Elemente  fi,  <f,  l^  muss  nach  Hilfs- 
satz 2  jede  Abtheilung ,  die  zwei  derselben  enthält,  auch  das 
dritte  enthalten,  und  ist  daher  die  Hauptabtheilung. 

§  9.  Der  tetragonale  Typus.  Die  Polyeder  resp.  die  Kry- 
stallclassen  yom  tetragonalen  Typus  entsprechen  den  Gruppen 

D/,  D„  C,%  C/,  (7„  S,%  8^. 

Die  ersten  fünf  besitzen  eine  vierzählige  Axe  erster  Art^  die 
beiden  letzten  eine  solche  zweiter  Art  Als  Hauptabtheilung 
kann  wiederum  nur  diejenige  Classe  in  Frage  kommen,  welche 
der  Gruppe  D/  entspricht.    Sie  enthält  die  Symmetrieelemente 

Ä^,  2/2,  2//,  C,  rj,  26,  2ff, 

Wir  suchen  zunächst  die  Unterabtheilungen  mit  einer  Haupt- 
symmetrieaxe  erster  Art. 

Gemäss  den  ersten  beiden  Hilfssätzen  ist  von  den  Neben - 
axen  und  Symmetrieebenen  nur  je  eine  in's  Auge  zu  fassen; 
d.  h.  es  ist  nur  zu  prüfen,  wie  sich  die  Symmetrieelemente 

\,  (7,  12,  6 

mit  der  Hauptaxe  \  verbinden  lassen.  Dabei  dürfen  wir  die 
Ebenen  17  und  6  wiederum  so  wählen,  das  \  ihre  Schnitt- 
linie ist. 

Da  aber  h^  eine  geradzahlige  Axe  ist,  so  müssen  gemäss 
Cap.  III,  X  auch  die  Ebene  17  und  das  Symmetriecentrum  G 
stets  gleichzeitig  auftreten;  es  genügt  also  schliesslich,  wenn 
wir  zur  Bildung  der  Unterabtheilungen  die  drei  Symmetrie- 
elemente 

Zg,    Tl\,    6 

yerwenden.  Es  sind  dies  wieder  dieselben  drei  Elemente, 
welche  beim  digonalen  und  trigonalen  Typus  auftraten. 


-     120    — 

Die  erste  Unterabtheilung  ist  wiederum  diejenige,  welche 
allein  die  Tierzählige  Symmetrieaxe  h^  enthält.  Sie  entspricht 
der  Gruppe  C4. 

Wird  zu  der  Symmetrieaxe  h^  die  Nebenaxe  l^  gefügt^ 
so  ergiebt  sich  diejenige  Unterabtheilung,  welche  der  Gruppe 
D4  entspricht 

Fügen  wir  zur  Symmetrieaxe  h^  die  zu  ihr  senkrechte 
Symmetrieebene  tj,  so  erhalten  wir  diejenige  Unterabtheilung, 
welche  der  Gruppe  (7/  entspricht.  Sie  besitzt,  wie  wir  eben 
sahen,  auch  ein  Symmetriecentrum. 

Endlich  führt  die  Verbindung  der  Axe  h^  mit  der  durch 
sie  gehenden  Symmetrieebene  6  zu  derjenigen  Unterabtheilung, 
welche  der  Gruppe  C^**  entspricht. 

Andere  Unterabtheilungen,  deren  Symmetrieaxe  von  der 
ersten  Art  ist,  giebt  es  nicht.  Analog  wie  für  den  digonalen 
und  trigonalen  Typus  folgt  auch  hier,  dass  die  einzige  noch 
mögliche  Abtheilung,  resp.  Krystallclasse  die  drei  obigen  Sym- 
metrieelemente gleichzeitig  enthält,  sie  muss  daher  die  Haupt- 
abtheilung sein. 

Ist  die  vierzäblige  Symmetrieaxe  von  der  zweiten  Art,  so 
kann  sie  zunächst  das  alleinige  Symmetrieelement  darstellen. 
Dieser  Fall  liefert  diejenige  Unterabtheilung,  welche  der  Gruppe^ 
8^  entspricht. 

Um  die  andern  Unterabtheilungen  dieser  Art  aufzustellen, 
haben  wir  die  vierzählige  Axe  zweiter  Art  wieder  mit  den 
Symmetrieelementen 

h)  f^7  Vy  ^ 
zu  verbinden.  Durch  Verbindung  mit  der  Symmetrieebene  ij 
geht  gemäss  dem  Hilfssatz  4  die  Axe  zweiter  Art  in  eine 
Axe  erster  Art  über.  Dasselbe  tritt  ein,  wenn  die  Axe 
zweiter  Art  mit  dem  Symmetriecentrum  verbunden  wird;  in 
der  That,  da  diese  Axe  zugleich  zweizählige  Axe  erster  Art 
ist,  so  muss  nach  Hilfssatz  2  die  bezügliche  Abtheilung  auch 
eine  zur  Axe  senkrechte  Symmetrieebene  besitzen.  Es  können 
daher  als  Symmetrieelemente,  welche  die  Axe  zweiter  Art  be- 
stehen lassen,  nur  l^  und  6  in  Frage  kommen.  Nun  folgt 
aber  aus  dem  fünften  Hilfssatz  des  §  5,  dass  diese  Symmetrie- 


-    121    — 

elemente  stets  gleichzeitig  auftreten;  es  giebt  daher  nur  eine 
ünterabtheilung  dieser  Art  und  zwar  ist  es  diejenige,  welche 
der  Gruppe  54**  entspricht 

§  10.  Der  hezagonale  Typus.  Der  hexagonale  Typus 
umfasst  diejenigen  Classen  Yon  Polyedern,  resp.  diejenigen 
Ejystallclassen,  welche  den  Gruppen 

A*,  A,  c,\  c,%  Ce,  s««,  8, 

entsprechen;  von  ihnen  sind  die  ersten  fünf  mit  einer  Haupt- 
axe  erster  Art,  die  beiden  letzten  mit  einer  Hauptaxe  zweiter 
Art  begabt.  Als  Hauptabtheilung  haben  wir  wiederum  die- 
jenige zu  betrachten,  welche  zur  Gruppe  D^  gehört.  Ihre 
Symmetrieelemente  sind 

Aß,  3/2,  3V,  C,  71,  3tf,  dtf'. 

Wir  suchen  zunächst  wiederum  die  Classen  mit  einer 
Hauptaxe  erster  Art.  Genau  wie  im  vorstehenden  Paragraphen 
lässt  sich  schliessen,  dass  zur  Bildung  derselben  wieder  nur  die 
Symmetrieelemente 

hl  Vf  ^ 
zu  verwenden  sind.    Wir  wählen  dieselben  ebenfalls  so,  dass 
^2  Schuittlinie  von  fj  und  6  ist. 

Die  erste  Unterabtheilung  ist  wiederum  diejenige,  welche 
nur  eine  sechszählige  Symmetrieaxe  enthält;  sie  entspricht 
der  Gruppe  C^. 

Wird  die  Symmetrieaxe  Äg  mit  der  Nebenaxe  l^  verbunden, 
80  ergiebt  sich  .diejenige  Unterabtheilung,  welche  durch  die 
Gruppe  Dg  characterisirt  ist. 

Wird  zu  der  Symmetrieaxe  Ag  die  zu  ihr  senkrechte 
Symmetrieebene  ij  gefügt,  so  enthält  die  zugehörige  Unter- 
abtheilung nach  Hilfssatz  2  auch  das  Symmetriecentrum  (7; 
sie  entspricht  der  Gruppe  Cg*. 

Wird  endlich  die  verticale  Symmetrieebene  6  mit  der 
Symmetrieaxe  Ag  verbunden,  so  ergiebt  sich  diejenige  Unter- 
abtheilung, für  welche  Cg*  die  zugehörige  Gruppe  ist. 

Andere  Unterabtheilungen  mit  einer  sechszähligen  Axe 
erster  Art  kann  es  wiederum  nicht  geben;  nach  Hilfssatz  2 
ist  jede   Abtheilung..    die    mehr    als    eines    der   obigen   drei 


—    122    - 

Symmetrieelemente  enthält,  auch  in  diesem  Fall  mit  der  Haupt- 
abtheilong  ideqj;isch. 

Es  ist  noch  übrig,  die  ünterabtheilungen  zu  ermitteln, 
für  welche  die  sechszählige  Symmetrieaxe  von  der  zweiten 
Art  ist  Die  erste  derselben  ist.  wieder  diejenige,  welche 
allein  durch  die  sechszählige  Axe  characterisirt  ist;  sie  ent- 
spricht der  Gruppe  Sq  resp.  G,*.  Wie  oben  Cap.  V,  VI  be- 
wiesen wurde,  enthält  sie  auch  ein  Symmetriecentrum. 

Die  Symmetrieelemente,  die  wir  in  Bezug  auf  die  Ver- 
bindungsfähigkeit  mit  der  Axe  zweiter  Art  zu  prüfen  haben,  sind 

hy  (^)  V>  ^' 
Von  ihnen  ist  aber,  wie  eben  erwähnt  wurde,  das  Symmetrie- 
centrum C  von  selbst  mit  der  Axe  zweiter  Art  yerbunden,  so 
dass  nur  noch  die  Elemente 

h7  V,  ^ 
in's  Auge  zu  fassen  sind. 

Fügen  wir  nun  zur  Hauptaxe  die  zu  ihr  senkrechte 
Symmetrieebene  17,  so  wird  sie  nach  Hilfssatz  4  dadurch  eine 
Symmetrieaxe  der  ersten  Art,  es  kommen  daher  nur  noch  Z, 
und  6  in  Frage.  Diese  beiden  treten  aber  nach  Hilfssatz  5 
stets  gleichzeitig  auf,  es  ergiebt  sich  daher,  wie  oben  für 
den  tetragoualen  Typus  nur  eine  derartige  Unterabtheilung. 
Es  ist  diejenige,  welche  der  Gruppe  S^^  entspricht. 

§  11.  Der  reguläre  Typus.  Zum  regulären  Typus  ge- 
hören diejenigen  Glassen  symmetrischer  Polyeder  resp.  alle  die- 
jenigen Erystallclassen,  welche  den  Gruppen 

0*,  0,  T*,  !<',  T 
entsprechen.  Sie  besitzen  sämmtlich  vier  dreizählige  Axen, 
die  übrigens  in  manchen  Fällen  sogar  sechszählige  Axen  zweiter 
Art  werden  können.  Ausserdem  existiren  für  alle  Glassen 
noch  drei  zweizählige  Axen,  die  gemäss  Gap.  IV,  9  durch 
die  dreizähligen  Axen  bedingt  sind,  und  für  einige  Yon  ihnen 
ebenfalls  in  Axen  höherer  Symmetrie  übergehen.  Die  speci- 
fische  Symmetrie  des  regulären  Typus  besteht  daher  in  den 
yier  dreizähligen  und  den  drei  zweizähligen  Axen. 

Die  Hauptabtheilung  kann  nur  diejenige  sein,  welche  der 


—     123    — 

Octaedergrnppe  0^  eDtspricht  Sie  besitzt  folgende  Symmetrie- 
elemente: 

41,,  3k,  6Z„  H,  G,  3tf,  6f/. 

Die  sechszähligen  Axen  zweiter  Art  sind  (Cap.  V,  3)  mit  den 
specifischen  dreizähligen  Axen  und  die  drei  vierzähligen  Sym- 
metrieaxen  mit  den  specifischen  zweizähligen  Axen  identisch. 
Um  die  ünterabtheilungen  zu  erhalten,  haben  wir  diese  Axen 
auf  alle  mögliche  Weise  mit  den  Symmetrieelementen 

hf  h)  G,  6,  6' 

zu  verbinden.  Wie  aus  Cap.  V,  17  folgt,  dürfen  wir  dieselben 
in  der  Lage  voraussetzen,  dass  6  und  tf'  durch  l^  gehen  und  auf 
einander  senkrecht  stehen.    Im  einzelnen  ergiebt  sich  folgendes. 

Die  Unterabtheilung,  welche  nur  die  vier  dreizähligen 
und  die  drei  zu  einander  senkrechten  zweizähligen  Axen  besitzt, 
ist  diejenige,  welche  der  Tetraedergruppe  T  entsprichi 

Werden  die  zweizähligen  Axen  vierzählig,  so  stellen  sich, 
wie  aus  Cap.  IV,  11  folgt,  die  Axen  l^  ebenfalls  ein;  die  bezüg- 
lichen Symmetrieeigenschaften  bedingen  daher  einander.  Die 
zugehörige  Unterabtheilung  entspricht  der  Octaedergrnppe  0. 

Tritt  zu  den  dreizähligen  und  zweizähligen  Axen  das 
Inversionscentrum  C  hinzu,  so  treten  gemäss  Cap.  II,  Lehr- 
satz VIII  die  zu  den  zweizähligen  Axen  senkrechten  Symmetrie- 
ebenen  6  von  selber  auf-,  zugleich  gehen  die  dreizähligen 
Axen  gemäss  Cap.  V,  VI  in  sechszählige  Axen  zweiter  Art 
über.  Die  bezügliche  Unterabtheilung  entspricht  der  Gruppe  T\ 

Werden  endlich  die  dreizähligen  und  zweizähligen  Axen 
mit  der  Symmetrieebene  tf'  verbunden,  so  ergiebt  sich  die- 
jenige Unterabtheilung,  welche  der  Gruppe  T**  entspricht.  In 
diesem  Fall  gehen  die  drei  zweizähligen  Axen,  wie  Cap.  V, 
§  16  erwähnt  ist,  in  vierzählige  Axen  zweiter  Art  über. 

Die  drei  letztgenannten  Unterabtheilungen  lassen  sich 
daher  auch  hier  in  der  Weise  bilden,  dass  zu  den  specifischen 
Symmetrieeigenschaften  des  regulären  Typus  je  eines  der  drei 
Symmetrieelemente 


-     124    - 

hinzutritt.  Die  andern  Symmetrieelemente  sind  in  der  That^ 
wie  wir  eben  sahen^  durch  die  vorstehenden  bedingt 

Sollen  nun  noch  andere  als  die  eben  abgeleiteten  Unter- 
abtheiluDgen  existiren,  so  müssen  sie  wieder  mehr  als  eines 
der  drei  genannten  Symmetrieelemente  besitzen.  Aber  ge- 
mäss Hilfssatz  3  treten  diese  drei  Symmetrieelemente  stets 
gemeinsam  auf;  eine  Abtheilung,  welche  mehr  als  eines  der- 
selben besitzt,  besitzt  sie  daher  alle  drei  und  ist  die  Haupt- 
abtheilung. 

§  12.  Allgemeiner  Charaoter  der  Eintheilung  in  Typen. 
Durch  die  vorstehenden  Entwickelungen  finden  sich  die  in 
§  3  ausgesprochenen  Behauptungen  in  vollem  Umfang  be- 
stätigt; die  Polyederclassen,  resp.  die  Erystallclassen  lassen 
sich  in  der  That  derartig  in  Gruppen  von  bestimmtem  Typus 
anordnen,  dass 

1)  alle  Glassen  desselben  Typus,  abgesehen  von  sonstigen 
Symmetrieverhältnissen,  in  einem  bestimmten  specifischen  Sym- 
metriecharacter  übereinstimmen, 

2)  für  jeden  Typus  eine  Hauptabtheilung  existirt,  welche 
alle  den  verschiedenen  Uuterabtheilungen  eigenthümlichen 
Symmetrieeigenschaften  in  sich  enthält;  und 

3)  die  Unterabtheilungen  sich  so  construiren  lassen,  dass 
der  specifische  Symmetriecharacter  des  T;fpus  auf  alle  mög- 
liche Art  mit  den  Symmetrieelementen  der  Hauptabtheilung 
combinirt  wird. 

Gleichzeitig  ist  damit  die  Aufgabe,  alle  theoretisch  mög- 
lichen Erystallclassen  aufzufinden,  in  der  That  auf  eine  zweite 
Weise  gelöst  worden.^)  Bei  der  Lösung  haben  wir  allerdings 
die  Eintheilung  in  Gruppen  von  bestimmtem  Symmetrie- 
character, resp.  die  Eenntniss  der  Hauptabtheilungen  als  be- 
kannt vorausgesetzt. 

Wenn  wir  daher  die  Eintheilung  nach  dem  Symmetrie- 


1)  Die  AufatelluDg  aller  Polyeder  mit  beliebiger  n- zähliger  Axe 
läuft  den  Untei-BuchuDgen  der  §  8—10  genau  parallel.  Ist  n  gerade, 
80  treten  die  Resultate  von  §  9,  10  in  Baraft,  und  wenn  n  ungerade  ist, 
diejenigen  von  §  8.  Bezüglich  der  Polyeder  mit  Ikosaedersymmetrie 
vgl.  S.  108. 


—     125    - 

character^  resp.  die  Hauptabtheilang  eines  jeden  Typus  als 
gegeben  betrachten,  so  lässt  sich  die  eben  dargestellte  Ab- 
leitung mit  besonderem  Yortheil  verwenden. 

§  13.  Die  gewöhnliohen  Erystallsysteme.  Wie  schon 
oben  erwähnt,  deckt  sich  die  Yorstehend  erörterte  Eintheilung 
der  Erjstallclassen  nicht  gacz  mit  derjenigen;  welche  allge- 
mein in  Geltung  ist  Die  Differenzpunkte  der  Elassificirung 
betreffen  einerseits  die  Abtheilungen  des  hexagonalen  und 
trigonalen  Typus,  andrerseits  diejenigen,  welche  wir  dem  digo- 
nalen  und  monogonalen  Typus  zugerechnet  haben.  Was  zu- 
nächst die  letzteren  betrifft,  so  werden  sie  in  drei  verschiedene 
Systeme  gesondert,  und  zwar  nach  folgenden  Gesichtspunkten. 

Alle  Erystallclassen,  die  hier  in  Frage  stehen,  haben 
höchstens  zweizählige  Symmetrieaxen.  Jede  Symmetrieaxe, 
ebenso  jede  auf  einer  Symmetrieebene  senkrechte  Gerade,  de- 
finirt  eine  ausgezeichnete  Richtung  des  Erystalls.  Nun  giebt 
es  zunächst  zwei  unter  den  obigen  Erystallclassen,  für  welche 
derartige  Richtungen  gänzlich  fehlen,  nämlich  diejenigen,  welche 
den  Gruppen 

Äg     und     Gl 

entsprechen,  sie  werden  daher  zu  einem  Erystijlsystem  ge- 
rechnet Es  heisst  das  asymmetrische  oder  trtkline  System  und 
stellt  das  Erystallsystem  von  der  niedrigsten  Symmetrie  dar. 
Die  übrigen  hier  besprochenen  Erystallclassen  unterscheiden 
sich  von  den  beiden  vorstehenden  dadurch,  dass  für  sie  min- 
destens eine  ausgezeichnete  Richtung  existirt,  also  mindestens 
eine  Symmetrieebene  oder  Symmetrieaxe.  Diejenigen  unter 
ihnen,  welche  nur  eine  ausgezeichnete  Richtung  besitzen,  wer- 
den wieder  als  eine  engere  Gruppe  betrachtet,  und  bilden  das 
manohline  Erystallsystem^)]  die  bezüglichen  Gruppen  sind 

CA  Ca,  S. 
Ebenso  werden  schliesslich  die  noch  übrigen  Erystallclassen 
za  einem  Erystallsystem  gerechnet,  sie  entsprechen  den  Gruppen 

F*,  F,  C,^ 
Für  jedes  von  ihnen  giebt  es  drei  ausgezeichnete  Richtungen* 

1)  Auch  monosymmetrisches  System. 


—    126     — 

Sie  lassen  sich  demnach  dahin  definiren^  dass  für  sie  nur 
zweizählige  Axen  existiren,  aber  mehr  als  eine  solche  Axe, 
oder  doch  mehr  als  eine  Symmetrieebene.  Das  bezügliche 
Erystallsystem  heisst  das  rhombische  System.^) 

Die  übrigen  Erystallclassen  werden  im  wesentlichen  nach 
denselben  Gesichtspunkten  eingetheilt,  die  oben  in  §  1  mass- 
gebend waren.  Zunächst  constituiren  die  Erystallclassen  von 
regulärem  Typus  das  reguläre  oder  cübische  System.  Es  bleiben 
also  noch  die  Erystallclassen  mit  einer  Hauptaxe,  die  ent- 
weder drei-,  vier-  oder  sechszählig  ist.  Von  ihnen  bilden  die 
Classen  von  tetragonalem  Typus  das  tetragonale  oder  quadr(i- 
tische  System})  Dagegen  deckt  sich  die  Eintheilung  derjenigen^ 
denen  eine  dreizählige  oder  sechszählige  Hauptaxe  zukommt^ 
nicht  Yollständig  mit  der  oben  gegebenen.  Diejenigen  von 
ihnen^  deren  Gruppen 

sind,  werden  nämlich  dem  hexagonälen  System^  zugerechnet, 
während  das  System  mit  dreizähliger  Hauptaxe  diejenigen 
Erystallclassen  enthält,  welche  den  Gruppen 

^6**;    ^6J    -^3}    ^3}    Q 

entsprechen,  und  rhomhoedrisches  Krystallsystem*)  genannt  wird. 
Da  wir  die  Gruppe  Sq"*  auch  durch  Dj**  und  Sg  auch  durch  C,' 
characterisiren  können,  so  ist  ersichtlich,  dass  zwar  die  Olassen 
des  rhomboedrischen  Systems  sämmtlich  eine  dreizählige  Axe 
erster  Art  haben,  dass  aber  das  hexagonale  System  auch 
solche  Classen  enthält,  denen  nur  eine  dreizählige  Symmetrie- 
axe  zukommt,  und  zwar  diejenigen,  welche  ausserdem  eine  zur 
Hauptaxe  senkrechte  Symmetrieebene  besitzen.  Das  rhombo- 
edrische  System  umfasst  daher  die  Erystallclassen  mit  drei- 
zähliger Hauptaxe,  aber  ohne  Hauptsymmetrieebene,  und  ist 
dadurch  vollständig  characterisirt.^) 

1)  Auch  Systeme  terbinaire. 

2)  Aach  systäme  quatemaire. 
8}  Auch  systäme  sänaire. 

4)  Auch  Systeme  ternaire. 

6)  Vgl.  hierüber  aach  Abschnitt  II  dieser  Schrift 


—     127     - 

§  14  Für  die  Yorstehend  besprochene  Systematik  sind 
zwar  auch  noch  die  Symmetrieverhältnisse  massgebend^  aber 
einerseits  kommen  sie,  im  Gegensatz  zu  der  oben  Yoran- 
gestellten  rein  theoretischen  Eintheilnng,  im  wesentlichen  nur 
in  ihrer  geometrischen  Bedeutung  ft&r  die  äussere  Form  der 
Erystalle  in  Frage,  und  andrerseits  stellen  sie  überdies  nicht 
das  alleinige  Eintheilungsprincip  dar,  Yielmehr  kommt  noch 
ein  zweiter  Gesichtspunkt  hinzu.  Bekanntlich  bezieht  man 
bei  der  Berechnung  und  Bestimmung  der  geometrischen  Ele- 
mente eines  Krystalles  die  Flächen  und  Kanten  desselben  auf 
gewisse  Coordinatenebenen  und  Coordinatenaxen,  die  soge- 
nannten Krystallaxen.  Sollen  diese,  wie  es  natürlich  zweck- 
mässig ist,  möglichst  einfach  gewählt  werden,  so  lässt  man 
sie  in  geeigneter  Weise  mit  den  ausgezeichneten  Geraden  und 
Ebenen  des  Krystalles,  d.  h.  also  mit  den  Ebenen  und  Axen 
der  Symmetrie  zusammenfallen. 

Das  trikline  System  lässt  sich  hiemach  dahin  definiren, 
dass  es  ausgezeichnete  Coordinatenaxen  nicht  besitzt,  das 
monokline  System  besitzt  eine  ausgezeichnete  Axe,  und  das 
trikline  besitzt  deren  drei.  Diese  stehen  senkrecht  aufeinander, 
sind  aber  im  übrigen,  da  sie  krystallographisch  ungleich- 
werthig  sind,  Yerschieden  lang.  Bei  den  Krystallen,  welche 
den  Gruppen  F*  und  V  entsprechen,  werden  sie  direct  von 
den  Symmetrieaxen  geliefert,  bei  den  Krystallen  der  Gruppe 
O2'  treten  dafQr  die  Symmetrieaxe  und  die  zu  den  Symmetrie- 
ebenen senkrechten  Geraden  ein. 

Bei  den  Krystallsystemen  mit  einer  Hauptaxe  ist  die 
Hanptaxe  stets  ausgezeichnete  Coordinatenaxe.  Die  anderen 
Coordinatenaxen  werden  Yon  den  zweizähligen  Symmetrieaxen 
geliefert  resp.  wenn  dieselben  fehlen,  von  andern  geeigneten 
gleichwerthigen  Richtungen,  die  zur  Hauptaxe  senkrecht  sind. 
Beim  quadratischen  System  hat  man  dazu  zwei  zu  wählen, 
die  aufeinander  senkrecht  stehen;  beim  rhomboedrischen  und 
hexagonalen  dagegen  je  drei,  die  gleiche  Winkel  einschliessen. 
Diese  Axen  sind  in  jedem  Fall  gleichwerthig,  und  müssen  da- 
her am  Krystall  selbst  als  gleich  lange  Hauptaxen  kenntlich 
sein.    Beim  hexagonalen  und  quadratischen  System  sind  über- 


—     128    — 

dies  auch  ihre  entgegengesetzten  Richtungen  im  Allgemeinen 
gleichwerthig^  beim  rhomboedrischen  System  dagegen  ist  dies 
meist  nicht  der  Fall.  Endlich  werden  für  das  reguläre  System  die 
drei  zu  einander  senkrechten  Symmetrieaxen  als  Coordinaten- 
axen  gewählt;  da  sie  sämmtlich  gleichwerthig  sind,  so  sind 
die  bezüglichen  drei  Hauptaxen  des  Erystalles  auch  unter  sich 
gleich  lang. 

Da  die  Krystallaxen  des  rhomboedrischen  und  hexagonalen 
Systems  genau  übereinstimmen ,  so  werden  die  Classen  des 
rhomboedrischen  Systems  von  yielen  Autoren  ^  besonders  von 
den  deutschen,  dem  hexagonalen  System  zugerechnet 

§  15.  Die  eben  erörterte  Systematik  findet  in  folgender 
Tabelle  ihren  Ausdruck. 

A.  Das  System  mit  mehreren  mehr  als  zweizfthligen  Axen. 

I.   Das  regoläre  System. 
Symmetriecharacter:  Vier  dreizählige  Axen. 

B.  Die  Systeme  mit  einer  Hauptsymmetrieaxe  (mehr  als 

zweizfthlig). 

n.    Das  hezagonale  System. 
Symmetriecharacter:    Eine    sechszählige    resp.    drei- 
zählige Hauptaxe. 

m.    Das  quadratische  oder  tetragonale  System. 

Symmetriecharacter:  Eine  vierzählige  Hauptaxe. 

C.  Die  Systeme  mit  höchstens  zweizähligen  Axen. 

IV.    Das  rhombische  System. 

Symmetriecharacter:    Mehrere    Symmetrieaxen    oder 

Symmetrieebenen. 

V.    Das  monokline  System. 
Symmetriecharacter:   Eine  Symmetrieaxe   resp.  Sym- 
metrieebene. 

VI.    Das  trikline  System. 

Symmetriecharacter:    Keinerlei    Symmetrieaxe    oder 

Symmetrieebene. 


—     129     — 

Die  oben  in  §  12  für  die  Eintheilung  des  §  2  angeführten 
Eigenschaften  und  Gesetze  treffen  auch  für  die  vorstehende 
Systematik  ausnahmslos  zu.  Wie  obeu^  ist  auch  hier  die  Exi- 
stenz der  HauptabtheiluDg;  welche  die  Symmetrieelemente  aller 
Unterabtheilungen  enthält^  in  allen  sechs  Systemen  vorhanden^ 
und  ebenso  können  die  ünterabtheilungen  auf  die  oben  aus- 
führlich erörterte  Weise  aus  der  Hanptabtheilung  abgeleitet 
werden. 

Die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  braucht  nur  für  die 
letzten  drei  Systeme  und  das  hexagonale  dargethan  zu  werden. 
Was  zunächst  das  letztere  betrifft^  so  besteht  die  Abweichung 
Ton  den  oben  ausgeführten  Ueberlegungen  im  wesentlichen 
nur  darin,  dass  jetzt  die  drei  Fälle,  dass  die  Hauptaxe  sechs- 
zählig  von  der  ersten  Art,  oder  sechszählig  von  der  zweiten 
Art,  oder  dreizählig  ist,  gleichzeitig  zu  betrachten  sind,  wäh- 
rend dies  oben  an  zwei  getrennten  Stellen  durchgeführt  wurde. 
Dagegen  bedürfen  die  Verhältnisse  der  letzten  drei  Systeme 
einer  ausführlicheren  Erörterung. 

§  16.  Das  trUdine  und  monokline  System.  Dem  triklinen 
System  gehören  die  beiden  Ery  stallclassen  an,  welche  den  Gruppen 

S^     und     Cj 

enisprechen.  Die  erstere  besitzt  ein  Symmetriecentrum  und 
muss  als  Hauptabtheilung  figuriren.  In  der  That  lassen  sich 
beide  Erystallclassen,  wenn  wir  uns  wieder  der  einzähligen 
Axen  bedienen,  auch  so  definiren,  dass  die  Gruppe  S^  ausser 
einer  einzähligen  Axe  noch  ein  Symmetriecentrum,  die  Gruppe 
Ci  dagegen  nur  eine  einzählige  Axe  besitzt  Alsdann  ist  die 
Richtigkeit  der  in  §  3  ausgesprochenen  Behauptung  auch  hier 
deutlich  erkennbar.  Gleichzeitig  ist  wieder  ersichtlich,  dass 
es  andere  Erystallclassen  von  dem  Oharacter  des  triklinen 
Systems  ausser  den  beiden  genannten  nicht  geben  kann. 

Dem  monoklinen  System  gehören  diejenigen  drei  Erystall- 
classen an^  welche  den  Gruppen 

C,\  C„  S 

entsprechen.  Die  erste  von  ihnen  kann  als  Hauptabtheilung 
figuriren;  sie  enthält  eine  Symmetrieebene  ij  und  eine  zu  ihr 

Selioenfllefl,  KrTitaUstraotiir.  9 


—     130    — 

senkrechte  zweizählige  Symmetrieaxe  Äg,  während  von  den 
beiden  übrigen  Glassen  die  eine  nur  die  Symmetrieebene  und 
die  andere  nur  die  Symmetrieaxe  besitzt.  Zu  diesen  drei 
Krystallclassen  gelangen  wir  in  Bestätigung  der  Behauptungen 
des  §  3  auch  sO;  dass  wir  diejenigen  Krystallclassen  suchen, 
die  als  Symmetrieelemente  nur  h^y  resp.  fj  besitzen.  In  der 
That  sind  drei  solcher  Classen  möglich;  sie  entsprechen  den 
Fällen,  dass  entweder  nur  die  Axe  Äg,  oder  nur  die  Ebene  tj 
oder  beide  Symmetrieelemente  zugleich  auftreten. 

§  17.  Das  rhombische  System.  Die  vorstehenden  Er- 
wägungen lassen  sich  ohne  weiteres  auf  das  rhombische  System 
ausdehnen.  Die  Krystallclassen ,  welche  ihm  angehören,  ent- 
sprechen den  Gruppen 

Als  Hauptabtheilung  haben  wir  diejenige  zu  wählen,  welche 
der  Gruppe  F*  entspricht;  sie  enthält  drei  zu  einander  senk- 
rechte Symmetrieebenen  ri,  ri',  tjf'y  und  drei  einander  senkrechte 
zweizählige  Axen  I2,  l^,  h'\  ^^^  gleichzeitig  die  Schnittlinien 
der  Ebenen  ij»  Vj  v'  ^^^i'  ^^^  ^^^  beiden  andern  Krystall- 
classen besitzt  die  eine,  nämlich  F,  nur  die  drei  Symmetrie- 
axen,  während  die  andere,  nämlich  Q*,  zwei  einander  senk- 
rechte Symmetrieebenen,  also  auch  eine  Symmetrieaxe  enthält, 
nämlich  die  Schnittlinie  beider  Ebenen. 

Die  genannten  drei  Krystallclassen  sind  wiederum  die 
einzigen,  welche  innerhalb  des  rhoqibischen  Systems  möglich 
sind.  Die  specifische  Symmetrie  des  rhombischen  Systems 
ist  nämlich  dadurch  characterisirt,  dass  drei  ausgezeichnete 
Richtungen  vorhanden  sind,  und.  neben  Symmetrieebenen  nur 
zweizählige  Symmetrieaxen  auftreten.  Von  den  letzteren  müssen, 
damit  sich  keine  Axen  andrer  Art  einstellen,  gemäss  Cap.  IV,  4 
je  zwei  senkrecht  aufeinander  stehen,  und  da,  wie  an  der- 
selben Stelle  bewiesen  wurde,  zwei  senkrechte  Axen  von  selbst 
die  dritte  zu  ihnen  senkrechte  bedingen,  so  treten  stets  ent- 
weder alle  drei  Axen  gleichzeitig  auf,  oder  es  giebt  nur  eine 
solche  Axe. 

Sind  drei  Axen  vorhanden,  so  sind  damit  bereits  drei 
ausgezeichnete  Richtungen  gegeben;  sollen  daher  auch  Sym- 


-     131     — 

metrieebenen  yorkommen,  so  stehen  sie  senkrecht  auf  den 
Axen.  Gemäss  Cap.  III^  8  folgt  aber  aas  der  Existenz  einer 
Symmetrieebene  auch  die  Anwesenheit  der  beiden  andern; 
diesem  Fall  entspricht  daher  die  Hauptabtheilung  des  rhom- 
bischen Systegis.  Treten  die  Symmetrieaxen  allein  auf,  so 
erhalten  wir  diejenige  Krystallclasse,  deren  Symmetrie  durch 
die  Gruppe  V  gekennzeichnet  ist.  Ist  dagegen  nur  eine  Sym- 
metrieaxe  vorhanden,  so  müssen  mindestens  noch  zwei  Sym- 
metrieebenen vorhanden  sein,  und  da  jede  Schnittlinie  zweier 
Symmetrieebenen  eine  Symmetrieaxe  ist,  so  ist  nur  der  Fall 
denkbar,  dass  die  £benen  durch  die  Axe  gehen  und  senkrecht 
aufeinander  stehen.  Es  giebt  daher  ^nur  noch  eine  letzte 
Classe  des  rhombischen  Systems,  nämlich  diejenige,  welche 
der  Gruppe  Cg*'  entspricht. 

§  18.  Hanptgruppen  und  Untergruppen.  Die  geome- 
trischen Beziehungen,  welche  die  Krystallclassen  desselben 
Typus,  resp.  desselben  Krystallsystems  mit  einander  verbinden, 
sind  durch  das  Vorstehende  hinreichend  gekennzeichnet  worden. 
Wir  gehen  nun  zur  Characteristik  der  gruppentheoretischen 
Verhältnisse  über.  Da  diese,  ebenso  wie  die  in  §  12  hervor- 
gehobenen geometrischen  Eigenthümlichkeiten  sowohl  für  die 
Eintheilung  des  §  2,  als  auch  für  die  Systematik  des  §  13 
zutreffen,  so  wollen  wir  im  Folgenden,  um  die  Darstellung 
möglichst  kurz  und  einfach  zu  halten,  auch  die  in  §  2  auf- 
geführten Gruppen  als  Krystallsysteme  bezeichnen.  Dies  kann 
um  so  eher  geschehen,  als  ja  die  Definition  der  Krystallsysteme 
an  und  für  sich  dem  willkürlichen  Ermessen  nicht  ganz  ent- 
zogen ist,  und  überdies  vom  theoretiscben  Gesichtspunkt  aus 
nicht  allein  nichts  gegen  eine  derartige  Begriffserweiterung 
spricht,  sondern  vielmehr^  wie  die  vorstehenden  Entwickelungen 
zur  Genüge  erkennen  lassen,  manche  üeberlegungen  ihr  sogar 
den  theoretischen  Vorzug  vor  der  allgemein  üblichen  Syste- 
matik zuerkennen  lassen. 

um  die  gruppentheoretischen  Beziehungen  aufzudecken, 
scheint  es  zweckmässig,  die  bezüglichen  Verhältnisse  zunächst 
an  einem  Beispiel  zu  veranschaulichen,  für  welches  dieselben 


-     132    — 

in  dem  vorhergehenden  Capitel  bereits  gelegentlich  gestreift 
worden  sind. 

Unter  den  fünf  Gruppen   von  Operationen ,  welche  dem 
regulären  Typus  entsprechen,  nämlich 
0*,  0,  T\  T^,  T 

giebt  es  eine,  nämlich  die  Octaedergruppe  zweiter  Art  0*,  welche 
die  in  den  vier  andern  Gruppen  auftretenden  Deckoperationen 
sammt  und  sonders  enthält,  sodass  also  —  nach  dem  Sprach- 
gebrauch des  vorigen  Capitels  §  17  —  die  andern  vier  Gruppen 
sämmtlich  in  ihr  enthalten  sind.  In  der  That  bilden  ja,  in 
dem  oben  S.  99  stehenden  Schema,  wie  bereits  S.  71  resp. 
S.  100  erwähnt, 

die  Operationen  I  und  II  die  Gruppe  0 
die  Operationen  I  und  III  die  Gruppe  T* 
die  Operationen  I  und  IV  die  Gruppe  T^  und 
die  Operationen  I  die  Gruppe  T, 

Wir  werden  eine  Gruppe,  deren  sämmtliche  Operationen  unter 
den  Operationen  einer  andern  Gruppe  enthalten  sind,  eine 
Untergruppe  der  letzteren  nennen,  d.  h.  wir  stellen  folgende 
Definition  auf: 

Sind  die  Operationen  einer  Gruppe  G  sämmtlich  unter  den 
Operationen  einer  Gruppe  H  enthalten,  so  heisst  G  eine  Unter- 
gruppe von  H. 

Gemäss  dieser  Definition  sind  die  vier  Gruppen  0,  T\ 
T^  und  T  sämmtlich  Untergruppen  der  Gruppe  0* .  Nennen 
wir  noch  0*  die  Hauptgruppe,  so  liefert  die  Hauptgruppe  die 
Hauptabtheilung  des  Krystallsystems,  während  die  vier  Unter- 
gruppen den  vier  Unterabtheilungen  desselben  entsprechen. 

Die  vier  Gruppen  0,  T*,  T**,  T  sind  keineswegs  die  ein- 
zigen Untergruppen  von  0*,  vielmehr  enthält,  wie  leicht  zu 
erhärten,  0*  noch  eine  ganze  Zahl  anderer  Untergruppen. 
Beispielsweise  bilden  die  vier  Drehungen,  welche  um  eine  der 
vierzähligen  Axen  von  0*  stattfinden,  resp.  die  drei  Drehungen, 
welche  einer  der  dreizähligen  Axen  entsprechen,  je  eine  Unter- 
gruppe von  0*;  die  erstere  ist  Q  und  die  letztere  C^,  und 
auch  ihnen  entsprechen  Erystallclassen.   Ueberhaupt  ist  evident, 


—     133     — 

dass  jeder  Untergruppe  Ton  0*  eine  Krystallclasse  entspricht, 
denn  dies  ist  ja  f&r  jede  Gruppe  von  Deckoperationen  der  Fall. 
Aber  die  bezüglichen  Erystallclassen  gehören  dem  regulären 
Krystallsystem  nicht  an;  hierfür  kommen  entsprechend  dem 
Symmetriecharacter  desselben  nur  diejenigen  Untergruppen  von 
0*  in  Frage,  welche  durch  vier  dreigählige  Axen  gekennzeichnet  sind 

§  19.  GrappentheoretiBOhe  Beziehung  Ewisohen  den 
Classen  desselben  ErystaUsysteniB.  Analoge  Verhältnisse 
lassen  sich  für  die  Erystallclassen  eines  jeden  andern  Krystall- 
systems  aufzeigen.  Bei  der  innigen  Verbindung,  in  welcher 
die  Symmetrieeigenschaften  einer  Krystallclasse  und  die  Deck- 
operationen der  zugehörigen  Gruppe  zu  einander  stehen,  ist 
der  Nachweis  dafür  leicht  zu  führen.  Er  folgt  fast  unmittelbar 
aus  den  vorstehend  abgeleiteten  Resultaten;  wir  brauchen  die 
oben  für  die  Symmetrieverhältnisse  gewonnenen  Sätze  nur 
gmppentheoretisch  zu  übersetzen. 

Um  dies  möglichst  präcise  auszuführen,  schicken  wir  den 
folgenden  Lehrsatz  voraus. 

Lehrsatz  I.  Sind  K  und  K^  zwei  Krystdllclassenj  von  denen 
die  letztere  nur  einen  Theil  der  Symmetrieeigenschaften  der  ersteren 
hesüzt,  so  stehen  die  zugehörigen  Operationsgruppen  G  und  G^  in 
dem  Verhältniss  zu  einander,  dass  Gi  eine  Untergruppe  von  G 
ist,  und  umgekehrt. 

Der  Beweis  ist  unmittelbar  ersichtlich.  Denn  wenn  die 
Krystallclasse  K  alle  Symmetrieeigenschaften  von  K^  enthält, 
so  heisst  dies  eben  nichts  anderes,  als  dass  auch  alle  Opera- 
tionen von  (tj  in  G  enthalten  sind.  Ebenso  leuchtet  das  Um- 
gekehrte ein;  enthält  die  Gruppe  G  alle  Operationen  der 
Gruppe  Gl,  so  besitzt  auch  die  Krystallclasse  K  alle  Sym- 
metrieeigenschaften  von  K^. 

Diesen  Satz  wenden  wir  nun  auf  die  Krystallclassen  des- 
selben Krystallsystems  an.  Da  die  Hauptabtheilung  alle  Sym- 
metrieeigenschaften enthält,  die  in  irgend  einer  der  Unter* 
abtheilungen  vorkommen,  so  folgt  unmittelbar,  dass  die 
zugehörigen  Gruppen  von  Operationen  in  dem  Verhältniss 
Yon  Hauptgruppe  und  Untergruppe  zu  einander  stehen;  und 
da    die    Unterabtheilungen    gleichzeitig    alle   Krystallclassen 


—     134     - 

bilden,  welche  die  specifische  Symmetrie  des  bezüglichen  Sy- 
stems besitzen,  so  repräsentiren  die  zugehörigen  Gruppen  wirk- 
lich alfe  Untergruppen  der  Hauptgruppe,  welchen  die  specifische 
Symmetrie  des  Krystallsystems  zukommt.     Also  ergiebt  sich: 

Hauptsatz.  Für  jedes  Kryställsystem  sind  die  zugehörigen 
Gruppen  von  Operationen  so  mit  einander  verbunden,  dass  eine, 
die  Hauptgruppe,  alle  andern  als  Untergruppen  enthält.  Die 
erstere  entspricht  der  Hauptabtheilung,  die  andern  den  Unter- 
ahtheilungen.  Die  letzteren  bilden  gleichzeitig  alle  Untergruppen, 
welchen  der  specifische  Symmetriecharacter  des  Krystallsystems 
zukommt 

Aus  dem  vorstehenden  Satz  lässt  sich  wiederum  eine  neue 
Methode  herleiten,  um  die  sämmtlichen  Erystallclassen  zu  er- 
mitteln. Dies  kann  nämlich  so  geschehen,  dass  man  die  Auf- 
gabe in  Angriff  nimmt,  alle  Untergruppen  zu  finden,  welche 
die  specifische  Symmetrie  des  Krystallsystems  besitzen.  Die 
Lösung  dieser  Aufgabe  ist  in  den  §§  5 — 11  im  wesentlichen 
bereits  implicite  enthalten;  um  dieselbe  durchzuführen,  würde 
es  sich  im  Allgemeinen  nur  darum  handeln,  die  gruppen- 
theoretische Uebersetzung  der  in  §§5  — 11  oben  gegebenen 
Ableitung  der  Unterabtheilungen  zu  finden.  Historisch  ist  zu 
bemerken,  dass  der  hier  angedeutete  Weg  sich  im  Ganzen  mit 
demjenigen  deckt,  welcher  Yon  Minnigerode  eingeschlagen 
worden  ist.  Die  Minnigerode'sche  Arbeit  geht  von  der  Auf- 
stellung gewisser  Hauptgruppen  aus  und  bestimmt  dann  die 
sämmtlichen  in  ihnen  enthaltenen  Untergruppen.^) 

§  20.  AuBgezeichnete  Untergruppen  und  ihre  Besiehung 
zum  Erystallsystem.  Von  den  Gruppen,  welche  den  sämmt- 
lichen Unterabtheilungen  eines  Krystallsystems  entsprechen, 
lässt  sich  noch  eine  wichtige  Eigenschaft  nachweisen;  jede 
derselben  stellt  nämlich  eine  sogenannte  ausgezeichnete  Unter- 
gruppe der  Hauptgruppe  dar.  Wir  definiren  eine  ausgezeichnete 
Untergruppe  folgendermassen: 

1)  üntereuchungen  über  die  Symmetrieverhältnisse  der  Erjetalle. 
Neues  Jahrb.  f.  Miner.  Beilagebd.  6.  S.  164.  üebrigens  läuft  auch 
die  Hessersche  Darstellung  im  Ganzen  auf  den  obigen  Gedankengang 
hinaus.    Vgl.  Gehler'«  phys.  Wörterbuch,  Bd.  6,  S.  1063  ff. 


—     135    — 

Eine  Untergruppe  soU  eine  ausgeeeichnete  Untergruppe  der 
Hauptgruppe  heissen,  wenn  die  ihr  zugehörigen  Symmetrie' 
elemente  durch  jede  Operation  der  Hauptgruppe  in  sich  seihst 
übergeßhrt  werden. 

Zum  besseren  Yerständniss  derselbeo  mögen  folgende 
Bemerkungen  dienen. 

Wir  haben  bewiesen,  dass  jede  einer  Gruppe  angehörige 
Operation  erster  oder  zweiter  Art  die  Gesammtheit  der  Sym- 
metrieaxen  der  Gruppe  in  sich  überführt  (vgl.  Gap.  IV,  VI  und 
Cap.  V,  4).  Hat  die  Gruppe  ausser  den  Symmetrieaxen  noch 
andere  Symmetrieelemente,  so  müssen  auch  diese  dabei  in 
sich  übergehen,  da  sie  mit  den  Symmetrieaxen  fest  verbunden 
sind  und  eine  ganz  bestimmte  symmetrische  Lage  zu  ihnen 
haben.  Heben  wir  nun  aus  der  Gesammtheit  der  Symmetrie- 
elemente einer  Gruppe  irgend  einen  beliebigen  Theil  heraus, 
so  können  zwei  Fälle  eintreten.  Entweder  nämlich  vertauschen 
sich  die  herausgehobenen  Symmetrieelemente  bei  jeder  Deck- 
operation der  Gruppe  nur  unter  einander,  oder  es  giebt  Deck- 
operationen, welche  aus  ihnen  andere  Symmetrieelemente  ent- 
steheu  lasseu.  Betrachten  wir  z.  B.  die  Gruppe  D/.  Jede 
ihrer  -Operationen  führt,  wie  unmittelbar  evident  ist,  die 
Hauptaxe  in  sich  über;  es  ist  ja  nur  eine  solche  Axe  vor- 
handen. Femer  enthält  die  Gruppe  vier  durch  die  Axe 
gehende  Symmetrieebenen.  Die  Gesammtheit  derselben  geht 
ebenfalls  bei  allen  Operationen  der  Gruppe  in  sich  über,  da- 
gegen ist  dies  für  jede  einzelne  der  vier  Ebenen  nicht  der 
Fall,  vielmehr  vertauschen  sie  sich  durch  die  Operationen  der 
Gruppe  gegenseitig.  Dasselbe  gilt  von  den  vier  Nebenaxen, 
welche  die  Gruppe  D/  enthält. 

Ist  nun  Ui  eine  dieser  Nebenaxen,  so  seien 

1       und      Ui 

die  zugehörigen  Deckoperationen.  Dieselben  bilden  natürlich 
eine  Gruppe  und  sind  unter  den  Operationen  von  D/  ent- 
halten, sie  bestimmen  daher  eine  Untergruppe  von  2)/. 
Dieselbe  ist  aber  nicht  ausgezeichnet;  denn  die  Axe  u^ 
ninimt  in  Folge  mancher  Operationen  die  Lage   u^   an;   sie 


—     136    — 

geht  daher  nicht  bei  allen  Operationen  von  D^  in  sich  selbst 
über.  Das  gleiche  findet  statt,  wenn  wir  die  zu  einer  Sym- 
metrieebene gehörige  Grnppe  in  s  Auge  fassen,  die  aus  den 
Operationen     1    und    @     besteht. 

Dagegen  bilden  die  sammtlichen  Operationen,  welche  der 
Hauptsymmetrieaxe  entsprechen,  d.  h.  also  die  Operationen 

1,     «,     «S    t\ 

eine  ausgezeichnete  Untergruppe,  denn  erstens  bilden  sie  eine 
wirkliche  Gruppe,  nämlich  C^,  und  zweitens  geht  die  Haupt- 
axe  stets  in  sich  über.  Dasselbe  ist  für  die  Gruppe  D^  der 
Fall,  welche  die  Hauptaxe  und  die  yier  Nebenaxen  als  Sym- 
metrieelemente enthält  u.  s.  w. 

Die  vorstehenden  Ueberlegungen  gelten  in  ähnlicher  Weise 
augenscheinlich  auch  für  jede  andere  Gruppe  und  ihre  aus- 
gezeichneten Untergruppen.  Sie  führen  daher  zu  folgendem  Lehr- 
satz über  die  Eigenschaften  einer  ausgezeichneten  Untergruppe: 

Lehrsatz  IL  Ist  G^  eine  ausgemchnete  Untergruppe  wm  (r, 
so  enfhält  G^  von  jeder  Art  gleichwerihiger  Sffmmetriedemente  von 
G  entfveder  alle  oder  keine. 

Es  ist  nicht  schwierig,  nunmehr  zu  beweisen,  dass  jeder 
Unterabtheilung  eines  Erystallsystems  eine  ausgezeichnete 
Untergruppe  der  Hauptgruppe  entspricht.  Es  folgt  aus  der 
mehrfach  erwähnten  Thatsache,  dass  in  allen  diesen  Unter- 
abtheilungen die  gleichwerthigen  Symmetrieelemente  der  Haupt- 
gruppe stets  vereinigt  auftreten.  Was  im  besondern  die 
Systeme  des  §  2  betrifiFt,  so  sind  dort  die  Unterabtheilungen 
direct  so  gebildet,  dass  die  specifische  Symmetrie  des  Erystall- 
systems mit  irgend  welchen  weiteren  gleichwerthigen  Symmetrie- 
elementen verbunden  wird.  Dasselbe  gilt,  wie  die  Erörterungen 
von  §  13  unmittelbar  zeigen,  für  das  trikline  und  monokline 
System.  Auch  für  das  rhombische  System  lässt  sich  die 
Richtigkeit  des  obigen  Lehrsatzes  leicht  einsehen.  Die  Haupt- 
gruppe desselben  ist  F^,  den  Unterabtheilungen  entsprechen 
die  Gruppen  V  und  Cj*.  Von  ihnen  bedarf  nur  die  Gruppe 
C7g*  einer  genaueren  Betrachtung.  Sie  enthält  eine  Symmetrie- 
axe  der  Hauptgruppe  und  zwei  durch  sie  gehende  Symmetrie- 


-     137    — 

ebenen.  Wir  brauchen  uns  aber  nur  zu  erinnern,  dass  die 
Axen  der  Vierergruppe  nicht  gleich werthig  sind  (S.  73),  um 
zu  erkennen,  dass  jede  dieser  Axen  bei  allen  Operationen  der 
Gruppe  nur  in  sich  selbst  übergeht.  Die  Eigenschaften  der 
ausgezeichneten  Untergruppe  kommen  also  auch  0/  zu. 

Es  bedürfen  daher  nur  noch  die  Verhältnisse  des  hexa- 
gonalen  Systems  des  §  13  der  Prüfung.  Aber  auch  hier  trifft 
der  Satz  zu,  weil  die  Symmetrieaxen  und  Symmetrieebenen, 
die  für  die  Hauptgruppe  Dg*  gleichwerthig  sind,  auch  für  die 
Erystallclassen  mit  dreizähliger  Hauptaxe  gleichwerthig  bleiben, 
80  dass  wirklich  die  irgend  einer  der  bezüglichen  Untergruppen 
angeborigen  Symmetrieelemente  immer  nur  in  sich  übergehen. 
Bei»pielsweise  besitzt  die  Oruppe  Dq^  sechs  durch  die  Haupt- 
axe gehende  Symmetrieebenen.  Dieselben  lassen  sich  in  zwei 
Paare  von  je  dreien  zerfallen,  welche  zu  einander  dieselbe  Lage 
haben,  wie  die  Symmetrieebenen  von  C^^.  Je  drei  solche 
Ebenen  lassen  sich  daher  mit  der  Axe  zu  einer  Gruppe  Og' 
yerbinden,  so  dass  sich  zunächst  noch  zwei  verschiedene 
derartige  Gruppen  bilden  lassen.  Aber  keine  Operation  von 
De*  führt  die  Ebenen  der  einen  Untergruppe  in  die  der 
andern  über,  eine  jede  von  ihnen  ist  daher  eine  ausgezeichnete 
Untergruppe  von  D^^.  Das  gleiche  gilt  für  die  andern  Unter- 
gruppen. 

Endlich  ist  zu  bemerken,  dass  der  eben  erhärtete  Satz 
auch  dann  noch  in  Kraft  bleibt,  wenn  wir  die  rhomboedrische 
ünterabtheilung  des  hexagonalen  Systems  als  besonderes  Ery- 
stallsystem  figuriren  lassen.  In  diesem  Fall  ist  D,^  die  Haupt- 
gruppe,  und  es  lässt  sich  ohne  Weiteres  erkennen,  dass  die 
Symmetrieelemente  der  Gruppen 

A;     C^sS     ^d"}     C), 

sämmtlich  in  D,^  enthalten  sind ,  und  dass  ^  diese  Gruppen 
ausgezeichnete  Untergruppen  der  Hauptgruppe  darstellen. 

Wir  gelangen  somit  zu  folgendem  für  jedes  der  obigen 
Krystallsysteme  gütigen  Resultat: 

Lehrsatz  HI.  Für  jedes  Krystdüsystem  sind  die  Gruppen 
w»  Operationen  y    toelche  den    Unterahtheilungen  desselben    ent- 


-     138     — 

sprechen,  ausgezeichnete  Untergruppen  der  bezüglichen  Haupt- 
gruppe. 

Ich  bemerke  Doch;  dass  der  Begriff  der  ausgezeichneten 
Untergruppe  gruppentbeoretisch  von  grosser  Bedeutung  ist. 
Seine  Wichtigkeit  tritt  allerdings  hier  noch  wenig  hervor; 
erst  im  zweiten  Abschnitt  werden  wir  eingehender  mit  dem- 
selben zu  operiren  haben.^) 

Das  Vorstehende  führt  mit  Nothwendigkeit  zu  der  Folgerung, 
dass  die  Eintheilung  der  Erjstalle  in  Systeme,  wenn  man,  wie 
bisher  ausschliesslich  geschehen,  nur  die  Analogieen  des  symmetri- 
schen Verhaltens  zum  Gesichtspunkt  der  Classification  wählt,  und 
ferner  von  den  Systemen  nur  die  oben  in  §  12  angegebenen 
Eigenschaften  verlangt,  durchaus  nichts  Zwingendes  besitzt.  In 
der  That  erfüllt  die  eine  Systematik  ebenso  vollständig  die  dort 
genannten  Bedingungen  wie  die  andere.  Welche  von  beiden  daher 
zu  benutzen  ist,  wird  ganz  davon  abhäugig  sein  müssen,  welchen 
Zweck  man  erreichen  will.*) 

Empfiehlt  es  sich,  für  die  practischen  Zwecke  an  der  all- 
gemein üblichen  Systematik  festzuhalten,  so  ist  doch  die  in  §  2 
enthaltene  allemal  dann  vorzuziehen,  wenn  es  sich  um  rein  theo- 
retische Fragen,  wie  z.  B.  um  die  Analogiebeziehungen  des  sym- 
metrischen Verhaltens  für  die  Gesammtheit  der  möglichen  Erystall- 
classen  handelt,  überhaupt  für  alle  Fragen,  bei  denen  die  natürliche 
Eintheilung  nach  der  Symmetrie  von  Wichtigkeit  ist.  Sie  drängt 
sich  überdies  bei^der  geometrischen  Ableitung  aller  Erystallclassen 
mit  Nothwendigkeit  auf  und  findet  sich  daher  gerade  bei  solchen 
Autoren,  welche  an  diesem  Problem  gearbeitet  haben.  H  es  sei 
hat   sie  in  ganz  präciser,   einheitlicher  Form  ausgestaltet^);   von 

1)  Eb  liegt  nahe,  der  Vermuthung  Raum  zu  geben,  dass  auch 
umgekehrt  jeder  ausgezeichneten  Untergruppe  einer  Hauptgruppe  eine 
Unterabtheilung  des  durch  die  Hauptgruppe  bestimmten  Erystallsystems 
entspricht.  Die  Begriffe  Unterabtheilung  und  ausgezeichnete  Unter- 
gruppe würden  sich  in  diesem  Fall  decken.  Dies .  trifFt  jedoch  nicht 
zu.  Es  genügt,  darauf  hinzuweisen,  dass  die  meisten  Hanptgruppen 
ein  Symmetriecentrnm  enthalten,  dass  das  Symmetriecentrum  bei  allen 
Operationen  in  sich  übergeht,  und  dass  ihm  daher  ebenfalls  eine  aus- 
gezeichnete Untergruppe  entspricht,  bestehend  aus  den  Operationen 
1  und  3.  Die  zugehörige  Gruppe  stellt  aber  nur  für  das  digonale 
System  eine  Unterabtheilung  dar. 

2)  Vgl.  auch  die  Untersuchungen  über  die  Beziehungen  der  BAum- 
gitter  zu  den  Erystallsystemen,  Abschnitt  IL 

3)  Vgl.  Gehler's  physikal.  Wörterbuch,  Bd.  6,  S.  1078 ff.    Hessel 


—     139     — 

ihm  wird  als  characteristisches  Merkmal  der  Eintbeilung  bereits 
ausschliesslich  die  Zähligkeit  der  Symmetrieaxe  benutzt,  und  ebenso 
hat  sich  Fedorow  in  seinen  neuesten  Arbeiten  über  die  Symmetrie- 
yerhftltnisse  von  diesem  Gesichtspunkt  leiten  lassen.^) 

§  21.  Besiehung  swiBOhen  der  Zahl  der  Deokoperationen 
der  Hatiptgrapi>en  und  der  Untergruppen.  Wir  kehren  im 
Folgenden  zu  den  allgemeinen  Untersuchungen  zurück,  be- 
merken übrigens  ausdrücklich,  dass  sich  dieselben  auf  das 
Yerhältniss  jeder  Hauptgruppe  zu  ihren  Untergruppen  be- 
ziehen, sowohl  für  die  eine  wie  filr  die  andere  Systematik. 

Jeder  Gruppe  kommt  eine  ganz  bestimmte  Zahl  von 
Deckoperationen  zu.  Diese  Zahlen  stehen  für  die  Gruppen 
desselben  Erystallsystems  in  einem  einfachen  Yerhältniss. 
Beispielsweise  enthält  die  Hauptgruppe  O  des  regulären 
Systems  48  Deckoperationen;  die  Untergruppen  0,  jT*,  T^ 
enthalten  je  24,  also  die  Hälfte  davon,  und  endlich  besteht 
die  Gruppe  T  nur  aus  12  Deckoperationen,  d,  h.  dem  vierten 
Theil.  Aehnliche  Verhältnisse  lassen  sich  auch  für  die  andern 
Erystallsysteme  nachweisen. 

Wir  schicken  zu  diesem  Zweck  zunächst  folgende  Be- 
merkungen voraus. 

Es  sei  S  irgend   eine  Operation,  und  in  der  Reihe  der 
Potenzen  von  2,  nämlich  in  der  Reihe 
1,    2,    2S    2^.. 

die  Potenz  2**  die  erste,  welche  der  Identität  äquivalent  ist, 
so  besteht  die  Gleichung 

2/'  =  1 . 

In  diesem  Fall  möge  2^"^  auch  durch  2~*  bezeichnet 
werden.^)  Alsdann  ergeben  sich  unmittelbar  die  nachstehenden 
Polgerungen: 

zieht  die  Krysialle  mit  sechs-  und  dreisäbliger  Aze,  ebenso  diejenigen 
nut  zwei-  und  einzähliger  Aza  in  je  ein  System  zusammen. 

1)  Vgl  z.  6.  die  S.  103  erwähnten  Elemente  der  Lehre  von  den 
PigQten,  S.  163.  Die  in  §  1  angewandte  Bezeichnung  digonal  ist  auch 
▼on  Fedorow  gebraucht  worden.  Wie  Hessel,  führt  auch  Fedorow 
nur  ein  hozagonales,  tetragonales  und  digonales  System  ein. 

2)  Die  Bezeichnung  2~~^  ist  ganz  analog  zu  derjenigen  der  Potenzen 


—     140    — 

1)  Es  ist 

Die  Operationen  ß  und  2^^  sind  daher  entg€geng€set0te  Opera- 
tionen; jede  wird  durch  die  andere  aufgehoben.  Kommt  daher 
durch  die  Operation  S  ein  Körper  S  in  die  Lage  8\  so  fuhrt 
ihn  die  Operation  S~~^  wieder  aus  der  Lage  S'  nach  S  zurück. 

2)  Enthält  eine  Gruppe  die  Operation  &,  so  enthält  sie 
auch  die  entgegengesetzte  Operation  2~^.  In  der  That;  wenn 
ß  der  Gruppe  angehört,  so  auch  S^^^,  d.  h.  eben  S""^ 

Nunmehr  gehen  wir  an  den  eigentlichen  Beweis  der  obigen 
Behauptung.  Derselbe  gründet  sich  auf  folgenden  fundamen- 
talen Satz: 

Lehrsatz  IV.  Ist  G^  eine  Untergruppe  von  G,  so  ist  die 
Äneähl  der  Operationen  von  G^  ein  aliquoter  Theil  der  Zahl 
der  Operationen  von  G. 

Beweis:   Es  seien 

1)  1,    2x,    S2...ßi.-i 

die  Operationen  der  Gruppe  Gi,  so  giebt  es  mindestens  eine 
von  ihnen  verschiedene  Operation  SDij  der  Gruppe  G.  Wir 
bilden  die  Operationen 

so  ist  jede  von  ihnen,  wie  aus  dem  Gruppenbegriflf  folgt,  eine 
Operation  von  G.  Ferner  sind  alle  diese  Operationen  unter 
einander  und  von  den  Operationen  der  Reihe  1)  verschieden. 
Wäre  nämlich 

so  müsste,  wenn  wir  rechts  durch  SÄ^  dividiren  (vgl.  S.  37), 

^u  ^^  ^v 

mit  negativem  Exponenten  gebildet.  Da  die  Potenzen  der  Operation  2 
auch  sonst  dieselben  Gesetze  befolgen  wie  die  wirltlichen  Potenzen,  so 
ist  klar,  dass  man  für  das  Rechnen  mit  den  Operationen  ebenfalls  ganz 
allgemein  negative  Potenzen  einführen  könnte.  Es  ist  bisher  nur  darum 
nicht  geschehen,  weil  das  Rechnen  mit  blossen  positiven  Exponenten 
vorzuziehen  ist,  so  lange  dadurch  keine  Schwerfälligkeit  bewirkt  wird. 


-     141     - 

sein,  was^  wean  fi  und  v  verschiedeDe  Indices  sind^  nicht  der 
Fall  ist^ 

Ebenso  lässt  sich  beweisen,  dass  die  Operationen  der 
Zeile  1)  nnd  2)  verschieden  sind.     Denn  wäre 

80  müsste  anch;  wie  durch  Multiplication  mit  &^^  folgt; 

sein.  Nun  ist  aber  nach  Folgerung  2)  S~*  eine  Operation  von 
6fi,  also  müsste  auch  das  Product  von  S  und  S~^,  d.  h.  Wt^, 
eine  Operation  von  G^  sein,  was  aber  ausdrücklich  aus- 
geschlossen wurde. 

Die  obigon  2p  Operationen  sind  daher  wirklich  von  ein- 
ander verschieden.  Nun  können  zwei  Fälle  eintreten.  Ent- 
weder diese  2p  Operationen  repräsentiren  bereits  die  sämmt- 
lichen  Operationen  von  G,  oder  dies  ist  nicht  der  Fall.  Tritt 
das  letzte  ein^  so  giebt  es  mindestens  eine  Operation  äJig  ^^^ 
G,  die  von  den  Operationen  1)  und  2)  verschieden  ist.  Wir 
bilden  nun  die  Operationen 

3)  SK,,   S,ÜR„    &,m,...2p-im,, 

80  folgt  genau  wie  oben:  Erstens,  diese  Operationen  gehören 
sämmtlich  der  Oruppe  G  an;  zweitens,  sie  sind  sämmtlich 
unter  einander  verschieden,  und  drittens,  sie  sind  sämmtlich 
von  den  Operationen  der  Zeile  1)  verschieden.  Sie  sind  aber 
auch  sämmtlich  von  den  Operationen  der  Zeile  2)  verschieden. 
Denn  wäre 

so  mösste,  wie^  durch  Multiplication  mit  ß~^  folgt, 

sein.  Nun  ist  aber  ß^^S;^  jedenfalls  eine  Operation  der  Zeile  1), 
also  würde  ^R^  ^^^  ^^^^  Operation  der  Zeile  2)  identisch 
sein  müssen,  was  nicht  der  Fall  ist. 

Die  Oruppe  G  enthält  daher  jedenfalls  die  3p  Operationen 

1)  Die  Verflchiedenheit  beider  Prodaete  läset  sich  auch  an  der 
Hand  der  Anschauuiig  leicht  erkennen. 


-     142     — 

der  Zeilen  1),  2),  3).  Sind  damit  noch  nicht  alle  Operationen 
von  G  erschöpft,  so  sei  SDig  eine  von  ihnen  verschiedene.  Wir 
bilden  die  Reihe 

4)  m„  s,aR3...s,-.aÄ3 

und  können  wieder  beweisen,  dass  alle  diese  Operationen  der 
Gruppe  G  angehören,  und  dass  sie  unter  einander  und  von 
den  Operationen  1),  2),  3)  verschieden  sind;  u.  s.  w.  Jede 
neue  in  G  enthaltene  Operation  führt  daher  stets  zu  p  neuen 
Operationen.  Da  aber  G  nur  eine  endliche  Anzahl  von  Opera- 
tionen enthält,  so  muss  das  vorstehende  Verfahren  schliesslich 
einmal  alle  Operationen  von  G  liefern;  die  Anzahl  der  Opera- 
tionen ist  daher  ein  ganzes  Vielfaches  von  p,     Q.  e.  d.^) 

Beispiele.  Die  Untergruppe  G^  sei  die  Gruppe  C»  und 
die  Gruppe  G  sei  C*.  In  diesem  Fall  enthält  die  erstere  halb 
so  viele  Operationen  als  die  letztere.  Sind  die  Operationen  von 
Cn  resp. 

1,  «,  «^..«-^ 

so  haben   die  noch  fehlenden  Operationen  von  C^  die  Form 
©,    21®,     Sl^®...««-^©, 

wie  es  dem  Satze  entspricht. 

Analog  sind  die  Verhältnisse  in  jedem  Fall,  wenn  die 
Untergruppe  G^  aus  den  sämmtlichen  Drehungen  einer  Haupt- 
gruppe besteht.  Die  im  Satz  mit  Wti  bezeichnete  Operation 
ist  dann  eine  Spiegelung,  der  Zeile  1)  entsprechen  die  sämmt- 
lichen Drehungen  der  Hauptgruppe  und  der  Zeile  2)  ihre  Opera- 
tionen zweiter  Art,  wie  dies  ausführlich  in  Gap.  VI,  §  4 
dargestellt  worden. 

Als  letztes  Beispiel  betrachten  wir  das  Verhältniss  der 
Hauptgruppe  D^  zur  Untergruppe  Cn-  Die  Operationen  von 
Cn  sind  wieder 

1,  %  «^,.?[«-^ 

1)  Der  Beweis  läset  sich  auch  so  fahren,  dass  die  Reihen  2),  3),  4) 
durch  linksseitige  Multiplication  mit  resp.  ^^ ,  ^^,  9^3  ..  .  gebildet 
werden.  Natürlich  sind  die  so  gebildeten  Producte  denen  des  Textes 
in  irgend  einer  Weise  äquivalent. 


—     143     — 
Aus  ihnen  ergiebt  sich  durch  Multiplication  mit  der  Drehung  U 

Ferner  erhalten  wir  hieraus  durch  Multiplication  mit  @  als 
dritte  und  vierte  Zeile  die  Operationen 

wo  @  die  Spiegelung  an  der  zur  Hauptaxe  senkrechten  Ebene 
ist  Dies  sind  die  sämmtlichen  Operationen  der  Hauptgruppe 
2),*;  sie  gehen  unmittelbar  in  die  auf  S.  94  angegebenen  Opera- 
tionen über,  wönn  wir  uns  erinnern,  dass  dort  die  Producte 

resp.  durch 

u.,  u,... 

bezeichnet  wurden.  Das  Schema  entspricht  genau  dem  obigen 
Satz.  Die  Operationen  3R^,  ^2f  ^  ^^^^  i'^sp*  U;  ®  ^^^ 
U@  =  @|,  wo  @i  die  Spiegelung  an  einer  durch  die  Hauptaxe 
gehenden  yerticalen  Ebene  bedeutet. 

Wenden  wir- nun  den  vorstehenden  Satz  auf  die  demselben 
Erystallsjrstem  angehörigen  Gruppen  an,  so  folgt: 

Lehrsatz  V.  Für  jedes  Kryställsystem  ist  die  Anzahl  der 
Beckoperationen  einer  Unteräbtheilung  ein  genauer  Theil  der  Deck- 
Operationen  der  Hauptdbtheüung. 

§  22.  Holoedrieen  und  Meroedrieen,  Mit  Rücksicht  auf 
den  eben  bewiesenen  Satz  werden  die  Hauptabtheilungen  der 
Erystallsysteme  als  Holoedrieen  bezeichnet;  sie  enthalten  die 
Gesammtheit  der  bei  dem  Kryställsystem  möglichen  Deck- 
operationen. Die  Unterabtheilungen  dagegen  heissen  Mero- 
edrieen,  weil  ihnen  nur  ein  Theil  dieser  Deckoperationen  zu- 
kommt. Im  besonderen  spricht  man  von  einer  Hemiedrie^ 
wenn  dieser  Theil  die  Hälfte  der  Gesammtheit  ist,  von  einer 
Tetartoedrie,  wenn  er  ein  Viertel  davon  beträgt,  u.  s.  w. 

In  dem  Verhältniss  der  Meroedrieen  zu  den  Holoedrieen 
bestehen  für  die  verschiedenen  Erystallsysteme  mancherlei 
Analogien.  Am  reinsten  treten  dieselben  bei  den  Systemen 
des  §  2  hervor.  Wir  wollen  daher  diese  zunächst  besonders 
characterisiren. 


—     144    — 

Erstens  findet  sich  in  jedem  System  eine  Hemiedrie^ 
welche  dieselben  Symmetrieaxen  besitzt,  wie  die  Holoedrie^ 
aber  kein  weiteres  Symmetrieelement.  Die  zugehörige  Gruppe 
enthält  von  den  Operationen  der  Hauptgruppe  nur  die 
Drehungen.  Die  bezüglichen  Hemiedrieen  sind  diejenigen, 
welche  resp.  den  Gruppen 

0,    De,    A,     A,     y*    C, 
entsprechen;  beim  monogonalen  System  kann,  wie  ersichtlich, 
die  Identität  C^  die  bezügliche  Gruppe  repräsentiren.  Wir  werden 
diese  Hemiedrie  als  enantiomorphe  Hemiedrie  bezeichnen.  ^) 

Eine  zweite  Unterabtheilung  lässt  sich  folgendermassen 
characterisiren.  Die  specifischen  Symmetrieaxen  der  einzelnen 
Erystallsysteme  sind  für  die  Holoedrie  in  allen  Fällen  zwei- 
seitige Axen.  Es  giebt  nun,  wenn  wir  vom  monogonalen 
System  absehen,  stets  eine  Hemiedrie,  für  welche  die  speci- 
fischen Symmetrieaxen  nur  einseitig  sind;  die  bezüglichen 
Hemiedrieen  entsprechen  den  Gruppen 

T^     Oe%     C,%     (73%     C,\^ 

Für  keine  derselben  giebt  es  eine  Operation,  welche  die 
beiden  Hälften  der  specifischen  Axen  in  einander  überführt. 
Alle  diese  Gruppen  sind  von  den  oben  genannten  verschieden. 
Wir  bezeichnen  die  zugehörigen  Erystallclassen  als  hemi- 
morphe  oder  antimorphe  Hemiedrieen.*) 

Endlich  giebt  es  für  die  Systeme  des  §  2  ~-  abgesehen 
natürlich  vom  monogonalen   —  noch   eine   dritte  Hemiedrie, 
welche   für   alle   Systeme   durch    die   gleiche   Beziehung   zur 
Holoedrie  gekennzeichnet  ist     Sie  entspricht  den  Gruppen 
TA      rih      rjh      rjh      rjh 

und  ist  dadurch  definirt,  dass  fQr  sie  die  Hauptsymmetrie- 
ebenen bestehen  bleiben,  welche  zu  den  Hauptaxen  der  Kry- 
stalle  senkrecht  stehen.  Für  das  reguläre  System  können  als 
solche  Hauptaxen  nur  die  zu  einander  senkrechten  zwei-  resp. 


1)  Die   franzOsiBchen   Aatoren   bezeichnen   dieselbe    als   h^Uidrie 
holoaxe. 

2)  Von  den  französischen  Aatoren  als  AntiMmiedrie  bezeichnet. 


—     145     - 

yierzähligen  Axen  in  Frage  kommen^  da  ja  keine  auf  den 
dreizähligen  Axen  senkrechte  Symmetrieebenen  existiren.  In 
der  That  entspricht  die  Gruppe  T*  dieser  Bedingung.  Für 
das  hexagonale,  tetragonale^  trigonale  und  digonale  System 
ist  die  Hauptaxe  vorgeschrieben  und  die  zu  ihnen  senkrechte 
Symmetrieebene  ist  In  den  Gruppen  C^y  (7/,  C3*,  C^  in 
der  That  enthalten.  Wir  bezeichnen  diese  Hemiedrie  als 
paramorphe  Hemiedrie,^) 

Die  Gruppen  T*,  (7ß*,  CJ^*,  C^*  besitzen,  da  ihre  Haupt- 
axe geradzahlig  ist,  ein  Symmetriecentrum.  Für  die  Gruppe 
Cs*  existirt  dasselbe  nicht;  das  Fehlen  desselben  verstosst 
aber  nicht  gegen  die  Analogiebeziehung,  und  zwar  deshalb, 
weil  auch  der  Holoedrie  des  trigonalen  Systems  ein  Sym- 
metriecentrum   mangelt. 

Für  das  hexagonale  und  tetragonale  System  giebt  es 
noch  je  eine  weitere  Hemiedrie.  Sie  entspricht  resp.  den 
Gruppen 

Sg-     und     5^« 

und  ist  in  beiden  Fällen  dadurch  definirt,  dass  die  Hauptaxe 
eine  Symmetrieaxe  der  zweiten  Art  wird.  Beim  digonalen 
System  tritt  sie  nicht  auf;  die  analog  gebildete  Gruppe  S^" 
existirt  zwar,  ist  aber,  da  sie  ein  Symmetriecentrum  und  eine 
zweizählige  Axe  enthält,  von  Cg*  nicht  verschieden.  Wir 
bezeichnen  diese  Hemiedrie  als  Hemiedrie  mit  einer  Axe 
zweiter  Art. 

Ausser  den  Hemiedrieen  kommen  den  meisten  Erystall- 
systemen  noch  Tetartoedrieen  zu;  sie  fehlen  nur  in  dem  mono- 
gonalen  System.  Für  das  reguläre  und  trigonale  System 
giebt  es  nur  eine  Tetartoedrie,  für  das  hexagonale,  tetra- 
gonale und  digonale  dagegen  je  zwei.  Die  eine  Tetartoedrie 
dieser  drei  Erystallsysteme  ist  dadurch  characterisirt,  dass 
die  Hauptaxe  eine  Axe  der  zweiten  Art  wird;  die  zugehörigen 
Gruppen  sind 

Se,     S^     und     S^. 

Die  andern  Tetartoedrieen  entsprechen  resp.  den  Gruppen 


1)  Von  den  französischen  Autoren  Parahimiedrie  genannt. 

SchoenflioB,  Krystallistructur.  10 


—     146     - 

T}    ^6>    Ci,    C3,    Cg; 

sie  besitzen  ebenfalls  gemeinsame  Merkmale^  und  zwar  in- 
sofern^ als  sie  einerseits  nur  Symmetrieaxen  besitzen  und 
andrerseits  durch  den  Verlust  der  Nebenaxen  gekennzeichnet 
sind.  Gleichzeitig  sind  die  specifischen  Symmetrieaxen  für 
sie  nur  einseitig.  Mit  Benutzung  der  eben  eingeführten  Ter- 
minologie können  sie  als  enantiomorphe  oder  auch  als  hemi- 
morphe  Tetartoedrieen  bezeichnet  werden.  Da  jedoch  die  Tetar- 
toedrieen  sich  danach  scheiden^  ob  ihuen  eine  Axe  erster  oder 
zweiter  Art  zugehört,  so  bedarf  es  eines  unterscheidenden  Bei- 
wortes für  sie  nicht. 

§  23.  Tabellen  der  ^rystallsysteme  und  ihrer  Unter- 
abtheilungen. Wir  geben  zunächst  eine  Tabelle;  welche  sich 
an  die  Systematik  des  §  2  anschliesst  und  yon  den  vorstehend 
eingeführten  Bezeichnungen  Gebrauch  macht. 

I.    Begulftres  System. 

1.  0*.    Holoedrie. 

2.  0.    Enantiomorphe  Hemiedrie. 

3.  T"^,  Hemimorphe  Hemiedrie. 
4  T^,  Paramorphe  Hemiedrie. 
5.      T,    Tetartoedrie. 

n.    Hexagonales  System. 
A.    Krystallclassen  mit  einer  Axe  erster  Art 
1.  Dfi*.    Holoedrie. 


2. 

3. 
4. 
5. 

D,.    Enantiomorphe  Hemiedrie. 
üg'.    Hemimorphe  Hemiedrie. 
Cg*.    Paramorphe  Hemiedrie. 
Cg.    Tetartoedrie. 

B. 

Krystallclassen  mit  einer  Axe  zweiter  Art 

6." 

fiy,".    Hemiedrie. 

7. 

S. .    Tetartoedrie. 

m.    Tetragonales  System. 
A.    Krystallclassen  mit  einer  Axe  erster  Art. 
1.  D/.    Holoedrie. 


147 


2. 

Z>4.    Enantiomorphe  Hemiedrie. 

3. 

C/.    Hemimorphe  Hemiedrie. 

4- 

C7/.    Paramorphe  Hemiedrie. 

5. 

Cf,.   Tetartoedrie. 

B. 

Krystallclassen  mit  einer  Axe  zweiter  Art. 

6. 

S4".    Hemiedrie. 

7. 

£(4.   Tetartoedrie. 

rV.    Trigonales  System. 

1. 

D,*.    Holoedrie. 

2. 

Dg.    Enantiomorphe  Hemiedrie. 

3, 

C/.    Hemimorphe  Hemiedrie. 

4. 

C/.    Paramorphe  Hemiedrie. 

5. 

(7,.    Tetartoedrie. 

V.    Digonales  System. 

A. 

Krystallclassen  mit  einer  Axe  erster  Art. 

1. 

F*.    Holoedrie. 

2. 

F.    Enantiomorphe  Hemiedrie. 

3. 

Cj".    Hemimorphe  Hemiedrie. 

4. 

Cj*.    Paramorphe  Hemiedrie. 

5. 

C,.    Tetartoedrie. 

B. 

Erystallclasse  mit  einer  Axe  zweiter  Art. 

6. 

5,.    Tetartoedrie. 

VI.    IConogonales  System. 

1. 

Ci*.    Holoedrie. 

2. 

C, .    Hemiedrie. 

Die  Tabelle  läset  wiederum  erkennen^  dass  die  Systeme 
des  §  2  dm'ch  aasnahmslose  Analogiebeziehungen  ausgezeichnet 
sind,  sowohl  in  gruppentheoretischer  Hinsicht,  als  auch  mit 
Rücksicht  auf  die  Natur  der  Symmetrieeigenschaften,  welche 
das  Yerhältniss  der  Holoedrie  zu  den  Unterabtheilungen 
characterisiren.  Nur  scheinbar  tritt  für  die  Systeme  niederer 
Symmetrie  eine  Ausnahme  insofern  ein,  als  für  sie  gewisse 
Unterabtheilungen  identisch  werden,  die  bei  den  andern  Sy- 
stemen verschieden  sind.  Übrigens  tritt  die  gruppentheoretische 

10* 


—     150    — 

genannte  rhombotype  Hemiedrie;  sie  ist  analog  zu  der  enantio- 
morphen  Hemiedrie  des  rhomboedrischen  Systems  gebildet,  ihre 
Hauptaxe  ist  daher  nur  zweizählig.  Bücksichtlich  der  Symmetrie 
würde  ihr  aber  die  Gruppe  V  zugehören;  sie  kann  daher  von  der 
Hemiedrie  des  rhombischen  Systems  nicht  verschieden  sein  und 
ist  somit  nicht  dem  quadratischen  System  zuzurechnen.  Aehnliche 
Verhältnisse  gelten  auch  für  die  übrigen  sonst  eingeführten  Kry- 
stallclassen.^) 

Naumann  hat  sogar  den  Versuch  gemacht,  ein  ganzes  Kry- 
Stallsystem  neu  zu  creiren,  nämlich  das  diclinoedrische ;  die  Auf- 
stellung desselben  ist  aber  bereits  allseitig  als  ein  Irrthum  erkannt 
worden.*) 

Die  Definition  des  specifischen  Symmetriecharacters  der  Kry- 
stallsysteme  ist  nicht  von  allen  Autoren  gleichmässig  gefasst  worden. 
Die  Differenz  ist  darin  begründet,  dass  man  von  vielen  Seiten  nicht 
die  eigentliche  specifische  Symmetrie  des  Systems,  sondern  die 
Symmetrie  der  Hauptabtheilung  als  das  definirende  Merkmal  be- 
trachtet hat.  So  ist  V.  v.  Lang  davon  ausgegangen,  für  die 
Characteristik  der  Symmetrieverhältnisse  die  Symmetrieebenen 
allein  zu  benutzen. ^)  Dies  ist  sehr  wohl  angängig,  wenn  der 
Gharacter  des  Systems  mit  dem  Character  der  Hauptabtheilung 
identificirt  wird,  für  die  allen  ünterabtheilungen  gemeinsamen  Sym- 
metrieverhältnisse ist  es  natürlich  deshalb  unmöglich,  weil  ja  in 
jedem  Erystallsystem  ünterabtheilungen  ohne  alle  Ebenen^ymmetrie 
existiren.  Sohncke  hat  dagegen  die  Symmetrieaxen  allein  zu 
benutzen  versucht.*)  Durch  sie  kann,  wie  wir  bereits  mehrfach 
erwähnten,  bei  der  in  §  2  und  23  enthaltenen  Systematik  die 
specifische  Symmetrie  sehr  wohl  gekennzeichnet  werden,  diese 
Systematik  beruht  ja  ausschliesslich  auf  den  Synmietrieaxen.  Für 
die  im  Allgemeinen  benutzten  Systeme  trifiFt  dies  nicht  mehr  aus- 
nahmslos zu;  denn  für  das  rhombische  und  monokline  System 
reicht  die  Bestimmung  nicht  aus.  Zur  Sache  selbst  ist  zu  be- 
merken, dass  die  Angabe  der  specifischen  Symmetrie  natürlicher 
Weise  nicht  unserm  Belieben  unterliegen  kann.  Mit  den  Systemen 
ist  auch  der  ihnen  eigenthümliche  Symmetriecharacter  direct  gegeben, 
und  es  kann  deshalb  nicht  von  unserm  Ermessen  abhängen,  ob 
wii*  ihn  durch  Ebenen  oder  Axen  der  Synmietrie  definiren  wollen; 
eine  Willkür  kann  zwar  bei  der  Aufstellung  der  Systeme  resp. 
bei  der  Festsetzung  darüber,  ob  die  Natur  der  Holoedrie  oder  der 


1)  und  2)  Man  findet   Genaueres  über  diese  Krystallclassen   bei 
Gadolin,  a.  a.  0.  S.  26,  36,  39. 

3)  Vgl.  Lehrbuch  der  Krystallographie,  Wien  1866,  §§  24—26. 

4)  Entwickelung  einer  Theorie  der  EryatallBtructar,  S.  184. 


—     151     — 

eigentliche  Sjmmetriecharacter  zu  definiren  ist,  aber  wenn  dies 
geschehen ;  höchstens,  in  dem  Wortlaut  der  Definitionen  hervor- 
treten. 

Endlich  möge  noch  eine  Bemerkung  Platz  finden,  welche  sich 
anf  die  Stellung  der  sphenoidischen  Erystallclassen  im  hexagonalen 
und  tetragonalen  System  bezieht.  Man  würde  irren,  wenn  man 
hier  eine  Analogiebeziehung  zu  finden  glaubte.  Die  sphenoidischen 
Classen  des  hexagonalen  Systems  besitzen  nämlich  wie  die  Be- 
zeichnungen J)^  und  C3*  erkennen  lassen,  beide  eine  zur  Hauptaxe 
senkrechte  Symmetrieebene,  wahrend  dieselbe  bei  den  Classen  des 
tetragonalen  Systems  nicht  vorhanden  ist;  bei  der  besonderen 
Bedeutung  gerade  dieser  Symmetrieebene  kann  daher  von  einem 
analogen  Character  fttr  die  genannten  Erystallclassen  nicht  die 
Bede  sein*  Vielmehr  liegt  die  Sache  so,  dass  die  sphenoidische 
Hemiedrie  und  Tetartoedrie  des  tetragonalen  Systems  bezüglich 
des  Symmetriecharacters  ihr  Analogen  in  der  rhomboedrischen 
Hemiedrie  und  Tetartoedrie  des  hexagonalen  Systems  besitzen, 
w&hrend  Erystallclassen,  die  der  sphenoidischen  Abtheilung  des 
hexagonalen  Systems  entsprechen,  im  tetragonalen  System  über- 
haupt nicht  existiren  können.  Es  ist  dies  darin  begründet,  dass 
die  Systeme  mit  2j?-zShliger  Hauptaxe  bezüglich  ihrer  Unter- 
abtheilungen  überhaupt  ein  verschiedenes  Verhalten  zeigen,  je 
nachdem  p  eine  gerade  oder  ungerade  Zahl  ist,  wie  dies  aus  den 
früher  gegebenen  allgemeinen  Entwickelungen  (vgl.  besonders 
Cap.  V,  §§  3,  9,  11 — 15)  deutlich  zu  erkennen  ist 

Dieser  Thatsache  ist  nicht  von  allen  Autoren  gebührend 
Rechnung  getragen  worden.  Hessel  war  sich  hierüber  bereits 
ganz  klar  und  hat  sich  ausführlich  darüber  ausgesprochen.^)  Da- 
.  gegen  hat  sich  Minnigerode  in  Folge  der  von  ihm  angewandten 
Bezeichnungen  bestimmen  lassen,  gerade  den  umgekehrten  Stand- 
punkt einzunehmen.  Seine  Tabelle  zeigt  nämlich  eine  scheinbare 
Analogie  zwischen  den  sphenoidischen  Abtheilungen^),  während 
eine  Analogie  zwischen  der  rhomboedrischen  Hemiedrie  des  hexa- 
gonalen Systems  und  der  sphenoidischen  Hemiedrie  des  tetra- 
gonalen Systems  in  den  Formeln  nicht  hervortritt  und  demgemäss 
auch  bestritten  wird.')  Es  ist  dies  aber  nur  eine  Folge  davon, 
dass  die  Minnige  rode  sehen  Bezeichnungen  die  Gesammtsymmetrie 
nicht  unmittelbar  erkennen  lassen,  während  doch  gerade  der  ge- 


1)  Gehler'B  physikaliBches  Wörterbuch,  Bd.  5r    Vgl.  z.  B.  S.  1078  flf., 
sowie  die  Tabellen  S.  1280—1283. 

2)  Untersuchungen  über  die  Symmetrieverhältnisse  der  Ery  stalle, 
Neues  Jahrb.  f.  Min.     Beilagebd.  5,  S.  159  und  162. 

3)  a.  a.  0.  8. 146—147. 


-     152     — 

sammte  Symmetriecharacter  und  nicht  die  znfUllig  gewählte  Be- 
zeichnung desselben  für  die  Analogieverhältnisse  entscheidend  ist. 
Diese  Bemerkungen  lassen  es  als  wünschenswerth  erscheinen, 
die  Benennung  „sphenoidiscb^^  im  hexagonalen  System  entweder 
ganz  aufzugeben  oder  sie  denjenigen  Erystallclassen  znzutheilen, 
welche  das  eigentliche  Analogen  der  sphenoidischen  Abtheilung 
des  tetragonalen  Systems  sind.  Von  den  neueren  Autoren  hat 
sich  Fedorow  bereits  auf  diesen  Standpunkt  gestellt.  Von  ihm 
wird  die  der  Gruppe  D^  entsprechende  Krystallclasse  einfach  als 
„Hemiedrie"  bezeichnet,  während  für  die  Klassen,  welche  den 
Gruppen  S^  =  D^  und  S^  entsprechen ,  eine  gemeinsame  Be- 
zeichnung und  zwar  „skalenoedrische  Hemiedrie"  angewandt  wird.*) 

1)  Vgl.  die  russisch  geschriebene  ,,  Symmetrie  der  regelmässigen 
Systeme  von  Figuren**.  (CHMMETPIfl  ÜPABHJIbHHX'b  CHCTEM1> 
*HryFb.)  Petersburg  1890,  S.  142.  Die  dort  aufgestellte  Tabelle  ent- 
hält auch  die  deutsche  Uebersetzung. 


Siebentes  Capitel. 

Die  Krystallformen. 

§  1.  Die  N  gleiohwertliigen  Geraden.  Für  jede  Kry- 
stallclasse  existiren  N  von  demselben  Punkt  ausgehende  ein- 
seitig unbegrenzte  Geraden 

9}    9u    92'"9n--i, 
welche  bei  den  sämmtlichen  Deckoperationen  der  zugehörigen 
Gruppe  auf  die  verschiedenste  Weise  in  einander  übergehen. 
Mittelst  dieser  Geraden  ist  die  Krystallsymmetrie  ursprünglich 
erklärt  worden;  (vgl.  S.  7). 

Von  ihnen  gilt  eine  Reihe  besonderer  Sätze,  die  wir  im 
Folgenden  ableiten. 

Lehrsatz  I.  Fällt  eine  der  N  gleichwerthigen  Geraden  in 
eine  Symmetrieaxe  oder  Symmetrieebene ,  so  gilt  dies  von  alleix. 

Dieser  Satz  ergiebt  sich  unmittelbar  daraus,  dass  bei  den 
Deckoperationen  zugleich  mit  den  N  Geraden  auch  die  Sym- 
metrieaxen  und  Symmetrieebenen  in  sich  übergehen.  Ebenso 
trifft  das  Umgekehrte  zu-,  d.  h.  wenn  irgend  eine  der  JS 
Geraden  weder  mit  einer  Axe  noch  einer  Ebene  der  Sym- 
metrie zusammenfallt,  so  gilt  dies  für  alle.  Wir  wollen  die 
dem  letzteren  Fall  entsprechende  Lage  der  N  Geraden  die 
allgemeine  Lage^  derselben  nennen. 

Lehrsatz  H.  Bei  jeder  Deckoperation  faUt  im  Allgemeinen 
jede  der  N  gleichvoerthigen  Geraden  mit  irgend  einer  andern  von 
ihnen  zusammen. 

Bleibt  nämlich  bei  de^  Operation  ß  die  Gerade  g  unver- 
ändert, so  kann  zunächst  fi  die  Identität  sein;  alsdann  bleibt 
jede  Gerade  an  ihrer  Stelle.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  muss 
9  selbst   Symmetrieaxe    sein   oder   in   einer   Symmetrieebene 


—     154     - 

liegen^  was  im  allgemeinen  Fall  nicht  zutriffl;.  Damit  ist  der 
Satz  für  die  Gerade  g  bewiesen.  Was  aber  für  g  gilt,  gilt 
aus  denselben  Gründen  aucb  für  jede  andere  dieser  Geraden. 

Lelirsatz  III.  Jede  der  N  gleichwerthigen  Geraden  kommt 
hei  verschiedenen  Deckoperationen  auch  in  verschiedene  Lagen. 

Wären  nämlich  ß  und  3Ä  zwei  verschiedene  Deck- 
operationen, welche  die  Gerade  g  in  dieselbe  Lage  g^  bringen^ 
so  führt  gemäss  Cap.  VI,  21  die  Operation  SK"*^  die  Gerade 
(/i  wieder  nach  g  zurück.  Das  Product  von  2  und  SW""*  bringt 
also  g  erst  nach  g^  und  dann  wieder  in  die  Lage  g\  es  lässt 
daher  die  Lage  der  Geraden  unverändert.  Dieses  Product  ist 
daher  der  Identität  äquivalent;  d.  h.  es  ist 

Multipliciren  wir  nun  beide  Seiten  von  rechts  mit  9R,  so  folgt 

S  =  2R, 

d.  h.  die  Operationen   2  und  SW   sind   identisch.     Was   aber 

für    g    gilt,    gilt   für  jede    der   N  gleichwerthigen    Geraden. 

Damit  ist  der  Satz  bewiesen. 

Hieraus  ziehen  wir  eine  wichtige  Folgerung: 

Lehrsatz  IV.     Für  jede  Krystailclasse  ist  die  Zahl  der 

gleichtverthigen   Geraden  gleich  der   Zahl  der   Operationen  der 

zugehörigen  Gruppe. 

In  der  That,  ist  G  die  Gruppe,  welche  der  Krystailclasse 

K  entspricht,  und  sind 

die  Operationen  von  G,  so  bringt  nach  dem  eben  bewiesenen 
Lehrsatz  jede  derselben  g  in  eine  andere  Lage.  Weitere  Lagen 
von  g  können  überdies  nicht  existiren,  und  damit  ist  der  Satz 
bewiesen.  • 

Um  daher  die  Figur  der  N  gleichwerthigen  Geraden  m 
construireHy  nehmen  wir  eine  derselben  ganz  beliebig  an  und 
unterwerfen  dieselbe  den  sämmtlichen  Operationen  der  zugehörigen 
Gruppe. 

Aus  diesen  Sätzen  folgt  die  schon  in  der  Einleitung 
erwähnte  Thatsache,  dass  die  Zahl  der  gleichwerthigen  Geraden 
von  der  Lage  der  Ausgangsgeraden  g  im  Allgemeinen  unab- 


—    155    — 

hängig  ist.  Die  dort  aogedeutete  Ausnahme  kann,  wie  sich 
nan  ergiebt,  nur  dann  eintreten^  wenn  g  eine  Symmetrieaxe 
der  Erystallclasse  ist,  oder  in  einer  Symmetrieebene  derselben 
liegt  Dabei  haben  wir  die  Symmetrieaxen  zweiter  Art  nur  inso> 
weit  zu  berücksichtigen,  als  sie  gleichzeitig  Axen  der  ersten 
Art  sind.  Fällt  nämlich  g  in  eine  Symmetrieaxe  zweiter 
Art,  so  geht  infolge  der  Drehspiegelung  g  in  die  entgegen- 
gesetzte Richtung  über;  nur  die  wirklichen  Drehungen  lassen  g 
imyeränderi 

§  2.  Besondere  Lagen  der  N  Geraden.  Wie  sich  in  den 
AusnahmeföUen  die  bezüglichen  Verhältnisse  gestalten,  ergiebt 
sich  aus  folgenden  Sätzen: 

Lehrsatz  V.  Fällt  die  Gerade  g  in  eine  Symmetrieeheney 
ohne  jedoch  mit  einer  Symmetrieaxe  identisch  0U  sein,  so  ist  die 
Anzahl  der  gleichwerthigen  Geraden  die  Hälfte  von  N. 

Wenn  nämlich  g  in  eine  Symmetrieebene  fällt,  so  gilt 
dies  für  alle  gleichwerthigen  Geraden.  Jede  d^selben  geht 
durch  Spiegelung  an  der  bezüglichen  Ebene  in  sich  über.  In 
jeder  von  ihnen  liegen  daher  in  diesem  speciellen  Fall  zwei 
Geraden  vereinigt,  die  im  Allgemeinen  von  einander  verschieden 
sind,  und  durch  die  bezügliche  Spiegelung  aus  einander  hervor- 
gehen. Die  Gesammtheit  der  gleichwerthigen  Geraden  ist  also 
die  Hälfte  von  N, 

Beispielsweise  hat  für  die  Gruppe  Og*  die  Zahl  N  den 
Werth  12.  Denken  wir  uns  die  Symmetrieebene  i^  wieder 
horizontal,  so  liegen  im  allgemeinen  Fall  sechs  von  den  gleich- 
werthigen Geraden  auf  der  obern  Seite  der  Symmetrieebene  i^ 
und  sechs  auf  der  untern.  Die  letzteren  sechs  Geraden  bilden 
das  Spiegelbild  der  andern.  Fällt  aber  g  in  die  Symmetrie- 
ebene, so  liegen  alle  Geraden  in  ihr;  je  eine  obere  und  je 
eine  untere  Gerade  fallen  zusammen  und  werden  identisch. 

Lehrsatz  VI.  Fällt  die  Gerade  g  in  einep-zählige  Symmetrie- 
axe^ aber  nicht  in  eine  Symmeirieebene,  so  beträgt  die  Zahl  der 
gleichwerthigen  Geraden  nur  den  pten  Theil  von  N. 

Zunächst  ist  einleuchtend,  dass  jede  der  gleichwerthigen 
Geraden  mit  einer  j>-zähligen  Axe  zusammenfällt  und  bei  den 
um  diese  Axe  stattfindenden  Drehungen  in  sich  übergeht.    In 


—     156     - 

jeder  von  ihnen  liegen  daher  in  diesem  Fall  p  Geraden  ver- 
einigt^ die  im  Allgemeinen  verschieden  sind  und  darch  Dre- 
hung um  die  bezügliche  j?- zählige  Axe  auseinander  hervorgehen. 
Die  Anzahl  aller  gleichwerthigen  Geraden  ist  daher  nur  der 
pte  Theil  von  N. 

Fällt  also  in  dem  eben  betrachteten  Beispiel  g  in  die 
sechszählige  Axe^  so  giebt  es  nur  noch  eine  ihr  gleichwerthige 
Gerade,  nämlich  diejenige,  die  entgegengesetzt  gerichtet  ist 

Folgerung.  Fällt  g  in  eine  p- zählige  Symmetrieaxe,  so 
ist  die  Zahl  der  gleichwerthigen  Geraden  entweder  gleich  der 
Zahl  der  gleichwerthigen  2)- zähligen  Axen  oder  doppelt  so 
gross.  Das  letztere  tritt  ein,  wenn  die  Axen  zweiseitig  sind; 
denn  alsdann  ist  zu  jeder  Geraden  auch  die  entgegengesetzt 
gerichtete  vorhanden,  es  fallen  daher  zwei  verschieden  ge- 
richtete Geraden  mit  jeder  Symmetrieaxe  zusammen.  Da  nun 
in  jeder  _p-zähligen  Axe  p  im  Allgemeinen  verschiedene  Ge- 
raden vereinigt  liegen,  so  gelangen  wir  zu  folgendem  Satz: 

Enthält  eine  KrystcUldasse  nur  Axen^ymmetrie,  und  hesitet 
sie  a  gleichwerthige  p- zählige  Symmetrieaxen,  so  ist  das  Prodact 
aus  a  und  p  gleich  oder  halb  so  gross  als  die  Zahl  der  Opera- 
tionen der  zugehörigen  Gruppe.  Bas  letztere  tritt  ein,  tvenn  die 
Sym^netrieaxoi  zweiseitig  sind. 

Enthält  daher  eine  Krystallclasse  a  j}- zählige  Axen, 
a  p'- zählige  .  .,  die  sämmtlich  einseitig  sind,  so  besteht  die 
Gleichung 

ap  =  ap  =  N, 

und  wenn  unter  den  zweiseitigen  Axen  ß  (7-zählige,  ß'  g'- zäh- 
lige .  .  vorhanden  sind,  so  ist 

Bemerkung.  Beide  Gleichungen  lassen  sich  dadurch 
vereinigen,  dass  wir  jede  zweiseitige  Axe  als  aus  zwei  gleich- 
werthigen einseitigen  Axen  bestehend  auffassen.  Die  q  zwei- 
seitigen Axen  repräsentiren  dann  2q  einseitige  gleichwerthige 
Axen,  und  es  besteht  bei  dieser  Zahlung  der  Axen  durch- 
gängig die  Gleichung 

ap  =  N. 


—     157     — 

Für  die  Tetraedergruppe  T  giebt  es  z.  B.  vier  einseitige  drei- 
zählige  und  drei  zweiseitige  zweizählige  Axen;  demgemäss  ist 

4.3  =  12     und    3.2  = -^^  =  6. 

Für  die  Oetaedergruppe  0  dagegen  existiren  drei  vierzählige, 
vier  dreizablige  und  sechs  zweizählige  Axen^  die  sämmtlich 
zweiseitig  sind;  und  dementsprechend  ist 

3.4  =  4.3  =  6.2=y  =  12. 

Tritt  endlich  der  besondere  Fall  ein,  dass  die  Gerade  g 
zugleich  in  eine  Symmetrieaxe  und  eine  Symmetrieebene  fällt, 
80  treten  die  vorstehenden  Sätze  V  und  VI  gleichzeitig  in 
Kraft,  und  es  folgt 

Lehrsatz  VII.  Fällt  g  gleichjseitig  in  eine  p-mhlige  Sym- 
mebrieaxe  und  eine  Sffmmetrieebene,  so  gilt  dies  für  jede  mit  ihr 
gkichtverthige  Gerade.  Die  Anzahl  derselben  ist  der  2pte  Theil 
von  N. 

Unter  diesen  Umständen  fallen  nämlich  je  2p  im  All- 
gemeinen verschiedene  Geraden  in  jeder  der  ^- zähligen  Axen 
zusammen,  nämlich  erstens  p,  die  sonst  durch  Drehung  um 
die  Axe  entstehen,  und  dann  noch  diejenigen,  welche  aus 
diesen  durch  Spiegelung  an  der  Symmetrieebene  hervorgehen. 

Fällt  z.  B.  g  in  eine  vierzählige  Axe  der  Oetaedergruppe 
zweiter  Art  0*,  so  gehen  durch  sie  gleichzeitig  Symmetrie- 
ebenen; also  giebt  es  im  Ganzen  48  :  8  <=  6  gleichwerthige 
Geraden.  Es  sind  die  Hälften  der  drei  einander  senkrechten 
vierzähligen  Axen. 

Analog  der  oben  abgeleiteten  Folgerung  ergiebt  sich  hier, 
dass  fQr  gleichwerthige  Symmetrieaxen,  welche  in  Symmetrie- 
ebenen liegen,  die  Gleichungen 

€cp  =  -^     und     ßq^-^ 

bestehen,  vorausgesetzt,  dass  die  a  |)- zähligen  Axen  einseitig, 
dagegen  die  ß  g- zähligen  Axen  zweiseitig  sind. 

Beispielsweise  ist  für  die  Oetaedergruppe  0*  zweiter  Art 


-     158     - 

N  '='  48;   sie  besitzt  überdies   lauter  zweiseitige  Axen,   and 
dementsprechend  ist 

3. 4  =  4. 3  =  6. 2  =  ^- 

4 

Dagegen  sind  die  dreizähligen  Axen  der  Gruppe  T"^  einseitig, 
dementsprechend  ist 

4.3  =  -. 

§  3.  Die  einfache  Erystallform.  Wir  denken  uns  um 
den  Punkt  0,  von  welchem  die  N  gleichwerthigen  Geraden 
9}  9i"  ' 9n—i  ausgehen,  als  Mittelpunkt  eine  Kugel  gelegt. 
Jede  Gerade  schneidet  die  Eugel  in  einem  Punkt;  die  Schnitt- 
punkte seien E,  E^, . ,  En—i .  Nun  construiren  wir  die  Ebenen 
B,  e^y  Sjf-^i,  welche  in  diesen  Punkten  auf  den  Geraden  senk- 
recht stehen  und  die  Eugel  berühren;  sie  stellen,  wie  in  der 
Einleitung  erwähnt,  N  gleichwerthige  Ebenen  dar.  Wie  die 
JT  Geraden,  so  gehen  auch  die  JT  Ebenen  bei  allen  Deck- 
operationen der  bezüglichen  Gruppe  in  einander  über;  aus  einer 
beliebigen  von  ihnen  können  die  andern  ebenfalls  dadurch 
abgeleitet  werden,  dass  wir,  genau  wie  bei  den  N  Geraden, 
die  erstere  der  Reihe  nach  den  sämmtlichen  Operationen  der 
Gruppe  unterwerfen. 

Die  N  gleichwerthigen  die  Eugel  berührenden  Ebenen 
bilden  meisten theils  einen  geschlossenen  Eörper;  in  manchen 
Fällen  begrenzen  sie  einen  offenen  Baumtheil,  und  wenn  die 
bezügliche  Erystallclasse  von  sehr  niederer  Symmetrie  ist,  so 
kann  sich  ihre  Zahl  auf  zwei  oder  gar  nur  eine  reduciren. 
Diese  Ebenen  bilden  die  sogenannte  allgemeine  einfache  Krystaü- 
form;  sie  heisst  geschlossen  oder  offen,  je  nachdem  sie  einen 
wirklichen  Eörper  darstellt  oder  nicht.  Die  Erystallform  geht 
durch  dieselben  Operationen  in  sich  über,  wie  die  N  Geraden. 

Von  der  Ebene  b  gehört  im  Allgemeinen  der  Erystall- 
form nur  ein  begrenztes  Stück  als  Grenzfläche  an,  und  das- 
selbe gilt  für  jede  andere  Ebene.  Ist  dieses  Stück  ein  wirk- 
liches Polygon,  wie  dies  für  die  geschlossenen  Erystallformen 
der  Fall  sein  muss,  so  ist  jede  Eante  des  Polygons  Schnitt- 
linie von  B  mit  einer  der  benachbarten  Ebenen.  Das  analoge 
gilt,  wenn  die  Erystallform  eine  körperliche  Ecke  ist. 


—     159    — 

Die  Geraden  g  fallen  im  Allgemeinen  weder  in  die  Sym- 
metrieaxen^  noch  in  die  Symmetrieebencn^  es  sind  daher  auch 
die  Flächen  der  Erystallform  im  Allgemeinen  weder  zu  den 
Axen  noch  zu  den  Ebenen  der  Symmetrie  senkrecht.  Haben 
die  Geraden  specielle  LagC;  so  gilt  dies  auch  von  den  Flächen 
der  Erystallform.  Diesen  Fall  wollen  wir  wiederum  zunächst 
ausschliessen. 

§  4.  Für  jedes  Erystallsystem  besteht  gemäss  Cap.  VI,  21 
die  Gruppe  irgend  einer  Meroedrie  nur  aus  einem  Bruchtheil 
derjenigen  Operationen^  welche  die  Gruppe  der  Holoedrie  bilden. 
Denken  wir  uns  daher  die  Erystallform  der  Meroedrie  und 
der  Holoedrie  mit  derselben  Ausgangsebene  £  gebildet,  so 
stehen  beide  Formen  in  der  Beziehung  zu  einander,  dass  jede 
Grenzfläche  der  meroedrischen  Form  unter  den  Grenzflächen 
der  holoedrischen  Form  vorkommt,  während  ein  gewisser  Theil 
der  letzteren  sich  nicht  unter  den  Flächen  der  ersteren  vor- 
findet. Sind  nun  s,  s^j  £2*  •  -  diejenigen  Ebenen  der  holoedri- 
schen Form,  welche  Ebenen  der  meroedrischen  Form  bleiben, 
und  i|,  1^^,  1^2- ••  die  andern  Ebenen  der  holoedrischen  Form, 
so  können  wir  uns  die  Erystallform  der  Meroedrie  auch  so  ver- 
schaffen, dass  wir  die  Ebenen  iy,  ly^,  i?». . .  tilgen,  dagegen  jede 
der  Ebenen  £,  «j,  ^g. . .  sich  soweit  ausdehnen  lassen,  bis  dieselben 
zusammenstossen  resp.  wieder  einen  geschlossenen  Eörper  bilden. 

Auf  diese  Verhältnisse  wollen  wir  noch  etwas  genauer 
eingehen.  Ist  zunächst  die  Meroedrie  eine  Hemiedrie,  so  ist 
die  Zahl  der  Flächen  £,  fj . . .  die  Hälfte  der  Gesammtzahl  N, 
also  auch  gleich  der  Zahl  der  Fachen  1^,  i?i . . .  Die  Grenz- 
flächen e,  £j . . .  gehen  aus  der  Fläche  s  durch  die  Operationen 
der  hemiedrischen  Gruppe  hervor.    Seien  diese  Operationen  resp. 

wo  ^  =s  2fn  ist,  so  bilden  dieselben,  wie  oben  Cap.  VI,  21  be- 
wiesen, eine  in  der  holoedrischen  Gruppe  H  enthaltene  Unter- 
gruppe G.  Alsdann  enthält  die  Gruppe  H  in  jedem  Fall  noch 
w  weitere  Operationen,  welche  sich,  wenn  SWj  irgend  eine 
derselben  ist,  in  der  Form 


-     160     - 

darstellen  lassen,  und  es  sind  offenbar  die  Flächen  rj,  i2|... 
mit  denjenigen  Grenzflächen  identisch,  in  welche  die  Fläche  £ 
durch  die  vorstehenden  Operationen  übergeht.  Ist  nun  e,-  die- 
jenige Fläche,  welche  sich  aus  e  mittelst  der  Operation  S« 
ergiebt,  und  17,-  diejenige,  welche  der  Operation  fi,-9Rj  ent- 
spricht, so  geht  rii  aus  €  durch  die  nacheinander  eintretenden 
Operationen  ß,-  und  äW^  hervor;  iy,-  entsteht  demgemäss,  wenn 
€i  der  Operation  äß^  unterworfen  wird.  Das  heisst  aber  nichts 
anderes,  als  dass  rj,  17^ ...  diejenigen  Ebenen  sind,  in  welche 
die  Ebenen  £,  f^...  durch  die  Operation  SJ^^  übergehen;  mit 
andern  Worten,  die  Flächen  1^,  ly^...  bilden  diejenige  Raum- 
figur, welche  aus  der  von  den  £,  f^. . .  begrenzten  Kry stallform  F^ 
durch  die  Operation  3Wi  hervorgeht.  Daraus  folgt  aber,  dass 
auch  die  Ebenen  17,  i^^ .  . .  eine  Krystallform  F^  der  Hemiedrie 
bilden.  In  der  That  muss  ja  diese  Krystallform  dieselbe 
Symmetrie  besitzen,  wie  die  von  den  Flächen  e,  b^.  . ,  begrenzte 
Form  Fl,  da  die  Symmetrieelemente  der  letzteren  durch  die 
Operation  Wl^  in  ihrer  Lage  zu  einander  nicht  geändert  werden. 
Also  folgt: 

Lehrsatz  VIII.  Die  allgetneine  einfache  holoedrische  Krystall- 
form F  kann  stets  in  zwei  hemiedrische  Formen  gespalten  werden, 
Sie  entstehen  aus  solchen  zwei  Ebenen  s  und  17  als  Ausgangs- 
ebenenj  welche  für  die  Hemiedrie  ungleichwerthig  sind. 

Enthält  die  hemiedrische  Gruppe  Symmetrieeigenschaften 
erster  und  zweiter  Art,  so  ist  die  Krystallform  F^  sich  selbst 
spiegelbildlich  gleich.  Die  Operation  üKi  ist  in  diesem  Fall 
stets  eine  Drehung,  die  beiden  Krystallformen  F^  und  F^  sind 
daher  einander  congruent. 

Besteht  dagegen  die  hemiedrische  Gruppe  aus  lauter 
Drehungen,  so  besitzt  die  Krystallform  F^  nur  Axensymmetrie. 
Die  Operation  SK^  ist  in  diesem  Fall  stets  von  der  zweiten 
Art,  im  besondern  sogar  (vgl.  Cap.  V,  10)  eine  Spiegelung, 
Alsdann  sind  die  beiden  Krystallformen  Fi  und  F^  einander 
spiegelbildlich  gleich  und  nicht  congruent;  sie  unterscheiden 
sich  wie  rechte  und  linke  Gliedmassen.  Für  die  hemiedrische 
Classe  giebt  es  alsdann  Krystallformen ,  bei  denen ,  wfe 
man  sich  ausdrückt^  die  Aufeinanderfolge  der  Grenzflächen  in 


—     161     - 

yerschiedenem  Sinn  angeordnet  ist.  Solche  Formen  heissen 
enanHomarphe  Formen;  wir  werden  sie  bei  der  Discussion  der 
einzelnen  Erystallsysteme  genauer  kennen  lernen. 

Analog  sind  die  Beziehungen  zwischen  der  holoedrischen 
und  den  tetartoedrischen  Formen.  Sie  ergeben  sich  genau  wie 
die  Torstehenden  Resultate.  Die  Entwickelungen  des  §  21  des 
Toligen  Capitels  lassen  erkennen,  dass  sich  die  Operationen 
der  holoedrischen  Gruppen  in  der  Form 

1- ;   ^)   *^  •  •  •  ^w» —  1 

anordnen  lassen,  so  dass  die  erste  Zeile  die  tetartoedrische 
Grappe  bildet.  Es  können  daher  die  Flachen  der  holoedrischen 
Form  in  vier  verschiedene  Gruppen  zerlegt  werden,  welche  für 
die  Tetartoedrie  ungleichwerthig  sind,  und  jede  derselben  bildet 
eine  tetartoedrische  Erystallform.  Aus  einer  derselben  F^ 
geben  die  drei  andern  F^,  F^,  F^  hervor,  indem  die  Form  F^ 
den  Operationen  3Wi,  SK^,  SKj  unterworfen  wird.  Auch  hier 
können  wieder  die  beiden  Fälle  eintreten,  dass  diese  Formen 
nur  Axensymmetrie,  oder  auch  Symmetrieeigenschaften  zweiter 
Art  besitzen.  Mechanisch  kann  man  sie  ebenfalls  so  erhalten, 
dass  man  die  bleibenden  Flächen  e,  s^. , .  sich  soweit  aus- 
dehnen lässt,  bis  sie  zusammenstossen. 

Endlich  besteht  auch  zwischen  den  hemiedrischen  und 
tetartoedrischen  Formen  ein  ähnliches  Yerhältniss,  denn  die 
Tetartoedrie  ist  ja  ihrerseits  wieder  eineHemiedrie  der  Hemiedrie. 

§  5.  Beziehung  der  Ejrystallform  su  den  Symmetrie- 
elementen.  Die  besondere  Gestalt  der  allgemeinen  einfachen 
Krystallform  ist  einzig  und  allein  durch  die  Symmetrieelemente 
der  bezüglichen  Erystallclasse  bestimmt  Hierfür  gelten  fol- 
gende Sätze: 

Lehrsatz  IX.  Enthält  eine  Erystallclasse  Symmärieebenen, 
so  schneidet  jede  Symmetrieebene  die  Krystallform  in  Geraden, 
welche  sämmüich  Kanten  derselben  sind. 

Sohoenfliea,  KryatmllBtructar.  11 


—     162     — 

Durch  Spiegelung  an  der  Symmetrieebene  ö  geht  nämlich 
die  Krystallform  in  sich  über.  Die  Schnittlinie  der  Symmetrie- 
ebene ö  mit  der  Krystallform  kann  daher  nur  dann  in  das 
Innere  einer  Grenzfläche  £  fallen^  wenn  b  auf  6  senkrecht 
steht^  was  im  Allgemeinen  nicht  der  Fall  ist. 

Lehrsatz  X.  Eine  p-gählige  Symmetrieaoce  der  KrystdU- 
form  (p  >  2)  trifft  dieselbe  nur  in  Eckpunkten.  Die  Ecke  ist 
2p'SeUig  oder  p-seitig,  je  nachdem  durch  die  p-zählige  Axe 
Symmetrieebenen  hindurchgehen  oder  nicht. 

Der  Beweis  ist  dem  vorstehenden  analog.  Fällt  nämlich 
der  Schnittpunkt  der  Krystallform  mit  der  |)- zähligen  Sym- 
metrieaxe  a  in  das  Innere  oder  in  eine  Kante  der  Krystallform^ 
so  kann  die  Krystallform  nur  dann  bei  Drehung  um  die  Axe  a 
in  sich  übergehen^  wenn  a  auf  der  Ebene  £  senkrecht  steht, 
was  im  Allgemeinen  wieder  nicht  der  Fall  ist.  Es  sei  nun  A 
diejenige  Ecke  der  Krystallform,  welche  von  a  getroffen  wird. 
Durch  Drehung  um  a  gehen  aus  der  Fläche  e  p — 1  andere 
Flächen  hervor,  die  sämmtlich  an  der  Ecke  a  liegen.  Gehen 
durch  a  keine  Symmetrieebenen,  so  sind  dies  die  einzigen 
Flächen  dieser  Art;  sie  bilden  daher  eine  |)-seitige  Ecke. 
Gehen  durch  a  auch  Symmetrieebenen,  so  giebt  es  noch 
weitere  |)- Operationen  (vgl.  Cap.  V,  4),  welche  den  Punkt  A 
unverändert  lassen  und  die  Ebene  b  in  neue  Lagen  bringen, 
die  Ecke  ist  alsdann  2j7-seitig. 

Für  den  Fall  p  =  2  gilt  ein  besonderer  Satz.  Ist  nämlich 
a  eine  zweizählige  Axe,  durch  welche  keine  Symmetrieebenen 
gehen,  so  ist  zunächst  wieder  klar,  dass  ihr  Schnittpunkt  A 
mit  der  Krystallform  nicht  in  das  Innere  der  Fläche  b  fallen 
kann,  denn  sonst  müsste  wieder  b  auf  a  senkrecht  stehen. 
Der  Schnittpunkt  kann  aber,  da  a  zweizählige  Axe  ist,  auch 
nicht  eine  Ecke  sein.  Die  Axe  trifft  daher  eine  Kante,  diese 
Kante  geht  bei  der  Umklappung  um  a  in  sich  über  und  steht 
daher  senkrecht  auf  a. 

Gehen  durch  die  zweizählige  Axe  a  Symmetrieebenen,  so 
erhalten  wir  im  Ganzen  vier  Ebenen  der  Krystallform,  welche 
durch  A  gehen;  in  diesem  Fall  bildet  sich  also  in  A  eine 
wirkliche,  und  zwar  vierseitige  Ecke.     D.  h. 


—     163    — 

Lehrsatz  ZI.  Jede  ßumzählige  Axe  der  KrystaUform,  durch 
wdche  Iceine  Si/mmetrieAenen  gehen,  trifft  die  Kanten  der  Krystall- 
form  senkrecht.  Liegt  die  aweizählige  Axe  in  einer  Symmetrie- 
ebene,  so  ist  ihr  Schnitt  mit  der  ErystdUform  eine  vierseitige 
Ecke  derselben. 

Wir  sahen  eben;  dass  durch  Umklappung  um  a  die  zu 
ihr  senkrechte  Kante  k  in  sich  selbst  übergeht  Ist  daher  k 
eine  begrenzte  Kante  ^  so  ist  A  ihr  Mittelpunkt.  Ist  die 
Erystallform  ein  geschlossener  Körper,  so  steht  demnach  jede 
zweizahlige  Axe,  durch  welche  keine  Symmetrieebenen  hin- 
durchgehen; auf  zwei  gegenüberliegenden  Kanten  der  Krystall- 
form  senkrecht. 

Endlich  beweisen  wir  noch  folgenden 
Lehrsatz  Xn.    Enthält  eine  Kryställclasse  ein  Centrum  der 
Symmetrie,  so  existirt  zu  jeder  Fläche   der  Erystallform  eine 
parallele  Fläche. 

Das  Symmetriecentrum  bedingt;  dass  die  Krystallform 
durch  Inversion  in  sich  übergeht.  Dabei  muss  sich  in  der 
That  die  Ebene  e  in  eine  ihr  parallele  Fläche  verwandeln. 
Nämlich  die  Inversion  kann  durch  eine  Spiegelung  gegen  eine 
zu  £  parallele  Ebene  ö  und  eine  Umklappung  um  eine  zu 
derselben  senkrechte  Axe  u  ersetzt  werden;  und  bei  beiden 
Operationen  bleibt  e  mit  sich  parallel. 

§  6.  Für  specielle  Lagen  der  Ausgangsebene  s  ergeben 
sich  wieder  besondere  Folgerungen.  Dieselben  fliessen  un- 
mittelbar aus  denjenigen;  die  wir  oben  für  die  gleichwerthigen 
Geraden  abgeleitet  haben. 

1)  Ist  s  senkrecht  zu  einer  Symmetrieebene;  so  fallen 
zwei  im  Allgemeinen  verschiedene  Flächen  der  Krystallform 
in  s  zusammen.  Jede  Ebene  der  Krystallform  steht  auf  einer 
ihrer  Symmetrieebenen  senkrecht  und  ist  daher  doppelt  zu 
rechnen;  die  Anzahl  derselben  ist  die  Hälfte  von  N, 

2)  Ist  6  senkrecht  zu  einer  jp- zähligen  SymmetrieaxC; 
welche  nicht  in  einer  Symmetrieebene  liegt;  so  fallen  p  Flächen 
der  Krystallform  in  s  zusammen.  Jede  Ebene  der  Krystall- 
form steht  auf  einer  Symmetrieaxe  senkrecht;  die  Zahl  der 

Ebenen  ist  der  jpte  Theil  von  N. 

11* 


—     164    — 

3)  Ist  £  gleichzeitig  zu  einer  Symmetrieebene  und  einer 
p- zähligen  Symmetrieaxe  senkrecht,  so  gilt  dies  von  allen 
Ebenen  der  Ery  stallform;  in  jeder  von  ihnen  fallen  je  2  p  im 
Allgemeinen  verschiedene  Flächen  zusammen.  Die  Zahl  der- 
selben ist  der  2pte  Theil  von  N. 

§  7.  Zahl  der  Flächen  nnd  Kanten  der  Erystallform. 
Die  Zahl  der  Flächen,  welche  die  allgemeine  einfache  Kry stall- 
form bilden,  ist  entsprechend  den  oben  für  die  gleichwerthigen 
Geraden  bewiesenen  Sätzen  gleich  der  Zahl  der  Deckoperationen 
der  zugehörigen  Gruppe. 

Fassen  wir  zunächst  eine  Erystallclasse  ins  Auge,  di^ 
nur  Symmetrieaxen  erster  Art  besitzt.  Ist  a  eine  j>- zählige 
Axe,  so  enthält  die  Gruppe  die  j?  —  1  Drehungen 

und  analog  für  jede  andere  |>-zählige  Axe.  Andrerseits  ent- 
hält die  Gruppe  —  abgesehen  von  der  Identität  —  keine 
andern  Operationen,  als  die  Drehungen  um  die  verschiedenen 
Symmetrieaxen  und  ihre  Potenzen.  Daraus  fliesst  sofort  der 
folgende 

Lehrsatz  XIIL  Enthalt  eine  Krystalldasse,  die  nur  Axen- 
Symmetrie  besitzt,  a  p-eäJilige,  ß  q-eählige  Axen  . . .,  so  ist  die 
Anjsähl  N  der  Flächen  der  mgdiörigen  einfachen  Krystcdlform 
durch  die  Gleichung 

N^l  +  a(p~l)  +  ß(q^l)  +  '^^ 
gegä>en. 

Besitzt  die  Erystallclasse  auch  Symmetrieeigenschaften 
zweiter  Art,  so  ist  die  Gesammtzahl  ihrer  Operationen,  wie 
Cap.  y,  4  bewiesen,  doppelt  so  gross,  als  die  Zahl  ihrer 
Drehungen;  dasselbe  gilt  daher  auch  von  der  Zahl  der  Flächen 
der  zugehörigen  Erystallform.     Also  folgt: 

Lehrsatz  ZIV.  Enthalt  eine  Erystaüclasse  ausser  a  p-zähligen, 
ß  q-eahligen  .  .  .  Symmetrieaooen  ^)   auch  Symmetrieeigenschaften 


1)  Hier  sind  nur  Symmetrieaxen  erster  Art  gemeint. 


—    165    — 

ßweiter  Ärty  so  ist  die  AnmM  N  der  Flächen  der  einfachen  Ery  stall- 
form  durch  die  Gleiditmg 

2V^=  2  { 1+ a(i>-l)  + /J(2-l)  +  . . .} 
iestimmt 

Bemerkung.  Die  Sätze,  die  soeben  über  den  Durch- 
schnitt der  Erystallform  mit  den  Symmetrieelementen  abge- 
leitet worden  sind,  gelten  natürlicherweise  für  jede  Gerade 
und  jeden  Punkt,  in  welchem  die  Erystallform  von  einer 
Symmetrieebene  oder  Symmetrieaxe  getroffen  wird.  Im  beson- 
dem  ist  zu  bemerken,  dass  sie  für  einseitige  und  zweiseitige 
Axen  gleichmässig  in  Geltung  bleiben;  es  ist  klar,  dass  die 
obigen  Erörterungen  in  gleicher  Weise  auf  die  beiden  Punkte 
anwendbar  sind,  in  denen  die  Erystallform  von  einer  Symmetrie- 
axe geschnitten  wird.  Ist  die  Axe  einseitig,  so  tritt  nur  der 
besondere  umstand  ein,  dass  ihre  beiden  Endpunkte  nicht 
gleichwerthig  sind,  und  bei  den  Deckoperationen  der  Erystall- 
form nicht  auf  einander  fallen.  Endlich  ist  klar,  dass  die  Axen 
zweiter  Art  immer  nur  insoweit  in  Betracht  zu  ziehen  sind, 
als  sie  gleichzeitig  Axen  erster  Art  darstellen,  denn  auf  die 
Operation  zweiter  Art,  d.  h.  die  Drehspiegelung  sind  die  obigen 
Erörterungen  nicht  anwendbar.^) 

§  8.  Ist  die  Erystallform  ein  geschlossener  Eörper,  so 
ist  jede  ihrer  Flächen  ein  Polygon;  wir  wollen  allgemein 
untersuchen,  wie  gross  die  Zahl  der  Eanten  desselben  ist. 
Dazu  beweisen  wir  zunächst  folgenden  Lehrsatz. 

Lehrsatz  XV.  Für  jede  beliebige  Grenzfläche  einer  KrystaU- 
form  gid)t  es  in  jdder  Gattung  gUichtverthiger  Axenrichtimgen 
genau  einCy  von  welcher  sie  getroffen  wird. 

Wir  bemerken  zunächst,  dass  in  diesem  Lehrsatz  nur 
von  den  gleichwerthigen  Richtungen  der  Symmetrieaxen  die 
Bede  ist  Bei  einer  zweiseitigen  Axe  sind  beide  Richtungen 
gleichwerthig;  fassen  wir  für  den  Augenblick  wie  oben  S.  156 
eine  zweiseitige  Axe  als  aus  zwei  gleichwerthigen  einseitigen 
Axen  bestehend  auf,  so  haben  wir  nur  mehr  mit  einseitigen 


1)  Vgl.  die  Schlassbemerkung  zu  §  1  dieses  Gapitels. 


—     166    — 

Axen  zu  operiren,  für  welche  (§  2)  allgemein  die  Gleichung 

ap  =  N 

besteht;  wenn  a  die  Anzahl  der  gleichwerthigen  Axen  bedeutet. 

Nun  seien  a^y  a^, . .  irgend  welche  gleichwerthigen  Axen; 

alle   Grenzflächen    haben    übereinstimmende   Lage    zu   ihnen. 

Daraus  folgt  zunächst,  dass  die  Grenzfläche  b  von  mindestens 

einer   dieser  Axen   getroffen    werden   muss;   denn   wäre   dies 

nicht  der  Fall;   so  konnte  überhaupt  keine  Grenzfläche  von 

den  Axen  geschnitten  werden.    Es  sei  Ä  der  Punkt,  in  welchem 

a^   die  Grenzfläche  s  durchsetzt.     Ist   nun  a^  eine  |)- zählige 

AxC;   von   der  wir  zunäcHst   voraussetzen;  dass  sie  nicht  in 

einer  Symmetrieebene  liegt,  so  ist  gemäss  §  2 

N 
a  =  — 
P 

Andrerseits  giebt  es  auch  N  Grenzflächen;  wird  jede  von  ihnen 

von  A  Axen  a  getroffen,  so  folgt  daraus,  da  im  Punkte  A 

p  Grenzflächen  znsammenstosseU;  dass  solcher  Axen 

IN 
a  =  — 

i> 
existiren.    Es  muss  daher  A  =  1  sein.     Das  gleiche  gilt,  wenn 
die  Axen  a  in  Symmetrieebenen  liegen;  in  diesem  Fall  haben 
wir,  wenn  1^  wieder  die  Zahl   der  Grenzflächen  der  Krystall- 
form  bedeutet,  gemäss  §  2  zunächst  die  Gleichung 

Am  Punkt  A  liegen  aber  diesmal  2p  Grenzflächen,  und  daraus 
folgt,  dass  die  Zahl  der  Axen  a  den  Werth 

IN 

"^■^ 

hat;  es  muss  daher  wieder  A  «»  1  sein. 

Wir  fassen  nun  in  erster  Linie  eine  Erystallclasse  ins 
Auge,  die  nur  Axensymmetrie  besitzt.  Die  sämmtlichen  in 
der  Grenzfläche  £  liegenden '  Kanten  sind  Schnittlinien  von  b 
mit  den  benachbarten  Flächen,  und  alle  diese  Flächen  ent- 
stehen aus  B  durch  Drehung  um  diejenigen  Symmetrieaxen, 
welche  durch  die  Ecken  resp.  Kanten  des  in  b  liegenden  Po- 


—     167     - 

lygons  gehen.  Nub  sei  wieder  a  eine  |>-zählige  (p  >  2) 
Symmetrieaxe,  und  die  Ecke  Ä  ihr  Schnittpunkt  mit  der 
KrystallforiDy  so  gehen  von  Ä  im  Ganzen  p  Kanten  aus,  und 
zwei  derselben  liegen  in  £.  Sie  sind  Schnittlinien  von  s  mit 
denjenigen  Flachen^  welche  aus  s  durch  die  Drehungen  %  und 
8~^  entstehen.  Dies  gilt  für  jede  derartige  Axe.  Trifft  also 
die  Axe  b  die  Krystallform  in  der  auf  s  liegenden  Ecke  B, 
80  gehen  auch  von  B  zwei  in  s  liegende  Kanten  aus.  Diese 
Kanten  sind  von  den  von  Ä  ausgehenden  Kanten  verschieden, 
denn  sie  sind  die  Schnittlinien  von  e  mit  verschiedenen  Nach- 
barflächen; nämlich  mit  denjenigen^  welche  aus  €  durch  die 
verschiedenen  Drehungen  %  Ä""^,  85,  95"^  hervorgehen. 

Die  vorstehende  Ableitung  bedarf  nur  in  dem  Fall  einer 
Modification,  dass  die  Axe  zweizählig  ist.  Eine  zweizählige 
Axe  geht^  wie  wir  oben  sahen,  nicht  durch  eine  Ecke  des  in 
£  liegenden  Polygons,  sie  trifft  vielmehr  eine  Kante  desselben 
and  zwar  senkrecht;  mit  andern  Worten,  sie  liefert  nur  eine 
Kante  für  das  in  e  liegende  Polygon,  während  eine  mehr- 
zahlige Axe  zwei  Kanten  bedingt. 

Nun  giebt  es,  wie  die  Tabelle  I  lehrt,  für  jede  Krystall- 
classe,  die  nur  Axensymmetrie  besitzt,  entweder  nur  eine  ein- 
zige Axe,  die  überdies  stets  einseitig  ist,  oder  es  giebt  drei 
Arten  von  gleichwertigen  Axenrichtungen.  Existirt  nur  eine 
Axe,  so  ist  die  Krystallform  eine  einfache  räumliche  Ecke; 
für  die  andern  Krystallclassen  dagegen  ist  die  Krystallform 
ein  geschlossenes  Polyeder;  unter  den  Axen  derselben  giebt 
es  stets  zweizählige,  und  damit  gewinnen  wir  schliesslich 
folgenden  Lehrsatz: 

Lehrsatz  XVI.  Die  Orenaflächen  der  Krystdllformen,  die 
nur  Axensymmetrie  enthalten,  sind  Fünfecke^  Vierecke  oder  Drei- 
ecke. Das  letztere  tritt  ein,  wenn  alle  Axen  zweizählig  sind, 
das  erstere,  wenn  nur  eine  Gattung  gleichwerthiger  ztveizähliger 
Axen  existirt. 

Der  Fall,  dass  die  Krystallclasse  auch  Ebenensymmetrie 
enthält,  erledigt  sich  folgendermassen.  Jede  Symmetrieebene 
geht  vom  Mittelpunkt  der  Krystallform  aus.  Die  Gesammt- 
heit  derselben  zerlegt  den  Innenraum  der  Krystallform,  resp. 


-     168    — 

der  Hilfskugel  in  lauter  körperliche  Ecken ,  und  mit  den 
Ebenen  gehen  auch  diese  körperlichen  Ecken  bei  den  sämmt- 
liehen  Operationen  der  bezüglichen  Gruppe  in  sich  über^  sind 
also  sämmtlich  congruent  oder  spiegelbildlich  gleich.  Gemäss 
Satz  IX  dieses  Capitels  laufen  die  Seitenflächen  der  körper- 
lichen Ecken  sämmtlich  durch  Kanten  der  Erystallform.  Wenn 
nun  auch  umgekehrt  alle  Kanten  der  Krystallform  in  den 
Symmetrieebenen  liegen,  so  ist  jede  Grenzfläche  der  Krystall- 
form ein  ebener  Schnitt  mit  einer  der  oben  genannten  körper- 
lichen Ecken.  In  diesem  Fall  kann  es  ausser  den  Symmetrie- 
axen,  die  in  die  Schnittlinien  der  Symmetrieebenen  fallen, 
keine  andern  Äxen  geben,  es  kann  also  keine  innerhalb  der 
körperlichen  Ecken  verlaufen.  Ebenso  ist  das  umgekehrte 
richtig;  denn  giebt  es  eine  Symmetrieaxe,  welche  im  Innern 
einer  körperlichen  Ecke  verläuft,  so  geht  sie  entweder  durch 
eine  Ecke  der  Krystallform,  oder  sie  trifft  doch  wenigstens 
eine  Eatnte  derselben,  es  liegen  also  nicht  alle  Kanten  in  den 
Symmetrieebenen. 

Die  sämmtlichen  Symmetrieebenen,  resp.  die  körperlichen 
Ecken  schneiden  die  Kugel  in  lauter  gleichen  sphärischen 
Polygonen.  Die  Ecken  der  Polygone  sind  Schnittpunkte  der 
Kugel  mit  den  Symmetrieaxen.  Sind  dies  wieder  die  einzigen 
Symmetrieaxen,  so  berührt  jede  Grenzfläche  der  Krystallform 
die  Kugel  innerhalb  eines  andern  Polygons.  Wir  erhalten 
also  eine  Grenzfläche,  indem  wir  innerhalb  eines  sphärischen 
Polygons  einen  Punkt  E  auf  der  Kugel  beliebig  annehmen, 
in  ihm  die  Berührungsebene  an  die  Kugel  legen  und  ihren. 
Schnitt  mit  der  bezüglichen  körperlichen  Ecke  bestimmen. 
Dies  giebt  folgenden 

Lehrsatz  XVII.  Liegen  alle  Symmetrieaxen  einer  KrystaU- 
classe  in  Symmärie^>eneny  so  ist  die  Grenzfläche  der  KrystaU- 
form  ein  ebener  Schnitt  derjenigen  einfachsten  körperlichen  Eckcj 
welche  von  den  Symmetrieebenen  gebildet  mrd. 

Die  Form  der  Grenzfläche  kann  durch  die  Wahl  des 
Berührungspunktes  E  auf  der  Kugel  mannigfach  variirt 
werden. 

Liegen  Symmetrieaxen  auch  innerhalb  der  körperlichen 


-     169     - 


Plg.  19. 


Ecken,  so  fallen  innerhalb  desselben  sphärischen  Polygons 
die  Berührungspunkte  mehrerer  Grenzflächen  der  Erystallform. 
In  diesem  Fall  bestimmt  sich  die  Natur  der  Grenzfläche  durch 
gleichzeitige  Anwendung  derjenigen  Sätze,  die  wir  im  Vor- 
stehenden über  Symmetrieaxen  und  Symmetrieebenen  ab- 
geleitet haben.  Das  Genauere  enthalten  die  nachstehenden 
Entwickelungen.  Die  Gestalt  der  Flächen  ist  wiederum  von 
der  Lage  des  Berührungspunktes  E  zu  den  Symmetrie- 
elementen  abhängig. 

§  9.  Das  reguläre  System.  Für  die  Holoedrie  existiren 
ausser  den  Symmetrieaxen  die  sechs  Symmetrieebenen  </  und 
die  drei  zu  einander  senkrechten 
Symmetrieebenen  <r.  Die  letzteren 
zerlegen  die  Kugel  in  acht  Octanten; 
einen  derselben  zeigt  die  nebenste- 
hende Figur,  Durch,  Ä  resp*  Ä' 
geht  eine  dreizählige,  durch  JB,  ff  B" 
je  eine  yierzählige  und  durch  Z7,  F,  W 
je  eine  zweizählige  Axe;  endlich  sind 
die  Bogen  BAU,  ffÄV,  ff'AW 
Schnittlinien  der  Kugel  mit  den 
Symmetrieebenen  </.  Der  Kugel- 
octant  wird  dadurch  in  sechs  gleich- 
werthige  Dreiecke  zerlegt. 

Da  alle  Symmetrieaxen  in  die  Symmetrieebenen  fallen, 
so  ist  das  in  e  liegende  Polygon  ein  Dreieck,  und  zwar  der 
Schnitt  mit  derjenigen  körperlichen  Ecke,  innerhalb  deren  der 
Berührungspunkt  E  liegt.  Das  Dreieck  ist  im  Allgemeinen 
weder  gleichseitig  noch  gleichschenklig;  48  solcher  Dreiecke 
bilden  die  Krystallform.  Nach  den  vorstehenden  Sätzen  ent- 
steht auf  den  Axen  a  resp.  a  je  eine  sechsseitige  Ecke-,  von 
den  sechs  Kanten  sind  zweimal  je  drei  einander  gleich,  und 
solcher  Ecken  giebt  es  acht.  Auf  den  Axen  b,  h\  V  bildet 
sich  je  eine  achtseitige  Ecke,  von  ihren  Kanten  sind  zweimal 
je  vier  einander  gleich,  und  solcher  Ecken  giebt  es  sechs. 
Endlich  liegt  auf  w,  v,  w  je  eine  vierseitige  Ecke  der  Kry- 
stallform, solcher  Ecken  giebt  es  zwölf,   und  von  den  vier 


A' 


—     170    — 

Kanten  sind  immer  zweimal  zwei  einander  gleich.  Die  Ery- 
stallform  lieisst  HexaMsoctaeder. 

Wird  die  Ebene  b  in  besonderer  Lage  angenommen ,  so 
ergeben  sich  specielle  Gestalten  för  die  Krystallform.  Ist 
zunächst  e  senkrecht  zu  6^  so  rückt  der  Punkt  E  in  den 
Bogen  BWj  und  die  Fläche,  welche  das  Dreieck  1  berührt^ 
fallt  daher  mit  derjenigen,  die  das  im  benachbarten  Octanten 
liegende  Dreieck  1'  berührt,  zusammen.  Das  in  b  liegende 
Polygon  ist  Schnitt  mit  der  aus  a,  h  und  a  gebildeten  drei- 
seitigen Ecke,  also  ein  gleichschenkliges  Dreieck.  Auf  &,  &',  V 
bilden  sieb  vierseitige  Ecken,  deren  Kanten  sämmtlich  gleich 
sind,  die  auf  a  resp.  a  liegende  Ecke  bleibt  sechsseitig  und 
Yon  der  gleichen  Art,  wie  im  Hauptfall,  und  die  Ecken  auf 
Uy  V,  w  verschwinden  gänzlich;  dafür  bilden  sich  Kanten,  die 
auf  diesen  Azen  senkrecht  stehen.  Die  bezügliche  Krystall- 
form heisst  Teträkishexaeder;  sie  besitzt  acht  sechsseitige  und 
sechs  vierseitige  Ecken  und  wird  von  24  gleichschenkligen 
Dreiecken  begrenzt. 

Ist  die  Ebene  b  senkrecht  zu  einer  der  Ebenen  0'  und 
fallt  der  Berührungspunkt  E  in  den  Bogen  ÄB^  so  werden 
diejenigen  beiden  Flächen  der  Krystallform  identisch,  welche 
die  Dreiecke  1  und  2  berühren.  Die  auf  m,  v,  w  liegenden 
Ecken  bleiben  vierseitig  und  von  der  gleichen  Art,  wie  im 
Hauptfall,  aber  die  Ecken  auf  a  resp.  a  werden  gleichkantig 
dreiseitig,  und  die  auf  h,  b',  V  werden  gleichkantig  vierseitig. 
Wir  erhalten  daher  einen  Korper,  der  ausser  acht  dreiseitigen 
Ecken  sechs  vierseitige  Ecken  besitzt,  die  auf  den  vierzähligen 
Axen  liegen,  und  zwölf  vierseitige  Ecken  auf  den  zweizähligen 
Axen.  Er  wird  von  24  Vierecken  begrenzt.  Das  in  der 
Ebene  b  liegende  Viereck  ist  der  Schnitt  mit  der  von  a,  &, 
t;,  w  gebildeten  körperlichen  Ecke.  Es  besitzt  zwei  Paar 
gleicher  anstossender  Seiten.    Der  Körper  heisst  Ikositetraeder. 

Ist  die  Ebene  b  so  auf  0'  senkrecht,  dass  der  Berührungs- 
punkt E  in  den  Bogen  Ä  W  föllt,  so  fallen  die  in  den  Drei- 
ecken 1  und  6  berührenden  Flächen  mit  einander  zusammen. 
Dadurch  bildet  sich  auf  a  eine  dreiseitige  gleich  kantige  Ecke, 
während  die  auf  &,  b\  V  liegenden  Ecken  achtseitig  und  von 


-    171     - 

derselben  Art  wie  im  Hauptfall  bleiben.'  Die  auf  m,  v,  w 
liegenden  Ecken  verschwinden  gänzlich,  statt  ihrer  stellen 
sich  Kanten  ein,  die  auf  diesen  Axen  senkrecht  stehen.  Die 
Erystallform  besitzt  daher  sechs  achtseitige  und  acht  drei- 
seitige Ecken.  Die  in  £  entstehende  Grenzfläche  ist  Schnitt 
mit  der  von  a,  h^V  gebildeten  Ecke,  also  ein  gleichschenk- 
liges Dreieck.  Die  von  24  gleichschenkligen  Dreiecken  be- 
grenzte Erystallform  heisst  TriaMsoctaeder. 

Ist  die  Ebene  b  senkrecht  zu  einer  zweizähligen  Axe, 
also  auch  zu  den  durch  sie  gehenden  Symmetrieebenen,  so 
wird  die  Erystallform  ein  Zwolfflächner.  Der  Berührungs- 
punkt E  mit  der  Eugel  rückt  in  den  Punkt  Wy  die  Flächen, 
welche  in  1  und  6  berühren,  fallen  unter  sich  und  mit  denen 
des  angrenzenden  Octanten  zusammen.  Auf  a  resp.  a  ent- 
steht je  eine  gleichkantige  dreiseitige,  auf  &,  &',  V  je  eine 
gleichkantige  vierseitige  Ecke,  das  in  e  liegende  Polygon  ist 
Schnitt  mit  der  von  a,  a\  b,  V  gebildeten  Ecke,  also  ein 
Rhombus.  Die  Erystallform  enthält  sechs  vierseitige*  und 
zwölf  dreiseitige  Ecken;  sie  wird  von  zwölf  Rhomben  be- 
grenzt und  ist  ein  Bhombendodekaeder. 

Ist  die  Ebene  e  senkrecht  zu  der  dreizähligen  Axe  a, 
also  auch  zu  den  dujrch  sie  gehenden  Symmetrieebenen,  so 
fallen  die  Berührungspunkte  der  Dreiecke  1,  2,  3,  4,  5,  6 
sämmtlich  in  den  Punkt  Ä.  Als  Eckpunkte  bleiben  nur 
diejenigen  auf  den  vierzähligen  Axen  übrig;  jeder  dieser 
Punkte  wird  eine  gleichkantige  vierseitige  Ecke.  Die  Ery- 
stallform enthält  sechs  vierseitige  Ecken  und  ist  von  acht 
gleichseitigen  Dreiecken  begrenzt;  sie  ist  daher  ein  regel- 
mässiges Odaeder.  • 

Ist  endlich  s  senkrecht  zu  einer  vierzähligen  Axe,  so 
werden  J5,  B',  B"  Berührungspunkte  mit  der  Eugel,  während 
auf  a  und  a  sich  je  eine  gleichkantige  vierseitige  Ecke  bildet. 
Die  Erystallform  wird  von  acht  regulären  Vierecken  begrenzt 
und  ist  ein  regtdäres  Hexaeder. 

§  10.  Die  enantiomorphe  Hemiedrie  ist  durch  den  Mangel 
aller  Symmetrieebenen  characterisirt.  Es  bildet  sich  daher 
auf  a  resp.  a    eine  gleichseitige  dreiseitige  und  auf  b,  b\  b" 


."•TT? 


—     172     - 

je  eine  gleichseitige  vierseitige  Ecke;  solcher  Ecken  giebt  es 
resp.  acht  und  sechs.  Auf  den  Axen  te,  v,  w  entstehen 
Mittelpunkte  Ton  Kanten,  die  senkrecht  zu  ihnen  verlaufen, 
und  solcher  Kanten  giebt  es  zwölf.  Das  in  der  Ebene  b 
liegende  Polygon  ist,  da  eine  Symmetrieaxe  zweizahlig  ist, 
gemäss  Lehrsatz  XYI  ein  Fünfeck;  es  besitzt  zwei  Paar 
gleicher  anstossender  Seiten.  Die  Krystallform  wird  von  24 
solchen  Fünfecken  begrenzt  und  heisst  Pentagon-Ikositeiraeder. 

Nach  §  4  dieses  Capitels  kann  diese  Krystallform  auch 
dadurch  hergestellt  werden,  dass  man  von  denjenigen  Flachen 
der  holoedrischen  Form,  welche  resp.  in  den  Dreiecken  1,  2, 
3,  4,  5,  6  berühren,  nur  die  in  1,  3,  5  berührenden  beibehalt. 
Ebenso  lässt  sich  aber  auch,  wie  wir  in  §  4  zeigten,  mit  den 
Flächen  2,  4,  6  und  den  gleichwerthigen  ein  Pentagon-Ikosi- 
tetraeder  bilden.  Das  erste  besteht  aus  denjenigen  Grenz- 
flächen, die  wir  oben  in  §  4  als  die  Flächen  s  bezeichneten, 
das  andere  aus  den  Flächen  17. 

Da  die  hier  betrachtete  Hemiedrie  nur  Axensymmetrie 
enthält,  so  sind,  wie  wir  oben  nachgewiesen  haben,  die  beiden 
bezüglichen  Krystallformen  einander  spiegelbildlich  gleich,  aber 
nicht  congruent.  Die  Reihenfolge,  in  welcher  analoge  Kanten 
resp.  Flächen  aneinander  stossen,  ist  in  ihnen  nach  entgegen- 
gesetzten Richtungen  gewendet.  Solche  Gestalten  haben  wir 
oben  als  enantiomorph  bezeichnet;  dies  ist  der  Grund,  weswegen 
wir  der  Hemiedrie  den  Namen  „enantiomorphe  Hemiedrie^ 
beigelegt  haben. 

Die  speciellen  Formen,  welche  sich  bei  besonderer  Lage 
von  s  ergeben,  stimmen  mit  den  in  §  9  erwähnten  überein. 
Es  kommen  zunächst  nur  die  Fälle  in  Frage,  dass  s  resp. 
auf  einer  zweizähligen,  einer  dreizähligen  oder  einer  vierzähligen 
Axe  senkrecht  steht.  Ihnen  entspricht  wieder  resp.  das  Rhom- 
bendodekaeder, das  Octaeder  und  das  Hexaeder. 

Eine  besondere  Gestalt  der  Krystallform  stellt  sich  aber 
auch  dann  ein,  wenn  die  Ebene  £,  ohne  auf  einer  der  Sym- 
metrieaxen  senkrecht  zu  stehen,  eine  besondere  Lage  zu  den- 
selben hat.  Liegt  z.  B.  der  Berührungspunkt  auf  dem  Bogen 
BA,  so  fallen  die  von  B  ausgehenden  Kanten  in  die  Ebenen 


-     173    — 

(bv)  nnd  (hw),  die  entstehende  Erystallform  muss  daher  das 
oben  betrachtete  Ikositetraeder  sein,  welches  sich  bei  der  be- 
zQglichen  Lage  von  £  auch  für  die  Holoedrie  ergiebt. 

Es  lässt  sich  übrigens  ganz  allgemein  zeigen,  dass  in 
den  hier  genannten  Fällen  sich  immer  nur  solche  Formen  er- 
geben können,  die  auch  bei  der  Holoedrie  auftreten.  Dies 
tritt  jedesmal  dann  ein,  wenn  wir  die  Ebene  s  so  spedalisiren, 
dass  die  oben  mit  €  und  17  bemchneten  Grenzflächen  der  höh' 
edrischen  Form  identisch  werden;  d.  h.,  wie  wir  es  auch  aus- 
drücken können,  wenn  die  Ebene  €  so  liegt,  dass  sie  durch 
das  der  Hemiedrie  fehlende  Symmetrieelement  in  sich  selbst 
übergeht.  In  diesem  Fall  sind  in  der  That  die  zu  s  und  17 
gehörigen  hemiedrischen  Eiystallformen  unter  sich  und  mit 
der  holoedrischen  Form  identisch. 

Uebrigens  ist  zu  bemerken,  dass  diese  Uebereinstimmung 
nur  eine  geometrische  sein  kann.  Physikalisch  verhalten  sich 
die  Flachen  für  Hemiedrie  und  Holoedrie  nicht  gleichartig. 
Die  holoedrische  Grenzfläche  zeigt  ein  Verhalten,  das  in  sich 
symmetrisch  ist,  für  die  hemiedrische  Fläche  ist  dies  aber 
nicht  der  Fall,  da  ihr  Inneres  von  keinerlei  gleichwerthigen 
Richtungen  getroffen  wird. 

§  11.  Die  hemimorphe  Hemiedrie  ist  durch  den  Mangel 
der  zweizähligen  Axen  u,  v,  w  und  der  Symmetrieebenen  6 
characterisirt;  überdies  sind  die  dreizähligen  Axen  nur  ein- 
seitig^ und  6,  6',  6"  als  Symmetrieaxen  erster  Art  nur  zwei- 
zählig.  Die  auf  a  und  a  liegenden  sechsseitigen  Ecken  sind 
Yon  derselben  Art,  wie  im  Hauptfall;  aber  die  beiden  Ecken, 
in  denen  die  Axe  a  die  Erystallform  trifft,  sind,  da  die  Axe 
einseitig  ist,  nicht  mehr  gleichwerthig,  und  das  gleiche  gilt 
daher  von  den  Ecken,  welche  auf  den  in  Fig.  19  enthaltenen 
Axen  a  und  a  liegen.  Auf  den  Axen  b,  b\  b"  bildet  sich  je 
eine  vierseitige  Ecke  mit  abwechselnd  gleichen  Kanten.  Jede 
Symmetrieaxe  liegt  in  einer  Symmetrieebene ;  alle  diese  Ebenen 
theilen  die  Eugel  in  24  gleichwerthige  sphärische  Dreiecke; 
die  Dreiecke  1  und  V  bilden  zusammen  eines  davon.  Das  in 
£  liegende  Polygon  ist  Schnitt  mit  der  von  a,  &,  d  gebildeten 


—     174    — 

dreiseitigen  Ecke,  also  ein  Dreieck.  Die  Krystallform  heisst 
Hexakisietraeder. 

Die  Krystallform  entsteht  aus  der  holoedrischen  Form, 
indem  von  den  acht  an  der  Axe  h  liegenden  Grenzflächen  nur 
vier  beibehalten  werden,  darunter  1  und  2,  während  die  neben 
ihnen  in  den  benachbarten  Octanten  berührenden  Flächen 
verschwinden.  Die  letzteren  und  die  ihnen  gleichwerthigen 
bilden  ebenfalls  eine  Krystallform  der  Hemiedrie.  Beide  Formen 
sind  einander  congruent,  jede  ist  sich  selbst  spiegelbildlich 
gleich. 

Das  Hexakistetraeder  ist^  was  Ecken  und  Begrenzungs- 
flächen betrifft,  der  allgemeinste  Typus  desjenigen  Körpers, 
den  wir  oben  als  Tetrakishexaeder  bezeichnet  haben.  Der 
Unterschied  zwischen  beiden  Korpern  besteht  darin,  dass  das 
Dreieck  des  Tetrakishexaeders  gleichschenklig  ist,  das  des 
Hexakistetraeders  dagegen  beliebig.  Bezüglich  der  Entstehung 
beider  Körper  läuft;  die  Differenz  darauf  hinaus,  dass  bei 
ersterem  Körper  der  Berührungspunkt  E  der  Grenzfläche  s 
ein  Punkt  des  Bogens  B  W  ist,  während  er  bei  letzterem  be- 
liebig innerhalb  des  aus  1  und  V  bestehenden  Dreiecks  liegt. 

Für  specielle  Lagen  von  b  ergeben  sich  hier  ausser  den 
schon  oben  abgeleiteten  Formen  noch  zwei  neue.  Den  Fall, 
dass  £  senkrecht  zur  Ebene  6  ist,  haben  wir  bereits  oben 
erledigt.  Ist  a  senkrecht  zu  einer  Ebene  «t",  und  liegt  der 
Berührungspunkt  E  auf  AW^  so.  fallen  je  zwei  sonst  ver- 
schiedene Ebenen  zusammen^  die  auf  a  liegende  Ecke  wird 
gleichkantig  und  dreiseitig  und  die  in  £  liegende  Grenzfläche 
ist  der  Schnitt  mit  der  durch  a,  h,  V,  a  bestimmten  vier- 
seitigen Ecke.  Sie  ist  daher  ein  Viereck,  welches  zwei  Paar 
gleicher  anstossender  Seiten  besitzt.  '  Die  Krystallform  wird 
von  zwölf  solchen  Vierecken  begrenzt  und  heisst  Deltoeder  oder 
Deltoiddodekaeder;  sie  ist  der  allgemeinste  Typus  derjenigen 
Figur,  von  welcher  das  Rhombendodekaeder  einen  speciellen 
Fall  darstellt. 

Ist  £  in  der  Weise  zu  einer  Ebene  f^  senkrecht,  dass  der 
Berührungspunkt  auf  dem  Bogen  AB  liegt,  so  entsteht  eben- 
falls eine  neue  Form.     Auf  der  Axe  a  bildet  sich  wieder  eine 


-     175     - 

gleichkantige  dreiseitige  Ecke,  während^  was  ausdrücklich  zu 
bemerken  ist,  die  auf  d  liegende  Ecke  sechsseitig  bleibt;  die 
beiden  Hälften  der  dreizähligen  Axen  sind  in  diesem  Fall 
nicht  gleichwerthig;  und  ebensowenig  die  Bogen  BA  und  HÄ. 
Die  auf  h^  h\  V  liegenden  Ecken  gehen  ganz  verloren*,  diese 
Axen  werden  Normalen  zu  Kanten  der  Erjstallform.  Solcher 
Kanten  giebt  es  im  Ganzen  sechs.  Keine  dieser  Kanten  geht 
durch  die  auf  a  liegende  Ecke;  dagegen  treffen  sie  die  auf  d 
liegende  Ecke,  und  da  es  sechs  Kanten  und  vier  solche  Ecken 
giebt,  so  sind  diese  sechs  Kanten  einander  gleich  und  bilden 
ein  regelmässiges  Tetraeder;  jede  der  vier  Ecken  wird  von 
drei  Kanten  getroffen,  und  je  zwei  gegenüberliegende  Kanten 
des  Tetraeders  stehen  auf  einer  der  Axen  6,  h\  6"  senkrecht. 
Die  in  s  liegende  Grenzfläche  ist  Schnitt  mit  derjenigen  drei- 
seitigen Ecke,  welche  von  den  Ebenen  OA  F,  OAWxmA  OBÄ 
gebildet  wird.  Die  Krystallform  ist  daher  ein  Zwölfflächner, 
der  vier  dreiseitige  und  vier  sechsseitige  Ecken  hat,  und  von 
12  gleichschenkligen  Dreiecken  begrenzt  wird.  Er  heisst  Tria- 
hisietraedery  und  kann  dadurch  hergestellt  werden,  dass  man 
auf  jede  Fläche  des  regulären  Tetraeders  je  eine  gerade  drei- 
seitige Pyramide  aufsetzt. 

Ist  £  zu  irgend  einer  der  Symmetrieaxen  senkrecht,  so 
stimmen,  wie  evident,  die  bezüglichen  Krystallformen  mit  den 
für  die  Holoedrie  vorhandenen  überein. 

§  12.  Für  die  letzte  Hemiedrie,  die  noch  zu  untersuchen 
ist,  nämlich  die  paramarphe,  sind  die  Axen  b,  b\  V  je  zwei- 
zahlig  und  die  Axen  a  resp.  d  dreizählig;  ferner  kommen  ihr 
die  Symmetrieebenen  6  und  ein  Symmetriecentrum  zu.  Alle 
Axen  sind  zweiseitig.  Es  bildet  sich  daher  auf  a  und  d  je 
eine  gleichkantige  dreiseitige  und  auf  6,  6',  6"  je  eine  vier- 
seitige Ecke  mit  abwechselnd  gleichen  Kanten.  Von  den  in 
der  Grenzfläche  e  liegenden  Kanten  gehen  je  zwei  von  der 
Axe  a  und  je  zwei  von  der  Axe  b  aus,  die  letzteren  liegen 
gleichzeitig  in  den  Symmetrieebenen.  Die  Krystallform  wird 
daher  von  24  Vierecken  begrenzt,  und  besitzt  acht  dreiseitige 
und  sechs  vierseitige  Ecken.  Sie  heisst  Diploeder  oder  Dydkis- 
(ioddsaeder.     Sie  stimmt  bezüglich  der  Begrenzungsverhältnisse 


—     176     — 

mit  dem  Ikositetraeder  überein,  und  bildet  den  allgemeinen 
Typus  eines  derartigen  Körpers.  Die  Differenz  läuft  darauf 
hinauf,  dass  während  hier  der  Berührungspunkt  E  der  Fläche  € 
innerhalb  des  von  den  Dreiecken  1  und  2  gebildeten  Vierecks 
beliebig  bleibt^  er  beim  Ikositetraeder  in  einen  Punkt  des 
Bogens  AB  fallt. 

Die  Erystallform  kann  gemäss  §  4  auch  dadurch  herge- 
stellt werden,  dass  von  den  acht  um  den  Punkt  B  liegenden 
Flächen  abwechselnd  vier  beibehalten  und  vier  getilgt  werden; 
überdies  bestimmen  auch  die  letzteren  vier  Ebenen  und  die 
ihnen  gleichwerthigen  eine  Krystallform. 

Von  speciellen  Formen  kann  neben  dem  Ikositetraeder 
auch  das  Triakisoctaeder  auftreten;  es  entspricht  derselben 
Lage  von  £,  wie  bei  der  Holoedrie.  Ist  s  zur  Symmetrie- 
ebene ff  senkrecht,  so  ergiebt  sich  eine  bisher  noch  nicht  er- 
wähnte Form.  Auf  a  bleibt  eine  dreiseitige  Ecke;  die  auf 
b,  V,  V  liegenden  Ecken  dagegen  gehen  verloren;  es  bilden 
sich  Kanten,  die  auf  diesen  Axen  senkrecht  stehen,  und  in 
den  Symmetrieebenen  6  liegen.  Die  in  der  Ebene  b  liegende 
Grenzfläche  wird  von  der  Ebene  OB  V  und  den  Axen  a  und  a 
getroffen;  sie  ist  daher  nach  Satz  XVI  ein  Fünfeck.  Da  die 
Axen  a  zweiseitig  sind,  so  hat  das  Fünfeck  vier  gleiche  Kanten; 
es  liegt  überdies  symmetrisch  zur  Ebene  tf;  die  fünfte  Kante 
wird  von  6  senkrecht  getroffen.  Die  Krystallform  wird  von 
zwölf  solchen  Fünfecken  begrenzt  und  heisst  Pentagondodekaeder, 

Von  andern  speciellen  Lagen  kommen  nur  noch  die  Fälle 
in  Frage,  dass  e  zu  einer  Symmetrieaxe  senkrecht  ist;  sie 
führen  daher  nicht  zu  neuen  Formen. 

§  13.  Die  Tetartoedrie  enthält  keinerlei  Symmetrieebenen, 
überdies  nur  die  zweizähligen  Axen  &,  &',  V  und  die  ein- 
seitigen dreizähligen  Axen.  Auf  a  und  d  entsteht  je  eine 
dreiseitige  gleichkantige  Ecke,  solcher  Ecken  giebt  es  acht; 
aber  wegen  der  Einseitigkeit  der  dreizähligen  Axen  sind  sie 
nicht  sämmtlich  gleichwerthig,  sondern  zerfallen  in  zwei  Paare 
von  je  vieren,  die  sich  bei  den  Deckoperationen  immer  nur 
untereinander  vertauschen.  Auf  jeder  der  zweizähligen  Axfen 
steht   eine   Kante    der   Krystallform   senkrecht,    und   solcher 


—     177    — 

Kanten  giebt  es  sechs.  Die  in  der  Ebene  €  liegende  Grenz- 
flache enthält  von  jeder  der  beiden  Arten  dreiseitiger  Ecken 
je  eine,  überdies  wird  sie  von  einer  zweizahligen  Axe  b  ge- 
troffen; sie  ist  daher  gemäss  §  8  ein  Fünfeck,  das  zwei  Paar 
gleicher  Seiten  hat.  Die  Erystallform  wird  von  zwölf  solchen 
FQnfecken  begrenzt  und  heisst  das  tetraedrische  Pentagondodeka- 
eder.  In  den  geometrischen  Begrenznngsverhältnissen  stimmt  sie 
mit  demjenigen  besondem  Pentagondodekaeder  überein,  dem  wir 
eben  bei  der  paramorphen  Hemiedrie  begegnet  sind;  sie  bildet 
den  aUgemeinsten  Typus  eines  derartigen  Körpers.  Während 
aber  der  Berührungspunkt  der  Grenzfläche  b  hier  beliebig 
bleibt,  fiel  er  oben  in  einen  Punkt  des  Bogens  AB, 

Als  specielle  Lagen  von  s  kommen  nur  diejenigen  in  Be- 
tracht, dass  £  zu  einer  Symmetrieaxe  oder  zur  Symmetrie- 
ebene i^  senkrecht  liegt  Der  letztere  Fall  ist  durch  das  Vor- 
stehende erledigt,  den  beiden  andern  entspricht  das  reguläre 
Hexaeder,  resp.  das  reguläre  Tetraeder. 

Die  Tetartoedrie  lässt  sich  in  dem  oben  §  4  angegebenen 
Sinn  selbst  wieder  als  Hemiedrie  jeder  der  drei  vorstehenden 
Hemiedrieen  betrachten;  in  der  That  haben  die  zugehörigen 
Gruppen  das  oben  Cap,  V,  17  und  Cap.  VI,  21  hierfür  als  charac- 
teristisch  geschilderte  Verhältniss.  Einerseits  enthält  ja  die 
Tetraedergruppe  T  die  Hälfte  der  Operationen  der  Octaeder- 
gruppe  0  und  andrerseits  bilden  auch  die  Drehungen  der 
Gruppen  T*  und  T^  beidemal  die  Gruppe  jT.  Wir  können 
daher  die  Krystallform  der  Tetartoedrie  aus  den  Krystall- 
formen  der  Hemiedrieen  in  der  oben  §  4  genannten  Weise 
entstehen  lassen.  Bei  der  Krystallform  der  enantiomorphen 
Hemiedrie  haben  wir  am  Punkt  B  diejenige  Grenzfläche  zu 
tilgen,  welche  durch  Drehung  der  Fläche  e  um  90®  entsteht; 
bei  der  hemimorphen  Hemiedrie  fällt  diejenige  Fläche  aus, 
welche  durch  Spiegelung  gegen  </  aus  s  hervorgeht,  und  end- 
lich geht  bei  der  paramorphen  Hemiedrie  diejenige  Grenzfläche 
verloren,  welche  sich  aus  s  durch  Spiegelung  gegen  6  ergiebt. 

§  14.  Die  ErystaUflysteme  mit  einer  swei-,  drei-,  vier- 
oder  seohssSbligen  Hanptaxe.  Für  diese  Krystallsysteme  sind 
die  bezüglichen  Krystallformen  so  einfache  Korper  resp.  Raum- 

Schoen flies,  Kryatallstmctur,  12 


—     178    — 

figuren,  dass  wir  die  Angabe  der  bezüglichen  Verhältnisse 
nicht  mehr  so  eingehend  zu  begründen  brauchen,  wie  dies 
soeben  für  das  reguläre  Krystallsystem  geschehen  ist  Wir 
werden  uns  im  .wesentlichen  auf  die  geometrischen  Haupt- 
sachen beschränken. 

Für  die  Ableitung  der  bezüglichen  Krystallformen  wird 
am  zweckmassigsten  die  Eintheilung  VI,  23  zu  Grunde  gelegt. 
Die  Krystallformen  für  die  Systematik  von  VI,  24  sind  damit 
von  selbst  bestimmt. 

Wir  legen  für  die  folgenden  Betrachtungen  ^  um  sie  für 
alle  Krystallsysteme  gleichzeitig  abzuleiten,  eine  n-zählige 
Hauptaxe  zu  Grande.  Sehen  wir  von  den  einfachen  Ver- 
hältnissen des  monogonalen  Systems  ab,  so  kann  n  die  Wert.he 
2,  3,  4,  6  haben. 

Für  die  Holoedrie  existireu  ausser  der  Hauptaxe  und  den 
n  Nebenaxen  die  Symmetrieebene  17  und  die  n  Symmetrie- 
ebenen  6  resp.  ^.  Die  Ebene  iy  denken  wir  uns,  um  die  Vor- 
stellung zu  fixiren,  als  Aequatorialebene.  Die  Kugel  wird, 
wie  aus  den  allgemeinen  Sätzen  folgt,  durch  die  Symmetrie- 
ebenen in  4w  gleichwerthige  Dreiecke  zerlegt,  und  zwar  Hegt 
eine  Ecke  jedes  Dreiecks  auf  der  Hauptaxe,  während  die  andern 
beiden  Ecken  Schnittpunkte  der  Kugel  mit  zwei  benachbarten 
Nebenaxen  sind;  die  Seiten  des  Dreiecks  liegen  in  den  Sym- 
metrieebenen. Da  jede  Symmetrieaxe  Schnittlinie  von  Sym- 
metrieebenen ist,  so  ist  die .  Grenzfläche  der  Krystallform  ein 
Dreieck,  das  im  Allgemeinen  nicht  gleichschenklig  ist;  4n  solche 
Dreiecke  bilden  die  Krystallform.  Auf  der  Hauptaxe  liegt  je 
eine  2n-seitige  Ecke,  während  jede  Nebenaxe  je  eine  vier- 
seitige Ecke  trifft;  nur  die  abwechselnden  Kanten  aller  Ecken 
sind  einander  gleich.  Die  Schnittfigur  mit  der  Aequatorial- 
ebene ist  ein  2n-Eck;  dasselbe  ist  im  Allgemeinen  nicht 
gleichseitig,  vielmehr  bilden  die  abwechselnden  Ecken  je  ein 
reguläres  n-Eck.  Nur  wenn  die  Ebene  a  mit  6  und  f^  gleiche 
Winkel  bildet,  wird  das  2n-Eck  regelmässig. 

Ist  im  besondern  n  =  2,  so  ist  die  Figur  ein  Rhombus, 
und  bei  der  eben  genannten  speciellen  Lage  von  s  ein  Quadrat.' 

Jenachdem  n  =  6,  4,  3  ist,  heisst  die  Krystallform  dihexa- 


-     179     — 

gondle,  düetragonale,  ditrigonale  Pyramide.  Für  n  =  2  ist  sie 
ein  Octaeder,  yod  dem  jede  Diagonalebene  ein  Rhombus  ist. 
Sie  heisst  rhombische  Pyramide  und  ist  gleichzeitig  die  holo- 
edrische Erystallform  des  rhombischen  Systems. 

Ist  e  der  Hanptaxe  parallel,  so  geht  die  Pyramide  in 
einen  2n-seitigen  prismatischen  Körper  über,  dessen  Seiten- 
flächen sich  ins  unbegrenzte  erstrecken.  Ist  e  zu  einer  Sym- 
metrieebene 6  oder  ^  senkrecht;  so  entsteht  im  Allgemeinen 
eine  reguläre  n-seitige  Doppelpyramide ,  für  n  =  2  dagegen 
ergiebt  sich  eine  offene  Erystallform  von  prismatischer  Gestalt, 
deren  Schnitt  ein  Rhombus  ist.  Wenn  e  zu  einer  Nebenaxe 
senkrecht  ist,  so  wird  die  Erystallform  wieder  prismatisch. 
Ist  endlich  b  zur  Hauptaxe  senkrecht,  so  entseht  ein  Ebenen- 
paar. ^) 

Die  enarUiomorphe  Hemiedrie  ist  durch  den  Mangel  der 
Symmetrieebenen  characterisirt.  Auf  der  Hauptaxe  bilden  sich 
daher  gleichkantige  n-seitige  Ecken,  die  Nebenaxen  laufen 
senkrecht  zu  Eanten  der  Erystallform,  und  solcher  Eanten 
giebt  es  2n;  je  n  von  ihnen  sind  gleichwerthig.  Bei  allge- 
meiner Lage  von  e  ist  das  von  ihnen  gebildete  2n-Eck  nicht 
mehr  eben,  sondern  windschief.  Die  in  e  liegende  Grenzfläche 
wird  von  einer  n- zähligen  und  zwei  zweizähligen  Axen  ge- 
troffen, sie  ist  daher  gemäss  Lehrsatz  XYI  dn  Viereck,  das  ein 
Paar  gleicher  anstossender  Seiten  enthält.  Die  von  2n  solchen 
Vierecken  eingeschlossene  Erystallform  heisst  im  Allgemeinen 
Trapezoeder,  und  zwar  hexagonales,  tetragonales  oder  trigonales 
Trapejsoeder,  je  nachdem  n  «=  6,  4,  3  ist.  Für  n  =  2  ist  die 
Erystallform  ein  analog  gebildeter  Vierflächner,  d.  h.  ein  Tetra- 
eder; jede  der  zweizähligen  Axen  steht  auf  zwei  gegenüber- 
liegenden Eanten  des  Tetraeders  senkrecht,  überdies  sind  je 
zwei  solcher  Eanten  einander  gleich  und  kreuzen  sich  recht- 
winklig. Dieses  Tetraeder  heisst,  weil  es  bei  der  gewohn- 
lichen Systematik  der  Hemiedrie  des  rhombischen  Systems  ent- 
spricht, rhombisches  Sphenoid. 

1)  Das  Prisma  selbst  ist  keine  eigentliche  einfache  Erystallform, 
68  ist  vielmehr  die  Combination  eines  prismatischen  Baumtheils  mit 
einem  Ebenenpaar.    Vgl.  §  16. 

12* 


-     180    — 

Aus  der  holoedrischen  Form  lässt  sich  die  enantiomorphe 
Form  bilden,  wenn  von  den  Grenzflächen  der  2n- seitigen  Ecken 
nur  die  abwechselnden  beibehalten  worden.  Je  nach  der  Wahl 
dieser  n  Ebenen  erhalten  wir  gemäss  §  4  zwei  verschiedene 
Erystallformen;  die  eine  ist  der  andern  spiegelbildlich  gleich. 

Für  specielle  Lagen  von  e  kann  das  Trapezoeder  in  eine 
n-seitige  Doppelpyramide,  einen  prismatischen  Korper  u.  s.  w. 
übergehen. 

Die  hemimorphe  Hemiedrie  ist  durch  den  Mangel  der  Neben- 
axen  characterisirt;  mit  ihnen  fehlt  auch  die  zur  Hauptaxe 
senkrechte  Symmetrieebene.  Die  Hauptaxe  wird  dadurch  ein- 
seitig und  die  Erystallform  reducirt  sich  auf  eine  2n'Seitige 
Jcörperlicke  Ecke,  welche  der  einen  (oberen  oder  unteren)  Hälfte 
der  holoedrischen  Form  entspricht.  Von  letzterer  gehen  die 
sämmtlichen  Flächen  verloren,  welche  an  dem  einen  Ende  der 
Hauptaxe  liegen.  Die  speciellen  Formen  sind  theils  prismati- 
scher Natur,  theils  wird  die  Ecke  n-seitig  u,  s.  w. 

Die  paramorphe  Hemiedrie  enthält  eine  w- zählige  Hauptr 
axe  a  und  die  zu  ihr  senkrechte  Symmetrieebene.  Die  Kry- 
stallform  ist  daher  eine  regtdäre  gerade  n-seitige  Doppelpyramide, 
die  im  besondern  auch  in  eine  prismatische  Raumfigur  über* 
gehen  kann.  Für  n  =  2  hat  die  Krystallform  bei  beliebiger 
Lage  von  €  ein  oiffene  prismatische  Gestalt  mit  rhombischem 
Querschnitt. 

Die  hemimorphe  Tetartoedrie  besitzt  nur  eine  n- zählige 
Axe;  durch  Drehung  um  sie  entsteht  aus  s  eine  n-seitige 
Ecke;  diese  stellt  daher  die  Erystallform  dar.  Sie  kann  eben- 
falls prismatische  Gestalt  annehmen  u.  s.  w. 

§  15.  Die  Meroedrieen  der  zweiten  Abtheilung  kommen 
nur  für  n  «=  6,  4,  2,  resp.  da  wir  den  einfachen  Fall  n  =  2, 
dem  ein  paralleles  Flächenpaar  entspricht,  unberücksichtigt 
lassen  können,  nur  für  n  =  6  und  4  in  Frage.  Setzen  wir 
n  =  2m,  so  ist  die  Hemiedrie  durch  m  zweizählige  Neben- 
axen  und  m  nicht  durch  sie  gehende  Symmetrieebenen  charac- 
terisirt. Die  in  s  liegende  Grenzfläche  ist  daher  gemäss  §  8 
ein  Dreieck,  von  dem  eine  Eante  auf  einer  Nebenaxe  senk- 
recht steht,   während  zwei  andere  Eanten  von  der  Hauptaxe 


-     181     - 

ausgehen  und  in  den  Symmetrieebenen  liegen.  Diese  Kanten 
sind  im  Allgemeinen  nicht  gleich  lang.  Die  auf  den  Neben- 
axen  senkrechten  Kanten  sind  sämmtlich  gleich  lang  und  bilden 
ein  windschiefes  n-Eck,  dessen  Ecken  in  die  Symmetrieebenen 
fallen.  Die  Krystallform  wird  Ton  2n  solchen  Dreiecken  be- 
grenzt und  heisst  Skalenoeder,  und  zwar  hexagonaies  oder  tetra- 
gcnales  Skalenaeder%  je  nachdem  n  =  6  oder  4  ist 

Wenn  b  auf  einer  Symmetrieebene  senkrecht  steht,  so 
erscheinen  specielle  Formen.  Ist  zunächst  n^=^&,  so  ist  die 
Krystallform  ein  regelmässiges  Ehomhoeder.  Nämlich  da  der 
Hemiedrie  mit  einer  Axe  zweiter  Art  ein  Symmetriecentrum 
zukommt,  so  folgt  zunächst  gemäss  Gap.  VI,  §  22,  dass  ihre 
sechs  Flächen  ein  Parallelepipedon  bilden,  und  da  überdies 
je  drei  von  der  Hauptaxe  ausgehende  Kanten  gleich  lang  sind, 
so  ist  jede  Grenzfläche  ein  Rhombus;  dasselbe  steht,  wie  aus- 
drücklich bemerkt  werden  möge,  auf  einer  Symmetrieebene 
senkrecht. 

Ist  n  =  4,  so  ist  die  Hauptaxe  als  Drehungsaxe  nur 
zweizählig;  es  verschwinden  daher  für  die  besondere  Lage 
Yon  e  gemäss  §  8  die  auf  der  Hauptaxe  liegenden  Ecken, 
dafür  treten  Kanten  auf,  welche  auf  der  Hauptaxe  senkrecht 
stehen;  sie  sind  überdies  gleich  lang  und  kreuzen  sich  recht- 
winklig. Ausser  ihnen  bleiben  nur  noch  diejenigen  Kanten 
bestehen,  die  senkrecht  zu  den  Nebenaxen  laufen  und  das 
windschiefe  Viereck  bilden.  Die  vier  Grenzdreiecke  sind  gleich- 
schenklig. Die  Krystallform  ist  daher  ein  Tetraeder  von  be- 
sonderer Art  und  heisst  tetragonales  Sphenoid. 

Für  die  Tetartoedrie  mit  einer  Axe  zweiter  Art  existirt, 
wenn '  zunächst  n  «=»  6  angenommen  wird,  nur  eine  sechs- 
zahlige  Axe  zweiter  Art,  und  diese  ist  einer  dreizähligen  Axe 
erster  Art  und  einem  Symmetriecentrum  äquivalent.  An  jedem 
Axenende  bildet  sich  daher  eine  dreiseitige  gleichkantige  Ecke. 
Das  Symmetriecentrum  bedingt  wieder,  dass  die  sechs  Grenz- 
flächen ein  Parallelepipedon  bilden,  und  zwar^  da  die  von  der 
Axe  ausgehenden  Kanten  gleich  sind,  wieder  ein  Ehofnboeder. 

1)  Das  tetragonale  Skalenoeder  wird  auch  tetragonales  Disphenoid 
genannt 


—     182     — 

Von  dem  regelmässigen  Rhomboeder  unterscheidet  es  sich 
dadurch,  dass  seine  Diagonalebenen  nicht  mehr  gleichzeitig 
Symmetrieebenen  sind. 

Die  bezügliche  Erystallform  des  tetragonalen  Systems  ist 
wieder  ein  Tetraeder  besonderer  Art.  Da  die  Hauptaxe  vier- 
zählig  von  der  zweiten  Art  ist,  trifft  sie  zwei  zu  ihr  senk- 
rechte Kanten,  die  gleich  lang  sind  und  sich  rechtwinklig 
kreuzen.  Ebenso  sind  die  Kanten,  welche  die  Axe  nicht  treffen, 
gleichwerthig  und  gleich  lang.  Das  Tetraeder  heisst  wie  das 
obige  ebenfalls  Sphenoid;  es  bildet  den  allgemeinen  Typus 
des  obigen.  N^ämlich  während  bei  diesem  die  Kanten  des 
Vierecks  die  Hauptaxe  rechtwinklig  kreuzen,  ist  das  bei  dem 
hier  betrachteten  im  Allgemeinen  nicht  der  Fall. 

§  16.  Combinationen  von  Krystallformen.  Die  in  obiger 
Tabelle  aufgeführten  Kry stallformen  stellen,  wie  in  der  Ein- 
leitung hervorgehoben  wurde,  die  einfachsten  Polyeder  dar, 
welche  dieselbe  Symmetrie  besitzen,  wie  die  bezüglichen  Ery- 
stallclassen.  Beispielsweise  haben  wir  im  Ganzen  vier  ver- 
schiedene Arten  symmetrischer  Tetraeder  kennen  gelernt,  näm- 
lich ausser  dem  regelmässigen  diejenigen,  welche  bei  den 
Gruppen  S^^,  8^,  D^  als  allgemeine  resp.  specielle  Formen 
auftraten.  Sie  sind  aber  nicht  die  einzigen  Polyeder  dieser 
Art.  Wie  oben  angegeben,  wurden  die  Krystallformen  dadurch 
erzeugt,  dass  wir  eine  beliebige  Ausgangsebene  s  den  sämmt- 
lichen  Operationen  einer  gewissen  Gruppe  unterwarfen.  Gehen 
wir  statt  von  einer  solchen  Ebene  von  mehreren,  unter  sich 
nicht  gleichwerthigen  Ebenen  aus,  so  erhalten  wir  ebenfalls 
ein  Polyeder,  dessen  Symmetrie  durch  die  genannte  Gruppe 
characterisirt  ist,  und  wenn  wir  Lage  und  Zahl  der  Ausgangs- 
ebenen in  geeigneter  Weise  variiren,  so  werden  wir  auf  diese 
Weise  nach  und  nach  immer  neue  Polyedertypen  ableiten  können. 

Wir  können  uns  ein  derartiges  Polyeder  auch  als  Durch- 
dringungsfigur verschiedener  einfacher  Polyeder  vorstellen,  und 
zwar  derjenigen,  welche  sich  mit  den  einzelnen  Ausgangs- 
ebenen bilden  lassen.  Die  Form  eines  allseitig  gut  entwickelten 
Krystalls  muss  daher,  wenn  wir  noch  hinzufügen,  dass  alle 
Grenzflächen  desselben  von  einem  Punkte  gleich  weit  abstehen, 


-     183     ~ 

stets  mit  einem  derartigen  Polyeder  übereinstimmen.  Mit  Rück- 
sicht darauf  pflegt  man  ein  solches  Polyeder  als  Combination 
wn  Krystallformen  zu  bezeichnen. 

Auf  eine  hieraus  fliessende  Folgerung  sei  besonders  hin- 
gewiesen. Es  folgt  nämlich,  dass  die  einfachen  holoedrischen 
Krystallformen  auch  als  Krystallformen  der  Meroedrieen  auf- 
treten können.  Sie  bilden  allerdings  nicht  mehr  die  einfache 
Krystallform  derselben ,  vielmehr  sind  sie  so  zu  betrachten, 
als  seien  sie  mit  zwei  resp.  vier  ungleichwerthigen  Ausgangs- 
ebenen gebildet. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass,  wenn  wir  die  vor- 
stehenden Ueberlegungen  auch  auf  diejenigen  Gruppen  von 
Operationen  ausdehnen,  welche  eine  krystallographische  Be- 
deutung nicht  haben,  wir  auf  diese  Weise  sämmtliche  symme- 
trischen Polyeder  ableiten  können.^) 

§  17.  Die  Benennungen  der  Unterabtheüungen.  Die 
folgenden  Bemerkungen  knüpfen  sich  in  erster  Linie  an  die 
Benennungen  resp.  an  die  Systematik  von  Cap«  VI,  §  23,  sie 
gelten  aber  im  Ganzen  auch  für  die  sonst  übliche  Systematik. 

Gemäss  Gap.  IV  giebt  es  elf  Krystallclassen,  deren  Gruppen 
nur  Drehungen  enthalten.  Es  geht  daher  auch  die  zu  irgend 
einer  derselben  gehörige  Krystallform  nur  durch  Drehungen 
in  sich  über,  gleichgiltig,  ob  sie  einfach  oder  zusammengesetzt 
ist.  Eine  solche  Krystallform  ist  sich  daher  niemals  selbst 
spiegelbildlich  gleich.  Denken  wir  uns  irgend  eine  derselben, 
Fy  und  construiren  ihr  Spiegelbild  F\  so  sind  beide  Körper 
von  einander  verschieden;  sie  unterscheiden  sich,  wie  wir  oben 
§  4  bereits  erwähnten,  wie  rechte  und  linke  Gliedmassen, 
durch  den  Unterschied  von  rechts  und  links.  Der  Körper  F' 
ist  aber  ebenfalls  eine  Krystallform  der  bezüglichen  Krystall- 
classe.  Er  enthält  nämlich  diejenigen  Symmetrieaxen,  welche 
sich  aus  denen  von  F  durch  Spiegelung  ergeben;  und  da  das 
Axensystem  von  F  sich  in  allen  Fällen  selbst  spiegelbildlich 
gleich  ist,  so  müssen  die  Symmetrieaxen  von  F  und  diejenigen 

1)  Das  Genauere  hierüber  findet  man  in  Hess'  „Lehre  von  der 
Kngeltheilnng'S  worin  die  Bestimmung  aller  symmetriechen  Polyeder 
Yollständig  imd  ausführlich  durchgeführt  ist. 


-     184    — 

von  F'  übereinstimmen.  Für  die  elf  hier  betrachteten  Erystall- 
classen  giebt  es  daher  Formen,  bei  denen  die  Reihenfolge,  in 
welcher  die  Flächen  aneinander  stossen,  in  entgegengesetztem 
Sinn  verläuft,  und  die  deshalb,  wie  bereits  oben  erwähnt^ 
enantiomorphe  Formen  heissen;  mit  Rücksicht  hierauf  sind  alle 
bezüglichen  Hemiedrieen  und  Tetartoedrieen  oben  als  enantio- 
morph  bezeichnet  worden.^) 

Bei  den  andern  Erystallclassen  können  enantiomorphe 
Formen  nicht  auftreten ;  die  zugehörige  Erystallform  geht 
stets  auch  durch  Operationen  zweiter  Art  in  sich  über,  ist 
sich  daher  stets  selbst  spiegelbildlich  gleich. 

Die  hemimorphen  Erystallclassen  sind  dadurch  characte- 
risirt,  dass  für  sie  die  specifischen  Symmetrieaxen  einseitig 
werden.  Bei  den  Erystallsystemen  mit  einer  Hauptaxe  bleibt 
demgemäss  von  der  holoedrischen  einfachen  Erystallform  d.  h. 
^  von  der  Doppelpyramide  nur  die  eine  Hälfte,  resp.  Ecke  als 
hemimorphe  Erystallform  übrig;  die  hemimorphe  Gestalt  ist 
die  gehälfbete  holoedrische  Gestalt  und  hat  daher  ihren  Namen 
erhalten.  Im  regulären  System  ist  die  Beziehung  der  hemi- 
morphen und  holoedrischen  Erystallform  eine  etwas  andere. 
Eine  Analogie  zum  Vorstehenden  bleibt  aber  auch  für  das 
reguläre  System  bestehen.  Nämlich,  wenn  die  dreizähligen 
Hauptaxen  einseitig  werden,  so  sind  die  an  ihnen  liegenden 
Ecken  nicht  mehr  gleichwerthig ,  sondern  verschieden  ge- 
staltet, ebenso  wie  auch  an  den  beiden  Enden  der  Hauptaxe 
eines  der  andern  Erystallsysteme  verschiedene  Ecken  auftreten. 
Mit  Rücksicht  hierauf  scheint  es  angemessen,  die  sämmtlichen 
Unterabtheilungen  mit  einseitigen  Hauptaxen  als  hemimorphe 
zu  bezeichnen. 

Uebrigens  sei  bemerkt,  dass  diese  Verhältnisse  sich  auch 
im  rhomboedrischen,  rhombischen  und  monoklinen  System 
vorfinden. 

Die  Bezeichnung  paramorph  ist  im  Hinblick  auf  die- 
jenigen Erystallclassen  gewählt,  welche  ein  Symmetriecentrum 
besitzen.    Dasselbe  kommt  abgesehen  vom  trigonalen  System 

1)  Pasteur  hat  dafür  den  Ausdrack  hömiedrie  non  saperposable 
eingeführt. 


-     185     - 

jeder  paramorphen  Hemiedrie  zu.  Wenn  aber  eine  Krystall- 
classe  mit  einem  Symmetriecentrum  begabt  ist^  so  giebt  es 
nach  Lehrsatz  XII  zu  jeder  Fläche  der  einfachen  Krystallform 
eine  parallele  Fläche.  Ausser  den  holoedrischen  Erystallformen 
giebt  es  keine  andern  hemiedrischen  Formen,  welchen  diese 
Eigenthümlicbkeit  zukommt;  sie  ist  also  für  dieselben  charac- 
teristisch.  Die  Ausnahme  beim  trigonalen  System  erklärt  sich 
dadurch,  dass  auch  die  Krystallform  der  trigonalen  Holoedrie 
parallele  Flächen  nicht  besitzt.  Wir  können  daher  die  Eigenart 
der  paramorphen  Hemiedrie  dahin  characterisiren,  dass  in  ihr 
zu  jeder  Fläche  eine  parallele  existirt,  falls  derartige  Flächen- 
paare an  der  holoedrischen  Krystallform  überhaupt  auftreten. 

Der  Gharacter  der  paramorphen  Hemiedrie  findet  sich  im 
Allgemeinen  auch  bei  der  Systematik  von  VI,  24.  Zunächst 
liegt  im  rhomboedrischen  System  die  Sache  diesmal  so,  dass 
jetzt  sowohl  die  Hauptabtheilung  Sq**  als  auch  die  paramorphe 
Unterabtheilung  S^  ein  Symmetriecentrum  besitzen.  Dagegen 
fehlt  fär  das  rhombische  System  eine  Hemiedrie  dieser  Art 
gänzlich,  und  auch  das  monokline  System  zeigt  eine  Ausnahme; 
^ie  Krystallform  der  Holoedrie  besitzt  parallele  Flächen,  wäh- 
rend die  Krystallform  der  bezüglichen  Hemiedrie  einzig  eine 
Symmetrieebene  besitzt  und  daher  parallele  Flächen  nicht 
enthält. 

§  18.  Kaleidosoopisohe  Erzeugiing  der  Krystallformen. 
Diejenigen  Krystallformen,  welche  Symmetrieebenen  besitzen, 
sind  kaleidoscopische  Figuren,  ihre  Bilder  können  mittelst  ein- 
facher Apparate  hergestellt  werden.  Dies  wollen  wir  im 
Folgenden  beweisen.  Wir  schicken  zunächst  folgende  vorbe- 
reitende Ueberlegungen  voraus. 

Wie  die  Tabelle  I  lehrt,  giebt  es  für  keine  Drehungs- 
gruppe mehr  als  drei  verschiedene  Arten  gleichwerthiger 
Axen.  Manche  dieser  Axen  ist  einzig  in  ihrer  Art,  wie  z.  B. 
die  Hauptaxe  der  Gruppen  (7»  resp.  Dn,  von  mancher  Art 
giebt  es  mehrere  gleichwerthige.  Fassen  wir  nun  von  jeder 
Art  eine  ins  Auge,  so  sind  durch  sie  nach  dem  Symmetrie- 
gesetz alle  andern  Axen  nothwendig  bestimmt.  Im  Einzelnen 
ergiebt  sich,  dass  bei  den  Diedergruppen  D„,  wie  Cap.  IV,  4 


-     186     - 

lehrt,  die  Gesammtheit  aller  Axen  bereits  durch  die  Haupt- 
axe  und  eine  Nebenaxe  bestimmt  ist.  Für  die  Tetraeder- 
gruppe T  und  die  Octaedergruppe  0  folgt  aus  Cap.  IV,  7, 
dass  alle  nicht  zweizähligen  Axen  a  und  b  sämmtlich  durch 
zwei  von  ihnen  bedingt  sind,  und  endlich  zeigt  der  in  dem- 
selben Capitel  bewiesene  Lehrsatz  YIII,  dass  diese  beiden  Axen 
auch  bereits  die  Existenz  der  zweizähligen  Axen  im  Gefolge 
haben.  Bei  der  Tetraedergruppe  kann  daher  die  Gesammtheit 
aller  Axen  aus  zwei  dreizähligen,  bei  der  Octaedergruppe  aus 
einer  dreizähligen  und  einer  vierzähligen  Axe  hergeleitet  werden. 
Uebersetzen  wir  die  vorstehenden  Erwägungen  in  die 
gruppentheoretische  Sprache,  so  gelangen  wir  zu  der  Erkennt- 
Miss,  dass  die  Gruppen  Z)„,  T,  0  durch  zwei  ihrer  Axen  voll- 
ständig definirt  sind.  Das  kann  aber  nichts  anderes  heissen, 
als  dass  sich  die  sämmtlichen  Deckoperationen  der  bezüglichen 
Gruppe  als  Producte  resp.  Potenzen  der  zu  diesen  Axen  ge- 
hörigen Bewegungen  darstellen  lassen;  denn  ob  die  Gleichung 

8158  =  U 

so  interpretirt  wird,  dass  die  Axen  a  und  b  die  zweizählige 
Axe  u  bedingen,  oder  dahin,  dass  die  Deckoperation  U  der 
Octaedergruppe  0  das  Product  von  8(  und  SB  ist,  läuft  nur 
auf  einen  Unterschied  in  der  Ausdrucksweise  hinaus.  Ueber- 
dies  sei  noch  bemerkt,  dass  diese  Eigenschaft  bereits  oben 
Cap.  IV,  4  für  die  Diedergruppen  entwickelt  worden  ist,  in 
der  That  ist  dorther  ersichtlich,  dass  die  sämmtlichen  Deck- 
operationen dieser  Gruppen  aus  zwei  von  ihnen,  8(  und  U,  ab- 
geleitet werden  können;  d.  h. 

Lehrsatz  XVIII.  Alle  Deckoperationen  der  Gruppe  Dn  lassen 
sich  durch  MultiplicaMon  aus  den  Drehungen  %  und  U  darstellen. 

Für  die  Teiraedergruppe  und  die  Octaedergruppe  bedarf 
die  Behauptung  eines  besonderen  Nachweises.  Wir  schicken 
dazu  folgenden  Hilfssatz  voraus: 

Lehrsatz  XIX.  Gelangt  die  n-mfUige  Axe  a  durch  Drehung 
um  die  p-gählige  Axe  b  in  die  Lage  a',  so  wird  die  zu  a  ge- 
Iwrige  Drehung  %'  durch  das  Product  83*"^?IS3  dargesteUt, 

Beweis.     Wie  in  Cap.  IV,  9  bewiesen,  besteht,  wenn  c 


—     187     — 

eine  der  zweizähligen  Axen  ist  (vgl.  Fig.  15),  fQr  die  im  obigen 
Lehrsatz  genannten  Axen  a  und  b  stets  die  Gleichung 

«95  =  e. 

Es   gilt  aber  auch,    wie   die   Figur    und    der   dazu   gehörige 
Satz  unmittelbar  erkeuneu  lassen,  die  analoge  Gleichung 

9381'=  S. 
Daher  ist 

838l'=Sia3; 

und  hieraus  folgt  durch  linksseitige  Multiplication  mit  95""^ 

r=99-^«95. 
Es  lässt  sich  übrigens  auch  direct  zeigen,  dass  das  Product 
93""  ^8193  der  Drehung  W  äquivalent  ist.  Betrachten  wir  zu 
diesem  Zweck  die  Lagen,  welche  die  Gerade  a  nach  Eintritt 
der  Bewegungen  93""^,  %,  95  annimmt.  Die  Gerade  a  ist  so 
definirt)  dass  sie  aus  a  in  Folge  der  Drehung  93  hervorgeht. 
Durch  die  Drehung  93~*  gelangt  sie  daher  nach  a,  während 
der  Drehung  9(  fallt  sie  mit  a  zusammen,  bleibt  also  in  Ruhe, 
und  die  Drehung  93  bringt  sie  wieder  nach  a'^  das  Product 
93*"*Ä93  ist  daher  in  der  That  einer  Drehung  um  a'  äquivalent. 
Uebrigens  folgt  noch 

31'*  =  93-^a93  .  95-12193  = 

=  95~ia^95 
3l'8  =  a3-is2l2a3.  93-131 95 
=  95-ia«95 
u.  s.  w.     u.  s.  w. 

Aus  dem  vorstehenden  Lehrsatz  lässt  sich  die  obige  Be- 
hauptung ohne  Mühe  folgern.  Zunächst  ist  evident,  dass  was 
für  die  Axe  a  gilt,  für  alle  mit  a  gleichwerthigen  Geraden 
gelten  muss,  und  vertauschen  wir  31  mit  95,  so  ergiebt  sich, 
dass  der  Satz  auch  für  die  mit  b  gleichwerthigen  Axen  zu- 
trifft. Endlich  möge  noch  bemerkt  werden,  dass  er  auch 
dann  in  Geltung  bleibt,  wenn  n=j}.ist,  also  a  und  b  gleich- 
artige Axen  sind,  denn  dies  ist  für  den  in  Gap.  IV,  9  be- 
wiesenen Satz  der  Fall. 

Nun  enthält  die  Tetraedergruppe  die  Drehungen  um  die 
vier  dreizähligen  Axen  a,  a^,  a\  a"'  und  die  Umklappungen 


-     188     - 

um  die  zweizähligen  Axen.  Aus  dem  obigen  Satz  folgern 
wir  zunächst,  dass  sich  die  Drehungen  Ä"  und  Ä'"  aus  Ä  und  W 
durch  Multiplication  zusammensetzen  lassen;  und  damit  folgt 
dasselbe  auch  für  die  Umklappungen  U^  SB,  SB,  denn  sie  sind  ja 
selbst  Producte  von  je  zwei  der  Drehungen  um  die  dreiz'ähligen 
Axen.  Damit  ist  der  Satz  fQr  die  Tetraedergruppe  bewiesen;  d.  h. 

Lehrsatz  XX.  AUe  Drehungen  der  Tetraedergruppe  lassen 
sich  durch  Multiplication  aus  W  und  W  gusammenseUsen, 

Analog  ist  der  Beweis  für  die  Octaedergruppe.  Nämlich 
aus  %  und  93  gehen  durch  Multiplication  gemäss  dem  obigen 
Lehrsatz  zunächst  die  Drehungen  91',  «",  91'",  95',  93"  hervor, 
also  auch  ihre  Potenzen,  und  die  aus  ihnen  durch  Multipli- 
cation gebildeten  Umklappungen;  also  folgt: 

Lehrsatz  XXI«  Alle  Drehungen  der  Octaedergruppe  lassen 
sich  durch  Multiplication  aus  9(  und  93  Busammenseteen, 

§  19.  Es  sei  wieder  G  irgend  eine  Gruppe  zweiter  Art, 
welche  aus  einer  der  vorstehend  genannten  Drehungsgruppen 
Dn,  T,  0  abgeleitet  ist.  Die  bezügliche  Drehungsgruppe  be- 
zeichnen wir  wieder  durch  6r.  @  sei  die  Spiegelung,  welche 
(Cap.  V,  10)  zur  Bildung  der  Gruppe  G  benutzt  worden  ist; 
wie  bewiesen,  kann  dazu  jede  der  Gruppe  angehörige  Spiegelung 
benutzt  werden.  Wie  in  Cap.  V,  4  bewiesen,  erhalten  wir 
alle  Operationen  zweiter  Art  der  Gruppe  Gy  wenn  wir  die 
Operationen  von  G  mit  der  Spiegelung  ©  multipliciren.  Die 
Operationen  von  G  lassen  sich  aber  sämmtlich  aus  zwei  Dre- 
hungen —  sie  mögen  91  und  93  genannt  werden  —  zusammen- 
setzen; und  daraus  folgt,  dass  die  Operationen  von  ^  sämmt- 
lich aus  91,  93  und  @  durch  Multiplication  gebildet  werden 
können. 

Fassen  wir  nun  eine  solche  Erystallclasse  K  ins  Auge, 
für  welche  die  Symmetrieaxen  sämmtlich  in  die  Symmetrie- 
ebenen fallen.     Dies  sind  diejenigen,  welche  den  Gruppen 

o\  T^  A*,  A*,  A*,  ^* 

entsprechen,  also  die  sämmtlichen  Holoedrieen  der  Systeme 
VI,  23,  das  monogonale  ausgenommen  und  ausserdem  die  hemi- . 
morphe  Hemiedrie   des   regulären   Systems.     Wir  bezeichnen 


-      189     - 

die  zur  Krystallclasse  K  zugehörige  Gruppe  wieder  durch  G, 
Die  Symmetrieebenen  zerfallen  den  Raum  in  lauter  dreiseitige 
Ecken.  Eine  dieser  Ecken  greifen  wir  heraus;  ihre  Ebenen 
seien  6,  <T|,  6^y  und  a^  h,  c  seien  die  Schnittlinien  derselben. 
Diese  drei  Geraden  sind  in  jedem  Fall  drei  Symmetrieaxen^ 
die  nicht  gleichberechtigt  sind;  es  kommen  unter  ihnen  dem- 
nach stets  zwei  solche  Axen  vor  —  sie  seien  a  und  h  — 
das3  sich  alle  Drehungen  der  Gruppe  G  aus  den  zugehörigen 
Drehungen^  d.  h.  aus  %  und  93  zusammensetzen  lassen.  Aus 
Ä,  SS  und  einer  der  drei  Spiegelungen  ©,  ©j,  ©g  können  da- 
her sämmtliche  Operationen  von  G  durch  Multiplication  ge- 
bildet werden.  Ist  nun  a  Schnittlinie  von  a  und  tf^  und  b 
Schnittlinie  von  ff  und  ö^f  so  ist 

«  =  ©©1     und     »  =  ©©2. 

Ä  und  S3  lassen  sich  also  selbst  aus  ©,  ©j,  ©g  durch  Multi- 
plication darstellen,  und  daraus  folgt  schliesslich,  dass  alle 
Operationen  von  G  aus  ©,  ©j,  ©^  durch  Multiplication  ge- 
bildet werden  können.     Also: 

Hauptsatz.  Ist  K  eine  Krystdlldassef  deren  Sytnmetrieaxen 
sämmÜich  in  den  Symmetried)enen  liegen^  so  können  alle  Opera- 
turnen  der  zugehörigen  Gruppe  durch  Multiplication  aus  drei 
Spiegelungen  gebildet  werden.  Als  siegelnde  Ebenen  können  die 
Seitenflächen  einer  der  dreiseitigen  Ecken  genommen  werden,  in 
welche  die  Gesammtheit  der  Symmetrieebenen  den  Baum  gertheilt. 

Nun  sei  wieder  F  die  Erystallform  der  Krystallclasse  K, 
und  B  diejenige  ihrer  Grenzflächen,  welche  innerhalb  der  aus 
(f,  ^i;  <^2  gebildeten  dreiseitigen  Ecke  liegt.  Aus  ihr  gehen 
alle  andern  Flächen  hervor,  wenn  sie  den  sämmtlichen  Opera- 
tionen der  Gruppe  G  unterworfen  wird.  Nun  haben  wir  aber 
eben  bewiesen,  dass  jede  dieser  Operationen  durch  Spiege- 
lungen an  den  Ebenen  6,  6^,  6^  ersetzbar  ist,  und  dass  auch 
jedes  Product  derartiger  Spiegelungen  eine  Operation  von  G 
liefert.  Das  heisst  aber  nichts  anderes,  als  dass  alle  Bilder 
von  f,  welche  durch  einmalige  oder  wiederholte  Spiegelung 
an  tf,  6^,  ö^  entstehen  können,  genau  die  sämmtlichen  jy  Grenz- 
flächen  der  durch   s   bestimmten  Krystallform   F  darstellen. 


—     190     ~ 

Dabei  ist  nur  noch  die  Bedingung  zu  erfüllen^  dass  die  Aus- 
gangslage von  B  diese  Bilder  für  uns  wirklich  sichtbar  ent- 
stehen  lässt^  was  im  Allgemeinen  der  Fall  ist.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XXTT,  Die  Krystdllformen,  deren  Symmeirieaxen 
sämmtlich  in  Symmetrieebenen  liegen,  also  auch  alle  holoedri- 
schen KrystaUformen^)  sind  käleidoscopische  Figuren;  sie  enU 
stehen  aus  einer  Qrenjsfläche  durch  Spiegelung  an  den  durch  die 
Seiten  dieser  Grenefläche  gehenden  Symmetriedfenen. 

Um  sich  das  Bild  der  Krystallformen  zu  verschaffen,  ver- 
fahrt man  daher  zweckmässig  so,  dass  man  in  die  aus  drei 
spiegelnden  Flächen  gebildete  Ecke  eine  Flüssigkeit  giesst 
Durch  Veränderung  der  Oberfläche  kann  man  der  Krystall- 
form  alle  möglichen  Gestalten  geben,  auch  die  besonderen, 
die  oben  §  9 ff.  erwähnt  wurden;  man  hat  nur  dafür  zu  sorgen, 
dass  die  Oberfläche  der  Flüssigkeit  die  geeignete  Lage  erhält. 
Natürlich  ist  darauf  zu  achten,  dass  die  Oberfläche  mit  den 
drei  Seitenflächen  keine  spitzen  Winkel  bildet  (von  aussen  ge- 
sehen), weil  sonst  der  Berührungspunkt  der  Oberfläche  mit 
der  bezüglichen  Eugel  nicht  in  das  Innere  der  dreiseitigen 
Ecke  fiele. 

Die  vorstehenden  üeberlegungen  treffen  auch  für  die- 
jenigen Krystallclassen  zu-,  welche  nur  eine  einzige  n- zählige 
Sjmmetrieaxe  und  n  durch  sie  gehende  Symmetrieebenen  be- 
sitzen.    Diese  Krystallclassen  entsprechen  den  Gruppen 

C»',  C,%  C/,  Cs' 

d.  h.  also  den  hemimorphen  Hemiedrieen  bei  der  Systematik 
VI,  23.  Sind  tf  und  6^  zwei  Symmetrieebenen,  deren  Winkel 
den  kleinsten  möglichen  Werth  hat,  also  gleich  ar :  n  ist,  so 
besteht  gemäss  Gap.  11,  7  die  Gleichung 

wenn  @  und  ©^  die  Spiegelungen  an  6  und  6^  bedeuten.  Es 
können  daher  auch  alle  Potenzen  von  %  aus  @  und  ©^  durch 
Multiplication  gebildet  werden,  und  demnach  auch  alle  Opera- 
tionen der  Gruppe  Cn^ .     Aus   denselben   Gründen,  wie  eben, 

1)  Hier  wird  die  Systematik  von  Cap.  VI,  §  28  vorauBgesetzt. 


—     191     — 

folgt  alsOy  dass  die  Erystallform  eine  kaleidoscopische  Figur 
ist;  sie  entsteht^  wenn  man  in  den  von  6  und  6^  gebildeten 
Winkelraum  irgend  einen  geeigneten  Winkelstreifen  aus  Papier 
oder  sonstigem  festen  Material  einfügt.  Will  man  sich  wieder, 
um  die  wechselnden  Formen  der  gleichseitigen  Ecke  auf  ein- 
mal zu  erzeugen^  der  Flüssigkeiten  bedienen,  so  hat  man  nur 
nothig,  den  von  6  und  6^  gebildeten  Ebenenwinkel  an  einer 
Seite  durch  eine  —  nicht  spiegelnde  —  Wand  abzuschliessen. 
Wir  können  demnach  schliesslich  folgendes  zusammenfassende 
Resultat  aussprechen: 

Hauptsatz.  Die  Krystallformen  der  Holoedrieen  und  hemi- 
morphen  Hemiedrieen  dller  Krystcdlsysteme  sind  kaleidoscopische 
Figttren,  die  sich  mit  einer  beliebigen  Ausgangsebene  bilden  lassen. 

§  20.  Endlich  lassen  sich  die  obigen  Sätze  in  gewisser 
Weise  auch  auf  diejenigen  Krystallclassen  ausdehnen,  deren 
Symmetrieaxen  nicht  sämmtlich  in  den  Symmetrieebenen  liegen. 
Dies  sind  in  erster  Linie  diejenigen,  welche  den  Gruppen 

entsprechen;  dazu  würden  noch,  wenn  wir  aile  mit  Ebenen- 
symmetrie begabten  Krystallclassen  durchmustern ,  die  zu 
den  Gruppen 

(7*  c^  ^'*  n^  n^  =  s 

gehörigen  kommen;  bei  den  letzteren  treten  aber,  da  sie  nur 
eine  Symmetrieebene  enthalten,  so  einfache  Verhältnisse  auf, 
dass  sie  Ton  vom  herein  aus  dem  Spiele  bleiben  können. 

Die  zur  Gruppe  T*  gehörige  Krystallform  besitzt  (§  2) 
drei  Symmetrieebenen,  die  sich  in  den  zweizähligen  Axen 
schneiden;  sie  bilden  daher  acht  dreiseitige  Ecken  um  den 
Punkt  0.  Innerhalb  jeder  derselben  liegen  drei  Grenzflächen 
der  Erystallform.  Auf  den  aus  ihnen  gebildeten  Körper  und 
die  spiegelnden  Wände  der  dreiseitigen  Ecke  lassen  sich  die 
obigen  Betrachtungen  ohne  Mühe  ausdehnen.  In  diesem  Fall 
ist  nämlich  unmittelbar  ersichtlich,  dass  die  in  den  andern 
körperlichen  dreiseitigen  Ecken  liegenden  Grenzflächen  aus 
den  obigen  durch  wiederholte  Spiegelung  an  den  drei  senk- 
rechten Symmetrieebenen  entstehen  müssen.     Bringt  man  da- 


-     192    — 

her  in  die  dreiseitige  Ecke  einen  Körper,  welcher  drei  um 
eine  dreizählige  Axe  liegende  Grenzflächen  der  Erjstallform 
repräsentirt,  so  geht  aus  ihm  durch  Spiegelung  an  den  Wänden 
der  Ecke  das  Bild  der  ganzen  Erjstallform  hervor. 

Das  gleiche  gilt  für  die  Gruppen  Sg"  und  ^4**.  Die  erstere 
enthält  drei  durch  die  Hauptaxe  gehende  Symmetrieebenen;- 
diese  zertheilen  den  Raum  um  die  Axe  in  SQchs  Flächenwinkel, 
und  innerhalb  eines  jeden  verläuft  eine  zweizählige  Axe. 
Innerhalb  jedes  Winkelraums  liegen  daher  zwei  Grenzflächen 
der  Krystallform ,  und  man  erhält,  wenn  man  einen  Körper, 
der  zwei  derartige  Grenzflächen  darstellen  kann,  in  einen  der 
Winkelräume  hineinbringt,  durch  Spiegelung  an  den  Wänden 
das  Bild  der  gesammten  Kxystallform.  Dies  folgt  ebenso, 
wie  der  entsprechende  Satz  für  die  Gruppen  (7»'.  Genau  das 
analoge  gilt  für  diejenige  Krystallform,  welche  der  Gruppe  /S4" 
entspricht.^) 

Die  folgende  Tabelle  über  die  Winkel,  welche  die  spie- 
gelnden Seitenflächen  mit  einander  bilden,  ergiebt  sich  un- 
mittelbar aus  den  oben  §  18  über  Natur  und  Character  der 
Krystallform  gemachten  Bemerkungen. 

A.    Die  Holoedrieen. 

1.  0*.    Reguläres  System 45^  60^  90<». 

2.  Dg*.  Hexagonales  System    ....  30<>,  90^,  90^. 

3.  D/.  Tetragonales  System   ....  45^,  90^,  90^. 

4.  D3*.  Trigonales  System 60<>,  90«,  90^. 

f).    V\  Digonales  System 90^,  90«,  90^ 

B.    Die  hemimorphen  Hemiedrieen. 

1.    T^,    Reguläres  System 60^,  60®,  90^ 

,  2.   Cq\    Hexagonales  System     ....   30®. 

3.  C^\    Tetragonales  System  ....  45®. 

4.  C3^    Trigonales  System 60®. 

5.  CJ^    Digonales  System 90®. 

1)  Vgl.  über  die  kaleidoscopischen  Figaren  z.  B.  Hess,  Neaes 
Jahrb.  f.  Min.  1889,  S.  54,  sowie  FedQrow,  ebenda,  1890,  S.  234. 


—     193     — 

Die  Thatsache,  dass  die  holoedrischen  Krystallformen  kalei- 
dosoopische  Figuren  sind,  ist  bereits  von  Mob  ins  ausgesprochen 
worden.^)  Dagegen  ist  man  erst  in  neuerer  Zeit  auf  den  Gedanken 
gekommen,  die  Gestalt  der  Krystallformen  durch  kaleidoscopische 
Apparate  anschaulich  zu  machen.  Solche  Apparate  sind  zuerst 
von  Hess  angegeben  worden.*)  Das  Hessische  Verfahren  muss 
im  Princip  natürlich  mit  dem  oben  im  Text  dargestellten  überein- 
stimmen;  es  unterscheidet  sich  von  demselben  darin,  dass  Hess 
in  die  spiegelnde  Ecke  ein  passendes  festes  Dreieck  einftlgt.  Von 
diesem  Dreieck  wird  überdies  das  Innere  ausgeschnitten;  dies  hat 
den  Erfolg,  dass  in  dem  von  den  Spiegeln  erzeugten  Bild  auch 
das  Innere  der  Erjstallform  sichtbar  wird,  so  dass  mit  der  Ery- 
stallform  zugleich  ihre  Sjmmetrieebenen  unmittelbar  zur  Wahr- 
nehmung gelangen,  ünabh&ngig  von  Hess  haben  auch  G.Werner') 
und  £.  C.  Fedorow^)  kaleidoscopische  Apparate  zur  Demonstra- 
tion Yon  Krystallformen  angefertigt. 

Man  verdankt  Fedorow  auch  die  Construction  von  Apparaten, 
welche  zur  Demonstration  derjenigen  Krystallformen  dienen  können, 
die  keinerlei  Symmetrieebenen  enthalten.^)  Die  Apparate  beruhen 
auf  folgenden  Erwägungen.  Für  jede  Krystallform  sind  die  Winkel 
der  Begrenzungsflächen,  also  auch  die  Winkel  des  ihnen  entspre- 
chenden Polygons  auf  der  Kugel  bekannt.  Femer  gehen  in  diesem 
Polygon  die  Halbirungslinien  der  Winkel  sämmtlich  durch  den- 
jenigen Punkty  in  welchem  die  betrachtete  Grenzfläche  der  Krystall- 
form die  Kugel  berührt.  Soll  nun  beispielsweise  die  Grenzfläche 
der  einfachen  Krystallform  der  enantiomorphen  Hemiedrie  des 
regulären  Systems  construirt  werden,  welche 
vierzählige,  dreizählige  und  zweizählige  Axen 
enthält,  so  yerfUhrt  man  folgendermassen. 
Man  yerfertige  sich  Winkelstreifen  aus  festem 
Messingblech,  wie  sie  die  nebenstehende  Figur 
darstellt,  und  zwar  einen  solchen  von  90^, 
einen  von  120^  und  einen  von  180^  Die 
Winkel  sind  mit  Halbirungslinien  versehen,  überdies  sind  senk- 
recht zu  ihren  Flächen  in  ihren  Scheitelpunkten  Stifte  angebracht. 


1)  Ueber  das  Gesetz  der  Symmetrie  der  Erystalle,  Werke,  heraus- 
gegeben von  F.  Klein.   Bd.  II,  S.  349. 

2)  Die  Apparate  sind  im  Jahr  1882  in  der  Marborger  Gesellschaft 
rar  Beförderung  d.  Naturw.  demonstrirt  worden. 

8)  Vgl.  Progr.  d.  Realgymn.  zu  Stnttg.,  1882,  (Posthnme  Abhandl.) 

4)  Vgl.  Verhandig.  d.  Petersburger  Miner.  Gesellschaft,  1884,  S.181, 
sowie  Neues  Jahrb.  f.  Min.  1890,   S.  284. 

5)  a.  a.  0.  S.  246. 

Sohoenflies,  KryiUllstrnotar.  13 


—     194     ^ 

Ferner  sei  eine  Holzkugel  vorhanden,  welche  (vgl.  Fig.  19,  S.  169) 
in  den  Punkten  Ä^  B^  W  Vertiefungen  enthält.  In  diese  werden 
die  Stifte  eingelassen,  so  dass  der  Scheitel  des  Winkels  von  90^ 
auf  B  f^lt,  derjenige  von  120^  auf  A  und  deijenige  von  180^ 
auf  W,  Nun  hiege  man  die  Drähte  und  Metallstreifen  noch  so, 
dass  sie  sich  möglichst  der  Oherfläche  der  Kugel  anpassen,  und 
richte  die  halbirenden  Drähte  sO;  dass  sie  sämmtlich  durch  den 
beliebig  gewählten  Berührungspunkt  E  der  Kugel  gehen,  so  bilden 
die  von  A^  B^  W  ausgehenden  Metallstreifen  dasjenige  Polygon 
auf  der  Kugel,  welches  der  im  Punkte  E  berührenden  Krjstallform 
entspricht.  Analog  hat  man  in  den  anderen  Fällen  zu  verfahren, 
wenn  die  Krystallform  nur  Axensymmetrie  besitzt.  In  den  wenigen 
Fällen,  dass  auch  Axen  zweiter  Art  auftreten,  bedarf  es,  wie 
a.  a.  0.  angegeben  ist/)  einer  geringen  Modification. 

Vgl.  S.  247. 


Achtes  CapiteL 
Analytische  Darstellnng  der  Symmetrieverhältnisse. 

§  1.  Ck>ordinatentraii8formationen  und  Substitutionen. 
Für  die  mathematische  Behandlung  der  auf  der  Erystall- 
symmetrie  beruhenden  Erscheinungen  ist  es  nothig,  die  ver- 
schiedenen Symmetrieeigenschaften  analytisch  im  Bereich  der 
Coordinatenrechnung  auszudrücken.  Dies  soll  nunmehr  für 
jede  Symmetrieeigenschaft  und  auf  Grund  davon  für  jede  Exy- 
stallclasse  durchgeführt  werden. 

Jede  Symmetrieeigenschafi;  ist  durch  eine  Operation  S 
erster  oder  zweiter  Art  charakterisirt.  Denken  wir  uns  jetzt 
ein  rechtwinkliges  Goordinatensystem  mit  dem  Anfangspunkt  0, 
dessen  Axen  X^  Y,  Z  sind,  und  stellen  wir  uns  vor,  dass  die 
Coordinatenaxen  der  Operation  S  unterworfen  werden,  so  gehen 
aus  ihnen  drei  neue  Axen  X',  Y^  Z  hervor,  welche  denselben 
Anfangspunkt  besitzen.  Sie  sind,  was  ihre  gegenseitige  Lage 
betrifft,  mit  den  Axen  X,  F,  Z  congruent  oder  spiegelbildlich 
gleich,  je  nachdem  S  eine  Operation  der  ersten  oder  zweiten 
Art  ist.     Sind  nun  die  Winkel 

(XZ)  =  «,         (Z'r)-=/J,  (X'Z)  =  y, 

1)      (rx)-«,,     (rr)  =  /j,,      (rz)  =  n, 

SO  gelten  für  die  Coordinaten  X,  Y,  Z,  resp.  X',  Y ,  Z'  des- 
selben Punktes  P  in  Bezug  auf  das  erste  und  zweite  Axen- 
system  die  Gleichungen 

Z'  ==  Z  cos  a  -f  F  cos  /S  +  Z  cos  y 
2)  F  =  Z  cos  «1  +  Fcos  /J,  +  Z cos  y^ 

Z'  =  X  cos  a,  +  Fcos  ft  +  -^  cos  y^ 

18* 


—     196     - 

und 

X  =  X'  cos  a  +  y  cos  a^  -f-  Z'  cos  a^ 
2*)  r=  X'  cos  /J  +  F  cos  /Jj  +  Z'  cos  /3, 

Z  =  X'  cos  y  +  i^  cos  yi  +  Z'  cos  y^ . 
Ferner  hat  die  Determinante 

cos  a  cos  /S  cos  y 

3)  -^  =     cos  «1  cos  /Jj  cos  yi 

cos  «2  cos  /Sj  cos  y^ 

den  Werth  +  1  oder  —  1,  je  nachdem  die  Axen  X',  Y*,  Z' 
den  Axen  X,  Y^  Z  congruent  oder  spiegelbildlich  gleich  sind. 

§  2.  Da  jeder  Symmetrieeigenschaft  eine  Deckoperation  S 
entspricht,  so  entspricht  ihr  in  dem  vorstehenden  Sinn  auch 
immer  eine  bestimmte  Coardinatentrafisformatian,  die  durch  die 
Gleichungen  2)  resp.  2*)  und  den  Werth  der  Determinante  z/ 
bestimmt  ist.  Wird  das  Axensystem  X',  T^,  Z'  einer  neuen 
Coordinatentransformation  unterworfen,  welche  zu  den  Axen 
X",  F",  Z"  fahrt,  so  giebt  es  auch  eine  Coordinatentrans- 
formation, welche  den  üebergang  der  Axen  X,  Z,  Z  in  die 
Axen  X",  F",  Z"  vermittelt  Wie  also  zwei  Operationen  S 
und  9R,  die  nach  einander  ausgeführt  werden,  einer  bestimmten 
Operation  9t  aequivalent  sind,  so  stellen  auch  zwei  Coordinaten- 
transformationen,  die  nach  einander  eintreten,  immer  wieder 
eine  Coordinatentransformation  dar.  Dies  legt  den  Gedanken 
nahe,  mit  den  CoordinatenformcUionen  ebenso  m  rechnen^  wie  mit 
den  Operationen.  Wir  bezeichnen  zu  diesem  Zweck  diejenige 
Coordinatentransformation,  welche  der  Operation  S  entspricht, 
durch  L.  Sind  ebenso  Jlf,  resp.  N  diejenigen  Transformationen, 
welche  den  Operationen  SR  und  91  entsprechen,  und  besteht 
zwischen  £,  äR  und  SSI  in  dem  bekannten  Sinn  die  Gleichung 

Sa»  — 91, 

so   besteht   in    dem   gleichen  Sinn    augenscheinlich   auch  die 
Gleichung 

Wir  können  hinzufugen,  dass  jeder   Formel,  welche  wir  für 


-     197     — 

Operationen  abgeleitet  haben,  eine  analoge  Formel  für  Goordi- 
natentransformationen  zur  Seite  steht,  die  aus  der  ersteren 
einfach  dadurch  hervorgeht,  dass  w^ir  die  deutschen  Buchstaben 
durch  die  lateinischen  ersetzen.  Denn  da  wir  in  den  Coordi- 
natentransformationen  nur  den  analytischen  Ausdruck  der  geo- 
metrischen Operationen  zu  erblicken  haben^  so  muss  wirklich 
zu  jedem  Satz  und  jeder  Formel,  die  von  Operationen  gilt, 
ein  parallel  laufender  Satz^  resp.  eine  parallel  laufende  Formel 
fär  Coordinatentransformationen  existiren.  Da  die  Glei- 
chungen 2)  diejenigen  Werthe  X',  T\  Z'  geben,  welche  bei 
der  Transformation  des  Coordinatensystems  an  die  Stelle  von 
Z,  y,  Z  zu  setzen  sind,  so  pflegt  man  zu  sagen,  dass  sie 
eine  Sf^äbsi^ücm  darstellen.  Es  ist  evident,  dass  auch  die 
Substitutionen  der  Rechnung  unterworfen  werden  können;  wir 
können  geradezu  festsetzen,  dass  wir  unter  h  neben  der  Coordi- 
Datentransformation  die  ihr  entsprechende  Substitution  ver- 
stehen wollen. 

Die  vorstehenden  Ausführungen  lassen  erkennen,  dass 
man,  wie  dies  von  mancher  Seite  geschehen  ist,  die  Ableitung 
der  32  Krystallclassen  auch  so  durchführen  kann,  dass  man 
nicht  die  Operationen  £,  sondern  die  Coordinatentransforma- 
tionen, resp.  die  Substitutionen  L  als  Object  der  Rechnung 
einführt.^)  Man  braucht  in  den  Capiteln  III  bis  Y  unter  den 
dort  benutzten  Zeichen  anstatt  der  Operationen  nur  die  Sub- 
stitutionen zu  verstehen,  und  man  hat  die  genannte  Ableitung 
unmittelbar  vor  Augen.  Dass  hier  vorgezogen  worden  ist,  die 
Rechnungen  an  die  Operationen  selbst  anzuknüpfen,  dafür  war 
im  wesentlichen  der  Umstand  bestimmend,  dass  Bewegungen, 
Spiegelungen  u.  s.  w.  der  Anschauung  leichter  zugänglich  sein 
dürften,  als  die  durch  die  Formeln  dargestellten  Substitutionen, 
zumal  wenn  es  sich  um  die  Interpretation  der  zusammen- 
gesetzten Operationen,  resp.  Substitutionen  handelt.  Andrer- 
seits lässt  sich  aber  auch  der  Uebergang  von  einer  Betrachtungs- 
weise zur  andern  mit  leichter  Mühe  bewerkstelligen. 

Es  seien,  wie  oben,  Z,  F,  Z  die  ursprünglichen  Coordi- 

1)  So  z.  B.  bei  Minnigerode,  Nenes  Jahrb.  f.  Min.  Beilagebd.  6, 
S.  146. 


—     198    — 

naten  eines  Punktes  P,  X',  F,  Z'  diejenigen^  welche  ans 
ihnen  durch  die  Transformation  L  hervorgeheo^  endlich  mögen 
aus  diesen  durch  die  Transformation  M  die  Coordinaten 
Z",  F",  Z'  entstehen.  Sie  sind  mit  X',  Y\  Z'  durch  Glei- 
chungen von  der  Form  2)  verbunden.  Werden  die  bezüglichen 
Werthe  von  X',  F',  Z  in  die  oben  stehenden  Gleichungen  2) 
eingesetzt;  so  ergeben  sich  diejenigen  Gleichungen,  welche 
X,  F,  Z  durch  X",  F",  Z"  ausdrücken  und  die  Ooordinaten- 
transformation  Hi  darstellen.  Analytisch  beruht  daher  die 
Möglichkeit;  mit  den  Coordinatentransformationen  zu  rechnen, 
darin,  dass  durch  Verbindimg  linearer  Gleichungen,  wieder  lineare 
Gleichungen  entstehen. 

§  3.  Die  Coordinaten  der  gleiohwerthigen  Ptmkte.  Man 
kann  übrigens  die  Gleichungen  2)  und  2*)  noch  etwas  anders 
interpretiren.  Man  denke  sich  den  beliebig  angenommenen 
Punkt  P  fest  mit  den  Coordinatenaxen  X,  F,  Z  verbunden, 
und  bezeichne  denjenigen  Punkt,  in  welchen  P  durch  die  Ope- 
ration S  der  ersten  oder  zweiten  Art  übergeht,  durch  P\  so 
hat  P'  zu  den  Axen  X',  F',  Z'  dieselbe  Lage,  wie  P  zu  den 
Axen  X,'  F,  Z.  Verstehen  wir  jetzt  unter  X',  F',  Z'  die  Coordi- 
naten des  Punktes  P'  gegen  die  gestrichenen  Axen,  so  geben 
die  Gleichungen  2*)  in  X,  F,  Z  die  Coordinaten  dieses  selben 
Punktes  P'  gegen  die  ungestrichenen  Axen.  Andrerseits  stimmen 
die  Coordinaten  des  Punktes  P"  gegen  die  gestrichenen  Axen 
mit  den  Coordinaten  des  Punktes  P  gegen  die  ungestrichenen 
Axen  überein;  d.  h.  in  den  obigen  Gleichungen  lassen  sich 
X,  F,  Z  und  X",  F,  Z'  als  Coordinaten  der  beiden  verschiedenen 
Punkte  P"  und  P  gegen  dasselbe  Axensystem,  nämlich  dasjenige 
der  ungestrichenen  Axen  auffassen;  und  zwar  stehen  die  Punkte 
P'  und  P  in  der  Beziehung  zu  einander,  dass  P'(X,  F,Z)  aus 
P(X',  F',  Z')  durch  die  Operation  S  hervorgeht. 

Um  die  Bezeichnung  natürlicher  zu  gestalten,  mögen  jetzt 
X,  ify  0  die  Coordinaten  eines  Punktes  P  bezüglich  der  X,  F,  Z- 
Axen  bedeuten  und  x^y  y^^  z^  die  Coordinaten  desjenigen 
Punktes  P,  bezüglich  derselben  Axen,  welcher  aus  P  durch 
die  Operation  fi  hervorgeht.  Alsdann  bestehen  gemäss  dem 
Vorstehenden  die  Gleichungen 


—     199     - 

x^  =  X  cos  a  +  y  <50s  «1  4"  ^  cos  «^ 

4)  yi  =  X  cos  /J  +  y  cos  A  +  ^  cos  /J, 

;erj  =  a:  cos  y  +  y  cos  yi  +  ^  cos  y, , 

wenn  die  Operation  £  die  Axen  X^  F,  Z  in  Axen  X^,  F,,  Z, 
so  überfahrt,  dass 

5)         (r.z)  =  «,,    (rir)=-A,    (r,^  =  y., 

ist. 

Die  Beziehung,  in  welcher  die  analytischen  Formeln  zu 
der  ihnen  entsprechenden  Operation  &  stehen,  gewinnt  hier- 
durch in  hohem  Grade  an  Einfachheit.  Wir  sprechen  sie  in 
folgendem  Satz  aus: 

Lehrsatz  I.  Ist  2  eine  Operation  ^  welche  durch  die  Glei- 
chungen 5)  bestimmt  ist,  so  gd>en  die  Gleichungen  4)  die  Coordi- 
tuUen  Xi,  yi,  0^  desjenigen  Punktes  Pj,  wdcher  aus  P{x,y,z) 
durch  die  Operation  2  hervorgeht,  und  m/oar  le^üglich  derselben 
CoordincUenaxen  X,  F,  Z.  ' 

Welcher  Art  die  Operation  &  ist,  spielt  bei  dem  Beweis 
des  Satzes  keine  Rolle;  derselbe  gilt  daber  für  Operationen 
erster  und  zweiter  Art 

Für  das  Studium  der  Symmetrieeigenschaften  eines  Ery- 
stalles  ist  die  Eenntniss  der  Ooordinaten  derjenigen  Punkte 
P^,  P, ,  welche  aus  einem  beliebig  gewählten  Ausgangs- 
punkt P  durch  alle  Operationen  der  zugehörigen  Gruppe  G 
hervorgehen,  von  grosser  Wichtigkeit.  Die  bezüglichen  Punkte 
sind  sämmtlich  unter  einander  gleichwerthig,  ebenso  also  auch 
diejenigen  Richtungen,  welche  die  Punkte  mit  dem  Anfangs- 
punkt 0  der  Ooordinaten  verbinden.  Wenn  nun  eine  Erystall- 
eigenschaft  für  jeden  Punkt,  resp.  jede  Richtung  durch  einen 
Ausdruck  in  den  Ooordinaten  dargestellt  werden  kann,  so  wird, 
wie  unmittelbar  klar  ist,  dieser  Ausdruck  für  alle  gleich- 
werthigen  Punkte  denselben  Werth  annehmen,  der  Ausdruck 
darf  sich  daher  nickt  ändern,  wenn  ßr  x,  y,  z  die  Coordinaten 
irgend  eines  andern  mit  x,  y^  0  gleichwerthigen  Punktes  gesetzt 
werden.     Dies  ist  ein  fundamentales  Princip,  welches  für  die 


-     200     - 

theoretische  Untersuchung  der  Erystalle  eine  hervorragende 
Rolle  spielt,  und  von  dem  hei  allen  Prohlemen,  in  denen  der 
Symmetriecharacter  in  Frage  steht,  Gebrauch  zu  machen  ist« 

Wir  wollen  nun  im  Folgenden  die  den  verschiedenen 
Operationen  entsprechenden  Gleichungen  2*)  herstellen,  und 
auf  Grund  dessen  für  jede  Erystallclasse  die  einander  gleich- 
werthigen  Punkte  bestimmen.  Um  die  Untersuchung  möglichst 
zu  vereinfachen,  erscheint  es  als  das  zweckmässigste,  die  Axen 
und  Ebenen  der  Symmetrie  stets  in  einfachster  Lage  anzu- 
nehmen. 

§  4.  Das  digonale  und  monogonale  System«  Die  für 
dasselbe  in  Frage  kommenden  Operationen  sind  die  Spiegelung, 
die  Inversion  und  die  Umklappung^i  Wir  setzen  ausdrücklich 
fest^  dass  dieZ-Axe  stets  Hauptsymmetrieaxe  und  die  XF-Ebene 
die  Hauptsymmetrieebene  sein  soll.  Femer  bezeichnen  wir  die 
Coordinaten  des  Ausgangspunktes  durch  xyM,  überdies  soll 
für  diese  Untersuchung 

x^  y,  0    statt     —  X,  —  y,  —  0 
geschrieben  werden. 

Die  Inversion  ersetzt  (Cap.  II,  7)  jeden  Punkt  durch  den- 
jenigen, welcher  ihm  in  Bezug  auf  0  diametral  gegenüber 
liegt;  daraus  folgt  unmittelbar,  dass 

X  y  z    und    x  y  0 
die  beiden  gleichwerthigen  Punkte  sind. 

Ist  die  ZF- Ebene  die  spiegelnde  Ebene,  so  sind,  wie  eben- 
falls unmittelbar  ersichtlich  ist, 

X  y  0    und     x  y  0 

die  beiden  gleichwerthigen  Punkte. 

Für  die  Umklappung  nehmen  wir  die  Z-Axe  als  entspre- 
chende zweizählige  Symmetrieaxe.  Die  beiden  gleichwerthigen 
Punkte  seien  P  und  P^.  Beachten  wir,  dass  ihre  Projectionen 
auf  der  XF- Ebene  gegen  den  Anfangspunkt  centrisch  sym- 
metrisch liegen,  so  folgt  leicht,  dass  ihre  Coordinaten 

X  y  0     und     x  y  0 
sind. 


—     201     - 

Die  Inversion  gegen  0  ist  bekanntlich  der  Spiegelung 
gegen  die  XF- Ebene  und  der  Umklappung  um  die  Z-Axe 
aequiralent.  Dies  muss  daher  auch  in  den  vorstehenden  Re- 
sultaten zu  Tage  treten.  In  der  That,  denken  wir  uns  aus 
X  y  0  zuerst  durch  die  Umklappung  den  Punkt  x  y  is  abge- 
leitet, und  dann  aus  diesem  sein  Spiegelbild  gegen  die  XF-Ebene 
bestimmt,  indem  wir  gemäss  dem  Obigen  das  Vorzeichen  der 
dritten  Coordinate  umkehren,  so  ergeben  sich  für  dieses  Spiegel- 
bild die  Coordinaten  x  y  ss.  Wir  finden  also  hier  in  Wirk- 
lichkeit diejenigen  Analogieen  zwischen  den  Operationen  und 
den  Substitutionen  der  Coordinaten  bestätigt,  auf  welche  oben 
in  §  2  hingewiesen  wurde. 

§  5.  Durch  das  Vorstehende  sind  die  gleichwerthigen 
Punkte  für  die  Erystallclassen  des  monogonalen  Systems  und 
die  den  Gruppen  S^  und  C^  entsprechenden  Olassen  des  digo- 
nalen  Systems  unmittelbar  bestimmt.  Auch  für  die  Classen, 
welche  den  andern  Gruppen  des  digonalen  Systems  ent- 
sprechen, können  sie  ohne  Weiteres  angegeben  werden.  Die 
Gruppen  C^^  und  G^^  enthalten  gemäss  Gap.  V,  8  beide  die 
Identität  und  die  Drehung  um  die  Z-Axe;  dazu  kommen  für 
Cj*  die  Spiegelung  an  der  XT-Ebene  und  die  Inversion,  für 
C{  die  Spiegelungen  an  der  XZ-  und  ZZ-Ebene.  Daher  sind 
die  gleichwerthigen  Punkte  für  CJ^ 

X  y  0,      sc  y  e  y      ^  y  ^7      (Xi  y  0 
und  für  (?,• 

X  y  0 ,      ^  y  ^  9      ^  y  ^  j      X  y  0, 

Die  Vierergruppe  V  besteht  gemäss  Gap.  IV,  5  aus  den 
vier  Operationen 

1,    U,    5B,    SB, 

d.  h.  aus  der  Identität  und  den  Umklappungen  um  die  X,  Y^Z- 
Axe;  die  bezüglichen  gleichwerthigen  Punkte  sind  daher 

X  y  0,      X  y  0,       X  y  Zj    X  y  0. 

Um  endlich  für  F^  die  gleichwerthigen  Punkte  zu  erhalten, 
haben  wir  zu  den  vier  vorstehenden  nach  Gap.  V,  12  noch  die- 
jenigen vier  zu  fügen,  welche  sich  aus  x  y  0  durch  Spiegelung 


-     202    — 

an  den  Coordinatenebenen  und  durch  Inversion  ergeben,  d.  h. 
die  Punkte 

X  y  z,      X  y  ßy      X  y  z,      x  y  z. 
Wir  gelangen  somit  für  die  im  Vorstehenden  angenommene 
Lage  der  Symmetrieaxen  und  Symmetrieebenen  zu  folgendem 
Schema: 

Monogonales  System. 
Gl.    Hemiedrie.        x  y  z. 
(7i*.    Holoedrie.         x  y  z    und    x  y  z, 

Digonales  System. 
Sj.    Zweite  Tetartoedrie.        x  y  z     und     x  y  z. 
•  C^.    Erste  Tetartoedrie.  x  y  z     und     x  y  z. 

Cg*.    Paramorphe  Hemiedrie. 

x  y  z,    X  y  3,    X  y  z,    x  y  z.^) 
C^".    Hemimorphe  Hemiedrie. 

X  y  z,    X  y  z,    x  y  z,    x  y  z.^) 
F.    Enantiomorphe  Hemiedrie. 


X  y  z,     X  y  Zy    ^  y  ^,    x  y  z, 
F*.    Holoedrie. 


X  y  z,     X  y  z,    x  y  z,    x  y  z 
X  y  Zy    X  y  0,    X  y  z,    x  y  z.^) 

In  allen  diesen  Erystallclassen  drücken  sich  die  Coordi- 
naten  der  gleichwerthigen  Punkte  durch  dieselben  Grössen 
aus;  nur  ihre  Vorzeichen  sind  verschieden.  Für  die  Gruppen 
V  und  F*  ändern  sich  die  Vorzeichen  in  einer  regelmässigen 
rücksichtlich  der  drei  Goordinatenrichtungen  symmetrischen 
Weise.     Hierüber  gelten  folgende  Sätze. 

Lehrsatz  IL  Die  Holoedrie  F*  ist  durch  die  acht  Vorzeichen- 
combinationen 

1)  Die  Reihenfolge  weicht  von  derjenigen  der  vorigen  Seite  etwas 
ab.  Sie  ist  so  gewählt,  um  das  formale  Gresetz,  welches  in  den  Aus- 
drücke u  der  gleichwerthigen  Punkte  zu  Tage  tritt,  möglichst  leicht  er- 
kennbar zu  machen. 


—     203    — 

+  +  +,     +--,     -  +  -,     --  + 

,     -  +  +,    +-+,     +  +  - 

charaderisirt 

Andere  Yorzeichencombinationen  lassen  sich,  wie  aus- 
drücklich bemerkt  werden  möge,  überhaupt  nicht  aufstellen. 
Femer  folgt: 

Lehrsatz  ni.  Die  Hemiedrie  Vist  dtirch  die  vier  Vorzeichen- 
combinationen 

+  +  +,  +--,  -  +  -,  --  + 

characterimH. 

Dagegen  können  die  vier  Zeichencombinationen,  welche 
der  zweiten  Zeile  von  F^  entsprechen,  für  sich  allein  nicht 
die  Substitutionen  einer  Gruppe  darstellen. 

§  6.  Allgemeiner  Satss  über  die  Coordinaten  der  gleioh- 
^werthigen  Funkte.  Wir  haben  die  Coordinaten  der  gleich- 
werthigen  Punkte  bisher  dadurch  ermittelt,  dass  wir  von  den 
einzelnen  Operationen  jeder  Erystallclasse  ausgingen,  und  die 
ihnen  entsprechenden  Substitutionen  bestimmten.  Es  ist  evi- 
dent, dass  sich  dieser  Weg  an  der  Hand  der  Resultate  der 
Cap.  IV  und  V  auch  für  die  andern  Erystallclassen  einschlagen 
läset  und  immer  zum  Ziele  fährt.  Er  würde  aber  offenbar 
einen  sehr  grossen  Aufwand  von  Rechnung  erforderlich  machen; 
wir  ziehen  daher  vor,  ihn  durch  ein  mehr  systematisches,  und 
in  Folge  dessen  einfacheres  Verfahren  zu  ersetzen.  Dasselbe 
beruht  auf  der  Erwägung,  dass^  wie  wir  oben  in  §  2  aus- 
einandergesetzt und  f&r  das  Beispiel  der  Inversion  in  §  4  aus- 
gef&hrt  haben,  die  Zusammensetzung  der  Goordinatensubstitu- 
tionen  der  Zusammensetzung  der  entsprechenden  Operationen 
parallel  läuft.  Betrachten  wir  z.  B.  die  vorstehend  schon  be- 
handelte Erystallclasse  F^,  so  sind  ihre  Operationen 
1,        U,        »,        äB, 

@A,     U@A,      »@A,      aB©A, 

und  zwar  sind  die  Operationen  der  zweiten  Zeile  diejenigen, 
welche  sic&  ergeben,  wenn  man  auf  die  Operationen  der  ersten 
Zeile  die  Spiegelung  @a  an  der  XT^Ebene  folgen  lässt  Nun 
sind,  wie  oben  angegeben, 


—     204     - 

X  y  z,  30  y  z,  x  y  z,  x  y  z 
die  Punkte,  welche  den  Operationen  der  ersten  Zeile  entsprechen; 
gemäss  dem  vorstehenden  Schema  erhalten  wir  daher  die  den 
Operationen  der  zweiten  Zeile  entsprechenden  Coordinaten,  in- 
dem wir  die  ersten  vier  Punkte  an  der  XF-Ebene  spiegeln, 
d.  h.  indem  wir  die  Vorzeichen  ihrer  dritten  Coordinaten  um- 
kehren.  In  der  That  gelangen  wir  dadurch  zu  den  Coordinaten 

X  y  Zy      X  y  Zf      3C  y  z,      x  y  z,     # 
welche  wir  auch  oben  gefunden  haben. 

Es  liegt  nahe,  bei  dieser  Gelegenheit  die  Frage  auf^u- 
werfen,  welche  Anordnung  der  Operationen  von  F*  dem  in 
obiger  Tabelle  (S.  202)  enthaltenen  Schema 

X  y  z,      X  y  z,      x  y  z,      x  y  z 
X  y  z,      X  y  z,      x  y  z,      x  y  z 
zu  Grunde  liegt.    Die  erste  Reihe  entspricht  wieder  den  Opera- 
tionen 

l,    U,    »,     SB. 

Die  zweite  Reihe  entsteht  aus  der  ersten  durch  Vertauschung 
der  Vorzeichen  aller  Coordinaten;  jeder  ihrer  Punkte  entsieht 
also  aus  dem  darüber  stehenden  durch  Inversion;  die  bezüg- 
lichen Operationen  sind  daher 

3,    U3,    m,    äBS. 
Dem  obigen  Schema  entspricht  daher  diejenige  Erzeugungs- 
art der  Gruppe  Q*,  bei  welcher  sie  aus  der  Gruppe  Cg  durch 
Multiplication  mit  der  Inversion  3  hervorgeht. 

Es  ist  evident,  dass  sich  das  an  dem  Beispiel  der  Gruppe 
F*  dargestellte  Princip  auf  alle  Gruppen  übertragen  lasst; 
d.  h.  es  gilt  folgender 

Hauptsatz.  Ebenso  toie  sich  die  Beckoperationen  jeder  Ery- 
sUülclasse  aus  einzelnen  durch  Muttiplioation  bilden  Uissen,  so 
können  auch  die  Coordinaien  aller  gUichwerthigen  Funkte  erhalten 
werden^  indem  wir  einzelne  bestimmte  Coordinatensubstitutionen  in 
analoger  Weise  zusammensetzen. 

§  7.  ESneugende  Operationen  und  SubstitationezL  Die- 
jenigen Operationen,  aus  denen  sich  die  sämmtlichen  Opera- 


-     205     — 

tionen  einer  Gruppe  durch  beliebige  MnltiplicatioD  bilden 
lassen,  wollen  wir  erzeugende  Operationen  nenneo.  Ebenso 
mögen  die  ihnen  entsprechenden  Coordinaten Substitutionen 
ergeugende  Substitutionen  heissen;  sie  sind  diejenigen;  aus  welchen, 
wie  eben  gezeigt,  alle  andern  Substitutionen  hergestellt  werden 
können.  Solche  Operationen  für  jede  Gruppe  zu  kennen,  ist 
daher  von  Wichtigkeit. 

Für  die  meisten  Gruppen  können  die  erzeugenden  Opera- 
tionen mannigfach  gewählt  werden.  Bei  denjenigen  Gruppen, 
welche  nur  aus  den  Potenzen  einer  und  derselben  Operation 
bestehen,  kann  offenbar  diese  Operation  als  die  erzeugende 
betrachtet  werden.  Aber  selbst  in  diesem  Fall  ist  die  bezüg* 
liehe  Operation  nicht  immer  bestimmt.  Z.  B.  kann,  wie  aus 
Cap.  III,  IV  hervorgeht,  die  Gruppe  C^  auf  zwei  verschiedene 
Arten  aus  den  Potenzen  einer  Drehung  gebildet  werden,  näm- 
lich aus 

jede  von  ihnen  kann  daher  die  erzeugende  Operation  darstellen. 
Es  giebt  übrigens  noch  eine  dritte  Erzeugungsweise  der 
Gruppe  Cq.  Verstehen  wir  unter  9L  die  Drehung  um  60^, 
so  sind 

1,  a,  5a%  a%  «s  «^ 

die  Drehungen  von  G^.    Setzen  wir  nun 

a,  =  a«  =  8i(^) 

«3  =  «»  =  «('3-)^ 

so  dass  3(2  und  K^  Drehungen  um  120^  und  180^  sind,  so 
stimmen  die  sechs  Drehungen 

1,     «,,     a,* 

augenscheinlich  mit  den  obigen  sechs  Drehungen  überein;  9^ 
und  ^[3  können  daher  ebenfalls  als  erzeugende  Operationen  der 
Gruppe  C^  dienen.  Es  ist  leicht  ersichtlich,  dass  in  dieser 
Erzeugungsart  die  Thatsache  zum  Ausdruck  gelangt,  dass  eine 


-     206    — 

Aze,  die  gleichzeitig  zweizählig  und  dreizählig  ist^  eine  sechs- 
zählige  Axe  bildet. 

Je  höher  die  Symmetrie  einer  Gruppe  wird,  um  so  mannig- 
facher lässt  sich  die  Auswahl  der  erzeugenden  Operationen 
treffen.  Von  den  Gruppen  D«  haben  wir  in  Cap.  IV,  3  gezeigt^ 
dass  sie  sowohl  durch  zwei  Nebenaxen  als  auch  durch  eine 
Nebenaxe  und  die  Hauptaxe  bestimmbar  sind,  das  gleiche  gilt 
daher  auch  von  den  zugehörigen  Drehungen.  Femer  wurde 
von  den  Gruppen  zweiter  Art  bewiesen,  dass  sie  durch  Multi- 
plication  einer  Drehungsgruppe  mit  irgend  einer  ihrer  Opera- 
tionen zweiter  Art  gebildet  werden  können.  Um  endlich  eia 
letztes  besonders  eigenartiges  Beispiel  zu  geben,  sei  darauf 
hingewiesen,  dass  nach  Cap.  VII,  19  die  holoedrischen  Gruppen 
der  höheren  Systeme  sämmtlich  durch  drei  Spiegelungen  be- 
stimmt sind,  so  dass  jede  Operation  aus  ihnen  durch  Multi- 
plication  zusammengesetzt  werden  kann. 

Bemerkung.  Um  Irrthumer  zu  vermeiden,  möge  an 
dieser  Stelle  ausdrücklich  darauf  hingewiesen  werden,  dass 
wir  in  dieser  Schrift  unter  MtUtiplication  einer  Gruppe  G  mit 
einer  Operation  2  immer  solche  Multiplication  verstanden  haben, 
bei  welcher  &  an  alle  Operationen  von  G  von  derselben  Seite 
als  Factor  herantritt.  Solche  Multiplication  wird  auch  genauer 
als  einseitige  Multiplication,  resp.  als  linksseitige  oder  rechts- 
seitige Multiplication  bezeichnet.  Alle  speciellen  Fälle  der 
Multiplication  von  Gruppen,  die  wir  bisher  zu  betrachten 
hatten,  sind  von  dieser  Art.  Man  vgl.  z.  B.  Cap.  IV,  4,  Cap.  V,  4  ff., 
sowie  Cap.  VI,  21  u.  s.  w.  Die  einseitige  Multiplication  ist  auch 
diejenige,  welche  theoretisch  am  häufigsten  auftritt.  Wenn 
dem  gegenüber  im  Vorigen  davon  die  Bede  ist,  dass  sich  alle 
Operationen  einer  holoedrischen  Gruppe  durch  Multiplication 
aus  drei  Spiegelungen  erzeugen  lassen,  so  sind  in  diesem  Fall 
Producte  jeder  Art  in's  Auge  zu  fassen,  die  sich  aus  den  be- 
züglichen Spiegelungen  bilden  lassen,  und  ähnlich  steht  es, 
wenn  es  sich  darum  handelt,  die  Drehungen  einer  Gruppe  D« 
aus  zwei  Umklappungen  U  und  U|  durch  Multiplication  dar- 
zustellen, sowie  überhaupt  bei  den  erzeugenden  Operationen 
allgemeinster  Art. 


-     207     - 

Im  Folgenden  wird  jedoch ^  wie  auch  bisher,  unter  der 
MyUiplicaHofi  einer  Grt(ippe  immer  die  einseitige  MuUiplicatian 
ihrer  Operationen  verstanden  werden. 

§  8.  Die  EneneimgBarten  der  einaelnen  Gruppen.  Es 
wurde  zu  weit  führen,  wollten  wir  für  jede  der  32  Gruppen  G 
alle  überhaupt  möglichen  Erzeugungsarten  angeben;  auch  wird 
es  keineswegs  durch  die  Zwecke  des  vorliegenden  Buches  ge- 
fordert. Nur  auf  diejenigen  Erzeuguugsarten  soll  hingewiesen 
werden^  von  denen  wir  in  diesem  oder  in  einem  der  späteren 
Capitel  Gebrauch  zu  machen  haben;  es  sind  zugleich  diejenigen, 
welche  von  besonderem  theoretischen  Werth,  sowie  von 
typischer  Bedeutung  sind. 

Wir  beginnen  mit  den  Drehungsgruppen.  Für  die  Gruppen 
Cn  werden  wir,  wie  es  naturgemäss  ist,  die  einfache  Drehung 
um  die  n- zählige  Axe  als  erzeugende  Operation  betrachten. 
Auch  für  die  Gruppen 

bedarf  es  besonderer  Betrachtungen  nicht;  wir  benutzen  die- 
jenige Erzeugung  derselben,  welche  in  der  in  Cap.  lY,  4  ge- 
gebenen Ableitung  hervortritt.  Wir  haben  die  Drehungen  einer 
jeden  Gruppe  Z>.  dort  durch 

1,    a,    «» a»-i 

u,  ua,  ua«        u«»-^ 

dargestellt;  ßir  jede  Diedergruppe  bilden  daher  %  und  U  ein 
Paar  eraeugender  Operationen.  Beachten  wir  noch,  dass  die 
Operationen  der  ersten  Zeile  die  Gruppe  Cn  bilden,  dass  1  und 
U  zusammen  eine  Gruppe  C^  bestimmen,  deren  Axe  u  ist,  und 
dass  alle  Operationen  der  Gruppe  D»  entstehen,  wenn  die  Opera- 
tionen der  Gruppe  C«  mit  denen  der  Gruppe  (7^  multiplicirt 
werden,  so  folgt  noch: 

Lekrsatz  IV.  Die  Gruppe  D»  kann  durch  MulMplication 
der  Gruppe  Cn  fnit  einer  Gruppe  C^  erzeugt  werden^  deren  Axe 
H  auf  der  n-eäfUigen  Axe  a  senkrecht  steht. 

Die  Erzeugung  der  Tetraedergruppe  T  basiren  wir  auf 
den  in  Cap.  VI,  21  ausgesprochenen  Lehrsatz.  Wie  in  Cap.  IV,  9 


—    208    — 

nachgewiesen,  enthalt  die  Tetraedergruppe  die  Vierergmppe  V 
als  Untergruppe.  Die  Drehungen  von  V  bezeichnen  wir,  wie 
gewohnlich,  durch 

1,    U,    »,    2B. 

Nun  muss  es,  dem  angezogenen  Satz  zufolge,  zwei  Operationen 
Wt^  und  3R^  der  Tetraedergruppe  geben,  so  dass  durch  links- 
seitige oder  rechtsseitige  Multiplication  vorstehender  yier  Dreh- 
ungen die  übrigen  acht  Operationen  der  Tetraedergruppe  ent- 
stehen. Wir  behaupten,  dass  Sl  und  9t'  diese  Operationen  sind, 
wenn  %  die  einfache  Drehung  um  die  dreizählige  Axe  bedeutet. 
Da  %  keine  Operation  der  Vierergruppe  ist^  so  sind,  wie  aus 
dem  Beweis  des  angezogenen  Satzes  folgt,  die  Producte 

a,  ua,  «a,  asa 

unter  sich  und  von  den  Drehungen  der  ersten  Zeile  verschieden. 
Femer  ist  kein  Product  der  zweiten  Zeile  der  Drehung  Ä* 
äquivalent,  da  keines  dieser  Producte  eine  Drehung  um  die 
Axe  a  darstellen  kann,  folglich  sind  dem  genannten  Satze 
gemäss 

««  ua«  »a^  asa» 

die  noch   übrigen  Drehungen    der   Tetraedergruppe.     Als   er- 
zeugende  Operationen  der  Tetraedergruppe  können  daher  diejenigen 
der  Vierergruppe,  sowie  eine  Drehung  von  12(fi  betrachtet  u>erden, 
deren  Axe  symmetrisch  m  den  Axen  der  Vierergruppe  liegt. 
Die  vorstehenden  Operationen 

1,        U,        SB,  .     äB 

a,    ua,    ä^a,    ssa 
a%  ua%  »31%  asä« 

ergeben  sich,  wenn  die  Operationen  der  ersten  Zeile  resp.  mit 

1,   a,   %^ 

multiplicirt  werden.  Nun  bilden  aber  diese  drei  Drehungen 
eine  Gruppe  Q,  also  folgt: 

Lehrsatz  V.  Die  Tetraedergruppe  geht  durch  Muitiplieation 
der  Vierergruppe  mit  einer  Gruppe  Cj  hervor,  deren  Axe  sym- 
metrisch 0u  den  Ajxen  der  Vierergruppe  liegt, 


^     209     - 

Es  ist  evident,  dass  die  obigen  12  Drehungen  mit  den 
8.  69  angefahrten  Drehungen  identisch  sind;  im  besondem 
sind  daher  die  Producte  der  zweiten  und  dritten  Zeile  Dreh- 
ungen um  die  dreizähligen  Axen  der  Tetraedergruppe. 

§  9.  Eine  erste  Erzeugung  der  Oetaedergruppe  0  ist  aus 
Cap.  lY,  11  zu  entnehmen.  Wir  haben  dort  gezeigt,  dass  sie 
sammtliche  Operationen  der  Tetraedergruppe  enthält.  Ist 
femer  U'  eine  nicht  in  der  Tetraedergruppe  enthaltene  üm- 
klappung  der  Oetaedergruppe,  so  sind  nach  Cap.  VI,  21  alle 
Operationen,  die  aus  der  Tetraedergruppe  durch  Multiplication 
mit  U'  hervorgehen,  verschieden  und  müssen  die  12  andern 
Operationen  der  Oetaedergruppe  darstellen.  Als  erzeugende 
Operationen  der  Oetaedergruppe  können  also  diejenigen  der  Tetra- 
edergruppe in  Verbindung  mit  der  Umhlappiing  U'  betrachtet 
toerden.  Beachten  wir  noch,  dass  die  Axe  u  auf  einer  der 
dreizähligen  Axen  von  T  senkrecht  steht,  so  folgt: 

Lehrsatz  VI.  Die  Oetaedergruppe  entsteht  durch  MuUipti- 
cation  der  Tetraedergruppe  T  mÜ  einer  Gruppe  (7g,  deren  Axe 
auf  einer  der  dreigahligen  Axen  von  T  senkrecht  steht 

Vt^ir  bedürfen  für  spätere  Zwecke  einer  zweiten  Erzeugungs- 
weise der  Oetaedergruppe,  bei  welcher  sie  durch  einseitige 
Multiplication  von  zwei  ihrer  Untergruppen  entsteht.  Hierfür 
können  offenbar  nur  solche  Untergruppen  in  Frage  kommen, 
für  welche  das  Product  der  Zahl  ihrer  Operationen  gleich  24 
ist.  Derartige  Paare  von  Gruppen  sind  D^  und  C^,  J)^  und  C^^ 
sowie  Dg  und  V.  Jedes  Paar  bestimmt  eine  Erzeugungsweise 
der  Oetaedergruppe;  wir  beschränken  uns  darauf,  diejenige 
abzuleiten,  welche   dem  ersten  Paar  entspricht. 

Wir  stützen  uns  wieder  auf  die  in  Gap.  VI,  21  enthaltenen 
Ausführungen.  Bezeichnen  wir,  wie  in  Cap.  IV,  4,  die  Neben- 
axen  der  Gruppe  D^  durch  u,  u^,  Ug,  t4g,  nennen  analog  zu 
Cap.  IV,  11  die  zugehörige  Hauptaxe  b  und  die  dreizählige 
Axe  a,  so  sind 

1,   ö,   ö«,   »»,  u,   u„  u,,  u, 

die  Drehungen  von  D^.    Das  Product  der  Gruppen  D^  und  C, 
wird  daher  durch  die  Operationen 

Sohoenfliei,  KryitaUstraotor.  14 


—     210     - 
1,        83,        »S        S5%        U,        U„        U,,       U3 

a,    85«,    85%    85»«,    ua,    U,«,    U,«,    U,« 
ä«,    85«*,    a5*«S    85»«%    U««,    Ui«%    Ü,«%    U3«* 

dargestellt.  Sind  diese  Operationen  sämmÜich  verschieden, 
so  bilden  sie  die  Oetaedergruppe.  Hierzu  ist  gemäss  Cap.  VI^  21 
nur  zu  zeigen,  dass  alle  Operationen  der  ersten  und  zweiten 
Zeile  von  «*  verschieden  sind.  Dies  muss  aber  deshalb  der 
Fall  sein,  weil  keine  Operation  der  ersten  Zeile  mit  «  oder 
«*  äquivalent  ist     Demnach  folgt: 

Lehrsatz  VII.  Die  Oetaedergruppe  kann  durch  Multiplication 
einer  Gruppe  D^  mit  einer  Gruppe  C^  gebildet  werden,  deren 
Axe  symmetrisch  zu  drei  einander  senkrechten  Axen  von  D^  liegt. 

§  10.  Für  die  Gruppen  zweiter  Art  lassen  sich  die  ein- 
schlägigen Verhältnisse  an  der  Hand  der  vorstehenden  leicht 
klar  stellen.  Wie  wir  in  Cap.  V^  4  gesehen  haben,  enthält 
jede  von  ihnen  eine  der  vorstehenden  Drehungsgruppen  als 
Untergruppe,  und  kann  erzeugt  werden,  indem  diese  Drehungs- 
gruppe mit  irgend  einer  der  Gruppe  angehorigen  Operation 
zweiter  Art  multiplicirt  wird.  Für  die  Gruppen  mit  einer 
einzigen  Axe  zweiter  Art  kann  iusofem  eine  Vereinfachung 
eintreten,  als  augenscheinlich  die  Operation  «  allein  eine  er- 
zeugende Operation  darstellt.  Nothwendig  wird  die  Berück- 
sichtigung dieser  Operation  allerdings  nur  für  die  Gruppe  8^, 
für  jede  andere  derartige  Gruppe  können  gemäss  Satz  VII  von 
Cap.  V  einfachere  Operationen  zweiter  Art  im  Verein  mit  einer 
Drehung  benutzt  werden. 

Für  diese  Gruppen  zweiter  Art  bedienen  wir  uns  der 
eben  genannten  Erzeugungsart.  Ihre  erzeugenden  Operationen 
bestehen  daher  aus  denjenigen  der  bezüglichen  Drehungsgruppe 
in  Verbindung  mit  irgend  einer  Operation  Zureiter  Art^  welche 
das  Axensystem  der  Drehungsgruppe  in  sich  überfuhrt 

Welche  dieser  Operationen  wir  hierzu  auswählen,  ist  theo- 
retisch gleichgiltig,  practisch  zweckmässig  ist  es,  eine  der 
einfachsten  zu  nehmen.  Hierzu  kann  gemäss  Cap.  V,  10  stets 
eine  Spiegelung  benutzt  werden.  Für  unsere  Zwecke  empfiehlt 
es  sich  aber,  für  diejenigen  Gruppen,  welche  ein  Symmetriecenbrum 


-     211     - 

besagen,  die  Inversion  als  erzeugende  Operation  zu  tmhlen.  Die 
Coordinatensnbstitution,  welche  der  Inversion  entspricht^  ver- 
wandelt jeden  Punkt  x  y  0  in  x  y  Z]  sie  ist  vom  Coordinaten- 
System  unabhängig  und  deshalb  diejenige^  mit  welcher  am 
besten  operirt  werden  kann. 

§  11.  Das  trigonale  System.  Wir  beginnen  mit  der  Ho- 
loedrie,  die  der  Gruppe  Dg*  entspricht.  Als  erzeugende  Opera- 
tionen wählen  um  die  Drehung  % ,  die  Umklappung  U  und  die 
Spiegelung  @ä.  Sie  führen,  wenn  wir  wie  in  Cap.  IV,  4  und  V,  13 
die  Producte  USl,  U9l^  durch  U^,  U,  bezeichnen,  zu  folgendem 
Schema 

1,     «,     st«,     u,     u„     u, 
@»,  a@»,  si*@»,  u©»,  u,@*,  u,©*. 

Wir  lassen  die  dreizählige  Symmetrieaxe  wieder  mit  der 
Z-Axe  zusammenfallen,  und  legen  die  Nebenaxe  u  in  die  X-Axe. 
Es  handelt  sich  zunächst  darum,  diejenige  Coordinatensubsti- 
tution  zu  finden,  welche  einer  Drehung  um  die  Z-Axe  um 
den  Winkel  120^  entspricht.  Hierzu  benutzen  wir  die  oben 
abgeleiteten  Gleichungen  4)  und  5).  Die  bezüglichen  Axen- 
winkel  erhalten  die  Werthe: 

(z,z)  =  \',  (z,r)=  J,  (z,z)  =  f 
(r.z)  =  ^,  (r,r)  =  Y'  (y,z)  =  1 
iz,x)  =  },    (^,r)-=.|-,   iz,z)  =  0; 

demgemäss  nehmen  die  Gleichungen  4),  wenn  wir  den  in  ihnen 
enthaltenen  Grossen  «,-  ßt  y,  die  entsprechenden  Werthe  er- 
theilen,  folgende  Form  an: 

X, Lx-\yy~3 

yi=  ^^/3-  ly 

z^^=  z , 

Analog  ergeben  sich  die  üoordinaten  x^y  y^,  z^  desjenigen 
Punktes,  welcher  aus  P  vermittelst  Drehung  um  240^  entsteht, 
in  der  Form 

U* 


—    212    — 

a;«  =  —  2^4-  2  yV^ 


Nachdem  wir  so  die  Coordinaten  der  Punkte  P^  und  Pg 
bestimmt  haben,  welche   aus  P  durch   die  Drehungen  Ä  und 
Ä*  hervorgehen,  können  wir  die  zwölf  gleich werthigen  Punkte, 
welche  den  obigen  zwölf  Operationen  entsprechen,  unmittelbar 
bilden.     Wir   haben    dazu    zunächst    in    den  Coordinaten  der 
Punkte   P,  Pj,  Pg   der  Umklappung  um  die  X-Axe  entspre- 
chend  die  Zeichen  der  zweiten   und  dritten  Coordinate  umzu- 
kehren.  Dadurch  ergeben  sich  die  Coordinaten  der  sechs  Punkte 
der  ersten  Zeilen.    Aus  ihnen  gehen  die  übrigen  dadurch  her- 
vor, dass  wir  in  ihnen  das  Vorzeichen  der  dritten  Coordinate 
verändern.    So  ergeben  sich  folgende  zwölf  Coordinatentripel : 
I. 
II. 
III. 
IV. 

wo       £?  =  0,  =  i?2 

Diese  zwölf  Punkte  bilden  die  gleich  werthigen  Punkte  der 
Holoedrie  des  trigonalen  Systems.  Damit  sind  gemäss  Cap.Vl,12 
die  bezüglichen  Punkte  für  die  Hemiedrieen  und  die  Tetartoedrie 
gleichzeitig  ermittelt.  Nämlich  die  enantiomorphe  Hemiedrie  D^ 
enthält  (Cap.  IV,  4)  die  Operationen  der  ersten  und  zweiten 
Zeile  des  oben  stehenden  Schemas,  die  hemimorphe  Hemiedrie 
entspricht  (Cap.  V,  13)  der  Zeile  I  und  IV,  die  paramorphe 
(Cap.  V,  8)  der  Zeile  I  und  ÜI,  und  die  Tetartoedrie  der  Zeile  I 
allein.     Also  ergiebt  sich: 

Trigonales  System. 

Dg*.    Holoedrie.  I,  II,  HI,  IV. 

Dg.     Enantiomorphe  Hemiedrie.     I,  II. 

Cs*.    Hemimorphe  Hemiedrie.         I,  IV. 

Oj*.     Paramorphe  Hemiedrie.         I,  III. 
Cj.     Tetartoedrie.  I. 


X  y  e, 

«1  y_i  «1 , 

«2  y«  «i . 

X  y  a, 

«1  yi  «i, 

«» y%  ^j, 

xy  s, 

«1    Vi     «17 

«« y*  «2, 

o^y  e, 

«1  »1  «1 , 

«1  y,  H> 

ist. 

—     213    — 

Die  Coordinaten  von  je  vier  unter  einander  stehenden 
Punkten  sind  dadurch  characterisirt^  dass  für  y  und  si  alle 
überhaupt  möglichen  Zeichencombinationen  auftreten. 

§  12.  Es  ist  für  einzelne  Classen  des  trigonalen  Systems 
oftmals  zweckmässig;  die  Hauptaxe  nicht  in  die  Z-Axe  zu 
legen,  sondern  sie  symmetrisch  gegen  die  drei  Coordinatenaxen 
anzunehmen.  Eine  solche  Gerade  ist  diejenige,  welche  im 
ersten  Octanten  verläuft  und  mit  den  drei  Axen  gleiche  Winkel 
bildet.  Wird  eine  Drehung  um  120^  ausgeführt,  so  geht  da- 
durch, wie  evident  ist,  die  X-Axe  in  die  F-Axe,  diese  in  die 
Z-Axe,  und  diese  wieder  in  die.X-Axe  über.  Bei  dieser  Wahl 
der  Hauptsymmetrieaxe  sind  von  den  in  den  Gleichungen  5) 
auftretenden  Winkeln  alle  gleich  90^,  bis  auf 

(z,r),    (Y,Z),   (z,X), 

die  den  Werth  Null  haben;  die  Coordinaten  der  durch  die 
Drehungen  1,  %,  %^  entstehenden  Punkte  haben  demgemäss 
die  Werthe 

X  y  0,      0  X  y,      y  z  X. 

Die  Nebenaxe  u  nimmt  man  am  zweckmässigsten  so  an,  dass 
sie  in  die  XF- Ebene  fällt;  sie  halbirt  alsdann  den  Winkel 
der  X-  und  F-Axen,  und  verläuft  im  zweiten  und  vierten 
Quadranten.   Die  Gleichungen  5)  lauten  demnach  in  diesem  Fall 


(ixX;-¥' 

(X,Y)  =  «, 

(X,Z)  =  ^ 

{Y,X)  =  n, 

(r.T)  =  ^, 

(r.z)  =  |- 

(Z,X)=^, 

(^.r)  =  |-, 

(Z.Z)  =  « 

und  die  Gleichungen  4)  ergeben,  wie  übrigens  auch  aus  der 
Figur  leicht  zu  entnehmen, 

x^  =  —  y 

»^  ^  --  z. 

Die  Umklappung  U  lässt  daher  aus  den  obigen  drei  Punkten 

resp-  die  Punkte 

yxz,        X  z  y,        z  y  x 
entstehen. 


—    214    — 

Die  dritte  Operation,  welche  auf  einfache  Formeln  führt, 
ist  die  Spiegelung  gegen  eine  Ebene,  welche  durch  die  ^-Axe 
geht,  und  den  Winkel  zwischen  der  positiven  X-  und  F-Axe 
halbirt.  Da  sie  die  beiden  Axen  mit  einander  yertauscht,  so 
ergiebt  sich  unmittelbar,  dass 

X  y  0     und     y  x  b 

die  Coordinaten  der  ihr  entsprechenden  gleichwerthigen 
Punkte  sind. 

Die  Spiegelung  an  der  Hauptsymmetrieebene  fuhrt  nicht 
mehr  auf  einfache  Formeln;  die  vorliegende  Wahl  des  Coordi- 
natensystems  empfiehlt  sich  daher  innerhalb  des  trigonalen 
Systems  nur  fOr  die  Gruppen  CJ,,  C^  und  Dj,  und  liefert 
folgendes  Resultat: 

C^,     Tetartoedrie. 

X  y  ssy      y  e  X,      z  x  y^). 

2)9.     Enantiomorphe  Hemiedrie. 

xy0,    y  fi  X,    B  X  y]       y  X  z,    xzy,    z  y  x. 

G^.    Hemimorphe  Hemiedrie. 

X  y  z,    y  B  Xy    z  X  y\        x  z  y,    y  x  z,    z  y  x. 

Der  Anblick  vorstehender  Substitutionen  f&hrt  unmittelbar  zu 
folgendem 

Lehrsatz  Vni.  Wird  die  Eauptaxe  des  trigonalen  Systems 
symmetrisch  gegen  die  Coardinatenaxen  angenommen,  so  ist  die 
Tetartoedrie  C^  durch  die  cyclischen  Vertauschwngen  der  Coordi- 
naten characterisirt,  die  Hemiedrie  D,  durch  die  cyclischen  Ver- 
tauschungen  und  die  inversen  nd)st  Wechsel  aller  Vorzeichen  und 
die  Hemiedrie  Cg*  durch  aUe  Permutationen  der  Coordinaten, 

§  13.  Ausser  den  beiden  eben  erörterten  Coordinaten- 
systemen  ist  noch  ein  drittes  im  Gebrauch.  Es  ist -mit  einer 
überzähligen  Coordinatenaxe  gebildet,  und  zwar  so,  dass  die 
Goordiuatenaxen  direct  mit  der  Hauptaxe  und  den  Nebenaxen 
der  Holoedrie   identisch    sind.     Je   zwei   positive   Nebenaxen 

1)  VgL  die  Anmerknng  auf  8.  208. 


—    215     - 


Fig.  21. 


schliessen  daher  einen  Winkel  von  120*^  ein.  Wir  bezeichnen 
die  der  Hanptaxe  parallele  Coordinate  durch  i,  und  durch 
Si  Ss  Is  ^^^  2"  ^^^  Nebenaxen  senkrechten  Coordinaten;  |^ 
werde  im  ersten  Winkelraum, 
§g  im  zweiten,  und  ^  im  dritten 
positiv  gerechnet  Die  neben- 
stehende Figur  zeigt  unmittel- 
bar, dass 

Sl  Ss  ^  b;        Sa  «8  «1  «7       bs  bi  bs  b 

die  Coordinaten  der  drei  Punkte 
sind,  welche  durch  Drehung  um 
die  t-Are  in  einander  über- 
gehen. 

Lassen  wir  dieUmklappungs- 
axe  u  mit  der  Nebenaxe  1^  zusammenfallen,  so  geht  dadurch 
t  in  ^  über,  während,  wie  die  Figur  erkennen  lässt,  |j  Sj  Ss 
sich  in  I,  ^  I2  verwandeln.  Die  Umklappung  lässt  daher  aus 
den  obigen  drei  Punkten  resp. 


bi    bS    bs    b;  b2    bi    bs    b>  bS    bg    b]     b 

hervorgehen. 

_  Die  Spiegelung  gegen  die  Hauptsymmetrieebene  führt  i 
in  i  über,  und  lässt  ^^  1^  £3  unverändert;  endlich  bewirkt  die 
Spiegelung  gegen  eine  durch  die  g-  und  I^-Axe  gehende  Ebene, 
dass  S  unverändert  bleibt,  während,  wie  die  Figur  lehrt,  |^  g,  ^ 
in  li  I3  ig  übergehen.  Dies  letztere  kann  man  auch  aus  der 
Erwägung  entnehmen,  dass  die  zugehörige  Spiegelung  @«  dem 
Product  aus  @a  und  U  äquivalent  ist;  die  bezüglichen  Punkte 
müssen  sich  daher  ergeben,  wenn  in  den  durch  U  entstandenen 
Coordinatenwerthen  S  ii^  S  verwandelt  wird. 

Wir  erhalten  demnach  für  die  Holoedrie  des  trigonalen 
Systems  folgende  zwölf  Punkte 

I-    li  I,  I3  S,     S,  I,  li  t,     Ss  Si  s«  t 

II.  I,  1, 1,  §,     U  gl  U  ~t,     1»  1«  s.  t 

III.  t,  fe  63  e,     6,  I,  g,  5,      I»  gl  I,  S 

IV.  ii  1, 1. 5,    Ulli,    I, fe ii  e 


—     216     — 

und  es  ergiebt  sich,  genau  wie  oben: 

D3*.     Holoedrie.  I,  II,  III,  IV. 

Dg.     Enantiomorphe  Hemiedrie.    I,  IL 

Cj*.     Hemimorphe  Hemiedrie.        I,  IV. 

C3*.     Paramorphe  Hemiedrie.  I,  HL 

Cj.    Tetarfcoedrie.  I. 

§  14.  Das  tetragonale  System.  Für  das  tetragonale 
System  lassen  wir  die  Hauptaxe  wieder  mit  der  Z-Axe  eines 
gewohnlichen  Coordinatensystems  zusammenfallen,  und  legen 
die  Nebenaxe  u  so,  dass  sie  den  Winkel  zwischen  den  posi- 
tiven X-  und  F-Axen  halbirt.  Zur  Erzeugung  der  holoedri- 
schen Gruppe  D^^  benutzen  wir,  wie  in  §  10  angegeben,  die 
Inversion,  alsdann  lassen  sich  die  Operationen  von  D4*  in 
folgendes  Schema  bringen: 


1 

« 

a» 

«» 

u 

Ui 

u, 

u, 

3 

«3 

?P3 

a»3 

U3 

Ui3 

U,3 

U,3. 

Die  Operationen  der  letzten  Zeile  bedeuten,  wie  in  Cap.  V,  13, 
die  Spiegelungen  an  den  durch  die  Hauptaxe  gehenden  Sym- 
metrieebenen. 

Die  Umklappung  U  führt,  wie  leicht  ersichtlich,  den  Punkt 
X  y  0       in       y  X  0 
über.    Ferner  geht  durch  die  Drehung  Ä  aus  xy  is  der  Punkt 
y  X  0  hervor;  die  vier  Punkte,  welche  den  Drehungen  1,  Ä, 
Sl^,  W  entsprechen,  sind  daher 

X  y  e      y  X  0      X  y  0      y  x  0, 

Demgemäss  ergeben  sich  die  16  gleichwerthigen  Punkte  der 
Holoedrie  D^  in  folgender  Form*): 

X  y  0  y  X  0  y  X  0  x  y  0 

y  X  0  X  y  0  X  y  0  y  x  0 

X  y  0  y  X  0  y  X  0  x  y  0 

y  X  0  X  y  0  X  y  0  y  x  0 , 


1)  Vgl  die  Anmerkung  auf  S.  202. 


—     217     - 

Wie  bei  dem  ta-igohalen  System  sind  gemäss  Cap.  VI,  12 
auch  hier  die  bezüglichen  Punkte  für  alle  Meroedrieen  nun- 
mehr ebenfalls  bestimmt.    Für  diejenigen  mit  einer  Hauptaxe 
erster  Art  ergiebt  sich  wieder  folgende  Tabelle: 
Tetragonales  System. 

i),*.     Holoedrie.  I,  II,  III,  IV. 

D^.     Enantiomorphe  Hemiedrie.     I,  II, 

C^^.    Hemimorphe  Hemiedrie.         I,  IV. 

C/.     Paramorphe  Hemiedrie.  I,  III. 

C4.     Tetartoedrie.  I. 

Das  Bildungsgesetz  für  die  Substitutionen  der  Holoedrie 
und  der  Meroedrieen-  drückt  sich  in  folgenden  Sätzen  aus: 

Lehrsatz  IX.  I>ie  Substitutionen  der  Holoedrie  B^  sind 
durch  die  Vertauschung  der  "beiden  ersten  Coordinaten  in  Verbin- 
dung mit  den  Zeichenconibinationen 

+  +  H-,    +--,    -  +  --,    --  + 
•    ~^-,    -  +  +,    +-+,    +  +  - 
characterisirt 

Die  obige  Tabelle  zeigt  nämlich,  dass  die  dritte  Coordinate 
stets  g  oder  z  ist.  Andrerseits  sind  die  vorstehenden  acht 
Zeichencombinationen  die  einzig  möglichen,  sie  lassen  daher 
aus  xy  0  und  y  x  0  je  acht  feinkte —  sie  selbst  eingeschlossen 
—  hervorgehen;  diese  U.^'4^unkte  müssen  mit  den  obigen  16 
identisch  sein. 

Lehrsatz  X.  Die  Si^stitutionen  der  Hemiedrie  D^  sind 
durch  die  Zeichencombinationen 

+  +  +,     +~-,     -  +  ~,     --  +  " 
und  die  Vertauschung  der  beiden  ersten  Coordinaten  in  Verbindung 
mit  gleichzeitiger   Zeichenänderung  der  dritten  Coordinate  chor 
racterisirt. 

Um  diesen  Satz  zu  bestätigen,  braucht  man  nur  die  Zeilen 
I  und  II  anders  zu  ordnen.  Er  sagt  aus,  dass  die  Substitu- 
tionen von  2)4  erhalten  werden,  indem  man  zu  den  Zeichen- 
combinationen der  Gruppe  V  diejenige  Substitution  fügt,  welche 
ay  0  durch  y  x  0  ersetzt,  also  der  Umklappung  um  die  Axe  u 


-     218     - 

entspricht  Er  zeigt  überdies^  dass  die  Gruppe  D^  sich  auch 
durch  Multiplication  der  Yierergruppe  V  mit  einer  Umklappung 
erzeugen  lässt,  deren  Axe  den  Winkel  zwischen  zwei  Axen 
der  Vierergruppe  halbirt. 

Die  Punkte  der  Hemiedrie  64^  besitzen  sämmtlich  dieselbe 
dritte  Coordinate  0;  die  ersten  beiden  Coordinaten  zeigen  alle 
Werthepaare,  die  sich  durch  Permutation  und  Zeichenänderung 
ergeben  können.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XI.  Die  Substihitionen  der  Hemiedrie  C^  sind 
durch  alle  Permutationen  der  beiden  ersten  Coordinaten  in  Verbin- 
dung mit  allen  ZeichencombincUionen 

+  +,     +-,     -.+  ,     -- 
characterisirt. 

Für  die  paramorphe  Hemiedrie  C^^  und"  die  Tetartoedrie 
O4  lässt  sich  das  Bildungsgesetz  nicht  so  einfach  ausdrücken. 
Um  dasselbe  anzugeben  ^  geht  man  daher  am  besten  auf  die 
erzeugenden  Substitutionen  zurück. 

§  15.  Für  die  Meroedrieen  der  zweiten  Abtheilung  er- 
geben sich  die  gleichwerthigen  Punkte  durch  folgende  Erwä- 
gung.   Die  Operationen  der  Classe  8^  sind  nach  Cap.  V,  1 

1,  ä,  a«,  a» 

und  zwar  ist  31  =  21©  und  31'  =  2l'@.  Die  entsprechenden 
Punkte  sind  daher 

X  y  $^    y  X  B,    X  y  0,    y  x  z. 

Werden  die  Operationen  der  Gruppe  8^  mit  U  multiplicirt, 
so  ergiebt  sich  (Cap.  V,  15)  die  Gruppe  8^.  Lassen  wir  die 
Axe  tt  diesmal  in  die  X-Axe  fallen,  so  gehen  die  noch  fehlen- 
den Punkte  aus  den  vorstehenden  durch  Vorzeichenwechsel 
der  zweiten  und  dritten  Coordinate  hervor.  So  entstehen  die 
acht  Punkte 

L    X  y  z,    y  X  0,    X  y  0,     y  x  0. 
IT.    X  y  0,    y  X  0,    x  y  0,     y  x  0. 
Für  die  Meroedrieen  der  zweiten  Abtheilung  folgt  daher 

A4«.     Hemiedrie.        I,  IL 

8^.    Tetartoedrie.    L 


—     219     — 

Die  Substitutionen  der  Hemiedrie  8^^  lassen  sich  auch  in 
folgende  Tabelle 

X  y  $,    X  y  0,     X  y  0,     x  y  z 

y  X  0,   y  X  0f    y  ^  ^,    y  X  0 

setzen,  so  dass  das  Bildungsgesetz  folgendermassen  ausge- 
sprochen werden  kann. 

Lehrsatz  XII.  Die  Substitidionen  der  Hemiedrie  S^  sind 
durch  die  Vertauschung  der  leiden  ersten  Coordinaten  und  die 
Zeiehencomhinationen 

+  +  +,     + ,     -  +  -, + 

charaderisirt, 

um  diese  Substitutionen  zu  erhalten,  hat  man  daher  zu 
den  Substitutionen  der  Yierergruppe  V  diejenigen  zu  fügen, 
welche  aus  ihnen  durch  Yertauschung  der  beiden  ersten  Coordi- 
naten hervorgehen.  I)ie8  entspricht  der  Thatsache,  dass  sich 
die  Gruppe  8^  durch  Multiplication  von  V  mit  einer  Spiegelung 
büden  lasst  (vgl.  Cap.  V,  12)" 

§  16.  Das  hexagonale  System.  Wir  denken  uns  die 
Holoedrie  Dg*  für  unsere  Zwecke  der  Vorschrift  des  §  10  ge- 
mäss durch  Multiplication  von  D^  mit  der  Inversion  3  erzeugt; 
alsdann  sind  ihre  Operationen 

\      %      %^      w      a*      «^ 

U       U,        U,        U,        U,        U, 

3     «3     «*3     «^3    a*3    58^3 

U3    U,3     U,3     U33    U,3     U53. 

Die  Operationen  der  letzten  Zeile  entsprechen,  wie  in  Cap.  V,  13, 
den  Spiegelungen  an  den  durch  die  Hauptaxe  gehenden  Sym- 
metrieebenen. 

Wir  lassen  die  Z-  Axe  mit  der  Hauptaxe  zusammenfallen 
und  legen  die  Nebenaxe  u  in  die  X*Axe.  Anstatt  die  Punkte, 
welche  den  Drehungen  der  ersten  Zeile  entsprechen,  mittelst 
der  Gleichungen  4)  und  5)  abzuleiten,  empfiehlt  es  sich,  hier- 
für den  Umstand  zu  benutzen,  dass  diese  Drehungen,  wie  in 
§  7  erwähnt,  durch  Multiplication  von  1,  Sl^,  %^  mit  1  und 
8(^  dargestellt  werden  können. 


—     220     — 

Diejenigen  Punkte,  welche  den  Drehungen  8^  und  9(^  ent- 
sprechen,  haben  wir  oben  für  das  trigonale  System  bereits 
bestimmt;  wie  dort,  bezeichnen  wir  sie  durch 
X  y  z  Xi  yi  Zi  x^  y^  0^, 
An  ihnen  haben  wir  nun  diejenige  Substitution  auszuführen, 
welche  der  ümklappung  um  die  Z-Axe  entspricht.  Die  be- 
züglichen Punkte  sind  daher 


Wenden  wir  hierauf  diejenigen  Substitutionen  an,  welche  der 
Umklappung  um  die  X-Äxe  und  der  Inversion  entsprechen, 
so  sind  damit  die  24  gleichwerthigen  Punkte  der  Holoedrie 
Dg*  bestimmt.     Ihre  Coordinaten  sind: 

I.    xyzj    iCiy,0i,    x^y^Zj,     xye,    x^y^z^,    ^2^2^ 

IL    xyzj    ^^1^,    x^yj^z^,    xyz^    ^iVxhy    ^y%^% 

ilL    xyz,    x,y,Zi,    x^y^z^,    xyz,    x^y^z^,    ^^^2 

IV.    xyz,    x^y^z^,    ^iV^^^,    ^V^y    ^iVi^i,    ^»2^2 

und  wir  erhalten  folgende  Tabelle. 

Hexagonales  System. 
D^K    Holoedrie.  I,  II,  III,  IV. 

2)4.     Enantiomorphe  Hemiedrie.     I,  II. 
C4*'.     Hemimorphe  Hemiedrie.         I,  IV. 
C4*.    Paramorphe  Hemiedrie.  I,  III. 

Q.     Tetartoedrie.  I. 

§  17.  Für  die  Meroedrieen  der  zweiten  Abtheilung  exi- 
stirt  (vgl.  S.  77)  eine  dreizählige  Axe  erster  Art  und  ein  Sym- 
metriecentrum.  Daraus  folgt,  dass  die  Punkte,  welche  den 
Operationen 

1,    ä,     8l^    W\    «S    W 
entsprechen,  resp. 

xyz,    x^y^z^,    ^2^2^«,    «y^,    ^S^^,    ^2y2^2 
sind.     Aus  ihnen  gehen  diejenigen,  welche  für  die  Hemiedrie 
Sg«  hinzutreten  (Cap.  V,  15),  durch  Multiplication  mit  U  herror. 
Es  entsteht  dadurch  folgendes  Schema. 


—    221     — 

I.    xyz,    x^y^Zy    x^y^^j,    ~xye,    ^i^i^,    ^^^ 
n.    xyz,    x^y.jg^,    x^Vi^i,    xyz,    x,y,B^,    x^y^z^, 
so  dass  für 

8^.     Hemiedrie.        1,  II. 
iSß.     Tetartoedrie.     I. 
die  bezüglichen  gleichwerthigen  Punkte  abgeben. 

§  18.  Für  die  letzten  beiden  Erystallclassen  lässt  sich 
auch  dasjenige  Coordinateusystem  mit  Erfolg  benutzen,  bei 
welchem  die  Hauptaxe  symmetrisch  zu  den  drei  positiven 
Coordinatenaxen  angenommen  wird.  Beachten  wir,  dass  die 
Operationen  von  Äg"  gemäss  Cap.  V,  14  durch  Multiplication 
derjenigen  von  Dg  mit  der  Inversion  3  entstehen,  so  ergiebt 
sich,  dass  für 

8^  =  Cg' ,    Tetartoedrie  mit  Axe  zweiter  Art 

X  y  z,     y  z  X,    z  x  y') 

xyz,    yzx,    zxy 
und  für 

iSg"  «=  Dj**,   Hemiedrie  mit  Axe  zweiter  Art 

xyzy    yzxy    zxy\    yxz,    eyXy    xzy^) 

xyzj    ysiXy    zxy]    yxz,    zyx,    xzy 

die  Goordinaten  der  gleichwerthigen  Punkte  sind.    Dies  führt 

zu  folgenden  einfachen  Bildungsgesetzen: 

Lehrsatz  Xlll.  Die  Hemiedrie  Sg"*  ist  durch  alle  Perfnuta- 
iionen  von  xy z  und  Zeichenwechsel  characterisirt. 

Lehrsatz  XIV.  Die  Tetartoedrie  8^  ist  durch  die  cyclischen 
Vertauschungen,  sowie  Zeichenwechsel  characterisirt. 

Für  diejenigen  Krystallclassen,  welche  eine  sechszählige 
Hauptaxe  erster  Art  enthalten,  liefert  das  hier  benutzte  Coordi- 
nateusystem keine  einfachen  Formeln. 

§  19.  Endlich  soll  auch  für  das  hexagonale  System  ein 
Coordinateusystem  zu  Grunde  gelegt  werden,  wie  es  oben  in 
§  13  eingeführt  wurde;  es  enthält  die  Hauptaxe  g,  sowie  drei 
zu   ihr  senkrechte  Axen  li  $2  Sj»  die  gleiche  Winkel  von  je 

1)  Vgl.  die  Anmerkung  auf  S.  202. 


—     222     — 

120^  mit  einander  bilden.  Die  Goordinaten  Si  Ig  ^  sollen  in 
derselben  Weise  positiv  gerechnet  werden,  wie  in  §  11.  Es 
handelt  sich  zunächst  um  diejenigen  Substitutionen,  welche 
den  Drehungen 

1,    a,    «%    «1%    81S    81^ 

entsprechen.  Wir  befolgen  die  in  §  16  angewandte  Methode. 
Wie  in  §  13  ausgeführt  worden  ist,  haben  die  Punkte  P^  und 
Pj,  die  aus  P  durch  die  Drehungen  81*  und  W'  entstehen,  die 
Goordinaten  g,  g^  g,?  ^^^P-  la  Is  li  •  ^^  ^^^  ^^^  Umklappung 
um  die  g-Axe  die  Vorzeichen  derselben  sämmtlich  ändert,  so 
sind  die  sechs  gesuchten  Punkte  durch  die  Goordinaten 

bi  bS  §8  by  b2  bs  bi  b;  bs  bi  b2  b;  bi  bg  bft  by  bg  bs  «1  »>  bs  bl  b2  S 

dargestellt.  Lassen  wir  die  Nebenaxe  u  mit  der  S^-Axe  zu- 
sammenfallen, so  entspricht  der  Umklappung  U,  wie  in  §  13, 
diejenige  Substitution,  welche 

^i^ist    in    Iiisigl 
überfahrt     Endlich  verwandelt  die  Inversion  auch  hier  jede 
Goordinate  in  ihren  negativen  Werth;  wir  erhalten  demnach 
folgendes  Schema  für  die  24  gleichwerthigen  Punkte 

1*  bi  ba  b8  9)     ba  b8  Sl  b;  bs  bl  ba  9?  bl  ba  bs  9;  ba  93  vi  9  y  bs  bi  ba  b 

n. I,?3^5,  iJJse,  SsfeiiS,  ii^^l  I,5i6,£,  6,6,6,5 

Hl,  g|  %2   §3  g,  %2   bS  »1  S;  bs  bl  ba  b>  bi  ba  b8  b?  ba  bS  bl  b?  bs  bl  ba  b 

I^*  ^1  Ss  Sa  £;    Sa  Si  Ss  ^9   Ss  Sa  Si  S;    Si  Ss  Sa  £>   Sa  Si  Ss  t}   Ss  Sa  Si  £• 
Sie  vertheilen  sich   auf  die  einzelnen  Unterabtheilungen 
folgendermassen: 

Dß*.  Holoedrie.  I,  II,  lU,  IV, 

Dg.  Enantiomorphe  Hemiedrie.  I,  11. 

Cß*'.  Hemimorphe  Hemiedrie.  I,  IV. 

Cß*»  Paramorphe  Hemiedrie.  I,  III. 

Cß.  Tetartoedrie.  I. 

In  Uebereinstimmung  mit  den  Untersuchungen  von  §  17  sind 
diejenigen  Punkte,  welche  für  die  Exystallclassen  mit  einer 
Axe  zweiter  Art  beizubehalten  sind. 


— 

223     - 

I. 

S»lsl,S. 

fei,  1x5, 

felifeS 

II. 

liS«l,S, 

U  fe  1.  t, 

feg,fe§ 

III. 

lllt, 

i;ixi",5, 

Wlri 

IV. 

iiUi^t, 

feSifee, 

l,feg.5 

and  es  entsprechen  den  Giassen 

Se".     Hemiedrie.         I,  II,  III,  IV. 
iSg.    Tetartoedrie.      I,  II. 

§  20.  Das  reguläre  System.  Für  das  reguläre  System 
legen  wir  diejenigen  Erzeugungsarten  zu  Grunde,  die  wir  oben 
in  §  8  bis  10  ausführlich  erörtert  haben.  Wir  bilden  daher 
die  Tetraedergruppe  durch  Multiplication  der  Vierergruppe  mit 
der  Drehung  %,  und  die  Octaedergruppe  durch  Multiplication 
der  Tetraedergruppe  mit  der  Umklappung  U'.  Endlich  leiten 
wir  aus  der  Octaedergruppe  0  die  Gruppe  0*  durch  Multipli- 
cation mit  der  Inyersion  3  ab. 

Das  Goordinatensystem  wählen  wir  so,  dass  die  vier- 
zahligen  Hauptaxen  mit  den  drei  Goordinatenaxen  zusammen- 
fallen. Die  dreizähligen  Axen  erhalten  dadurch  die  oben  in 
§  12  angegebene  zu  den  Goordinatenaxen  symmetrische  Lage. 

Die  gleichwerthigen  Punkte  der  Vierergruppe  V  sind,  wie 
oben  abgeleitet  wurde, 

X  y  0,    X  y  ä,    x  y  z^    x  y  z. 

Den  Drehungen  Sl  und  W  entsprechen  gemäss  §  10  die  cycli- 
schen  Vertauschungen  der  Goordinaten,  d.  h.  diejenigen,  welche 
aus  xy z  resp.  y z x  und  zxy  entstehen  lassen.  Nehmen  wir 
die  zweizählige  Nebenaxe,  wie  zulässig,  so  an,  dass  sie  den 
Winkel  zwischen  der  X-  und  Z-Axe  halbirt,  so  führt  die  zu- 
gehörige Umklappung  xyz  in  yxz  über;  endlich  verändert 
die  Inversion  die  Vorzeichen  der  Goordinaten.  Wir  erhalten 
daher  für  die  Holoedrie  0*  des  regulären  Systems  folgende 
48  gleichwerthigen  Punkte 

xyz,  xyz,  xyz,  xyz,  y x z,  y x z,  y x z,  y x z , 

I)  yzx,  yzxy  yzx,  yzx,      11)  zyx,  zyx,  zyx,  zyx, 

zxy,  zxy,  zxy,  zxy,  x zy ,  x zy,  x zy,  x zy, 


—     224     ~ 

xy  z,  xy  z,  xy  Zf  xy  z^  y  x  z,  y  x  z,  y  x  z,  y  x  z , 

III)  yzx,  yzxy  yzx,  yzxj    IV)  zyx,  zyx,  zyx,  zyx^ 
zxy,  zxy,  zxy,  zxy,  x  z  y  ^  x  zy  ^  x  zy ,  x  zy  , 

und  demgemäss  ergiebt  sich  (vgl.  Gap.  VI,  18) 
Begruläres  System. 
0*.     Holoedrie.  I,  II,  III,  IV. 

0.  Enantiomorphe  Hemiedrie.  I,  II. 
T^.  Hemimorphe  Hemiedrie.  I,  IV. 
T*.     Paramorphe  Hemiedrie.  I,  III. 

T.     Tetartoedrie.  I. 

Für  die  Substitutionen,  welche  den  Krystallclassen  des 
regulären  Systems  entsprechen,  lassen  sich  folgende  Sätze  auf- 
stellen: 

Lehrsatz  XV.  Die  Holoedrie  des  r^dären  Systems  ist 
durch  edle  Permtäationen  von  x  y  z,  sowie  durch  aUe  möglichen 
Zeichencambinationen 

+  +  +,     +  +  -,     +-+,     -  +  + 
,     --+,     -  +  -,     +~~ 

charaderisirt. 

Es  giebt  nämlich  sechs  Permutationen  von  x  y  z  und  aus 

jeder  lassen  sich  durch  die  acht  Vorzeichencombinationen  acht 

Coordinatentripel  bilden,  nämlich 

xyz^     xyzy    xyz,     xyz, 

xyzy     xyZy    xyz,    xyz. 
So  entstehen  im  Ganzen  48  Coordinatentripel,  die  sämmtlich 
verschieden  sind.    Da  nun  jedem  der  48  Punkte  ein  derartiges 
Coordinatentripel  entspricht,  so  müssen  sie  mit  den  48  Coordi- 
natentripeln  der  Tabelle  identisch  sein. 

Lehrsatz  XVI.  Die  Tetartoedrie  des  regulären  Systems  ist 
durch  die  cyclischen  Vertauschungen  von  xyz  und  die  Zdchen- 
conibinationen 

+  +  +,  +--,  -  +  -,  --  + 

characterisirt. 

Die  Zeichencombinationen  entsprechen  nämlich  der  Vierer- 


—     225     — 

grnppe  und  die  cyclischen  Vertauschungen  der  Drehung  S. 
Auch  ist  direct  ersichtlich,  dass  die  erste  Zeile  von  I  die  ge- 
nannten Zeichencombinationen  und  die  erste  Colonne  die  be- 
züglichen cyclischen  Vertauschungen  enthält. 

Lehrsatz  XVII.  Die  paramorphe  Hemiedrie  ist  durch  die 
cyclischen  Vertauschungen  in  Verbindung  mit  allen  möglichen 
cxkt  Zeichencombinationen  charaderisirt. 

Unter  den  24  Coordinatentripeln  von  I  und  III  treten 
nämlich  drei  mit  lauter  positiven  Grössen  auf,  und  zwggr 
X  y  z,  y  z Xy  s  xy\  die  andern  entstehen  aus  ihnen  durch 
blosse  Vorzeichenvertauschung.  Auf  diese  Weise  müssen  sich 
daher  aus  jeder  von  ihnen  sieben  neue  bilden. 

Lehrsatz  XVIII.  Die  hemimorphe  Hemiedrie  des  regulären 
Systems  ist  durch  äUe  Permutationen  von  x  y  z^  sowie  durch  die 
vier  Zeichencombinationen 

+  +  +,  +--,  -  +  -,  --  + 

charaderisirt 

In  der  That  enthalten  I  und  IV  einerseits  alle  Permuta- 
tionen von  xyZy  andrerseits,  wie  die  erste  Zeile  von  I  zeigt, 
neben  dem  Punkt   xyz   die   Punkte   xyz,  xyZy  xyz. 

Lehrsatz  XIX.  Die  enantiomorphe  Hemiedrie  ist  durch  die 
cyclischen  Vertauschungen^  die  Vorzeichencombinationen 

+  +  +,     + ,     -  +  -,     --  + 

und  diejenige  Substitution  characterisirty  welche  die  ersten  beiden 
Coordinaten  vertauscht  und  das  Vorzeichen  der  dritten  ändert. 

Dieser  Satz  drückt  nur  nochmal  aus,  dass  die  Octaeder- 
gruppe  aus  der  Tetraedergruppe  durch  Multiplication  mit  einer 
Umklappung  entsteht,  deren  Axe  den  Winkel  zwischen  der 
X-  und  F-Axe  halbirt. 

§  19.  Die  Normalen  der  Erystallformen.  Verbinden 
wir  den  Punkt  xyz  mit  dem  Anfangspunkt,  nennen  den  Ab- 
stand r,  und  l  ^v  die  Winkel,  welche  dieser  Abstand  mit  den 
Coordinatenaxen  bildet,  so  ist 

X  =  r  cos  k,    y  =  r  cos  fi,    z  =  r  cos  v , 
und  wenn  rr^  y^  z^  irgend  ein  mit  xyz  gleichwerthiger  Punkt 

Sohoenfliai,  Kryitftllitmotiir.  15 


—     226     - 

ist,  dessen   Verbindungslinie   mit   0  die  Winkel   k^  ^^  v^  mit 
den  Axen  einschliesst;  so  ist 

Xi  =  r  cos  Ai ,    yi  =  ^  cos  f4 ,    e^  =r  cos  v^ . 
Bezeichnen  wir  nun  die  Cosinus  der  bezüglichen  Winkel  kurz 
durch  a  ß  y,  cc^  ßiyi  und  setzen  den  Abstand  r  =  1 ,   so   be- 
stehen direct  die  Beziehungen 

rc=a,        y=ßj        ^=y, 


Betrachten  wir  nun  den  Punkt  x  y  z  als  Punkt  einer  Kugel 
mit  dem  Radius  1,  und  legen  in  diesem  Punkt  die  BerOhrungs- 
ebene  an  die  Kugel ^  so  ist  der  Radius  der  Kugel  Normale 
dieser  Ebene.  Diese  Ebene  ist  daher  gleichzeitig  Grenzfläche 
einer  Krystallform,   deren   andere  Grenzflächen  die  Kugel  in 

x^y^sfi berühren;  mit  andern  Worten  aßy,  ccißiyi 

werden  die  Cosinus  der  Winkel,  welche  die  sämmtlichen  Nor- 
malen der  Krystallform  mit  den  Axen  bilden«  Dies  giebt 
den  Satz: 

.  Lehrsatz  XX.  Die  Substitutionen,  welche  die  Normalen' 
richtungen  einer  Krystallform  unter  einander  verbinden,  ergeben 
sich  für  jede  Kryställfläche  dadurch,  dass  man  die  Goordinaten 
der  gleichwerthigen  Funkte  durch  die  Cosinus  der  Normalen' 
udnkel  ersetzt. 

Dieser  Satz  bedarf  nur  in  dem  Fall  einer  eingehenderen 
Prüfung,  dass  wir  das  Coordinatensystem  mit  einer  überzähligen 
Axe  zu  Grunde  legen.  Bezeichnen  wir  in  diesem  Fall  die  Winkel, 
welche  eine  Gerade  mit  den  Axen  ii,ii,^z,t  bildet,  resp.  durch 

Y       ^if    "2        ^f    "2       ^^    ^ 
so  gelten  auch  in  diesem  Fall  die  Gleichungen 

Ij  =  r  cos  Ai ,     6a  =  ^  cos  A^ ,      63  =  r  cos  A3 
g  e=  r  cos  V , 
denn  diese  Gleichungen  sprechen  nur  die  bekannte  Thatsache 
aus,  dass  für  jede  Strecke  r  und  jede  Gerade  g  die  Projection 
von  r  auf  g  durch  Multiplication  von  r  mit  dem  Cosinus  des 
Winkels  beider  Geraden  erhalten  wird. 


Neuntes  Capitel. 
Physikalische  Conseqaenzen. 

§  1.  Die  Symmetrie  der  einzelnen  physikalisclien  £r- 
soheinungen.  Wir  haben  in  der  Einleitung  den  Symmetrie- 
eharacter  eines  Erystalls  durch  sein  physikalisches  Gesammt- 
verhalten  definirt,  und  haben  im  besonderen  unter  N  gleich- 
tverthigen  Geraden  solche  von  demselben  Punkt  ausgehende  N 
Richtungen  verstanden,  längs  deren  der  Krystall  in  jeder  Be- 
ziehung die  gleichen  physikalischen  Eigenschaften  erkennen 
lässt.  Gleichzeitig  wurde  bereits  darauf  hingewiesen^  dass  ein- 
zelnen physikalischen  Vorgängen  höhere  Symmetrie  zukommen 
kann,  als  der  Symmetriecharacter  angiebt,  dass  aber  keine 
physikalische  Eigenschaft  des  Krystalles  geringere  Symmetrie 
besitzt. 

Welcher  Art  die  Symmetrie  der  Krystalle  für  besondere 
physikalische  Vorgänge  ist,  dafür  kommen  einerseits  Erfahrungs- 
thatsachen,  andererseits  theoretische  Erwägungen  in  Betracht. 
Wir  wollen  an  einigen  Beispielen  die  Natur  derselben  klar- 
stellen, um  besonders  die  principiellen  Gesichtspunkte  zu  be- 
leuchten, welche  in  ihnen  hervortreten. 

Hier  drängt  sich  sofort  die  Frage  in  den  Vordergrund, 
ob  und  wie  sich  eine  Symmetrieeintheilung  der  Erystalle  für 
die  einzelnen  physikalischen  Vorgänge  deductiv  aufstellen  lässt-, 
resp.  wie  der  allgemeine  Symmetriecharacter  des  Erystalls 
durch  die  besondere  Eigenart  des  physikalischen  Vorgangs 
modificirt  wird.  Diese  Frage  lässt  sich,  wie  wir  sofort  er- 
kennen werden,  sehr  leicht  beantworten.  Es  beruht  dies  darauf, 
dass  die  hemigliche  physikalische  Eigenart  in  allen  in  der  Natur 
bdumnten  Fällen  selbst  durch  Symmetrieeigenschaften  characterisirt 

16  ♦ 


-     228    — 

ist.  Ist  daher  Z  der  all  gemeine  Symnietriecharacter  eines 
Erystalles,  und  27,  die  characteristische  Symmetrie  der  bezüg- 
lichen physikalischen  Eigenschaft^  so  zeigt  das  physikalische 
Verhalten  des  Krystalles  die  Symmetrie  £  und  S^  gleichzeitig; 
nach  der  in  Cap.  III  eingeführten  Bezeichnung  ist  daher  die 
Symmetrie  das  Product  aus  U  und  I\.     Also  folgt: 

Lehrsatz  I.  Für  jeden  physikalischen  Vorgang  setzt  sich  die 
bezügliche  Symmetrie  aus  der  characteristischett  Symmetrie  27^ 
dieses  Vorgangs  und  dem  allgemeinen  Symmetriecharacter  des 
Krystaües  zusammen^  d.  h.  die  Gesammtsymmetrie  ist  das  Product 
von  S  und  Z^. 

§  2.  Es  giebt  nur  wenige  physikalische  Erscheinungen^ 
deren  Symmetrie  nicht  höher  ist,  als  der  allgemeine  Symmetrie- 
character. Dies  können  offenbar  nur  solche  sein,  welche  polarer 
Natur  sind.  In  der  That  ist  evident,  dass  für  alle  diejenigen 
Erscheinungen,  welche  nach  entgegengesetzten  Richtungen 
keinerlei  Verschiedenheit  aufweisen^  wie  die  Elasticität,  die 
mechanischen  Deformationen,  Wärmeleitung,  Lichtfortpflanzung 
u.  s.  w.  u.  s.  w.,  die  zugehörige  Gesammtsymmetrie  ein  Sym- 
metriecentrum besitzt  und  daher  zum  Theil  höher  ist  als  der 
allgemeine  Symmetriecharacter.  Dies  ist  dagegen  nicht  der 
Fall  für  diejenigen  Erscheinungen,  bei  denen  sich  iu  ent- 
gegengesetzten Richtungen  entgegengesetzte  physikalische  Pole 
ausbilden,  wie  für  die  Erscheinungen  der  Pyro-  und  Piezo- 
electricitat.  Sie  liefern  uns  in  der  That  diejenigen  Natur- 
Yorgänge,  welche,  soweit  bekannt,  neben  den  Wachsthuma- 
erscheinungen  den  reinen  Symmetriecharacter  des  Krystalles 
erkennen  lassen. 

Man  darf  jedoch,  wie  eine  einfache  üeberlegung  zeigt, 
nicht  etwa  annehmen,  dass  für  die  genannten  electrischen 
Erscheinungen  sich  wirklich  32  Classen  von  Krystallen  beob- 
achten lassen.  Wenn  nämlich  ein  Krystall  ein  Symmetrie- 
centrum  besitzt,  so  können  polare  elektrische  Erscheinungen 
überhaupt  nicht  auftreten;  denn  ihr  Auftreten  würde  dagegen 
Verstössen,  dass  das  Symmetriecentrum  einen  Theil  des  all- 
gemeinen Symmetriecharacters  ausmacht.  Es  leuchtet  daher 
ein,  dass  sich  die  genannten  Vorgänge  höchstens  bei  solchen 


—     229     — 

Erystallen  beobachten  lassen,  die  ein  Centrum  der  Symmetrie 
nicht  besitzen.^) 

§  3.  Eintheiliing  der  Krystalle  für  Ersoheintingen  mit 
einem  Symmetriecentriun.  Es  wurde  oben  darauf  hingewiesen, 
dass  für  diejenigen  Erscheinungen,  welche  in  entgegengesetzten 
Richtungen  identisch  verlaufen,  die  centrische  Symmetrie  immer 
die  Rolle  der  Zusatzsymmetrie  spielt.  Für  solche  Erscheinungen 
besitzen  demgemäss  aUe  Krystallclassen  ein  Centrum  der  Sym- 
metrie, und  es  fallen  dadurch  mehrere  im  Allgemeinen  ver- 
schiedene Krystallclassen  mit  einander  zusammen.  Welche 
Krystallclassen  dies  sind,  ergiebt  sich  unmittelbar,  wenn  wir 
die  in  Cap.  III,  8  abgeleiteten  Sätze  in's  Auge  fassen.  Be- 
achten wir,  dass  eine  geradzahlige  Symmetrieaxe  und  ein 
Symmetriecentrum  eine  zur  Axe  senkrechte  Symmetrieebene 
bedingen,  so.  sehen  wir,  dass  für  das  reguläre,  hexagoncde, 
tetragoMÜe  und  digoncUe  System  (Cap.  VI,  23)  die  enantiomorphe 
und  hemimorphe  Hemiedrie  mit  der  Holoedrie  identisch  werden, 
und  dasselbe  gut  von  der  paratnorphen  Hemiedrie  und  der  Te- 
tartoedrie  (resp.  der  Tetartoedrie  mit  einer  Axe  erster  Art). 
Bezüglich  der  Krystallclassen  mit  einer  Axe  zweiter  Art  ist 
zu  bemerken,  dass  (Cap.  V,  3)  diejenigen  des  hexagonalen, 
resp.  digonalen  Systems  ein  Symmetriecentrum  von  selbst  be- 
sitzen, also  nicht  modificirt  werden.  Dagegen  kommt  den 
bezüglichen  Classen  des  tetragonalen  Systems  ein  Symmetrie- 
centrum nicht  zu;  sie  erlangen  daher  durch  Hinzutritt  des- 
selben höhere  Symmetrie,  und  zwar  wird  die  Hemiedrie  S^^ 
mit  der  Holoedrie  D/  und  die  Tetartoedrie  S^  mit  der  Hemi- 
edrie C^  identisch.*)  Was  endlich  das  trigonale  System  be- 
trifft, so  fehlt  bekanntlich  dtten  Classen  desselben  ein  Sym- 
metriecentrum; sie  werden  also  sämmtlich  durch  das  Auftreten 
desselben  verändert     Die  Holoedrie  D^  geht,  da  sich  auch 

1)  Die  weiteren  theoretischen  Erwägungen  hierüber  findet  man  bei 
Mallard,  trait^  de  cristallographie,  Paris,  Bd.  II,  1884,  S.  661  n.  671, 
sowie  bei  Liebisch,  Physikalische  Krystallographie,  1891,  S.  694. 

2)  Für  diese  Verhaltnisse  ist  im  Gegensatz  zu  den  Bemerkungen 
auf  8.  161  eine  Analogie  zwischen  den  Krystallclassen  S^^^  S^  und  6',", 
S^  nicht  vorhanden.    Dies  beruht  auf  Cap.Y,  4. 


-     230     ~ 

die  zu  den  Nebenaxen  senkrechten  Symmetrieebenen  einstellen, 
in  die  Holoedrie  D^  des  hexagonalen  Systems  über.  Beachten 
wir  endlich,  dass  gemäss  Cap.  Y,  VI  eine  dreizählige  Axe  und 
ein  Symmetriecentrum  einer  sechszähligen  Axe  zweiter  Art 
äquivalent  sind,  so  ist  ersichtlich,  dass  die  Hemiedrieen  D, 
und  C^  in  die  Hemiedrie  S^  des  hexagonalen  Systems  über- 
gehen, dass  aus  der  Hemiedrie  C^  durch  Multiplication  mit  dem 
Symmetriecentrum  die  Hemiedrie  CJ^  entsteht,  und  dass  sich 
die  Tetartoedrie  C^  in  die  Tetartoedrie  S^  verwandelt  Bezüg- 
lich derjenigen  Naturvorgänge,  für  welche  das  Symmetrie- 
centrum eine  nothwendige  Symmetrieeigenschafb  repräsentirt, 
zerfallen  demnach  die  Eiy stalle  höchstens  in  folgende  Classen: 


I,   Begulftres  System. 

0*. 

Holoedrie, 

T*. 

Hemiedrie. 

D,K 

Holoedrie. 

c^ 

Hemiedrie  mit  einer  Axe  erster  Arti 

S,". 

Hemiedrie  mit  einer  Axe  zweiter  Art 

s,- 

Tetartoedrie. 

DX  Tetragonales  System. 

D,\ 

Holoedrie. 

C,\ 

Hemiedrie. 

rv.   Digonales  System. 
F*.    Holoedrie. 
Cg*.    Hemiedrie. 
S^    Tetartoedrie. 

um  hieraus  sofort  diejenige  Systematik  zu  erhalten,  welche 
der  oben  Cap.  VI,  24  aufgestellten  Tabelle  entspricht^  braucht 
man  nur  die  drei  Classen  des  digonalen  Systems  als  drei 
Ery  Stallsysteme  zu  betrachten;  es  giebt  F*  das  rhombische 
System,  Cj"  das  monokline  und  S^  das  trikline. 

Das  vorstehende  lässt  die  Art,  in  welcher  die  characte- 
ristische  Zusatzsymmetrie  die  Eintheilung  der  Erystalle  ver- 
einfacht, deutlich  erkennen.    Wir  wollen  nun  noch  an  einigen 


~     231     — 

Beispielen  zeigen,  welche  Folgerungen  der  obige  Lehrsatz  I 
innerhalb  der  mathematischen  TheoriecD  nach  sich  zieht. 

§  4.  Beispiele  aiui  der  mathematlsohen  Physik.  Eine 
physikalische  Eigenschaft  lasse  sich  darch  eine  geometrische 
Strecke  ausdrücken^  und  diese  sei  durch  eine  homogene  lineare 
Function  f  der  Goordinaten,  resp.  ihrer  Differestialquotienten 
bestimmt.  Ersetzt  man  die  Goordinaten  x  y  ß  durch  x  y  Zj  bo 
nimmt  f  den  entgegengesetzten  Werth  an;  in  entgegengesetzt 
ten  Richtungen  hat '  daher  f  entgegengesetzte  Werthe.  Die 
physikalische  Eigenschaft  besitzt  daher  centrische  Symmetrie, 
umgekehrt  ist  evident,  dass  sich  ein  Vorgang,  dem  die  Punkt- 
symmetrie mangelt,  nicht  durch  einen  homogenen  linearen 
Ausdruck  dieser  Art  darstellen  kann. 

unter  dieses  Beispiel  fallen  z.  B.  Ausdehnungen  durch 
Wärme,  femer  alle  Erscheinungen,  welche  auf  der  Gohäsion 
beruhen,  wie  elastische  und  ähnliche  Deformationen  u.  s.  w. 
Für  alle  derartigen  Vorgänge  kann  es  daher  höchstens  die  elf 
in  §  3  aufgestellten  verschiedenen  Erystallclassen  geben.  Für 
jede  dieser  Glassen  gehorchen  die  Coefficienteu  der  Function  f 
bestimmten  Gesetzen;  dieselben  ergeben  sich,  wenn  wir  aus- 
drücken, dass  die  Function  bei  den  bezüglichen  Goordinaten- 
substitutionen  unverändert  bleibt.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen, 
dass  sich  für  manche  nach  §  3  verschiedene  Erystallclassen 
dasselbe  Goefficientengesetz  einstellt  Hierin  darf  jedoch  kein 
Verstoss  gegen  §  3  erblickt  werden.  Die^Ursache  dieser  Aus- 
nahmeerscheinung ist  vielmehr  darin  zu  sehen,  dass  der  wahre 
Ausdruck  der  durch  Punktsymmetrie  characterisirten  physika- 
lischen Eigenschafben  durch  eine  nach  ungeraden  Potenzen 
der  Variabein  fortschreitende  Reihe  gegeben  ist,  während  die 
lineare  Function  f  nur  eine  erste  Annäherung  darstellt  aller- 
dings eine  solche,  die  practisch  und  theoretisch  ausreichend  ist. 

2.  Die  Natur  eines  physikalischen  Vorganges  sei  durch 
die  Radien  einer  centrischen  Fläche  zweiter  Ordnung,  im  be- 
sondem  durch  ein  Ellipsoid  characterisirt,  und  zwar  so,  dass 
eventuelle  Symmetrieaxen  und  Symmetrieebenen  des  Erystalles 
mit  den  Hauptaxen  resp.  Hauptebenen  des  Ellipsoids  zusammen- 
fallen.    Hieraus  folgt  sofort,   dass  im   regulären  System  die 


-     232     - 

drei  Hauptaxeu  des  EUipsoids  einander  gleichwerthig^  d.  h. 
gleichlang  sind;  dasselbe  wird  also  eine  Kugel.  Ebenso  sieht 
man,  dass  für  das  hexagonale  und  tetragonale  System  (Cap.  VI, 
24)  das  EUipsoid  ein  Rotationsellipsoid  ist,  dessen  Hauptaxe 
mit  der  Hauptaxe  des  Erjstalles  zusammenfallt.  Für  die 
Krystallclassen  des  rhombischen  Systems  (Cap.  VI,  24)  fallen 
die  drei  ausgezeichneten  Richtungen  mit  den  ausgezeichneten 
Richtungen  des  Ellipsoids  zusammen.  Für  die  yorstehendeu 
Krystallclassen  ist  daher,  welches  auch  die  wirkenden  Kräfte 
seien,  die  Lage  des  Ellipsoids  zum  Krystall  immer  die  gleiche. 
Für  die  übrigen  Krystallclassen  ist  dies  nicht  mehr  der  Fall. 
Für  diejenigen-,  welche  das  monokline  System  bilden,  ist  eine 
ausgezeichnete  Richtung  vorhanden,  damit  ist  eine  Axe  des 
Ellipsoids  von  vornherein  bestimmt,  während  die  Lage  der 
beiden  andern  im  Krystall  variabel  ist  und  von  den  wirkenden 
Kräften  abhängt.  Endlich  kommt  für  die  Classen  des  triklinen 
Systems  keiner  der  drei  Hauptaxen  des  Ellipsoids  eine  im 
Krystall  feste  Richtung  zu. 

Für  diejenigen  Vorgänge,  die  durch  die  Radien  eines  der- 
artigen Ellipsoids  gekennzeichnet  sind,  zerfallen 'demnach  die 
Krystalle  in  fünf  Classen. 

1.    Kugel.    Isotrope  Krystalle. 
Reguläres  System. 

2.    Rotationsellipsoid.    Eine  Axe  der  Isotropie. 
Hexagonales  und  tetragonales  System. 

3.    Allgemeines  EUipsoid. 

a.  Rhombisches  System.    Bestimmte  Axen. 

b.  Monoklines  System.    Eine  Axe  ist  bestimmt, 
c  Triklines  System.    Keine  Axe  ist  bestimmt 

3.  Wenn  die  physikalischen  Vorgänge  ihren  Ausdruck  in 
einer  homogenen  Function  F  zweiter  Ordnung  finden,  sei  es 
der  Coordinaten  oder  der  Differentialquotienten,  so  bestehen 
für  jede  Krystallclasse  wieder  bestimmte  Coefficientengesetze, 
die  sich  ergeben,  wenn  wir  die  Bedingung  dafür  suchen,  dass 
die  Function  F  bei   den    bezüglichen  Substitutionen  in    sich 


—     233     - 

übergeht.  Diese  Gesetze  aufzustellen,  ist  in  jedem  Fall  eine 
einfache  Aufgabe.  Die  Anzahl  der  verschiedenen  Functionen  F 
beträgt  übrigens  stets  weniger  als  32;  die  Reduction  beruht 
immer  auf  dem  oben  genannten  Grunde.  Hierher  gehören  die 
Ausdrücke  für  Potentialgrossen  u.  s.  w. 

Für  das  genauere  hierüber  wolle  man  die  Lehrbücher  über 
mathematische  Physik,  resp.  physikalische  Krystallographie 
vergleichen.  Ein  specielleres  Eingehen  geht  über  den  Rahmen 
dieses  Buches  hinaus;  es  sollte  sich  nur  darum  handeln^  die 
principiellen  Fragen  klarzustellen  und  an  einigen  Beispielen 
die  Art  und  Weise  darzulegen,  in  welcher  die  gefundenen  Re- 
sultate anzuwenden  sind. 


ZWEITER  ABSCHNITT. 


THEORIE  DEE  KEYSTALLSTEUCTUR 


Erstes  Capitel. 
Die  fandamentalen  Hypothesen. 

§  1.  Die  Structur  der  homogenen  Körper.  Wir  nehmen 
an,  dass  die  homogenen  festen  Körper ,  und  nur  von  solchen 
wird  hier  die  Rede  sein,  aus  gleichartigen  Individuen  bestehen, 
welche  als  Molekeln  bezeichnet  werden  sollen.  Ob  wir  in  ihnen 
die  kleinsten  Bausteine  des  Erystalles  zu  erblicken  haben, 
oder  ob  sie  selbst  wieder  in  kleinere  Einzelbestandtheile  zer- 
fallen, lassen  wir  vorläufig  unbestimmt;  ebenso  soll  ihre  Form, 
ihre  physikalische  Qualität,  ihre  chemische  Natur  u.  s.  w.  zu- 
nächst nicht  in  Frage  kommen.  Der  atomistischen  Denkweise 
entsprechend  nehmen  wir  an,  dass  sie  durch  Zwischenräume 
von  einander  getrennt  sind. 

Es  ist  in  der  Einleitung  darauf  hingewiesen  worden,  dass 
die  homogenen  festen  Körper  in  zwei  scharf  von  einander  ge- 
trennte Classen  zerfallen,  in  amorphe  und  krystallisirte  Körper. 
Als  inneren  Unterscheidungsgrund  haben  wir  die  Stnictur  zu 
betrachten,  d.  h.  die  räumliche  Anordnung  der  constituirenden 
Molekeln.  Die  Art,  in  welcher  sich  ein  amorpher  oder  ein 
krystallisirter  Körper  aus  den  kleinsten  substantiellen  Indi- 
viduen aufbaut,  unterliegt  den  allgemeinen  Naturgesetzen  und 
ist  daher  bei  jeder  dieser  Körperarten  eine  bestimmte,  die 
nicht  allein  mit  den  Molekularkräften  verträglich  sein  muss, 
sondern  als  eine  nothwendige  Consequenz  derselben  zu  be- 
trachten ist  Hat  sich  dieselbe  auch  bisher  der  empirischen 
Erkenntniss  vollständig  entzogen,  so  giebt  es  doch  ver- 
schiedene Erscheinungen,  welche  gewisse  Schlüsse  auf  die  Art 
des  Aufbaues  der  Körper  nahe  legen.  Sie  sind  es,  auf  Grund 
deren  sich  unsere  Vorstellungen  über  die  Constitution  der 
Materie  ausgebildet  haben. 


—     238     — 

Würde  es  möglich  seiu,  die  Molekularstructor  eines 
amorphen  Korpers  der  Beobachtung  zugänglich,  zu  machen, 
so  würde  im  Allgemeinen^  nach  der  Meinung,  welche  hierüber 
die  herrschende  ist,  selbst  ein  geometrisch  anf's  Beste  ge- 
schultes Auge  doch  ein  formales  Gesetz  in  der  Lagerung  der 
Molekeln  nicht  erkennen;  dieselbe  würde  den  Eindruck  der 
Regellosigkeit,  resp.  von  unserem  subjectiyen  Standpunkt  aus, 
der  Willkür  machen.  Dies  ist  gemeint,  wenn  man  die  Strnctur 
der  amorphen  Körper  als  eine  regellose  bezeichnet.  Aus- 
nahmen hiervon  kommen  allerdings  yor;  einerseits  können, 
wie  man  annimmt,  unter  dem  Einfluss  bestimmter  Einwirkungen 
gesetzmässige  Veränderungen  in  der  Anordnung  der  Molekeln 
eintreten,  welche  die  gegenseitige  Lage  derselben  vereinfachen; 
andrerseits  aber  kann  auch  die  Entstehung  des  Körpers  seine 
Structur  so  beeinflussen,  dass  eine  bestimmte  einfache  Vor- 
stellung über  dieselbe  zulässig,  resp.  geboten  ist.  Derartige 
Fälle  sind  in  letzter  Zeit,  besonders  im  Anschluss  an  Gohäsions- 
untersuchungen,  mehrfach  bekannt  geworden.^) 

§  2.    Hypothese  über  die  Stmotur  der  Erystallsubstans. 

Die  Entstehung  eines  Krystalles  beim  Uebergang  eines  Körpers 
aus  dem  flüssigen  in  den  festen  Aggregatzustand  ist  ebenfalls 
als  ein  Vorgang  zu  betrachten,  welcher  eine  einfache  An- 
ordnung der  Molekeln  bewirkt,  und  zwar  als  derjenige,  für 
welchen  das  Gesetz  der  Anordnung  die  denkbar  einfachste  und 
damit  zugleich  eine  typische  Form  annimmt.  Von  ihr  wird 
vorausgesetzt,  dass  sie  durch  dcQ  höchsten  Grad  der  Begd- 
mässigkeit  ausgezeichnet  ist.  Wir  stellen  nämhch  die  Hypo- 
these auf,  dass  jede  KrystaMmolekel  von  der  Gesammtheü  der 
NachbannolekeJn  auf  gleiche  Weise  umgeben  ist  Ist  ^i  irgend 
eine  Molekel  des  Krystalls,  so  reicht  es  in  praktischer  ELin- 
sicht  aus,  die  Hypothese  für  alle  diejenigen  um  fi  herum- 
liegenden Molekeln  als  erfüllt  zu  betrachten,  welche  innerhalb 
der  Wirkungssphäre  der  Molekel  ^i  liegen,  die  also  für  das 
physikalische  Verhalten  von  (i  allein  in  Frage  kommen.    Theo- 


1)  Vgl.  z.  B.  die  Unterauchungen  von  W.  Voigt,  Ber.  d.  Berl.  Ak. 
1883,  S.  961  ff. 


-     239     — 

reidsch  lässt  sich  der  Hypothese  eine  präcisere,  mehr  mathe- 
matische Form  geben.  Da  nämlich  für  die  Structur  die 
Grösse  der  Körper  ohne  Bedeutung  ist,  so  pflegt  man  für  die 
Zwecke  der  Structurtheorieen  die  Erystallsubstanz  als  unend- 
lich ausgedehnt  zu  betrachten.  Diese  Conception  führt  zu  der 
mathematischen  Vorstellung  eines  sogenannten  regelmässigen 
Molekelhaufens,  der  sich  folgendermassen  definiren  läsat: 

Unter  einem  regelmässigen  Molekelhanfen  von  unbegreneier 
Ausdehnung  verstehen  wir  einen  solchen  nach  allen  Ricktungen 
unendlich  ausgedehnten  Mölehelhaufeny  der  aus  lauter  gleichartigen 
Molekeln  besteht  und  die  Eigenschaft  besitzt,  dass  jede  Molekel 
auf  die  gleiche  Art  von  der  Gesammtheit  aller  Molekeln  um- 
geben ist. 

Beachten  wir  nun,  dass  sich  die  Structurtheorieen  der 
Natur  der  Sache  nach  nur  auf  die  inneren  Punkte  des  Krystalles 
beziehen,  so  lässt  sich  die  fundamentale  Hypothese,  welche 
allen  modernen  Structurtheorieen  zu  Grunde  liegt,  folgender- 
massen aussprechen: 

Onmdhypothese :  Um  jeden  in  seinem  Innern  gelegenen 
Punkt  zeigt  ein  homogener  Krystaü  die  Structur  eines  regel- 
mässigen Molekdhaufens  von  unbegrenzter  Ausdehnung. 

§  3.  Der  eben  aufgestellte  Begriff  der  Regelmässigkeit 
bedarf  genauerer  Interpretation.  Zu  diesem  Zweck  fassen  wir 
für  den  Augenblick  nur  die  Schwerpunkte  der  Molekeln  in's 
Auge.  Sind  P  und  P^  irgend  zwei  davon,  und  Aj  B,  C ., . 
die  Schwerpunkte  derjenigen  Molekeln,  welche  P  am  nächsten 
liegen,  so  verlangt  die  Definition,  dass-  sich  um  P^  Molekeln 
mit  den  Schwerpunkten  A^j  B^,  0^ .  . .  so  finden,  dass  die 
Entfernungen 

PA  =  P,A,,    PB  =  P^B^,    PC=P,C,... 

sind,  und  dass  die  Strecken  PA,  PB,  PC  . .  •  die  gleichen 
Winkel  mit  einander  einschliessen,  wie  die  Strecken  PiA^, 
PiB^,  P^Ci  .  .  .  Dies  ist  aber  bekanntlich  noch  auf  zwei 
Arten  möglich;  die  durch  PABC . , .  und  P^AiBiC^  . . .  be- 
stimmten Körper  können  nämlich  congruent  oder  spiegel- 
bildlich gleich  sein.     Beide  Möglichkeiten  sind  in's  Auge  zu 


—     240     — 

fassen;  im  Gebiet  der  Krystallsyminetrie  stehen  ja  überall  die 
Begriffe  „cangruenf'  und  ^^spiegelbildlich  gleichf^  gleichberechtigt 
neben  einander. 

Erscheint  auch  der  Hinweis  auf  die  Gleichberechtigung 
beider  Begriffe  zunächst  nur  im  Interesse  einer  allgemeinen 
geometrischen  Fragestellung  geboten  zu  sein,  so  werden  wir 
später  den  Nachweis  führen,  dass  hier  ein  Postulat  jeder 
Structurtheorie  vorliegt,  welche  mit  der  Hypothese  des  regel- 
mässigen Aufbaues  operirt. 

§  4.  Zweck  der  Stniotortheorieen.  Der  nächste  Zweck 
einer  jeden  Structurtheorie  ist  die  Erklärung  der  geometrischen 
Gesetzmässigkeit  des  physikalischen  Verhaltens,  d.  h.  der 
Homogenität  und  der  Symmetrie  der  Erystalle.  Die  Sym- 
metrie ist  im  ersten  Abschnitt  ausführhch  erörtert  worden. 
Das  homogene  Verhalten  eines  Krystalles  spricht  sich  darin 
aus,  dass  alle  seine  Punkte  und  alle  parallelen  Geraden 
krystallographisch  als  gleich werthig  zu  betrachten  sind;  der 
Krystall  zeigt  bezüglich  aller  Punkte  und  längs  aller  parallelen 
Geraden,  die  sein  Inneres  durchsetzen,  resp.  auf  seiner  Ober- 
fläche enthalten  siud,  die  nämlichen  physikalischen  Eigen- 
schaften. Von  jeder  Structurtheorie,  welche  den  Anspruch 
erhebt,  eine  hinreichende  Erklärung  der  geometrischen  Gesetz- 
mässigkeit der  Krystalle  zu  geben,  ist  daher  zu  verlangen, 
dass  sie  für  alle  bekannten,  resp.  alle  theoretisch  möglichen 
Krystallgestalten  Molekelhaufen  von  unbegrenzter  Ausdehnung 
anzugeben  vermag,  welche  genau  dieselbe  homogene  Be- 
schaffenheit und  dieselbe  Symmetrie  aufweisen,  wie  der  be- 
zügliche Krystall  selbst.  Nun  zerfallen'  die  Krystalle,  wie  wir 
im  ersten  Abschnitt  gezeigt  haben,  bezüglich  der  Symmetrie 
in  die  bekannten  32  Classen;  eine  Structurtheorie  wird  daher 
der  eben  aufgestellten  Forderung  immer  und  nur  dann  ge- 
nügen, wenn  sie  für  jede  der  32  Erystallclassen  Molekelhaufen 
von  analoger  homogener  Zusammensetzung  und  analogem 
Symmetriecharacter  enthält. 

§  5.  Die  Theorie  von  Bravais.  Ehe  wir  dazu  übergehen, 
zu  prüfen,  wie  wir  die  homogene  Beschaffenheit  und  die  Sym- 
metrie  derjenigen   Molekelhaufen   zu    definiren    haben,    durch 


—     241     — 

welche  wir  uns  der  Theorie  nach  einen  Krystall  repräsentirt 
denken,  wollen  wir  die  oben  ausgesprochene  Ausgangshypo- 
these genauer  erörtern,  und  im  Besondern  diejenigen  beiden 
Hauptfalle  derselben  in's  Auge  fassen,  welche  den  beiden 
augenblicklich  in  Geltung  stehenden  Theorieen  zu  Grunde 
liegen.  Von  ihnen  ist  die  eine  von  Bravais  aufgestellt,  die 
andere  knüpft  an  einen  von  Wiener  und  Sohncke  aus- 
gesprochenen Grundgedanken  an  und  ist  von  verschiedenen 
Autoren  ausgestaltet  worden.  Von  jeder  der  beiden  Theorieen 
wird,  wie  hier  bereits  bemerkt  werden  möge^),  die  aufgestellte 
Forderung  ausnahmslos  erfüllt. 

Die  Grundlage  der  Theorie  von  Bravais  bilden  seine 
Untersuchungen  über  die  sogenannten  RaumgiUer^)  und  die 
Symmetrie  der  Polyeder^),  Die  Eigenschaften  der  letzteren, 
sowie  ihre  Eintheilung  in  Symmetrieclassen  haben  wir  im 
ersten  Abschnitt  ausführlich  dargestellt.  Die  Theorie  der 
Raumgitter  werden  wir  im  nächsten  Gapitel  behandeln.  Hier 
genüge  die  Bemerkung,  dass  ein  Raumgitter  aus  den  Schnitt- 
punkten von  drei  Zügen  paralleler  äquidistanter  Ebenen  be- 
steht. Diese  Ebenen  zerlegen  den  Raum  in  lauter  congruente 
Parallelepipeda,  und  es  ist  evident,  dass  jeder  Gitterpunkt  von 
der  Gesammtheit  aller  übrigen  Gitterpunkte  auf  gleiche  Weise 
umgeben  ist. 

Bravais  nimmt  nun  an,  dass  die  krystallisirte  Materie 
aus  lauter  congruenten  Molekeln  besteht,  deren  Mittelpunkte 
resp.  Schwerpunkte  ein  Raumgitter  bilden.  Diese  Molekeln 
stellen  sämmtlich  parallel  zu  einander.  Ist  fi  eine  von  ihnen, 
so  fallt  sie  in  die  Ecke  irgend  eines  Parallelepipedons,  welches 
dem  Raumgitter  angehört.  Aus  ihr  gehen  diejenigen,  welche 
in  die  anderen  Ecken  dieses  Parallelepipedons  fallen,  dadurch 
bervor,  dass  man  diese  Molekel  ^i  um  Strecken,  gleich  den 
Kanten  des  Parallepipedons,  parallel  mit  sich  fortbewegt.  Man 
sagt,  dass  alle  Molekeln  parallel  orientirt  sind. 

1)  Der  Nachweis  ist  in  Cap.  XIII  enthalten. 

2)  Vgl.  Journ.  de  Tficole  polyt.    Bd.  19.    Heft  Z&    S.  1  ff. 
d)  Vgl.  die  Anmerkung  auf  S.  17. 

SchoenflieSf  KryitaUvtruotnr.  16 


-     242     — 

Wir  werden  später  genauer  zu  betrachten  haben,  wie  sieh 
die  besondere  Art  des  Raumgitters  und  die  Symmetrie  der 
Molekel  ^  durch  den  Erystall  bestimmt^  welcher  durch  den 
bezüglichen  Molekelhaufen  vertreten  wird.  Dagegen  können 
diejenigen  Fragen^  welche  die  homogene  Beschaffenheit  der 
Krystallmasse  betreffen,  bereits  an  dieser  Stelle  hinreichend 
erörtert  werden.  Die  homogene  Natur  der  Erystallsubstanz 
verlangt,  dass  der  Molekelhaufen  ^,  welcher  den  Erystall  re- 
präsentirt,  bezüglich  irgend  zweier  Punkte  P  und  Pj^,  resp. 
längs  irgend  zweier  parallelen  Geraden  g  und  g^  das  gleiche 
physikalische  Verhalten  erkennen  lässt.  Nun  hängt  die  physi- 
hüische  Wirkungsweise  des  Molekelhaufens  in  Bessug  auf  einen 
Punkt  P  oder  längs  einer  Geraden  g  augenscheinlich  einzig  und 
allein  davon  ab,  une  sich  die  Molekeln  um  P  resp,  um  die  Gerade 
g  gruppiren;  die  sich  in  der  Erfahrung  documentirende  homo- 
gene Natur  der  Erystalle  nöthigt  daher,  die  Forderung  aus- 
zusprechen, dass  die  Gesammtheit  aller  Molekeln  bezüglich 
irgend  zweier  Punkte  P  und  P^,  ebenso  bezüglich  irgend  zweier 
parallelen  Geraden  g  und  g^  die  nämliche  Lage  hat. 

§  6.  Es  springt  in  die  Augen,  dass  dieser  Forderung  im 
strengen  Sinne  des  Worts  nicht  genügt  wird.  Es  giebt  aller- 
dings zahllose  gleichwerthige  Punkte  und  zahllose  gleich- 
werthige  parallele  Geraden  innerhalb  des  Molekelhaufens,  aber 
die  Gleichwerthigkeit  kann  bei  weitem  nicht  von  allen  be- 
hauptet werden.  So  hat  der  Molekelhaufen  in  Bezug  auf  jeden 
Gitterpunkt  die  gleiche  Lage,  aber  es  ist  andrerseits  evident, 
dass  dies  für  keinen  andern  Punkt  zutrifft,  z.  B.  für  einen 
Punkt,  der  zwischen  zwei  Molekeln  liegt.  Ebenso  sind  alle 
parallelen  Geraden  gleichwerthig,  welche  Eanten  der  Parallel- 
epipeda  enthalten,  aber  jede  andere  mit  ihnen  parallele  Gerade 
durchsetzt  den  Molekelhaufen  in  abweichender  Art  und  kann 
daher  nicht  mit  ihnen  gleichwerthig  sein.  Der  Mangel,  der 
sich  hierin  documentirt,  ist  aber  ohne  sonderlichen  Belang. 
Er  haftet  an  jeder  atomistischen  Theorie,  also  auch  an  den- 
jenigen, welche  sich  auf  den  Wiener-Sohncke'schen  Ge- 
danken aufbauen;  überdies  sind  auch  die  Theorieen,  welche 
eine  stetige  Raumerfüllung  imter  der  Voraussetzung  individueller 


—     243     - 

körperlicher  Molekeln  annehmen,  von  ihm  nicht  frei.  Er  be- 
ruht demnach  auf  einer  immanenten  formalen  Folgerung,  die 
bei  keiner  Structurtheorie  zu  umgehen  ist.  Practisch  ist  er 
allerdings  ohne  jede  Tragweite;  denn  die  Abstände  der  näch- 
sten Raumgitterpunkte  haben  wir  als  so  klein  anzunehmen, 
diLss  —  wenigstens  für  uns  —  physikalische  Verschieden- 
heiten längs  paralleler  Geraden  gar  nicht  messbar  sein  können. 
Es  liegt  übrigens  nahe,  und  zwar  gerade  auf  Grund  der 
Torstehenden  Ueberlegungen,  umgekehrt  den  Standpunkt  ein- 
zunehmen, dass  in  Wirklichkeit  die  Erystallsubstanz  aus  lauter 
getrennten  Molekeln  besteht  und  dass  «Ue  parallelen  Rich- 
tungen, sowie  alle  Erystallpunkte  uns  nur  deshalb  physikalisch 
gleichwerthig  erscheinen,  weil  in  dem  Resultat  unserer  Beob- 
achtung stets  das  Verhalten  sehr  vieler  äusserst  naher  Molekeln 
oder  paralleler  Molekelgeraden  zu  Tage  tritt. ^)  Von  diesem 
Gesichtspunkt  aus  würde  auch  in  formaler  Beziehung  von 
einem  Mangel  nicht  mehr  die  Rede  sein,  denn  bei  dieser  Auf- 
fassung ist  die  Forderung  der  Gleichwerthigkeit  aller  Punkte 
und  aller  parallelen  Geraden  nur  eine  scheinbare  Folgerung 
der  Erfahrung,  deren  Grund  in  der  mangelhaften  Beschaffen- 
heit der  Instrumente^  resp.  in  der  mangelhaften  Perceptions- 
fahigkeit  unserer  Sinne  zu  suchen  ist 

§  7.  Die  an  Wiener- SohnokeanaohliessendenTheorieen* 
Die  Bravais'sche  Theorie  erfüllt  die  oben  aufgestellte  Be- 
dingung der  Regelmässigkeit  vollständig;  die  Anschauung 
zeigt  unmittelbar,  dass  den  mittelst  der  Raumgitter  gebildeten 
Molekelhaufen  die  typische  Eigenschaft  der  Regelmässigkeit 
innewohnt.  Die  Bravais' sehen  Molekelgitter  bilden  aber  nur 
den  einfachsten  Fall  der  regelmässigen  Molekelhaufen.  Der 
allgemeinste  Typus  derselben  ergiebt  sich,  wenn  wir  die  von 
Bravais  eingeführte  Annahme  fallen  lassen,  dass  alle  Molekeln 
parallele  Stellung  im  Räume  haben.  Hierauf  haben,  und  zwar 
unabhängig   von   einander,    Wiener*)    und    Sohncke^)    auf- 


1)  Vgl.  Sohncke,  Theorie  der  Krystallstructur.    §  36,  S.  207  flF. 

2)  Grnndzüge  der  Weltordnung.    Zweite  Ausgabe,  1869.    S.  82  ff. 

3)  Theorie  der  Krystallstructur,  S.  23. 

16* 


-     244     - 

merksam  gemacht.  ,. Warum  sollte  z.6/'^  heisst  es  bei  Sohn cke, 
,,nicht  eine  derartige  Anordnung  der  Molekelcentra  in  gewissen 
Krystallen  möglich  und  sogar  wahrscheinlich  sein,  bei  der  sie 
in  einer  Ebene  die  Ecken  ron  lückenlos  an  einander  liegenden 
regelmässigen  Sechsecken ,  wie  Bienenzellen  bilden?  Und 
doch  ist  eine  solche  Anordnung  bei  Annahme  der  RaumgitteP- 
structur  ausgeschlossen ! "  ^) 

An  diese  Ueberlegungen  haben  sich  die  neueren  Unter- 
suchungen über  die  Theorie  der  Krystallstructur  angeschlossen. 
Die  Aufgabe,  dieselben  eingehend  zu  entwickeln^  bildet  den 
Gegenstand  der  folgenden  Oapitel.  Als  Resultat  ist  auszu- 
sprechen, dass  es  möglich  ist,  in  übereinstimmender  Weise  für 
jede  der  32  Krystallclassen  regelmässige  Molekelhaufen  allgemeinster 
Art  aufzufinden,  welche  neben  der  homogenen  Beschaffenheit^  wie 
sie  im  vorigen  Capitel  definirt  worden  ist,  auch  die  Symmetrie 
des  physikalischen  Verhaltens  zum  Ausdruck  bringen.  . 

§  8.  Die  Symmetrie  der  Molekelhanfen.  Ehe  wir  uns 
der  Aufgabe  zuwenden,  die  vorstehende  Behauptung  zu  yeri- 
iiciren,  ist  zunächst  die  Frage  zu  erledigen,  welche  geo- 
metrischen Eigenschaften  ein  Molekelhaufen  aufweisen  muss, 
damit  wir  ihm  einen  gewissen  Symmetriecharacter  beizulegen 
haben.  Hierüber  wollen  wir  uns  bereits  an  dieser  Stelle  orien- 
tiren,  um  dadurch  einen  Ueberblick  über  diejenigen  geo- 
metrischen Probleme  zu  gewinnen,  welche  die  Theorie  der 
Krystallstructur  aufwirft.  Erinnern  wir  uns  zunächst  daran, 
dass  in  dem  in  §  6  angegebenen  Sinn  alle  parallelen  Rich- 
tungen innerhalb  eines  Molekelhaufens  als  gleichwerthig  zu 
betrachten  sind.  Jede  Richtung  kann  daher  durch  irgend  eine 
ihr  angehörige  Gerade  repräsentirt  werden.  Nun  spricht  sich, 
wie  wir  in  der  Einleitung  gezeigt  haben,  die  Symmetrie  des 
Erystalles  in  der  physikalischen  Gleichwerthigkeit  der  von 
demselben  Punkt  ausgehenden  Richtungen  g,  giy  g^  •  ,- ,  gx—i 
aus;  es  folgt  daher  ohne  Weiteres,  dass  dem  Molekel  häufen  ^ 
dieselbe  Symmetrie,  wie  dem  Ery  stall,  beizulegen  ist,  wenn 
es   irgend    welche   Geraden   g\  g\,  g\  .  .  .  g'^—i    parallel    zu 

1)  Theorie  der  KryatallBtractur,  S.  23. 


—     245     — 

^)  9u  9%-"9if—i  innerhalb  des  Molekelhaufens  ^  giebt,  in 
Bezug  auf  welche  der  Molekelhaufen  resp.  die  Gesammtheit 
der  Molekeln  die  nämliche  Lage  hat.  Sind  nun  ^  und  ^^ 
irgend  zwei  derartige  Richtungen,  so  lässt  sich  der  Molekel- 
hänfen  so  in  sich  überführen,  dass  g  auf  ^^  föUt  und  jede 
Molekel  wieder  in  eine  Molekel  übergeht;  denn  wäre  dies  nicht 
der  Fall,  so  würden  die  Geraden  ^  und  /^  auf  keinen  Fall  die 
gleiche  Li^e  zur  Gesammtheit  aller  Molekeln  Yon  ^  besitzen. 
Es  giebt  daher  eine  Deckoperation  des  Molekelhaufens,  welche 
die  Geraden  g  und  g\  zur  Ooincidenz'  bringt  Damit  haben 
wir  den  Symmetriecharacter  des  Molekelhaufens  auf  analoge 
Weise  erklärt,  wie  die  Symmetrie  des  Krystalles.  In  der  That 
ist  ja  die  letztere  durch  die  Deckoperationen  characterisirt, 
welche  die  N  gleichwerthigen  Geraden  g^  g^  g%  *  -  *  gN-^i  in 
sich  überführen,  und  ebenso  sind  für  die  Symmetrie  des 
Molekelhaufens  solche  Deckoperationen  als  massgebend  zu  be- 
trachten, welche  irgend  eine  Ausgangsgerade  g'  mit  den  zu 
fff  ffiy  ffi*'  -gy-'i  parallelen  Geraden  jf',  g\,  g\  , . .  g'y^i  zur 
Coincidenz  bringen. 

Die  vorstehenden  Erörterungen  über  die  Symmetrie  eines 
unbegrenzten  Molekelhaufens  gestatten,  die  Aufgaben,  mit 
welchen  sich  die  Structurtheorie  zu  befassen  hat,  einiger- 
massen  zu  übersehen.  Es  wird  sich  darum  handeln,  die  Existenz 
▼on  Molekelhaufen  jeglicher  Symmetrieart  nachzuweisen.  Dies 
ist  die  einzige  geometrische  Aufgabe,  welche  aus  den  voran- 
gehenden  Betrachtungen  resultirt.  Wollen  wir  sie  etwas  ge- 
nauer präcisiren,  so  ist  zu  zeigen,  dass  sich  für  jede  der 
32  Krystallclassen  Molekelhaufen  angeben  lassen,  welche  durch 
analoge  Deckoperationen  ausgezeichnet  sindy  une  die  N  gleich- 
fverthtgen  Geraden  der  Krystallclasse. 

Hiermit  ist  das  mathematische  Problem,  auf  welches  die 
Structurtheorieen  hinauslaufen,  genügend  skizzirt  Nur  eine 
Bemerkung  möge  noch  eine  Stelle  finden.  Wir  haben  im 
Vorstehenden  zwei  verschiedene  Theorieen  kurz  skizzirt;  die 
eine  knüpft  an  Bravais  an,  die  andere  an  die  Namen  Wiener 
und  Sohncke.  Es  entsteht  aber  naturgemäss  die  Frage,  ob 
noch  andere  Theorieen  möglich  sind,  und  wenn  dies  der  Fall 


-     246     - 

ist,  iu  welchem  VerhältDiss  dieselben  zu  den  erstgenannten 
und  zu  einander  stehen.  Dabei  wird  im  besondern  die  bisher 
noch  nicht  aufgeworfene  Frage  nach  dem  Einfluss  der  Molekel 
auf  die  Symmetrie  des  Molekelhaufens  ^  zu  prüfen  sein.  Diese 
Frage  bedarf  einer  genauen  Erörterung;  sie  ist  schon  deshalb 
von  grosser  Wichtigkeit,  weil  augenscheinlich  die  Symmetrie 
des  regelmässigen  Molekelhaufens  $  ausser  von  der  Structur  nur 
von  der  Molekelqualität  bestimmt  werden  kann.  Auf  alle  diese 
Fragen  werden  wir  im  vorletzten  Capitel  genauer  eingehen. 

§  9.  Werth  der  Straotnrthecrieen.  Alle  Autoren,  welche 
versucht  haben,  sich  über  die  Structur  der  Krystalle  eine  be- 
stimmte Vorstellung  zu  bilden,  gehen  von  der  Voraussetzung 
aus,  dass  die  Erystallelemente  auf  irgend  eine  Weise  „re^eZ- 
mässig^^  im  Raum  vertheilt  sind.')  Worin  der  Character  der 
regelmässigen   Anordnung   zu    erblicken   sei,   darüber   gingen 


1)  Dies  gilt  nicht  allein  von  den  Erystallographen  und  Physikern, 
sondern  auch  von  den  Mathematikern,  soweit  sie  sich  überhaupt  mit 
dem  Gegenstand  beschäftigt  haben.  Bezüglich  der  Literatur  verweise 
ich  in  erster  Linie  auf  die  ausgezeichnete  historische  Einleitung  in 
Sohncke*s  Theorie  der  Erystallstructur.  Auf  die  später  erschienenen 
neueren  Arbeiten  komme  ich  im  vorletzten  Capitel  zurück.  Hier  be- 
schränke ich  mich,  die  wichtigsten  mathematischen  Untersuchungen  zu 
nennen,  welche  die  molekulare  Hypothese  zu  Grunde  legen.  Mit  regel- 
mässigen Punktsystemen,  welche  der  Gitterstqictur  entsprechen,  hat 
bereits  Cauchy  operirt  (Ezerc.  de  math.  Bd.  8.  S.  198  u.  Bd.  4.  S.  129), 
allerdings  ohne  ihre  Beziehung  zu  den  Krystallen  zu  erw&hnen.  Hier- 
über scheint  sich  zuerst  Poisson  ausgesprochen  zu  haben;  er  nimmt 
ausdrücklich  an,  dass  die  Schwerpunkte  der  Krystallmolekeln  ein  Gittef* 
bilden,  vgL  M^oire  sur  T^uilibre  et  le  mouvement  des  corps  cristallis^s. 
M^m.  de  TAcad.  roy.  de  Paris.  B.  18.  S.  12.  Dieselbe  Annahme  hat 
Voigt  seinen  Untersuchungen  über  die  Elasticitätsverhältnisse  der 
Eiystalle  zu  Grunde  gelegt.  Vgl.  Abhandl  d.  Götting.  Ges.  d.  Wiss.  Bd.  34. 
Es  heisst  dort  auf  S.  6:  „Die  Anordnung  der  Moleküle  sei  in  der  Art 
regelmässig,  dass  ein  jedes  von  ihnen  in  derselben  Weise  von  Nachbar- 
molekülen umgeben  ist,*'*  doch  wird  dies  S.  18  im  Anschluss  an  Poisson 
dahin  präcisirt,  dass  im  natürlichen  Zustand  alle  Molekeln  parallel 
orientirt  sind.  Man  vgl.  auch  die  S.  84  behandelten  Beispiele.  Endlich 
bemerke  ich,  dass  auch  Hess el  mit  den  oben  geschilderten  Vorstellungen 
operirt;  man  vgl.  z.  B.  die  S.  17  genannte  Marburger  Universitäts- 
Schrift,  §  86  ff. 


—     247     — 

allerdings  die  Meinungen  ursprünglich  auseinander;  erst  den 
Untersuchungen  der  letzten  Jahrzehnte  ist  es  geglückt^  die 
hierauf  bezüglichen  Fragen  endgiltig  zu  klären. 

Wenn,  wie  sich  zeigen  wird,  auf  Grund  der  vorstehend 
geschilderten  ^i^^^h&^u'ig^i^  ^^  Erscheinungen,  welche  die 
Symmetrie  der  Erystalle  betreffen,  ohne  jede  Ausnahme  ihre 
Erklärung  finden,  wenn  sich  im  besondem  das  erfahrungs- 
mässig  gewonnene  Gesetz  der  rationalen  Indices  als  eine  an 
der  Spitze  der  Theorie  stehende  Oonsequenz  von  principieller 
Bedeutung  ergiebt,  wenn  endlich  auch  diejenige  Systematik 
der  Ejrystalle,  zu  welcher  eine  langjährige  Beobachtung  hin- 
geführt hat,  als  natürliche  Folgerung  der  genannten  An- 
schauung erscheint,  so  darf  die  auf  ihr  beruhende  Hypothese 
mit  Fug  und  Recht  als  das  Fundament  einer  wohlbegründeten 
Theorie  betrachtet  werden.  Ob  der  Aufbau  der  Erystalle  aus 
ihren  sogenannten  kleinsten  Theilen  in  Wirklichkeit  denjenigen 
Character  besitzt,  welchen  die  Hypothese  vorschreibt^  ist  aller- 
dings eine  andere  Frage.  Diese  Frage  wird,  wie  so  viele  andere, 
welche  die  Physik  aufwirft,  vielleicht  niemals  beantwortet 
werden  können.  Aber  das  Bedürfniss,  eine  Theorie  der  Kr^^stall- 
struetur  auszubilden,  ist  einmal  unab weislich  vorhanden,  und 
wie  man  auch  über  den  Werth  atomistischer  oder  anderer 
naturwissenschaftlicher  Theorieen  überhaupt  denken  mag,  ob 
mehr  oder  weniger  skeptisch,  jedenfalls  ist  zuzugeben ,  dass 
bei  dem  heutigen  Standpunkt  der  Wissenschaft  eine  Structur- 
theorie  nur  in  dem  oben  skizzirten  Sinne  möglich  ist.  Es 
lässt  sich  in  der  That  kein  Princip  aussinnen,  das  einfacher 
wäre,  als  die  Annahme,  dass  die  Molekeln  mit  Regelmässig- 
keit im  Räume  vertheilt  sind;  die  in  diesem  Princip  aus- 
gesprochene Anschauung  ist  mit  Rücksicht  auf  das  molekulare 
Verhalten  der  Erjstalle  von  geradezu  zwingender  Eraft 

Die  so  definirten  Theorieen  sind  bisher  ausschliesslich 
von  dem  Gesichtspunkt  aus  in  Betracht  gekommen,  dass  sie 
zur  Erklärung  der  allgemeinen  Symmetrieverhältnisse  geeignet 
sind.  Damit  ist  ihnen  jedoch  ein  durchgängiger  physikalischer 
Werth  noch  nicht  gesichert.  Ob  sie  einen  solchen  beanspruchen 
können,  hängt  von  ihrer  physikalischen  Brauchbarkeit  ab.  Erst 


—     248     — 

wenn  sich  herausstellt^  dass  sie  sich  auch  zur  Erklärung  der 
physikalischen  Erscheinungen  mit  Nutzen  verwenden  lassen, 
und  dass  sie  an  keiner  wesentlichen  Stelle  versagen,  werden 
sie  den  Rang  einer  physikalischen  Theorie  zu  fordern  be- 
rechtigt sein.  Ein  abschliessendes  Urtheil  hierüber  dürfte  für 
den  Augenblick  noch  nicht  möglich  sein^);  wie  dem  aber  auch 
sei,  so  ist  doch  klar,  dass  für  diese  Entscheidung  das  letzte 
Wort  den  Physikern  und  Mineralogen  überlassen  bleiben  muss. 
Für  die  mathematische  Untersuchung  kann  es  sich  einzig  und 
allein  darum  handeln,  die  nothwendigen  Voraussetzungen  der 
einzelnen  Theorieen  festzustellen  und  die  innere  Consequenz 
derselben  zu  prüfen.  Es  ist  vor  allem  m  untersuchen^  welche 
speciellen  Annahmen  über  Form  und  Qualität  der  Molekel  ihnen 
zu  Grunde  liegen,  und  welche  weiteren  Folgerungen  implicite  mit 
diesen  Annahmen  verbunden  sind.  Erst  wenn  darüber  keine 
Ungewissheit  besteht,  wird  man  zu  einem  gegründeten  Urtheil 
über  den  krystallographischen  Werth  der  Theorieen  gelangen 
können.  Dem  Mathematiker  fallt  daher,  wie  öfters  im  Be- 
reich der  Naturwissenschaften,  nur  die  Rolle  des  unentbehr- 
lichen Handlangers  zu.  Er  muss  den  Spielraum  genau  db- 
gr engen  y  welcher  bei  jeder  Theorie  für  die  weiteren  Hypothesen 
über  die  Naiwr  der  KrystaMba/usteine  ilberhaupt  noch  übrig  bleibt, 
damit  der  Krystallograph  nicht  im  Zweifel  darüber  ist,  innerhalb 
welches  Rahmens  sich  in  jedem  Fall  die  zulässigen  Annahmen 
über  die  chemische  oder  physikalische  Qualität  der  Molekel  noch 
bewegen  können.  Dies  ist  um  so  mehr  geboten,  als  erfolgreiche 
Speculationen  über  die  Beschaffenheit  der  Molekeln  in  letzter 
Zeit  mehrfach  angestellt  worden  sind.^) 

Dies  sind  die  Gesichtspunkte,  von  denen  sich  der  Ver- 
fasser bei  der  Abfassung  des  vorliegenden  Lehrbuches  hat 
leiten  lassen.  Es  steht  zu  hoffen,  dass  es  ihm  gelungen  ist, 
die  geometrische  Seite  der  Frage  endgiltig  zu  erledigen.  Auf 
diese  Weise  wird  es  möglich  werden,  auch   in  Bezug  auf  die 


1)  Vgl.  Cap.  XIU,  §  29. 

2)  Eb  mag  genügen,   hierfür  auf  die  Bede  von  Groth  über  „die 
MolekularbeBchaffenheit  der  Kiyetalle'^  hinzuweisen.   München.    1888. 


-     249     — 

physikalische  Bedeutung  der  Theorieen  Einstimmigkeit  zu  er- 
zielen. Jede  Theorie,  welche  es  auch  sei,  wird  nur  dann  als 
physikalisch  brauchbar  zu  betrachten  sein,  wenn  die  in  ihr 
enthaltenen  Voraussetzungen  gestatten,  zur  Erklärung  der 
Erfahrungsthatsachen  allemal  noch  diejenigen  weiteren  An- 
nahmen zu  formuliren^  welche  durch  die  Natur  der  bezüg- 
lichen Erscheinungen  unbedingt  gefordert  werden. 


Zweites  Capitel. 
Ranmgitter  und  Translationsgrappen. 

§  1.  Die  regelmässigen  Punktgebilde.  Erklärung  I.  Eine 
geradlinige  Reihe  von  Punkten,  vou  denen  je  zwei  auf  ein- 
ander folgende  gleichen  Abstand  besitzen,  heisst  eine  regd- 
massige  Funktreihe. 

Erklärung  IL  Die  Gesammtheit  der  Schnittpunkte  zweier 
Schaaren  von  parallelen  Geraden,  von  denen  je  zwei  benach- 
barte gleichen  Abstand  von  einander  haben,  heisst  ein  regel- 
mässiges ebenes  Punktnetsi,  oder  kurz  ein  Punktnetz. 

Erklärung  III.  Die  Gesammtheit  der  Schnittpunkte  von 
drei  Schaaren  (Zügen)  von  parallelen  Ebenen,  von  denen  je 
zwei  benachbarte  denselben  Abstand  von  einander  haben,  heisst 
ein  regelmässiges  Baumgitter,  oder  kurz  ein  Baumgitter, 

Fig.  22. 

P' 

^~A'  O         A  ~A^        ~A^  P~ 

Ist  0  irgend  ein  Punkt  einer  regelmässigen  Punktreihe 
(Fig.  22)  und  sind  A  und  Ä  die  beiden  zu  0  benachbarten 
Punkte,  so  sollen  ihre  Entfernungen  von  0  durch  2r,  resp. 
—  2t^)  ausgedrückt  werden.  Wir  versehen  also  in  üblicher 
Weise  die  Entfemungsgrössen  mit  Vorzeichen,  um  ihre  Rich- 
tung anzudeuten.  Welche  !ß*ichtung  als  positiv  gewählt  wird, 
ist  dem  Belieben  überlassen.     Es  folgt  noch: 

Lehrsatz  I.  Die  Entfernung  jedes  Punktes  P  einer  regel- 
mässigen  Punktreihe  von   einem    beliebigen    derselben  ist  durch 

1)  Der  Factor  2  ist  hinzugefugt,  am  bei  den  sp&teren  Unter- 
Buchungen  möglichst  die  Brflcbe  zu  vermeiden. 


—     251     — 

Sint  darstellbar,  wo  m  irgend  eine  positive  oder  negative  ganze 
Zahl  ist 

Die  Länge  2t  möge  primitive  Strecke  genannt  werden. 

Die  parallelen  Geraden^  welche  das  regelmässige  Punkt- 
netz   bestimmen ,    theilen    die    Ebene    in    lauter    congruente 

JPig.  28. 


Parallelogramme.  Wir  greifen  (Fig.  23)  zwei  dieser  Geraden 
beliebig  heraus;  ihr  Schnittpunkt  sei  0,  A  und  B  seien  die- 
jenigen Netzpunkte  der  Geraden,  welche  0  am  nächsten 
liegen.     Wir  setzen 

OA  =  2ri  und  OB  =  2r8. 
Jede  der  parallelen  Geraden'  ist  Träger  einer  regelmässigen 
Punktreihe,  für  welche  2ti,  resp.  2t^  die  bezüglichen  primi- 
tiven Strecken  bilden.  Betrachten  wir  die  Ausgangsgeraden 
als  Axen  eines  —  im  Allgemeinen  schiefwinkligen  —  Coor- 
dinatensystems,  so  ergeben  sich  für  die  Coordinaten  x,  y  aller 
Netzpunkte  die  Ausdrücke 

X  =  2wi  Tj ,    y  =  2m^x^y  ^ 

wenn  wir  für  m^  und  n^  unabhängig  von  einander  alle  mög- 
lichen positiven,  resp.  negativen  ganzen  Zahlen  setzen.  Jedem 
Punkt  entspricht  ein  bestimmtes  Zahleupaar  und  umgekehrt. 
Das  Parallelogramm  mit  den  Seiten  2r,,  2rjj  heis^i  primitives 
Parallelogramm. 

Analog  zertheilen  die  Ebenenzüge,  welche  das  Raumgitter 
liefern,  den  ganzen  unendlichen  Raum  in  congruente  Parallel- 


-     252     — 

epipeda.  Greifen  wir  aus  einer  Ebenenschaar  eine  Ebene  be- 
liebig heraus^  so  bilden  die  in  ihr  liegenden  Gitterpunkte 
ein  regelmässiges  ebenes  Punktnetz.  Drei  den  yerscbiedenen 
Schaaren  angehorige  Ebenen  lassen  sich  als  Coordinatenebenen 


Flg.  24. 


A^ 


jif 


eines  Coordinatensystejns  betrachten.  Nennen  wir  (Fig.  24) 
die  primitiven  Strecken  auf  den  drei  Goordinatenaxen  resp. 

0^  =  2ri,     0B  =  2rg,     OC  =  2t^, 

so  sind  die  Coordinaten  x  y  ^  aller  Punkte  von  der  Form 

sie  ergeben  sich,  wenn  für  m^,  m^,  ni^  unabhängig  von  ein- 
ander alle  möglichen  positiven  und  negativen  ganeen  Zahlen 
gesetzt  werden.  Das  Parallelepipedon  mit  den  Kanten  2ri, 
2r2i  2  Tg  heisst  primiMves  Paraüelepipedon. 

§  2.  Die  ZnBammenBetBimg  der  Strecken  und  Trans- 
lationen. Für  das  genauere  Studium  der  Raumgitter  machen 
wir  zweckmässig  von  denjenigen  Definitionen  und  Sätzen  Ge- 
brauch, welche  die  sogenannte  Zusamfnenseteung  der  Strecken 
characterisiren. 

Sind  (Fig.  23)  OA  und  OB  zwei  von  demselben  Punkt  O 
ausgebende  Strecken  von  bestimmter  Länge  und  Richtung,  so 
versteht  man  unter  der  geometrischen  Summe  beider  Strecken 


—    253    — 

nach  Grösse  und  Richtung  die  von  0  aus  gerechnete  Dia- 
gonale OC  des  durch  OA  und  OB  bestimmten  Parallelo- 
gramms.    Man  drückt  dies  durch  die  Gleichung 

1)  OA  +  OB  =  OB  +  OA^  OC 

ans.  Die  Definition  zeigt,  dass  Länge  und  Richtung  der  Strecke 
OC  von  der  Reihenfolge  der  Strecken  OA  und  OB  unabhängig 
ist.  Alle  Strecken ,  die  einander  gleich  und  parallel  sind, 
werden  als  gleichwerthig  betrachtet  und  können  für  einander 
gesetzt  werden.  Es  bestehen  daher  auch  die  Gleichungen 
.  OA  +  AC=OC 

^  OB  +  BC=OC 

Endlich  ist  zu  bemerken,  dass  gleiche  und  entgegengesetzt 
gerichtete  Strecken,  wenn  sie  in  derselben  Summe  vorkommen, 
sich  gegenseitig  aufheben,  d.  h.  es  ist 

3)  AB  +  BA  =  0. 

Die  Gleichungen  2)  können  also  auch  in  die  Form 

0A  +  AC+CO^Q 

OB  +  BC+CO^O 
gesetzt  werden;  d.  h.  die  Summe  der  Strecken  eines  Dreiecks, 
wenn  dasselbe  in  einem  bestimmten  Sinn  durchlaufen  wird,  ist 
glück  NuU, 

Das  Gleiche  gilt  im  Räume.  Sind  (Fig.  24)  OA,  OB,  OC 
drei  beliebige  von  0  ausgehende  Strecken,  so  versteht  man 
wiederum  unter  der  geometrischen  Summe  der  drei  Strecken 
nach  Grösse  und  Richtung  die  von  0  ausgehende  Diagonale 
OD  des  durch  OA,  OB,  OC  bestimmten  Parallelepipeds.  Dem- 
gemäss  besteht  die  Gleichung 

4)  OA  +  OB  +  OC=OD. 

Alle  oben  fOr  die  Ebene  angeführten  Regeln  und  Festsetzungen 
lassen  sich  analog  auf  den  Raum  übertragen;  wir  drücken  sie 
aus  durch  den  folgenden 

--  Hanptsatz.  Wenn  in  einer  Summe  von  Strecken  beliebige 
derselben  durch  andere  ihnen  gleiche  und  gleich  gerichtete  Strecken 
ersetzt  werden,  oder  wenn  die  Eeihenfolge  der  Strecken  beliebig  ge- 
ändert unrd,  so  behält  doch  die  Summe  stets  den  gleichen  Werth, 


—     254     — 

Es  bestehen  daher  neben  Gl.  4)  auch  die  Gleichungen 

0A  +  OB  +  BC,  =  OD 

OA  +  AB^  +  B^D=  OB 

OA  +  AB^  +  B^D  +  DO  =  0     u.  s.  w. 

Betrachten  wir  femer  den  Punkt  P  des  Punktnetzes 
(Fig.  23)  mit  den  Coordinaten  OL  und  OM,  so  ist  zunächst 

5)         0L+  OM=OL  +  LP=OM+MP=OP, 

Ausser  diesen  drei  Ausdrücken  für  OP  giebt  es  aber  noch 
unzählige  andere.  Jede  Summe  von  Strecken,  welche  in  O 
beginnt,  in  P  endigt,  und  im  übrigen  auf  den  Geraden  des 
Punktnetzes  verläuft,  ist  nach  vorstehendem  Satze  gleich  OP. 
Endlich  fähren  wir  an  letzter  Stelle  noch  an,  dass,  wie 
sich  aus  den  vorstehenden  Resultaten  leicht  ersehen  lässt,  die 
Summe  der  Strecken  eines  geschlossenen  ebenen  oder  räumlichen 
Polygons  immer  den  Werth  Null  hat  Wie  oben  für  das  Dreieck 
ist  auch  hier  die  Richtung  aller  Strecken  so  zu  definiren,  wie 
sie  dem  Durchlaufen  des  Polygons  in  einem  bestimmten  Sinn 
entspricht. 

§  3.  Führen  wir  die  oben  benutzte  Goordinatenbestimmung 
wieder  ein,  und  bezeichnen  die  Coordinaten  OL,  OM  des  Netz- 
punktes P  durch  2m, Tj  und  2m^T^y  so  geht  die  Gleichung  5)  in 

1)  OP=2m^r^  +  2m^t^ 

über.     Sie  ist  ihrer  Natur  nach  gleichbedeutend  mit 

2)  x  =  2wiri,     y  =  2m^t^, 

sie  repräsentirt  also  0wei  Gleichungen;  und  es  ist  evident,  dass 
in  analoger  Weise  jede  Gleichung  von  der  Form  1)  in  zwei 
Gleichungen  von  der  Form  2)  zerfällt  werden  kann,  die  mit 
1)  gleichbedeutend  sind. 

Ist  ebenso  (Fig.  24)  P  ein  Punkt  eines  Raumgitters  mit 
den  Coordinaten  OL  =  2m^ti,  OM  =  2m^r^,  ON  =  2m^T^y 
so  ist  gemäss  Gleichung  4) 

OP  ^=^  2m, Tj  +  2m^t^  +  2m3rg, 

und  diese  Gleichung  ist  ihrer  Natur  nach  mit  den  drei  Gleichungen 

X  =  2m^z^,    y  =  2mg  r^,     z  ==  2m^t^ 


-     255    — 

gleichbedeutend.  Es  ist  daher  ersichtlich,  dass  in  diesem  Falle 
jede  Gleichung  der  ersten  Form  in  drei  Gleichungen  wie  die 
vorstehenden  zerfallbar  ist. 

Der  Nutzen  der  Rechnung  mit  Strecken  besteht  also 
darin,  dass  mehrere  Gleichungen  in  eine  einzige  zusammengebogen 
werden  können  und  umgekehrt. 

Im  Anschluss  an  die  vorstehenden  Bemerkungen  lassen 
sich  noch  folgende  Sätze  aussprechen. 

Lehrsatz  IL  Sind  2tj^  und  2%^  die  primitiven  Strecken  eines 
r^dmässigen  Pimktnetzes,  und  ist  0  ein  beliebiger  Punkt  des- 
selben ^  so  sind  alle  andern  Netzpunkte  P  durch  die  von  0  aus 
gemessene  Strecke  2m^tj^  +  2m^r^  gegeben,  wenn  m^  und  m^  alle 
positiven  und  negativen  ganzen  Zahlen  durchlaufen. 

Lehrsatz  HI.  Sind  2%^,  2x^,  2 Tg  die  primitiven  Strecken 
eines  Baumgitters,  und  ist  0  ein  beliebiger  Punkt  desselben,  so 
sind  alle  andern  Gitterpunkte  P  durch  die  von  0  aus  gemessene 
Strecke  2m^x^  '\-  2m2r^  '\-  2m^t^  gegeben,  wenn  m^,  m^,  m^  alle 
positiven  und  negativen  ganzen  Zahlen  durchlaufen. 

§  4.  Die  Translationsgruppen.  Diejenige  Bewegung  eines 
Körpers,  bei  welcher  alle  Punkte  gleich  lange  imd  gleich  ge- 
richtete Wege  zurücklegen,  wird  Translation,  oder  Gleitung, 
oder  Schidnmg  genannt.  Sie  ist  der  Definition  gemäss  durch 
die  Bahn  eines  beliebigen  Punktes  bestimmt,  sie  ist  daher 
durch  eine  Strecke  2r  von  bestimmter  Länge  und  Richtung 
darstellbar.  Jede  mit  2r  gleiche  und  parallele  Strecke  stellt 
ebenfalls  die  Translation  dar.  Zwei  Translationen  2r|  und  2z^, 
die  nach  einander  eintreten,  sind  einer  Translation  2r  gleich- 
werthig,  welche  die  Diagonale  eines  mit  2x^  und  27^  gebildeten 
Parallelogramms  ist*  Die  Zusammensetzung  der  Translationen 
unterliegt  also  den  Gesetzen  der  geometrischen  Addition,  und 
es  ist  in  diesem  Sinne 

2tr  =  2ti  +  2tra 

zu  setzen«  Wir  sagen,  dass  die  Translationen  2x^  und  2x^ 
zusammen  der  Translation  2x  äquivalent  sind. 

Auf  die  Translationen  soll  nun  der  Gruppenbegriflf  an- 
gewendet werden.     Um  die  bezüglichen  Verhältnisse   deutlich 


-     256    — 

and  durchsichtig  zu  machen,  benutzen  wir  mit  Vortheil  die 
vorstehend  definirten  regelmässigen  Punktgebilde,  die  Punkt- 
reihe, das  Punktnetz  und  das  Raumgitter. 

Folgender  Gedanke  bildet  den  Ausgangspunkt  unserer 
Betrachtungen.  Wir  fassen  diejenigen  Translationen  in's  Auge, 
welche  die  genannten  Punktgebilde  Punkt  für  Punkt  in  sich 
überführen.  Wir  werden  dieselben  Deckschidmngen  nennen.  Die 
Gesammtheit  derselben  hesiM  den  Gruppencharacter,  Erstens 
nämlich  sind  verschiedene  nach  einander  eintretende  Trans- 
lationen immer  wieder  einer  Translation  äquivalent-,  und 
zweitens  kommen  die  Punktgebilde  nach  Eintritt  beliebig 
vieler  Deck  Operationen  immer  wieder  mit  sich  selbst  zur 
Deckung.  Die  verschiedenen  Lagen,  in  welche  die  Punkt- 
gebilde durch  die  einzelnen  Translationen  gelangen,  sind  näm- 
lich, solange  wir  den  Punkten  und  Geraden  nicht  etwa  Marken 
anhängen,  nur  in  der  Idee  von  einander  verschieden.  Ist  daher 
jede  einzelne  der  beiden  Translationen  2rj  und  2%^  eine  Deck- 
schiebuug,  so  auch  diejenige,  welche  beiden  zusammen  äqui- 
valent ist.  Die  sämmtlichen  Translationen,  welche  die  bezüg- 
lichen Punktgebilde  mit  sich  zur  Deckung  bringen,  erfüllen 
daher  in  der  That  die  für  eine  Gruppe  characteristische  Eigen- 
schaft, dass  je  zwei  von  ihnen,  hinter  einander  ausgeführt, 
immer  wieder  eine  in  der  Gesammtheit  enthaltene  Deck- 
schiebung darstellen.  Nur  ein  wesentlicher  Unterschied  gegen 
die  im  ersten  Abschnitt,  Cap.  III  aufgestellte  Definition  des 
GruppenbegriflFs  springt  sofort  in  die  Augen.  Die  dort  be- 
handelten Gruppen  enthielten  sämmtlich  eine  endliche  Anzahl 
von  Operationen,  während  die  Zahl  der  Translationen  der  hier 
eingeführten  Gruppen  unendlich  gross  ist.  Es  hindert  aber 
nichts,  den  Gruppenbegriflf  auf  diesen  Fall  auszudehnen.  Dem- 
gemäss  stellen  wir  folgende  Definition  auf: 

Unter  einer  Gruppe  von  Translationen  verstehen  mr  eine 
unendliche  Reihe  von-  Translationen  von  der  Art,  dass  irgend  ztvei 
Translaiionen f  hinter  einander  ausgeführt,  einer  in  der  Gruppe 
enthaltenen  Translation  äquivalent  sind. 

Nunmehr  können  wir  sofort  folgenden  Lehrsatz  aus- 
sprechen: 


—    257     — 

Lelirsatg;  IV.  Die  OesamnUheU  aller  Translationen^  wdche 
eine  reg%ääre  Punktreihe  oder  ein  ebenes  Punkbnetß  oder  ein  Baum- 
giUer  in  sich  überführen,  bildet  eine  Crruppe  von  Translationen. 

Wir  fügen  hinzu^  dass  jede  einzelne  Deckschiebung  be- 
stimmt ist^  wenn  angegeben  wird^  mit  welchem  Punkt  P  des 
regelmässigen  Punktgebildes  ein  beliebiger  Punkt  Ä  desselben 
zusammenföUi  Es  giebt  nur  eine  Translation,  welche  Deck- 
sdnebung  des  Punktgebüdes  ist  und  A  nach  P  führt. 

Von  den  Translationen,  welche  eines  der  uns  beschäftigen- 
den regulären  Punktgebilde  in  sich  überführen,  kann  keine 
unter  eine  gewisse  Grosse  sinken;  die  kleinste  von  ihnen  ist 
gleich  dem  Abstand  der  beiden  nächsten  Punkte  des  Punkt- 
gebildes. Nicht  alle  Translationsgruppen  sind  von  dieser  Art; 
wir  werden  aber,  da  dies  für  unsere  Zwecke  genügt,  im  Fol- 
genden stets  voraussetzen,  dass  wir  es  mit  Gruppen  der  an- 
gegebenen Beschaffenheit  zu  thun  haben.  Wir  wollen  sie  als 
Gruppen  endlicher  TranslcUionen  bezeichnen.  Ist  2v  irgend  eine 
Translation  einer  derartigen  Gruppe,  so  enthält  sie  auch  die 
Translationen  von  der  Grösse  4r,  6r . . .,  sowie  alle  Trans- 
lationen 2mtr,  für  welche  m  irgend  eine  positive  ganze  Zahl 
sein  kann.  Kommt  aber  ein  reguläres  Punktgebilde  durch 
eine  Translation  2r  mit  sich  zur  Deckung,  so  gilt  dies  auch 
von  — 2t,  — 4r,  u.  s.  w.     Also  folgt: 

Lehrsatz  V.  Enthält  eine  Translationsgruppe,  die  aus  lauter 
Decksdiiebungen  eines  regulären  Punktgebildes  besteht,  eine  Trans- 
lation 2r,  so  enOiäU  sie  jede  Translation  2mr,  wo  m  alle  posi- 
tiven  und  negativen  ganzen  Zahlen  bedeuten  kann. 

Da  uns  nur  solche  Translationsgruppen  interessiren,  welche 
mit  den  regulären  Punktgebilden  zusammenhängen,  so  treffen 
wir  auf  Grund  des  vorstehenden  Satzes  die  ausdrückliche 
weitere  Bestimmung,  dass  alle  im  Folgenden  zu  erwähnenden 
Translationsgruppen  neben  einer  Translation  2t  gleichzeitig 
die  entgegengesetsfte  Translation  — 2t  enthalten.  Die  aus  2t 
und  — 2t  resultirende  Translation  ist  die  Identität;  alle  hier 
in  Frage  kommenden  Translationsgruppen  enthalten  daher  die 
Identität,  Sie  drückt  diejenige  evidente  Decklage  der  Punkt- 
gebilde aus,  welche  dem  Ruhezustand  entspricht. 

Sehoenflie«,  KrystallBtructur.  17 


—     258     - 

§  5.  Die  lineare  Tianslationflgmpi^e.  Es  sei  A  ein  be- 
liebiger Punkt  einer  regelmässigen  Punktreihe  und  A^j  ^g... 
seien  die  in  derselben  Richtung  auf  ihn  folgenden  Punkte. 
Da  je  zwei  benachbarte  Punkte  gleichen  Abstand  von  einander 
haben,  so  fahrt  die  Translation  2  t  die  Punktreihe  in  sich  über. 
Dasselbe  gilt  also,  dem  letzten  Satze  gemäss,  von  jeder  Trans- 
lation von  der  Grösse  2wr. 

Andere  Translationen,  welche  die  Punktreihe  in  sich  über- 
führen, existiren  nicht.  Jede  derartige  Translation  ist  nämlich 
durch  die  Verschiebung  des  einen  Punktes  A  bestimmt,  und 
jede  solche  Verschiebung  bringt  A  mit  einem  Punkt  Am  zur 
Coincidenz;  die  Grösse  dieser  Verschiebung  hat  daher  wirklich 
den  Werth  2m  t.  Nennen  wir  die  bezügliche  Gruppe  von 
Translationen  eine  lineare  Gruppe,  und  2r  ihre  primitive  Trans- 
lation, so  folgt: 

Lehrsatz  VI.  Alle  Translationen  ^  welche  eine  regelmässige 
Punktreihe  in  sich  überßihren,  büden  eine  lineare  Gruppe  \xm 
Translationen.  Die  primitive  Strecke  der  Punktreihe  giä>t  die 
primitive  Translation. 

Umgekehrt  ist  aber  auch  jede  lineare  Gruppe  endlicher 
Translationen  von  der  angegebenen  Beschaffenheit.  Ist  zu- 
nächst 2t  =s  OA  die  kleinste  Translation,  so  enthält  die  Gruppe 
sicher  alle  Translationen  2mT.  Trägt  man  jetzt  von  dem 
Punkt  0  aus  die  Translationen  2mT  nach  Länge  und  Richtung 
ab,  so  bilden  ihre  Endpunkte  (Fig.  22)  eine  regelmässige 
Punktreihe.  Gäbe  es  nun  noch  eine  weitere  Translation  2r' 
der  Gruppe,  deren  Endpunkt  P'  zwischen  zwei  Punkte  der 
Punktreihe  fällt,  so  ist  auch  2t'  +  2mt  für  jedes  m  eine 
Translation  der  Gruppe.  Es  fiele  daher  zwischen  je  zwei  Punkte 
der  Punktreihe  ein  Punkt,  welcher  den  Endpunkt  einer  von  O 
ausgehenden  Translation  der  Gruppe  darstellt,  also  auch  zwi- 
schen 0  und  A,  was  unmöglich  ist     Also  folgt: 

Lehrsatz  VIL  Jede  lineare  Gruppe  von  Trandationen  wird 
von  der  Gesammiheit  derjenigen  Translationen  gdnidet,  welche  in 
dem  Ausdruck  2mx  für  aüe  ganzen  Zahlen  m  enOiaUen  sind. 
Werden  alle  Translationen  von  demsdben  Punkt  aus  abgetragen^ 
so  bilden  ihre  Endpunkte  eine  regdmässige  Punktreihe. 


—    259    — 

Ausdrücklich  werde  bemerkt^  dass  statt  2t  auch  —  2r 
als  primitive  Translation  benutzt  werden  kann^  wie  überhaupt 
bei  allen  hier  in  Frage  kommenden  Untersuchungen  das  Vor- 
zeichen der  Translationen  dem  Belieben  überlassen  ist. 

§  6.  Die  ebene  TranalatlonBgrnppe.  Das  regelmässige 
Punktnetz  denken  wir  uns,  wie  oben,  auf  zwei  seiner  Geraden 
als  Coordinatenazen  bezogen.  Es  sei  wieder  OABC  das  pri- 
mitive Parallelogramm ;  so  dass  OA  =»  2r^  und  OB  =»  2t^ 
die  beiden  primitiven  Strecken  sind.  Die  Translation  2x^ 
führt  jede  Gerade  der  einen  Schaar  in  sich  über,  und  jede 
Gerade  der  andern  Schaar  in  die  benachbarte  Gerade,  also 
muss  auch  das  gesammte  Punktnetz  durch  diese  Translation 
in  sich  übergehen.  Das  Gleiche  gilt  für  die  Translation  2%^^ 
also  auch  für  jede  Translation  2m^t^  und  2m^t^y  wo,  wie 
immer,  m^  und  m^  irgend  eine  positive  oder  negative  ganze 
Zahl  ist.    Dieselbe  Eigenschaft  muss  daher  jeder  Translation' 

2r  -a  2m^x^  +  2m^x^ 
zukommen. 

Die  in  dem  Ausdruck  2m^x^  +  2m^x^  enthaltenen  Trans- 
lationen sind  wieder  die  einzigen,  welche  das  Punktnetz  mit 
sich  zur  Deckung  bringen.  Wie  in  §  4  erwähnt  wurde,  ist 
nämlich  jede  Deckschiebung  bestimmt,  wenn  bekannt  ist,  auf 
welchen  Punkt  P  der  Punkt  0  gefallen  ist.  Hat  nun  der 
Punkt  P  die  Coordinaten   2m^x^y   2m^x^y   so  ist 

2r  =  21»!  Tj  +  2m^x^ 
die   zugehörige    Translation;   und    damit   ist   die  Behauptung 
erwiesen. 

Die  so  bestimmten  Translationen  bilden  daher  die  aus 
den  Deckschiebungen  des  Netzes  bestehende  Gruppe.  Es  möge 
bemerkt  werden,  dass  sich  der  Gruppencharacter  algebraisch 
darin  ausdrückt^  dass  zwei  Translationen  von  der  Form 

2m^x^  +  2in^x^      und      2m\r,  +  2fn\x^ 
als  Summe  wieder  eine  Translation  dieser  Form  geben.     Die 
Gruppe    heisst    eine  Aene    Gruppe    von    Translationen.      Die 
Translationen  2%^  und  2r,  bilden  ein  Faar  primitiver  Trans- 
laUonen  und  es  folgt: 

17* 


—     260    — 

Lelirsatz  VIII.  Alle  Translationen,  welche  ein  regelmässiges 
Punktnetz  in  sich  überfuhren,  büden  eine  d)ene  Gruppe  von  Trans- 
lationen. Das  primitive  Parallelogramm  des  Netzes  giebt  das 
primitive  Translationenpcuir. 

Umgekehrt  lässt  sich  auch  zeigen,  dass  jede  ebene  Gruppe 
endlicher  Translationen  von  der  eben  gefundenen  BeschaflFen- 
heit  ist.  Es  sei  JT«  diese  Gruppe  und  unter  allen  Transla- 
tionen einer  gewissen,  übrigens  beliebigen  Richtung  sei  2ri 
die  kleinste.  Wir  denken  uns  (Fig.  23)  alle  Translationen 
von  0  aus  nach  Länge  und  Richtung  construirt,  bezeichnen 
die  Gerade  OA  durch  a  und  setzen  OA  =  2t^.  Nun  fassen 
wir  diejenigen  Translationen  in's  Auge,  deren  Endpunkte  von 
der  Geraden  a  den  kürzesten  Abstand  haben;  unter  ihnen 
giebt  es  wiederum  eine  kleinste,  sie  sei  OJB  =  2r2.  Giebt 
es  mehrere y  deren  Länge  einem  Minimalwerth  des  Abstandes 
entspricht,  so  bezeichnen  wir  irgend  eine  von  ihnen  durch  2x^, 

Da  die  Gruppe  die  Translationen  2x^  und  2t^  enthält,  so 
enthält  sie  auch  jede  Translation 

2r  =  2mir,  -}-  2m^r^, 

Es  ist  zu  zeigen,  dass  ihr  andere  Translationen  nicht  angehören 
können.  Zu  diesem  Zweck  construiren  wir  dasjenige  Punkt- 
netz,  für  welches  das  durch  OA  und  OB  bestimmte  Parallelo- 
gramm OAGB  das  primitive  Parallelogramm  ist,  so  ist  jeder 
Punkt  desselben  der  Endpunkt  einer  von  0  ausgehenden  Trans- 
lation. Gäbe  es  nun  noch  eine  hiervon  verschiedene  Trans- 
lation 2x' ,  deren  Endpunkt  P'  in  das  Innere  oder  in  den 
Umfang  eines  der  Parallelogramme  fiele,  so  wäre  auch 
2x'  +  2m^x^  +  2m^x^  eine  Translation  der  Gruppe,  und  es 
fiele  in  jedes  Parallelogramm  ein  analoger  Translationsend- 
punkt, also  auch  in  das  Parallelogramm  OABC.  Im  Innern 
desselben  ist  ein  solcher  Punkt  unmöglich,  da  er  kleineren 
Abstand  von  a  hätte,  als  B,  was  gegen  die  Annahme  ist. 
Ebenso  würde  es  gegen  die  Festsetzungen  über  2x^  und  2t^ 
Verstössen,  wenn  er  auf  dem  Umfang  läge,  also  folgt: 

Lehrsatz  E.  Jede  ebene  Gru^ppe  endlicher  Translationen 
ist  so  beschaffen,  dass  alle  ihre  Translationen  in  dem  Ausdrude 


-     261     — 

2m^ T|  -\'  2m^x^  enthalten  sind,  wo  m^  und  m^  aUe  positiven  und 
negativen  ganzen  Zahlen  bedeuten  können.  Die  Translationen  2ri 
und  2t,  bestimmen  die  Gruppe  und  bilden  ein  primitives  Trans- 
lationenpaar. 

Sind  Ai  und  A^  irgend  zwei  Punkte  eines  ebenen  regel- 
mässigen Netzes^  so  existirt  stets  eine  Translation  2t  ^^^  A^A^, 
welche  das  Netz  in  sich  überführt.  Es  sei  2r'  die  kleinste 
Translation,  welche  dieselbe  Richtung  hat  wie  2t,  und  unter 
den  Deckschiebungen  des  Netzes  enthalten  ist.  Nun  sind 
auch  alle  in  2mT'  enthaltenen  Translationen  Deckschiebungen; 
die  auf  A^A^  liegenden  Netzpunkte  bilden  daher  diejenige 
regelmässige  Punktreihe,  welche  der  linearen  Gruppe  2mT' 
entspricht;   d.  h. 

Lehrsatz  X.  Die  Verbindungslinie  zweier  NetqpunJcte  ist  stets 
Träger  emer  dem  Netz  angehörenden  regelmässigen  Punktreihe, 

Endlich  ist  folgender  Satz  anzumerken,  der  aus  den  obigen 
Ausf&hrungen  folgt: 

Lehrsatz  XI.  Trägt  man  von  einem  beliebigen  Ptinkt  alle 
Translationen  einer  ebenen  Gruppe  nach  Länge  und  Richtung  ab, 
so  bilden  ihre  Endpunkte  ein  ä>enes  Punktnetz. 

§  7.  Die  räuinliohen  TxanBlationsgrappen.  Sind  OA  »=  2tj, 
OJB  =  2Ta,  0C=2x^  die  primitiven  Strecken  eines  Raum- 
gitters, bezüglich  die  Seitenlängen  des  primitiven  Parallele- 
pipedons,  so  führt  jede  Translation  2r{  das  Raumgitter  in  sich 
Ober;  sie  verschiebt  nämlich  zwei  Ebenenschaaren  in  sich, 
während  jede  Ebene  der  dritten  Ebenenschaar  in  die  benach- 
barte Ebene  hineinfällt.  Es  sind  daher  auch  2m^x^,  2m^t^, 
2m^x^  für  alle  ganzzahligen  m^,  m^,  tn,  Deckschiebungen  des 
Raumgitters,  und  das  nämliche  gilt  daher  auch  für  die  Trans- 
lation 

2x  =  2m,  Ti  -f-  2m^x^  +  SmjTj . 

Femer  muss  aber  auch  jede  Deckschiebung  des  Raumgitters 
in  vorstehender  Formel  enthalten  sein.  Nach  §  4  ist  nämlich 
jede  dieser  Deckschiebungen  bestimmt,  wenn  angegeben  wird, 
auf  welchen  Punkt  P  des  Raumgitters  der  Punkt  0  fällt 
Sind  nun  die  Coordinaten  von  P  resp.  2m^x^,  2n},T„  2m^x^, 


-     262     - 

so  ist  der  Ausdruck  2t  die  zugehörige  Translation;  dieselbe 
ist  also  immer  von  der  genannten  Form. 

Die  so  bestimmte  Gruppe  heisst  eine  räumiiche  Ghruppe 
von  Translationen;  2ri,  2%^^  2^3  bilden  ein  Tripd  resp.  ein 
System  primitiver  TrcmslaHonen.    Also  folgt: 

Lehrsatz  XII.  Alk  Translationen,  welche  ein  BaumgiUer 
in  sich  überßihreny  bilden  eine  räumliche  Gnjfppe  von  Transla- 
tionen. Die  Kanten  des  primitiven  Parallelqnpedons  liefern  das 
System  primitiver  Translationen. 

Algebraisch  ist  der  Gruppencharacter  aller  Translationen 
auch  hier  darin  begründet^  dass  die  Summe  zweier  Ausdrücke 
der  vorstehenden  Art  immer  wieder  von  derselben  Art  ist 

Sind  A  und  A'  irgend  zwei  Punkte  des  Gitters  und  ist 
AA'  =  2r',  so  ist  2r'  eine  Translation  der  Gruppe.  Daher 
ist  auch  jede  Translation  2mt'  in  der  Gruppe  enthalten;  das 
Gitter  enthält  daher  die  durch  A  und  A'  bestimmte  regel- 
mässige Punktreihe.  Sind  A,  A\  A"  irgend  drei  nicht  in 
einer  Geraden  liegende  Gitterpunkte  ^  so  sind  wieder 

AA'  =  2%,     AA"  =  2%' 

Deckschiebungen  des  Gitters.  Man  betrachte  nun  alle  Trans- 
lationen der  Gruppe,  welche  der  Ebene  AA'A'\  parallel  sind. 
Durch  Zusammensetzung  von  ihnen  entstehen  immer  wieder 
derartige  Translationen ,  andrerseits  gehören  sie  der  Gruppe 
an,  sie  constituiren  daher  eine  ebene  Gruppe  von  Translationen. 
Die  Endpunkte  aller  dieser  Translationen  gehören  dem  Gitter 
an  und  bilden  in  ihm  ein  reguläres  Punktnetz.    Also  folgt: 

Lehrsatz  XIIL  Jedes  Baumgitter  enthalt  unendlich  viele 
regelmässige  Ptmktreihen  und  Punktnetjse.  Jede  Verbindungslinie 
zweier  Gitterpunkte  und  jede  durch  drei  Punkte  gelegte  Ebene 
ist  Träger  eines  solchen  Punktgebildes. 

Wie  für  die  ebenen,  so  lässt  sich  auch  f&r  die  räumlichen 
Translationsgruppen  beweisen,  dass  jede  derartige  Gruppe  von 
der  vorstehenden  Beschaffenheit  ist.  Wir  denken  uns  wieder 
(Fig.  24)  alle  Translationen  der  Gruppe  von  einem  Punkte  0 
aus  gezeichnet.  Es  seien  OA'  =  2%'  und  OB'  =■  2%"  irgend 
zwei  Translationen  von  verschiedener  Richtung  und  «  die  durch 


~-     263    — 

sie  bestimmte  Ebene.  Alle  in  diese  Ebene  fallenden  Trans- 
lationen bilden  eine  ebene  Gruppe,  sie  sind  daher  in  der  For- 
mel 2iii|T^  -f"  ^fn^iTg  enthalten^  wenn  2iri  und  27,  das  primitive 
Translationenpaar  darstellen.  Wir  bezeichnen  2r|  und  2r^ 
durch  OA,  resp.  OB.  Nun  sei  2r'"  =  OC  eine  Translation, 
für  welche  der  Abstand  des  Endpunktes  C  von  der  Ebene  s 
ein  Minimum  ist.  Unter  allen  diesen  Translationen  giebt  es 
im  Allgemeinen  eine  Translation  2t^  =  OC,  welche'  einen 
Minimalwerth  hat;  so  dass  also  keine  existirt,  die  noch  kleiner 
ist.  Giebt  es  mehrere  Translationen  dieser  Art,  so  wird  irgend 
eine  yon  ihnen  durch  2r3  bezeichnet. 

Von  den  so  bestimmten  Translationen  2ir,,  2r2,  2^3  lässt 
sich  zeigen,  dass  jede  Translation  2r  der  Gruppe  in  der  Formel 

2r  =  2Wiri  +  2wgrj  +  ^WjTj 

enthalten  ist.  Zunächst  ist  klar,  dass  alle  diese  Translationen 
der  Gruppe  angehören.  Denken  wir  uns  ferner  dasjenige 
Raumgitter,  welches  durch  2r|,  2t2,  2t^  bestimmt  ist,  so  ist 
jeder  Punkt  desselben  Endpunkt  einer  dieser  Translationen. 
Gäbe  es  nun  eine  Translation  2  t,  deren  Endpunkt  P'  in  das 
Innere  oder  in  die  Oberfläche  eines  der  Parallelepipeda  fiele, 
welche  das  Gitter  bilden,  so  müsste,  da  auch 

2t  +  2^1  Ti  +  2fn2t2  +  Swgrg 

eine  Translation  der  Gruppe  wäre,  in  jedes  Parallelepipedon 
ein  analoger  Translationsendpunkt  fallen,  also  auch  in  das  durch 
OABC  bestimmte.  Dies  widerstreitet  aber  in  jedem  Fall  den 
über  2iri,  27^,  2r3  getrofienen  Festsetzungen,  ausser  wenn 
dieser  Punkt  ein  Eckpunkt  ist.  Alsdann  ist  aber  auch  P'  ein 
Gitterpunkt  und  es  folgt: 

Lehrsatz  XIV.  Für  jede  räumliche  Gruppe  endlicher  Trans- 
lationen lassen  sich  alle  Translationen  in  der  Form  2m,r|-{-2insir, 
-^2m^t^  darstellen f  wenn  m^,  m^,  m^  irgend  welche  positiven 
oder  negativen  gomzen  Zahlen  bedeuten.  Die  Translationen  2x^, 
2t2,  21^3  hUden  ein  primitives  TripeL 

Baumgitter  und  räumliche  Translationsgruppen  sind  daher 
Gebilde^  die  unzertrennlich  mit  einander  verbunden  sind  und 


-     264     ~ 

sich  wechselseitig  bedingen.  Die  för  beide  ableitbaren  Eigen- 
schaften laufen  einander  in  jeder  Beziehung  parallel  und 
können  sich  nur  in  der  Bezeichnung  unterscheiden.  Hiervon 
werden  wir  oft  Nutzen  ziehen.  Wir  sprechen  dies  noch  in 
folgendem  Satz  aus: 

Lehrsatz  XV.  Trägt  man  van  irgend  einem  Punkte  aus 
alle  Translationen  einer  räumlichen  Translationsgrujppe  nach 
Länge  und  Richtung  äby  so  büden  die  Endpunkte  ein  Baumgitter. 

§  8.  Systeme  primitiver  Translationen.  Es  sei  wieder 
(Fig.  23) 

2ri  =  OA     und  ^  2r2  =  OB 

das  primitive  Translationenpaar  eines  Punktnetzes,  so  besteht 
das  Punktnetz  aus  den  Schnittpunkten  der  beiden  durch  2ti 
und  2^2  bestimmten  Schaaren  paralleler  Geraden.  Zieht  man 
die  Diagonale  00  des  Parallelogramms  OÄBC,  und  setzt 

2t  =  2t,  +  2r2  =  00, 

so  trifft  die  Diagonale  nach  Satz  X  unendlich  viele  Netzpunkte 
und  zwar  alle  diejenigen,  welche  den  Translationen  2m't' 
entsprechen.  Das  gleiche  gilt,  da  0  durch  jeden  Netzpunkt 
ersetzbar  ist,  von  denjenigen  Geraden,  welche  parallel  zu  OC 
durch  die  Punkte  A^  A^, . ,  gezogen  werden.  Diese  parallelen 
Geraden  lassen  sich  demnach  im  Verein  mit  den  Geraden  von 
der  Richtung  2x^  augenscheinlich  ebenfalls  benutzen,  um  das 
Punktnetz  zu  erzeugen;  durch  jeden  Punkt  des  Netzes  geht 
eine  Gerade  der  einen  und  eine  Gerade  der  andern  Art.  Be- 
trachtet man  nun  OA  und  00  als  Axen  eines  Coordinaten- 
systems,  so  ist  ersichtlich,  dass  sich  die  Translationen  ins- 
gesammt  durch  den  Ausdruck 

2m^x^  +  2m'% 
darstellen  lassen,  wo  m^  und  m'  ganze  Zahlen  sind,  es  können 
also  auch  2%^  und  2%'  als  ein  j^aar  primitiver  Translationen 
dienen. 

Es  liegt  nahe,  zu  fragen,  ob  es  noch  weitere  Paare  pri- 
mitiver Translationen  giebt.  Eine  einfache  Ueberlegung  zeigt, 
dass  dies  wirklich  der  Fall  ist;  wir   brauchen  uns  nur  zu  er- 


-     265    — 

innem,  dass  bei  der  Construction  des  primitiven  Paares  in  §  6 
die  Richtung  der  Translation  2r^  beliebig  fixirt  wurde. 

Die  Beziehungen  der  primitiven  Paare  zu  einander  folgen 
einfachen  Gesetzen^  die  von  grosser  Wichtigkeit  sind  und  nun 
entwickelt  werden  sollen. 

In  jedem  Punktnetz  giebt  es,  gemäss  Satz  X,  unendlich 
viele  regelmässige  Punktreihen;  jede  Verbindungslinie  zweier 
Netzpunkte  ist  der  Träger  einer  solchen  Reihe.  Jede  Trans- 
lation der  Punktreihe  ist  eine  Translation  des  Netzes.  Unter 
ihnen  giebt  es  eine  kleinste  oder  primitive  Translation  2r; 
wir  wollen  sie  eine  primitive  Translation  des  Pmktnetaes  nennen. 
Für  jedes  Punktnetz,  resp.  in  jeder  ebenen  Translationsgrappe 
existiren  demgemäss  unendlich  viele  primitive  Translationen; 
jede  von  ihnen  kann  die  oben  mit  2r,  bezeichnete  Translation 
darstellen. 

Durch  die  Translationen  2tr^  und  2%^  sind  alle  Netzpunkte 
bestimmt,  und  zwar  als  Schnittpunkte  der  mit  2ti  und  2t^ 
gegebenen  Schaaren  paralleler  Geraden.  Sind  nun  allgemein 
2r\  und  2t''s  irgend  zwei  Translationen,  welche  dasselbe  Punkt- 
netz liefern,  so  sollen  sie  ebenfalls  als  primitives  TrcmslaHonen- 
paar  bezeichnet  werden.  Hierzu  ist  nothwendig  und  hinreichend, 
dass  von  den  beiden  Schaaren  paralleler  Greraden,  welche  den 
Translationen  2x\  und  2r'2  entsprechen,  durch  jeden  Gitter- 
pnnkt  je  eine  hindurchgeht;  in  der  That  ist  dann,  wie  n5thig 
jeder  Netzpunkt  ein  Schnittpunkt  zweier  Geraden  der  bezüg- 
lichen Geradenschaaren.  Dies  sprechen  wir  folgendermassen  aus: 

Zwei  Translationen  2x\  und  2x\  eines  Netzes  heissen  ein 
Paar  primitiver  Translationen  ^  wenn  von  den  ihnen  entsprechen- 
den Schaaren  paralleler  Geraden  durch  jeden  NeUspunkt  je  eine 
hindurchgeht. 

Wir  haben  bereits  oben  die  Einsicht  erlangt,  dass  es  un- 
endlich viele  Paare  primitiver  Translationen  giebt.  Jedem 
derselben  entspricht  eine  Theilung  des  Netzes  in  Parallelo- 
gramme. Solcher  Theilungen  sind  daher  unzählige  möglich; 
d.  h.  jedes  Punktnetz  kann  auf  unendlich  viele  Weisen  durch  zwei 
Schaaren  paralleler  Geraden  erzeugt  werden. 

Die    Besonderheit   des   primitiven    Paares   2rj,   2%^   trat 


-     266    — 

darin  zu  Tage^  dass  sich  jede  Translation  2ir  der  Gruppe  ganz- 
zahlig in  der  Form 

2r  =  2f»iri  +  2m^r^ 

darstellen  lässt.  Dies  beruht  darauf,  dass  wenn  die  durch  2ri 
und  2r2  repräsentirten  Geraden  OA  und  OB  zu  Coordinaten- 
axen  gewählt  werden,  m^  und  m^  die  Ooordinaten  des  End- 
punktes Yon  2r  sind;  und  da  alle  diese  Punkte  Netzpunkte 
sind,  so  müssen  m^  und  m^  ganze  Zahlen  sein.  Aus  denselben 
Gründen  besteht  aber  diese  Eigenthümlichkeit  auch  für  die 
Translationen  2t\  und  2r'27  ^^^P«  ^^^  ^^^  ihnen  gegebene 
Coordinatenbestimmung.  Endlich  muss  auch  das  umgekehrte 
richtig  sein;  fallen  für  irgend  zwei  Geraden  als  Ooordinaten- 
axen  die  Ooordinaten  aller  Netzpunkte  als  ganzzahlige  Vielfache 
der  bezüglichen  Translationen  aus,  so  sind  alle  Netzpunkte 
Schnittpunkte  der  zugehörigen  Geradenschaaren.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XVI.  Durdh  die  Translationen  eines  primitiven 
Paares  ist  jede  Translation  ganzsahlig  ausdrückbar.  Sind  um- 
gekehrt 2r  1,  2t\  etoei  Translationen^  in  denen  sich  alle  Trans- 
lationen  ganz0ahlig  ausdrücken,  so  bilden  2t\  und  2t\  ein  pri- 
mitives Paar. 

§  9.    Es  sei  nun 

2%  =  2i)iTi  -f  2pir^  =  OP 
irgend  eine  Translation  der  Gruppe.  Liegen  zwischen  0  und 
P  keine  andern  Netzpunkte,  so  ist  OP  eine  primitive  Trans- 
lation. Giebt  es  aber  noch  Netzpunkte  zwischen  0  und  P, 
so  sei  A'  der  nächste  zu  0;  dann  ist  OA'  =  2v'  die  primi- 
tive Translation  des  Netzes  in  der  Richtung  OP  und  es  ist 
2r  ein  Vielfaches  von  2x\  Wird  2r  »a  2Air'  gesetzt^  so  folgt 
für  2t    die  Gleichung 

2r'  =  2^^r,+.2^«ir,, 

und  da  2t'  eine  Translation  der  Gruppe  ist,  müssen  p^  :  X 
und  p^ :  X  ganze  Zahlen  sein;  d.  h.  p^  und  p^  haben  einen  ge- 
meinsamen Theiler.  Umgekehrt  ist  evident,  dass  wenn  p^  und 
p^  keinen  gemeinsamen  Theiler  haben,  zwischen  0  und  P  kein 
Netzpunkt  liegt.    Also  folgt: 


—     267     - 

Lehrsatz  XVII«    Die  Translation  2p^Xy^  +  2|}sr2  ist  eine 
primitive  Translation  des  Netees^  wenn  p^  und  p^  keinen  gemein- 
samen Theüer  haben. 
Nun  seien 

2x\  =  2p,ti  +  2ftr, 
^  2r'2  =  2q^ti  +  2qit^ 

irgend  zwei  primitive  Translationen.  Zunächst  ist  klar,  dass 
weder  p^  und  p^ ;  noch  q^  und  g,  einen  gemeinsamen  Theiler 
haben«  Losen  wir  die  Gleichungen  nach  t^  und  t^  auf  und 
setzen  zur  Abkürzung 

2)  Piqi-P2ii  =  h 
so  folgt 

*iyi      z    « 

3)  '  ^ 

Ist  nun  2  =»  HP;  1 ,  so  lassen  sich  2tj^  und  2r2  ganzzahlig 
durch  2r\  und  2r'2  ausdrücken,  d.  h.  2r'i  und  2t\  bilden  ein 
Paar  primitiver  Translationen.  Andrerseits  ist  auch  ersicht- 
lich, dass  dies  nur  unter  der  Bedingung  2  <=»  +  1  eintritt. 
Denn  ist  iE  von  +  1  verschieden,  so  können  2ri  und  2t^  nur 
dann  ganze  Vielfache  von  2/^  und  2t\  sein,  wenn  p^^  p^, 
9i>  &  gleichzeitig  durch  l  theilbar  sind.  Dies  ist  aber  mit 
der  Annahme,  dass  2r  |  und  2r'2  primitiv  sind,  nicht  verein- 
bar, also  folgt: 

Lehrsatz  XYill.  Es  giM  unendlich  viele  Tarne  primitiver 
Translationen;  sie  u)erden  unter  der  Bedingung  p^q^  "Ptix ~  i  1 
durch  die  Gleichungen  1)  dargestellt 

Ist  die  primitive  Translation  2t\  gegeben,  so  sind  die  Trans- 
lationen 2x\^  welche  mit  2x\  ein  primitives  Translationenpaar 
bilden,  durch  Auflösung  der  diophantischen  Gleichung  2)  zu  be- 
rechnen. 

§  10.  Ein  besonders  wichtiger  Specialfall  des  vorstehen- 
den Satzes  tritt  ein,  wenn 

2%\  =  2r, 

2^2  =  2fH|T|  Hh  2^2 


-     268     — 

ist,  wo  m^j  wie  immer,  eine  beliebige  ganze  Zahl  isi     Diese 
Gleichungen  gestatten  unmittelbar  die  Auflösung 
2ri  =  2t\ 

2x2  =  +  2r\  —  2m,r'i; 
es  bilden  also  2t\  und  2t\  ein  primitives  Paar;  d.  fa. 

Lehrsatz  XIX.  Sind  2r^  und  2%^  ein  primitives  Paar,  so 
sind  auch  2x^  und  2m^x^  +  2x2  ein  solches  Paar. 

Dieser  Satz  erfahrt  durch  die  Figur  23  eine  unmittelbare 
Veranschaulichung.  Die  Translation  2x\  ist  diejenige  oben 
bereits  erwähnte  Translation,  welche  0  mit  einem  Netzpunkt 
der  nächsten  zu  a  parallelen  Geraden  verbindet.  Man  über- 
zeugt sich  daher  auch  an  der  Figur  leicht,  dass  durch  Zu- 
sammensetzung von  2x^  und  2x\  diejenigen  Deckschiebungen 
ausführbar  sind,  welche  0  nach  A  resp.  B  führen.  Für  den 
Punkt  A  ist  dies  evident.  Lässt  man  andrerseits  erst  die 
Translation  2x\  eintreten^  welche  0  nach  Bn  führt,  und  dann 
die  Translation  — 2m,r'i,  so  gelangt  dadurch  in  der  That 
0  nach  jB,  womit  der  Satz  geometrisch  verificirt  ist. 

Das  aus  den  primitiven  Translationen  2x^  und  2x2  ge- 
bildete Parallelogramm  möge  noch  primitives  Parallelogramm 
und  das  durch  sie  bestimmte  Dreieck 
OAB  primitives  Dreieck  heissen.  Be- 
zeichnen wir  (Fig.  25)  die  dritte  Seite 
AB  desselben  durch  2r3,  so  besteht 
die  Gleichung 

2ri  +  2x^  —  2r2  =  0 

Es  kann  daher  gemäss  dem  vorstehenden  Satz  sowohl  2ti 
und  2r8,  als  27,  und  2x^  ein  primitives  Translationenpaar 
bilden;  d.  h. 

Lehrsatz  XX.  Je  0wei  Seiten  eines  primitiven  Dreiecks 
Hefem  ein  Paar  primitiver  Translationen, 

§  11«  Primitive  Translationstripel  der  räumlichen 
Gruppen.  Jeder  räumlichen  Translationsgruppe  entspricht 
ein  Raumgitter,  gebildet  von  den  Endpunkten  aller  von  einem 


-     269     - 

Punkte  0  aus  construirten  Translationen  der  Gmppe.  Im 
Raumgitter  giebt  es  unendlich  viele  regelmässige  Punktreiben 
und  Punktnetze.  Die  Translationen  einer  jeden  Punktreibe 
sind  Translationen  des  Gitters,  die  primitive  unter  ihnen  soll 
eine  primitive  Translation  des  Gitters  heissen.  Ebenso  ist  auch 
jede  Translation  des  Punktnetzes  eine  Translation  des  Gitters; 
das  primitive  Paar  des  Netzes  bezeichnen  wir  als  primitives 
Translationspaar  des  Gitters. 

Wie  die  Translationen  2ti,  2x^y  2%^  alle  Gitterpunkte  be- 
stimmen^ so  sollen  irgend  drei  Translationen  2r',;  2z\y  2x\ 
ein  primitives  Tripel  heissen,  wenn  sie  dasselbe  Raumgitter 
bestimmen,  wie  2t^,  2%^^  2r^,  Hierzu  ist  nothwendig  und 
hinreichend;  dass  durch  jeden  Gitterpunkt  je  eine  der  drei 
Schaaren  paralleler  Ebenen  geht,  welche  den  Flächen  des  von 
2t\j  2t'j,  2r'3  gebildeten  Parallelepipedons  entsprechen.  Wir 
stellen  daher  folgende  Definition  auf: 

Drei  Translaiionen  2t\^  2r'2,  2r'3  büden  ein  primitives 
Tripel  des  Gitters^  wenn  von  den  drei  durch  sie  bestimmten 
Schaaren  paralleler  Ebenen  durch  jeden  Gitterpunkt  je  eine  geht. 

Für  das  Tripel  2ri,  2%^,  2r3  haben  wir  oben  §  7  die 
Ebene,  welche  2r|  und  2r2  enthält,  beliebig  angenommen. 
Daraus  folgt  bereits,  dass  es  unendlich  viele  primitive  Tripel 
des  Raumgitters  giebt.  Jedem  Tripel  entsprechen  drei  Ebenen- 
schaaren,  das  Gitter  kann  daher  auf  unendlich  viele  Weisen  durch 
drei  Züge  paraUder  Ebenen  erzeugt  werden. 

Durch  die  Translationen  2rj,  2r2,  2r3  liess  sich  jede 
Translation  2r  der  Gruppe  in  der  Form 

2r  =»  2mir,  +  2m2rj  +  äwjrj 

ganzzahlig  ausdrücken.  Dies  beruhte  darauf,  dass,  wenn  die 
drei  durch  0  gelegten  Ebenen  einer  jeden  Schaar  als  Coordi- 
natenebenen  gewählt  werden,  die  Goordinaten  jedes  Gitterpunktes 
ganzzahlig  ausfallen.  Diese  Eigenschaft  konmit  augenschein- 
lich allen  Tripeln  primitiver  Translationen  zu.  Ebenso  ist 
das  umgekehrte  richtig;  ergeben  sich  die  Goordinaten  sämmt- 
lich  ganzzahlig,  so  sind  alle  Gitterpunkte  Schnittpunkte  von 
je  drei  Ebenen  der  bezüglichen  drei  Ebenenschaaren.  Also  folgt: 


—    270     - 


Lehrsatz  XXI.  Durch  die  Trandatumen  eines  primitiven 
Tripels  ist  jede  Translation  gantssahUg  ausdrückbar.  Umgekehrt^ 
ist  jede  Translation  d^irck  2z\j  ^'^'t,  Sr',  ganegahlig  ausdrück- 
bar^  so  bilden  2x\j  2x\y  2r',  ^n  primitives  Tripel. 

Es  sei 

2r  —  OP  -  2p^t,  +  2ftT,  +  2p,r3 

irgend  eine  Translation  der  Gruppe.  Ist  dieselbe  nicht  primi- 
tiv;  so  sei  2x\  die  primitive  Translation  in  der  Richtung  von 
OP'^  alsdann  ist  2t  «»  2kx\y  wo  k  eine  ganze  Zahl  ist^  und 
es  folgt 

Da  aber  2x\  durch  2r^;  2x^y  2x^  ganzzahlig  ausdrückbar  ist^ 
so  müssen  PuP^,  Pz  ^^^  gemeinsamen  Theiler  k  haben.  Ebenso 
folgt  umgekehrt,  dass  wenn  k  der  grosste  gemeinsame  Theiler 
Yon  p^j  p^y  pj  ist,  bereits  der  Ate  Theil  von  2ir  eine  Trans- 
lation der  Gruppe  ist.    Also  folgt: 

Lehrsatz  XXIT.    Eine  Translation  2p^x^  +  2p^x^  +  2p^x^ 
ist  primitiv^  wenn  p^,  p^y  p^  keinen  gemeinsamen  Theiler  haben. 
§  12.     Seien  nun 

2x\  =  2piXj^  +  2p^x^  +  2p^x^ 
1)  2t\^2q^ti  +  2&r,  +  2q^x^ 

2x\~2r,x,  +  2r,r,  +  2r^x^ 

irgend  drei  primitive  Translationen.   Wir  setzen  fest,  dass  sie. 
nicht  in  einer  und  derselben  Ebene  liegen.     Alsdann  besteht 
zwischen  2x\y  2x\^  2x\  keine  lineare  identische  Gleichung, 
und  die  Gleichungen  1)  lassen  sich  nach  2r|,  2  Tg,  2x^  auf  losen. 
Setzen  wir  die  Determinante 


2) 


Pi, 
«1. 

r, 


Pt, 
9i, 


Ps 


l 


•1)        's»        '8 

und  bezeichnen  die  ünterdeterminanten 


3) 


9i  «« 


Pi. 


PiP" 


'i'h, 


'  Pi  P» 


=  »•*, 


-    271     - 


wo  hy  if  h  die  Zahlen  1,  2,  3  in  irgend  einer  cyclischen  Folge 
darstellen^  so  ist 

2lt,  =  2p\t\  +  2q\x\  +  2r\t\ 
4)         2lt^  =  2i)>',  +  2q\x\  +  2r\x\ 

2lr^  =  2p\t\  +  2q\t\  +  2r\x\. 
Ist  nun  2  =  +  1,  so  lässt  sich  2x^y  2x^y  2%^y  also  auch  jede 
Translation 

2x  =  2w,ri  +  2m2r2  +  2^3  Tg 

durch  2x\,  2x\,  2x\  ganzzahlig  ausdrücken,  und  2r\,  2x\ 
2x\  bilden  ein  Tripel  primitiver  Translationen.  Der  Bedmgung 
1=  +  1  kann  auf  mannigfache  Weise  genügt  werden,  also  folgt: 
Lehrsatz  XXIII.  Für  jedes  Baumgüter  giebt  es  unendlich 
viele  Tripel  primitiver  Translationen;  sie  werden  durch  die  Glei- 
chungen 1)  dargestellt,  wenn  die  Determinante  derselben  den 
Werth  ±  1  hat. 

Ist  im  Besondem 

2x\  =  2ri 

2x\  =  2rs, 

2r's  =  2rs  +  2m^Xi  +  2m^x^, 
so  folgt  als  Auf  losung  direct  ~ 

2xi  =  2x\ 

2*8  =  2x\ 

2*3  ==  2r'3  —  2m^x\  —  2m^x\y 
d.  h.  2*1  und  2x^  bilden  mit  jeder  Trans- 
lation, deren  Endpunkt  in  der  nächsten, 
zu  2*1  und  2*2  parallelen  Gitterebene 
liegt,  ein  primitives  Tripel.  Wie  oben 
lässt  sich  auch  hier  geometrisch  un- 
mittelbar erkennen,  dass  die  Translation 
2*3  durch  die  Translation  2%\  und 
— (2«ii*i  +  2m^x^  ersetzt  werden  kann.  ^^ 

Wir  «bezeichnen  noch  das  aus  drei 
primitiven  Translationen  eines  Tripels 
gebildete  Parallelepipedon  als  primitives 
Paraüdqpipedon   und  das  durch  sie   bestimmte   Tetraeder  als 


—     272    — 

pritnitives  Tetraeder.  Ein  solches  ist  z.B.  das  Tetraeder  OABC. 
Bezeichnen  wir  (Fig.  26)  die  Seiten 

BC  =  2t\,   CA  =  2t\,   AB  =  2%\, 
so  bestehen  die  Gleichungen 

2x\  +  2rj  — 21:3  =  0 
2r'8  +  21:5  —  2ri  =0 
2x\  +  2ri  —  2ir8  =  0 
2x\  +  2ir',  +  2/3  =  0 

und  hieraus  folgt,  dass  irgend  drei  Kanten  des  Tetraeders, 
die  nicht  in  derselben  Ebene  liegen,  ein  Tripel  primitiver 
Translationen  bestimmen;  z.  B. 

2x^y  2irg,  2x\     und     2ir, ,  2x\,  2ir'3, 
d.  h. 

Lehrsatz  XXIV.  Drei  Kanten  eines  primitiven  Tetraeders, 
die  nicht  in  einer  Ebene  liegen,  bilden  ein  Tripel  primitiver 
Translationen. 

§  13.  Invarianter  Inhalt  der  primitiven  FaraUelogramme 
und  Farallelepipeda.  Betrachten  wir,  gemäss  dem  letzten 
Satz  von  §  10,  irgend  zwei  der  drei  Translationen  2xi,  2x^,  2x^ 
als  primitives  Paar,  so  erhalten  wir  drei  verschiedene  Parallelo- 
grammtheilungen  des  Punktnetzes,  deren  primitive  Parallelo- 
gramme augenscheinlich  inhaltsgleich  sind.  Dasselbe  gilt  für 
das  durch  2x\  =  2x^  und  2x\  =  2m^x^  +  2x^  bestimmte  Pa- 
rallelogramm. Hierin  documentirt  sich  ein  allgemeiner  Satz, 
der  sich  folgendermassen  aussprechen  lässt: 

Lehrsatz  XXV.  AUe  primitiven  ParaUdogramme  eines 
Piinktnetees  sind  inhaltsgleich. 

Um  diesen  Satz  zu  beweisen,  fassen  wir  eine  möglichst 
grosse  Z.ahl  von  Parallelogrammen  jp  in's  Auge,  welche  dem 
primitiven  Paar  2x^,  2z^  entsprechen.  Die  Anzahl  der  von 
ihnen  absorbirten  Netzpunkte  sei  Z.  Nun  enthält  jedes  Pa- 
rallelogramm p  vier  Netzpunkte,  andrerseits  stossen  in  jedem 
Netzpunkt,  der  im  Innern  des  betrachteten  Grebietes  liegt,  je 
vier  Parallelogramme  zusammen;  die  Anzahl  Z,  der  Parallelo* 
gramme  kommt  daher  der  Zahl  Z  sehr  nahe;  die  Correction 


~     273     — 

ist  nur  darin  begründet,  dass  au  den  Punkten,  welche  auf  der 
Grenze  des  Gebietes  liegen,  nicht  mehr  alle  vier  um  sie  liegen- 
den Parallelogramme  p  in  die  Zahl  Z^  einzurechnen  sind.  Wir 
denken  uns,  um  die  Begriffe  zu  fixiren,  das  bezügliche  Gebiet 
kreisförmig  und  betrachten  die  im  Innern  liegenden  Punkte 
desselbeiL  Bezeichnen  wir  den  Radius  mit  r,  so  ist  die  An- 
zahl der  im  Innern  liegenden  Parallelogramme  mit  r^  pro- 
portional, dagegen  die  Zahl  derjenigen,  welche  dem  Umfang 
angehören,  mit  r  selbst.  Die  Zahlen  Z  und  Z^  unterscheiden 
sich  daher  um  eine  Grösse,  welche  von  der  Ordnung  r  ist, 
während  sie  selbst  von  der  Ordnung  r^  sind.  Lassen  wir  nun 
r  unbegrenzt  wachsen,  so  muss  in  Folge  dessen  der  Quotient 
Z :  Z^  der  Einheit  näher  und  näher  kommen. 

Diese  Betrachtungen  sind  von  der  Wahl  des  primitiven 
Paares  durchaus  unabhängig.  Ist  daher  Z\  die  Zahl  der  im 
Innern  des  Kreises  liegenden  Parallelogramme  p',  welche  irgend 
einem  andern  primitiven  Paar  entsprechen,  so  kommt  auch 
der  Quotient  Z :  Z\  mit  wachsendem  r  der  Einheit  beliebig 
nahe.  Das  gleiche  gilt  demnach  auch  von  dem  Quotienten 
Zj :  Z\.  Bezeichnen  wir  nun  die  Flächen,  welche  von  den 
Zj  Parallelogrammen  p  bezüglich  von  den  Z\  Parallelogrammen 
p'  erfüllt  werden,  mit  F  und  F\  so  unterscheiden  sich  auch 
F  und  F*  von  der  gesammten  Kreisfläche  um  Grössen  von 
der  Ordnung  r,  während  sie  selbst  von  der  Ordnung  r*  sind. 
Demnach  kommt  wiederum  der  Quotient  F :  F'  mit  wachsen- 
dem r  der  Einheit  beliebig  nahe  und  daraus  folgt  schliesslich 
das  gleiche  für  die  Quotienten  FiZ^  und  F'  :Z\.  Der  erste 
dieser  Quotienten  bedeutet  aber  den  Inhalt  des  Parallelogramms 
Py  der  zweite  denjenigen  von  p\  und  damit  ist  der  obige  Satz 
bewiesen.  *) 

Die  vorstehenden  üeberlegungen  lassen  sich  ohne  Weiteres 
auf  die  primitiven  Parallelepipeda  der  Raumgitter  übertragen. 
Der  einzige  Unterschied  besteht  darin,  dass  die  Kreisfläche 
durch  eine  Kugel  zu  ersetzen  ist.     Das  Innere  der  Kugel  ist 


1)  Der  hier  befolgte  GedankeugaDg  entspricht  dem  von  Dirichlet 
gegebenen  Beweis.    Vgl.  Crelle'a  Journ.  f.  Math  Bd.  40,  S.  216. 

Sohoenfliei,  KryttaUitractur.  18 


-     274    — 

von  der  Ordnung  r*,  die  Oberftche  von  der  Ordnung  r*,  das 
Yerkältniss  der  letzteren  zur  ersteren  daher  wiederum  um- 
gekehrt proportional  mit  r  u.  s.  w.  u.  s.  w.    Also  folgt: 

Lehrsatz  XXVI.  AUe  primitiven  ParäUdqoipeda  eines  Baum- 
gitters  haben  gleichen  FlächeninhaU. 

Die  Sätze  XXV  und  XXYI  gelten  natürlich  in  analoger 
Form  von  den  primitiven  Dreiecken  und  primitiven  Tetraedern. 
Femer  ist  klar^  dass  auch  ihre  Umkehrung  richtig  ist.  Wenn 
also  drei  Translationen  2ir\,  2ir^2;  ^^'s  ein  Tetraeder  bestimmen, 
welches  dem  aus  2^1 ,  2^2,  21:3  gebildeten  Tetraeder  inhalts- 
gleich ist,  so  bilden  sie  ebenfalls  ein  System  primitiver  Trans- 
lationen. 


-:-r^^t    ' 


Drittes  Capitel. 
Symmetrische  Pnnktnetze  nnd  Ranmgitter. 

§  1.  Der  Symmetrieoharaoter  der  Ptmktnetze  und  Baum- 
gitter. Wir  beschäftigen  uns  in  diesem  Capitel  mit  der  Auf- 
gabe^ alle  mit  Symmetrie  behafteten  Panktnetze  und  Raum- 
gitter zu  finden.  Da  jede  Symmetrieeigenschaft  ihren  Ausdruck 
in  einer  Deckoperation  findet,  so  läuft  die  Aufgabe  darauf 
hinaus,  diejenigen  Netze  und  Gitter  zu  ermitteln/ welche  ausser 
bei  den  Deckschiebungen  noch  in  Folge  anderer  characte- 
ristischen  Deckoperationen  in  sich  übergehen. 

Wie  wir  im  vorigen  Capitel  erkannt  haben,  hängen  Punkt- 
netze und  Raumgitter  mit  den  Translationsgruppen  auf  das 
engste  zusammen.  Die  Folge  ist,  dass  die  Symmetrie  des 
Netzes  oder  Gitters  auch  die  Symmetrie  der  bezüglichen 
Gruppe  bedingt,  und  umgekehrt.  Die  fraglichen  Symmetrie- 
Verhältnisse  können  daher  durch  die  Untersuchung  der  Trans- 
lationsgruppen ermittelt  werden.  Nun  kann  die  Gesammtheit 
der  Translajüonen  nach  Länge  und  Richtung  von  einem  und 
demselben  Punkte  aus  abgetragen  werden.  Femer  spricht  sich 
jede  Symmetrieeigenschaft  der  Translationsgruppen  in  einer 
Deckoperation  aus,  welche  die  Gesammtheit  aller  Translationen 
zur  Deckung  bringt;  daher  kommen  zur  Kennzeichnung  ihres 
Symmetriecharacters  nur  solche  Operationen  in  Frage,  welche 
einen  Punkt  0  unverändert  lassen.  Das  gleiche  muss  daher 
auch  für  Punktnetze  und  Raumgitter  gelten. 

Dies  kann  auch  folgendermassen  direct  bewiesen  werden. 
Es  sei  2  irgend  eine  Operation  erster  oder  zweiter  Art,  welche 
ein  Punktnetz  oder  Ratungitter  in  sich  überführt.  Sie  bringt 
den  Punkt  0  jedenfalls  mit  einem  andern  Punkt  des  Netzes 

18* 


—     276     — 

oder  Gitters  zur  Coincidenz;  dieser  Punkt  sei  Oi.  Nun  existirt 
gemäss  §  4  des  vorigen  Capitels  eine  bestimmte  Deckschiebung 
2ti  des  Netzes  oder  Gitters,  welche  0,  nach  0  gelangen  lässt. 
Wenn  daher  erst  die  Deckoperation  S  und  dann  die  Deck- 
schiebung 2ir(  eintritt,  so  sind  sie  zusammen  einer  solchen 
Deckoperation  des  Netzes  oder  Gitters  äquivalent,  welche  den 
Punkt  0  unverändert  lässt;  also  folgt,  dem  obigen  Resultat 
entsprechend : 

Lehrsatz  I.  Geht  ein  FunktneUf  oder  Eaumgitter  durch 
irgend  eine  Operation  in  sich  uber^  die  keine  Translation  ist,  so 
gid)t  es  auch  solche  Deckoperationen  des  Netzes  oder  Gitters, 
welche  einen  seiner  Punkte  unverändert  lassen. 

Da  dieser  Punkt  beliebig  gewählt  werden  kann,  so  leuchtet 
ein,  dass  ein  Netz  oder  Gitter  gegen  alle  seine  Punkte  die 
gleichen  Symmetrieeigenschafben  besitzt.^) 

Der  vorstehende  Satz  zeigt,  dass  die  Symmetrie  der  Punkt- 
netze und  Raumgitter  durch  eine  der  im  ersten  Abschnitt  er- 
örterten Gruppen  von  Symmetrieen  gegen  einen  Punkt  charac- 
terisirt  werden  kann. 

Daraufhin  werden  wir  nun  die  Netze  und  Gitter  einzeln 
untersuchen.  Zuvor  machen  wir  jedoch  nochmals  darauf  auf- 
merksam, dass  die  Untersuchung  dieser  Puuktgebilde  auch 
durch  Untersuchung  der  Translationsgruppen  ersetzt  werden 
kann.  Jede  Operation,  welche  die  sämmtlichen  Translationen 
der  bezüglichen  Gruppe  in  einander  überführt,  ist  auch  eine 
Deckoperation  des  Netzes  oder  Gitters  und  umgekehrt. 

§  2.  Symmetrie  der  Funktnetze.  Wir  leiten  zunächst 
einige  Sätze  allgemeiner  Natur  über  die  Symmetrie  der  Punkt- 
netze ab. 

Lehrsatz  IL  Jedes  regelmässige  Punktnete  geht  durch  In- 
version gegen  einen  seiner  Punkte  in  sich  über. 

Die  Inversion  vertauscht  nämlich  jede  der  von  0  aus 
gezeichneten  Translationen  mit  ihrer  entgegengesetzten,  womit 
der  Beweis  erbracht  ist. 


1)  Vgl.  hierzu  auch  Cap.  VI,  §  7. 


-     277     - 

Eine  Symmetticebene  kann  dem  Punktnetz  nur  in  einer  zur 
Netzebene  senkrechten  Lage  zukommen.  Ist  N  ein  Netz  dieser 
Art,  80  besitzt  es,  wie  eben  für  jedes  Netz  bewiesen  wurde, 
in  0  ein  Symmetriecentrum,  folglich  ist  das  Netz  gemäss 
Cap.  in,  X  des  ersten  Abschnittes  mit  einer  in  der  Netzebene 
liegenden  und  durch  0  gehenden  zweizähligen  Axe  begabt. 
Wir  brauchen  daher,  um  die  Symmetrie  Verhältnisse  der  Punkt- 
netze zu  studiren,  nur  Axensymmetrie  in's  Auge  zu  fassen. 
Daraus  folgt,  dass  die  Nebssymmetrie  stets  durch  eine  Drehungs- 
gruppe  gekenmeichnet  werden  kann. 

Die  Symilietrieaxen  eines  Netzes  liegen  entweder  in  ihm, 
oder  sie  stehen  senkrecht  zu  ihm.  Die  ersteren  sind,  da  sie 
die  Netzebene  in  sich  überführen  müssen,  immer  zweizählig. 
Diese  Axen  repräsentiren,  wie  wir  sehen  werden,  eine  wirk- 
liche Symmetrieeigenschaft  eines  Netzes,  dagegen  ist  dies  für 
die  zur  Netzebene  senkrechten  zweizähligen  Axen  nicht  der 
Fall.     Es  besteht  nämlich  folgender 

Lelirsatz  UI.  Jedes  Netz  gestaMet  eine  Umklappung  um  eine 
durch  0  gehende,  mir  Netzebene  senkrechte  ztoeizahlige  Axe, 

Auch  diese  Umklappung  führt  nämlich  jede  Translation 
in  die  entgegengesetzte  über,  womit  der  Satz  wiederum  be- 
wiesen ist.  Ein  zweiter  Beweis  folgt  daraus,  dass  jedes  Netz 
in  0  ein  Symmetriecentrum  und  in  seiner  eigenen  Ebene  eine 
evidente  Symmetrieebene  besitzt;  es  kommt  ihm  daher  auch 
die  genannte  zweizählige  Symmetrieaxe  zu. 

Wir  nehmen  jetzt  an,  das  Netz  gehe  durch  Drehung  um 
eine  zur  Netzebene  senkrechte  n- zählige  Axe  a,  wo  n  >  2  ist, 
in  sich  über.  Femer  sei  2r|  eine  von  0  ausgehende  Trans- 
lation. Wird  die  Drehung  um  die  Axe  a  ausgeführt,  so  fallt 
nothwendig  2x^  mit  einer  andern  Translation  des  Netzes  zu- 
sammen. Dasselbe  gilt  für  wiederholte  Drehung  um  a;  von  0 
gehen  daher  n  gleich  lange  Translationen  aus,  welche  gleiche 
Winkel  mit  einander  einschliessen,  deren  Endpunkte  also  ein 
regelmässiges  n-Eck  bilden.  Die  Ecken  dieses  n-Ecks  sind  nun 
aber  ebenfalls  Netzpunkte;  folglich  besteht  das  Netz  einerseits 
aus  Parallelogrammen,  andrerseits  aus  regulären  Polygonen. 
Es   giebt   aber   ausser    dem   regulären  Dreieck,  Viereck   und 


—     278     — 


Sechseck  kein  axidereH  Polygon ;  welches  Basis  eines  Netzes 
von  Parallelogrammen  sein  kann;  demnach  kann  n  nur  die 
Werthe  3,  4,  B  haben.  Ist  n  =  3,  so  sind  drei  von  0  aus- 
gehende gleiche  Translationen  vorhanden.  Nun  existirt  aber 
zu  jeder  auch  die  entgegengesetzte;  es  kommen  also  zu  den 
dreien;  von  denen  wir  ausgingen,  noch  drei  hinzu,  und  die  Axe 
ist  in  Wirklichkeit  sechszählig,  d.  h. 

Lehrsatz  IV.  Symmetrieaxen  eines  PwMnetzeSj  welche  auf 
der  NetaSbene  senkrecht  stehen^  sind  entweder  eweimhlig  oder  vier- 
ssiädig  oder  sechseählig, 

§  3.  Die  symmetriflohen  Netse.  Ist  die  zur  Netzebene 
senkrechte  Axe  a  zweizählig,  so  kann  das  Netz  besondere 
Symmetrie  nur  dadurch  erwerben,  dass  es  eine  in  der  Netz- 
ebene liegende  Symmetrieaxe  u  besitzt.  Diese  Axe  bedingt  in 
Gemeinschaft  mit  a  die  Existenz  noch  einer  zweiten  in  der 
Netzebene  liegenden  Axe  u^,  welche  auf  u  senkrecht  steht;  die 
Axensymmetrie  des  Netzes  ist  daher  durch  die  Vierergruppe  V 
gekennzeichnet. 

Soll  nun  ein  Netz  von  Parallelogrammen,  dessen  Basis 
weder  ein  Quadrat  noch  ein  reguläres  Sechseck  resp.  Dreieck 
ist,  durch  Umklappung  um  eine  Axe  in   sich  übergehen,  so 

muss  das  primitive  Parallelo- 
gramm entweder  ein  Beckteck 
oder  ein  Bhonibus  sein.  Im  ersten 
Fall  stehen  die  beiden  primi- 
tiven Translationen  2z ^  und 
2z^  senkreckt  auf  einander, 
jede  von  ihnen  hat  daher  die 
Richtung  einer  zweizähligen 
Symmetrieaxe.  Das  Netz  be- 
steht also  (Fig.  27)  aus  lauter  Rechtecken,  deren  Seiten  das 
primitive  Paar  von  Translationen  darstellen.  Wir  bezeichneu 
es  als  recMwinkliges  NetB. 

Das  Netz,  dessen  primitives  Parallelogramm  ein  Rhombus 
ist,  soll  rhombisches  Netss  heissen.  FQr  dieses  Netz  haben 
(Fig.  28)  die  Symmetrieaxen  die  Richtung  der  Rhomben- 
diagonalen.    In  jede   von    ihnen    fallt   eine   Translation   des 


Fig.  87. 


JL^ 


^^. 


-     279    — 


Netzes,  aber  diese  beiden  Translationen  bilden  kein  primitives 
Paar.  Bezeichnen  wir  fOr  beide  Arten  von  Netzen  die  in  die 
Symmetrieaxen  u  und  u^  fal-  Fig.ss. 

lenden  primitiven  Translatio- 
nen durch  21:,  nnd  2ty,  wäh- 
rend 2ir^  nnd  2^,  wie  bisher 
das  primitive  Paar  vorstellen, 
so  ist  das  rechtwinklige  Netz 
durch  die  Translationen 

characterisirt,  das  rhombische  dagegen  durch 

2^1    *=■    r«   -p    tyy         2^2    =    Tx   ty. 

Aus  den  letzten  beiden  Gleichungen  folgt  umgekehrt 

2t:,  »>  2t^  +  2^2,     2xy  =  2ri  —  2rj, 
in  einem  rhanibischen  Net0  ist  daher  die  Translation  längs  einer 
Symmetrieaxe  gleich  der  geometrischen  Summe  oder  Differenz  der 
in  den  Bhombenseiten  liegenden  primitiven  Translationen. 

Das  primitive  Paar  des  rhombischen  Netzes   kann,   wie 
aus  Lehrsatz  XX  des  vorigen  Capitels  folgt,  auch  durch 

2ti  =*  2t,,     2ir2  *=*  tx  "f"  ty 
oder  durch 

2Ti  ■■■  2tyj      2t%  ^  Tx  -f-  ^y 

dargestellt  werden. 

Bemerkung.  Die  oben  eingefQhrte  Bezeichnung  ent- 
spricht, wie  ausdrücklich  erwähnt  werden  möge,  der  Gestalt 
des  primitiven  Parallelogramms.  Auch  in 
andern  Netzen  können  Rechtecke  und 
Bhomben  auftreten,  sie  bilden  aber  nie- 
mals ein  primitives  Parallelogramm. 

Das  Netz,  welches  eine  vierzählige 
Symmetrieaxe  besitzt,  besteht  (Fig.  29) 
aus  lauter  Quadraten.  Die  beiden  Trans- 
lationen 2^1  und  2^2  werden  gleich  lang 
und  stehen  auf  einander  senkrecht.  Das 
Netz  besitzt  von  selbst  zweizählige  Symmetrieaxen  in  der 
Netzebene;   zwei  von   ihnen   fallen  mit   den  Richtungen   von 


Fig.  89. 

^r. 

Zt, 

—    280     - 

2ir|  und  2^^  zusammeD,  die  andern  beiden  halbiren  die  von 
ihnen  gebildeten  Winkel.  Die  gesaramte  Axensymmetrie  des 
Netzes  ist  daher  durch  die  Drehungsgruppe  D^  gekennzeichnet. 
Das  Netz  soll  quadratisches  Netz  heissen.  Wir  stellen  sein 
primitives  Paar  durch 

dar. 

Dasjenige  Netz,  welches  eine  sechszählige  Symmetrieaxe 

besitzt,  besteht  (Fig.  30)  aus  lauter  gleichseitigen  Dreiecken, 

resp.  regulären  Sechsecken.     Gehen  aus   27^    durch  Drehung 

j^g  ^  um  120®  die  Translationen  2rj  und 

2rj  hervor,  so  ist 

2r,  +  2rg  +  21,  =  0. 

Irgend  zwei  dieser  drei  Translatio- 
nen liefern  ein  primitives  Trans- 
lationenpaar. Das  Netz  besitzt  eben- 
falls zweizählige  Symmetrieaxen  in 
der  Netzebene,  die  theils  in  die 
Translationsrichtungen  fallen,  iheils 
die  von  ihnen  gebildeten  Winkel  halbiren.  Die  gesammte 
Axensymmetrie  des  Netzes  ist  daher  durch  die  Gruppe  D^ 
characterisirt.  Das  Netz  soll  reguläres  oder  gleichseitiges  Netz 
genannt  werden. 

Dies  fuhrt  zu  folgendem 

Lehrsatz  V.  Es  giebt  im  Garnen  vier  verschiedene  Typen 
von  Punktnetzen  mit  besonderer  Symmetrie;  nämlich  das  rhom- 
bische NetZy  das  rechtwinklige  Netz,  das  giiadratische  Netz  und 
das  reguläre  resp.  gleichseitige  Netz. 

Die  Symmetrie  dieser  Netze  spricht  sich  übrigens  auch 
in  der  Natur  des  primitiven  Dreiecks  characteristisch  aus. 
Während  das  primitive  Dreieck  für  allgemeine  Netze  nicht 
von  besonderer  Art  ist,  so  ist  es  fUr  rhombische  Netze  gleich- 
schenklig, für  das  rechtwinklige  Netz  rechtwinklig,  für  qua- 
dratische Netze  gleichschenklig  und  rechtwinklig,  und  endlich 

1)  Diese  Gleichang  bezieht  sich  natürlich  nar  auf  die  L&nge  von 
T^  und  r^. 


—     281     — 

ffir  die  regulären  Netze  gleichseitig;  resp.  unter  den  vielen 
primitiven  Dreiecken  finden  sich  immer  solche  der  genannten 
Art.  Die  vier^  Netzarten  entsprechen  also  genau  den  vier  be- 
sonderen Typen  von  Dreiecken.  Demnach  lassen  sich  die  vier 
Netze  in  einfachster  Weise  dadurch  ableiten^  dass  für  sie  ein 
Dreieck  besonderer  Art  als  primitives  Dreieck  zu  Grunde  ge- 
legt wird. 

Bemerkung.  Denken  wir  uns  das  Netz  in  irgend  einer 
Weise  durch  zwei  Schaaren  paralleler  Geraden  erzeugt,  so 
f&hrt  jede  Deckschiebung  das  Netz  so  in  sich  über,  dass 
jedes  der  dadurch  bestimmten  Parallelogramme  wieder  mit 
einem  Parallelogramm  zusammeni^llt.  Für  die  andern  Deck- 
operationen ist  dies  im  Allgemeinen  auch  der  Fall;  es  giebt 
jedoch  Ausnahmen.  Dies  lässt  sich  am  einfachsten  übersehen, 
wenn  wir  die  vier  um  den  Punkt  0  herumliegenden  Parallelo- 
gramme P^,  Pj,  P3,  P4  in's  Auge  fassen.  Vertauschen  sich 
diese  Parallelogramme  bei  irgend  einer  Deckoperation  unter 
sich,  so  gilt  es  von  allen  Netzparallelogrammen.  Hieraus  ist 
ersichtlich,  dass  die  einzige  Ausnahme  .dem  regulären  Netz 
entspricht;  die  Drehung  um  120^  bringt  nämlich  keines  der 
vier  Parallelogramme  mit  einem  von  ihnen  zur  Deckung.  Da- 
gegen ist  natürlich  klar,  dass  die  vier  Punkte  eines  jeden 
Parallelogramms  mit  vier  Punkten  zusammenfallen,  die  ein 
congrueotes  Parallelogramm  bestimmen. 

Für  die  primitiven  Dreiecke  findet  eine  solche  Ausnahme 
nicht  statt. 

§  4.  Die  SymmetrieverhältnisBe  der  Raumgitter.  Für 
das  Studium  der  Baumgittersymmetrie  erinnern  wir  zunächst 
daran,  dass  nach  §  1  wiederum  nur  solche  Operationen  in 
Frage  kommen,  welche  einen  Gitterpunkt  unverändert  lassen. 
Die  Symmetrie  des  Gitters  kann  daher  durch  eine  der  im 
ersten  Abschnitt  abgeleiteten  Symmetriegruppen  characterisirt 
werden.  Ebenso  ist  die  Gittersymmetrie  wiederum  mit  der 
Symmetrie  der  zugehörigen  Translationsgruppe  identisch.  Nun 
ist  die  Translationsgruppe  resp.  die  Gesammtheit  der  Trans- 
lationen und  Gitterpunkte  .durch  irgend  ein  System  primitiver 
Translationen  bestimmt.    Jede  Operation  £,  welche  eine  Deck- 


-     282    — 

Operation  der  Translationsgruppe  ist,  fährt  daher  ein  primi- 
tives Tripel  2t:i,  27^^  2tQ  entweder  in  sich  selbst,  oder  in  ein 
äquivalentes  System  über;  ebenso  ist  umgekehrt  eine  Ope- 
ration Sy  welche  die  drei  Translationen  27^,  272,  2r3  in  sich 
oder  in  drei  ihnen  bezuglich  gleiche  Translationen  überfährt^ 
eine  Deckoperation  des  Gitters. 

Bemerkung.  Ist  0  ein  beliebiger  Punkt  des  BAum- 
gittersy  so  stossen  in  ihm  acht  Parallelepipeda  zusammen. 
Diese  gehen  bei  den  Deckoperationen  gegen  0  im  allgemeinen 
in  einander  über.  Es  tritt  aber  auch  fär  die  Gitter,  gleichwie 
fär  die  Netze,  der  Fall  ein,  dass  die  Yertauschung  aller  Gitter- 
punkte ohne  Yertauschung  der  ganzen  Parallelepipeda  vor  sich 
gebt.  Dies  trifft  augenscheinlich  immer  und  nur  dann  zu,  wenn 
das  primitive  Tripel  in  Translationen  übergeht,  die  auf  andern 
Geraden  liegen. 

Wir  leiten  zunächst  wieder  einige  allgemeine  Sätze  über 
die  Symmetrie  der  Gitter  ab. 

Lehrsatz  VI.  Jedes  Bavmgitter  geht  durch  Inversion  gegen 
einen  seiner  Punkte  in  sich  über. 

Die  Inversion  führt  nämlich  jede  der  drei  Translationen 
2t^y  2^2,  2x^  in  die  entgegengesetzte  über. 

Hieraus  ziehen  wir  die  wichtige  Folgerung,  dass  für  die 
Definition  der  Crittersymmetrie  nur  gewöhnliche  Symmetrieaxen 
nöthig  sind.  Wenn  nämlich  ein  Gitter  R  auch  durch  eine  von 
der  Inversion  verschiedene  Operation  zweiter  Art  in  sich  über- 
geht, so  wird  durch  sie  und  die  Inversion  gemäss  Cap.  I,  VIII 
des  ersten  Abschnitts  in  allen  Fällen  eine  Operation  erster 
Art  bedingt,  womit  die  vorstehende  Behauptung  als  richtig 
erwiesen  ist.  Hieraus  folgt  bereits,  dass  rücksichtlich  der 
Symmetrie  höchstens  diejenigen  11  Typen  von  Raumgittern 
existiren  können,  die  den  11  Drehungsgruppen  entsprechen; 
ihre  Zahl  kann  aber,  wie  die  nachstehende  Ableitung  zeigt, 
noch  weiter  reducirt  werden. 

§  5.  Es  sei  a  eine  durch  0  gehende  Symmetrieaxe  des 
Gitters  und  77  ein  solches  zu  den  Translationen  27^,  2^2,  2T3 
gehöriges  primitives  Parallelepipedpn,  dass  die  Axe  a  nicht 
ganz  ausserhalb  77  liegt,  also  entweder  in  seinem  Innern  oder 


—     283     — 

auf  seinen  Seitenflächen  verläuft.  Ein  derartiges  Parallelepi- 
pedon  existirt  immer.  Die  Drehung  um  a  führt  die  Trans- 
lationen 2rp  2r2,  2t:,j  in  sieh  oder  in  äquivalente  Translationen 
über.  Nun  endigt  keine  Translation  im  Innern  oder  auf  der 
Oberfläche  des  Parallelepipedons  11,  abgesehen  natürlich  von 
denjenigen,  deren  Endpunkte  in  die  Ecken  desselben  fallen. 
Daraus  ist  zu  schliessen^  dass  77  bei  der  um  a  stattfindenden 
Drehung  entweder  in  sich  selbst,  oder  in  ein  neben  ihm  liegen- 
des ParaUelepipedon  übergeht;  allerdings  braucht  das  letztere 
keines  der  acht  um  0  liegenden  Gitterparallelepipeda  zu  sein. 
Wie  dem  aber  auch  sei,  so  folgt  jedenfalls,  dass  die  Axe  a 
mit  einer  Korperdiagonale,  einer  Flächendiagonale  oder  einer 
Kante  des  Parallelepipedons  77  zusammenfallen  muss.  Was 
aber  für  77  gilt,  gilt,  da  2ri,  2rg,  2r^  ein  beliebiges  primitives 
Tripel  bilden,  für  jedes  primitive  ParaUelepipedon,  also  er- 
giebt  sich: 

Lehrsatz  VII.  Jede  durch  den  Punkt  0  des  Banmgifters 
gehende  Symmetrieaxe  fällt  für  jedes  den  Punkt  0  enthaltende 
primitive  ParcUlelepipedon  in  eine  seiner  Kanten,  Flächendiago- 
naien  oder  Körperdiagonälen. 

Als  Folgerung  ergiebt  sich,  dass  gemäss  Satz  XIII  des 
vorigen  Capitels  jede  Symmetrieaxe  eines  Raumgitters  Träger 
einer  dem  Gitter  angehörigen  regelmässigen  Punktreihe  ist,  d.  h. 

Lehrsatz  VIIL  Jede  Symmetrieaxe  eines  Raumgitters^ hat 
die  RicMung  einer  dem  Gitter  mgehörigen  Translation, 

Eine  ähnliche  Eigenschaft  besteht  für  die  Symmetrie- 
ebenen. Wir  haben  nämlich  einerseits  gesehen,  dass  (§  2) 
jede  Symmetrieebene  Symmetrieaxen  bedingt,  die  auf  ihr  senk- 
recht stehen.  Andrerseits  ist,  wie  in  Satz  XI  bewiesen  wird, 
jede  auf  der  Symmetrieaxe  senkrechte  Ebene  eine  Netzebene 
des  Gitters,  also  folgt: 

Lehrsatz  IX.  Jede  Symmetrieebene  eines  Gitters  hat  die 
Richtung  einer  NelBebene  desselben. 

Es  ist  nun  weiter  zu  untersuchen,  was  für  Symmetrieaxen 
einem  Gitter  überhaupt  eigen  sein  können. 

Nehmen  wir  zu  dieÄm  Zweck  die  durch  0  gehende  Axe  a 
als  n- zählig   an   und   betrachten   (Fig.  31)   irgend   eine  von 


-     284 


0  ausgehende  Translation  2ti  ^^  OA^,  die   nicht   in  a  fallt. 

Durch  wiederholte  Drehung  um  a  mögen  aus  2ri  die  Trans- 
j,.   3j  lationen    2rj,    2r3 . . .  2tn   hervorgehen. 

Da  die  Drehung  um  a  die  Gesammtheit 
der  Translationen  in  sich  überfährt,  so 
sind  2 Tg,  2r8  . . .  Translationen  des  Git- 
ters, ihre  Endpunkte  Ä^,  A^. .  .An  sind 
daher  Gitterpunkte.  Sie  bestimmen,  wenn 
n>2  ist,  eine  Ebene  s,  und  gehören 
dem  in  der  Ebene  e  liegenden  Punkt- 
netz an.  Es  giebt  also,  wenn  n>2  ist, 
eine  zur  Aze  a  senkrechte  Netzebene. 
Ist  n  >»  2,  so  gilt  dasselbe;  denn  da  die 
vorstehenden  Schlüsse   für  jede   von  0 

ausgehende  Translation  gelten,  so  giebt  es  unzählige  zur  Axe  a 

senkrechte  Translationen.   Nun  bilden  die  Punkte  A^,  A^^.-An 

ein  reguläres  n-Eck;  folglich  kann  nach  dem  in  §  2  bewiesenen 

Satz  IV  n  nur  die  Werthe 

2,    3,    4,    6 

haben.     Wir  erhalten  demnach  folgendes  Resultat: 

Lehrsatz   X.     Symmetrieaxen  eines  BaunigiUers   sind  nur 

zweieählig,  dreizählig,  vierzäMig  oder  sechsmhlig. 

Lehrsatz  XI.     Für  jede  Symmebrieaoce   eines   Baumgitters 

giebt  es  Netzebenen,  die  zur  Axe  senkrecht  liegen, 

§  6.  Die  Systeme  primitiver  Translationen  der  sym- 
metrisohen  Gitter.  Für  die  Characteristik  der  symmetrischen 
Raumgitter  benutzen  wir  mit  Vortheil  die  Systeme  primitiver 
Translationen,  resp.  die  zugehörigen  primitiven  Tetraeder  und 
Parallelepipeda.  Sie  können  für  jedes  symmetrische  Gitter 
mehr  oder  minder  regeflmässig  gewählt  werden. 

Wie  aus  §  7  des  vorigen  Capitels  hervorgeht,  ist  die 
Richtung  der  einen  der  drei  Translationen,  welche  zusammen 
ein  primitives  Tripel  bilden  können,  ganz  beliebig.  Die  ein-' 
fachste  Bestimmung,  die  wir  treffen  können,  ist  die,  dass  wir 
die  bezügliche  Translationsrichtung  Init  der  Richtung  einer 
Hauptsymmetrieaxe  des  Gitters  zusammenfallen  lassen.     Diese 


—    285     - 

Translation  möge  von  jetzt  an  durch  27«  bezeichnet  werden. 
Die  beiden  andern  Translationen  27^  und  2r2^  welche  mit  ihr 
ein  primitives  Tripel  bilden  können ^  bestimmen  mit  2tj  je 
eine  Netzebene,  und  für  die  eine  derselben  —  sie  heisse  e^  — 
ist  2r,  und  2ti  ein  primitives  Paar,  für  die  .andere  —  sie 
heisse  Cg  —  2t,  und  2rg.  Die  Translationen  2t:j  und  2^2 
können  noch  mannigfach  variirt^  werden  und  unterliegei^  nur 
der  im  §  11  des  vorigen  Qapitels  angegebenen  Beschränkung. 
Ist  nun  a  eine  geradzahlige  Sjmmetrieaxe,  so  geht  sowohl 
das  in  der  Ebene  c^,  als  auch  das  in  der  Ebene  e^  befindliche 
Netz  durch  Umklappung  um  a  in  sich  über.  Nach  §  3  ist 
daher  jedes  dieser  Netze  entweder  rechtwinklig  oder  rhombisch. 
Im  ersten  Fall  bildet  2tg  mit  einer  zu  ihr  senkrechten  Trans- 
lation ein  primitives  Paar  des  bezüglichen  Netzes;  es  kann 
daher  2t^  senkrecht  zu  2ir,  angenommen  werden.  Dagegen 
bestimmt  für  ein  rhombisches  Netz  die  zu  2r«  senkrechte 
Translation  2r'  des  Netzes  mit  2r,  kein  primitives  Paar,  viel- 
mehr isty  wie  §  3  besagt, 

2ri  =  T,  +  t' 

die  einfachste  Translation,  welche  mit  2irj  zusammen  ein  pri- 
mitives Paar  des  Netzes  darstellt. 

Wir  haben  daher,  je  nach  der  Natur  der  in  s^  und  £, 
liegenden  Netze,  drei  verschiedene  Fälle  zu  unterscheiden. 
Wir  bezeichnen  zu  diesem  Zweck  die  in  den  Ebenen  e^  und 
fj  liegenden,  auf  2t,  senkrechten  primitiven  Translationen 
durch  2Te  und  2t/]  dieselben  stehen  im  Allgemeinen  nicht 
senkrecht  auf  einander.  Sind  nun  beide  Netze  rechtwinklig, 
80  bilden 

1)  2t,  =  2t„     2t2  =  2t/,     2t3  =  2t, 

ein  System  primitiver  Translationen.  Ist  das  Netz  in  der  einen 
Ebene  rechtwinklig,  in  der  andern  rhombisch,  so  stellen 

2)  2ti  =  2t«,     2Tg  =  Tyr  +  r„     2Tg  =  2r. 

ein  primitives  System  dar,  und  wenn  endlich  beide  Netze 
rhombisch  sind,  so  wird  das  primitive  Tripel  von  den  Trans- 
lationen 


—     286     — 


3)  2ri=  r,  4"  i^j;     Ztj  =  r/ -|- t,,     2^3  =  2r, 

gebildet 

Die  den  beiden  letzten  Fällen  entsprechenden  Raumgitter 
sind   nur   scheinbar  von  verschiedenem  Typus.     Um  dies  zu 
j^   j2  zeigen  y  betrachten  wir  das 

dem  dritten  Fall  entspre- 
chende primitive  Tetraeder. 
Wir  zeichnen  es,  in- 
dem wir  (Fig.  32)  von  dem- 
jenigen geraden  Parallel- 
epipedon  ausgehen,  dessen 
Kanten  resp. 

OA  =  2te,    OB  =  2iy, 
00=  2t, 
sind.     Werden   die   Mittel- 
punkte   der    Geraden    BC, 
CA,  AB  resp.  A^,  JB^,  C^  genannt,  so  ist 

daher  ist  OA^B^C  das  gesuchte  Tetraeder.  Gemäss  Satz  XXIV 
des  vorigen  Capitels  stellen  drei  nicht  in  einer  Ebene  liegende 
Kanten  dieses  Tetraeders  ein  primitives  Tripel  dar,  dies  gilt 
also  auch  von 

2ti  =  A^B^,    2ti  =  0A^,    2ri  =  0C. 
Da  nun  AiB^  senkrecht  zu  0(7  ist,  so  sind  diese  drei  Trans- 
lationen von  derselben  Art,  wie  die  unter  2)  genannten;  die 
beiden  zu  2)  und  3)  gehörigen  Kaumgitter  sind  daher  in  der 
That  von  dem  gleichen  Typus. 

Man  kann,  wie  in  §  12  des  letzten  Capitels  gezeigt  wurde, 
das  System  primitiver  Translationen  auf  mannigfache  Weise 
wählen.  Zwei  solche  Tripel  haben  wir  eben  kennen  gelernt; 
zu  ihnen  fügen  wir  einige  andere,  die  von  Wichtigkeit  sind. 
Wir  bestimmen  sie,  indem  wir  uns  gemäss  Satz  XXYI  des 
letzten  Capitels  solche  Tetraeder  suchen,  die  mit  dem  eben 
betrachteten  inhaltsgleich  sind. 

Wir  gehen  zunächst  von  den  Translationen  2)  aus.  F^r 
sie  ist  OAA^C  das  primitive  Tetraeder.     Beachten  wir,  dass 


—    287     — 

die  Ebene  c,  ein  rhombisches  Netz  enthält^  so  folgt,  dass 
Ä^B  eine  Translation  des  Gitters  und  OÄBA^  ein  primitives 
Tetrader  ist  Daher  bilden  OÄ^^  ^i^;  ^^  ^^^  primitives 
Tripel;  die  Werthe  desselben  sind 

4)  2xi  =  r/  +  r,,    2%%  =»  r/  —  r,,     2ts  =  2xe. 

Aus  den  Translationen  3)  lassen  sich  verschiedene  andere 
bemerkenswerthe  Tripel  ableiten.    Zunächst  ergiebt  sich,  dass 

2x^  +  2%^  -  2r3  =  T,  +  r/  =  OC^ 

eine  Translation  des  Gitters  ist  Das  primitive  Tetraeder  ist, 
wie  oben  erwähnt,  OA^B^C,  Der  Inhalt  desselben  beträgt 
den  vierundzwanzigsten  Theil  des  Parallelepipedons  77,  dessen 
Kanten  OÄj  OB,  OC  sind,  folglich  ist  jedes  aus  Translationen 
gebildete  Tetraeder,  dessen  Inhalt  der  vierundzwanzigste  Theil 
von  n  ist,  primitiv.  Ein  derartiges  Tetraeder  ist  erstens 
OAiB^C^]  daher  stellen  die  Translationen  OA^,  OB^,  OC^ 
ein  primitives  Tripel  dar.  Sie  sind  die  halben  Flächendiago- 
nalen des  geraden  Parallelepipedons  77;  ihre  Werthe  sind: 

5)  2rd  =  T/  +  r^,     2ri  =  r, +  re,    2rä^tt  +  tf. 

Ist  Cj  derjenige  Punkt,  für  welchen  OC,  «=  r«  -—  r/  ist, 
so  ist  auch  OB^C^C^  ein  primitives  Tetraeder.  Daher  liefern 
OJBi,  OCi,  OC^  ein  primitives  Tripel.     Setzen  wir  nun 

OCi  =  2r;,     OC,  =  2r;, 
so  ist 

0J5,  =r;  +  r;  +  r,. 

Es  kann  demnach  das  primitive  Translationenpaar  der  Haupt- 
ebene so  gewählt  werden,  dass  —  wir  unterdrücken  jetzt  die 
Aecente  —  die  Translationen 

6)  2r„     2r/,    T,  +  r^  +  T, 

ein  primitives  System  vorstellen.  Wir  bezeichnen  die  letzt- 
genannte Translation  noch  mit  2xr-  Wegen  ihrer  symme- 
trischen Bildungsweise  lässt  sich  die  Eigenart  des  Gitters  auch 
dahin  characterisiren,  dass  irgend  zwei  der  Translationen 

2tgy  2tff  2tg 

in  Verbindung  mit 

2tr  —  T«  +  v  +  r. 


—     288     — 

das  primitive  Tripel  bestimmen.  Es  ist  nicht  schwer,  in  jedem 
Fall  das  bezügliche  Tetraeder  anzugeben. 

Es  ist  schliesslich  auch  AB^C^C^  ein  primitives  Tetraeder, 
also  können  auch  AB^,  -^1^1  und  B^C^  als  primitives  Tripel 
gewählt  werden.  Behalten  wir  die  eben  eingeführte  Bedeutung 
von  2r<j  und  2xf  bei,  so  wird 

7)  C^B,  =  2t;  =  t,  +  t,  —  r/ 

B^A    =  2Xr     ==  Tg  +  T/  —  T., 

80  dass 

2r,'  +  2Tr'  +  2Xr    =  T<,  +  r/  +  r,  =  2Xr 

ist.  Die  drei  Translationen  7)  lassen  sich  auch  folgende rmassen 
durch  Xe^  Xfy  Xz  und  2xr  ausdrücken;  es  ist 

2x1    =2Xf+2T^  —  2Xr 

8)  2t;  =  2r,  +  2t,  —  2rr 
2t;'  =  2t^  +  2t/  —  2Tr, 

woraus  noch  folgt,  dass  irgend  drei  der  vier  Translationen 

2T;<,       2Tr,       2Ty,       2T|' 

ein  primitives  Tripel  darstellen.  Sie  sind  nach  Länge  und 
Richtung  den  vier  halben  Eörperdiagonalen  des  Parallelepi- 
pedons  77  gleich.  Man  erhält  also  auch  dadurch  ein  primi- 
tives Tetraeder,  dass  man  irgend  drei  der  vier  von  0  aus- 
gehenden halben  Diagonalen  der  in  0  zusammenstossenden 
Parallelepipeda  zu  den  drei  Bestimmungskanten  wählt. 

§  7.  Ist  a  eine  dreizählige  Symmetrieaxe  des  Gitters,  so 
haben  wir  die  primitiven  Systeme  wieder  danach  zu  scheiden, 
ob  die  in  den  Ebenen  s^  und  €^  liegenden  Translationen  2rj 
und  2t2  auf  2x,  senkrecht  stehen  oder  nicht.  Steht  2%,  auf 
2t^  und  2Tg  zugleich  senkrecht,  so  ist  das  bezügliche  Netz 
in  beiden  Ebenen  «^  und  s^  rechtwinklig.  Femer  stellen  2ti 
und  2x^  ein  primitives  Paar  für  das  in  der  Hauptebene  € 
liegende  Netz  dar,  und  da  a  eine  dreizählige  Symmetrieaxe 
ist,  so  ist  dieses  Netz  gleichseitig.  Es  bildet  daher  2t«  mit 
irgend  zweien  der  gleich  langen  Translationen  2tj,  2Tg,  2x^, 
für  welche  (Fig.  30)  im  geometrischen  Sinn 


-    289    — 
2ri  +  2rj5  +  2r8  =  0 

ist,  ein  primitives  Tripel.  Qemäss  §  3  erhält  das  betrachtete 
Raumgitter  hierdurch  die  Eigenschaft,  in  der  Axe  a  eine  sechs- 
eiOdige  Axe  zu  besitzen. 

Wenn  2%,  nicht  zugleich  auf  2%^  4ind  2 Tg  senkrecht  steht, 
so  giebt  es  mindestens  eine  Translation  des  primitiven  Tripels, 
welche  mit  a  einen  spitzen  Winkel  Fig.ss. 

bildet;  femer  ist  evident,  dass  ihre  ^ 

Projection  auf  a  kleiner  als  2r,  ist.  ^^ 

Um    sie    zu   bestimmen,   fassen  wir    ^^"^^^ 
diejenige  Translation  dieser  Art  in's    ys. 
Auge,    deren  Projection   auf  a    den     A<:^^v 
kleinsten  Werth  hat^  und  die  überdies         ^>^ 
mit  a  den  kleinsten  Winkel  bildet.   Sie 
heisse  27«;  die  durch  Drehung  um  a 

aus  ihr  hervorgehenden  Translationen  seien  2rm  und  2%^ 
Bilden  wir  nun  (Fig.  33)  dasjenige  Parallelepipedon,  dessen 
Kanten  2r,,  2Tm,  2r«  sind,  so  ist  es  ein  Rhomboeder,  fttr 
welches  a  eine  körperliche  Diagonale  ist,  und  es  ist  in  geo- 
metrischem Sinn 

2r.  +  2r„+2r„  =  2r,, 

wenn  2Tr  die  Länge  der  Diagonale  ist  Da  nun  2r«  die  pri- 
mitive Translation  längs  dieser  Diagonale  ist,  so  muss 

2tr  =  2»IT, 

sein.  Nun  sind  die  Projectionen  von  2rj,  2Tm,  2r«  auf  a  ein- 
ander gleich,  jede  beträgt  daher  den  dritten  Theil  von  2mtg, 
und  es  kann  mithin  m  nur  die  Werthe  1  oder  2  haben.  Es 
ist  aber  schliesslich  auch  der  Werth  m  =  2  auszuschliessen; 
denn  sonst  würde  in  dem  aus  2r,  und  2ti  bestimmten  Dreieck 
OAL  die  dritte  Seite 

LA  =  2tr;  =  2Tr  —  2r, 

eine  Translation  sein,  deren  Projection  auf  a  kleiner  ist  als 
diejenige  von  2ri,  was  gegen  die  obige  Annahme  über  2r4 
verstosst.    Es  ist  also  m  «=  1  und  es  besteht  die  Gleichung 

2r.  +  2r^  +  2T„  =  2T,. 

Sohoenflies,  KrjstftUstraotur.  19 


-     290     --- 

Die  drei  so  bestimmten  Translationen 
Zr«,  2tmf  2r« 
bilden  ein  primitiTes  Tripel;  denn  nach  der  über  2rc  getroffenen 
Festsetzung  kann  der  Endpunkt  keiner  von  0  ausgehenden 
Translation  innerhalb  oder  auf  der  Oberfläche  des  von  ihnen 
gebildeten  Tetraeders  liegen.  Das  durch  2r(,  2ri„;  2r»  be- 
stimmte regelmässige  Ehomboeder  ist  daher  ein  primitives 
Parallelepipedon.  Daher  sind  OAMN,  OANL  und  OALM 
primitive  Tetraeder  und  es  bestimmt  auch  2  t«  mit  irgend 
zweien  der  Translationen  2tty  2tm,  2t«  ein  primitiyes  Tripel. 

Es  leuchtet  übrigens  ein,  dass  die  Axe  a  in  diesem  Fall 
nur  dreizählige  Symmetrieaxe  ist. 

§  8.  Banmgitter  vom  triklinen  nnd  monoklinen  Typus. 
Die  Raumgitter  ohne  Symmetrieaxen  heissen  asymmetrische 
Gitter,  Von  Symmetrieelementen  kommt  ihnen  nur  ein  Syra- 
metriecentrum  zu;  jeder  Gitterpunkt  ist  ein  solches  Centrum. 
Die  ihnen  entsprechende  Symmetriegruppe  ist  die  Gruppe  S^, 
die  der  Holoedrie  des  triklinen  Systems  zugehört.  Kein  primi- 
tives Parallelepipedon  ist  von  symmetrischer  Natur. 

Wir  bezeichnen  die  Raumgitter  als  solche  vom  triklinen 
Typus.  Characterisiren  wir  sie^  wie  bisher,  durch  ihre  Systeme 
primitiver  Translationen,  so  sind  sie  durch 

2*11     2t2,    2rj 
gekennzeichnet,  wo  diese  Translationen  ganz  beliebig  sind. 

Hat  das  Raumgitter  eine  durch  0  gehende  zweizählige 
Hauptaxe  a,  so  kann  die  Axensymmetrie  des  Gitters  entweder 
durch  die  Gruppe  C,  oder  aber  durch  die  Vierergruppe  V  aus- 
gedrückt sein.  Diese  beiden  Fälle  unterscheiden  sich  folgender- 
massen.  Nach  Satz  XI  giebt  es  eine  durch  0  gehende,  auf  a 
senkrechte  Netzebene  des  Gitters.  Ist  das  in  ihr  liegende  Netz 
frei  von  Symmetrieeigenschaften,  so  kann  es  eine  zu  a  senk- 
rechte Symmetrieaxe  nicht  geben,  und  a  ist  die  einzige  Axe 
dieser  Art  Umgekehrt,  wenn  ausser  a  noch  zwei  zu  a  senk- 
rechte Symmetrieaxen  vorhanden  sein  sollen,  so  muss  das  be- 
trachtete Netz  gemäss  §  3  rhombisch  oder  rechtwinklig  sein. 
Damit  sind  die  beiden  Fälle  von  einander  geschieden. 


-     291    — 

Da  der  Punkt  0  ein  Symmetriecentrum  des  Raumgitters 
ist,  so  existirt  zu  jeder  durch  0  gehenden  zweizähligen  Axe 
eine  zu  ihr  senkrechte  Symmetrieebene,  die  gleichfalls  durch 
0  geht.  Für  diejenigen  Raumgitter,  die  nur  eine  zweizahlige 
Axe  durch  0  besitzen,  ist  daher  die  bezügliche  Symmetrie- 
gruppe  die  Gruppe  C*;  sie  entspricht  der  Holoedrie  des  mono- 
Minen  Systems.  Wir  nennen  diese  Raumgitter  diejenigen  vom 
manoklinen  Typus. 

Nach  den  Untersuchungen  von  §  6  giebt  es  zwei  ver- 
schiedene Arten  solcher  Raumgitter.     Das  eine  ist  durch 

characterisirt,  während  das  primitive  Tripel  der  zweiten  Gitter- 
art in  irgend  einer  der  oben  unter  2)  bis  6)  genannten  For- 
men dargestellt  werden  kann.     Also: 

Lehrsatz  Xn.  Es  gid>t  zwei  verschiedene  Baumgitterarten 
vom  monoJclinen  Typus. 

Das  primitive  Tetraeder  der  ersten  Raumgitterart  ist  so 
specialisirt,  dass  zwei  seiner  Grenzdreiecke  rechtwinklig  sind. 
Das  primitive  Parallelepipedon  ist  daher  eine  gerade  rhom- 
loidische  Säule,  d.h.  eine  solche,  deren  Grundfläche  ein  beliebiges 
Parallelogramm  ist  Für  die  zweite  Gattung  von  Raumgittern 
kann  das  primitive  Tetraeder  und  Parallelepipedon  in  ver- 
schiedener Sonderart  angenommen  werden.  Die  einfachsten 
Fälle  lassen  wir  hier  folgen.  Da  die  Translationen  OA  und 
00,  resp.  OB  und  OC  senkrecht  auf  einander  stehen,  so  be- 
stimmen sie  (Fig.  32)  je  ein  Rechteck,  folglich  ist 

OÄ^^BA,^CA^  =  B,C, 
^  OB^  =  CB,  =  AB^  ==  C^A, . 

Jedes  der  drei  primitiven  Tetraeder 

OA^B^C,    OABA,,    OACA, 

ist  daher  durch  den  Besitz  von  gleichschenkligen  Dreiecken 
ausgezeichnet;  das  erste  enthält  deren  zwei,  die  beiden  andern 
nur  je  eines.  Eine  Fläche  des  zugehörigen  Parallelepipedons 
ist  daher  ein  Rhombus.  Zur  Oharacterisirung  dieses  Falles 
benutzen  wir  am  besten  die  Translationen  4),  nämlich 

19* 


-     292    — 


2ri  =  2t«,     2r2  =  1/4-  r,,     2^3  =  T/  —  r,, 

und  betrachten  den  aus  2t2  und  273  gebildeten  Rhombus  als 
Grundflache  von  77.  Die  dritte  Kante  2%^  liegt  schief  gegen 
die  Grundfläche,  77  heisst  deshalb  Minorhombische  Säule.  Wie 
die  Figur  erkennen  lässt,  gehören  ausser  den  Ecken  der  vor- 
stehend genannten  geraden  rhomboidischen  Säule  auch  die 
Mitten  zweier  parallelen  Seitenflächen  derselben  dem  Gitter 
an,  es  lässt  sich  daher  so  beschreiben,  dass  es  atis  geraden 
rhomboidischen  Säulen  besteht ,  in  denen  ein  Paar  gegenüber- 
liegender  Seitenflächen  centrirt  ist. 

Die  Translationen  5)  zeigen ;  dass  das  Raumgitter  auch 
so  aufgefasst  werden  kann,  dass  es  aus  geraden  rhomboidischen 

Raulen  mit  centrirten  Flächen  aufge- 
baut ist«  Wie  die  obigen  Gleichungen 
1)  zeigen,  ist  das  primitive  Tetraeder 
OAj^Bi  Ci  dadurch  ausgezeichnet,  dass 
es  zwei  Paar  gleicher  Gegenkanten 
hat  Wird  das  primitive  Parallelepi- 
pedon  (Fig.  34)  durch 

OA,B,C,aÄRC' 

bezeichnet,  so  ist 

B,C,  =  OA,  =  C^B,    C,A,  =  OB,  =  Ä,C\ 

seine  Eigenart  tritt  demnach  darin  hervor,  dass  die  beiden 
Diagonalflächen,  welche  durch  A^C^  und  B^C^  gehen,  Rhom- 
ben sind. 

Bestimmen  wir  endlich  das  Gitter  durch  die  Translationen 

6)  oder  7),  so  folgt,  dass  es  auch  in  lauter  centrirte  rhomboi- 
dische  Säulen  zerlegt  werden  kann. 

§  9.  Die  BAumgitter  vom  rhombischen  Typns.  Die 
Raumgitter,  deren  Axensymmetrie  durch  die  Vierergruppe  V 
bestimmt  ist,  sind  specielle  Fälle  der  Gitter  vom  monoklinen 
Typus.  Es  wird  sich  herausstellen,  dass  wir  vier  verschiedene 
Gattungen  von  Gittern  antreffen,  und  zwar  diejenigen,  welche 
den  in  §  6  abgeleiteten  primitiven  Tripeln  1),  4),  5),  6)  resp. 

7)  entsprechen. 


-     293     — 

Für  die  Raumgitter  dieser  Art  ist  auch  dasjenige  Netz, 
welches  in  der  zur  Axe  a  senkrechten  Ebene  liegt,  recht- 
winklig oder  rhombisch.  Femer  existirt  in  dem  Gitter  zu 
jeder  der  drei  zweizähligen  Axen  eine  senkrechte  Symmetrie- 
ebene. Die  Gruppe  des  Raumgitters  ist  daher  F*;  sie  ent- 
spricht der  Holoedrie  des  rhombischen  Systems.  Die  bezüglichen 
Gitter  heissen  Baumgitter  vom  rhombischen  Typus. 

Wir  bezeichnen  die  Translationen,  welche  in  die  drei  zu 
einander  senkrechten  Symmetrieaxen  fallen,  resp.  durch 

^^«9       *^'^y9       ^"^»9 

so  können  zunächst  diese  drei  Translationen  selbst  ein  primi- 
tives Tripel  repräsentiren.  Das  zugehörige  Gitter  ist  in  diesem 
Fall  durch 

characterisirt. 

Die  andern  Gitter  vom  rhombischen  Typus  lassen  sich 
in  folgender  Weise  ableiten.  Nach  §  3  ist  jedes  durch  eine 
der  drei  Symmetrieaxen  gehende  Netz  rhombisch  oder  recht- 
winklig. Wir  fassen  irgend  eines  derselben  in's  Auge,  z.  B. 
ein  solches,  welches  durch  die  je? -Axe  geht,  und  nennen  2r' 
diejenige  Translation  dieses  Netzes,  welche  mit  2t,  zusammen 
das  primitive  Paar  bestimmt  Alsdann  muss  2t'  gemäss  §  3 
entweder  auf  2t«  senkrecht  stehen  —  das  Netz  ist  in  diesem 
Fall  rechtwinklig  — -  oder  2t'  enthält  t,  als  Componente. 
Hieraus  folgt,  dass  in  jeder  primitiTcn  Translation  der  Tor- 
liegenden  Gitter,  die  sich  nicht  ganzzahlig  aus  2txf  2Ty,  2  t, 
zusammensetzt,  t^  resp.  ty  resp.  t,  als  Componenten  vor- 
kommen. Dies  lässt  sich  in  folgende  einfache  geometrische 
Form  kleiden,  dass  innerhalb  des  aus  2t«,  2Ty,  2t,  gebildeten 
PardUelq^ipedons  11  nur  die  Flächenmitten  und  die  Mitte  von  11 
selbst  Endpunkte  von  Translationen  sein  können. 

Jede  in  der  Mitte  einer  Fläche  von  11  endigende  Trans- 
lation bedingt  in  der  bezQglichen  Ebene  ein  rhombisches  Netz. 
Demnach  können  wir,  um  die  gesuchten  Gitter  abzuleiten, 
folgendermassen  argumentiren. 

Ist  eines  der  drei  Hauptnetze  rhombisch,  so  sei  es  das 
in  der  a;y-Ebene  liegende;  alsdann  bilden  gemäss  §  3 


—    294     - 

2)  2ri  =  Taf  +  Ty,     2tr2  =  tx  —  Ty,     2r3  =  2r, 

das  primitive  Tripel. 

Sind  ;8ft(;et  Hauptnel^ze^  z«  B.  die  in  den  xg-  und  yg- 
Ebenen  liegenden,  von  rhombischem  Typus,  so  muss,  wie  aus 
den  bezüglichen  Untersuchungen  von  §  6  folgt,  auch  das  dritte 
Netz  rhombisch  sein;  diesem  Fall  entsprechen  die  dort  auf- 
gestellten Translationen  5)^  nämlich 

3)  2u  =  ty  +  x,y     2ir/=r,  +  tra,,     2%^   =tx  +  tyy 

sie  bilden  die  drei  halben  Flächendiagonalen  des  rechtwinkligen 
Parallelepipedons  /7. 

Endlich  ist  noch  der  Fall  zu  erledigen,  dass  zwar  alle 
Hauptnetze  rechtwinklig  sind,  dass  aber  2r«,  2ry,  2tr,  doch 
kein  primitives  Tripel  des  Gitters  vorstellen.  Alsdann  existirt 
die  in  der  Mitte  von  77  endigende  Translation 

4)  2xr  ^Xx+Xy  +  r, 

und  das  Gitter  entspricht  den  in  §  3  unter  6)  und  7)  behan- 
delten Translationen.  Es  bildet  daher  2tr  mit  irgend  zwei 
der  Translationen 

2txj  2ty  y  2T« 

ein  primitives  Tripel.  Zur  Kennzeichnung  des  Gitters  können 
in  mehr  symmetrischer  Weise  auch  die  drei  Translationen 

2t?r     ^  Xy  -p  Xz  —  Xx 

5)  2xr"  ==»  r,  +  Tx  —  Xy 

2Xr"=^Xx  +  Xy^X, 

benutzt  werden.  Die  rhombischen  Netze  liegen  in  den  Diago- 
nalebenen des  Parallelepipedons  77.     Wir  erhalten  also: 

Lehrsatz  XIII.  Es  giebt  vier  verschiedene  Arten  von  Baum- 
gittern  des  rhombischen  Typus. 

Wie  oben  behauptet  wurde,  entsprechen  die  vier  Gitter- 
arten wirklich  den  vier  Tripeln  primitiver  Translationen,  deren 
Existenz  wir  für  die  Gitter  des  monoklinen  Typus  nachgewiesen 
haben.  Es  muss  aber  auffallen,  dass  sich  hier  vier  verschiedene 
Gitterarten  einstellen,  während  wir  für  die  Gitter  des  mono- 
klinen Typus  in  dreien  der  primitiven  Tripel  nur  andere  Dar- 


—    295    — 

Stellungen  einer  und  derselben  Translationsgruppe  zu  erblicken 
haben.  Dies  entspricht  dem  Umstand,  dass  bei  den  Raum- 
gitteni;  die  nur  eine  zweiz'ählige  Axe  haben ,  alle  primitiven 
Translationspaare  der  Hauptebene  gleichberechtigt  sind,  wäh- 
rend dies  für  die  Gitter  vom  rhombischen  Typus  nicht  mehr 
der  Fall  ist.  Für  sie  giebt  es  in  jeder  Hauptebene  zwei 
Translationen,  die  ihrer  Richtung  nach  vor  den  andern  aus- 
gezeichnet sind. 

§  10.  Die  primitiven  Tetraeder  und  Parallelepipeda  sind 
specielle  Fälle  derjenigen;  welche  bei  den  monoklinen  Gittern 
vorkommen.  Ihre  Besonderheit  beruht  darauf,  dass  bei  den 
rhombischen  Gittern  die  Translationen  2^«  und  27^  senkrecht 
auf  einander  stehen. 

Das  primitive  Tetraeder  des  ersten  Raumgitters  ist  durch 
drei  auf  einander  senkrechte  Kanten  gekennzeichnet,  das  pri- 
mitive Parallelepipedon  ist  ein  rechttvinJcliges  Parallelepipedon. 
Wir  bezeichnen  es  wie  bisher  durch  77. 

Das  primitive  Parallelepipedon  des  zweiten  Gitters  ist 
eine  gerade  rhombische  Säule.  Das  Gitter  kann,  wie  in  §  8, 
auch  so  beschrieben  werden,  dass  es  aus  rechtwinkligen  Po- 
rallelepipeden  mit  centrirten  Crrundflächen  besteht. 

Das  dritte  Gitter  hat  die  Besonderheit,  dass  sein  primi- 
tives Tetraeder  drei  Paar  gleicher  Gegenkanten  hat;  jede 
Kante  ist  eine  halbe  Flächendiagonale  von  77.  Lassen  wir 
nämlich  für  den  Augenblick  die  Figur  32  ein  rechtwinkliges 
Parallelepipedon  bedeuten,  so  ist  an  demselben 

Femer  ist  das  gemeinsame  Loth  je  zweier  Gegenkanten  eine 
zweizählige  Symmetrieaxe  des  Tetraeders.  Hieraus  folgt,  dass 
es  derjenige  als  rhombisches  Sphenoid  bezeichnete  Tetraeder  (S.179) 
ist,  uHÜches  die  einfache  Erystallform  der  rhombischen  Hemiedrie 
darstellt  Das  durch  Figur  34  dargestellte  primitive  Parallele- 
pipedon erhält  die  besondere  Eigenschaft,  dass  jede  Diagonal- 
flache  ein  Bhombus  ist.  Das  Gitter  kann  analog  zu  §  8  auch 
dahin  beschrieben  werden,  dass  es  aus  rechtumkligen  Pardttele- 
pipeden  mit  centrirten  Flächen  besteht. 


—    296     - 

Für  das  letzte  Gitter  legen  wir  am  zweckmässigsten  die 
Translationen  5)  des  §  9  zu  Grunde;  es  sind  also  2try  2xr, 
2x7  diejenigen  Translationen,  welche  die  Eanten  des  Pa^allel- 
epipedons  liefern.  Bezeichnen  wir  sie  mit  0A\  OB',  OC,  so  ist 

OA  =0B  =  0C\ 

da  jede  dieser  Geraden  eine  halbe  Eorperdiagonale  von  77  ist. 
Das  primitive  Tetraeder  ist  daher  durch  den  Besitz  von  drei 
gleichschenkligen  Dreiecken  ausgezeichnet.  Alle  Seitenflächen 
des  primitiven  Parallel epipedons  sind  demnach  Rhomben. 
Nun  ist 

2tr  +  2x7  =  2r, 

2Xr'  +  2Xr    =2Xy 

2xr  +  2r;'  =  2t„ 
mithin  sind  2r«,  2xy,  2r«  die  von  0  ausgehenden  Diagonalen 
dieser  Rhomben.    Hierdurch  ist  die  besondere  Art  des  Ehom- 
boeders,  welches  das  primitive  Parallelepipedon  darstellt,  ge- 
kennzeichnet. 

Analog  zu  den  Formulirungen  von  §  8  kann  das  bezüg- 
liche Gitter  auch  dahin  characterisirt  werden,  dass  es  aus 
centrirten  rechtwinkligen  Parallelepipeden  aufgebaut  ist. 

§    11.     Die   BAumgitter   vom    rhomboedrisohen   Typus. 

Gemäss  §  7  existirt  nur  eine  Art  von  Raumgittern  mit  drei- 
zähliger  Hauptaxe.     Das  primitive  Tripel  ist  (Fig.  33) 

2^1  a=  2ri,    2^2  =  2rm,     2r3  «»  2iri,< 

Jede  Ebene,  welche  durch  die  Hauptaxe  und  eine  dieser  drei 
Translationen  geht,  ist  eine  Symmetrieebene  des  Gitters;  in 
der  That  führt  die  zugehörige  Spiegelung  die  in  der  Ebene 
liegende  Translation  in  sich  über,  während  sie  die  andern 
beiden  mit  einander  vertauscht.  Gemäss  §  4  dieses  Capitels 
kommen  dem  Raumgitter  daher  auch  die  drei  zu  den  Sym- 
metrieebenen senkrechten  zweizähligen  Axen  zu.  Die  Axen- 
Symmetrie  des  Gitters  wird  daher  durch  die  Gruppe  Dg  dar- 
gestellt, die  Gesammtsymmetrie  durch  D^^  =  Sß".  Sie  entspricht 
der  Holoedrie  des  rhomboedrisohen  Systems,  resp.  der  Hauptdasse 
der  rhomboedrisohen  Abtheüung  des  hexagonalen  Systems.    Wir 


—     297     - 

bezeichnen   das   Gitter   als   ein   solches    vom    rhomboedrischm 
Typus  und  erhalten: 

Lehrsatz  XIV.  Es  giebt  nur  eine  Art  Baumgitter  vom  rhom- 
boedrischen  Typus. 

Da  27«;  2rm7  2xn  gleich  lang  sind,  so  ist  das  primitive 
Parallelepipedon  ein  Rhomhoeder.  Jede  durch  die  Axe  a 
gehende  Diagonalebene  ist  eine  Symmetrieebene  des  Rhom- 
boeders;  hierdurch  unterscheidet  es  sich  Ton  demjenigen  Rhom- 
boeder,  dem  wir  im  vorigen  Paragraphen  begegnet  sind.  Wir 
bezeichnen  es  als  regdmässiges  Ehomboeder,  Das  primitive 
Tetraeder  einfachster  Art  ist  eine  gerade  reguläre  dreiseitige 
Pyrainide. 

§  12.  Die  Gitter  vom  tetragonalen  Typus.  Die  Gitter 
mit  vierzähliger  Hauptaxe  haben  gemäss  §  5  die  Eigenschaft, 
dass  jede  zur  Axe  senkrechte  Hauptebene  ein  quadratisches 
Netz  enthält.  Wir  bezeichnen  das  primitive  Translationenpaar 
des  Netzes  durch  2ra;  und  2ty'^  beide  Translationen  stehen  auf 
einander  senkrecht  und  sind  gleich  lang.  Es  existiren  daher 
die  drei  Translationen 

die  gesuchten  Gitter  sind  daher  Specialfalle  der  rhombischen 
Gitter. 

Da  ein  Quadrat  gleichzeitig  Rechteck  und  Rhombus  ist, 
so  ist  zu  erwarten,  dass  die  Sonderung  nach  rhombischen, 
resp.  rechtwinkligen  Netzen,  welche  für  die  rhombischen  Gitter 
verschiedene  Typen  ergab,  hier  —  wenigstens  theilweise  — 
zu  gleichen  Gittern  führt.  Dies  ist  in  der  That  der  Fall. 
Wenn  nämlich  in  einem  quadratischen  Netz  auch  jedes  Quadrat- 
centrum dem  Netz  zugefügt  wird,  so  bilden  die  so  definirten 
Punkte  selbst  wieder  ein  quadratisches  Netz.  Die  Seiten  und 
Diagonalen  dieses  Netzes  sind  daher  gleichwerthig.  Dies  be- 
wirkt, dass  die  beiden  ersten  rhombischen  Gitter  auf  dasselbe 
Gitter  der  hier  betrachteten  Art  führen;  die  oben  mit  r,  -+- 1^ 
und  r«  —  ty  bezeichneten  Translationen  werden  nämlich  eben- 
falls zwei  Translationen,  die  wie  2tx  und  2ty  einander  gleich 
sind  und  auf  einander  senkrecht  stehen. 


—    298    — 


Fig.  86. 

c 


Das  Analoge  gilt  für  das  dritte  und  vierte  rhombische 
Gitter.  Dies  lässt  sich  einfach  aus  der  Art  entnehmen,  in 
welcher  wir  die  Translationen  des  vierten 
Gitters  in  §  6  eingeführt  haben,  um 
es  direct  zu  beweisen,  gehen  wir  vom 
vierten  Gitter  aus  und  zeichnen  diejenige 
quadratische  Säule  (Fig.  35),  welche  das 
Gitter  kenntlich  macht    Es  sei 

0^  =  2t„     0JB  =  2ry,     0C=2r„ 
OB  =  Tx  +  Ty  +  tr,. 

Setzen  wir  nun  die  Diagonalen  der  beiden 
in  0£  an  einander  stossenden  Quadrate 


A 

/ 

-'''" 

1 

7 

oc 


2xx, 


oc"  =  2t;, 


so  wird 

OB  =  ri  +  ^y>     OJB  =  ri  +  ^«> 
die  Existenz  dieser  beiden  Translationen  zeigt  aber,  dass  sich 
das  Gitter  in  der  That  auch  als  specielles  rhombisches  Gitter 
dritter  Art  betrachten  lässt. 

Wir  characterisiren  die  beiden  Gitter  am  zweckmässig- 
sten  durch 

JTj    =   TdXxy         2^2    "^   2Ty,  äTj   S=   2Xf 

resp. 

2t?j  =  2t^,     2irg  ^=  2Ty,     2^8  =  Xx  "p  '^y  "r  ^«* 

Da  die  vorliegenden  Gitter  Specialfälle  der  rhombischen 
Gitter  sind,  so  besitzen  sie  jedenfalls  zwei  auf  der  Hauptaxe 
senkrechte  zweizählige  Nebenazen.  Hieraus  folgt,  dass  die 
gesammte  Axensymmetrie  des  Gitters  diejenige  der  Gruppe  D^ 
ist.  Die  Existenz  des  Symmetriecentrums  bedingt,  dass  die 
Gesammtsymmetrie  durch  die  Gruppe  2)/  bestimmt  wird;  sie 
entspricht  der  Holoedrie  des  tetragonalen  Systems.  Bezeichnen 
wir  die  Raumgitter  als  solche  vom  tetragoncUen  Typus,  so  folgt: 

Lehrsatz  XV.  Es  giebt  0wei  Arteii  von  Baumgittem  vom 
tetragondlen  Typus. 

Das  primitive  Parallelepipedon  ist  für  das  erste  Gitter 
eine  gerade  quadratische  Säule.  Betrachten  wir  das  zweite  Gitter 
als  einen  Specialfall  des  dritten  rhombischen  Gitters,  so  erhalt 


-    299    — 

das  primitive  Tetraeder  OA^ByCi  (vgl.  Fig.  32)  ausser  den  in 
§  10  genannten  Besonderheiten  noch  die  weitere  Eigenschaft, 
dass  die  Kanten  OA^  und  OB^  einander  gleich  werden,  und 
dass  OCi  und  Ä^B^  sich  rechtwinklig  kreuzen.     Es  ist  also 

OA^  =  A^C^  =  CiJBi  =  B^O, 
OA^CiBi  ist  daher  ein  gleichseitiges  windschiefes  Viereck, 
und  es  sind  alle  vier  Grenzdreiecke  des  Tetraeders  gleich- 
schenklig. Das  Tetraeder  ist  daher  dasjenige,  welches  oben 
als  tetragonales  Sphenoid  bezeichnet  wurde.  Es  stellt  die  ein- 
fache KrystcUlform  der  sphenoidischen  Hemiedrie  des  tetragondlen 
Systems  dar.  Das  primitive  Parallelepipedon  ist  wieder  da- 
durch ausgezeichnet,  dass  drei  seiner  Diagonalflächen  Rhomben 
sind;  zwei  von  ihnen  werden  sogar  congruent. 

Betrachten  wir  das  Gitter  als  Specialfall  des  vierten  rhom- 
bischen, so  ist  das  primitive  Parallelepipedon  wieder  ein  Ehofn- 
boeder^  zwei  seiner  Rhomben  sind  einander  congruent.  Das 
primitive  Tetraeder  ist  ebenfalls  durch  den  Besitz  von  vier 
gleichschenkligen  Dreiecken  ausgezeichnet,  doch  hat  es  nicht 
die  Symmetrieazen  des  oben  betrachteten. 

Nach  §  10  kann  das  Raumgitter  auch  dahin  definirt 
werden,  dass  es  aus  centrirten  quadratischen  Säulen  aufgebaut  ist. 

§  13.  Die  BAumgitter  vom  hezagonalen  Typus.  Die 
Gitter  mit  sechszähliger  Axe  besitzen  ein  primitives  Tripel, 
welches  ausser  2r«  irgend  zwei  der  gleichlangen  Translationen 
2ri,  2t2,  2t^  enthält,  welche  ein  gleichseitiges  Djreieck  be- 
stimmen und  der  Gleichung 

2ri  -f  2r,  -f-  2r8  —  0 
genügen.  Jede  Gerade,  welche  in  eine  dieser  Translationen 
ßUt  oder  den  Winkel  von  zweien  halbirt,  ist  eine  Symmetrie- 
aze  des  Gitters.  Die  Axensymmetrie  ist  daher  durch  die 
Gruppe  Dg  gekennzeichnet,  die  Gesammtsymmetrie  durch  Dg*. 
Ihr  entspricht  die  Holoedrie  des  hexagonälen  Systems.  Wir  be- 
zeichnen die  Gitter  als  solche  vom  hexagonälen  Typus  und 
erhalten: 

Lehrsatz  XVI.  Es  giebt  nur  eine  Art  Baumgitter  vom  hexa- 
gonälen Typus. 


-     300     - 

Das  primitive '  Parallelepipedon  besteht  aus  zwei  geraden 
dreiseitigen  Prismen,  deren  Grundfläche  ein  reguläres  Dreieck 
ist.  Aus  lauter  solchen  geraden  regulären  dreiseitigen  Prismen 
ist  das  Gitter  zusammengesetzt;  man  sagt  daher,  dass  es  aus 
geraden  regulären  dreiseitigen  Säulen  aufgebaut  ist.  Das  primi- 
tive Tetraeder  ist  eine  dreiseitige  Pyramide  mit  regulärer 
Basis,  deren  eine  Seiteukante  auf  der  Basis  senkrecht  steht. 

§  14.  Die  Gitter  vom  regulären  TypuB.  Die  Axen- 
symmetrie  der  Raumgitter,  welche  mehr  als  eine  n-zähtige 
Hauptaxe  enthalten,  kann  durch  die  Gruppen  T  oder  0  cha- 
racterisirt  sein.  Beachten  wir  aber,  dass  gemäss  den  Unter- 
suchungen von  §  11  die  Existenz  einer  dreizahligen  Axe  a 
auch  die  Existenz  von  Nebenaxen  senkrecht  auf  a  bedingt, 
so  folgt,  dass  die  Gruppe,  welche  die  Axensymmetrie  kenn- 
zeichnet, nur  die  Octaedergruppe  0  sein  kann.  Die  Gesammt- 
symmetrie  des  Gitters  ist  daher  durch  die  Gruppe  0*  gegeben; 
sie  entspricht  der  Holoedrie  des  regulären  Systems.  Die  Gitter 
heissen  solche  vom  regulären  Typus. 

Da  die  Vierergruppe  (vgl.  S.  70)  eine  Untergruppe  der 
Tetraedergruppe  und  Octaedergruppe  ist,  so  muss  jedes  reguläre 
Gitter  auch  alle  diejenigen  Eigenschaften  haben,  welche  den 
Gittern  des  §  9  vom  Symmetriecharacter  F*  eigenthümlich 
sind.  Mit  anderen  Worten,  die  Gitter  des  §  9  gehen  in  be- 
sonderen Fällen  in  reguläre  Gitter  über,  nämlich  dann,  wenn 
ihnen  ausser  den  drei  zweizähligen  Axen  parallel  «r«,  Ty,  r« 
noch  eine  die  Tetraedergruppe  characterisirende  Axe  zu- 
kommt, welche  r^,  ty,  r«  in  einander  überführt;  d.  h.  wenn 
der  Länge  nach 

*35    ■""*    *y    ■  Vg 

isi  Dies  zeigt,  dass  wir  im  Ganzen  drei  verschiedene  Typen 
von  regulären  Gittern  haben.  Das  erste  ist  durch  die  Trans- 
lationen 

definirt;  sein  primitives  Parallelepipedon  ist  ein  Würfel^  das 
primitive  Tetraeder  also  eine  gerade  dreiseitige  Pyramide  mit 
regulärer  Basis  und  einer  rechtwinkligen  Ecke  an  der  Spitze. 


—    301    — 

Das  zweite  Raumgitter  hat  als  System  primitiver  Trans- 
lationen 

2ta  =  ty  -f-  ^*}     2r<i  ^  Ts  -(-  tx}     2Zfji  =  tx  "T"  ty 

Das  primitive  Parallelepipedon  ist  ein  Ehomboeder,  dessen 
Kanten  die  Flächendiagonalen  eines  Würfels  sind,  dessen  eine 
Ecke  also  dieselbe  Natur  besitzt,  wie  die  Ecke  eines  regulären 
Tetraeders.  Das  primitive  Tetraeder  ist  ein  regidäres  Tetraeder. 
Das  Gitter  kann  auch  so  beschrieben  werden,  dass  es  aus 
Würfeln  mit  cerUrirten  SeitenfläcJien  besteht.  Endlich  ist  das 
dritte  Baumgitter  durch  die  Translationen 

2txf   ^Ty,    2tzy    2Tr  =  l^x  "r  ^y  "r  ^* 

resp.  durch  das  Tripel 

2tr    =  ty  -f-  T,  Tx 

ZXr    ^=  '^s  ~T    ^x  ^y 

JuXf     ^^  Vx   "T"   Tm  —   Xg 

characterisirt  Das  primitive  Tetraeder  ist  eine  gerade  drei- 
seitige Pyramide  mit  regulärer  Basis,  deren  Spitze  die. Natur 
der  dreiseitigen  Ecke  eines  Rhombendodekaeders  hat.  Das 
primitive  Parallelepipedon  ist  daher  das  specielle  hierzu  ge- 
hörige Rhomboeder,  Das  Gitter  kann  gemäss  §  10  auch  dahin 
definirt  werden,  dass  es  aus  centrirten  Würfeln  besteht.  Es 
folgt  noch: 

Lehrsatz  XVII.  Es  giebt  drei  verschiedene  Arten  BaumgiUer 
vom  regulären  Typus. 

§  15.  Tabelle  der  Banmgitter.  Bezeichnen  wir  von  nun 
an  eine  beliebige  Translationsgruppe  durch  Ft  und  repräsen- 
tiren  die  besonderen  symmetrischen  Translationsgruppen  durch 

80  dass  dieselben  der  Reihe  nach  den  Gittern  des  monoklinen, 
rhombischen,  rhomboedrischen,  ietragonalen,  hexagonalen  und 
regulären  Typus  entsprechen,  so  lassen  sich  die  sämmtlichen 
Raumgitter  folgendermassen  characterisiren.^) 


1)  Die  Bedentnng  der  Traoslationeo  ist  die  in  §  6  ff.  angegebene. 


—    302    — 
I.   Gitter  Yom  triklinen  Typus. 

Symmetriegruppe:  /S^. 

Eine  Gitterart. 

Gruppe  rV;  2r,,  2rg,  2t^  beliebig.  Aufbau  nach  beliebigen 
Parallelepipeden. 

n.   Gitter  Yom  monoklinen  Typus. 

Symmetriegruppe:  (7/. 
Zwei  Arten  von  Gittern. 

1)  Gruppe  Fm]  2r^,  2r/,  2r,;  Aufbau  nach  rhomboidischen 
Säulen. 

2)  Gruppe  Fm]  2r«,  r/  +  r,,  t/  —  r,,  oder  2td,  2rrf,  2ri', 
oder  auch  2tr,  2xrj  2tr\  Aufbau  nach  klinorhombischen 
Säulen,  resp.  nach  centrirten  rhomboidischen  Säulen^  oder  auch 
nach  rhomboidischen  Säulen  mit  centrirten  Flächen. 

nL  Gitter  Tom  rhombischen  Typus. 

Symmetriegruppe:   F*. 
Vier  Arten  von  Gittern. 

1)  Gruppe  ri:  2%^,  2ty,  2r,.  Aufbau  nach  rechtwinkligen 
Parallelepipeden. 

2)  Gruppe  IV:  t^  +  ty,  tx  —  tr^,  2ri.  Aufbau  nach  ge- 
raden rhombischen  Säulen. 

3)  Gruppe  T/:  2rd,  2rd,  2^.  Aufbau  nach  Parallelepi- 
peden mit  rhombischen  Diagonalflächen;  resp.  nach  recht- 
winkligen Parallelepipeden  mit  centrirten  Flächen. 

4)  Gruppe  A'":  2vr,  2xr,  2xr\  Aufbau  nach  Rhomboedem, 
resp.  nach  centrirten  rechtwinkligen  Parallelepipeden. 

IT.   Gitter  vom  rhomboedrischen  Typus. 
Symmetriegruppe:  Dg^. 

Eine  Gitterart. 

Gruppe  Frh'  2%^,  2r„,  2r„.  Aufbau  nach  regelmässigen 
Rhomboedem. 


—    303     - 

Y.   Gitter  yom  tetragonalen  Typus. 

Symmetriegruppe:  D/. 

Zwei  Arten  von  Gittern. 

1)  Gruppe  Fgi  2rx,  2ry,  2r,.  Aufbau  nach  quadratischen 
Säulen. 

2)  Gruppe  Fqi  2xxy  2ty,  2tr,  resp.  2rrf,  2ri,  2rd,  oder 
auch  2rrf  2tr,  2zr\  Aufbau  nach  centrirten  quadratischen 
Säulen  oder  nach  Rhomboedern  mit  zwei  gleichen  Diagonal- 
flächen. 

YI.  Gitter  Tom  hexagonalen  Typus. 

Symmetriegruppe:  B^. 

Eine  Art  von  Gittern. 

Gruppe  Fa;  2x^,  2t^,  2r3,  2r^.  Aufbau  nach  regulären 
dreiseitigen  Säulen. 

Yn.   Gitter  Tom  regulären  Typus. 

Symmetriegruppe:  0\ 

Drei  Arten  von  Gittern. 

1)  Gruppe  Te;  2r-p,  2ry,  2r,.     Aufbau  nach  Würfeln. 

2)  Gruppe  T/;  2xdy  2td,  2xd.  Aufbau  nach  Rhomboedern 
vom  Typus  der  regulären  Tetraeder,  resp.  nach  Würfeln  mit 
centrirten  Flächen. 

3)  Gruppe  Tc";  2^,,  2ry,  2rs,  2tr,  resp.  2rr,  2xry  2x7. 
Aufbau  nach  regelmässigen  Rhomboedern  vom  Typus  der 
Rhombendodekaederecken,  resp.  nach  centrirten  Würfeln. 

Die  erste  Untersuchung  über  die  Sjmmetrieverhältnisse  der 
Raumgitter  stammt  von  Frankenheim. ^)  Sie  leidet  jedoch  an 
einem  Yersehen;  Frankenheim  hatte  nicht  erkannt,  dass  die 
in  §  6  aufgestellten  Gitter  2)  und  3)  des  monoklinen  Typus  als 
identisch  zu  betrachten  sind.  Die  erste  fehlerfreie  Ableitung  aller 
symmetrischen  Kaumgitter  ist  von  Bravais   in  ebenso  eleganter 


1)  Die  Lehre  von  der  Cohäsion,  Brealan  1835,  S.  311  und  312,  sowie 
System  der  Crystalle,  Nova  Acta  Acad.  Leopold.    1842,  Bd.  29,  S.  483. 


—     304     -• 

wie  einfacher  Darstellung  gegeben  worden.^)  Später  hat  Sohncke 
dasselbe  in  mehr  krjstallographischer  Richtung  durchgeführt;  den 
Ausgangspunkt  seiner  Darstellung  bildet  die  regelmässige  Anordnung 
der  Gitterpunkte.^)  Endlich  sind  einige  zahlentheoretische  Arbeiten 
zu  nennen,  welche  sich  mit  der  Symmetrie  der  Baumgitter  be- 
schäftigen, nämlich  die  Untersuchungen  von  Dirichlet^)  und 
Selling*)  über  temäre  quadratische  Formen.  Die  Verbindung  der 
Theorie  der  Formen  mit  der  Theorie  der  Gitter  führt  auf  einen 
zuerst  von  Gaufs  ausgesprochenen  Gedanken  zurück.^) 


1)  Memoire  sur  las  systämes  form^s  par  des  points  etc.    Joum.  de 
räcole  polyt   Bd.  19.    Heft  83.   Paris  1860.   S.  1. 

2)  Die  Qmppirang  der  Molecflle  ia  den  Erystallen,  Pogg.  Ann.  d. 
Phy8.   Bd.  132.    S.  76.    1867. 

3)  üeber  die  Beduction  der  positiven  quadratischen  Formen,  Journ. 
f.  d.  Math,  von  Grelle,  Bd.  40.    S.  209. 

4)  Des   formes    binaires   et   iernaires,   Joum.  de  math.  t.  Liouv. 
Serie  III,  Bd.  3.   S.  21.    1877. 

6)  Derselbe  wurde  von  Gaals  in  der  Becension  eines  Buches  von 
Seeber  ansgesprochen.    Vgl.  Jonm.  f.  Math.  v.  Grelle,  Bd.  20.   S.  318. 


'     Viertes  Capitel. 
Die  Brayais'sche  Theorie. 

§  1.  Die  Molekelgitter.  Wie  das  vorstellende  Capitel 
zeigt,  zerfallen  die  Raumgitter  rücksichtlich  der  Symmetrie  in 
sieben  Abtheilungen^  welche  den  sieben  an  der  Hand  der  Er- 
fahrung aufgestellten  Krystallsystemen  entsprechen,  und  zwar 
so,  dass  die  Symmetrie  des  Gitters  mit  der  Symmetrie  der 
Holoedrie  des  bezüglichen  Erystallsystems  identisch  ist.  Dies 
ist  diejenige  Thatsache,  an  welche  die  Bravais'sche  Theorie 
anknüpft  Von  ihr  ausgehend  gelangt  man  leicht  zur  Con- 
ception  der  bereits  S.  241  erwähnten  Hypothese,  dass  ein 
KrystcM  aus  lauter  congruenfen  und  gleichartigen  Molekeln  he- 
stAt^  welche  gitterartig  im  Baume  vertheilt  sind.  Mit  ihr  und 
ihren  Consequenzen  werden  wir  uns  in  diesem  Capitel  be- 
schäftigen; im  besondem  wird  die  Frage  zu  erledigen  sein^ 
ob  resp.  wie  sich  auf  Grund  dieser  Hypothese  für  die  Erystalle 
der  sämmtlichen  32  Classen  ein  Molekelhaufen  angeben  lässt, 
welcher^  kurz  gesprochen,  dieselbe  Symmetrie  aufweist,  wie 
der  Erystall  selbst. 

Zu  diesem  Zweck  geben  wir  zunächst  eine  genauere  Be- 
stimmung der  Natur  resp.  der  Entstehung  eines  Bravais'schen 
Molekelhaufens.  Wie  im  zweiten  Capitel  §  7  dieses  Abschnittes 
erörtert  worden  ist,  entspricht  jedem  Raumgitter  eine  be- 
stimmte Translationsgruppe,  und  zwar  kann  das  Raumgitter 
gemäss  Satz  XV  des  genannten  Capitels  dadurch  gebildet 
werden,  dass  man  die  sämmtlichen  Translationen  der  bezüg- 
lichen Gruppe  von  einem  und  demselben  Punkt  0  nach  Länge 
und  Richtung  abträgt^  oder^  anders  gesprochen,  dass  man  den 
Punkt  0  den  sämmtlichen  Translationen   der  Gruppe   unter- 

Sohoenfliei,  KrjttAllstraotnr.  20 


-     306    — 

wirft.  Im  Anschluss  hieran  stellen  wir  nun  folgende  De- 
finition auf: 

Erklärung:  Unter  einem  MoleJcelgitter  verstehen  wir 
denjenigen  unbegrenzten  MolehelJumfen,  welcher  entsteht,  wenn  eine 
beliebige  Molekel  den  sämmtlichen  Translationen  einer  Trans- 
lationsgruppe  unterworfen  wird. 

Ausdrücklich  sei  bemerkt,  dass  wir  über  Form  und  Qua- 
lität der  Molekel  zunächst  keinerlei  Annahme  machen;  nur 
setzen  wir  sie,  wie  sich  von  selbst  versteht,  so  klein  voraus, 
dass  zwei  benachbarte  Molekeln  sich  nicht  gegenseitig  durch- 
dringen. Im  Gegensatz  zu  den  Molekelhaufen  werden  wir 
von  nun  an  ein  Gitter,  welches  aus  einem  Punkt  mittelst 
aller  Translationen  einer  Gruppe  abgeleitet  ist,  meist  ein 
Punktgitter  nennen,  und  zwar  immer  dann,  wenn  es  auf  den 
Gegensatz  gegenüber  dem  Molekelgitter  ankommt. 

Aus  der  obigen  Definition  fliessen  unmittelbar  nach- 
stehende Folgerungen: 

Lehrsatz  I.  Alle  Molekeln  eines  Molekelgitters  befinden  sich 
in  paralleler  Lage.  Man  sagt  auch^  dass  sie  pqraUel  orien- 
tirt  sind. 

Lehrsatz  IL  Ein  Molekelgitter  geht  durch  jede  Translation 
der  zugehörigen  Translationsgruppe  in  sich  über. 

§  2.  Homogene  Natur  der  Molekelgitter.  Es  sei  ii  die 
Ausgangsmolekel,  mit  welcher  das  Gitter  gebildet  ist.  Wir 
fixiren  in  ihr  einen  beliebigen  Punkt  P  und  denken  uns  in 
den  andern  Molekeln  /*',  n'\  ft'"  .  .  .  die  analogen  Punkte 
P',  P",  P'" . . .,  so  ist  evident,  dass,  welches  auch  der  Punkt 
P  sein  mag,  alle  Punkte  P,  P%  P",  P"'  ...  in  ihrer  Lage 
zum  gesammten  Molekelgitter  geometrisch,  also  auch  physi- 
kalisch gleichwertig  sind.  Ist  ferner  g  eine  beliebige  unbe- 
grenzt zu  denkende  Gerade,  welche  das  Molekelgitter  in  irgend 
einer  Weise  durchsetzt,  also  beispielsweise  durch  den  Punkt  P 
geht,  und  ist  g'  eine  zweite  Gerade,  welche  aus  g  durch  irgend 
eine  Translation  2r  der  Gruppe  Ft  hervorgeht,  so  hat  das 
Molekelgitter  zu  g  dieselbe  Lage,  wie  zu  g',  denn  die  Trans- 
lation führt,  wenn  g  in  g'  übergeht,  das  Molekelgitter  in  sich 
selbst  über.  Dies  gilt  für  alle  Geraden,  in  welche  g  vermittelst 


-    307     - 

der  Translationen  der  Gruppe  übergeht.  Es  sind  daher  für  die 
Punkte  P,  P',  P"  .  .  .  und  die  Geraden  g^  g'y  /' .  . .  diejenigen 
allgemeinen  Bedingungen  erfüllt,  welche  gemäss  Cap.  I;  6  in 
erster  Linie  noth wendig  sind,  damit  ein  Molekelhaufen  einen 
homogenen  Erystall  zu  repräsentiren  vermag. 

§  3.  Symmetrieoharaoter  der  Molekelgitter.  Zur  Her- 
stellung eines  Molekelgitters  wird  nur  die  Ausgangsmolekel  ft 
und  die  Translationsgruppe  F^  benutzt;  die  Symmetrie  des 
Gitters  kann  daher  nur  von  der  Symmetrie  der  Gruppe  und 
der  Symmetrie  der  Molekel  abhängen.  Wie  wir  in  Cap.  I,  8 
dieses  Abschnittes  erörtert  haben,  tritt  sie  in  den  Deckopera- 
tionen zu  Tage,  welche  das  Molekelgitter  in  sich  überführen. 
Dies  wollen  wir  nunmehr  genauer  untersuchen. 

Die  Molekeln,  mit  denen  wir  im  Folgenden  zu  operiren 
haben,  sind  für  alle  mit  wirklicher  Symmetrie  begabten  Mo- 
lekelgitter selbst  symmetrischer  Art,  sie  haben  daher  die 
Natur  eines  symmetrischen  Polyeders.  Ein  symmetrisches 
Polyeder  hat  stets  einen  Mittelpunkt,  durch  welchen  alle  Axen 
und  Ebenen  der  Symmetrie  hindurchgehen.  Diesen  Punkt  der 
Molekel  fi  bezeichnen  wir  durch  M  und  stellen  uns  vor,  dass 
die  Erzeugung  des  Mol  ekel gitters  in  der  Weise  vor  sich  geht, 
dass  der  Punkt  M  der  Ausgangsmolekel  mit  dem  Punkt  0 
coincidirt,  von  welchem  alle  Translationen  ausgehen.  Alsdann 
können  wir  uns  ein  Molekelgitter  auch  dadurch  entstanden 
denken,  dass  wir  an  jeden  Punkt  eines  Punktgitters  dieselbe 
Molekel  f»  einsetzen,  und  zwar  so,  dass  der  Mittelpunkt  M 
der  Molekel  in  den  Gitterpunkt  fällt  und  alle  Molekeln  pa- 
rallele Lage  haben.  Nun  hatten  wir  (Cap.  III,  1)  gesehen,  dass 
ein  Raumgitter  gegen  alle  seine  Punkte  dieselbe  Symmetrie 
besitzt.  Das  Analoge  gilt  daher  auch  für  das  Molekelgitter, 
und  es  folgt: 

Lehrsatz  HI,  Die  Symmetrie  eines  Molekelgitters  ist  durch 
sein  geometrisches  Verhalten  gegen  eine  helidnge  Molekel  ^  resp, 
ihren  Mittelpunkt  bestimmt. 

Wir  haben  demnach  nur  solche  Deckoperationen  resp. 
Symmetrieverhältnisse  des  Gitters  in's  Auge  zu  fassen,  welche 

20* 


~    308    - 

eine  Moleliiel  in  sich  selbst  überfähren.  Hierüber  leiten  wir 
zunächst  einige  Hilfssätze  ab. 

Lehrsatz  IV.  Die  Symmetrie  eines  MoleMgitters  ist  nie- 
mals höher  als  die  Symmetrie  des  gugehSrigen  Baumgitters. 

Um  diesen  Satz  zu  erhärten,  beweisen  wir  seine  Richtig- 
keit für  diejenigen  Molekelgitter,  welche  mit  den  Molekeln 
höchster  Symmetrie  gebildet  sind.  Eine  solche  Molekel  ist 
eine  homogene  Engel;  sie  ist  ein  nach  allen  Richtungen  iso- 
troper Korper.  Andrerseits  hat  aber  der  geometrische  Punkt 
ebenfalls  die  Symmetrie  einer  homogenen  Kugely  es  hat  daher 
das  Eugelgitter  dieselbe  Symmetrie,  wie  das  entsprechende 
Punktgitter;  und  damit  ist  die  Richtigkeit  des  obigen  Satzes 
nachgewiesen. 

§  4.  Dagegen  kann  die  Symmetrie  eines  Molekelgitters 
sehr  wohl  niedriger  sein  als  die  Symmetrie  des  zugehörigen 
Punktgitters.  Die  hierauf  bezügliche  Frage  erledigt  sich  ganz 
allgemein  in  folgender  Weise. 

Es  sei  Gp  diejenige  Gruppe  von  Operationen,  welche  die 
Symmetrie  des  Punktgitters  gegen  den  Punkt  M  kennzeichnet 
Sie  ist  eine  der  sieben  Gruppen,  welche  den  Holoedrieen  der 
sieben  Erystallsysteme  entsprechen.  Ferner  sei  6r^  die  analoge 
Gruppe  für  die  Molekel  /ti.  Jeder  Symmetrieeigenschaft  des 
Molekelgitters  in  Bezug  auf  den  Punkt  M  entspricht  eine  ge- 
wisse Deckoperation  desselben.  Ist  S  eine  solche  Deckoperation, 
so  muss  sie  sowohl  das  Raumgitter,  als  die  Molekel  M  in 
sich  überfuhren;  und  daraus  folgt  zunächst,  dass  die  Sym- 
metrieeigenschaften des  Molekelgitters  gegen  den  Punkt  M 
keine  andern  sein  können,  als  diejenigen,  welche  den  Gruppen 
Gp  und  Gfi  gemeinsam  sind. 

Wir  haben  bisher  über  die  Lage  der  Molekel  (i  zum 
Raumgitter  keinerlei  Voraussetzungen  gemacht.  Diese  Lage 
ist  jedoch  nicht  beliebig.  Wenn  nämlich  eine  durch  den 
Gitterpunkt  0  gehende  n-zählige  Symmetrieaxe  a  eines  Raum- 
gitters auch  n-zählige  Symmetrieaxe  für  das  mit  der  Molekel 
fi  daraus  gebildete  Molekelgitter  bleiben  soll,  so  muss,  wie 
ans  dem  Vorstehenden  folgt,  die  Molekel  fi  nicht  allein  eine 
n-zählige  Symmetrieaxe  besitzen,  sondern  diese  Symmetrieaxe  muss 


—     309    — 

auch  mit  der  Axe  a  zummmenfallen.  Diese  Bedingung  ist  noüi- 
wendig  und  hinreichend.  Das  Analoge  gilt  für  Symmetrieebenen. 

Von  gemeinsamen  Symmetrieeigenschaften  der  Gruppen 
Gp  und  Oiij  welche  die  Symmetrie  des  Molekelhaufens  be- 
stimmen,  kann  also  nur  dann  die  Rede  sein,  wenn  die  bezüg- 
lichen Axen-  resp.  Ebenenrichtungen  sich  decken.  Wir  setzen 
ausdrücklich  fest,  dass  wir  diese  Bedingung  für  das  Folgende 
immer  als  erfüllt  betrachten,  so  dass  wir  unter  den  gemein- 
samen Symmetrieeigenschaften  von  Gp  und  G^^  nur  die  eben 
genannten  verstehen.  Nun  bildet  die  Oesammtheit  dieser 
Symmetrieeigenschaften  natürlich  eine  Gruppe;  andrerseits  ist 
diese  Gruppe  sicher  eine  Untergruppe  von  Gp  und  (r^,  wenn, 
wie  üblich^),  unter  der  höchsten  in  irgend  einer  Gruppe  G 
enthaltenen  Untergruppe  die  Gruppe  selbst  verstanden  wird; 
also  folgt  schliesslich: 

Lehrsatz  V.  Ist  Gp  die  Symmeiriegruppe  eines  PunJctgitters, 
Gf,  diejenige  der  Molekel  /*,  so  wird  die  Symmetrie  des  Molekel- 
gittere  durch  die  grösste  gemeinsame  Untergruppe  von  Gp  und  G/^ 
repräsentirt. 

Hierin  liegt  gleichzeitig  ein  neuer  Beweis  des  vorher- 
gehenden Satzes;  denn  da  die  Symmetrie  des  Molekelgitters 
stets  Untergruppe  von  Gp  ist,  so  kann  sie  höchstens  Gp  selbst 
sein.  Ebenso  folgt  nun,  dass  die  Symmetrie  des  Molekelgitters 
nicht  höher  sein  kann,  als  die  Symmetrie  der  Gruppe  (?^;  d.  h. 

Lehrsatz  VI.  Die  Symmetrie  eines  Molekelgitters  ist  niemals 
hoheTj  als  die  Symmetrie  der  Molekel. 

Bilden  wir  beispielsweise  ein  Molekelgitter  dadurch,  dass 
wir  an  jeden  Punkt  eines  aus  Würfein  bestehenden  Gitters 
eine  unsymmetrische  Molekel  /i  einfügen,  so  hat  dieser  Molekel- 
haufen keinerlei  geometrische  Symmetrie,  obwohl  das  Gitter 
dem  regulären  Typus  angehört.  Dies  lässt  sich  auch  in  der 
Weise  leicht  in  Evidenz  setzen,  dass  wir  den  Molekelhaufen 
selbst  in^s  Auge  fassen  und  die  von  demselben  Punkt  0  aus- 
gehenden gleichwerthigen  Richtungen  zu  bestimmen  suchen. 
Sind  nun  g  und  g^  irgend  zwei  von  0  ausgehende  Richtungen, 


1)  DaB8  dies  zulässig  ist,  ist  evident. 


—    310    — 

zu  welchen  das  Punktgitter  die  gleiche  Lage  hat,  so  sind  sie 
doch  im  Molekelhaufen  nicht  als  gleichwerthig  zu  betrachten. 
Denn  da  die  Molekel  unsymmetrisch  ist,  so  durchsetzen  g  und 
g^  die  Molekel  [i  in  verschiedener  Weise;  sie  haben  daher  zu 
jeder  Molekel,  also  auch  zu  dem  von  ihnen  gebildeten  Molekel- 
haufen yerschiedene  Lage.  Demnach  wird  der  Molekelhaufen 
längs  g  und  g^  verschiedenes  physikalisches  Verhalten  zeigen 
und  kann  daher  nur  einen  symmetrielosen  Erystall,  d.  h.  einen 
des  triklinen  Systems   repräsentiren.     (Vgl.  Cap.  XIII,  21  ff.) 

Wir,  werden  von  nun  an  die  Symmetriegruppe  des  Mo- 
lekelgitters, da  sie  die  Symmetrie  des  bezüglichen  Ejrystalles 
repräsentirt,  durch  Gk  bezeichnen, 

§  5.  Darstellung  der  Bravais'schen  Gittertheorie.  Hier- 
mit sind  die  vorbereitenden  Betrachtungen  erledigt  Um  aus 
ihnen  die  Bravais'sche  Theorie  zu  folgern,  stellen  wir  die- 
jenigen früher  bewiesenen  Hauptsätze,  welche  für  diesen  Zweck 
in  Frage  kommen,  erst  kurz  zusammen.  Erstens  ist  zu  be- 
achten, dass  die  sieben  Typen  von  Baumgittern  rücksichtlich 
ihrer  Symmetrie  genau  den  Holoedrieen  der  erfahrungsgemäss 
aufgestellten  sieben  Erystallsysteme  entsprechen.  Zweitens 
werde  daran  erinnert^  dass  (vgl.  Cap.  VI  des  ersten  Abschnitts) 
für  jedes  Erystallsystem  die  Symmetrie  einer  Unterabtheilung 
durch  eine  Untergruppe  derjenigen  Hauptgruppe  bestimmt  ist^ 
welche  der  Holoedrie  zugehört  Drittens  giebt  es  für  jede 
Krystallclasse  unendlich  viele  Polyeder,  welche  denselben 
Symmetriecharacter  besitzen,  wie  die  Krystallclasse  selbst 
Um  nun  ein  Molekelgitter  zu  construiren,  dessen  Symmetrie 
mit  derjenigen  einer  bestimmten  Krystallclasse  K  aus  dem 
Krystallsystem  S  übereinstimmt,  verfahrt  man  folgendermassen: 
Mau  denkt  sich  ein  Raumgitter,  dessen  Symmetrie  dem  Kry- 
stallsystem S  entspricht,  und  fügt  die  Molekeln  fi,  deren  Sym- 
metrie mit  derjenigen  der  Krystallclasse  K  identisch  ist,  so 
in  das  Gitter  ein,  dass  für  jeden  Gitterpunkt  alle  Symmetrie- 
azen  und  Symmetrieebenen  der  Molekel  (i  mit  den  gleich- 
artigen Symmetrieelementen  des  Raumgitters  coincidiren ; 
alsdann  hat  nach  dem  oben  bewiesenen  Lehrsatz  V  das 
Molekelgitter,  wie  erforderlich  und  hinreichend  ist^  gegen  jedes 


-     311     - 

Molekelcentram  genau  diejenige  Symmetrie,  welche  der  Erystall- 
classe  K  entspricht  Denn  da  in  diesem  Fall  die  Gruppe  Gp 
die  Gruppe  der  Holoedrie  des  Erystallsystems  S  imd  6r^  die 
Gruppe  der  bezüglichen  Meroedrie  ist,  so  ist  die  grösste  ge- 
meinsame Untergruppe  von  Gp  und  Gf^  in  der  That  G^  selbst. 

Dies  gilt  für  jede  der  32  Erystallclassen.  Also  erhalten 
wir  folgenden  Satz,  welcher  die  Bra?ais'sche  Theorie  enthält. 

Hauptsatz.  Für  jede  der  32  ErystcUklassen  lassen  sich 
MoWkdgiUer  construiren,  deren  Symmetrie  genau  der  Symmetrie 
der  Krystallclasse  gleich  ist  Dies  kann  für  jede  Unterabtheilung 
der  sid)en  gewöhnlichen  Krystallsysteme  übereinstimmend  in  der 
Weise  geschehen,  dass  das  Gitter  die  Symmetrie  des  KrystaU- 
Systems  y  und  die  Molekel  die  Symmetrie  der  bezüglichen  Unter- 
abtheüung  besitzt. 

Einige  Beispiele  mögen  zur  Erläuterung  dieses  Satzes 
dienen.  Handelt  es  sich  um  die  Tetartoedrie  des  regulären 
Systems,  so  benutzt  man  eines  der  drei  Raumgitter  von  regu- 
lärem Typus;  als  Molekel  fi  nimmt  man  ein  Polyeder,  das  die 
Symmetrie  der  Gruppe  T  hat.  Hierzu  eignet  sich  an  erster 
Stelle  immer  die  bezügliche  einfache  Ery  stallform,  in  diesem 
Fall  also  ein  tetraedrisches  Pentagondodekaeder,  und  dies  ist 
so  in  das  Gitter  einzufügen,  dass  seine  dreizähligen  und  zwei- 
zähligen  Axen  mit  den  dreizähligen  resp.  zweizähligen  Axen 
des  Gitters  coincidiren. 

Handelt  es  sich  zweitens  um  die  Holoedrie  des  hexago- 
nalen  Systems,  so  hat  man  das  aus  lauter  regulären  drei- 
seitigen Säulen  aufgebaute  Gitter  zu  benutzen  und  in  jeden 
Gitterpunkt  ein  Polyeder  der  Classe  D^*,  also  z.  B.  eine  di- 
hexagouale  Pyramide  so  einzufügen,  dass  ihre  Axen  mit  den 
Symmetrieaxen  des  Gitters  zusammenfallen. 

Soll  man  endlich  einen  Molekelhaufen  construiren,  welcher 
die  sphenoidische  Tetartoedrie  des  tetragonalen  Systems  dar- 
zustellen vermag,  so  wählt  man  eines  der  beiden  Gitter  mit 
quadratischem  Typus  und  fügt  in  jeden  Gitterpunkt  eine  Mo- 
lekel ein,  deren  Symmetrie  der  Gruppe  S^  entspricht,  also 
z.  B.  dasjenige  Tetraeder,  dessen  Gegenkanten  gleich  lang  sind 
und  von  dem  sich  überdies  ein  Paar  rechtwinklig  kreuzt.    Die 


—     312     — 

gememsame  Normale  dieser  beiden  Kanten  ist  die  Symmetrie- 
axe  des  Tetraeders;  sie  muss  mit  der  vierzähligen  Axe  des 
Gitter»  zusammenfallen. 

§  6.  Mit  dem  vorstehenden  Hauptsatz  ist  bewiesen,  dass 
för  jede  Erystallclasse  Molekelgitter  der  bezüglichen  Sym- 
metrie gebildet  werden  können.  Es  ist  aber  auch  umgekehrt 
zu  sagen,  dass  jedes  Molekelgitter,  das  sich  ergiebt,  wenn  wir 
ein  Punktgitter  mit  einer  Molekel  f*  von  beliebiger  Form  und 
Qualität y  d.  i.  von  beliebiger  Symmetrie  combiniren,  stets  die 
Symmetrie  einer  der  32  Krystallclassen  zeigen  muss.  Näm- 
lich, welches  auch  immer  die  Symmetriegruppe  (?^  der  Molekel 
fi  sein  möge,  so  ist  die  Symmetriegruppe  Gt  des  Molekel- 
gitters in  allen  Fällen  eine  Untergruppe  von  Gp^  wenn  Gp 
wieder  die  Symmetriegruppe  des  Raumgitters  ist.  Nun  ent- 
spricht die  Gruppe  Gp  stets  der  Holoedrie  eines  der  sieben 
Erystallsysteme ;  andrerseits  enthalten  alle  diese  Erystall- 
systeme  nur  zweizählige,  dreizählige,  vierzählige  und  sechs- 
zählige  Symmetrieaxen,  also  können  in  den  sämmtlichen  Unter-  • 
gruppen  derselben  ebenfalls  nur  derartige  Axen  auftreten. 
Jede  dieser  Untergruppen  ist  daher  mit  der  Gruppe  einer  der 
32  Krystallclassen  identisch.  Welche  Molekel  wir  also  auch 
zur  Construction  eines  Molekelgitters  benutzen  mögen,  so  hat 
das  Molekelgitter  niemals  eine  andere  Symmetrie  als  eine 
solche,  die  krystallographisch  möglich  ist.  Diese  Folge- 
rung hat  einen  Inhalt,  der  den  des  obigen  Satzes  bedeutend 
übertriiSFfc. 

Die  vorstehende  Auseinandersetzung  war  deshalb  nothig, 
weil  wir  bei  der  Ableitung  der  32  Krystallclassen  in  Cap,  VI, 
19  des  ersten  Abschnittes  nur  gewisse  Untergruppen  eines 
jeden  Krystallsystems  berücksichtigt  haben,  während  hier  ihre 
sämmtlichen  Untergruppen  in  Frage  stehen.^)  Sie  zeigt,  dass 
sich  eine  Grenze  für  den  Symmetriecharacter  der  Molekel  fi 
bei  der  vorstehenden  Betrachtung  nicht  herausstellt;  es  würde 
also  theoretisch  nichts  hindern,  der  Molekel  (i  auch  solche 
Symmetrie  aufzuprägen,  welche  krystallographisch  nicht  existirt, 


1)  Vgl.  abrigeoB  auch  die  SchluBsbemerkong  yon  Gap.  VI,  18. 


—    313    — 

also  n-z&hlige  Axen^  wenn  n  einen  andern  Werth  hat  als  2, 
Sy  4,  6.  Ob  solche  Molekelgitter  för  die  Erklärung  der  Natur- 
erscheinungen benutzbar  oder  gar  nöthig  sind,  ist  eine  andere 
Frage y  auf  die  wir  nachher  noch  kurz  zu  sprechen  kommen; 
hier  schien  es  aber  wichtig,  auf  die  geometrische  Möglichkeit 
derselben  hinzuweisen.    Wir  erhalten  demgemäss  folgenden 

Lehrsatz  YII.  BücksichÜich  der  Symmetrie  gerfällen  die 
sämmtlichen  Molekelgitter,  welches  auch  die  Symmetriegrtippen  Gp 
und  Gfi  des  Gitters  resp.  der  Moldcd  sein  mögen,  in  diyenigen 
32  Glossen,  welche  den  32  KrystallcUissen  entsprechen. 

Hiermit  ist  gezeigt,  dass  die  Bravais'sche  Structurtheorie, 
einzig  und  allein  auf  die  Hypothese  über  den  gitterartigen 
Aufbau  der  Erystallmasse  gestützt,  den  deductiven  Nachweis 
gestattet,  dass  jede  Krystallsymmetrie  einer  der  genannten 
32  Classen  entspricht.  Im  hesondem  ergiebt  sich  der  ursprüng- 
lich aus  der  Erfahrung  stammende  Satz  von  den  rationalen  In- 
dices,  d.  h.  der  Säte,  dass  Symmetrieaxen  nur  zwei-,  drei-,  vier- 
oder  sechsjsählig  sein  können,  als  eine  nothwendige  Folgerung  der 
ursprünglichen  Hypothese,  er  ist  eine  unmittelbare  Consequenz 
des  Satzes,  dass  den  Raumgittern  nur  die  eben  genannten 
Symmetrieaxen  eigenthümlich  sind. 

Die  Brav ais' sehe  Gittertheorie  ist  aus  denjenigen  Vor- 
stellungen erwachsen,  welche  von  Hauy  über  die  Structur  der 
Krystalle  ausgesprochen  worden  sind.^)  Die  fundamentale  An- 
schauung, von  der  Hauy  ausging,  besteht  darin,  den  Erystall 
in  Elementartheilchen  zu  zerlegen,  welche  sich,  wenn  mög- 
lich, lückenlos  aneinanderschliessen  und  die  individuelle  Ein- 
heit des  Aufbaues  darstellen.  Die  Art,  in  welcher  dies  statt- 
finden sollte,  kommt  von  unserm  heutigen  Standpunkte  aus 
gesprochen  darauf  hinaus,  die  Schwerpunkte  der  Elementar- 
theilchen raumgitterartig  anzunehmen.  Er  nannte  dieselben 
molecules  intSgrantes  oder  molecules  soustractives,  je  nachdem 
es  ihm  zweckmässig  schien,  ihnen  diejenige  Form  zu  geben, 
welche  dem  Fundaraentalparallelepiped  des  Gitters  entspricht 


1)    Vgl.  z.  B.   Essai  d'ane  thäoiie  aar  la  atructure  des  Gristanx. 
PariB  1784.    Die  erste  Pnblication  stammt  aus  1781. 


-     314    — 

oder  nicht  Die  Grenzflächen  der  molecules  integrantes  sind 
identisch  mit  den  Ebenen  des  Raumgitters. 

Die  ThatsachC;  dass  die  Hauy'sche  Theorie  die  gitter- 
artige Anordnung  der  Erystallbausteine  voraussetzt,  wurde  in 
präciser  Form  zuerst  von  Delafosse  ausgesprochen.  Er  ge- 
langte zu  ihr  in  Verfolg  von  Speculationen,  welche  bezweckten, 
die  auf  Grund  Yon  mehr  geometrischen  Conceptionen  ein- 
geführten Elemeutartheilchen  Hauy's  durch  die  eigentlichen 
physicalischen  Molekeln  zu  ersetzen.^)  In  Delafosse  haben 
wir  daher  den  eigentlichen  Begründer  der  Gittertheorie  zu 
erblicken.  Nichts  desto  weniger  ist  es  recht  und  billig,  dass 
die  Theorie  den  Namen  von  Bravais  trägt;  denn  Brayais 
ist  derjenige,  welcher  zum  ersten  Mal  den  Nachweis  geführt 
hat,  dass  die  Raumgitterstructuren  gerade  durch  diejenigen 
Symmetrieverhältnisse  ausgezeichnet  sind,  welche  sich  bei  den 
Erystallen  vorfinden.  Erst  hierdurch  gewinnt  die  Dela- 
fosse'sche  Anschauung  die  Bedeutung  einer  wohlbegründeten 
Theorie.*) 

Man  findet  die  Bravai^'sche  Theorie  vielfach  so  dar- 
gestellt, dass  nur  bei  denjenigen  Molekelhaufen,  welche  die 
hemiedrischen  und  tetartoedrischen  Erystalle  vorstellen  sollen, 
die  Molekelform  in  Frage  kommt/)  Diese  Ausdrucksweise  ist 
jedoch  nicht  correct;  aus  den  vorstehenden  Erörterungen  geht 
zur  Genüge  hervor,  dass  die  Molekel  sowohl  für  die  Holo- 
edrieen  als  auch  für  die  Meroedrieen  bestimmten  Symmetrie- 
bedingungen genügen  muss.  Für  die  Holoedrieen  ist  diejenige 
Symmetrie  erforderlich,  welche  dem  Gitter  selbst  eigen  ist, 
daher  ist  es  zulässig,  die  holoedrische  Molekel  durch  den 
Gitterpunkt  selbst  zu  repräsentiren.  Der  Molekel  der  Mero- 
edrieen dagegen  kommt  nur  ein  Theil  der  Gittersymmetrie  zu. 


1)  Recberches  sur  la  CriBtallisation,  M^moires  präseDt^s  par  divers 
savante  ^  Tacad.  roy.   Paris  1S43.    Bd.  S.    8.  649  ff. 

2)  Memoire  sur  les  Byst^meB  form^s  par  des  points  etc.  Journ.  de 
Y6cole  polyt.    Bd.  19.    Heft  83.    S.  1  ff.    Paris  1850. 

8)  Vgl.  z.  B.  Sobncke,  Theorie  der  Erystallstractur,  S.  22,  sowie 
die  Abhandlang :  Die  GruppiruDg  der  MolecQle  .  in  den  Erystallen, 
Poggend.  Ann.  d.  Phys.    Bd.  182.   S.  76, 


-     315    — 

für  sie  ist  daher  eine  punctuelle  Darstellung  der  Molekel  nicht 
zulässig.  Der  Punkt  hat  nämlich  als  geometrisches  Gebilde 
die  höchste  Symmetrie,  die  es  giebt;  er  verhält  sich,  wie  wir 
oben  erwähnten,  wie  eine  isotrope  Kugel,  er  erftillt  daher 
stets  die  Bedingung,  die  Symmetrie  der  holoedrischen  Molekel 
zu  besitzen. 

Diese  Thatsache  ist  die  Veranlassung  zu  mancherlei  Miss- 
verstandnissen und  schiefen  Ausdrucksweisen  gewesen.  Indem 
man  nämlich  vielfach,  um  die  geometrischen  Betrachtungen 
zu  vereinfachen,  die  Molekel  durch  ihren  Schwerpunkt  er- 
setzte, wurde  damit  stillschweigend  die  Symmetrie  der  Molekel 
in  bestimmter  Weise  beeinflusst.  Dies  Verfahren  ist  nicht 
immer  ohne  fehlerhafte  Consequenzen  geblieben.  Einerseits 
hat  es  dazu  geführt,  die  Erkenntniss  der  Einheitlichkeit  der 
Bravais'schen  Theorie  zu  verhindern,  andrerseits  haben  sich 
aber  dadurch  auch  irrige  Vorstellungen  über  die  krystallo- 
graphische  Interpretation  derjenigen  geometrischen  Punkt- 
gebilde ausgebildet,  welche  zur  Veranschaulichung  der  Erystall- 
Symmetrie  construirt  worden  sind.  Wir  kommen  hierauf  in 
Cap.  XIII  noch  einmal  zurück. 

§  7.  Die  variabeln  Parameter  der  Molekelgitter.  Das 
Molekelgitter,  welches  die  Masse  eines  dein  System  S  ange- 
horigen  Krystalles  K  von  der  Symmetrie  6*  repräsentiren  soll, 
ist  so  construirt  worden,  dass  wir  ein  Raumgitter  vom  Typus 
des  Erystallsystems  mit  einer  Molekel  fi  combinirteu,  deren 
Symmetrie  derjenigen  Unterabtheilung  des  Systems  S  ent- 
spricht, welcher  der  Krystall  K  angehört.  Variabel,  resp.  von 
unserm  Ermessen  abhängig  ist  in  manchen  Fällen  einerseits 
die  Wahl  des  Raumgitters,  in  allen  Fällen  aber  die  Wahl  der 
Molekel;  denn  symmetrische  Polyeder  der  Gruppe  Gt  giebt  es 
unzählig  viele.  Wir  können  aber,  wie  aus  dem  vorstehenden 
Paragraphen  folgt,  den  für  den  Krystall  K  characteristischen 
Molekelhaufen  auch  so  modificiren,  dass  wir  entweder  die 
Symmetrie  Gp  des  Gitters  oder  die  Symmetrie  (r^  der  Molekel 
erhöhen,  selbstverständlich  unter  der  Bedingung,  dass  nicht 
etwa  die  gemeinsame  Symmetrie  Gk  gleichzeitig  eine  Erhöhung 
erföhrt.    Wir  können  beispielsweise,  um  einen  Molekelhaufen 


-     316     - 

vom  Character  eioes  triklinen  Krystalls  herzustellen;  ein  sym- 
metrisches Raumgitter  mit  einer  unsymmetrischen ^  resp.  nur 
mit  centrischer  Symmetrie  behafteten  Molekel  verbinden  (vgl. 
das  oben  S.  309  erörterte  Beispiel),  und  ebenso  können  wir, 
um  einen  Erystall  des  rhombischen  Systems  zu  bilden,  ein 
Gitter  des  quadratischen  oder  regulären  Typus  benutzen,  wenn 
nur  die  Symmetrie  (r^  der  Molekel  einer  Classe  des  rhom- 
bischen Systems  entspricht.  Endlich  können  wir  aber  auch 
einen  Molekelhaufen^  dessen  Structur  mit  der  Erystallstructur 
des  triklinen  Systems  übereinstimmt,  dadurch  erzeugen,  dass 
wir  in  ein  triklines  Gitter  eine  Molekel  hoher  Symmetrie,  oder 
gar  eine  kugelförmige  isotrope  Molekel  setzen,  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Diese  Auseinandersetzungen  haben  zunächst  nur  geo- 
metrischen Werth;  ob  ihnen  auch  in  physikalischer  Beziehung 
eine  practische  Bedeutung  beizumessen  ist,  ist  eine  andere 
Frage.  In  Bezug  hierauf  erinnern  wir  daran,  dass  die  Structur- 
theorieen  allerdings  in  erster  Linie  nur  die  Symmetrie  der 
Ery  stalle  erklären  sollen,  dass  sie  aber  auch,  sofern  sie  den 
Anspruch  einer  wissenschaftlichen  Theorie  erheben,  für  die 
Erkenntniss  aller  Naturvorgänge  mit  Erfolg  benutzbar  sein 
müssen.  Hierzu  wird  es  im  Allgemeinen  weiterer  besonderer 
Annahmen  über  die  Molekelqualität  bedürfen.  Gemäss  dem- 
jenigen, was  wir  S.  248  auseinandergesetzt  haben,  ist  es  daher 
nöthig;  dass  wir  den  Spielraum  kennen  lehren^  innerhalb  dessen 
sich  alle  überhaupt  zulässigen  Hypothesen  zu  bewegen  haben. 

Wir  haben  zu  diesem  Behuf  auf  die  Frage  einzugehen, 
welches  die  Variabilität  ist,  die  uns  bezüglich  Molekel  und 
Gitter  zur  Verfügung  steht.  Für  die  Molekel  kommen  Form 
und  Qualität  in  Frage.  Die  Form  der  Molekel  unterliegt  nur 
dem  Symmetriegesetz,  im  übrigen  kann  sie  mannigfach  variirt 
werden.  Jedes  Polyeder,  jeder  Eörper,  jeder  Atomcomplex, 
welcher  die  der  Molekel  eigenthümliche  Symmetrie  besitzt, 
kann  zum  Aufbau  des  Molekelhaufens  benutzt  werden;  unter 
den  oben  genannten  Bedingungen  ist  sogar  die  Symmetrie 
selbst  der  Veränderung  resp.  der  Steigerung  fähig.  Die  eigent- 
liche physikalische  und  chemische  Qualität  bleibt  gänzlich 
unbestimmt;  sie  unterliegt  nur  der  einen  Beschränkung,  dass 


-    317    -- 

auch  sie  das  der  Molekel  eigenthümliche  Symmetriegesetz  zu 
befolgen  hat. 

Wie  in  §  4  ausfübrlich  erörtert  worden  ist,  steht  auch 
fQr  die  Wahl  des  Gitters  ein  gewisser  Spielraum  zur  Ver- 
fügung. Die  Eigenart  des  Gitters  wird  sich  der  Natur  der 
Sache  nach  in  den  geometrischen  Eigenschaften  der  Erystall- 
substanz  documentiren,  wie  z.  B.  in  der  Bevorzugung  von 
gewissen  Grenzebenen  bei  der  Ausbildung  des  Erystalles,  in 
den  Spaltungsflächen  y  bei  den  Aetzfiguren  und  ähnlichen  Er- 
scheinungen.^) Nun  zeigen  bekanntlich  einige  Erystalle  von 
niederer  Symmetrie  Flächenbildungen,  die  sie  scheinbar  in  ein 
Krystallsystem  höherer  Symmetrie  zu  yerweisen  scheinen;  es 
liegt  daher  nahe,  von  solchen  Ery  stallgestalten,  den  soge- 
nannten Grenzformm,  anzunehmen,  dass  für  sie  die  oben  in 
§  6  gemachten  theoretischen  Auseinandersetzungen  wirklich 
eine  practische  Bedeutung  haben,  so  dass  fQr  ihren  Aufbau 
ein  Gitter  höherer  Symmetrie  mit  einer  Molekel  niederer  Sym- 
metrie zur  Verwendung  gelangt.*) 

§  8.  Die  BravaiB'sohe  Grenzbedingxtng.  Endlich  soll 
noch  auf  eine  letzte  theoretische  Frage  hingewiesen  werden, 
die  sich  im  Bereich  der  Structurtheorie  erhebt ,  Nämlich,  es 
bedarf  augenscheinlich  noch  der  (Jntersuchung,  ob  die  Molekel- 
gitter, wie  wir  sie  im  Vorstehenden  auseinandergesetzt  haben, 
auch  wirklich  mechanisch  möglich  sind,  d.  h.  ob  sie  ein  im 
mechanischen  Gleichgewicht  befindliches  System  von  Molekeln 
repräsentiren.  Diese  Frage  dürfte  für  einen  Molekelhaufen 
Yon  unbegrenzter  Ausdehnung,  also  auch  für  das  Innere  eines 
Erystalles  unbedingt  zu  bejahen  sein.  Sie  specialisirt  sich 
aber  weiter  dahin,  welches  der  Einfluss  ist,  den  die  Molekel- 
qualität bei  der  Entstehung  der  Erystallsubstanz  auf  die  Art 
des  Gitters  ausübt. 

Dass  die  Anordnung  der  Molekeln  durch  die  Molekel- 
natur bestimmt  wird,  so  dass  die  Anordnung  eine  nothwendige 


1)   Vgl.  z.  B.  die  Sohncke*8che  AbhandluDg  „über   Spaltimgs- 
fl&cheo  und  Datürliche  Erystallfläclien*',  Zeiisch.  f.  Eryjst.  Bd.  13.  S.  214  ff. 
2}  Vgl.  Sohncke,  Theorie  der  Krystallstrnctor,  S.  194  ff. 


-    318    - 

Folge  der  Molekelqualität  ist^  ist  selbstverständlich.  Eine  offene 
Frage  aber  ist  es,  ob  Molekeln  von'  gewisser  Symmetrie  etwa 
immer  oder  doch  unter  gewissen  Bedingungen  auch  ein  Gitter 
Yon  der  gleichen,  resp.  ähnlichen  Symmetrie  nach  sich  ziehen, 
u.  s.  w.  n.  s.  w.  Es  liegt  nicht  in  der  Absicht  dieser  Schrift, 
diese  Fragen  einer  genaueren  theoretischen  Betrachtung  zn 
unterwerfen.  Dagegen  scheint  es  geboten,  auf  einige  mit  ihnen 
zusammenhängende  Punkte  hinzuweisen,  die  in  der  letzten  Zeit 
Gegenstand  der  Controversen  gewesen  sind.  Dies  empfiehlt 
sich  um  so  mehr,  als  auf  diesem  Gebiet  theilweise  eine  Diffe- 
renz der  Meinungen,  ja  sogar  vielfach  eine  Unklarheit  der 
Begriffe  hervorgetreten  ist,  welche  in  einer  exacten  Wissen- 
schaft nicht  Platz  greifen  sollte. 

Bravais  hat  in  derjenigen  Schrift,  welche  seine  Structur- 
theorie  enthält,  sich  auf  den  Standpunkt  gestellt,  dass  die 
Symmetrie  der  Molekel  im  Allgemeinen  die  Symmetrie  des 
Gitters  mechanisch  bedingt.^)  Hierzu  scheint  ihn  in  erster 
Linie  die  Thatsache  bewogen  zu  haben,  dass  diese  Anschauung 
im  Allgemeinen  den  natürlichen  Verhältnissen  entspricht.  Es 
giebt  in  der  That  in  der  Natur  nur  wenige  Ausnahmefalle, 
in  welchen  ein  Erystall  von  niederer  Symmetrie  die  Winkel 
und  Flächen  der  Krystalle  höherer  Symmetrie  darbietet.  Er 
wies  nun  geometrisch  nach,  dass  die  Symmetrie  des  Molekel- 
haufens niemals  höher  ist,  als  die  Symmetrie  der  Molekel 
selbst,  und  fragte  sich,  wie  die  eben  genannte  Thatsache  aus 
der  Molekelqualität  erklärt  werden  könne.  Indem  er,  der 
üblichen  Vorstellungsart  entsprechend,  die  Unterabtheilungen 
der  Krystallsysteme  dadurch  definirte,  dass  er  der  holoedrischen 
Form  gewisse  Symmetrieelemente  entzog,  gelangte  er  dazu, 
eine  Grenze  zu  statuiren,  unter  welche  die  Symmetrie  einer 
Molekel  im  Allgemeinen  nicht  sinkt^  wenn  mit  ihr  ein  Krystall 
eines  bestimmten  Systems  zu  bilden  ist.  Man  pflegt  dem- 
gemäss  von  der  Bravais'schen  Grevuibedingung  zu  sprechen.  In 
wie  fern  die  Frage  der  Grenzformen  hiermit  in  Zusammenhang 


1)   iStudes   criatallographiques.    Journ.    de   Täcole   polyt.    Bd.  20. 
Heft  34.   Paris  1861.    8.  201  ff. 


—    319    — 

gebracht  werden  kauii;  haben  wir  im  vorstehenden  Paragraphen 
bereits  gesehen*^) 

In  nenerer  Zeit  ist  —  jedoch  keineswegs  im  Sinne  von 
Bravais  —  der  Versuch  gemacht  worden,  die  genannte  Gren^ 
bedingnng  für  die  Systematik  der  Kry stalle  zu  yerwerthen. 
Hierzu  scheint  im  besondern  das  auch  von  Bravais  befolgte, 
den  Mineralogen  geläufige  Verfahren  Veranlassung  gegeben 
zu  haben,  die  Unterabtheilungen  durch  Reduction  der  holo- 
edrischen Symmetrie  zu  gewinnen.  Welches  Verfahren  man 
aber  auch  befolgen  mag,  das  Resultat  muss  immer  dasselbe 
sein,  es  kann  unmöglich  von  der  Methode  abhängen.  Führt 
eine  Methode  zu  andern  als  den  32  Erystallclassen,  so  kann 
das  Versehen  entweder  in  der  Ableitung  oder  im  Ausgangs- 
punkt begründet  sein;  im  letzteren  Fall,  und  dieser  trifft  hier 
zu,  kann  das  abweichende  Resultat  nur  durch  eine  abweichende 
Deutung  derjenigen  Begriffe  zu  erklären  sein,  welche  der 
Systematik  zu  Grunde  liegen.  Hierauf  soll  noch  etwas  genauer 
eingegangen  werden. 

Soll  die  Berechtigung,  resp.  die  Anwendbarkeit  einer 
Theorie  nachgewiesen  werden,  so  ist,  wie  oben  in  §  5  ge- 
schehen, zu  zeigen,  dass  sie  auch  ihrerseits  zu  der  deductiv 
gewonnenen  Eintheilung  der  Erystalle  nach  der  Symmetrie 
fährt.  Dem  gegenüber  haben  sich  die  genannten  Autoren  auf 
den  Standpunkt  gestellt,  umgekehrt  von  der  Bravais'schen 
Structurhypothese  aus  eine  Systematik  der  Erystalle  zu  ge- 
winnen. Allerdings  sollte  die  so  gewonnene  Systematik  sich 
mit  der  im  ersten  Abschnitt  aufgestellten  decken.  Man  ist 
jedoch  zu  Consequenzen  gelangt^  die  hiervon  abweichen.') 

Die  oben  genannten  Autoren  halten  nämlich  Erystall- 
classen  für  möglich,  welche  sich  unter  den  32  Glassen,  die 
wir  im  ersten  Abschnitt  abgeleitet  haben,  nicht  vorfinden. 
Beispielsweise  ist  von  einer  Tetartoedrie  im  rhombischen  und 

1)  Ist  die  Bravais'sclie  Ansicht  richtig,  so  würde  den  Aofifahrungen 
von  f  6  eine  wesentliche  Bedeutung  nicht  mehr  zukommen. 

2)  Vgl.  ».  B.  die  Arbeiten  von  Wulff  in  der  Zeitschr.  f.  Kry  st., 
Bd.  18  ff.,  sowie  Blas  ins,  Heber  die  Beziehungen  zwischen  den  Theo- 
rieen  der  Eiystalhtructor,  Ber.  d.  Akad.  Mdncheu,  1889.   S.  47. 


—    320    — 

monoklinen  System  die  Rede;  die  letztere  ist  darch  Fehlen 
aller  Symmetrieeigenschaften  characterisirt;  ihr  wird  der  Zucker 
zugerechnet  So  lange  man  aber  den  Worten  ihren  üblichen 
Werth  belässt,  muss  man  einen  Erystall,  der  keinerlei  Sym- 
metrieeigenschaf t«n  mehr  besitzt ^  dem  triklinen  System  zu- 
rechnen; eine  Krystallclasse^  der  alle  Symmetrieelemente  fehlen, 
kann  rüdcsichüich  ihres  Symmetriecharacters  von  der  triklinen 
Hemiedrie  nicht  verschieden  sein. 

Es  fragt  sich,  wie  die  Ansicht  von  Blasius  und  Wulffs) 
zu  erklären  ist.  Wir  haben  im  Vorstehenden  die  Erystalle 
ausschliesslich  nach  den  Symmetrieeigeuschaften  classificirt 
Dies  entspricht  dem  bisher  allgemein  adoptirten  Verfahren, 
es  ist  überdies  in  dem  physikalischeu  Verhalten  der  Krystall- 
substanz  wohlbegründet.  Ebenso  evident  ist  es  aber,  dass  man 
die  Erystalle  auch  nach  andern  Gesichtspunkten  sondern  resp. 
zusammenfassen  kann.  Dies  ist  es,  toas  von  Wulff  und  BUzsius 
geschehen  ist.^)  Ihre  Ansicht  läuft  darauf  hinaus,  dass  für  das 
System,  dem  ein  Erystall  angehört,  einzig  und  allein  das 
Raumgitter  massgebend  sein  soll,  nach  welchem  die  Erystall- 
molekeln  im  Raum  angeordnet  sind.^)  Beispielsweise  wird 
demgemäss  der  in  §  4  erwähnte  Molekelhaufen,  welcher  mit- 
telst einer  symmetrielosen  Molekel  und  eines  regulären  Raum- 
gitters gebildet  ist,  dem  regulären  System  zugerechnet.  Giebt 
man  dem  hier  zu  Tage  tretenden  Gedanken  Raum,  so  lassen 
sich  innerhalb  des  regulären  Systems  noch  so  viele  verschie- 
dene Unterabtheilungen  annehmen,  als  es  Erystallclassen  im 
tetragonalen,  rhombischen,  monoklinen  und  triklinen  System 
giebt.  Jede  der  zugehörigen  Symmetriegruppen  ist  nämlich 
in  der  holoedrischen  Gruppe  des  regulären  Systems  enthalten, 
es  lassen  sich  daher  mit  einem  regulären  Gitter  und  den  be- 
züglichen Molekeln  alle  diejenigen  Molekelhaufen  bilden,  welche 
den  bezüglichen  Unterabtheilungen  entsprechen.  Die  Eintheilung 
nach  der  Symmetrie  ist  <iber  damit  verlassen.  Der  Symmetrie- 
character  der  vorstehend  skizzirten  Molekelgitter  bestimmt  sich 

1)  Vgl.  Wulf f,  a.  a.  0.   Bd.  14.   S.  662.    Blagius,  a.  a.  0.   8. 68  ff 

2)  Vgl.  auch  die  AnmerkuDg  zu  Cap.  XIII  dieses  Abschnitts. 

3)  Blasias,  a.  a.  0.   S.  60. 


—    321     - 

nämlich  in  allen  Fällen  nach  Lehrsatz  V,  wir  würden  daher 
innerhalb  des  regulären  Systems,  was  die  Symmetrieverhält- 
nisse angeht,  auch  solche  Unterabtheilungen  antreffen,  welche 
den  Erystallclassen  des  tetragonalen,  rhombischen,  monoklinen 
nnd  triklinen  Systems  entsprechen.  Werden  daher,  was  bisher 
von  keiner  Seite  aufgegeben  worden  ist,  die  Symmetrieverhält- 
nisse  für  die  Systematik  zu  Grunde  gelegt,  so  muss  man  sich 
auf  die  32  Classen  ohne  alle  Uebergänge  beschränken;  jeder 
andere  Standpunkt  bedeutet  einen  Bruch  mit  dem  bisher  all- 
gemein und  ausschliesslich  adoptirten  Eintheilungsprincip.  Ob 
sich  dies  empfiehlt,  ob  also  die  Eintheilung  nach  der  Raum- 
gitterstructur  den  Vorzug  verdient,  ist  eine  andere  Frage, 
deren  Entscheidung  dem  Ermessen  des  Erystallographen  über- 
lassen bleiben  muss.  Nur  eine  Bemerkung  hierüber  lassen  wir 
folgen.  Wird  die  Raumgitterstructur  für  die  Eintheilung  zu 
Grunde  gelegt,  so  kehrt  man  damit  —  wenn  auch  von  einem 
tiefer  liegenden  Ausgangspunkt  —  zu  der  einseitigen  Bevor- 
zugung der  geometrischen  Verhältnisse  der  Erystallgestalten 
zurück,  die  früher  —  wenigstens  bei  den  deutschen  Autoren^) 
—  vielfach  anzutreffen  war.  Um  so  mehr  entfernt  man  sich 
also  von  der  physikalischen  Denkweise*,  ein  solcher  Schritt 
würde  daher  einen  Fortschritt  nicht  bedeuten  können.  Umge- 
kehrt wird  man  vielmehr  nicht  fehl  gehen,  in  der  eben  er- 
örterten Bevorzugung  der  Raumgitter  eine  letzte  Wirkung 
der  geometrischen  Auffassungen  und  Formulirungen  zu  er- 
blicken, welche  früher  die  Systematik  beherrschten,  aber 
wegen  der  stärkeren  Betonung  der  physikalischen  Gesichts- 
punkte in  letzter  Zeit  mehr  und  mehr  verlassen  worden  sind.^) 
§  9.  Znaammenhang  zwischen  der  Bravais^schen  Gitter- 
theorie und  den  andern  Btmoturtheorieen.  Unter  den  vielen 
Bestimmungsmoglichkeiten  der  Molekelnatur  ist  diejenige  von 
besonderem  Interesse,  welche  die  Molekel  fi  in  ein  Aggregat 

1)  Die  französischen  Autoren  haben  sich  schon  frflh  auf  den  rein 
physikalischen  Standpunkt  gestellt,  wesentlich  in  Folge  des  Eingehens 
auf  die  molecnlare  Stnictnr  der  Eiystallmasse.  Man  vgl.  z.  B.  die  Ans- 
fQhrnngen  von  Delafosse,  a.  a.  0.   S.  658  ff. 

2)  Vgl.  die  Einleitung,  S.  5. 

Schoenfliei,  KrjitaUstrnotur.  21 


—    322    — 

kleinerer,  von  einander  getrennter  Bestandtheile  zerlegt.*)  Wir 
wollen  diese  Bestandtheile  Theilmolekeln  nennen  und  sie  zum 
Unterschied  von  der  Molekel  ^  durch 

bezeichnen.  Ihre  Lagerung  gehorcht  dem  für  die  Molekel 
characteristischen  Symmetriegesetz.  Ist  daher  Gf^  wieder  die 
bezügliche  Molekelgruppe,  so  fuhrt  jede  Operation  von  G^x  die 
Theilmolekeln  in  einander  über,  ihre  Anzahl  stimmt  überdies 
gemäss  den  Entwickelungen  von  Cap.  VII,  IV  des  ersten  Ab- 
schnittes (S.  154)  mit  der  Zahl  der  Operationen  von  G^  über- 
ein. Das  Molekelgitter  erscheint  bei  dieser  Auslassung  so 
gebildet,  dass  um  jeden  Punkt  des  bezüglichen  Punktgitters 
der  nämliche  Complex  von  kleineren  Theilmolekeln  gleicher 
Art  in  symmetrischer  Weise  gelagert  ist.  Jede  Deckoperation 
führt  das  Molekelgitter  so  in  sich  über,  dass  jeder  dieser 
Molekelcomplexe  mit  einem  andern  von  ihnen  zur  Deckung 
gelangt. 

Die  hiermit  geschilderte  Auffassung  des  Molekelgitters, 
welche  getreu  der  bisherigen  Anschauungsweise  entspricht, 
ist  nicht  die  einzige,  welche  möglich  ist.  Im  Gegentheil,  wir 
werden  sofort  den  Nachweis  erbringen,  dass  noch  eine  zweite 
Auffassung  des  aus  den  Theilmolekeln  gebildeten  Molekel- 
haufens zulässig  erscheint;  gerade  sie  ist  es,  welche  auf  natür- 


1)  Dies  entspricht  yollsiändig  den  Ansichten  Bravais".  Man  ver- 
gleiche besonders  folgende  Stelle  der  ^tndes  cristallographiques,  S.  204. 
A  la  Y^ritä,  on  pent  objecter,  qae  la  difficnlt^  d'expliqner  IMtat  sym^- 
triqne  des  Assemblages  cristallinB  est  simplement- recul^e,  et  qa^il  reste 
ä  faire  voir  ponrqnoi  If  poly^dre  mol^culaire  est  symätriqne.  La  thäorie 
atomiqne  foumit  une  r^ponse  tonte  prete  ä.  cette  derni^re  demande,  es 
nons  montrant  chaque  mol^cnle  d'un  corps  comme  compos^e  d'un  nombre 
fini  d^atomes  de  diff^rentes  esp^ces.  D^jä  par  des  consid^rations  d'nn 
tont  autre  ordre,  Ampere  ^tait  arrivä,  en  1814,  ä  ce  r^saltat  qne  le  poly- 
edre  mdläcnlaire  deyait  etre  form^  d'atomes  dispos^es  symdtriqnement 
antonr  de  son  centre  de  grayitä  .  .  . 

Ferner  a.  a.  0.  S.  194:  Nons  abordons  maintenant  nne  qnestion 
plus  ddlicate,  celle  de  la  structure  moleculaire  et  par  lä.  nons  entendons 
la  disposition  gäom^triqne  des  ^l^ments  qni  constituent  -  la  moMcnle 
autour  de  son  centre  de  gravi t^. 


-     323     — 

lichem  Wege  zu  derjenigen  Conception  hinleitet,  welche  deu 
Grundgedanken  der  an  Wiener  und  Sohncke  anschliessen- 
den Theorieen  bildet 

Hierzu 'bedarf  es  nur  des  einfachen  GedankeuS;  die  Theil- 
molekeln  als  die  eigentlichen  Bausteine  der  Krystallsubstanz 
zu  betrachten.  Dadurch  erhalten  wir  einen  Molekelhaufen^ 
welcher  aus  lauter  gleichartigen  Elementen  m  besteht.  Unter- 
suchen wir,  wie  sich  von  dieser  Idee  aus  die  Structur  des 
Molekelhaufens  beschreiben  lässt.  Fassen  wir  zu  diesem  Zweck 
zwei  verschiedene  Hauptmolekeln  fi  und  fi  in's  Auge,  deren 
Mittelpunkte  die  Gitterpunkte  P  und  P'  sind.  Die  Molekeln 
fi  und  ft   bestehen  resp.  aus  den  Bestandtheilen  ' 

f»,  Wi,  IW2, . .  :nix—i  • 

und 

w',  m/,  Wg , . . .  fnx—i . 

Die  Symmetrie  des  Molekelhaufens  bedingt,  dass  er  Deck- 
operationen besitzt,  welche  m  mit  allen  in  der  ersten  Reihe 
aufgeführten  Theilmolekeln  zusammenfallen  lassen.  Femer 
giebt  es  eine  Deckschiebung  des  Molekelhaufens,  welche  fi  mit 
fi  zur  Coincidenz  bringt.  Wir  dürfen  festsetzen,  dass  die  Be- 
zeichnung der  Theilmolekeln  so  gewählt  ist,  dass  dabei  m  auf 
m  faUt.  Nun  hat  aber  der  Molekelhaufen  gegen  P'  die  gleiche 
Symmetrie  wie  gegen  P;  es  giebt  daher  auch  solche  Deck- 
operationen desselben,  welche  die  Theilmolekel  m'  der  Reihe 
nach  mit  den  sammtlichen  Bestandtheilen  zur  Coincidenz 
führen,  aus  denen  ft'  besteht.  Durch  Verbindung  der  obigen 
Deckschiebung  mit  den  eben  genannten  Deckoperationen  ist 
es  daher  möglich,  die  Theilmolekel  m  der  Reihe  nach  mit 
aUen  Theilmolekeln  von  ^'  zusammenfallen  zu  lassen.  Nun 
sind  fi  und  ^'  ganz  beliebige  Theilmolekeln,  folglich  kann  der 
Molekelhaufen  so  in  sich  übergeführt  werden,  dass  die  be- 
liebig herausgegriffene  Theilmolekel  m  in  irgend  eine  andere 
Theilmolekel  übergeht.  Dies  heisst  aber  nichts  anderes,  als 
dass  auch  die  sammtlichen  Theilmolekeln  m  ein  System  regel- 
mässig vertheilter  Korperelemente  bilden,  dessen  Regelmässig- 
keit ebenfalls  darin  besteht,  dass  jedes  von  der  Gesammtheit 
aller  übrigen  auf  gleiche  Weise  umgeben  ist 

21* 


—    324    — 

Die  Differenz  dieser  Auffassung  gegen  diejenige  von  Bra- 
Tais  liegt  darin,  dass,  wenn  die  Theilmolekel  m  als  letzte 
Einheit  des  Aufbaues  betrachtet  wird^  nicht  mehr  alle  Indi- 
viduen parallel  orientirt  sind,  und  dass  die  Theilmolekel  m 
nach  Form  und  Qualität  keinerlei  Beschränkungen  mehr  unter- 
liegt. Die  Brayais'sche  Theorie  verlangt  nämlich  nur,  dass 
der  Eorpercomplex^  welcher  die  Molekel  fi  bildet,  die  Sym- 
metrie Gfi  besitzt,  von  der  wir  ausgegangen  sind.  Diese  Sym- 
metrie beruht  aber  ausschliesslich  auf  der  Anordnung  seiner 
Elemente;  es  besteht  daher  in  der  That  fär  die  Natur  der 
Theilmolekel  m  keinerlei  Bedingung.  Ferner  entstehen  die 
sämmtlichen  Theilmolekeln,  welche  die  Molekel  fi  repräsen- 
tiren,  wenn^  eine  von  ihnen,  also  z.  B.  w,  den  Operationen 
der  Gruppe  (r^  unterworfen  wird.  Alle  diese  Operationen 
sind  aber  Drehungen,  Spiegelungen  u.  s.  w.,  sie  müssen 
daher  im  Allgemeinen,  und  bei  beliebiger  Form  der  Theil- 
molekel m  sogar  immer,  ihre  Orientirung  verändern;  parallele 
Orientirung  stellt  sich  nur  dann  ein,  wenn  die  Ortsverände- 
rung eine  Translation  ist.  Damit  ist  die  obige  Behauptung 
erwiesen. 

Hiermit  sind  wir  auf  einfachem  Wege  zu  einer  zweiten 
allgemeineren  Art  regelmässiger  Molekelhaufen  hingeleitet 
worden.  Die  so  gewonnene  Eenntniss  legt  es  nahe,  zu  prüfen, 
ob  sie  etwa  die  einzigen  regelmässigen  Molekelhaufen  sind, 
bei  welchen  eine  parallele  Orientirung  der  einzelnen  Bausteine 
nicht  mehr  vorhanden  ist,  oder  ob  es  noch  andere  giebt.  Mit 
andern  Worten,  es  entsteht  die  Aufgabe,  alle  regelmässigen 
Mölekdhaufen  der  genannten  Art  m  ermitteln  und  m  unter- 
suchen  j  ob  sie  sich  gleichfalls  für  eine  Structuriheorie  verwenden 
lassen,  welche  für  edle  32  KrystaUarten  ein  übereinstimmendes 
Gesetz  des  Aufbaues  ergiebt. 

Dieser  Frage  werden  wir  nun  näher  treten.  Wir  schicken 
das  Resultat  der  Betrachtung  voraus.  Es  sagt  ans,  dass  die 
aus  den  Bravais'schen  Molekelgittern  abgeleiteten  Molekel- 
haufen nur  den  speciellsten  Fall  der  allgemeinsten  Molekel- 
haufen darstellen,  und  dass  die  auf  letztere  gegründete 
Structurtheorie  vom  geometrischen  Standpunkt  aus  eine  ebenso 


-     325     - 

vollständige  und  befriedigende  Darstellung  der  Krystallsubstanz 
giebt^  wie  die  Bravais'sche. 

Bemerkung.  Mit  derjenigen  Auffassung  der  Bravais'- 
schen  Theorie,  welche  die  Molekeln  durch  Atomgruppen  er- 
setzt, stimmt  diejenige  Theorie  im  Princip  überein,  welche  in 
der  letzten  Zeit  von  L.  Wulff  in  der  Zeitschrift  für  Krystallo- 
graphie  dargestellt  worden  isi^)  Den  Ausgangspunkt  der 
Wulff'schen  Betrachtungen  bildet  die  Frage,  welche  um  ein 
begrenztes  regelmässiges  Punktsystem  gelegten  Ebenen  als 
Erystallflächen  auftreten  können;  wie  man  sieht,  steht  also 
die  Bevorzugung  der  geometrischen  Eigenschaften  der  Krystall- 
substanz im  Vordergrund.  Werden  auch  die  Erörterungen  an 
die  eben  definirten  Molekelhaufen  allgemeinster  Art  ange- 
schlossen, so  läuft  doch  das  Ergebniss  der  Wulff' sehen  Unter- 
suchungen darauf  hinaus,  nur  denjenigen  Molekelhaufen  die 
Fähigkeit  zuzusprechen,  die  Krystalle  zu  repräsentiren,  welche 
in  dem  oben  dargelegten  Sinn  auch  als  Bravais'sche  Molekel- 
gitter aufgefasst  werden  können.  Die  Atomgruppen,  welche 
von  Wulff  zum  Aufbau  der  Krystalle  verwendet  werden,  sind 
mit  den  Bravais^schen  Punktgruppen  resp.  Atomcomplexen 
völlig  identisch;  die  Differenz  liegt  im  wesentlichen  in  der 
Bezeicbnungsweise.^) 

1)  Vgl.  besonders:  Ueber  die  regelmässigen  Panktsysteme,  a.  a.  0. 
Bd.  13.    S.  503  ff. 

2)  Vgl.  hierzu  Sohncke's  Bemerkungen  zu  Herrn  Wulffs  Theorie 
der  Kiyst^structur,  Zeitschr.  f.  Kryst.   Bd.  14.   S.  417. 


Fünftes  Capitel. 
Die  Zusammensetzung  beliebiger  räumlicher  Operationen. 

§  1.  Aequivalenz  und  Znaammensetaiung  von  Be We- 
ggängen. Um  eine  Darstellung  derjenigen  Structurtheorieen  zu 
geben,  welche  sich  auf  deA  Wiener-Sohncke'schen  Grund- 
gedanken aufbauen,  bedarf  es  einiger  vorbereitenden  Sätze 
über  beliebige  räumliche  Operationen  und  ihre  Zusammen- 
setzung.  Wir  beginnen  mit  der  Betrachtung  der  Bewegungen. 

Es  seien  Si  und  S2  irgend  zwei  verschiedene  Lagen  eines 
Korpers  S.  Der  Uebergang  des  Körpers  aus  der  Lage  5|  in 
die  Lage  ^2  kann  auf  mannigfache  Art  durch  Bewegung  ver- 
mittelt werden.  Alle  diese  Bewegungen  bezeichnen  wir  als 
äquivalent,  d.  h.  wir  definiren,  analog  zu  S.  21: 

Bewegungen  heissen  äquivalent,  wenn  sie  ein  Bautngebilde 
aus  einer  Lage  S^  in  die  nämliche  Lage  S^  überführen. 

Die  Bewegungen  kommen  für  das  Folgende  im  Wesent- 
lichen nur  als  Deckoperationen  eines  Raumgebildes  resp.  als 
Zeichen  für  die  Symmetrieeigenschaften  des  Gebildes  in  Frage. 
In  dieser  Hinsicht  hat  der  Weg,  welcher  bei  der  Bewegung 
durchlaufen  wird,  keinerlei  Bedeutung.  Wir  dürfen  ihn  so  ein- 
fach wie  möglich  annehmen. 

Um  die  einfachsten  räumlichen  Bewegungsarten  abzuleiten, 
ist  es  zweckmässig,  sofort  den  Begriff  der  zusammengesetzten 
Bewegimg  einzuführen.  Gelangt  der  Körper  S  aus  der  ersten 
Lage  Si  in  eine  zweite  Lage  S^,  und  dann  in  Folge  einer 
neuen  Bewegung  in  eine  Lage  S^,  so  giebt  es  auch  Bewe- 
gungen, welche  den  Körper  direct  von  Sj  nach  S^  überführen. 
Eine  solche  Bewegung  heisst  zusammengesetzte  oder  resul- 
tirende  Bewegung;  bie  beiden  ersten  Bewegungen  heissen  ihre 


-     327     - 

Companenten.  Dasselbe  gilt  augenscheinlich  fCLr  beliebig  viele 
auf  einander  folgende  Bewegungen;  d.  h.  es  besteht  der 

Lehrsatz  I.  Beliebig  viele  auf  einander  folgende  Bewegungen 
sind  stets  einer  eineigen  Bewegung  äquivalent.  Die  letztere  heisst 
gusammengesetete  oder  resuUirende  Bewegung^  die  einzdnen  Be- 
wegungen heissen  ihre  Componenten. 

Es  kann  yorkommen,  dass  die  Endlage  S^  des  Körpers  S 
mit  der  ersten  Lage  S^  identisch  ist^  und  das  gleiche  kann 
bei  der  Zusammensetzung  beliebig  vieler  Bewegungen  ein- 
treten. Eine  resultirende  Ortsveränderung  des  Körpers  ist 
dann  nicht  mehr  vorhanden;  wir  sprechen  aber  auch  in  diesem 
Fall  von  einer  resultirenden  Bewegung  und  sagen ,  dass  sie 
die  Grosse  Null  hat  (vgl.  S.  22). 

Die  evidente  Thatsache,  welche  der  vorstehende  Satz  ent- 
häli^  haben  wir  deshalb  besonders  ausgesprochen,  weil  wir  an 
sie  die  EinfOhrung  derjenigen  Bechnungssymbolik  anknüpfen 
wollen,  welche  wir  im  ersten  Abschnitt  fQr  Drehungen  um 
einen  Punkt  mit  Vortheil  benutzt  haben.  In  der  Schluss- 
bemerkung von  Cap.  II  (S.  42)  ist  darauf  hmgewiesen  worden, 
welches  die  nothwendige  und  hinreichende  Bedingung  dafür 
ist,  dass  sich  die  Uebertragung  des  Productbegriffes  auf  die 
Zusammensetzung  irgend  welcher  Operationen  ausfahren  lässt. 
Als  solche  ergab  sich  einzig  und  allein  der  Umstand,  dass  die 
Folge  von  zwei  Operationen  einer  Operation  derselben  Art 
äquivalent  ist,  wie  z.  B.  die  Folge  von  zwei  Drehungen  um 
einen  Punkt  immer  wieder  eine  Drehung  um  diesen  Punkt 
giebt.  Da  nun  die  Folge  von  zwei  beliebigen  räumlichen  Be- 
wegungen stets  eine  räumliche  Bewegung  ist,  so  leuchtet  ein, 
dass  auch  auf  sie  der  Productbegriff,  resp.  die  zugehörige 
Bechnungssymbolik  ausgedehnt  werden  kann.  Wirdefiniren  also: 

Unter  dem  Product  zweier  nach  einander  eintretenden  räum- 
lichen Bewegungen  %  und  S5  verstehen  toir  jede  Bewegung  6, 
ujdche  den  Bewegungen  %  und  93  zusammen  äquivalent  ist. 

Da  die  in  Cap.  II  des  ersten  Abschnittes  aufgestellten 
allgemeinen  Sätze  ausschliesslich  auf  dem  Productbegriff  be- 
ruhen, so  bleiben  sie  sämmtlich  für  das  Rechnen  mit  be- 
liebigen Bewegungen  in  Kraft. 


—    328    — 

§  2.  Vertansohbare  Bewegongen.  Tritt  erst  die  Be- 
wegung %  und  dann  S3  ein,  so  drücken  wir  dies  durch  die 
Gleichung 

aus;  wenn  dagegen  erst  die  Bewegung  S3  und  dann  S(  erfolgt, 
so  schreiben  wir,  indem  wir  die  resultirende  Bewegung  S, 
nenneU; 

Die  Bewegungen  (S  und  S^  sind  im  Allgemeinen  nicht  äqui- 
valent. 

Tritt  der  besondere  Fall  ein,  dass  S  und  (S^  äquivalente 
Bewegungen  vorstellen,  so  sollen  31  und  S3  vertauschbare  Be- 
wegtingen heissen.  Für  sie  stellen  sich,  wie  der  S.  41  ab- 
geleitete Lehrsatz  IX  zeigt,  gewisse  Vereinfachungen  der 
Bechnungsregeln  ein.  Ihre  Eenntniss  ist  jdaher  von  Wichtig- 
keit; aus  diesem  Grunde  führen  wir  diejenigen  von  ihnen,  mit 
denen  wir  im  Folgenden  öfters  zu  thun  haben,  hier  an. 

Lehrsatz  II.    Translationen  sind  vertauschbare  Operationen. 

Die  in  diesem'  Satz  ausgesprochene  Thatsache  ist  bereits 
in  Cap.  II,  §  2  und  3  ausführlich  erörtert  worden. 

Wir  werden  für  das  Folgende  die  Translationsbewegungen, 
wenn  wir  sie  der  Rechnung  unterwerfen,  durch  %  bezeichnen. 
Dies  entspricht  dem  Umstand,  dass  wir  für  alle  räumlichen 
Operationen  bisher  grosse  deutsche  Buchstaben  benutzt  haben. 
Von  der  Translation  als  Bewegung  ist  diejenige  geometrische 
Strecke  zu  unterscheiden,  welche  nach  Grösse  und  Richtung 
die  Translationsbewegung  darstellt;  sie  soll  nach  wie  vor  durch 
r  oder  t  bezeichnet  werden.  Demgemäss  stehen  sich  %  und  t 
resp.  t  als  Translationsbewegung  und  als  Trandationsstrecke 
gegenüber,  jedoch  so,  dass  die  eine  durch  die  andere  voll- 
ständig bestimmt  ist  Der  Sprachgebrauch  pflegt  beide  in- 
haltlich verschiedenen  Begriffe  meist  kurz  mit  demselben  Wort 
„  Translation '^  zu  bezeichnen.  Hiervon  ist  in  dieser  Schrift 
bereits  vielfach  Anwendung  gemacht  worden.  Dies  soll  auch 
fernerhin  geschehen  und  ist  um  so  mehr  zulässig,  als  irrige 
Folgerungen  wegen  der  innigen  Beziehung  der  Grössen  %  und 
r  zu  einander  völlig  ausgeschlossen  sind.    In    der  That,  alles 


-     329     — 

was  sich  über  Zusammensetzung  der  Translationsbewegungen 
aussagen  läs'st,  gilt  analog  auch  von  den  zugehörigen  Trans- 
lationsstrecken und  umgekehrt 

Allerdings  scheint  sich  sofort  der  Einwand  aufzudrängen, 
dass  wir  f&r  das  Rechnen  mit  den  Translationsbewegungen  % 
die  MuUiplication  benutzen^  während  gemäss  dem  Inhalt  von 
Cap.  II  dieses  Abschnittes  die  Rechnung  mit  den  Translations- 
strecken t  der  geometrischen  Addition  unterliegt.  Dies  bildet 
jedoch  nur  scheinbar  eine  Differenz.  Von  den  Rechnungs- 
regeln, welche  die  Multiplication  betreffen,  kommen  nämlich 
iiir  die  Zusammensetzung  der  Bewegungen  nur  diejenigen 
Sätze  in  Betracht,  welche  analog  auch  für  die  Addition  be- 
stehen,  oder  vielmehr  einzig  und  allein  der  Satz,  welcher  im 
Cap.  II  des  ersten  Abschnittes  unter  Lehrsatz  II  (S.  36)  auf- 
geführt ist  und  das  associative  Gesetz  genannt  wird.  Es  würde 
daher  auch  zulässig  gewesen  sein,  sich  für  die  Zusammen- 
setzung der  Bewegungen  sowie  aller  räumlichen  Operationen 
der  Addition  zu  bedienen.  Dies  scheint  sogar  dem  natürlichen 
Denken  näher  zu  liegen,  als  die  Verwendung  der  Multiplication. 
Wenn  es  dennoch  vorgezogen  wird,  eine  solche  Rechnungs- 
symbolik einzuführen,  welche  der  Multiplication  entspricht, 
so  liegt  der  Grund  in  formalen  Gesichtspunkten,  besonders 
darin,  dass  sich,  wie  der  Inhalt  des  ersten  Abschnittes  zur 
Genüge  beweisen  dürfte,  dadurch  eine  grossere  Einfachheit  der 
Formeln  und  der  Rechnung  erzielen  lässt.  Andrerseits  bietet 
aber  für  die  Zusammensetzung  der  geometrischen  Strecken 
der  Additionsbegriff  eine  grössere  Durchsichtigkeit  und  ist 
daher  für  das  Rechnen  mit  Translationsstrecken  oben  bei- 
behalten worden.  Wir  sind  hierauf  etwas  ausführlicher  ein- 
gegangen, weil  es  geboten  schien,  die  bezüglichen  Verhält- 
nisse von  allen  Unklarheiten  und  scheinbaren  Differenzpunkten 
zu  befreien. 

Mit  Anwendung  der  Bezeichnung  %  besteht  nun,  wenn 
X|  und  %^  irgend  zwei  Translationen  sind,  die  Gleichung 

A'i  '*'2  *^^  ^t  '*'!  > 

während  die  entsprechende  Gleichung  für  dieTranslationsstrecken 


—    330    — 

ist. 

Lehrsatz  DI.  Eine  Drehung  Sl(a)  um  eine  Axe  a,  und 
eine  Translation  %a  längs  dieser  Axe  sind  vertauschbare  Ope- 
rationen; d.  h.  es  ist 

Beweis.  Es  sei  (Fig.  36)  ^^  die  Anfangslage  eines  Punktes, 
Fig.s6.  Ä^  seine  Lage  nach  der  Drehung  um  die  Axe  a, 
und  A^  der  Ort^  an  welchen  er 'von  Ä^  aus  durch 
die  Translation  %a  gelangt.  Gonstruirt  man  die 
Geraden  A^A^  ||  A^A^,  und  A^A^  \  A^A^^  so  legt 
der  Punkt  -4^  bei  der  Translation  %a  den  Weg 
A^A^  zurück  und  gelangt  vermöge  der  dann  fol- 
genden Drehung  um  die  Axe  a  nach  A^.  Dies  gilt 
für  jeden  Punkt,  und  damit  ist  der  Satz  bewiesen. 

§  3.  Einfachste  Fälle  der  ZusammensetBiuig  von  Be- 
wegungen. Wir  schicken  diesen  Untersuchungen  die  Bemer- 
kung voraus,  dass,  wie  in  der  Anmerkung  von  S.  66  bewiesen 
worden  ist,  jede  räumliche  Bewegung  durch  die  Bewegung  von 
drei  Pwiikten  resp.  einer  Ebene  bestimmt  ist. 

Es  seien  nun  a  und  b  zwei  parallele  Axen,  um  welche 
nach  einander  Drehungen  stattfinden;  der  Drehungswinkel  für 
jf.   3^  beide  Axen  sei  o,  aber  die  Drehungen  um 

a  und  b  sollen  im  entgegengesetzten  Sinn 
erfolgen,  und  zwar  sei  — cd  der  Drehungs- 
winkel für  die  Axe  a.     Man  denke  sich 


^i    ^  eine   zu   a   und    b   senkrechte   Ebene   £, 

welche  (Fig.  37)  die  Axen  a  und  b  in  A 
resp.  B  schneidet;  diese  Ebene  bewegt  sich  während  beider 
Drehungen  in  sich  selbst,  durch  ihre  Bewegung  ist  daher  die 
resultirende  räumliche  Bewegung  bestimmt.  Nun  bleibt  der 
Punkt  A  bei  der  Drehung  um  a  an  seiner  Stelle  und  gelangt 
durch  Drehung  um  b  in  eine  Lage  A^y  so  dass 
BA  =  BA^  und  ABA^  ==  co 
ist.  Kommt  B  durch  Drehung  um  a  in  einen  Punkt  B'  und 
dann  durch  Drehung  um  b  in  den  Punkt  jBj,  so  ist 


—    331     - 

BÄB'  —  B'BB^  =  (o. 
Demnach  ist  auch 

ÄA^  =  BB'  =  BB^, 

d.  h.  die  von  Ä  nnd  B  bei  der  resultirenden  Bewegung  durch- 
laufenen Wege  sind  gleich  und  paralleL  Die  Bewegung  der 
Ebene  £  ist  daher  eine  Translation^  welche  nach  Länge  und 
Richtung  durch  ÄÄ^  resp.  BB^  dargestellt  ist  Dasselbe  gilt 
mithin  von  der  räumlichen  Bewegung  selbst;  also  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Zwei  Drehungen  um  parallele  Axen  von  glei- 
chem, aber  entgegengesetztem  Drehungsunnkel  sind  einer  eu  den 
Axen  senkrechten  Translation  äquivalent. 

Die  Grosse  und  Richtung  der  Translation  wird  durch  die 
Gleichung 

AA^  ^  2 AB  sin  ^ 

dargestellt.  Bezeichnen  wir  die  um  die  Axen  a  und  b  statt- 
findenden Drehungen  resp.  durch  %{ — co)  und  S3((d)  und  die 
zu  ihnen  senkrechte  Translation  durch  SC,  so  besteht  dem 
Satze  gemäss  die  Gleichung 

1)  a(-cD).s5(ö,)  =  a;. 

Multipliciren  wir  diese  Gleichung  auf  beiden  Seiten  links  mit 
^(coi),  so  folgt,  da  sich  die  Drehungen  ?1(cd)  und  ?[( — cai) 
aufheben, 

2)  a3(co)  =  a(o).a;. 

Ebenso  folgt  durch   rechtsseitige  Multiplication  mit  35  (—o) 

3)  8l(— ö)  =  2;S5(-ö), 

es  ist  also  auch 

3»)  2l(ai)  =  3:'S5(co). 

Diese  Gleichungen  führen  zu  folgendem 

Lehrsatz  V.  Jede  Botation  kann  durch  eine  Rotation  vom 
gleichen  Winkel  um  eine  beliebige  parallele  Axe,  und  eine  zur 
Axe  senkrechte  Translation  ersetzt  werden,  und  umgekehrt.    Die 


1)  In  der  Figar  fehlen  die  Geraden  AB'  und  BA^, 


Ist  CO  =^%,  so  ist 


-     332    — 

Translation  kann  sowohl  nach  als  vor  der  Jtotalion  vorgenommen 
werden. 

Es  bedarf  kaum  des  Hinweises^  dass  die  Lage  der  Axe 
sowie  die  Translation  sich  ändern,  je  nachdem  erst  die  Ro- 
tation oder  erst  die  Translation  eintritt  Für  solche  Rotatio- 
nen,  deren  Drehungswinkel  einen  der  vier  Werthe 

hat,  lassen  wir  die  Bestimmung  der  dem  Satz  IV  entsprechen- 
den Translation  r  hier  folgen. 

und  zwar  liegt  der  Punkt  Ä^  (Fig.  38)  auf  der  Geraden  AB] 
es  ßillt  also  r  in  die  Verbindungsebene  von  a  und  b. 

Fig.  88. 

A  B  Äi 

Ist  CD  =  120«,  so  wird  (Fig.  39)  ^) 

AA,  =  2 AB  sin  y  —  AB]/Z. 

Das  Dreieck  AA^B  ist  daher  der  dritte  Theil  eines  gleich- 
seitigen Dreiecks,  welches  AA^  zur  Seite  und  B  als  Mittel- 
punkt hat. 

Fig.  40. 


Ist  CD  =  90^  80  wird  (Fig.  40)*) 

AA^  =  2 AB  sin  1^  =  AB^, 

d.  h.    AA^B    ist    ein    gleichschenkliges    und    rechtwinkliges 
Dreieck. 


1)  Id  der  Figur  sind  die  Punkte  J.j  und  B  zu  vertauchen. 

2)  Vgl.  die  vorstehende  Anmerkung. 


—    333    — 

Endlich  wenn  o  =  60^  ist,  so  ist  (Fig.  41) 

d.  h.  AA^B  bildet  ein  gleichseitiges  Dreieck. 

Hiermit  ist,  wie  die  Gleichung  2)  erkennen  lässt,  zugleich 
die  umgekehrte  Aufgäbe  gelöst,  die  Axe  b  der  Drehung  S3  0u 
finden,  welche  mit  der  Drehung  %  und  der  Translation  %  äqui- 
valent ist  Diese  Aufgabe  ist,  wie  wir  später  sehen  werden, 
von  bedeutender  theoretischer  Wichtigkeit. 

§  4.  Die  Sohranbenbewegtiiig.  Der  im  vorigen'  Para- 
graph enthaltene  Satz  V  führt  zu  wichtigen  Folgerungen  all- 
gemeineren Characters.  Wir  denken  uns  jetzt  ein  Product, 
das  ausser  beliebigen  Translationen  eine  Drehung  S((a;)  um 
eine  Axe  a  enthält;  es  wird  die  Form  haben 

Wir  bezeichnen  die  resultirende  Bewegung  durch  9i.  Nun  ist 
das  Product  der  ersten  n  Translationen  stets  einer  einzigen 
Translation  äquivalent,  und  ebenso  das  Product  der  letzten  m 
Translationen.  Bezeichnen  wir  dieselben  durch  SC,  resp.  SC', 
so  folgt 

Gemäss  Cap.  II,  2  dieses  Abschnittes  lässt  sich  %  in  zwei 
Translationen  %a  und  SC»  zerlegen,  die  resp.  parallel  und  senk- 
recht zur  Axe  a  sind,  und  ebenso  %']  die  Reihenfolge  dieser 
Translationen  ist  überdies  beliebig,  also  folgt 

Nach  dem  vorstehenden  Satz  ist  aber  das  Product  der  mitt- 
leren drei  Bewegungen  durch  eine  Drehung  Sli(a)  um  eine 
zu  a  parallele  Axe  a^  ersetzbar,  folglich  erhalten  wir 

Da  nun  nach  Satz  III  %a  und  ^^  vertauschbar  sind,  so  er- 
giebt  sich  schliesslich 

WO  %a   ^ine  niit  a^  parallele  Translation  ist.     Also  folgt: 


-     334    — 

Lelirsatz  VI.  Jedes  Produd  atis  einer  Drehung  ä(a)  um 
eine  Axe  a  und  beliebig  vielen  Translationen  ist  dem  Product 
aus  einer  Drehung  um  eine  parallele  Axe  vom  gleichen  Winkel 
und  einer  mr  Drehungsaxe  parallelen  Translation  äquivalent 

Lehrsatz  VII.  Durch  Multiplication  einer  Drehung  mit  be- 
liebigen Translationen  wird  die  Axenrichtung  und  der  Drehungs- 
Winkel  nicht  geändert. 

Der  vorstehende  Satz  bildet  dasjenige  Hilfsmittel,  welches 
uns  in  den  Stand  setzt,  eine  einfache  Form  für  jede  räumliche 
Bewegung  zu  ermitteln. 

Es  seien  S^  und  S^  irgend  zwei  Lagen  eines  Körpers  S, 
und  Ai  resp.  A^  die  zwei  entsprechenden  Lagen  eines  Punktes 
A  von  S,  Man  lasse  zunächst  eine  Translation  X  eintreten, 
welche  nach  Grosse  und  Richtung  durch  die  Strecke  A^A^ 
bestimmt  ist-,  sie  führt  den  Körper  S  in  eine  solche  Lage, 
dass  der  Punkt  A^  auf  A^  fallt,  also  in  seine  Endlage  gelangt 
Um  daher  den  Körper  S  selbst  in  die  Endlage  S^  zu  bringen, 
bedarf  es  nur  noch  einer  Drehung  9(  desselben  um  eine  durch 
A2  gehende  Axe  a.  Nun  können  wir  die  Translation  %  wieder 
in  zwei  andere  zerlegen,  von  denen  die  eine  parallel  zur  Äxe  a 
läuft,  die  andere  senkrecht  zu  ihr  gerichtet  ist.  Nennen  wir 
sie  %n  und  X«,  so  besteht  die  Gleichung 

Aber  nach  Satz  V  ist  %n^  einer  Drehung  um  eine  zu  a  pa- 
rallele Axe  a^  äquivalent;  folglich  ergiebt  sich  schliesslich 

d.h. 

Lehrsatz  VIII.  Jede  Ortsveränderung  allgemeinster  Art  kami 
durch  eine  Translation  und  eine  Drehung  um  eine  mr  Trans- 
lation parallele  Axe  vermittelt  toerden. 

Der  Herleitung  nach  hat  zuerst  die  Translation  und  dann 
die  Drehung  einzutreten.  Die  Aufeinanderfolge  beider  Be- 
wegungen ist  aber,  wie  in  Satz  H  bewiesen,  vertauschbar. 
Es  ist  daher  auch  gestattet,  beide  Bewegungen  gleichzeitig 
eintreten  zu  lassen.  Gehen  dieselben  überdies  gleichförmig 
vor  sich,  und  zwar  so,    dass    sie    gleichzeitig   beginnen  und 


-    335    — 

endigen  y  so  verschmelzen  sie  zu  einer  Schraubenbewegung  um 
die  Äze  a.  Die  Translation  bestimmt  die  Ganghohe  der 
Schraubenbewegung,  d.  h.  den  Abstand  zweier  Schrauben- 
windungen von  einander;  die  zugehörige  Strecke  werden  wir 
die  Transloitionscomponente  nennen.  Wir  gelangen  damit  zu 
folgendem 

Hauptsatz  I.  Jede  Ortsveränderung  aUgemeinster  Art  eines 
Körpers  8  kann  dadurch  vermittelt  werden^  dass  derselbe  ge- 
zwungen wirdy  eine  bestimmte  Schraubenbewegung  um  eine  ge- 
wisse Gerade  .des  Raumes  cds  Äxe  auszufuhren. 

Die  Schraubenbewegung,  deren  Axe  a,  deren  Drehungs- 
winkel d  resp.  a  ist^  und  deren  Translationscomponente  darch 
die  geometrische  Strecke  t  dargestellt  wird,  bezeichnen  wir 
Ton  nun  an  durch 

SC((D,0    resp.    %{a^t). 

Die  Art  der  Schraubenbewegung  sowie  der  zugehörigen 
Schraube  ist  durch  die  Länge  derjenigen  Translation  be- 
stimmt, welche  einer  Drehung  um  2%  entspricht,  d.  h.  durch 
die  Ganghohe  der  bezOglichen  Schraube.  Bezeichnen  wir  sie 
durch  Py  so  besteht  die  Proportion 

p:  2ä  =  ti  cj. 

üebrigens  kommt  die  Grosse  p  fQr  unsere  Zwecke  kaum  in 
Frage. 

Bemerkung  1.  Der  vorstehende  Satz  ist  folgender- 
massen  zu  verstehen.  Sind  S^  und  S^  zwei  verschiedene  Lagen 
des  Körpers  S,  so  ist  durch  sie  eine  Axe  a,  ein  Winkel  cd, 
eine  Strecke  ty  und  damit  auch  der  Parameter  p  vollständig 
bestimmt.^)  Man  wähle  sich  nun  eine  Schraubenmutter  nebst 
Schraubenspindel  so  aus,  dass  ihre  Ganghöhe,  d.  h.  der  Ab- 
stand zweier  Schraubenwindungen  von  einander  die  Länge  p 
hat,  und  bringe  dieselbe  in  eine  solche  Lage,  dass  die  Schrauben- 
axe  mit  der  Geraden  a^  des  Raumes  zusammenfällt  Wird  nun 
der  Körper  S^  mit  der  Schraubenspindel  fest  verbunden,  wird 


1)  Für  die  Construction  dieser  Gröseen  verweise  ich,  da  sie  für 
nns  keine  Bedentnng  hat,  aaf  die  Lehrbücher  über  Kinematik  resp. 
Mechanik. 


-    336    — 

sodann  die  Schraubenmutter  im  Raum  festgehalten  ^  dagegen 
die  Schranbenspindel  um  die  letztere  herumbewegt,  so  geht 
dabei  der  mit  der  Schranbenspindel  verbundene  Körper  Si 
nach  der  Drehung  um  den  Winkel  cn  in  den  Körper  S^  über. 
Bemerkung  2.  Es  giebt  bekanntlich  zwei  verschiedene 
Arten  von  Schraubenbewegungen ,  links  geumndene  und  redUs 
gewundene.  Um  sie  zu  definiren«  denken  wir  uns  in  einer  Axe  a 
die  beiden  Enden  als  positiv  und  negativ  unterschieden  und 
den  positiven  Drehungssinn  in  irgend  einer  Weise  festgelegt; 
um  die  Begriffe  zu  fixiren,  nehmen  wir  an,  dass  für  einen 
Beobachter  die  positive  Drehung  der  Bewegung  des  Uhrzeigers 
entspricht,  während  die  positive  Axenrichtnng  mit  der  Rich- 
tung von  dem  Kopf  nach  den  Füssen  übereinstimmt.  Ist  nun 
der  Winkel  a  und  die  Translationscomponente  t  gleichzeitig 
positiv ;  so  verlaufen  die  Schraubenwindungen  von  links  oben 
nach  rechts  unten;  und  wenn  a  und  t  beide  negativ  sind,  so 
stellt  sich  dieselbe  Lage  der  Schraubenwindungen  ein.  Wenn 
dagegen  a  und  t  verschiedene  Vorzeichen  haben,  so  verlaufen 
die  Schraubenwindungen  von  rechts  oben  nach  links  unten. 
Im  ersteren  Fall  nennen  wir  die  Schraube  rechts  gewunden,  im 
letzteren  links  gewunden})  Die  Schrauben  stimmen  his  auf  den 
Windungssinn  in  allen  geometrischen  Eigenschaften  überein, 
sie  verhalten  sich  zu  einander,  wie  ein  Körper  und  sein  Spiegel- 
bild, resp.  toie  zwei  enantiomorphe  Krystdlle.  Sie  können  daher 
durch  Bewegung  nicht  zur  Deckung  gebracht  werden.    Durch 

«(«,0     und     «(— a,-^) 
resp.  durch 

«(«,—0     lind     «(— «,0 
werden  die  beiden  Schraubenbewegungen  dargestellt. 

Da  die  Schraubenbewegung  sich  als  allgemeinster  Typus 
räumlicher  Ortsveränderungen  herausgestellt  hat,  so  muss  sie 
die  speciellen  Bewegungen,  nämlich  Tr^slation  und  Rotation, 
unter  sich  enthalten.  In  der  That  geht  sie  in  die  erstere  resp. 
letztere  über,  je  nachdem  der  Drehungswinkel  o  oder  .die 
Translationscomponente  t  den  Werth  Null  hai 


1)  Dies  Btimmt  mit  dem  gewöhnlichen  Sprachgebrauch  überein. 


-^    33?    - 

Der  Satz  über  die  Schranbenbewegung  ist  auf  Giulio  Mozzi 
(1765)  zurückzuftlhren.  VgL  darüber  Giorgini,  Memorie  di  mat. 
della  SOG.  ital.  delle  scienze,  Modena,  1836,  S.  47.  Er  scheint  aber 
sehr  bald  in  Vergessenheit  gerathen  zu  sein  und  wurde  erst  im 
Jahre  1830  von  Ohasles  neu  entdeckt.  Vgl.  Bull,  des  sciences 
math.  de  F^russac,  Bd.  14,  8.  324.  Für  unendlich  kleine  Bewe- 
gungen hatte  ihn  drei  Jahre  zuvor  Cauchj  abgeleitet;  vgl.  Exer- 
cises  de  math.,  Bd.  2,  S.  87  (1827). 

§  5.  ZTuammexisetBnng  von  Sohraubenbewegnngen.  Die 
in  den  vorstehenden  Paragraphen  über  Drehungen  abgeleiteten 
Satze  gelten  in  analoger  Form  auch  von  den  Schraubenbewe- 
gungen« .Um  dies  einzusehen,  braucht  man  sieh  nur  zu  ver- 
gegenwärtigen, dass  einerseits  die  Schraubenbewegung  in  eine 
Drehung  und  eine  Translation  nuflosbar  ist,  und  dass  andrer- 
seits gemäss  Satz  VU  die  Translation  für  die  Richtung  der 
A.xe  und  die  Grosse  des  Drehungswinkels  nicht  in  Frage 
kommt  Im  besondem  lässt  sich  daher  dem  Satz  VII  der 
folgende  analoge  Satz  zur  Seite  stellen: 

Lehrsatz  IX.  Durch  MuÜiplication  einer  Sciwavibenbewegung 
mit  hdidngen  Translationen  wird  die  Axenrichtung  und  der 
Drehungswinkel  nicht  geändert. 

Eine  Aenderung  kann  daher  nur  die  Translationscompo- 
nente  und  die  Lage  der  Axe  erleiden.  Um  dies  zu  prüfen 
gehen  wir  auf  die  Entwickelungen  von  §  4  zurück.  Ist  %(a,t) 
eine  beliebige  Schraubenbewegung,  und  %^  eine  beliebige 
Translation,  so  setzen  wir 

I 

und  zerlegen  X,,  wie  in  §  4,  parallel  und  senkrecht  zu  a  in 
%a  und  %n,  alsdann  folgt 

%{a,t)%,=n%%a%n 

und  daraus  ergiebt  sich  gemäss  Lehrsatz  V 

Das  rechts  stehende  Product  ist  eine  Schraubenbewegung  um 
die  Axe  aj,  deren  Translationscomponente  ^  +  ^a  ist.  Beachten 
wir  nun,  dass  die  Lage  der  Axe  a^  nur  von  %n  abhängt,  so 

Sohoenfliei,  KryaUdlBtructur.  22 


—    338    - 

dass  sich  dieselbe  Axe  a^  einstellen  würde ,  wenn  %  and  %a 
nicht  vorhanden  wären^  so  folgt: 

Lehrsatz  X.  Bei  der  Multiplication  einer  Schraubenhewegung 
um  a  als  Äxe  mit  einer  Translation  von  der  Länge  t^  ändert 
sich  die  Translationscomponente  der  Schraubenbewegung  um  die 
Protection  von  ^  auf  a.  Die  Lage  der  resuUirenden  Axe  a^  ist 
von  der  Translationscomponente  der  Schraubenhewegung  unab- 
hängig. 

Dieser  Satz  gilt  selbstverständlich  auch,  wenn  a  eine 
Drehungsaxe  ist  Es  stellt  sich  also  dieselbe  Axe  a^  ein^ 
gleichviel  ob  a  eine  Drehungsaxe  oder  eine  SchraubjBnaxe  ist 
Die  in  §  3  angestellten  Rechnungen ,  welche  die  Lage  der 
Axe  a^  zu  bestimmen  gestatten,  wenn  die  Axe  a  und  die  zur 
Axe  senkrechte  Translation  %  bekannt  sind,  gelten  also  ohne 
jede  Aenderung  auch  für  die  Lage  der  Schraubenaxen. 

Wir  fassen  jetzt  irgend  zwei  beliebige  Schraubenbewe- 
gungen 

a(a,^a)    und    JBOJ,^) 

in^s  Auge,  deren  Axen  die  Geraden  a  resp.  b  sind.  Werden 
sie  hinter  einander  ausgeführt,  so  ist  die  resultirende  Orts> 
Veränderung  ebenfalls  einer  Schraubenbewegung  äquivalent; 
dieselbe  finde  um  eine  Axe  c  statt  und  werde  durch 

©(y,fe) 
bezeichnet,  so  dass  die  Gleichung 

besteht.  Für  die  Lage  der  Axe  c  und  den  Drehungswinkel  y 
gilt  ein  wichtiger  Satz,  den  wir  jetzt  ableiten  wollen.  Be- 
zeichnen wir  zu  diesem  Zweck  die  um  die  Axen  a  resp.  b 
stattfindenden  Drehungen  durch  W  und  93',  so  dass 

%(a,ta)  =  WZa^ZaW 

gesetzt  werden  kann,  so  ergiebt  sich 

Ist  nun  0  ein  beliebiger  Punkt  des  Raumes  und  sind  a^,  6j 
zwei  durch  ihn  gehende  Axen,  die  zu  a  resp.  b  parallel  sind, 


—    339    — 

80  kann  nach  Satz  V  jede  der  Drehungen  Sl'  und  93'  durch 
eine  Drehung  Ä^'  resp.  SBj'  um  aj  und  6^  und  je  eine  Trans- 
lation ersetzt  werden ,  und  zwar  so,  dass  die  Drehungswinkel 
fQr  die  Axen  a^  und  b^  wiederum  a  und  ß  sind.  Wir  dürfen 
daher 

setzen  und  erhalten 

Nun  sei  ©/  diejenige  Drehung,  welche  nach  Cap.  I,  Satz  II 
des  ersten  Abschnitts  dem  Product  der  Drehungen  %/  und 
93/  äquivalent  ist,  deren  Axe  c^  also  durch  den  Punkt  0  geht, 
so  folgt 

und  nunmehr  ergiebt  sich  gemäss  Satz  VII,  dass  die  Axe  c 
der  Schraubenbewegung  zur  Axe  Cj  parallel  und  ihr  Drehungs- 
winkel y  mit  dem  Winkel  der  Drehung  S^'  identisch  ist. 
Damit  gelangen  wir  zu  folgendem 

Hauptsatz  n.  Die  Axenrichtung  und  der  Drehungswinkel 
der  restUtirenden  Schratibenbewegung  hängen  nur  von  den  Axen- 
richtungen  und  den  Drehungswinkeln  der  componirenden  SchratÄben- 
beu^egungen  ab.  Sie  bestimmen  sich  nach  dem  Saiß  viber  die  Zu- 
sammensetzung von  Drehungen,  sind  also  von  den  Translations- 
componenten  und  von  der  besonderen  Lage  der  Axen  im  Räume 


Dieser  Satz  gilt  natürlich  auch  dann,  wenn  eine  oder 
beide  Bewegungen  Drehungen  sind.  Er  ist  einer  der  wichtig- 
sten Sätze  aus  der  Lehre  von  der  Zusammensetzung  der  Be- 
wegungen. Er  zeigt,  dass,  wenn  es  bei  der  Zusammensetzung 
von  Drehungen  oder  Schraubenbewegungen  nur  auf  die  Axen- 
richtung und  den  Drehungswinkel  der  resultirenden  Bewegung 
ankommt,  hierfür  einzig  und  allein  die  Sätze  über  die  Zu- 
sammensetzung einfacher  Drehungen  massgebend  sind,  deren 
Axen  sämmtlich  durch  einen  Punkt  gehen. 

Wir  werden  von  nun  an  alle  Bewegungen,  die  in  der 
Axenrichtung  und  im  Drehungswinkel  übereinstimmen,  iso- 
morphe Bewegungen  nennen   und   bezeichnen  dementsprechend 

22* 


-     340     - 

das  sich  im  obigen  Hauptsatz  aasdrückesde  Gesetz  als  das 
Gesetis  des  Isomorphismus  für  die  Zusammensetzung  von  Be- 
wegungen, Endlich  sollen  die  Äxen  der  isomorphen  Bewegungen 
als  isomorphe  Äxen  bezeichnet  werden. 

Um  ein  Beispiel  zu  dem  vorstehenden  Satze  zu  geben, 
wollen  wir  zwei  Schraubenbewegungen  von  paralleler  Axe 
und  gleichem  Drehungswinkel 

%{(o,t)     und     »(o,^i) 
in's  Auge  fassen  und  das  Product 

zu  bestimmen  suchen.  Die  zu  33  und  S[~"i  isomorphen  Dre- 
hungen sind  zwei  Drehungen  um  dieselbe  Axe,  aber  von  ver- 
schiedenem Drehungssinn;  ihr  Product  ist  daher  die  Identität. 
Das  Product  SSÄ-^  kann  daher  nur  eine  Translation  sein; 
bezeichnen  wir  sie  durch  %y  so  ist 

»«-1  =  3; 
S5  =  aa;. 

Die  Translation  %  kann  jeden  beliebigen  Winkel  mit  den 
Schraubenaxen  bilden,  sie  hängt  nur  von  der  Lage  der  Axen 
und  der  Differenz  der  Translationscomponenten  t  und  t^  ab. 

Die  vorstehenden  Gleichungen  bilden  das  genaue  Ana- 
logon  zu  denen,  welche  wir  in  §  3  fQr  Rotationen  abgeleitet 
haben;  sie  stehen  überdies  in  üebereinstimmung  mit  den  im 
Eingang  dieses  Paragraphen  ausgesprochenen  Sätzen. 

Weitere  Beispiele  sind  in  §  10  enthalten. 

§  6.  Zusammensetanng  beliebiger  räumlicher  Opera- 
tionen. Zwei  Baumgebilde  S  und  S^y  welche  einander  spiegel- 
bildlich gleich  sind,  können  folgendermassen  in  einander  ver- 
wandelt werden.  Man  construire  bezüglich  einer  beliebigen 
Ebene  e  das  Spiegelbild  S'  von  S;  dasselbe  ist  mit  S^  con- 
gruent  und  kann  daher  durch  Bewegung  in  die  Lage  8^  über- 
geführt werden.  Zur  Herstellung  der  Coincidenz  bedarf  es 
also  einer  Spiegelung  in  Verbindung  mit  einer  Bewegung. 
Wir  bezeichnen  diese  Operation  als  eine  allgemeine  räumliche 
Operation  zweiter  Art;   im   Gegensatz   hierzu   sollen   die   Be* 


—    341     — 

wegungen  ailgemeifie  räumliche  Operationen  erster  Art  heissen. 
Endlich  werden  die  Operationen  erster  und  zweiter  Art  mit 
gemeinsamem  Namen  räumliche  Operationen  oder  kurz  Opera- 
tionen genannt  werden.  Auch  die  Zusammensetzung  beliebiger 
raumlicher  Operationen  gehorcht  den  Bechnungsregeln;  welche 
auf  der  Einfährung  des  Productbegrififes  beruhen.  Jede  Folge 
räumlicher  Operationen  führt  nämlich  den  Ausgangskörper  S 
immer  in  einen  ihm  congruenten  oder  spiegelbildlich  gleichen 
Körper  über,  und  ist  daher  in  allen  Fällen  einer  einzigen 
Operation  erster  oder  zweiter  Art  äquivalent.  Damit  ist  aber 
die  fundamentale  Thatsache,  welche  die  Anwendbarkeit  des 
Productbegriffes  gestattet,  nachgewiesen;  wir  dürfen  daher 
folgende  Definition  aufstellen  : 

TJfUer  einem  Product  von  belid>igen  räumlichen  Operationen 
2  und  2R  verstehen  wir  diejenige  Operation  91,  welche  eintritt, 
wenn  erst  die  Operation  2  und  dann  die  Operation  3Jl  ausge- 
führt wird. 

Wir  bezeichnen  dies  wieder  durch  die  Gleichung 

Sind  £  und  3Jt  Operationen  zweiter  Art,  so  ist  ihr  Pro- 
duct eine  Operation  erster  Ari  Denn  verwandelt  Ä  den  Kör- 
per S  in  den  ihm  spiegelbildlichen  gleichen  Körper  S\  so 
fahrt  SK  den  Körper  S'  in  einen  mit  S  congruenten  Körper  S^ 
über;  d.  h. 

Lehrsatz  XI.  Das  Product  von  zwei  Operationen  zweiter  Art 
ist  stets  eine  Operation  erster  Art,  d.  h,  eine  Bewegung. 

§  7.  Diese  Bewegung  soll  für  die  einfachsten  Fälle,  soweit 
dies  nicht  schon  im  Gap.  III  des  ersten  Abschnittes  geschehen 
ist^  hier  bestimmt  werden. 

Es  seien  die  beiden  Operationen  zweiter  Art  zwei  einfache 
Spiegelungen  @  und  @^  an  den  parallelen  Ebenen  6  und  ö^. 
Der  Abstand  beider  Ebenen  sei  e.  um  die  resultirende  Be- 
wegung, welche  gleich  denl  Product  von  ©  und  ©^  ist,  zu 
bestimmen,  genügt  es,  die  Bewegung  der  Ebene  6  zu  er- 
mitteln. Nun  bleiben  alle  Punkte  von  ö  bei  der  Spiegelung  @ 
in   Ruhe;   in  Folge   der  Spiegelung  @^   entsteht   aus  jedem 


-     342    — 

ihrer  Punkte  A  sein  Spiegelbild  A^  bezüglich  ö^y  und  zwar 
steht  AA^  auf  0  resp.  0^  senkrecht.  Femer  ist  nach  Grosse 
und  Richtung 

AA^  =  2c. 

Die  resultirende  Bewegung  ist  daher  eine  Translation  von  der 
Grosse  2e.  Findet  erst  die  Spiegelung  gegen  0^  statt,  so  hat 
die  resultirende  Translation  entgegengesetzte  Sichtung.  Wir 
bezeichnen  die  Translation  AA^  durch  %y  so  gilt  die  Gleichung 

1)  ©©1  =  2;. 

Multipliciren  wir  dieselbe  noch  mit  @  resp.  @^,  so  folgt,  da 
@*  =  1  und  ©1«  =  1  ist, 

2)  @,  =  <B%    und 

3)  ©  =  201, 
und  dies  fahrt  zu  folgendem 

Lehrsatz  XII.  Zwei  Spiegdungen  @  und  ©^  an  den  pa- 
rallelen Ebenen  0  und  0^  und  eine  Translation  2,  welche  gleich 
dem  doppelten  Abstand  von  0  und  0^  ist,  sind  drei  Operationen 
von  der  Arty  dass  das  Product  von  eweien  derselben  der  dritten 
äquivalent  ist 

Damit  der  Satz  für  jede  Reihenfolge  der  Operationen 
richtig  bleibt,  haben  wir  der  Translation  eventuell  die  ent- 
gegengesetzte Richtung  zu  ertheilen. 

Es  sei  U  eine  Umklappung  um  eine  zur  Ebene  0  senk- 
rechte Axe,  welche  die  Ebenen  0  und  0^  in  A  und  A^  schneidet^ 
80  ist  U^  =  1,  also  folgt,  wenn  wir  die  Gleichung  1)  links 
mit  U*  multipliciren, 

4)  UU©©i  =  2. 

Aber  U  und  ©  sind  nach  Cap.  I,  VII  des  ersten  Abschnitts 
yertauschbare  Operationen,  also  geht  diese  Gleichung  in 

5)  U@U©i  =  2 

über.  Beachten  wir  nun,  dass  U©  und  U@i  gemäss  Cap.  II, 
VIII  des  ersten  Abschnitts  die  Inversionen  3  resp.  3i  g^gen 
A  und  A^  sind,  so  folgt 

33x  =  2, 

und  hieraus  ergiebt  sich 


-    343    - 

demnach  erhalten  wir: 

Lehrsatz  Xill.  Dcls  Produd  von  ztvei  Inversionen  ist  eine 
Translation,  die  gleich  dem  doppelten  Abstand  beider  Inversions- 
centra  ist  Das  Produd  aus  einer  Inversion  und  einer  Trans- 
lation  ist  eine  Inversion;  der  Abstand  beider  Inversionscentra  ist 
gleich  der  Hälfte  der  Translation. 
•    Aus  Gleichung  2)  ergiebt  sich,  da  wieder  U*  =  1  ist, 

oder,  da  U@  =  3  ist, 

®^  =  3U3;. 

Nun  ist  Vi%  eine  Schraubenbewegung  vom  Winkel  ^,  deren 
Axe  UUi  und  deren  Translationscomponente  2e  ist;  bezeich- 
nen wir  sie  durch  %,  so  folgt 

©1  -  3Sl. 
Multipliciren  wir  diese  Gleichungen  linksseitig  mit  3;  so  er- 
giebt sich 

3@i-Sl, 
und  hieraus  endlich  folgt  durch  Multiplication  mit  ©^ 

3  =  Sl©i. 
Dies  fährt  zu  folgendem 

Lehrsatz  XIV.  Eine  Spiegelung  ©  gegen  6,  eine  Inversion  3, 
deren  Centrum  den  Abstand  e  von  0  hat,  und  diejenige  Schrauben- 
bewegung  vom  Winkel  sr,  deren  Axe  in  e  ftUU,  ^  ^^ 

und  deren  Translationscomponente  2e  ist,  sind         _^ v^' 

drei  Operationen  von  der  Art,  dass  das  Pro- 
dud von  evoeien  derselben  der  dritten  äqui- 
valent ist.  r- 

Endlich  beweisen  wir  den  folgenden        / 

Lehrsatz  XV.   JSine  Spiegdung  und  eine 
ssur  spiegelnden  Ebene  parallele   Translation 


7 


sind  vertauschbare  Operationen.  l^ 

Denn  gelangt  der  Punkt  A  (Fig.  42)  ^  ^ 
durch  Spiegelung  an  der  Ebene  6  nach  A'  und  von  da  durch 
die  Translation  %  nach  Ai  und  construirt  man  das  Rechteck 
AA^A^A',  so  ist  ersichtlich,  dass  die  Translation  mit  nach- 


-     344    — 

folgender  Spiegelung  den  Punkt  A  über  A^  ebenfalls  nach 
A^  führt. 

§  8.  Die  typischen  Formen  der  räumlichen  Operationen 
zweiter  Art.  Wir  wollen  noch  die  Aufgabe  lösen  ^  die  ein- 
fachsten Typen  der  allgemeinen  Operationen  zweiter  Art  zu 
finden.  Bringt  die  Operation  fi  den  Körper  8  mit  dem  ihm 
spiegelbildlich  gleichen  Körper  S'  zur  Coincidenz,  so  seien 
A  und  A'  irgend  zwei  entsprechende  Punkte  beider  Körpf^r. 
Man  ertheile  nun  dem  Körper  S  zunächst  die  Translation 
AA'  =  %\  sie  führt  A  nach  A'  über,  und  es  bedarf,  um  S 
mit  S'  zur  Deckung  zu  bringen,  nur  noch  einer  solchen  Ope- 
ration zweiter  Art,  welche  den  Punkt  A'  unverändert  lässt. 
Diese  Operation  zweiter  Art  ist  im  Allgemeinen  einer  Spie- 
gelung @  in  Verbindung  mit  einer  Drehung  S(  äquivalent^ 
deren  Axe  auf  der  spiegelnden  Ebene  senkrecht  steht  Es  be- 
steht daher  im  Allgemeinen  die  Gleichung 

2  =  3;«©. 

Nun  lässt  sich  aber  das  Product  %%  gemäss  Lehrsatz  YIII 
durch  eine  Drehung  um  eine  mit  a  parallele  Axe  a^  und  eine 
ihr  pasallele  Translation  ersetzen,  folglich  ergiebt  sich  für  £ 
ein  Ausdruck  von  der  Form 

Aber  nach  Satz  Xu  ist  das  Product  3^1  @,  da  die  Translation 
zur  spiegelnden  Ebene  senkrecht  liegt,  einer  einzigen  Spiege- 
lung @|  äquivalent,  deren  Ebene  6^  ebenfalls  senkrecht  zu  a^ 
ist;  also  folgt  schliesslich 

die  Operation  £  ist  daher  einer  solchen  Operation  zweiter  Art 
äquivalent,  die  einen  Punkt  unverändert  lässt  und  die  wir 
früher  als  Drehspiegelung  bezeichnet  haben.     (Vgl.  S.  29.) 

Eine  Ausnahme  in  den  vorstehenden  Schlussfolgerungen 
ist  nur  in  dem  besonderen  Fall  möglich,  dass  die  Operation 
zweiter  Art,  welche  den  Punkt  A'  unverändert  lässt,  eine 
reine  Spiegelung  ©  ist.    Alsdann  hat  fi  den  Werth 


—    345    — 

Ersetzen  wir  nun  %  durch  zwei  andere  Translationen  ^  und 
%^,  die  resp.  parallel  und  senkrecht  zur  spiegelnden  Ebene  ö 
gerichtet  sind^  so  folgt 

und  da  ^@  nach  Satz  XII  der  Spiegelung  @i  an  einer  zu  ö 
parallelen  Ebene  6^  äquivalent  ist,  so  ergiebt  sich  schliesslich 

2  =  2;,©., 

WO  die  Translation  X|  der  spiegelnden  Ebene  ö^  parallel  läuft. 
Beachten  wir  noch,  dass  %^  und  ©^  gemäss  Satz  XV  yer- 
tauschbare  Operationen  sind,  so  erhalten  wir  folgendes  Re- 
sultat : 

Lehrsatz  XVL  Es  giebt  ewei  verschiedene  Typen  von  räum- 
lichen Operationen  eweiier  Art  Entweder  sind  sie  solche  Opera- 
tionen ßweiter  Art,  die  einen  l^nkt  unverändert  lassen,  oder  sie 
sind  einer  Spiegeltmg  in  Verbindung  mit  einer  mr  spiegelnden 
Ebene  parallelen  Translation  äquivalent.  Die  Beihenfolge  der 
Spiegelung  und  der  Bewegung  ist  für  beide  Arten  von  Opera- 
tionen beliebig. 

Diese  beiden  Arten  von  Operationen  zweiter  Art  sollen 
durch 

©(cd)     resp.     ©(0 

bezeichnet  werden,  wo  (o  der  Drehungswinkel  för  die  Opera- 
tionen vom  ersten  Typus  und  t  die  Translationscomponente 
für  diejenigen  vom  zweiten  Typus  ist.  Die  Operation  ©(o) 
ist,  wie  bereits  erwähnt,  im  ersten  Abschnitt  (S.  29)  Breh- 
Spiegdung  genannt  worden;  analog  dazu  soll  die  Operation 
©(^)  eine  Gleitspiegelung  heissen.  Die  einfachsten  Operationen 
@(fi>)  sind  die  Inversion  und  die  Spiegelung;  sie  entsprechen 
den  Winkeln  a>  »»  ^  und  cj  -«  0.  Die  Spiegelung  kann  auch 
als  specieller  Fall  der  Operation  ©(^)  betrachtet  werden, 
nämlich  als  derjenige,  welcher  dem  Werth  t'^O  entspricht. 
Bemerkung.  Die  typischen  Formen  der  räumlichen 
Operationen  zweiter  Art  stehen  denjenigen,  welche  wir  für 
die  allgemeinsten  Bewegungen  ermittelt  haben,  parallel  zur 
Seite.  Die  bezüglichen  Resultate  entsprechen  sich  durch- 
gehends.     Beide  Arten  von  Operationen  theilen  sich  in  zwei 


-     346    - 

grosse  Classen^  in  solche,  die  —  mindestens  —  einen  Raum- 
punkt  unverändert  lassen,  und  solche,  fOr  welche  dies  nicht 
der  Fall  ist.  Für  die  Bewegungen  wird  die  erste  Classe  aus 
den  Drehungen,  die  zweite  aus  den  Schraubenhewegungen  ge- 
bildet; für  die  Operationen  zweiter  Art  gehört  in  die  erste 
Glasse  die  Spiegelung  und  die  Drehspiegelung  @(a)),  in  die 
zweite  Classe  die  Gleitspiegelung  ©  (t).  In  beiden  Fällen  be- 
stehen die  Operationen  der  zweiten  Classe  aus  einer  einfach- 
sten Operation  der  ersten  Classe  in  Verbindung  mit  einer 
Translation;  und  wie  bei  der  Schraubenbewegung  die  Trans- 
lationscomponente  der  Drehungsaxe  parallel  ist,  so  ist  die 
Translationscomponente  der  Gleitspiegelung  der  spiegelnden 
Ebene  parallel.  Endlich  ist  die  allgemeinste  Operation  der 
zweiten  Classe  in  beiden  Fällen  dadurch  ausgezeichnet,  dass 
ihre  Gomponenten  yertauschbare  Operationen  sind.  Dies  trifft 
sowohl  für  die  Schraubenbewegung  wie  für  die  Gleitspiegelung 
zu,  wie  es  überhaupt  ein  Kennzeichen  aller  typischen  Opera- 
tionen ist,  die  sich  aus  zwei  unyerschmelzbaren  Bestandtheilen 
zusammensetzen. 

§  9.  Gesetz  des  IsomorphismnB  für  beliebige  Opera- 
tionen. Wir  beweisen  schliesslich  noch  einige  Sätze  über  be- 
liebige Operationen,  welche  den  in  §  4  und  5  über  Bewegungen 
abgeleiteten  Sätzen  analog  sind. 

Es  sei  S  zunächst  eine  Operation  zweiter  Art  von  der 
Form  ©(0«  Wir  multipliciren  sie  mit  beliebigen  Trans- 
lationen, betrachten  also  das  Product 

91  =  Ij SCg  .  .  .  %n ä%^%^    ...  jtm  • 

Nun  sei  wieder  %  das  Product  der  ersten  n  Translationen, 
und  X'  diejenige  Translation,  welche  den  m  letzten  Trans- 
lationen äquivalent  ist.  Wir  ersetzen  2  durch  2,©,  wo  I,  die 
Translation  von  der  Länge  t  bedeutet,  und  zerlegen  %  resp. 
%'  in  die  Componenten  %n,  %p,  %nj  ^p  senkrecht  und  pa- 
rallel zur  Ebene  <r,  so  folgt 


—    347     — 

Nan  ist  aber  nach  Satz  XII  das  Product  %n®%^'  der  Spie- 
gelung @i  an  einer  za  6  parallelen  Ebene  6^  äquiyalent, 
also  folgt 

Vertauschen  wir  endlich  %p'  und  @|y  so  folgt  schliesslich 

wo  %"  eine  zur  spiegelnden  Ebene  parallele  Translation  ist. 
Ist  zweitens  2  eine  Operation  ©(cd),  also  von  der  Form 
SKy   so    ergiebt   sich  ein  analoges  Resultat.     Wir   gelangen 
zunächst  wieder  zu  der  Gleichung 

Nun  ist  den  vorstehenden  Rechnungen  gemäss  das  Pro- 
duct der  ersten  drei  Operationen  jedenfalls  von  der  Fo/m 
@i%p"  und  das  Product  der  letzten  drei  Dach  Satz  VI  von 
der  Form  X/'«,,  also  folgt 

Vertauschen  wir  nun  noch  5£/'  mit  %n"  und  ersetzen  dann 
gemäss  Satz  XII  resp.  V  ©i^«''  durch  ©^  und  I/'^^i  ^^^^^ 
K^y  so  ergiebt  sich  schliesslich 

SR  =  ©,«3. 
Die  Axe  a^  ist  zu  a  parallel,  die  Drehungswinkel  für  %  und 
Stg  sind   gleich  y  und  die   spiegelnden  Ebenen   von  ©  und  ©^ 
sind  ebenfalls  parallel.     Alsp  folgt: 

Lehrsatz  XVIL  Wird  eine  Operation  zweiter  Art  beliebig 
mit  Translaiionen  mnltiplicirty  so  unrd  dadurch  die  spiegelnde 
Ebene  resp.  die  Drehungsaxe  im  Allgemeinen  verlegt,  aber  die 
Richtung  von  Axe  und  Ebene  sowie  der  Drehungsunnkel  bleiben 
ungeändert. 

Dieser  Satz  steht  dem  in  §  5  abgeleiteten  Lehrsatz  IX 
parallel  zur  Seite.  Es  empfiehlt  sich  daher,  auch  fiir  Opera- 
tionen zweiter  Art  den  Begriff  des  Isomorphismus  einzuführen. 
Wie  wir  zu  einer  Drehung  %{a)  jede  Schraubenbewegung 
^(cCft^  als  isomorph  betrachten,  wenn  die  Axen  a  und  a, 
parallel  sind,  so  soll  auch  die  Operation  ©i(0  ^^^  Spiegelung  © 


-     348    — 

isomorph  heissen,  wenn  die  Ebenen  6  und  öj^  parallel  sind  u.  d.w. 
Wir  stellen  daher  folgende  allgemeine  Definition  auf: 

Zwei  Operationen  heissen  isomorph ,  wenn  sie  in  der  Rich- 
tung der  Axe  und  spiegelnden  Ebene^  sowie  in  der  Grösse  des 
Drehungstmnkels  übereinstimmen. 

Unter  allen  isomorphen  Operationen  sind  stets  diejenigen 
die  einfachsten ;  die  einen  Punkt  unverändert  lassen;  ausser- 
dem ist  klar,  dass  zu  jeder  Operation  fi  erster  oder  zweiter 
Art  solche  isomorphe  Operationen  existiren.  Wir  werden  die 
letzteren  von  nun  an  als  Punktoperationen  bezeichnen.  Ferner 
sollen  wie  oben  in  §  5  die  bezüglichen  Axen  und  Ebenen 
der  isomorphen  Operationen  isomorphe  Axen  resp.  isomorphe 
Ebenen  genannt  werden.  Endlich  ist  im  besondem  zu  be- 
merken,  dass  gemäss  dem  vorstehenden  Satz  jede  mit  einer 
Inversion  isomorphe  Operation  selbst  eine  Inversion  ist,  und  dass 
alle  Translationen  unter  einander  und  jede  mit  der  Identität  iso- 
morph ist.  Für  die  Translation  fehlt  nämlich  sowohl  Axe,  als 
Ebene,  als  Drehungswinkel;  eine  analoge  Punktoperation  ist 
aber  nur  die  Identität. 

Seien  jetzt  fi  und  SD{  irgend  zwei  beliebige  räumliche 
Operationen  erster  oder  zweiter  Art.  Welcher  Art  auch  die 
Operation  SD?  sei,  sie  besteht,  wie  §  8  lehrt,  aus  zwei  Theilen, 
deren  einer  eine  Translation  X^  ist,  während  der  andere  SR' 
eine  Punktoperation  ist.  Es  sei  0  der  feste  Punkt  der  Ope- 
ration 3R'.  Nun  sei  0'  derjenige  Punkt,  welcher  in  Folge  der 
Operation  S  nach  0  gelangt,  so  lässt  sich,  wie  wir  in  §  3 
resp.  §  8  gezeigt  haben,  die  Operation  £  in  allen  Fällen  durch 
die  Translation  %  ersetzen,  welche  0'  nach  0  überführt,  und 
durch  eine  zu  ß  isomorphe  Punktoperation  Ä'  gegen  den 
Punkt  0.     Also  besteht  die  Gleichung 

Nun  sei 

ß'aR'  =  SR', 

so  dass  31'  ebenfalls  eine  Punktoperation  gegen  0  als  festen 
Punkt  ist.     Wird  nun 

S2R  =  SR 


—    349    — 

gesetzt,  so  ist 

91  =  SS«'!,, 

also  sind  91  und  91'  isomorphe  Operationen.  Die  Axenrichtung, 
die  Ebenenrichtung  und  der  Drehungswinkel  der  resultirenden 
Operation  9^  hängen  daher  nur  von  den  analogen  Elementen 
der  Operationen  2  und  Tl  ab.  Dasselbe  gilt  augenscheinlich 
für  beliebig  viele  Operationen;  also  folgt: 

Hauptsatz  m.  Bei  der  Zusammensetzung  beliebiger  Opera- 
tionen bestimmt  sich  die  Richtung  der  resultirenden  Axe  und 
Ebene,  sowie  der  resultirende  Drdiungsmnkd  nadi  denselben  Ge- 
setzen ^  welche  die  Zusammensetmng  der  Operationen  an  einem 
festen  Punkt  regeln. 

Dies  lässt  sich  auch  dahin  aussprechen,  dass  bei  der  Zu- 
sammensetzung beliebiger  Operationen  die  Art  der  resultiren- 
den Operation  von  allen  Translationen  unabhängig  ist.  Die 
letzteren  kommen  nur  fOr  die  Lage  der  resultirenden  Axe 
oder  Ebene,  sowie  ftir  die  Grösse  der  bezüglichen  Trans- 
lationscomponente  in  Frage. 

Das  im  Hauptsatz  formulirte  Gesetz  wollen  wir  das  Gesetz 
des  Isomorphismus  für  die  Zusammensetzung  beliebiger  Opera- 
tionen nennen. 

§  10.  Beispiele.  Nachdem  das  Gesetz  des  Isomorphismus 
in  seiner  allgemeinsten  Form  abgeleitet  worden  ist,  kann  die 
resultirende  Operation  in  jedem  besonderen  Fall  leicht  er- 
mittelt werden.  Um  die  dem  Product  der  Operationen  2  und 
9R  äquivalente  Operation  91  zu  iSnden,  yerfährt  man  in  den 
meisten  Fällen  am  zweckmässigsten  so,  dass  man  zunächst 
auf  Grund  von  Gap.  III  des  ersten  Abschnittes  die  Art  der 
resultirenden  Operation,  also  die  Richtung  ihrer  Axe  und  Ebene, 
sowie  den  Drehungswinkel  bestimmt,  und  dann  durch  Be- 
trachtung einiger  ausgezeichneten  Punkte  die  noch  unbekannte 
Lage  der  resultirenden  Axe  und  Ebene  sowie  die  bezüglichen 
Translationscomponenten  zu  ermitteln  sucht.  Im  Allgemeinen 
führt  dieser  Weg  unmittelbar  zum  Ziel.  Einige  Beispiele 
mögen  die  Anwendbarkeit  der  vorstehenden  Erwägungen  ver- 
anschaulichen. 


—     350    — 

"^  Es  seien  u  und  Wj  zwei  sich  unter  dem  Winkel  a  kreu- 
zende zweizählige  Symmetrieaxen ;  die  zugehörigen  Bewegungen 
U  und  Uj  sind  daher  Drehungen  um  den  Winkel  x.  Die  iso- 
Fig.  43.  morphen  Operationen  sind  Umklappungen  um  zwei 
Axen  u  und  «i',  die  sich  unter  dem  Winkel  a 
^  schneiden.  Nach  Cap.  IV,  4  des  ersten  Abschnittes 

ist  daher  die  aus  U  und  U|  resultirende  Bewe- 

B:  gung  einer  Drehung  isomorph,  deren  Axe  a  zu 

u  und  %  senkrecht  liegt  und  deren  Winkel  2a 
ist.  Es  ist  leicht  zu  zeigen,  dass  die  Axe  a  das 
^>s..,^  gemeinsame  Loth  von  u  und  Uj  ist.  Sind  näm- 
lich (Fig.  43)  Ä  und  Ä^  die  Schnittpunkte  von  a 
mit  u  und  tf^,  so  sind  die  Endlagen  beider  Punkte  nach  Ein- 
tritt der  ümklappungen  U  und  Uj  auf  der  Oeraden  a  ent- 
halten; die  Gerade  a  ändert  daher  ihren  Ort  nicht  und  ist 
die  Schraubenaxe.  Da  femer  Ä  während  der  ümklappung  U 
seinen  Ort  nicht  ändert  und  durch  die  Umklappung  U^  in 
einen  Punkt  A^  fallt,  so  dass  ÄA^  =»  2AA^  ist^  so  ist 

AA^  =  2AA,  =  t 

die  Translationscomponente  der  Schraubenbewegung;  d.  h. 

Lehrsatz  XVni.  Das  Product  von  jstoei  Umlclappungen, 
deren  Axen  u  imd  u^  sich  unter  einem  Winkel  a  1creu0en,  ist 
eine  Scivraubenbewegung  vom  Winkel  2a,  deren  Axe  in  das  ge- 
meinsame Loth  von  u  und  u^  ßüt  und  deren  Translationscom- 
ponente das  doppelte  dieses  Lothes  ist. 

Ein  zweites  Beispiel  sei  das  folgende.  Wie  im  ersten 
Abschnitt,  Cap.  II,  7,  bewiesen  wurde,  besteht  die  Gleichung 

©©i  =  a(2a), 

wenn  @  und  ©^  zwei  Spiegelungen  sind,  deren  Ebenen  6  und 
<T|  sich  unter  dem  Winkel  a  in  der  Geraden  a  schneiden. 
Setzen  wir  jetzt  ©^  als  Gleitspiegelung  <B{t)  voraus,  deren 
Translation  ^  zu  a  parallel  ist,  so  ist  das  Product  ©©^  jeden- 
falls der  Drehung  %  isomorph.  Nun  ändert  die  Schnittlinie  a 
von  6  und  6^  bei  keiner  der  Operationen  ©  und  ©^  ihren 
Platz,    sie   ist   daher   die   Axe   der   resultirenden    Bewegung. 


-     351    — 

Endlich  ist  klar^  dass  t  die  bezügliche  Translationscomponente 
ist.     Hieraus  ergeben  sich  leicht  die  folgenden  Sätz6: 

Lehrsatz  XIX.  Bas  Product  van  etoei  Operationen  @  und 
@  (i),  deren  Ebenen  sich  unter  dem  Winkel  a  schneiden,  ist  eine 
Schratihenbetvegung  %{2a,t)  um  die  Schnittlinie  der  Ebenen 
als  Axe. 

Das  Product  aus  einer  Schraiibenbewegung  %(2a,t)  und 
einer  Spiegelung ,  deren  Ebene  6  durch  die  Axe  a  geht,  ist  eine 
Gleitspiegelung  ©j  {t\  deren  Ebene  6^  mit  a  den  Winkel  a  bildet. 

Das  Product  aus  der  Drehung  Sl(2a)  und  der  Gleitspiege- 
lung ®{t)  an  der  durch  a  gehenden  Ebene  6  ist  einer  Gleit' 
Siegelung  @i(0  äquivalent,  deren  Ebene  6^  durch  a  geht  und 
mit  0  den  WinJcel  a  bildet 

§  11.  Die  transformirten  Operationen.  Sind  S((a)  und 
99  (ß)  Drehungen^  deren  Axen  a'  und  b'  sich  in  einem  Punkt  0 
schneiden,  so  ist  (vgl.  S.  186)  das  Product 

wenn  b^'  diejenige  Axe  ist,  in  welche  die  Axe  b'  durch  die 
Drehung  um  a   gelangt.    Sind  nun 

fö(a,ta)    und     fö(ß,tö) 

irgend  zwei  Schraubenbewegungen,  deren  Axen  a  uud  b  mit 
a'  und  V  parallel  sind,  so  folgt  zunächst,  dass  diejenige  Be- 
wegungy  welche  durch  das  analoge  Product 

dargestellt  wird,  der  Drehung  ^^  isomorph  isi^ 
so  dass  ihre  Axenrichtung  und  ihr  Drehungs- 
winkel mit  der  Axenrichtung  und  dem  Drehungs- 
winkel von  33/  übereinstimmen.  Nun  (Fig.  44) 
sei  bi  diejenige  Gerade,  in  welche  b  durch  die 
Bewegung  %  übergeht,  so  fällt  umgekehrt  die 
Gerade  b^  durch  die  Bewegung  Sl~^  mit  b  zu- 
sammen. Die  dann  folgende  Bewegung  93  ver- 
schiebt die  Axe  b  in  sich  selbst,  und  wenn  nun 
die  Bewegung  %  eintritt,  so  gelangt  die  Gerade  6^,  von  der 
wir   ausgingen,    wieder    in   ihre   ursprüngliche   Lage   zurück. 


—    352     - 

Ist  jetzt  B^  irgend  ein  beliebiger  Punkt  von  &i,  ist  ferner  B 
derjenige^  Punkt  von  6,  in  welchen  B^  durch  die  Bewegung 
Ä""^  übergeführt  wird,  und  sind  endlich  JB'  und  B^  diejenigen 
Punkte  von  b  resp.  b^^  fQr  welche  der  Länge  nach 

BB'  =  B,B;  =  h 

ist,  so  fallt,  da  es  sich  stets  um  Decklagen  handelt,  der  Punkt 
B^  in  Folge  der  Bewegungen  81"^,  S8  und  %  augenscheinlich 
mit  B^  zusammen.  Das  Product  8l~^S3Sl  hat  daher  die  näm- 
liche Bedeutung,  wie  für  Drehungen  um  einen  festen  Punkt^ 
und  es  folgt: 

Lehrsatz  XX.  Das  Broduct  H-iSB«  bedeutet  eine  Schrauben- 
bewegung  um  diejenige  Axe  \j  in  welche  die  Äxe  b  in  Folge 
der  Bewegung  %  übergeht.  Drehungswinkel  und  Translations- 
componente  haben  die  gleiche  Grösse,  toie  für  die  Bewegung 
93  selbst 

Wir  nennen  die  Bewegung  S3i  die  mit  %  transformirte 
Bewegung  93,  oder  auch  diejenige,  welche  aus  93  durch  Trans- 
formation mit  91  hervorgeht  Zu  beachten  ist,  dass  auch  die 
Translationscomponente  von  93^  diejenige  geometrische  Strecke 
ist,  in  welche  t^  durch  die  Bewegung  Ä  übergeführt  wird. 
Sie  stimmt  daher  mit  4  im  Allgemeinen  nur  in  der  Länge 
überein. 

§  12.  Ein  gleichlautender  Satz  gilt  für  beliebige  Opera- 
tionen S  und  SD?.  Wir  beweisen  ihn  zunächst,  was  bisher 
noch  nicht  geschehen  ist,  für  Operationen  in  Bezug  auf  einen 
festen  Punkt  0.  Die  Punktoperationen  S'  und  SK'  sind  an 
irgend  welche  durch  0  gehende  Axen  oder  Ebenen  gebunden; 
wir  bezeichnen  sie  durch  V  resp.  m'.  Nun  sei  wieder  m^'  die- 
jenige Axe  oder  Ebene,  in  welche  m'  durch  die  Operation  &' 
gelangt,  so  folgt,  dass  w/  in  Folge  der  Operation  S'"~*  nach 
m'  gelangt,  während  der  Operation  SR'  sich  nicht  ändert  und 
durch  &'  wieder  nach  m^    zurückgeführt  wird;  daher  ist 

1)  S'-^a»'S'  =  SR/, 

wenn  ÜR^'  eine  Operation  ist,  welche  an  die  Axe  oder  Ebene 
m^   gebunden  ist.     Es  ist  nun  noch  zu  zeigen,  dass  zu  3!fti 


—    353     - 

derselbe  Drehungswinkel  gehört,  wie  zu  ÜK'.  Nun  sei  p  die 
niedrigste  Potenz  von  äR',  für  welche 

ist,  so  folgt,  dass  auch 

2)  m,'p  =  2'-»aÄ'S' .  S'-^STO'S' . . .  fi'-^2K'S' 

=  S'-^SR'-Pß'  ==  S'-ifi'  =  1 

ist  Der  Drehungswinkel  von  3R^'  ist  daher  entweder  gleich 
demjenigen  von  ^\  oder  er  ist  ein  Vielfaches  desselben. 
Andrerseits  geht  die  obige  Gleichung  1)  durch  linksseitige 
resp.  rechtsseitige  Multiplication  mit  S'  und  S'""^  in 

3)  2R'  =  s'aK;s'-i 

über,  und  hieraus  kann  auf  die  nämliche  Art  geschlossen 
werden,  dass  der  Drehungswinkel  von  SD{'  gleich  demjenigen 
von  3Sli  ist  oder  ein  Vielfaches  von  ihm.  Dies  läset  sich 
aber  nur  dann  vereinigen,  wenn  beide  D'rehungswinkel  ein- 
ander gleich  sind,  also  folgt: 

Sind  ß'  und  STO'  jsivei  beliebige  Operationen,  welche  einen 
trinkt  0  unverändert  lassen,  so  ist  das  Produet  Ä'~*SDl'S'  der- 
jenigen Operation  äquivalent,  deren  Axe  oder  Ebene  aus  der- 
jenigen von  SK'  durch  die  Operation  S'  hervorgeht,  und  deren 
Drehungswinkel  mit  demjenigen  von  Wt-  übereinstimmt 

Ist  die  Operation  S'  eine  solche  der  zweiten  Art,  so  ver- 
wandelt sie  jeden  Gegenstand  in  sein  Spiegelbild.  Es  erhebt 
sich  daher  die  Frage,  ob  auch  für  diejenigen  Operationen, 
welche  durch  Transformation  mit  S'  hervoi^ehen,  etwas  ähn- 
liches statt  hat,  oder  genauer  gesprochen,  ob  für  die  trans- 
formirte  Operation  301^  der  Drehungswinkel  den  umgekehrten 
Sinn  haben  kann,  wie  für  die  Operatfon  STO'.  Diese  Frage  ist 
im  vorstehenden  noch  nicht  geprüft  worden;  wir  haben  bis- 
her nur  die  Grösse  des  bezüglichen  Winkels  der  Betrachtung 
unterworfen. 

Fassen  wir  zunächst  den  einfachsten  Fall  in's  Auge,  der 
sich  denken  lässt.  Wir  setzen  zu  diesem  Zweck  2'  als  Spie- 
gelung @  und  SOt'  als  Drehung  %  um  eine  zur  spiegelnden 
Ebene   senkrechte  Axe  voraus.     In  diesem  Fall  ergiebt  sich 

SohoenflieSf  Erjriiallstruotar.  23 


-^     354    — 

anmittelbar,  dass  der  Punkt  A  durch  die  Operationen  @~^, 
%y  @  in  dieselbe  Lage  A^  gelangt,  in  welche  ihn  die  Dre- 
hung %  überführt.  Nun  liegt  (vgl.  §  4)  der  Definition  des 
positiven  Drehungswinkels  stets  die  Bevorzugung  einer  be- 
stimmten Axenrichtung  zu  Grunde;  wir  setzen  fest,  dass  das 
positive  Axenende  der  transformirten  Drehung  da^enige  sein  soU, 
in  welches  das  positive  Ende  der  ursprünglichen  Axe  durch 
die  Transformation  übergeht  Dem  entsprechend  müssen  wir 
schliessen,  dass  für  die  Operationen  Ä  und  ©-^81©  der  po- 
sitive Drehungssinn  verschieden  ist.  Also  folgt,  dass  durch 
Transformation  mit  ©  der  Drehungssinn  von  Sl  umgekehrt 
wird.  Dasselbe  ist  augenscheinlich  der  Fall,  wenn  statt  der 
Drehung  %  eine  um  a  als  Axe  vor  sich  gehende  Operation 
zweiter  Art,  d.  h.  eine  Drehspiegelung  vorliegt. 

^Hieraus  lässt  sich  in  einfacher  Weise  entnehmen,   dass 

.  das   gleiche  für  jede  beliebige  Operation  zweiter  Art  ft'  gilt. 

Hat  ©  dieselbe  Bedeutung  wie  bisher,  und  wird  das  Prodnct 

©S'  =  8l 

gesetzt,  so  ist  9i  eine  ganz  bestimmte  Bewegung,  und  da 
©*  =  1  ist,  so  folgt  weiter 

ß'=©8t. 

Die  Transformation  mit  fi'  ist  also  durch  die  nach  einander 
erfolgenden  Transformationen  mit  ©  und  91  ersetzbar.  Die 
erstere  ändert,  wie  wir  eben  sahen,  den  Drehungssinn,  die 
zweite  ist  eine  Bewegung  und  lässt  ihn  daher  unverändert, 
also  folgt: 

Lehrsatz  XXI.  Wird  die  Operation  SDl'  durch  die  Operation 
zweiter  Art  S'  transformirt,  so  haben  SK'  und  die  transformirte 
Operation  verschiedenen  Drehungssinn. 

§  13.  Wir  betrachten  nunmehr  zwei  beliebige  Operationen 
S  und  SD*},  welche  mit  S'  und  Tl'  isomorph  sind,  so  folgt 
zunächst  wieder,  dass  das  Product 

jedenfalls  einer  zu  23li  isomorphen  Operation  äquivalent  ist. 
Sind   femer   l   und   m  die  den   Operationen  2  resp.   3R  ent- 


—    355    — 

sprechenden  Axen  oder  Ebenen  ^  und  geht  aus  tn  durch  die 
Operation  S  die  Axe  resp.  Ebene  Wj  hervor,  so  folgt,  genau 
wie  beim  Beweise  des  Hülfssatzes,  dass  das  Product 

zu  setzen  ist,  wo  äß^  eine  mit  äß  isomorphe  Operation  ist, 
die  an  m,  gebunden  ist.  Es  ist  daher  nur  noch  zu  zeigen, 
dass  auch  die  Translationscomponenten  von  SR  und  ^i  in 
derjenigen  Beziehimg  stehen,  welche  der  oben  behauptete  Satz 
verlangt.  Ist  nun  (vgl.  hierzu  die  Fig.  44)  M^  derjenige  Punkt 
von  f»!,  welcher  in  Folge  der  Operation  S""^  in  den  Punkt  M 
von  m  gelangt,  ist  femer 

die  Transla^onscomponente  von  9R,  und  ist  endlich  M^'  der- 
jenige Punkt  von  m^,  mit  welchem  M'  durch  die  Operation  2 
zusanimenfällty  so  muss,  da  es  sich  auch  hier  immer  um  Deck- 
lagen handelt^  M^  die  Endlage  des  Punktes  M^  sein;  es  wird 
daher  die  Translationscomponente  tm^  der  Operation  9K|  durch 
die  Gleichung 

M,M,'  =  t^ 

dargestellt  Damit  ist  die  Behauptung  erwiesen.  Also  folgt: 
Lehrsatz  XXII.  Das  Product  Sr^mZ  ist  derjenigen  Ope- 
ration SWj  äquivalent,  deren  Axe  oder  Ebene  aus  der  Axe  oder 
Ebene  von  SK  durch  die  Operation  S  hervorgeht,  und  deren 
Drehungswinkel  und  Translationscomponente  die  gleiche  Grösse 
haben,  wie  für  die  Operation  SR  selbst. 

Diese  Operation  heisst  die  mit  fi  transformirte  Operation  SK. 
Auch  hier  ist  zu  beachten,  dass  die  Translationscomponenten 
nur  der  Läi^e  nach  übereinstimmen;  die  Richtung  ist  im  All- 
gemeinen eine  andere,  da  tm^  diejenige  Strecke  ist,  in  welche 
tn  durch  die  Operation  S  gelangt. 

Nach  der  Festsetzung,  die  wir  über  den  positiven  Dre- 
hungssiiui  getroffen  haben,  ist  leicht  zu  ersehen,  dass  der 
Satz  XXI  für  beliebige  Operationen  gilt.  Er  kommt  für  uns 
wesentlich  dann  in  Frage,  wenn  die  Operation  9R  eine  Schrauben- 
bewegung ^(fiyt)  und  £  eine  Operation  zweiter  Art  ist.  Für 
diesen  Fall  wollen  wir  den  Beweis,   dass   die   transformirte 

23* 


-     356    — 

Bewegung  SR^  den  entgegengesetzten  Windungssinn  hat  wie 
9K,  wirklich  führen.  Wir  fassen  zu  diesem  Zweck  zunächst 
wieder  den  einfachsten  Fall  in's  Auge^  d.  h.  wir  setzen  die 
Operation  2  als  Spiegelung  yorauS;  deren  Ebene  a  aaf  der 
Axe  a  senkrecht  steht  Wie  oben  bewiesen  wurde,  ändert  bei 
der  durch  &  erfolgenden  Transformation  der  Drehungswinkel  a 
seinen  Richtungssinn  um.  Die  Translationscomponente  t  ändert 
zwar  auch  ihren  Richtungssinn,  aber  diese  Aenderung  ist  die 
nämliche,  von  welcher  die  positive  Axenrichtung  betroffen  wird; 
in  der  Lage  der  Translation  zur  positiven  Axenrichtung  der 
transformirten  Bewegung  tritt  daher  eine  Aenderung  nicht  ein. 
Beiden  Bewegungen  kommt  daher  gemäss  §  4  verschiedener 
Windungssinn  zu.  Man  sieht  übrigens  auch  direct^  dass,  wenn 
der  Punkt  Ä  der  Ebene  0  durch  die  Bewegungen  nach  Ä^ 
gelangt,  er  in  Folge  der  Operation  @~^,  Ä,  ©  in  die  Lage  -4/ 
gelangt,  welche  das  Spiegelbild  von  A^  gegen  a  ist. 

Ist  nun  £  wieder  eine  beliebige  Operation  zweiter  Art, 
und  91  diejenige  Bewegung,  so  dass 

@S  =  8l 
ist,  so  folgt^  wegen  ©*  =  1  wieder,  dass 

Die  Transformation  mit  S  ist  daher  durch  die  Transforma- 
tionen mit  @  und  91  ersetzbar.  Die  erste  ändert  den  Win- 
dungssinn von  %  die  zweite  nicht,  also  folgt: 

Lehrsatz  XXIIL  Wird  die  Schraubenbewegung  ^(a,^)  mit 
einer  Operation  zweiter  Art  transformirt,  so  ergiebt  sich  eine 
Schraubenbewegung  ?li(a,  —t)  von  entgegengesetztem  Windungssinn. 

§  14.  Da  eine  Translation  %  als  eine  specielle  Schrauben- 
bewegung aufgefasst  werden  kann,  nämlich  als  eine  solche, 
deren  Drehungswinkel  gleich  Null  ist,  so  gilt  der  Satz  XXII 
auch,  wenn  £  oder  SR  Translationen  sind.  Der  Beweis  ergiebt 
sich  aber  auch  einfach  auf  folgende  Weise.  Ist  zunächst  £ 
eine  Translation  %,  so  steht  das  Product 

in  Frage.  Nach  dem  Hauptsatz  des  §  9  folgt  sofort,  dass 
dieses  Product  eine  zu  9R  isomorphe  Operation  ä^i  darstellt 


-     357     - 

Ist  nun  i»|  wieder  diejenige  Axe  resp.  Ebene,  in  eiche  m 
durch  die  Translation  %  übergeht,  so  lässt  sich  in  derselben 
Weise,  wie  bisher,  zeigen,  dass  SK^  die  verlangten  Eigen- 
schaften besitzt.  Ist  zweitens  die  Operation  SR  eine  Trans- 
lation %,  so  ist  nach  demselben  Satz  das  Product. 

der  Identität  isomorph  und  ist  daher  selbst  eine  Translation. 

Stellt  man    die  Translation  %   (Fig.  45)    durch    die  Strecken 

AB  =  BG  dar  und  nennt  Ä.  B.  =  B.  G 

Fig.  45.  1111 

diejenigen  Strecken,  welche  aus  AB  resp. 
BC  bei  der  Operation  2  hervorgehen,  so 
ist  A^Bi  resp.  Bj^C^  die  transformirte 
Translation;  denn  die  Operationen  2""^, 
%,  2  bringen  A^B^  der  Reihe  nach  in 
die  Lagen  AB^  BC,  B^C^,  und  damit 
ist  die  Behauptung  erwiesen. 
Sind  endlich  beide  Operationen  2  und  3Sl  Translationen 
%  resp.  Xj,  so  ist  das  Product 

jedenfalls  eine  Translation.  Da  aber  die  Reihenfolge  der 
Translationen  vertauschbar  ist,  so  folgt 

d.  h. 

Lehrsatz  XXIV.  Jede  Translation  wird  durch  jede  andere 
Translation  in  sich  selbst  transformirt. 

Hieraus  ziehen  wir  noch  eine  letzte  Folgerung.  Es  sei 
2  irgend  eine  Operation  erster  oder  zweiter  Art,  welche  keine 
Translationscomponente  enthält;  ferner  sei  %'  diejenige  Trans- 
lation, welche  aus  %  durch  Transformation  mit  2  hervorgeht, 
so  besteht  die  Gleichung 

&-'%&  =  %'. 

Nun  sei  2^  eine  Operation,  die  aus  2  durch  Zusatz  der  Trans- 
lation Xj^  entsteht,  so  sind  gemäss  §  8  auf  jeden  Fall  2  und 
Xi  vertauschbare  Operationen;  d.  h.  es  ist 

2,  =  £3:^  =  3:^2. 


—    358    — 
Wir  bilden 

2^-13:2^  =  2-13; -13;  X^g 

and  erhalten  gemäss  dem  vorstehenden  Satze  XXIY 

s^-i3:Si  =  s-i3;s  =  a;', 

also  folgt: 

Lehrsatz  XXV.  Die  aus  der  Translation  %  durch  fi  irans- 
formirte  Translation  %'  ist  von  der  in  2  steckenden  TransUUions- 
componente  unabhängig. 

Es  f&hren  also  beispielsweise  alle  Bewegungen  von  glei- 
chem Drehungswinkel;  die  um  dieselbe  Axe  stattfinden,  eine 
Translation  %  in  die  nämliche  Translation  %'  über. 


Sechstes  Capitel. 
Grappentheoretisclie  Hilfssätze. 

§  1.  Definition  der  Baumgruppen.  Die  Gruppen  yod 
Operationen,  deren  Eigenschaften  und  deren  Bildungsgesetze 
wir  in  den  folgenden  Entwickelungen  der  Betrachtung  zu 
unterwerfen  hatten,  enthalten,  wie  die  Translationsgruppen, 
eine  unendliche  Zahl  von  Operationen.  Sie  dienen  zur  Gha- 
racteristik  der  S.  324  erwähnten  regelmässigen  Molekelhaufen 
allgemeinster  Art  und  bestehen  aus  den  sämmtlichen  Deck- 
operationen derselben.  Indem  wir  ihre  Beziehungen  zu  den 
Molekelhaufen  vorläufig  bei  Seite  lassen,  wollen  wir  in  diesem 
Capitel  diejenigen  formalen  Gesetze  entwickeln,  welche  ihre 
Natur  und  Zusammensetzung  kennzeichnen.  Wir  haben  be- 
reits darauf  hingewiesen,  dass  sie  aus  unendlich  vielen  räum- 
liehen Operationen  bestehen  und  in  dieser  Hinsicht  einen 
Gegensatz  zu  den  im  ersten  Abschnitt  betrachteten  Gruppen 
bilden,  die  nur  je  eine  endliche  Zahl  von  Operationen  ent- 
halten. Wir  bezeichnen  von  nun  an  die  letzteren  als  Punkt- 
grufpen,  die  ersteren  dagegen  als  Baumgruppen,  d.  fa.  wir 
stellen  folgende  Definition  auf: 

Erklanmg.  Unter  einer  liaumgruppe  von  Operationen  ver- 
stehen unr  eine  unendliche  Schaar  von  räumlichen  Operationen 
von  der  Art,  dass  das  Froduct  von  irgend  zweien  dieser  Operor 
tianen  einer  der  genannten  Schaar  angehörigen  Operation  äqui- 
valent ist. 

Wir  gelangen  auf  Grund  der  vorstehenden  Definition 
Sofort  zu  zwei  wichtigen  Folgerungen. 

Es  sei  £  irgend  eine  Operation  einer  Raumgruppe  F  der 
hier   betrachteten  Art.     Da   fi   Deckoperation   eines  Molekel- 


-     360    — 

haufens  ist,  so  fiihrt  auch  die  umgekehrte  Operation  fi~^  den 
Molekelhaufen  in  sich  Ober  und  gehört  daher  der  Gruppe  F 
an.  Daraus  folgt  weiter,  dass  F  auch  die  Identität  enthält; 
denn  sie  enthält  die  Operationen  2  und  Sr'K  Demnach  er- 
giebt  sich: 

Lehrsatz  I.  Eine  Baumgruppe  F  enthält  zu  jeder  Opera- 
tion fi  die  inverse  Operation^  sowie  die  Identität. 

Da  femer  jedes  aus  irgend  zwei  Operationen  &  und  SK 
der  Raumgruppe  F  gebildete  Product  der  Gruppe  angehört, 
so  folgt: 

Lehrsatz  II.  Enthält  eine  Bmmgruppe  F  zwei  Operationen 
S  und  Wtj  so  enthält  sie  auch  die  Operation  S'^äRS,  weldie 
aus  3R  durch  Transformation  mit  ß  hervorgeht. 

Für  die  Theorie  der  Erystallstructur  kommen  nur  solche 
Raumgruppen  in  Frage,  die  aus  Operationen  von  endlicher 
Grösse  bestehen.  In  der  That,  da  der  Molekelhaufen  aus 
lauter  discreten  Molekeln  besteht,  und  da  jede  Deckoperation 
die  Molekeln  in  einander  überführt,  so  kann  es  keine  Deck- 
operation geben,  welche  eine  Ortsveränderung  yon  beliebiger 
Kleinheit  repräsentirt.  Alle  Translationscomponenten  und 
alle  Drehungs Winkel,  welche  in  die  Operationen  der  be- 
züglichen Raumgruppen  eingehen,  sind  daher  von  endlicher 
Grosse. 

Die  eben  genannte  Eigenschaft  führt,  zu  einer  wichtigen 
Consequenz;  aus  ihr  ist  nämlich  zu  folgern,  dass  jede  derartige 
Raumgruppe  F  unter  ihren  Operationen  auch  Translationen  be- 
sitzt, und  dass  die  Gesammtheit  dieser  Translaiionen  eine  räum- 
liche Translalionsgruppe  Ft  bildet.  Den  Beweis  dieses  Satzes 
müssen  wir  allerdings  an  dieser  Stelle  schuldig  bleiben;  wir 
schieben  ihn  zunächst  auf  und  ziehen  vor,  die  wirkliche  Ab- 
leitung aller  Raumgruppen,  die  für  die  Erystallstructur  in 
Betracht  kommen,  vorauszuschicken.  Wir  erlangen  dadurch 
den  Yortheil,  den  Beweisgrund  und  die  innere  Nothwendig- 
keit  des  fraglichen  Satzes  dem  Verständniss  näher  zu  bringen. 
Der  Beweis  ist  im  letzten  Capitel  enthalten  und  findet  sich 
in  §  6  desselben. 


-    361    — 

Ausdrücklich  sei  noch  bemerkt,  dass  sich  sämmtliche 
nachfolgenden  Entwickelungen  auf  Banmgruppen  der  eben 
characterisirten  Art  beziehen. 

§  2.  Die  Axenarten  der  Banmgrappen.  Nach  Satz  II 
existiren  in  der  Gruppe  F  neben  einer  Operation  S  auch  alle 
aus  ihr  durch  Transformation  erzeugten  Operationen.  Was 
Ton  den  Operationen  gilt,  gilt  auch  von  den  Axen  und  Ebenen, 
an  welche  sie  gebunden  sind.  Ist  daher  a  irgend  eine  Axe  der 
Gruppe  Fy  so  finden  sich  in  ihr  auch  alle  diejenigen  Axen 
a, ,  a, . . .  vor,  in  welche  a  durch  die  Operationen  von  F  über- 
geführt wird.  Jede  Bewegung,  welche  um  a  gestattet  ist, 
existirt  in  analoger  Form  auch  für  die  Axen  a^,  o^ . . .  und 
umgekehrt.  Ist  a  n- zählig,  so  sind  auch  aj^,  o, . . .  n- zählige 
Axen,  ist  a  eine  Drehungsaxe,  so  gilt  es  auch  für  a^,  o, . . ., 
und  wenn  a  eine  Schraubenaxe  ist  und  Sl  (a,  t)  eine  zugehörige 
Bewegung,  so  ist  diese  resp.  eine  analoge  Bewegung  auch 
unter  denen  vorhanden,  welche  um  a^,  o,  . . .  ausgeführt  wer- 
den können.^)  Wir  nennen  a,  aj,  o,  • . .  glekhwerthige  Axen. 
Das  Entsprechende  gilt  für  alle  diejenigen  Ebenen  6,  <f„ 
02'  •  ;  welche  aus  der  Ebene  6  durch  die  Operationen  von  F 
hervorgehen.  Alle  diese  Ebenen  sind  gleichzeitig  reine  Sym- 
metrieebenen oder  Ebenen  mit  Translationssymmetrie,  und 
wenn  @  (t)  eine  der  Operationen  ist,  welche  zu  a  gehören,  so 
findet  sich  unter  denjenigen  Operationen,  die  zu  a^,  <T2 . . . 
gehören,  stets  die  analoge  Operation.  Wir  nennen  auch  diese 
Ebenen  gleichwerfhigy  d.  h.  wir  definiren: 

AUe  Axen  und  Ebenen  einer  Gruppe  F,  u>elche  durch  die 
Operationen  von  F  unter  sich  mr  Deckung  gelangen  können^ 
heissen  gUichwerihige  Axen  oder  Ebenen. 

Ist  im  Besondem  die  Operation  2  des  obigen  Satzes  eine 
Translation,  so  wird  durch  sie  jede  Axe  und  Ebene  von  F  in 
eine  parallele  Lage  übergeführt.  Dies  gilt  für  jede  Trans- 
lation von  r,  d.  h.  für  jede  Translation  der  Gruppe  Ft.  Zu 
jeder  Axenrichtung  a  giebt  es  daher  eine  unendliche  Schaar 


1)  Statt  ^{ccji)  kann  die  Bewegung  von  umgekehrtem  Windungs- 
sinn  auftreten;  vgl.  S.  366. 


—     362    — 

mit  ihr  paralleler  gleich werthiger  Axen,  und  das  Nämliche 
gilt  für  jede  Ebene  6  von  F]  sie  entstehen,  wenn  die  Axe  a 
resp.  die  Ebene  6  den  sämmtlichen  Translationen  der  in  F 
enthaltenen  Gruppe  A  unterworfen  wird. 

Sind  a  und  h  zwei  Axen,  welche  nicht  gleichwerthig  sind, 
aber  doch  in  der  Beziehung  stehen,  dass  jede  Bewegung,  die 
um  a  möglich  ist,  auch  um  b  ausgeführt  werden  kann,  so 
nennen  wir  a  und  b  gleichartige  Axen.  Dieselbe  Bezeichnung 
führen  wir  für  zwei  derartige  Ebenen  6  und  tfj  ein.  Wir 
stellen  demnach  folgende  Definition  auf: 

Zivei  Axen  einer  Gruppe  hdssen  gleichartig,  wenn  um  beide 
die  gleichen  Bewegungen  ausführbar  sind.  Ebenso  heissen  sswei 
Ebenen  gleichartig,  wenn  zu  beiden  die  gleichen  Operationen 
gehören. 

Alle  gleichartigen  Axen  sind  auch  gleichsöMige  Axen; 
aber  die  Umkehrung  trifft  augenscheinlich  nicht  immer  zu. 
Eine  n-zählige  Drehungsaxe  und  eine  n-zählige  Schraubenaxe 
sind  nicht  gleichartig.  Die  gleichzähligen  Axen  einer  und  der- 
selben Gruppe  können  daher  in  yersehiedene  Schaaren  gleich- 
artiger Axen  zerfallen,  und  jede  dieser  Axenschaaren  kann 
ihrerseits  wieder  aus  mehreren  Schaaren  gleichwerthiger  Axen 
bestehen. 

§  3.  Die  in  den  Banmgmppen  F  enthaltenen  Trans- 
lationsgrnppen.  Ist  die  Operation  97{  des  Satzes  II  Ton  §  1 
eine  Translation  %,  so  ist,  wie  am  Ende  des  letzten  Capitels 
bewiesen  wurde,  die  mit  2  transformirte  Operation  2"~*IS 
ebenfalls  eine  Translation.  Dieselbe  ist  im  Allgemeinen  von 
der  Translation  %  verschieden.  Jede  Translation  der  Gruppe 
Ft  wird  daher  durch  die  Operation  2  wieder  in  eine  Trans- 
lation übergeführt.  Die  letztere  gehört  aber  dem  Gruppen- 
begriff gemäss  stets  der  Gruppe  F  an,  also  folgt: 

Lehrsatz  HI.  Bie  Translationsgruppe  Ft  einer  Raum- 
gruppe  F  wird  durch  jede  Operation  von  F  in  sich  selbst  trans- 
formirt. 

Wir  wollen  diesen  Satz  folgendermassen  durch  eine 
Gleichung  ausdrücken: 


—    363    — 

2-ir,S  =  A,    resp.    ^2  =  2^. 

Ihre  Bedeutung  ist  leicht  verständlich;  sie  vertritt  die  unend- 
lich vielen  Gleichungen,  die  sich  für  die  einzelnen  Trans- 
lationen von  Pg  aufstellen  lassen. 

In  Uebereinstimmung  mit  Cap.  VI,  20  des  ersten  Ab- 
schnittes bezeichnen  wir  eine  Untergruppe  von  F  als  aus- 
gezeichnete Untergruppe,  wenn  die  Gesammtheit  ihrer  Axen 
und  Ebenen,  oder,  was  dasselbe  besagt,  wenn  die  Gesammt- 
heit ihrer  Operationen  durch  jede  Operation  von  F  in  sich 
selbst  übergeführt  wird.  Wenden  wir  diese  Bezeichnung  hier 
an,  so  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Die  Translationsgruppe  A  ist  eine  ausgezeich- 
nete Untergruppe  der  Baumgruppe  F. 

Hieraus  ziehen  wir  eine  wichtige  Folgerung.  Zunächst 
folgt,  dass  eine  Gruppe  F  nur  solche  Operationen  enthält, 
welche  die  Translationsgruppe  F^  in  sich  überführen.  Nun 
hat  sich  am  Schluss  des  vorigen  Capitels  ergeben,  dass  eine 
Translation  %  durch  die  Schraubenbewegung  9(a,^)  oder 
durch  die  Gleitspiegelung  ®{t)  in  die  nämliche  Translation  %^ 
übergeführt  wird,  wie  durch  die  Drehung  55t  («)  resp.  durch 
die  Spiegelung  @.  Jede  Translationsgruppe  A,  welche  ge- 
eignet ist,  in  einer  Raumgruppe  F  als  Untergruppe  zu  figu- 
riren,  muss  daher  durch  Drehungen  oder  Spiegelungen  in  sich 
übergehen.  Die  Translationsgruppen  können  demnach  keine 
andern  sein,  als  die  in  Gap.  III  betrachteten  Gruppen,  welche 
den  symmetrischen  Raumgittern  entsprechen,  und  jede  Ope- 
ration der  Gruppe  F  muss,  abgesehen  von  einer  Translations- 
componente,  mit  einer  derjenigen  Drehungen  oder  Spiegelungen 
identisch  sein,  welche  als  Deckoperationen  der  symmetrischen 
Raumgitter  auftreten.     Also  folgt: 

Hauptsatz  I.  In  den  Baumgruppen  von  krystaüographischer 
Bedeutung  treten  nur  aweüsähligey  dreÜBÖhlige^  vierzäMige  oder 
sechsmhlige  Axen  auf. 

§  4.  IsomorphismiiB  zwisohen  Batungmppen  und  Funkt- 
gmppen.  Sind  2  und  3R  irgend  zwei  Operationen  der  Raum- 
gruppe r*,  so  ist  gemäss  dem  Gruppenbegriff  auch  die  Operation 


-     364    — 

&3JI  '^yi  eine  Operation  Ton  F.  Sind  nun  2'  und  3Sl'  zwei 
zu  fi  resp.  SR  isomorphe  Operationen,  welche  den  Punkt  0 
unverändert  lassen ,  und  ist  G  eine  Punktgruppe  von  Opera- 
tionen, welcher  fi'  und  SR'  angehören,  so  enthalt  diese  Gruppe 
auch  die  zu  91  isomorphe  Operation 

SR'  =  rSR', 

und  daraus  folgt  sofort,  dass  die  Gruppen  F  und  6r  in  der 
Beziehung  zu  einander  stehen,  dass  jede  Operation  einer 
Gruppe  F  einer  Operation  einer  gewissen  Punktgruppe  G 
isomorph  ist.  Wir  werden  diese  Gruppen  selbst  als  isomorph 
bezeichnen,  d.  h.  wir  definiren: 

Eine  Baumgruppe  F  und  eine  Punktgruppe  G  heissen  iso- 
morph, wenn  jede  Operation  von  F  einer  Operation  von  G  iso- 
morph ist. 

Ferner  ergiebt  sich  nun  unmittelbar,  dass  es  fttr  jede 
Gruppe  F  eine  isomorphe  Punktgruppe  G  geben  muss;  denn 
wenn  die  Operationen  S,  SR,  91 . . .  gleichzeitig  in  derselben 
Gruppe  existiren  sollen,  so  müssen  sich  auch  die  zu  ihnen 
isomorphen  Operationen  S',  SR',  91'  in  einer  und  derselben 
Punktgruppe  vorfinden.  Es  giebt  daher  in  der  That  keine 
andern  Raumgruppen,  als  solche,  die  einer  Punktgruppe  iso- 
morph sind.  Beachten  wir  nun,  dass  die  hier  in  Frage  kom- 
menden Gruppen  F  dem  Hauptsatz  I  gehorchen,  so  folgt: 

Hauptsatz  TL.  Jede  Raumgruppe  F  von  krystallographischer 
Bedeutung  ist  einer  der  32  Punktgruppen  G  isomorph,  u^elche 
den  32  Krystalldassen  entsprechen. 

Um  die  Beziehung  zwischen  den  Gruppen  F  und  G  ge- 
nauer zu  studiren,  gehen  wir  auf  die  im  Hauptsatz  UI  des 
vorigen  Capitels  ausgesprochene  fundamentale  Thatsache  zurQck, 
dass  bei  der  Zusammensetzung  isomorpher  Operationen  beider 
Gruppen  immer  wieder  isomorphe  Operationen  entstehen. 
Wir  fassen  nun  irgend  eine  bestimmte  Punktgruppe  G  in's 
Auge  und  bezeichnen  eine  ihrer  Operationen  durch  £'•  Es  sei 
F  eine  ihr  isomorphe  Raumgruppe,  und  es  seien 

1)  X.,  x^i,  X^  . . . 


—    365    — 

diejenigen  Operationen  von  F,  die  mit  ü'  isomorph  sind.  Es 
fragt  sich,  welches  Gesetz  dieselben  verbindet  Die  Antwort 
lautet,  dass  sieh  alle  diese  Operationen  ergeben,  wenn  eine 
derselben,  z.  B.  2,  mit  den  sämmtlichen  Translationen  %  der 
Gruppe  r  multiplicirt  wird. 

Der  Beweis  ist  einfach  zu  führen.  Einerseits  gehört  näm- 
lich das  Product  &%  der  Gruppe  an  und  ist  eine  zu  £  iso- 
morphe Operation.  Ist  andererseits  S«-  eine  beliebige  Operation 
der  Reihe  1)  und  ist  3R  eine  Operation  von  der  Art,  dass 

SS»  =  2. 

ist,  so  muss  für  die  Punktgruppe  die  entsprechende  Gleichung 

bestehen;  und  diese  wird  nur  befriedigt,  wenn  9R'  die  Iden- 
tität ist.  Aber  zur  Identität  von  G  sind  nur  die  Translationen 
von  r  isomorph,  und  damit  ist  die  Behauptung  erwiesen.  Es 
giebt  daher  sicher  eine  Translation  %i  der  Gruppe,  so  dass 

&%  =  S, 
ist     Beachten    wir,   dass  S  eine   beliebige   zu  &'  isomorphe 
Operation  ist,  so  folgt: 

Lehrsatz  V.  Alle  unter  einander  isomorphen  Operationen 
einer  Saumgruppe  F  ergeben  sich,  wenn  eine  derselben  mit  den 
in  F  enthaltenen  Translationen  mtdtiplicirt  wird,  Sie  sind  durch 
die  Translationsgruppe  Ft  und  eine  beliebige  von  ihnen  bestimmt. 

Es  ist  gleichgiltig,  ob  wir,  um  alle  Operationen  2»  zu 
gewinnen,  die  Multiplication  mit  den  Translationen  von  links 
oder  von  rechts  vornehmen.  In  beiden  Fällen  müssen  sich 
die  nämlichen  Operationen  ergeben,  wie  übrigens  auch  aus 
der  oben  S.  363  abgeleiteten  definirenden  Gleichung  folgt. 

Ist  im  besondern  die  Operation  fi'  eine  Drehung  %'  vom 
Winkel  a  um  die  Axe  a ,  so  sind  die  isomorphen  Bewegungen 
von  F  sämmtlich  von  der  Form 

2)  «(«,0,    ai(a,0,    «»(«,<.)•••, 

so  dass  alle  Axen  a,  a|,  o,  . . .  unter  einander  und  mit  a'  pa- 
rallel sind.  Ihre  Yertheilung  im  Raum  ist  natürlicherweise 
eine   ganz   bestimmte,   ebenso   die   Grösse   der   Translations- 


-     366     - 

componenten  t,  t^y  t^ . . ,  Sie  regelt  sich  nach  den  im  Yorigen 
Capitel  §  3  und  5  abgeleiteten  Sätzen.  Die  eingehendere 
Untersuchung  dieser  Verhältnisse  wird  bei  der  Aufstellung 
der  einzelnen  Gruppen  selbst  durchgeführt  werden. 

Ist  zweitens  die  Operation  fi'  eine  Inversion  3;  so  sind 
die  isomorphen  Operationen  von  F  gemäss  Satz  XIII  des  letz- 
ten Capitels  sämmtlich  Inversionen 

deren  Centra  von  den  Translationen  der  Gruppe  abhängen. 
Wir  sprechen  dies  als  besonderen  Satz  aus^  nämlich: 

Lehrsatz  VI.  Jede  m  einer  Inversion  isomorphe  Operation 
ist  selbst  eine  Inversion. 

Ist  drittens  die  Operation  S'  eine  Spiegelung  ©'  an  der 
Ebene  6\  so  sind  die  isomorphen  Operationen  von  F  in  der 
Reihe 

4)  6(0,    ©,(0,    ©,(«.)•.. 

enthalten^  und  zwar  sind  alle  Ebenen  6^  6^^  6^  , . .  unter  ein- 
ander und  mit  <^  parallel.  Für  die  Lage  derselben^  sowie  für 
die  Grosse  der  Translationscomponenten  treten  die  im  vorigen 
Capitel  aufgestellten  Sätze  in  Kraft.  Auf  die  genauere  Be- 
stimmung kommen  wir  in  Gap.  VII,  §  4  zurück. 

Ist  endlich  die  Operation  &'  eine  Drehspiegelung  %\  aus 
einer  Spiegelung  gegen  die  Ebene  <^  und  einer  Drehung  vom 
Winkel  a  um  die  Axe  a'  bestehend,  so  sind  alle  isomorphen 
Operationen  von  F  ebenfalls  derartige  Operationen;  denn  die 
Operation  W  mit  einer  Translation  beliebig  multiplicirt  giebt 
nach  Satz  XVII  des  vorigen  Capitels  stets  wieder  eine  der- 
artige Operation.     Dies  giebt  den 

Lehrsatz  VII.  Jede  zu  einer  Drehspiegelung  isomorpihe  Ope- 
ration ist  selbst  eine  Drehspiegelung, 

Wir  bezeichnen  die  Reihe  der  bezüglichen  Operationen 
von  F  durch 

5)  W(«),  «Tc«),  «,(«)..., 

und  zwar  sind  alle  Axen  a,  a^,  a,  . . .  zu  a  parallel^  und  alle 
Ebenen  6^  öi^  6^  . . .  zu  o^. 


-     367    — 

§  5.  Bednoirte  Bewegungen.  Da  die  Operation  fi^  welche 
mit  den  Translationen  von  F  multiplicirt  die  Reihe  1)  liefert, 
eine  beliebige  Operation  dieser  ileihe  ist^  so  ist  es  zweck- 
mässigy  sie  immer  so  einfach  wie  möglich  zu  wählen.  Es  fragt 
sich,  in  welcher  Weise  dies  zu  geschehen  hat. 

Wie  wir  in  §  3  ausgeführt  haben,  gehören  den  Opera- 
tionen einer  Gruppe  F  nur  solche  Axen  oder  Ebenen  au, 
welche  Symmetrieaxen  resp.  Symmetrieebenen  der  in  F  ent- 
haltenen Translationsgruppe  Ft  sein  können.  Nun  haben  wir 
in  Gap.  III,  Satz  YIII  und  IX  bewiesen,  dass  jede  Symmetrie- 
axe  einer  Translationsgruppe  A  die  Richtung  einer  Trans- 
lation der  Gruppe  hat,  und  dass  jede  Symmetrieebene  einer 
der  Gruppe  angehorigen  Netzebene  parallel  ist.  Ist  daher  a 
irgend  eine  Bewegungsaxe  von  Fy  so  enthält  die  Gruppe  Fr 
stets  eine  ihr  parallele  primitive  Translation  2r,  und  ist  6 
irgend  eine  Symmetrieebene  oder  eine  Ebene  mit  Translations- 
symmetrie, so  existiren  immer  zwei  Translationen  2ti  und  2t^ 
von  Frj  welche  ein  primitives  Paar  für  die  zu  6  parallele 
Netzebene  bilden. 

Zur  Axe  a  gehöre  die  Schraubenbewegung  ^(a,t)  der 
Gruppe,  und  zwar  sei  a  der  kleinste  Drehungswinkel  für  diese 
Axe,  alsdann  gehören  auch  alle  diejenigen  Bewegungen  der 
Gruppe  an,  welche  durch  Multiplication  von  %  mit  einer  zur 
Axe  parallelen  Translation  entstehen.  Die  Grösse  dieser  Trans- 
lation ist  2mr,  wo  m  wie  gewöhnlich  irgend  eine  ganze  Zahl 
ist.  Alle  so  definirten  Bewegungen  haben  dieselbe  Axe  und 
denselben  Drehungswinkel,  sie  unterscheiden  sich  nur  in  den 
Translationscomponenten,  deren  Werthe  resp. 

. . .  ^  —  4r,     t  —  2T,     t,     t+2t,    ^  +  4r  . . . 

sind.  Es  ist  aber  evident,  dass  für  die  Bestimmung  der 
Gruppe  F  resp.  für  die  Lage  und  die  Art  der  Axe  a  nicht 
alle  vorstehenden  Bewegungen,  sondern  nur  eine  von  ihnen 
in  Frage  kommt.  Hierzu  wählen  wir  natürlich  die  einfachste; 
und  zwar  erblicken  wir  das  Kennzeichen  der  Einfachheit  darin, 
dass  ihre  Translationscomponente  f  positiv  und  kleiner  als  2r 
ist,  so  dass  die  Relation 


—    368     - 

besteht.  Es  ist  klar,  dass  in  der  obigen  Reihe^  wenn  t  einen 
bestimmten,  im  übrigen  aber  beliebigen  Werth  hat,  immer 
eine  und  nur  eine  derartige  Bewegung  vorhanden  ist.  Diese 
Bewegung  wollen  wir  die  der  Axe  a  entsprechende  reducirte 
Betueguvg  nennen.     Wir  stellen  also  folgende  Definition  auf: 

Für  jede  Axe  giebt  es  eine  Bewegung,  die  durch  den  klein- 
sten Drehungsunnkd  und  die  Jcleinste  positive  TranslationscompO' 
nente  definirt  ist  Diese  Bewegung  heisst  die  der  Axe  ent- 
deckende reducirte  Bewegung, 

Ist  die  Axe  a  eine  Drehungsaxe^  so  ist  die  zu  ihr  gehörige 
Drehung  ^(a)  die  für  sie  characteristische  reducirte  Bewegung. 
Ist  dagegen  a  eine  wirkliche  Schraubenbewegung,  so  ist  auch 
die  reducirte  Bewegung  eine  Schraubenbewegimg.  Wir  nennen 
ihre  Translationscomponente  wieder  t  und  nehmen  an,  dass  a 
eine  n-zählige  Axe  ist,  so  dass  genauer 

«(«,^)  =  «föO 

zu  setzen  ist.     Bilden  wir  nun  die  Reihe 

a,  a« . . .  a-,  «"+1 . . ., 

wo 

ist,  so  ist  Sl»  die  erste  Operation  der  Reihe,  deren  Drehungs- 
winkel sich  auf  Null  reducirt,  sie  ist  daher  eine  Translation 
parallel  zur  Axe  a  von  der  Länge  nt.  Diese  Translation  muss 
ein  Vielfaches  der  zu  a  parallelen  primitiven  Translation  2t 
sein,  also  folgt 

n^  «=  2mr,     t  = 

Da  aber  t  <2t  ist,  so  muss  auch  m  <n  sein;  die  sämmt- 
liehen  möglichen  Werthe  von  t  sind  daher  in  der  Formel 

t^^--,    m  =  0,  1,  2...n— 1 

enthalten.     Also  folgt: 

Lehrsatz  VIII.  Ist  a  eine  n-eählige  Axe,  so  kann  die  Trans- 
lationscomponente der  reducirten  Bewegung  einen  der  n  verschie- 
denen Werthe 


—    369    — 

0       ?-        -^  2(n— l)ir 

'      n  '      n  '  '  *         n 

Die  sämmtlichen  Bewegungen  der  obigen  Reihe  sind 
übrigens  von  einander  verschieden;  sie  haben  nämlich  sämmt- 
lich  verschiedene  Translationscomponenten.  Bezeichnen  wir 
noch  die  Translation  von  der  Länge  nt  durch  %,  so  ist 

Endlich  bedarf  es  des  Beweises^  dass  für  jede  Axe  nur 
eine  reducirte  Bewegung  vom  Winkel  a  existirt.  Wenn  näm- 
lich in  derselben  Gruppe  gleichzeitig  verschiedene  Bewegungen 

«(«,0    und     «iKg 

um  a  als  Axe  auftreten  ^  wo  selbstverständlich  t  und  ^^  beide 
einen  der  obigen  Werthe  haben ,  so  gehört  auch  das  Product 
%%i~^  der  Gruppe  an.  Dasselbe  ist  aber  eine  Translation 
parallel  zu  a  von  der  Grösse  t  —  t^^  es  kann  daher  nur  dann 
eine  Operation  der  Gruppe  darstellen,  wenn  t  —  t^  Null  oder 
ein  Vielfaches  von  2i;  ist.  Das  letztere  ist  aber  für  die  be- 
züglichen Werthe  von  t  und  t^  ausgeschlossen,  also  muss 
t  =  t^  sein.    Demnach  folgt: 

Lehrsatz  IX.  Für  jede  Axe  a  einer  Gruppe  F  existirt  mir 
eine  reducirte  Bewegung.  Alle  zu  a  gehörigen  Bewegungen  vom 
kleinsten  DrehungsunnJcel  entstehen  durch  Mtiltiplication  der  re- 
ducirten  Bewegung  mit  den  0u  a  parallelen  Translationen  der 
Gruppe  F. 

§  6.  Mittelst  des  Begriffs  der  reducirten  Bewegung  lässt 
sich  die  oben  in  §  2  gegebene  Definition  gleichartiger  Axen 
einfach  dahin  präcisiren,  dass  Axen  a  und  h  gleichartig  sind, 
wenn  zu  ihnen  die  gleiche  reducirte  Bewegung  gekört.  Wir  wollen 
hiervon  eine  Anwendung  machen,  indem  wir  jetzt  die  Frage 
untersuchen,  ob  resp.  wann  alle  gleichzähligen  parallelen  Axen 
einer  Gruppe  F  gleichartig  sind  oder  nicht. 

Es  seien  a  und  h  die  beiden  gleichzähligen  Axen  und 

Sohoenflies,  Krysiallstractur.  24 


—     370     — 

die  zugehörigen  reducirten  Bewegungen.  Nach  §  5  des  vorigen 
Gapitels  ist  das  Produet 

83«-!  =  3:, 

wo  %  eine  Translation  der  Gruppe  F  ist    Es  ist  also  auch 

85  =  313;; 

je  zwei  gleichzählige  parallele  Axen  a  und  h  stehen  also  in 
der  Beziehung  zu  einander,  dass  die  Bewegung  93  durch 
Multiplication  von  Ä  mit  einer  Translation  der  Gruppe  F 
hervorgeht. 

Nun  sei  umgekehrt  %  irgend  eine  Translation  der  Gruppe 
von  der  Länge  2  t,  Wie  bewiesen,  ist  die  Richtung  der  Axe  a 
stets  einer  Translation  der  Gruppe  F  parallel;  wir  bezeichnen 
diese  Translation,  wie  oben,  durch  2t.  Ferner  bezeichnen  wir, 
wie  eben,  die  sich  durch  Multiplication  von  %  und  %  er- 
gebende Bewegung  durch  93,  so  dass 


M-:-.>')'^-'^{^.>') 


ist.  Um  die  Bewegung  93  zu  bestimmen,  denken  wir  uns  die 
Translation  2  t  parallel  und  senkrecht  zu  a  in  die  Com- 
ponenteu  r«  und  r»  zerlegt,  so  dass  im  geometrischen  Sinn 

2t  =  ta  +  r« 

ist.  Aus  Satz  X  des  vorigen  Capitels  folgt,  dass  die  Trans- 
lation tn  nur  die  Lage  der  Axe  6,  nicht  aber  die  Art  der 
Schraubenbewegung  bestimmt;  die  Translationscomponente  4 
hängt  nur  von  ta  und  ta  ab,  und  zwar  ist 

Ist  nun  Ta  ein 'Vielfaches  von  2  t,  so  sind  die  reducirten  Be- 
wegungen für  die  Axen  a  und  b  einander  gleich,  beide  Axen 
sind  daher  gleichartig.  Ist  dagegen  r«  kein  Vielfaches  von  2r, 
so  sind  a  und  b  keine  gleichartigen  Axen.  Dies  tritt  daher 
stets  und  nur  dann  ein,  wenn  eine  primitive  Translation 
existirt,  deren  Componente  parallel  zu  a  kleiner  als  2r  ist^ 
mithin  folgt: 


-^    371     — 

Lelirsatz  X.  In  jeder  Baumgruppe  F  sind  die  gleicheäJdigen 
parallelen  Äxen  nur  dann  ungleichartig^  wenn  eine  Translation 
existirty  deren  Componente  parallel  der  Äxe  Meiner,  ist,  als  die 
der  Axe  parallele  primitive  Translation. 

Wir  knüpfen  hieran  die  weitere  Frage,  wieviele  Arten 
ungleichwerthiger  Axen  es  unter  den  sämmtlichen  parallelen 
und  gleichzähligen  Axen  einer  Gruppe  geben  kann. 

Man  fasse,  um  dies  zu  untersuchen,  ein  Tripel  primitiver 
Translationen  in's  Auge  und  nehme  an,  dass  unter  ihnen  die 
den  Axen  parallele  Translation  2r  enthalten  ist.  Die  beiden 
andern  Translationen  seien  2t^  und  2t^.  Die  Translation  2t 
verschiebt  jede  Axe  a  nur  in  sich  selbst.  Wenn  wir  daher 
die  Axe  a  den  sämmtlichen  Translationen 

2mit^  +  2m2t^ 

unterwerfen,  so  erhalten  wir  alle  diejenigen  mit  a  gleich- 
werthigen  Axen,.  welche  aus  a  durch  die  Translationen  der 
Gruppe  Ft  hervorgehen.  Diese  Axen  denken  wir  uns  nun 
durch  irgend  eine  zu  ihnen  senkrechte  Ebene  geschnitten,  so 
bilden  die  Schnittpunkte  mit  den  Axen  ein  Netz  von  Paralle- 
logrammen; eines  derselben  bezeichnen  wir  durch  AAiA^A^. 
Die  so  definirten  Axen  sind  sämmtlich  gleichwerthig,  doch 
werden  sie  im  Allgemeinen  nicht  die  sämmtlichen  gleich- 
artigen oder  gar  gleichzähligen  Axen  repräsentiren.  Wie  dem 
aber  auch  immer  sei,  so  leuchtet  ein,  dass,  wenn  irgend  eine 
dieser  Axen  das  Innere  oder  den  Umfang  eines  der  genannten 
Parallelogramme  trifift,  eine  zu  ihr  gleich werthige  Axe  vor- 
handen ist,  welche  die  gleiche  Lage  zum  Parallelogramm 
-4  ^1^2  ^3  hat.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XL  Um  alle  gleichgähligen,  aber  nicht  gleich- 
icerthigen  Axenarten  einer  Gruppe  F  zu  ermitteln  j  genügt  es, 
diejenigen  zu  bestimmen,  welche  das  Inndre  oder  den  Umfang 
des  Parallelogramms  AA^A^A^  treffen. 

§  7.  Die  Symmetrieaxen  der  Baumgitter  und  Molekel- 
gitter.  Um  eine  Anwendung  der  vorstehenden  Sätze  zu  geben, 
wollen   wir  die  Aufgabe  discutiren,   wie  sich  am  besten   für 

24* 


—    372     — 

die  symmetrischen  Raumgitter  und  Molekelhaufen  die  6e- 
sammtheit  der  ihnen  eigenthümlichen  Symmetrieaxen  bestim- 
men lässt,  piögen  dieselben  Drehungsaxen  oder  Schraubenaxen 
sein.  Wir  haben  die  Symmetrie  der  Gitter  durch  die  Drehungs- 
axen definirt,  welche  durch  einen  Gitterpunkt  laufen.  Wir 
stützen  uns  dafür  (vgl.  8.  276)  auf  die  Ueberlegung,  dass^ 
wenn  Sl  irgend  eine  Deckoperation  des  Gitters  ist,  die 
den  Punkt  0  nach  0^  führt,  auch  das  Product  311,,  wo 
%i  die  Deckschiebung  bedeutet,  welche  0«  nach  0  bringt^ 
eine  Deckoperation  W  des  Gitters  ist,  und  zwar  eine  solche, 
die  den  Punkt  0  unverändert  lässt  Es  besteht  also  die 
Gleichung 

Nun  sind  aber  die  Bewegungen  %  und  W  isomorphe  Bewe- 
gungen; für  jede  Deckbewegung  5K  eines  Gitters  giebt  es 
daher  eine  zu  ihr  isomorphe  Drehung  Ä',  welche  den  Punkt  0 
unverändert  lässt,  und  zwar  zeigt  die  vorstehende  Gleichung, 
dass  die  Bewegung  55t  das  Product  aus  der  Drehung  Ä'  und 
einer  Deckschiebung  des  Gitters  ist.  Dies  gilt  sowohl  für 
Punktgitter,  als  für  Molekelgitter.  Daraus  folgt,  dass  wir  alle 
zu  W  isomorphen  Deckbewegungen  des  Gitters  erhalten,  wenn 
wir  W  mit  der  Gesammtheit  seiner  Deckschiebungen  multi- 
pliciren;  also  ergiebt  sich: 

Lehrsatz  XII.  Alle  gleichgalüigen  und  parallelen  Symmetrie- 
axen eines  PunktgiUers  oder  MoWkelgitters  ergeben  sich  durch 
MuUiplication  der  Translationsgruppe  mit  einer  solchen  Deck- 
bewegüng  des  Gitters,  deren  Axe  durch  einen  Gitterpunkt  geht 

Es  ist  zu  bemerken,  dass  dieser  Satz  nichts  anderes  ist, 
als  der  auf  Baumgitter  angewandte  Lehrsatz  Y. 

Hieraus  folgt  nun,  dass  wir  die  sämmtlichen  Axen,  welche 
der  für  das  Gitter  .characteristischen  Symmetriegruppe  ent- 
sprechen, mit  der  bezüglichen  Translationsgruppe  zu  com- 
biniren  haben,  um  zu  sämmtlichen  Deckaxen  des  Gitters  zu 
gelangen.  Es  genügt  natürlich,  in  jedem  Fall  diejenigen  zu 
ermitteln,  welche  das  primitive  Parallelepipedon  resp.  das 
primitive  Parallelogramm   der   zu   ihnen   senkrechten  Haupt- 


—     373     — 

ebene  treffen.  Die  Bestimmung  selbst  darf  hier  unterbleiben; 
weil  wir  später  yon  andern  Gesichtspunkten  aus  auf  die  frag- 
lichen Axenschaaren  zurückkommen  werden. 

§  8.  Beduoirte  Operationen  zweiter  Art.  Sei  ®(t)  irgend 
eine  zur  Ebene  6  gehörige  Operation,  und  es  seien,  wie  oben, 
2ri  und  2rj  das  primitive  Paar  für  die  zu  6  parallele  Netz- 
ebene von  Ff  Nun  gehört  jede  Operation,  welche  aus  ®(t) 
durch  Multiplication  mit  irgend  einer  zu  6  parallelen  Trans- 
lation hervorgeht,  der  Gruppe  F  an.  Jede  derartige  Trans- 
lation ist  in  der  Formel 

2m|ri  +  ^m^r^ 

enthalten.  Nun  ist  aber  auch  &(t)  eine  der  Gruppe  ange- 
horige  Operation.  Dieselbe  ist  augenscheinlich  eine  Translation 
von  der  Länge  2^,  es  muss  daher  jedenfalls 

2t  =  2piti  +  2272^2 

sein.  Für  jede  an  der  Ebene  6  mögliche  Gleitspiegelung  ©  (^J 
ist  daher  die  Translationscomponente  in  dem  Ausdruck 

h  =  (Pi  +  2w,)  r^  +  (p2  +  2nL,)  t^ 

enthalten,  wo  m^  und  m^  jede  ganze  Zahl  bedeuten  können. 
Die  kleinsten  positiven  Werthe,  welche  t^  annimmt,  sind 
offenbar 

die  zugehörigen  Operationen  sollen  wieder  redudrte  Operationen 
genannt  werden,  d.  h.  wir  definiren: 

'  Bilden  2%^  und  2x^  das  primitive  Translationetipaar  pa- 
rallel SU  einer  Ebene  tf,  eu  welcher  Operationen  @(^)  der 
Gruppe  r  gehören,  so  heissen  diejenigen  Operationen  @  (t),  für 
welche  t  einen  der  Werthe  0,  r^,  r^,  rj  +  '^a  *^^;  redudrte  Ope- 
rationen für  die  Ebene  6. 

Ist  6  eine  reine  Sjmmetrieebene,  so  ist  die  Spiegelung 
selbst  die  reducirte  Operation. 

Ausdrücklich  möge  bemerkt  werden,  dass  die  zu  6  ge- 
hörigen reducirten  Operationen  von  der  Wahl  des  primitiven 


~     374     ~ 

Translationenpaares  parallel  zu  6  abhängig  sind.  Sie  sind 
demnach  nicht  vollständig  bestimmt;  sie  werden  es  erst^  wenn 
ein  bestimmtes  Translationenpaar  unter  den  unendlich  yielen, 
die  zur  Verfügung  stehen,  ausgewählt  wirdr  In  den  Anwen- 
dungen, welche  wir  später  zu  machen  haben,  ist  dies  natür- 
lich immer  der  Fall. 

Wie  für  die  Bewegungen,  lässt  sich  auch  hier  beweisen, 
dass  innerhalb  derselben  Gruppe  zu  jeder  Ebene  0  nur  eine 
reducirte  Operation  gehört.    Gehörten  nämlich  die  Operationen 

@(0  und  @(fi); 
wo  t  und  ti  einen  der  vier  Werthe  0,  ir,,  ir^,  1^1  +  r^  haben, 
gleichzeitig  der  Gruppe  r*  ^n,  so  müsste  auch  ihr  Product 
eine  Operation  der  Gruppe  sein.  Dies  Product  ist  aber  eine 
Translation  von  der  Grösse  ^  -j~  ^i)  andrerseits  kann  diese 
Summe  nur  dann  eine  Translation  der  Gruppe  Ft  sein, 
wenn  t  '^  t^  ist,  d.  h.  wenn  @  (t)  und  @  (t^)  identisch  sind. 
Also  folgt: 

Lehrsatz  Xni.  Zu  einer  Ebene  0  der  Gruppe  F  gehört  nur 
eine  einzige  reducirte  Operation  aweiter  Art^  nämlich  entweder 
die  Spiegelung  @  oder  die  Gleitspiegdung  ©(0?  ^0  ^  einen  der 
drei  Werthe  r^,  ir,,  t^  +  r^  hat. 

Die  Einführung  der  reducirten  Operationen  ist  zu  dem 
Zwecke  geschehen,  um  die  Gesammtheit  der  in  den  Reihen 
2),  3),  4),  5)  Ton  §  4  enthaltenen  isomorphen  Operationen 
besser  zu  überschauen.  Da  alle  Operationen  der  Reihen  3) 
und  5),  wie  oben  gesehen,  gleichartig  sind  und  keine  von 
ihnen  eine  Translationscomponente  enthält,  so  kommt  für  sie 
der  Begriff  der  reducirten  Operationen  nicht  in  Frage. 

§  9.  Beziehungen  zwisoben  den  Funktgrappen  und  den 
ihnen  isomorphen  Banmgruppen.  Die  isomorphen  Operationen 
der  Gruppe  F,  welche  durch  die  Reihe  1)  in  §  4  dargestellt 
sind,  sind  durch  Multiplication  einer  beliebigen  von  ihnen,  2, 
mit  den  Translationen  von  Ft  erhalten  worden.  Wir  werden 
von  nun  an  stets  annehmen,  dass  fi  eine  reducirte  Operation 
ist.  Solcher  Operationen  giebt  es  in  der  Reihe  1)  unendlich 
yiele;  zu  jeder  Axe  resp.  Ebene  gehört  eine  von  ihnen.   Irgend 


-     375     — 

eine  dieser  Operationen  bezeichnen  wir  mit  S;  welche  wir 
hierzu  auswählen ,  ist  ohne  Belang.  Unter  Anwendung  einer 
wiederholt  benutzten  Bezeichnung  stallen  wir  von  nun  an  die 
sämmtlichen  isomorphen  Operationen  der  Reihe  1)  durch 

{2,    A} 

dar;  im  besondem  sind  dann  die  Reihen  2),  3),  4),  5)  resp. 
durch 

{«,  n},    {3,  r.}    {©,  A}    {ä,  A} 

ZU  repräsentiren.     Sind  nun 

1,   r,    2r;    5«'... 

die  sämmtlichen  Operationen  der  Pnnktgruppe  G^  so  ist  nach 
den  obigen  Auseinandersetzungen  klar^  dass  die  sämmtlichen 
Operationen  der  Gruppe  F  durch 

A,     {2,  r,},     {SR,  A},     {5R,  ni, ... 

gegeben  sind;  d.  h. 

Lehrsatz  XIV.  Die  Operationen  einer  Baumgruppe  F  gelten 
den  Operationen  der  isomorphen  Punktgruppe  G  in  der  Weise 
parallelj  dass  jeder  Operation  fi'  von  G  in  der  Baunigruppe  F 
das  Product  aus  der  Translationsgruppe  und  einer  zu  ß'  homo- 
logen Operation  ß  entspricht  Für  ß  wählt  man  zweckmässig 
eine  reducirte  Operation  ihrer  Art. 

Zur  Veranschaulichung  der  vorstehenden  Sätze  lassen  wir 
einige  Beispiele  folgen. 

1.  Enthält  eine  Punktgruppe  G  zwei  zweizählige  Axen 
ti  und  u^j  die  sich  unter  dem  Winkel  a  schneiden,  so  enthält 
sie  (S.  59)  auch  eine  zu  beiden  senkrechte  Symmetrieaxe  a, 
deren  Winkel  2  a  ist;  ebenso  wird  durch  a  und  u  die  Axe  u^ 
bedingt.  Für  jede  zu  G  isomorphe  Raumgruppe  F  gelten 
daher  analoge  Gesetze.  In  der  That  folgt  aus  Satz  XVIII  de» 
vorigen  Capitels,  dass  zwei  sich  unter  dem  Winkel  a  kreuzende 
zweizählige  Symmetrieaxen  u  und  Wj  eine  Schraubenbewegung 
9(2^^0  bedingen,  deren  Axe  in  das  gemeinsame  Loth  a  von 
u  und  t«i  föUt,  und  deren  Translationscomponente  t^=^2AA^ 
ist.    Ebenso  wird   umgekehrt   durch  die  Schraubenbewegung 


^.  c  .. 


-     376     - 

und  die  eine  Axe  u  die  andere  Axe  bedingt.  Wenden  wir 
diesen  Satz  öfter  an^  so  folgt: 

Lehrsatz  XV.  Wenn  eine  Raumgruppe  eine  zweizählige 
Symmetrieaxe  enthalt,  welche  die  Axe  a  einer  Schraubenhewegung 
%  (2  a,  t)  ßchneidety  so  unrd  die  Axe  a  von  unendlich  vielen  solchen 
Axen  geschnitten;  je  zwei  folgende  haben  einen  Abstand  gleich  der 
Hälfte  von  t  und  hreuzen  sich  unter  dem  Winkel  a. 

Ist  a  im  besondern  eine  n-zählige  Axe,  so  bilden  die  sie 
schneidenden  zweizähligen  Axen  lauter  Winkel,  die  gleich  dem 
wten  Theil  von  ä  sind.  Hiervon  werden  wir  später,  wenn  es 
sich  um  die  Bestimmung  der  Axenlage  für  die  einzelnen 
Gruppen  handelt,  vielfach  Gebrauch  zu  machen  haben. 

Wir  geben  einige  weitere  Beispiele ,  welche  sich  an  be- 
stimmte Raumgruppen  anlehnen,  und  wählen  dazu  erstens  die 
Vierergruppe.  Die  Punktgruppe  V  enthält  die  vier  Operationen 

1,    U',    S8',    SB', 

wenn  Uj  v\  w'  die  drei  auf  einander  senkrechten  zweizähligen 
Axen  sind.  Die  Operationen  jeder  mit  V  isomorphen  Baum- 
gruppe r  sind  in  dem  Schema 

n,     {Un},     {SBA},     {SBA} 

enthalten.  Hier  ist  wieder  F*  die  bezügliche  Translations- 
gruppe, ferner  ist 

U  =  U(ä)     oder    U(ä,0 

3J  =  »(ä)     oder     »(ä,0 

SB  =  aB(Ä)    oder    aB(3r,g, 

wo  t,  t^y  t^  halbe  primitive  Translationen  parallel  m',  v,  w 
sind.  Endlich  bedeuten  der  obigen  Festsetzung  gemäss  { U,  A } 
die  sämmtlichen  Drehungen  resp.  Schraubenbewegungen  um 
die  zu  u  parallelen  Axen,  und  das  analoge  gilt  für  {SS,  F,) 
und  {SB,  Ft],  Hieraus  ist  ersichtlich  und  wird  später  aus- 
führlich bestätigt  werden,  dass  der  Raumgruppe  F  drei  zu 
einander  senkrechte  Schaaren  zweizähliger  Axen  eigen  sind; 
jede  dieser  Schaaren  kann  entweder  aus  lauter  Drehungsaxen, 
oder  aus  lauter  Schraubenaxen  oder  aus  Drehungsaxen  und 
Schraubenaxen  bestehen. 


-     377     - 

Ein  zweites  Beispiel  sei  die  Panktgruppe  C^'.   Sie  besteht 
aus  folgenden  sechs  Operationen: 

1         %',  %'\ 

©;,     «'©/,     «'»©/; 

Ton  ihnen  bedingen  die  drei  letzten  je  eine  durch  die  Haupt- 
axe  gehende  Symmetrieebene;  so  dass  je  zwei  Ebenen  einen 
Winkel  von  60^  mit  einander  bilden.  Die  sechs  Operationen 
können  daher  auch  in  die  Form 

1,      r,      21'^ 

©',  ©/,  ©; 

gebracht  werden,  wenn  <^,  (y/,  ö^  die  genannten  drei  Sjm- 
metrieebenen  sind.  Jede  ihr  isomorphe  Raumgruppe  F,  deren 
Translationsgruppe  wieder  Ft  ist,  enthalt  daher  Operationen, 
welche  durch 

{©ni,   {©,A},   {©.A} 

dargestellt  werden  können;  und  zwar  bedeutet  %  gemäss  §  5 
eine  der  drei  reducirten  Bewegungen 

deren  Axe  mit  a  parallel  läuft,  während  jede  der  Operationen 
@,  @i,  @2  entweder  eine  reine  Spiegelung  ist  oder  eine  der 
Operationen 

©(0,  ©,(«.).  @,(g. 

Die  zugehörigen  Symmetrieebenen  resp.  die  Ebenen  der  glei- 
tenden Symmetrie  sind  zu  tf",  <f/,  6^  parallel,  und  t^  t^^  t^ 
stellen  irgend  eine  diesen  Ebenen  parallele  halbe  primitive 
Translation  dar.  Jeder  Raumgruppe  F,  die  mit  (7,^  isomorph 
ist,  kommt  demgemäss  —  wir  werden  dies  gleichfalls  später 
ausführlich  erörtern  —  eine  Schaar  paralleler  dreizähliger 
Axen  zu,  die  entweder  aus  lauter  Drehungsaxen,  oder  lauter 
Schraubenaxeu;  oder  endlich  theils  aus  Drehungsaxen,  theils 
aus  Schraubenaxen  besteht.  Ferner  gehören  der  Gruppe  drei 
Schaaren  paralleler  Ebenen  an,  die  entweder  Symmetrieebenen 
oder  Ebenen  gleitender  Symmetrie  sind,  und  von  denen  sich 


-     378     - 

je  zwei  nicht  parallele  unter  einem  Winkel  von  60^  schneiden, 
u.  8.  w.  u.  8.  w. 

Aus  dem  ParallelismuS;  welchen  der  Satz  XIY  zum  Aus- 
druck bringt,  ziehen  wir  nun  einige  weitere  Folgerungen. 
Besteht  für  die  Operationen  S',  SDf,  91'  der  Punktgruppe  G 
die  Beziehung,  dass 

1)  &'W  =  91' 

ist,  und  sind  2  und  SK  wieder  irgend  welche  zu  S',  9K'  iso- 
morphe Operationen  von  F,  so  giebt  es,  wie  wir  wissen,  eine 
zu  91'  isomorphe  Operation  91  von  F,  so  dass 

2)  Äü»  =  91 

ist.  Solcher  Gleichungen  giebt  es  für  die  Gruppe  F  so  viele, 
als  es  Paare  von  Operationen  S,  9K  giebt  Wir  können  alle 
diese  Gleichungen  in  eine  zusammenfassen,  indem  wir  die 
Gleichung 

3)  {2,  A)  .  [m,  A}  =  [m,  Fr] 

aufstellen.  In  der  That  ist  diese  Gleichung  geeignet,  einen 
Ersatz  fQr  jede  Gleichung  von  der  Form  2)  darzustellen; 
andrerseits  soll  nun  ausdrücklich  festgesetzt  werden,  dass  diese 
Gleichung  dahin  su  verstehen  ist,  dass  irgend  zwei  Operationen 
aus  den  links  stehenden  Klammem  einer  Operation  aus  der 
rechts  stellenden  Klammer  äquivalent  sind. 

Durch  die  vorstehende  Gleichung  kommt  der  Parallelis- 
mus, welcher  die  Zusammensetzung  isomorpher  Operationen 
von  r  und  G  kennzeichnet,  zu  seinem  einfachsten  Ausdruck. 

§  10.  Ersengimg  der  Baumgrappen.  Wir  beweisen  nun 
einige  Sätze,  welche  geeignet  sind,  die  Analogie  der  Bildungs- 
gesetze für  isomorphe  Gruppen  F  und  G  kenntlich  zu  machen. 

Es  sei  Gl  irgend  eine  Untergruppe  der  Punktgruppe  6r, 
so  genügen  die  Operationen  von  G^  für  sich  dem  Gruppen- 
character,  d.  h.  das  Product  je  zweier  von  ihnen  liefert  stets 
eine  dieser  Operationen.  Auf  Grund  der  Gleichung  3)  des 
letzten  Paragraphen  folgt  daher  unmittelbar,  dass  auch  die- 
jenigen Operationen  von  F,  welche  den  Operationen  von  Gi 
isomorph  sind,  eine  in  F  enthaltene  Untergruppe  F^  bilden. 
Dies  gilt  für  jede  derartige  Untergruppe,  d.  h. 


—     379     — 

Lehrsatz  XVI.  Ist  die  Baumgruppe  F  mr  Punktgruppe  O 
isomorph,  so  entspricht  jeder  Untergruppe  G^  von  6r  eine  Unter- 
gruppe  I^  von  T,  deren  Operationen  denen  von  G^  isomorph  sind. 

Wir  wenden  uns  zum  Beweise  eines  allgemeinen  Satzes, 
der  ans  dasjenige  Verfahren  an  die  Hand  geben  wird,  welches 
wir  bei  der  allmählichen  Herleitung  der  Raumgruppen  F  be- 
folgen werden.  Um  die  Natur  und  Bedeutung  desselben  in's 
Licht  zu  setzen,   schicken  wir  folgende  Bemerkungen  voraus. 

Wir  haben  im  ersten  Abschnitt  die  Gruppen  zweiter  Art 
dadurch  abgeleitet,  dass  wir  je  eine  Gruppe  G^  erster  Art, 
d.  h.  eine  Drehungsgruppe  mit  irgend  einer  Deckoperation 
zweiter  Art  des  Axensjstems  multiplicirten.  Dies  ist  auf  S.  84 
ausführlich  auseinandergesetzt  worden.     Sind 

1,  ®/,  ®;...@i-i , 

die  Drehungen  der  Gruppe  (r^,  und  ist  ©'  irgend  eine  Ope- 
ration zweiter  Art,  welche  die  Axen  von  G^  in  sich  überführt, 
80  bilden  diese  Drehungen,  wie  dort  gezeigt,  zusammen  mit 
den  Operationen 

©',     ©'©/,     ©'©;...  ©'®i-i 
eine  Gruppe  zweiter  Art. 

Dieser  Satz  gilt  aber  auch,  wenn  G^  eine  beliebige  Punkt- 
gruppe ist,  und  ©'  durch  irgend  eine  analoge  Operation  2' 
erster  oder  zweiter  Art  ersetzt  wird.  Dies  wollen  wir  zunächst 
beweisen.  Wir  bezeichnen  die  Operation  der  Gruppe  Gi 
wieder  durch 

1,     ®/,     ®;...@i-i 

und  setzen  voraus,  dass  S'  eine  Operation  ist,  welche  die  ge- 
sammten  Symmetrieelemente  von  G^,  also  Axen  und  Ebenen 
in  sich  überführt.  Nach  der  am  Ende  des  vorigen  Oapitels 
gegebenen  Definition  ist  diese  geometrische  Eigenschaft  gruppen- 
theoretisch dahin  zu  übersetzen,  dass  jede  mit  fi'  transfor- 
mirte  Operation  &a  von  G^  selbst  eine  Operation  von  G^  ist, 
die  im  Allgemeinen  allerdings  von  ©«  verschieden  sein  wird. 
Bezeichnen  wir  sie  durch  @a„  so  ist  in  Gleichungsform  zu 
setzen 

1)  2'-^@a2' -  ®;/,  @;2'  =  s'®;.. 


-     380     — 

Ist  aber  2'  eine  Deckoperation  der  Symmetrieelemente ,  so 
gilt  dies  auch  f&r  ä'^,  S'^...^  es  bestehen  daher  auch  die 
Gleichungen 

^  s'-«@;s'»  =  ®;.;  ®;s'«  =  2'«®;,, 

u.  s.  w. 
Mit  ihrer  Hilfe  kann  der  Beweis  unseres  Satzes  leicht  geführt 
werden.    Nehmen  wir  noch  an,  dass  S'"»  die  erste  Potenz  von 
&'  ist,    welche  der  Identität   äquivalent   ist,    so   sagt  er  aus, 
dass  die  Operationen 

1,      ®/,        ®;,     ...®i_i 

3)  S'*,        ©i'S'»,         ©,'2'",     ...®a-i2'* 

S'^^-S  @/2'-»-s   ®;2'— s...®i_iS'™-i 

eine  Gruppe  von  Operationen  bilden.  Dazu  ist  zu  beweisen, 
dass  das  Product  91'  von  irgend  zwei  Operationen 

2'^®;    und    2'^®; 

einer  der  vorstehenden  Operationen  äquivalent  ist.  Nun  ist 
nach  den  Gleichungen  2) 

SR'  =  2'''®;„2''®'„  ==  2'^'®;,®;,2'^ . 

Da  ®m®iiA  eine  Operation  ®p  von  G  ist,  so  folgt 

gi'  =  2'^®;2''', 
und  hieraus  ergiebt  sich  auf  Grund  der  Gleichungen  2) 

gl'  =  @;^2'''2'^  =  ®;,2'''+^ 

Dieses  Product  ist  aber  in  der  That  einer  Operation  des 
Schemas  3)  äquivalent,  also  folgt: 

Lehrsatz  XVII.  Ist  2'  eine  OperaMony  welche  das  Axen- 
System  einer  Punktgruppe  G^  in  sich  überführt,  so  entsteht  durch 
MuUiplication  von  G^  mit  2'  eine  neue  Gruppe. 

Es  ist  zu  bemerken,  dass  das  obige  Schema  auch  durch 
ein  solches  ersetzt  werden  kann,  welches  durch  linksseitige 
MuUiplication  aller  Operationen  von  G  mit  2',«2'' . . .  entsteht 


—    381     — 

Beispiel  1.  Die  Axen  der  Vierergruppe  V  gehen  durch 
Drehung  um  die  dreizählige  Axe  a  der  Tetraedfergruppe  in 
sich  über.     Multiplicirt  man  nun  die  Drehungen 

1,     U',    SB',    SB' 

der  Vierergruppe  mit  der  bezüglichen  Drehung  31',  d,  h, 
bildet  man 

r,      U'Sl',      SB'r,      SB'«' 

w^,  u'r»,  SB'«'«,  sB'rs 

so  bestimmen  diese  12  Drehungen  eine  Gruppe,  nämlich  die 
Tetraedergruppe,  wie  dies  bereits  8.  208  gezeigt  worden  ist. 
Beispiel  2.  Die  Symmetrieelemente  der  Gruppe  F* 
werden  ebenfalls  durch  Drehung  um  die  dreizählige  Axe  in 
sich  übergeführt.    Es  bilden  daher  auch  die  Operationen 

1,     U',       »',       SB',       S',       U'©',       »'©',       SB'©' 
«',   «'U',  rSB',   «'SB',   «'©',   a'U'©',  «'»'©',    «'SB'©' 

«'^  a'»u',  a'2«',  Ä'^sB',  r^©',  r^u'©',  a'^»'©',  r^sB'©' 

eine  Gruppe.  Diese  Gruppe  ist,  wie  das  bezügliche  Schema 
auf  S.  98  erkennen  lässt>  die  dort  betrachtete  Gruppe  T\ 

§  11.  Die  vorstehenden  Betrachtungen  sollen  nun  auf 
Raumgruppen  ausgedehnt  werden.  Zu  diesem  Zweck  fassen 
wir  eine  beliebige  Raumgruppe  I^  in's  Auge,  von  der  wir 
annehmen,  dass  sie  mit  G^  isomorph  ist.  Ihre  Operationen 
seien  in  der  bekannten  Art  durch 

r.,    {®xr.},    {®2r.}...{®,_xr,} 

dargestellt.  Nun  sei  fi  wieder  irgend  eine  zu  S'  isomorphe 
Operation,  welche  die  Axen  und  Ebenen  der  Gruppe  Fj  in 
sich  überführt,  also  jede  Operation  von  F^  wieder  in  eine 
Operation  der  Gruppe  transformirt,  so  wird  die  Gleichung 

bestehen,  wo  &a  und  @a^  irgend  zwei  Operationen  von  F^ 
sind.     Ebenso  bestehen  wieder  die  Gleichungen 

2)  ß-«®^£«  =  ®^.,    @^S*  =  S»®^. 

u.  s.  w. 


-     382     — 

Nun  kann  die  Operation  2  eine  Translationscomponente  t  ent- 
halten; alsdann  wird  2*^  nicht  der  Identität  äquivalent  sein, 
vielmehr  eine  Translation  von  der  Länge  mt  darstellen.  Von 
dieser  Translation  setzen  wir  jetzt  ausdrücklich  fest,  dass  sie 
eine  Translation  der  Gruppe  T*  sei.  unter  dieser  Voraus- 
setzung lässt  sich  beweisen ;  dass  sich  durch  MulüpUcation 
van  Ti  mit  S  eine  mr  Gruppe  G  isomorphe  Raumgruppe  F 
ergiä>t 

Um  dies  zu  beweisen,  ist  genau  wie  oben  zu  zeigen,  dass 
die  nachfolgenden  Operationen 

3)       {SA},  {2®,r,},  {2@,n}  ...{s®i-ir,} 
{2»n},  {fi«®,A),  {s^®,r.}...{s^®2-in} 

die  Eigenschaft  haben,  dass  das  Product  von  je  zweien  immer 
unter  ihnen  enthalten  ist.  Wir  betrachten  wieder  das  Pro- 
duct 91  irgend  zweier  Operationen  und  bezeichnen  es  durch 

SO  wird  in  Folge  der  Gleichungen  2) 

ferner  ist  nun  wieder  ©m®«!  einer  Operation  ®p  äquivalent, 

und  es  folgt 

8l  =  S^'®pS- 

=  ®p,S"2''  =  ®;,,S"+'. 

Nach  der  Annahme,  die  wir  über  die  Operation  2  machten, 
ist  2^+*^  dem  Product  aus  einer  der  ersten  m  Potenzen  von  2 
und  einer  der  Gruppe  A  angehörenden  Translation  äquivalent; 
d.  h.  es  ist 

3i  =  ®^^2?a:  =  2^®p,3;, 

wo  p  <  m  ist.  Demnach  ist  91  eine  der  Operationen  des 
obigen  Schemas.  Andrerseits  ist  auph  einleuchtend,  dass  dieser 
Schluss  nur  unter  der  für  2  gemachten  Voraussetzung  zutrifft; 
denn  ohne  sie  würde  das  Product  aus  ®^  und  %  nicht  der 
Gruppe  r^j  also  auch  nicht  der  Gruppe  F  angehören  können. 
Demnach  ergiebt  sich: 


-     383     - 

Lelirsatz  XVin.  Ist  S  eine  Deckoperatian  des  Äxensystems 
einer  Gruppe  T,  und  zwar  so,  dass  die  Potenzen  von  S  nur 
solche  Translationen  liefern,  welche  der  in  F^  enthciUenen  Gruppe  Ft 
angehören,  so  entsteht  durch  MuliipliccUion  von  I\  mit  &  eine 
neue  Gruppe  F,  deren  TranslcUionsgruppe  Ft  ist. 

Umgekehrt  ist  aber  auch  ersichtlich ,  dass  sich  jede 
Gruppe  F,  die  zu  G  isomorph  ist,  dem  vorstehenden  Satz 
gemäss  erzeugen  lässt.  Denn  aus  den  Eigenschaflien  der  iso- 
morphen Gruppen  ist  direct  zu  schliessen,  dass,  wenn  die 
Operation  S'  der  Gruppe  G  eine  Deckoperation  fQr  die  Axen 
der  Untergruppe  G^  ist,  die  Gruppe  F^  die  Eigenschaft  hat, 
dass  das  Axensystem  von  F^  durch  die  Operation  S,  resp.  alle 
in  der  Formel  {SF^}  enthaltenen  homologen  Operationen  in 
sich  übergeht.  Nämlich  jeder  Gleichung  der  Gruppe  G  Ton 
der  Form 

musa  RLr  die  Gruppe  F  eine  analoge  Gleichung 

zur  Seite  stehen,  wo  freilich  3«,  unbestimmt  bleibt,  aber  doch 
stets  eine  zu  &ai  homologe  Operation  der  Gruppe  F|  ist. 
Demnach  erhalten  wir  folgenden 

Hauptsatz.  Lässt  sich  die  Punktgruppe  G  durch  Multipli- 
cation  einer  Gruppe  G^  mit  einer  Operation  S'  erzeugen,  welche 
das  Axensystem  von  G^  in  sich  überführt,  so  kann  jede  zu  G 
isomorphe  Baumgruppe  durch  Multiplication  einer  zu  G^  iso- 
morphen  Gruppe  F^  mit  einer  zu  S'  isomorphen  Operation  S 
erzeugt  werden ^  vorausgesetzt,  dass  S  eine  Deckoperation  für  die 
Axen  von  F|  ist. 

Diesen  Satz  wollen  wir  als  das  Fundamentaltheorem  für 
die  Erzeugung  der  Raumgruppen  bezeichnen.  Dasselbe  eröffnet 
einen  bestimmten  Weg,  den  wir  bei  der  Erzeugung  aller 
Baumgruppen  einschlagen  werden.  Für  die  Punktgruppen  ist 
nämlich  die  in  ihm  genannte  Erzeugungsweise  an  den  yer- 
schiedenen  Stellen  dieser  Schrift  bereits  nachgewiesen  worden; 
es  muss  sich  daher  jede  überhaupt  existirende  Baumgruppe  auf 
analoge  Art  erzeugen  lassen. 


—     384    — 

§  12.  Wir  beweisen  noch  einige  besondere  Sätze^  welche 
die  Erzeugung  der  Gruppen  F  betreffen^  und  schicken  zu 
diesem  Zweck  folgenden  Hilfssatz  voraus: 

Hilfesatz.  Führt  die  Operation  S  imei  Operationen  SR  und 
91  bezUglidi  in  Tl^  und  Slj  w6cr,  so  führt  sie  das  Product  SR  91 
in  SRiSli  über. 

Nach  Annahme  bestehen  nämlich  die  Gleichungen 
fi-i3Rfi  =  SR,     und 

hieraus  folgt  durch  Multiplication 

S-i3RSS-^9iS  =  3R,5Ri,    resp. 
2-i3RSRß  =  SRi5Ri, 

und  dies  ist  die  Behauptung. 

Nun  sei  F  eine  Raumgruppe ,  und  es  seien  F^  und  F^ 
zwei  solche  Untergruppen  von  F,  dass  aus  ihnen  die  6rui)pe  F 
durch  Multiplication  hervorgeht.  Dies  ist  gemäss  den  allge- 
meinen Eigenschaften  der  isomorphen  Gruppen  immer  der 
Fall;  wenn  die  zu  F  isomorphe  Punktgruppe  G  zwei  analoge 
Untergruppen  G^  und  G^  besitzt.  Derartige  Paare  von  Unter- 
gruppen haben  wir  oben  S.  205  ff.  vielfach  kennen  gelernt. 

Nun  sei  fi  eine  Operation ,  welche  sowohl  das  Axen- 
sjstem  der  Gruppe  F^,  als  auch  dasjenige  der  Gruppe  F^  in 
sich  überführt,  so  ist  zu  schliessen,  dass  sie  eine  Deckope- 
ration der  gesammten  Axen  und  Ebenen  von  F  darstellt.  Ist 
nämlich  SR  irgend  eine  Operation  der  Gruppe  I\  und  91  irgend 
eine  Operation  von  F^^  so  ist  der  Voraussetzung  gemäss  jede 
Operation  von  F  von  der  Form  SR  91;  ferner  enthält  die 
Gruppe  neben  den  Operationen  SR|  und  9^^  auch  die  Operation 
SR^Sl^;  folglich  führt  nach  dem  obigen  Hilfssatz  die  Opera- 
tion S  in  der  That  alle  Operationen  von  F  in  einander 
über,  also  auch  die  zugehörigen  Axen  und  Ebenen.  Dem- 
nach folgt: 

Lehrsatz  XIX.  Sind  F^  und  F^  zwei  Gruppen,  aus  denen 
sich  die  Gruppe  F  durch  Mültipiication  erzeugen  lässt,  so  ist 
jede  Deckoperation  der  Axen  und  Ebenen  von  F,  und  F^  eu- 


-    385    - 

gleich  eine  Deckoperation  für  die  gemmmten  Axen  und  Ebenen 
der  Gruppe  F. 

Es  sei,  wie  immer,  G  diejenige  Punki^uppe,  welche  der 
Raumgruppe  F  isomorph  ist  Ferner  sei  jetzt  ^'  irgend  eine 
in  r  enthaltene  Punktgruppe,  so  enthält  auch  G  die  Gruppe 
G'  als  Untergruppe.     Ihre  Operationen  seien 

1)  1,  s,',  s,'...s;_i. 

Alsdann  giebt  es,  wie  wir  im  ersten  Abschnitt  S.  140  be- 
wiesen haben,  in  allen  Fällen  eine  Beihe  ¥on  Operationen 

2)  1,    2R/,    9»,'...aR;-i  ' 

Ton  der  Art,  dass  alle  Operationen  der  Gruppe  G  in  der 
Tabelle 

1,  X^i ,  X^  ...  X/p— 1 

3»/,      s;2R/,     s;2Ri'    ...s;^i2r; 

3)  2R,',        s/9»,',       £,'3»,'     ...S;^i2R; 

enthalten  sind,  sich  also  durch  einseitige  Multiplication  der 
Reihe  1)  mit  den  Operationen  der  Reihe  2)  ergeben.  Die 
Operationen  der  Reihe  2)  bilden  übrigens,  wie  aus  den  Unter- 
suchungen von  Gap.  VI,  21  und  Gap.  VIII,  4  des  ersten  Ab- 
schnitts hervorgeht,  in  den  meisten  Fällen  ebenfalls  eine  in 
G  enthaltene  Untergruppe. 
Nun  seien 

4)  1,    2»!,    SW,  ...SR,^! 

irgend  welche  Operationen  von  F,  die  den  Operationen  der 
Zeile  2)  isomorph  sind,  und  wie  üblich  sei  F«  die  Trans- 
lationsgruppe von  F.  Alsdann  sind  gemäss  §  9  edle  Opera- 
tionen von  F,  welche  den  Operationen  der  Reihe  2)  isomorph 
sind,  in  den  Ausdrücken 

5)  F.,     {3Ä,F.),     {2R,F.)...{3Ä,-iF.} 

enthalten.  Beachten  wir  nun,  dass  die  Operationen  der  Zeile  1) 
der  Voraussetzung  zufolge  Operationen  yon  F  sind,  so  folgt, 
dass  der  Ausdruck 

{Äi'3R*F.} 

Sohoeu flies,  Krysialistmotor.  26 


-    S86    - 

alle  diejenigen  Operationen  von  F  enthalten  muss,  welche  dem 
Product  fi/SDt/  der  Gruppe  G  isomorph  sind.  Jedem  Product 
der  Tabelle  3)  steht  ein  analoger  Ausdruck  zur  Seite,  also 
ergiebt  sich: 

Lehrsatz  XX.  Ist  r  eine  Raumgruppe,  welche  eine  Punkt- 
gruppe  G'  als  Untergruppe  enthalt^  so  lassen  sich  die  sämmt- 
liehen  Operationen  von  F  dadurch  bilden,  dass  die  Operationen 
von  G'  mit  einer  unendlichen  Beihe  V  von  Operationen  einseitig 
multiplicirt  werden. 

Die  Reihe  F"-  ist  die  Reihe  5).  Sie  bildet  im  Allgemeinen 
ebenfalls  eine  in  F  enthaltene  Untergruppe;  es  kommen  nur 
wenige  Ausnahmen  vor. 

üeber  die  Natur  der  Gruppe  G'  ist  im  Beweis  keinerlei 
Voraussetzung  gemacht  worden.  Die  einfachsten  Gruppen  G\ 
die  wir  annehmen  können,  sind  die  Identität  und  die  Gruppe  G 
selbst.  Im  ersteren  Fall  enthält  der  Satz  ein  illusorisches 
Resultat,  es  wird  nämlich  F'  mit  F  identisch.  Wenn  dagegen 
G'  die  Gruppe  G  selbst  ist^  so  reducirt  sich  die  Reihe  2)  auf 
die  Identität,  demnach  geht  JT  in  die  Translationsgruppe  Fe 
über.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XXI.  Enthalt  die  mr  Punktgruppe  G  isomorphe 
Baumgruppe  F  die  Gruppe  G  als  Untergruppe,  so  kann  sie 
durch  Multiplication  der  Gruppe  G  mit  der  Trattölationsgruppe  F« 
erzeugt  werden. 

Der  letzte  Satz  stellt  die  einfachste  Erzeugungsart  einer 
Raumgruppe  F  dar.  Mit  ihm  sind  wir  auf  einem  neuen  Wege 
zu  dem  Lehrsatz  XII  über  die  Symmetrieelemente  der  Raum- 
gitter gelangt  Er  ist  insofern  vollständiger  als  der  Satz  XII, 
als  er  auch  die  Symmetrieebenen  derselben  angiebb 

§  13.  Besondere  Beding^ongen  für  die  Erzeugung  von 
Banmgruppen  zweiter  Art.  Um  aus  einer  Gruppe  F|  dem 
vorstehenden  Satze  gemäss  Gruppen  höherer  Symmetrie  ab- 
zuleiten, kommen  in  allen  Fällen  nur  solche  Operationen  2 
in  Frage,  welche  das  Axensystem  der  Gruppe  F^  in  sich  über* 
führen,  und  zwar  muss,  wenn  a  und  h  irgend  zwei  Axen  sind, 
welche  durch  fi  zur  Deckung  gelangen,  jede  für  die  Axe  a 


-     38?     - 

zulässige  Bewegung  in  eine  für  h  mögliche  Bewegung  über* 
gehen,  d.  h.  in  eine  solche,  welche  ebenfalls  der  Gruppe  F^ 
angehört  Es  leuchtet  daher  ein,  dass  n-zahlige  Äxen  nur  mit 
»-zahligen  Axen  zusammenfallen  können.  Nun  sind  irgend 
zwei  n- zählige  Axen  entweder  gleichartig  oder  verschieden- 
artig. Ist  die  Operation  fi  eine  Bewegung,  so  können  durch 
sie  augenscheinlich  nur  gleichartige  Axen  zur  Deckung  ge- 
langen. Ist  dagegen  fi  eine  Operation  zweiter  Art^  so  yer- 
wandelt  sie  jede  Schraubenbewegung  in  eine  solche  von  ent- 
gegengesetztem Windungssinn,  die  Axen,  welche  durch  sie  zur 
Deckung  gelangen,  sind  daher  entweder  Drehungsaxen  oder 
solche  Schraubenaxen,  welche  sich  durch  den  Windungssinn 
unterscheiden.  Beachten  wir  nun,  dass  sich  eine  Schrauben- 
axe,  deren  Translationscomponente  eine  halbe  Translation  ist, 
sowohl  als  rechtsgewunden,  wie  als  linksgewunden  auffassen 
lässt,  80  folgt: 

Lehrsatz  XXII.  Ist  S>  eine  Operation  »weiter  Art,  welche 
das  Axensystem  einer  Baumgruppe  F^  in  sich  überführt,  so  sind 
die  Axen  von  F^  entweder  Drehungsaxen  und  Schraubenaxen, 
deren  Translationscomponente  einer  halben  Translation  gleich  ist, 
oder  es  exisUrt  m  jeder  Schraubenbewegung  die  gleiche  Schrauben- 
bewegung von  entgegengesetztem  Windungssinn. 

Ist  die  Operation  S,  welche  benutzt  wird,  um  aus  der 
Gruppe  Fl  eine  Gruppe  höherer  Symmetrie  F  abzuleiten,  von 
der  zweiten  Art,  so  besteht  noch  eine  zweite  Bedingung  all- 
gemeiner Art,  der  sie  zu  genügen  hat;  es  muss  nämlich  S' 
eine  der  Gruppe  F^  angehörige  Bewegung  sein.  Nun  hat  S, 
wie  wir  oben  sahen,  eine  der  drei  Formen 

@,  3,@(0,    ®(«), 

und  es  ist 

@«=1,     S«  — 1,     &{t)  =  2t,    ©^(a>)  — «(2«). 

Wenn  daher  ®(t)  zur  Erzeugung  einer  Gruppe  F  benutzt 
werden  soll,  so  muss  t  eine  halbe  Translation  der  Gruppe  I\ 
sein,  und  wenn  ©(©)  als  erzeugende  Operation  zulässig  sein 
soll,  so  muss  die  zugehörige  2n-zählige  Axe  zweiter  Art  gleich- 
zeitig eine  n-zählige  Axe  erster  Art  der  Gruppe  F^  sein.  Also  folgt: 

26* 


-     388     - 

Lehrsatz  XXTIL  Die  Operation  ©(^)  kann  nur  dann  mr 
Erzeugung  einer  Baumgruppe  verwendet  werden  y  wenn  t  eine 
hqlbe  Translation  der  Gruppe  ist. 

Lelirsatz  XXIV.  Die  Operation  ©  (cd)  ist  für  die  Gruppe  F^ 
nur  dann  als  erzeugende  Operation  zulässig,  wenn  ihre  un- 
zählige Axe  zweiter  Art  in  eine  n-zählige  Drehungsaxe  der 
Gruppe  r^  faUt 

Die  letztere  Folgerung  stimmt  mit  derjenigen  überein,  die 
sich  analog  im  ersten  Abschnitt  Cap.  V,  §  11  für  die  Bildungs- 
gesetze der  Gruppen  zweiter  Art  ergeben  hat.  Wir  bedürfen 
ihrer  für  die  Construction  derjenigen  Gruppen  F,  welche  vier- 
zählige  Axen  zweiter  Art  enthalten. 

§  14.  Kriterien  für  die  Identität  verschiedenartig  er- 
zeugter Gruppen.  Zwei  Raumgruppen  sind  identisch,  wenn 
sie  dieselben  Operationen  enthalten;  sie  sind  verschieden, 
wenn  dies  nicht  der  Fall  ist. 

Es  seien  nun  fi  und  ^  zwei  Operationen,  mit  denen  sich 
aus  Fl  die  gleiche  Gruppe  F  erzeugen  lässt,  so  kommen  in 
dieser  Gruppe  die  Operationen  S  und  SR  gleichzeitig  vor. 
Ebenso  ist  aber  das  umgekehrte  wahr.  Sind  F  und  I*  zwei 
Gruppen,  welche  sich  aus  F^  mittelst  der  Operationen  S  und 
ÜK  erzeugen  lassen,  und  enthält  die  mit  fi  abgeleitete  Gruppe  F 
bereits  die  Operation  äJl,  so  sind  F  und  V  identisch.  Denn 
da  es  nur  eine  Gruppe  F'  giebt,  welche  durch  Multiplication 
von  r,  mit  3R  entsteht,  so  ist  jede  Gruppe,  die  ausser  F^  die 
Operation  9)t  enthält,  die  Gruppe  F\     Also  folgt: 

Lehrsatz  XXY.  Enthält  die  aus  F^  durch  die  Operation  S 
ableitbare  Gruppe  eine  F^  nicht  angehörige  Operation  SR,  so 
lässt  sie  sich  auch  durch  Multiplication  von  I\  mit  SR  er- 
zeugen. 

Es  ist  einleuchtend,  dass  die  eben  genannten  Operationen 
S  und  SR  das  Axensystem  von  F^  auf  die  gleiche  Art  in  sich 
überführen.  Dies  legt  die  Frage  nahe,  ob  auch  die  Umkeh- 
rung richtig  ist^  d.  h.  ob  zwei  verschiedene  Operationen  S  und 
SR  auch  dann  die  gleiche  Gruppe  aus  F^  erzeugen,  wenn  sie 
nur  die  Eigenschaft  haben^  die  Axen  von  I\  auf  gleiche  Weise 


—    389    — 

in  sich  überznf&hren.  um  hierüber  Gewissheit  zu  erhalten, 
betrachten  wir  das  Prodnct  83K~^.  Wie  aus  der  Eigenschaft 
von  2  und  9K  unmittelbar  folgt ,  kann  dies  Product  jede  Äxe 
von  r^  nur  in  sich  selbst  verschieben.  Dies  kann  aber  augen- 
scheinlich nur  in  dem  einen  einzigen  Fall  eintreten,  dass  alle 
Axen  parallel  sind,  und  die  Operationen  S  und  3JI  sich  um 
eine  den  Axen  parallele  Translation  unterscheiden,  die  jede 
Axe  in  sich  selbst  gleiten  lässt.  Beachten  wir  nun,  dass 
es  sich  nur  um  reducirte  Operationen  fi  und  Wl  handelt, 
so  folgt: 

Lehrsatz  XXVI.  Sind  2, und  fOl  zwei  Operationen^  die  das 
Axensystem  einer  Gruppe  Fj  auf  gleiche  Weise  in  sich  über- 
fuhren  j  so  entsteht  durch  MuUiplication  von  S  und  9Ä  mit  F^ 
im  Allgemeinen  die  gleiche  Gruppe  R  Eine  Ausnahme  kann  nur 
dann  eintretenj  wenn  alle  Axen  von  F^  parallel  sind,  und  wenn 
sich  &  und  äJl  um  eine  zu  den  Axen  parallele  Translations- 
componente  unterscheiden. 

Es  wird  sich  später  herausstellen,  dass  dieser  Satz  in 
dem  Fall  practische  Wichtigkeit  erlangt-  dass  2  eine  den 
Axen  parallele  Spiegelung  @  ist.  Die  Operation  fßt  ist  dann 
die  Gleitspiegelung  ®{t)y  wo  t  gemäss  Satz  XXIII  die  halbe 
den  Axen  parallele  primitive  Translation  ist 

Stimmen  zwei  Gruppen  F  und  P'  in  der  Lage  ihrer  Axen 
und  Ebenen  nicht  überein,  so  können  sie  trotzdem  noch  die 
nämliche  Raumgruppe  repräsentiren,  und  zwar  dann,  wenn  die 
sämmtlichen  Axen  und  Ebenen  beider  Gruppen,  ohne  identisch 
zu  sein,  doch  die  gleiche  Anordnung  im  Räume  zeigen.  Wenn 
z.  B.  aus  einer  Gruppe  F^,  die  lauter  parallele  Axen  enthält, 
durch  Spiegelung  an  einer  zu  den  Axen  senkrechten  Ebene 
eine  Gruppe  F  abgeleitet  werden  kann,  so  ist  die  Lage  dieser 
Ebene  beliebig,  und  zwei  mit  verschiedenen  Ebenen  erzeugte 
Gruppen  werden  auch  verschiedene  Schaaren  von  Symmetrie- 
ebenen enthalten;  aber  alle  so  entstehenden  Gruppen  sind 
augenscheinlich  als  identisch  zu  betrachten.  Liegt  ferner  die 
§  9  betrachtete  Gruppe  vor,  welche  der  Vierergruppe  V  iso- 
morph ist,  so  besitzt  sie,  wie  wir  oben  sahen,  Axenschaaren 
nach  drei  zu  einander  senkrechten  Richtungen.     Wir  wollen 


—    390    — 

annehmen y  dass  die  Yertheilung  der  Axen  nach  zwei  Rich- 
tungen die  gleiche  ist.  Lässt  sich  aus  dieser  Gruppe  JT^  eine 
Gruppe  r  ableiten,  für  welche  die  erzeugende  Operation  durch 
die  eine  dieser  beiden  Axenschaaren  bestimmt  ist,  so  fuhrt 
diejenige  Operation  £,  welche  dieselbe  Beziehung  zu  der  an- 
dern Axenschaar  besitzt,  zu  einer  Gruppe  JT;  beide  Gruppen 
unterscheiden  sich  aber  offenbar  nur  in  der  Bezeichnung 
von  einander  und  sind  als  identisch  zu  betrachten.  Auf 
solche  Fälle  werden  wir  unser  Augenmerk  besonders  zu  rich- 
ten haben« 

Durch  die  Yorstehenden  Sätze  ist  uns  Gang  und  Methode 
für  die  Ableitung  aller  überhaupt  existirenden  Raumgruppen 
vorgeschrieben.  Wir  gehen  von  den  Gruppen  niederster  Sym- 
metrie aus  und  suchen  aus  ihnen  durch  Hinzuf&gung  geeig- 
neter neuer  Symmetrieelemente  resp.  durch  Multiplication  mit 
einer  Operation  S  Gruppen  höherer  Symmetrie  zu  gewinnen* 
Hierbei  dient  im  Allgemeinen  das  Fundamentaltheorem  des 
§  11  als  Richtschnur.  Welche  Operationen  S  einzig  und  allein 
nöthig  sind,  um  alle  zu  einer  Punktgruppe  G  isomorphen 
Raumgruppen  F  zu  finden,  ist  auf  Grund  dieses  Satzes  leicht 
zu  entscheiden.  Entsteht  nämlich  die  Gruppe  O  durch  Multi- 
plication von  Oj^  und  S',  so  entsteht  F  durch  Multiplication 
der  Gruppe  F^  mit  einer  zu  2'  isomorphen  Operation  fi.  Es 
handelt  sich  daher  nur  noch  darum,  o/fe  derartigen  Opera- 
tionen &  zu  finden,  welche  verschiedene  Gruppen  F  liefern. 
Um  das  letztere  zu  entscheiden,  kommen  natürlich  die  oben 
abgeleiteten  Sätze  in  Frage;  wir  werden  uns  überdies  für  jede 
Classe  ¥on  Raumgruppen  weitere  einfache  Kriterien  ver- 
schaffen,  nach  welchen  die  Frage  nach  der  Identität  und  Ver- 
schiedenheit der  gewonnenen  Gruppen  leicht  entschieden  wer- 
den kann. 

§  15.  Analytische  Darstellung  der  Banmgmppen.  Wir 
haben  im  Cap.  VIII  des  ersten  Abschnittes  die  Punktgruppen 
analytisch  dadurch  zu  characterisiren  gesucht,  dass  wir  die 
Coordinaten  aller  Punkte  angaben,  die  sich  aus  den  Coordi- 
naten  xy0  eines  beliebigen  Punktes  durch  die  Operationen 
der"  Gruppe   ergeben.     In   ähnlicher   Weise   wollen   wir   ver- 


-    391     — 

Buchen,  auch  f&r  die  Raumgruppen  JT  alle  diejenigen  Punkte 
zu  bestimmen,  welche  sich  aus  einem  beliebigen  Ausgangs- 
punkt xyz  durch  die  Operationen  der  Gruppe  JT  ableiten 
lassen.  Diese  Punkte  sollen  gleichiverihige  Punkte  von  JT  ge- 
nannt werden.  Die  Voruntersuchung,  welche  wir  zu  diesem 
Zweck  anzustellen  haben ,  betrifft  die  Frage,  wie  sich  ana- 
lytisch die  Coordinaten  derjenigen  Punkte  ausdrücken;  welche 
den  sämmtlichen  isomorphen  Operationen  einer  Gruppe  JT 
entsprechen.  Ist  diese  Frage  beantwortet,  so  macht  die 
Bestimmung  aller  bezüglichen  Punkte  keine  Schwierigkeiten 
mehr. 

Ist  S  eine  beliebige  Operation  von  F,  so  entstehen  ge- 
mäss §  4  die  ihr  isomorphen  Operationen 

1)  L;      A^y      X^  . . ., 

indem  S  mit  den  sämmtlichen  Translationen  der  Gruppe  Fg 
multiplicirt  wird.     Es  sei  X  diejenige  Translation,  so  dass 

2,-2% 

ist  Femer  seien  a?<y<jer«  die  Coordinaten  desjenigen  Punktes, 
in  welchen  der  Punkt  xy0  durch  die  Operation  S  übergeht. 
Nun  ist  die  Operation  S|  den  beiden  auf  einander  folgenden 
Operationen  S  und  %  äquivalent.  Daher  ist  der  durch  die 
Operation  2^  aus  xyz  entstehende  Punkt  derselbe,  welcher 
aus  x^ytZt  in  Folge  der  Translation  %  entsteht.  Sind  also 
tx'f  t/y  r/  die  Componenten  von  %  längs  den '  Ooordinaten- 
axen,  so  sind 

die  Coordinaten  des  gesuchten  Punktes.  Mittelst  einer  leicht 
verständlichen  Abkürzung  wollen  wir  dieselben  durch 

XtyiZ,  +  2t 

bezeichnen,  wo  2r'  die  Länge  der  Translation  %  nach  Grösse 
und  Richtung  darstellt.  Die  Gesammtheit  aller  Punkte,  welche 
aus  dem  Ausgangspunkt  xyz  durch  die  isomorphen  Operationen 
der  Beihe  1)  entstehen,  ist  daher  in  dem  geometrisch  zu  inter- 
pretirenden  Ausdruck 


-     392     - 
x,y,0,  +  2witi  +  2m,rs,  +  2m^t^ 

enthalten y  wo  wie  gewohnlich  m^,  Wj,  m^  alle  positiven  und 
negativen  ganzen  Zahlen  bedeuten.  Wie  aus  der  Bedeutung 
der  eben  eingeführten  Bezeichnung  folgt,  ergeben  sich  aus 
ihm  die  drei  Coordinaten  eines  jeden  Punktes,  indem  a:,,  y«,  0i 
durch  die  Projectionen  der  bezüglichen  Translation  nach  den 
Goordinatenaxen  vermehrt  werden. 

Die  oben  benutzte  Operation  ß,  welche  den  Punkt  xyz 
in  XiiftSii  überfährt,  war  eine  beliebige  Operation  der  Reihe  1). 
Wir  wählen  dieselbe,  wenn  möglich,  ohne  Translationscompo- 
nente.  Ist  dies  ausgeschlossen,  hat  also  fi  eine  Translations- 
componente,  so  können  wir  sicher 

ß  =  ß'3:' 

setzen,  wo  %'  die  in  ß  steckende  Translation  ist.  Wir  er- 
halten daher  nach  dem  vorstehenden  die  Coordinaten  Xtyi0i 
immer  so,  dass  wir  den  Punkt  xysf  zunächst  der  Operation  ß' 
unterwerfen  und  dann  die  Translationscomponente  resp.  ihre 
Projectionen  auf  den  Goordinatenaxen  einfach  addiren.  Ent- 
halten nun  die  Goordinaten  xysf,  welche  der  Operation  ß 
unterworfen  werden^  bereits  Translationscomponenten  r,  so  ist 
darauf  Rücksiclit  zu  nehmen,  dass  die  der  Operation  ß  ent- 
sprechende Substitution  auch  die  Richtung  dieser  Translations- 
componenten r  verändern  kann.  Ist  ß  selbst  eine  Operation, 
die  mit  einer  Translation  t  behaftet  ist,  so  wird  nach  den 
Schlusssätzen  des  vorstehenden  Gapitels  durch  Ausführung  der 
Translation  t  die  Richtung  von  r  nicht  geändert;  diese  Aen- 
derung  ist  daher  die  gleiche,  welche  durch  die  von  Trans- 
lationen freie,  zu  ß  isomorphe  Operation  ß'  hervorgebracht 
werden  mag.  Ist  endlich  ß  eine  Bewegung  9(a,^),  so  ist  zu 
beachten,  dass  die  Bewegung  W  die  Translationscomponente  2  t 
besitzt  u.  s.  w. 

Hiernach  ist  klar,  dass  sich  die  Goordinaten  sämmtlicher 
gleichwerthigen  Punkte  einer  Gruppe  F  von  denjenigen,  welche 
der  zu  F  isomorphen  Punktgruppe  G  entsprechen,  nur  durch 
Translationscomponenten  unterscheiden.  Sind  ferner  xy0  die 
Goordinaten   irgend    eines    beliebigen  dieser  Punkte,   so  sind 


—    393    - 

damit,  wie  oben  angegeben,  auch  die  Coordinaten  aller  der- 
jenigen Punkte  bekannt,  in  welche  xyz  durch  die  Trans- 
lationen 2m^ti  +  2^2 Tg  +  2^3 Tg  der  Gruppe  übergeht.  Es 
ist  daher  nur  nothig,  einen  dieser  Punkte  aaszudrücken.  Für 
jeden  der  n  gleichwerthigen  Punkte  der  Gruppe  G  brauchen 
wir  daher  nur  einen  analogen  Punkt  der  Gruppe  F  zu  kennen; 
wir  wählen  ihn  natürlich  so  einfach  wie  möglich.  Die  so  be- 
stimmten n  Punkte  von  F  wollen  wir  als  ein  Fundamental- 
system gleichwerthiger  Funkte  bezeichnen,  um  dieses  System 
för  jede  Gruppe  anzugeben,  genügt  es  nach  dem  Vorstehen- 
den, für  die  Coordinaten  jedes  Punktes  die  einfachsten  Trans- 
lationscomponenten  zu  ermitteln,  um  welche  er  sich  von  den 
Coordinaten  des  analogen  Punktes  von  G  unterscheidet.  Für 
diesen  Zweck  steht  es  uns  frei,  m  den  Coordinaten  primitive 
Translationen  beliebig  m  addiren  oder  zu  subtrahiren. 

§  16.  Olassiflcimng  der  Baumgrnppen.  Unter  den  in 
diesem  Capitel  enthaltenen  gruppentheoretischen  Sätzen  sind 
zwei  von  principieller  Wichtigkeit.  Das  —  bisher  noch  unbe- 
wiesene —  Theorem,  dass  jede  krystallographisch  verwend- 
bare Raumgruppe  eine  der  14  Translationsgruppen  Ft  als 
Untergruppe  besitzt,  haben  wir  als  den  inhaltlich  principiellen 
Hauptsatz  zu  betrachten,  während  dem  in  §  4  ausgesproche- 
nen Satz  über  den  Isomorphismus  der  Punktgruppen  und 
Raumgruppen  die  Bedeutung  eines  formalen  Fundamentalsatzes 
innewohnt 

Um  dies  in's  rechte  Licht  zu  setzen,  erinnern  wir  daran, 
dass  das  erste  der  beiden  genannten  Theoreme  in  §  3  un- 
mittelbar zu  dem  Ergebniss  führte,  dass  in  jeder  Gruppe  F 
nur  zweizählige,  dreizählige,  vierzählige  oder  sechszählige  Axen 
auftreten.  Es  repräsentirt  daher,  wie  sich  im  Hinblick  auf  die 
Ausführungen  von  Cap.  IV,  §  6  erkennen  lässt,  das  Grund- 
gesetz der  Symmetrie;  dieses  Geseis  erscheint  daher  auch  für 
die  auf  dem  Wiener -Sohncke' sehen  Grundgedanken  aufgebauten 
Theorieen  als  Ausfltiss  der  Ausgangshypothese.  Nunmehr  führt 
der  zweite  der  eben  angezogenen  Hauptsätze  unmittelbar  zu 
der  Folgerung,  dass  die  Raumgruppen  in  die  nämlichen 
32    Classen    zerfallen,    wie    die   ihnen    isomorphen    krystallo- 


—    394     - 

graphisch  in  Betracht  kommenden  Punktgrappen;  zugleich 
giebt  er,  wie  §  10  zeigt,  das  Mittel  an  die  Hand,  die  Ge- 
sammtheit  derselben  systematisch  abzuleiten. 

Die  Yorstehenden  Entwickelungen  legen  es  nahe,  die 
Raumgmppen  F  nach  den  ihnen  isomorphen  Punktgruppen 
einzutheilen.  Die  Gesammtheit  aller  dieser  Raumgruppen  zer- 
fallt demnach  in  die  gleichen  32  Classen,  in  welche  sich  auch 
die  Erystalle  sondern  lassen.  Andrerseits  yertheilen  sich  die 
32  Erystallclassen  auf  die  in  Cap.  VI  ausführlich  erörterte 
Art  in  sieben  Erystallsysteme.  Jedes  dieser  Ejrystallsysteme 
ist  durch  einen  gewissen  specifischen  Symmetriecharacter  aus- 
gezeichnet, der  allen  seinen  Unterabtheilungen  gleichzeitig 
innewohnt.  Beispielsweise  kommt  allen  sieben  Classen  des 
quadratischen  Systems  eine  vierzählige  Hauptaze  zu.  Die 
ihnen  isomorphen  Raumgruppen  haben  daher  gleichfalls  yier- 
zählige  Axen  irgend  welcher  Art,  die  in  ihnen  enthaltene 
Translationsgruppe  Ft  muss  daher,  da  sie  bei  jeder  Operation 
der  Raumgruppen  in  sich  übergeht,  vierzahlige  Symmetrie- 
axen  besitzen  und  ist  somit  eine  Translationsgruppe  »vom 
tetragonalen  Typus.  Analoge  Betrachtungen  lassen  sich  für 
jedes  andere  Erystallsystem  anstellen.  Sie  zeigen,  dass  allen 
Raumgruppen,  welche  den  Unterabtheilungen  eines  und  des- 
selben Erystallsystems  entsprechen,  diejenige  Translations- 
gruppe  zukommt,  deren  Symmetrie  mit  derjenigen  des  Erystall- 
systems identisch  ist 

Dem  eben  skizzirten  Gedanken  werden  wir  für  die  Ein- 
theilung  resp.  für  die  Herstellung  und  Anordnung  der  Raum- 
gruppen Folge  geben.  Wir  gewinnen  dadurch  sieben  Haupt- 
classen  von  Raumgruppen,  welche  den  sieben  erfahrungsgemäss 
aufgestellten  Ery stallsystemen  entsprechen,  und  finden  inner- 
halb jeder  Elasse  alle  diejenigen  Raumgruppen  wieder,  welche 
einer  Unterabtheilung  des  bezüglichen  Ejrystallsystems  ange- 
hören. Wir  werden  daher  die  Raumgruppen  mit  demselben 
krystallographischen  Namen  belegen,  wie  die  ihnen  iso- 
morphen Punktgrappen.  Dieser  Bezeichnung  kommt  allerdings 
zunächst  nur  eine  äusserliche  Bedeutung  zu.  Wir  werden 
aber  nachweisen,  dass  die  durch  die  Bezeichnung  ausgedrückte 


-    895     - 

Symmetrie  nnd  die  Symmetrie  der  Raumgruppe  F  sich  wirk- 
lich decken;  d.  h.  genauer  gesprochen^  dass  diejenigen  Molekel- 
haufenj  tcelche  der  Crruppe  F  entsprechen,  bei  beliebig  gelassener 
Molekel  einen  Erystall  von  derjenigen  Symmetrie  zu  repräsen- 
tiren  geeignet  sind,  welche  durch  die  eu  F  isomorphe  Punkt- 
gruppe  bestimmt  wird  und  demgemäss  in  der  Bezeichnung  her- 
vortritt. Wir  kommen  hierauf  in  Cap.  XIII  ausführlicher 
zurück/  wenn  wir  die  Frage  nach  dem  Symmetriecharacter 
eines  Molekelhaufens  allgemeiner  in's  Auge  fassen. 


Siebentes  Capitel. 

Die  Gruppen  des  triklinen  nnd  monoklinen  Systems. 

§  1.  Bezeiohniingen.  Ehe  wir  dazu  übergehen,  die  Ranm- 
gruppen  der  Reibe  nach  aufzustellen,  schicken  wir  einige  Be- 
merkungen allgemeiner  Natur  voraus.  Die  erste  betrifft  die 
in  den  folgenden  Capiteln  durchgeffihrte  Bezeichnungsari  Die- 
selbe ist  möglichst  einheitlich  gewählt  worden,  schliesst  sich  den 
im  ersten  Abschnitt  enthaltenen  Bezeichnungen  der  isomorphen 
32  Punktgruppen  enge  an,  und  ist  überdies  bestimmt,  die 
Bildungsart,  sowie  den  Symmetriecharakter  einer  jeden  Gruppe, 
so  weit  es  angängig  ist,  erkennen  zu  lassen.  Hierzu  dient 
erstens,  wie  S.  87  ff.,  die  Darstellung  der  Gruppe  durch  die 
erzeugenden  Operationen  u.s.w.  Ferner  sind  für  die  allgemeinen 
Gruppen,  welche  irgend  einer  Punktgruppe  entsprechen,  dieselben 
Zeichen  benutet  worden  une  für  die  Punktgruppe,  mit  der  Mass- 
gäbe,  dass  der  lateinische  Budistabe^  durch  einen  deutschen  ersetzt 
isty  und  der  eventuelle  cbere  Index  in  einen  unteren  zweiten  Index 
verwandelt  ist.  Die  statt  der  oberen  Indices  bei  den  folgenden 
Bezeichnungen  auftretenden  Zahlen  haben  mit  der  Symmetrie 
der  Gruppe  nichts  zu  thun;  sie  geben  nur  die  Nummer  der 
Gruppe  an,  wenn  es  mehrere  Gruppen  giebt,  welche  derselben 
Punktgruppe  isomorph  sind.   So  entsprechen  den  Punktgruppen 

die  Raumgruppen 

6?,  K^y  »e^Ä  ... 

wo  m  die   Nummer   der   Raumgruppen    einer  jeden    Gattung 

bedeutet,   also  der  Reihe  nach  die  Werte  1,  2,  3...  erhält. 

Um    eine    möglichst    anschauliche  Vorstellung   yon    den 

Symmetrieverhältnissen  dieser  Gruppen,  resp.  von  der  Symme- 


-     397     — 

trie  der  später  aus  ihnen  abzuleitenden  Molekelhaufen  zu  er- 
reichen, werden  wir  die  Sjmmetrieelemente  einer  jeden  Gruppe 
im  Allgemeinen  ausführlich  angeben.  Sie  lassen  sich  an  der 
Hand  der  Translationsgruppen  Fr  leicht  ableiten.  Wie  in 
Cap.  III  geschehen,  werden  wir  auch  hier  die  Tränslations- 
gruppen  durch  das  für  sie  characteristische  Tripel  primitiver 
Translationen  kennzeichnen. 

§  2.  Die  Hemiedrie  des  triklinen  Systems.  Das  trikline 
System  enthält  die  zwei  Erystallclassen,  deren  Punktgruppen 

Ci  und  82 
sind.    Die  letztere  enthält  ein  Symmetriecentrum,  während  die 
erstere  ein  Symmetrieelement  überhaupt  nicht  besitzt.     Ihnen 
entsprechen  zwei  verschiedene  Classen  von  Raumgruppen,  die 
wir  als  Baumgruppen  vom  triklinen  Typus  bezeichnen. 

Die  Translationsgruppe  unterliegt  gemäss  Gap.  III  keiner 
Beschränkung;  jede  Gruppe  Ft  kann  in  einer  Raumgruppe  des 
triklinen  Systems  auftreten.  Doch  ist  nicht  ausgeschlossen, 
dass  in  eine  dieser  Raumgruppen  eine  solche  Translations- 
gruppe eingeht,  welche  einem  symmetrischen  Gitter  entspricht. 
Für  diesen  Fall  ist  ja  bereits  oben  Cap.  IV,  4  der  Beweis 
geliefert  worden,  dass  die  bezüglichen  Molekelhaufen  bei  be- 
liebig gelassener  Molekel  keinerlei  Symmetrie  besitzen,  und 
daher  dem  triklinen  System  zuzurechnen  sind. 

Dem  im  vorigen  Capitel  skizzirten  Plan  zufolge  beginnen 
wir  mit  den  Gruppen,  deren  Symmetrie  der  Hemiedrie  ent- 
spricht. Die  isomorphe  Punktgruppe  ist  die  Identität;  die 
bezüglichen  Gruppen  enthalten  daher  ausser  der  Translations- 
gruppe keine  weitere  Operation,  d.  h. 

Lehrsatz  I,  Der  Hemiedrie  des  triklinen  Systems  entspricht 
eine  ClcLSse  von  Baumgruppen,  nämlich  diejenige^  welche  von  den 
Translationsgruppen  gebildet  umd. 

Wir  bezeichnen  die  bezüglichen  Gruppen  durch 

Die  gleichwertigen  Punkte  im  Sinne  von  Cap.  VI,  §  15 
werden  augenscheinlich  durch  xyz  allein  repräsentirt;  alle 
andern  entstehen  aus  ihm  durch  Zusatz  von  Translationen. 


-^    398    — 

§  3.  Die  Holoedrie  des  triklinen  Systems.  Für  die- 
jenigen Gruppen^  welche  der  Holoedrie  des  triklinen  Systems 
entsprechen ;  ist  S2  die  isomorphe  Pnnktgruppe.  Sie  enthält 
nar  die  Operationen  1  und  3,  kann  also  durch  Multiplication 
der  Identität  mit  der  Inversion  erzengt  werden. 

Die  Raumgruppen  dieser  Art  bezeichnen  wir  durch  S<. 
Sie  entstehen  dem  S.  383  genannten  Fundamentaltheorem  zu- 
folge durch  Multiplication  einer  Translationsgruppe  mit  einer 
Operation,  welche  der  Inversion  isomorph  isi  Aber  jede  der 
Inversion  isomorphe  Operation  ist  nach  Satz  VI  des  vorigen 
Capitels  selbst  eine  Inversion;  die  BAumgruppen  (£,•  können 
daher  durch  Multiplication  einer  Gruppe  F«  mit  der  Inversion  3 
erzeugt  werden.  Da  jede  Translationsgruppe  nach  Cap.  III,  4 
die  Eigenschaft  besitzt  durch  Inversion  in  sich  überzugehen, 
so  folgt  auch  auf  diese  Weise,  dass,  wie  schon  oben  erwähnt, 
jede  Trauslationsgruppe  I\  zur  Erzeugung  einer  Gruppe  (S^ 
benutzt  werden  kann.  Das  erzeugende  Symmetriecentrum  kann 
in  die  Ecke  eines  Raumgitters  gelegt  werden. 

Wir  stellen  die  .bezüglichen  Gruppen  durch 

©,-.  {A,  3} 

dar  und  erhalten: 

Lehrsatz  n.  Der  Holoedrie  des  triklinen  Systems  enlsprickt 
eine  Glosse  von  Baumgruppen;  sie  besteht  aus  den  mit  der  In- 
version multiplidrten  Translationsgruppen, 

Ausser  der  Inversion  3  gegen  den  Punkt  0  enthält  die 
Gruppe  (S,-  auch  alle  diejenigen  Operationen,  welche  sich  durch 
Multiplication  von  3  mit  einer  Translation  von  Ft  ergeben. 
Nach  Cap.  V  Satz  XIII  sind  diese  Operationen  ebenfalls  lauter 
Inversionen;  ihre  Centra  fallen  entweder  in  die  andern  Gitter- 
ecken, oder  in  die  Mitten  der  Seiten  und  Diagonalen  der 
Parallepipeda,  aus  welchen  das  Gitter  besteht.    Dies  giebt  den 

Lehrsatz  in.  Durch  Multiplication  einer  Tranüations- 
gruppe  JT«  mit  einer  Inversion  ergeben  sich  unendlich  viele 
Symmetriecentra;  sie  fallen  in  die  Ecken  und  die  Halbirungs- 
punkte  aller  Kanten  und  Diagonalen  des  eu  Ft  g^ykigen  Gitters. 

Bemerkung.  Da  jede  Translationsgruppe  eine  Inversion 
gestattet,  so  konnte  es  scheinen,  als  ob  ein  Widerspruch  vor- 


—    399    — 

läge,  wenn  die  Gruppe  Ft  selbst  der  Hemiedrie  des  triklinen 
Systems  entsprechen  soll,  die  mit  der  Inversion  multiplicirte 
Translationsgrappe  dagegen  der  Holoedrie.  Dass  dies  nicht 
der  Fall  ist,  dass  vielmehr  diejenigen  Molekelhaufen,  welche 
vermittelst  der  beiden  genannten  Arten  von  Gruppen  con- 
struirt  werden  können,  wirklich  verschiedene  Structur  auf- 
weisen, wird  sich  in  der  That  im  Gap.  XIII  herausstellen. 
Vorläufig  sei  nochmals  angemerkt,  dass  es  uns  zunächst  nur 
um  die  Aufstellung  der  verschiedenen  Raumgruppen  selbst  zu 
thun  ist,  und  die  Frage  nach  ihrer  Symmetrie,  resp.  nach  der 
Symmetrie  der  zugehörigen  Molekelhaufen  zunächst  verschoben 
wird.  Dass  aber  die  in  beiden  Gruppen  enthaltenen  Opera- 
tionen wirklich  verschieden  sind,  ist  unmittelbar  evident.  Denn 
die  Operationen  der  einen  bestehen  ausschliesslich  aus  Trans- 
lationen, die  andere  dagegen  enthält  ausserdem  noch  die  In- 
version 3  gegen  die  sämmtlichen  oben  genannten  Punkte, 
stellt  also  wirklich  einen  neuen  Gruppentypus  dar. 

Die  gleichwerthigen  Punkte  der  Gruppen  ©<  ergeben 
sich,  wenn  wir  gemäss  Cap.  VI,  15  den  beiden  Coordinaten- 
tripeln  xyg  und  xysf  alle  Translationen  von  Ft  hinzufügen; 
das  Fundamentalsystem  wird  daher  durch 

xye,    xy'i 

dargestellt  Es  folgt  noch,  dass  die  Gruppe  @<  die  Gesammt- 
heü  der  Deckoperationen  des  triklinen  Baumgitters  enthält, 

§  4.  Die  Hemiediie  des  moncklinen  Systen&s,  Dem 
monoklinen  System  gehören  diejenigen  Ejystallclassen  an, 
welche  den  Pnnktgruppen 

c,»,  c„  s 

entsprechen. 

Sie  sind  durch  den  Besitz  einer  ausgezeichneten  Axe 
resp.  Symmetrieebene  gekennzeichnet  Den  ihnen  isomorphen 
Raumgruppen  kommt  dalier  ebenfalls  eine  ausgezeichnete 
Richtung  zu;  sie  ist  der  Axenrichtung  parallel,  und  steht 
auf  der  Ebenenrichtung  senkrecht  Wie  oben  in  Cap.  III 
bezeichnen  wir  die  dieser  Richtung  parallele  Translation 
durch  2t,. 


—    400    - 

Die  Translationsgruppen  ^  welche  in  den  Raumgruppen 
des  monoklinen  Systems  enthalten  sind,  sind  diejenigen  vom 
monoklinen  Typus,  nämlich  Fm  und  F^. 

Wir  beginnen  mit  der  Aufstellung  derjenigen  Raum- 
gruppen, welche  der  Hemiedrie  entsprechen,  deren  isomorphe 
Punktgruppe  also  die  Gruppe  S  ist  Diese  Gruppe  enthält 
die  Operationen  1  und  @',  die  ihr  isomorphen  Ranmgruppen 
entstehen  dem  Fundamentaltheorem  gemäss  durch  Multiplica- 
tion  der  Trauslationsgruppe  mit  einer  Spiegelung  @  oder  mit 
einer  Operation  ®{t),  wo  t  eine  halbe  primitive  Translation 
der  Gruppe  ist,  Jeder  dieser  Gruppen  kommen  daher  un- 
endlich viele  Symmetrieebenen  oder  Ebenen  mit  Translations- 
symmetrie zu.  Sie  entsprechen  den  sämmtlichen  mit  @  resp. 
@(t)  isomorphen  Operationen,  welche  in  Gap.  VI,  4  durch 
Reihe  4)  dargestellt  worden  sind.  Ueber  die  Lage  und  Natur 
dieser  Ebenen  schicken  wir  einige  Untersuchungen  voraus. 
Wir  bemerken  zu  diesem  Zweck,  dass  die  Ebene  6  der  Ope- 
ration ©  resp.  ©(0;  ™it  welcher  die  Translationsgruppe 
multiplicirt  wird,  senkrecht  zur  Translation  2irj  und  parallel 
zu  2xg  und  2tf  liegt*) 

Die  Operation  ©(^)  ist  natürlich  in  reducirter  Form  an- 
zunehmen; wie  aus  Cap.  VI,  §  8  hervorgeht,  haben  wir  t  einen 
der  drei  Werthe 

zu   geben.     Setzen  wir  nun 

t  =  a^r^  -f  a,r/,  a^  —  0,  1  «^  =  0,  1 , 
so  giebt  dieser  Ausdruck  ausser  den  eben  genannten  Werthen 
auch  den  Werth  ^  ^^  0,  er  umfasst  also  neben  den  drei  Ope- 
rationen ©  (t)  auch  die  Spiegelung  ©.  Wir  werden  daher, 
um  alle  Fälle  gleichzeitig  zu  erörtern,  mit  dem  so  bestimmten 
Werth  t  operieren. 
Ist  die  Translationsgruppe  zunächst  Fm,  so  bilden 

2Ttf,  2tfy  2tg 

das  primitive  Tripel;  jede  Translation  ist  daher  von  der  Form 


1)  Die  Bezeichnnog  der  Tranalationen  otimmt  mit  der  in  Cap.  ni 
eingeführten  überein. 


—    401     — 

Wir  multipliciren  sie  mit  @(0  ^^i^  bestimmen  diejenige  re- 
ducirte  Operation,  welche  dem  Produkt  äquivalent  ist  Nun 
sind  alle  ganzen  Vielfachen  von  2te  und  2tf  nach  Cap.  VI,  §  8 
auf  die  reducirte  Operation  ohne  Einfluss,  es  genügt  daher  die- 
jenige Operation  zu  suchen,  welche  sich  durch  Multiplication 
der  Operation  ©  {t)  mit  der  Translation  von  der  Länge  2^3 r, 
ergiebt.  Femer  ist  nach  Satz  XII  von  Cap.  V  zu  schliessen, 
dass  sich  durch  Multiplication  von  @(^)  mit  2tj  die  gleiche 
Operation  an  einer  Ebene  ö^  ergiebt,  welche  zu  o  parallel  ist 
und  den  Abstand  r,  von  6  hat,  also  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Die  Translationsgruppe  Fm  vom  monoTüinen 
Tjfpus  und  eine  zu  ihren  gweigähligen  Axen  senkrechte  Symmetrie- 
ebene  bedingen  unendlich  viele  parallele  Symmärieebenen.  Der 
Abstand  je  zweier  von  ihnen  ist  gleich  der  Hälfte  der  den  Axen 
parallelen  Translation.   Das  Analoge  gilt  für  Ebenen  mit  Trans- 


Die  einander  parallelen  gleichartigen  Ebenen  mögen  mit 
<y,  o ,  o   ... 
bezeichnet  werden.   Sie  zerfallen  in  zwei  verschiedene  Schaaren 
gleichwerthiger  Ebenen,  welche  aus  je  einer  von  ihnen  durch 
die  Translationen  von  JT^  hervorgehen. 

Das  primitive  Tripel  der  Gruppe  F^  kann  durch 

2r,,   2r/,  r,  +  r/  +  r, 

dargestellt  werden.    Jede  ihrer  Translationen  ist  daher  in 

2m^Xe  +  2m^tf  +  m^{r^  +  r/  +  x») 

enthalten.  Wir  nehmen  die  Operation  @(^)  wieder  in  der 
eben  betrachteten  Form  an,  und  bestimmen  die  reducirten 
Operationen,  welche  dem  Produkt  aus  @(^)  und  den  vor- 
stehenden Translationen  äquivalent  sind.  Hier  haben  wir  zu 
unterscheiden,  ob  m^  eine  gerade  oder  ungerade  Zahl  ist. 

Es  sei  zunächst  m^=^2p  eine  gerade  Zahl.  Beachten 
wir  nun,  dass  die  ganzen  Vielfachen  von  2r«  und  2r/  imberück- 
sichtigt  bleiben,  so  folgt,  dass  es  sich  wieder  nur  um  die- 
jenigen Operationen  handelt^  die  durch  Multiplication  von  @  (t) 

Sohoenfliei,  KrysUUstructar.  26 


—     402    — 

mit  2ptz  entstehen;  wir  erhalten  daher  dieselben,  die  wir  eben 
abgeleitet  haben ;  Ton  den  zugehörigen  Ebenen  sind  je  zwei 
folgende  um  r,  yon  einander  entfernt. 

Diejenigen  Operationen,  welche  sich  fQr  ungerades  m, 
ergeben,  bedürfen  einer  genaueren  Betrachtung. 

Es  sei  mg  =  22)  -f-  1,  so  haben  wir  zur  Ermittelung  der 
reducirten  Operationen  die  Operation  @(t)  mit 

r,  +  r/+(2i>  +  l)r. 

zu  multipliciren.  Ist  nun  @i(^i)  diejenige  Operation,  welche 
dem  Product  äquivalent  ist,  so  ist  nach  Cap.  V  Satz  XII  wieder 
zu  schliessen,  dass  r«  -f- 1/  in  die  Translationscomponente  ti 
eingeht,  während  die  zu  6  parallele  Ebene  tf^  nur  von  (2jp4- 1)  ^» 
abhängt  und  zwar  ist  ihr  Abstand  von  ö  die  Hälfte  von 
(2p  +  1)  r,.  Diejenige,  welche  sich  für  jp  =  0  ergiebt,  liegt 
daher  in  der  Mitte  zwischen  6  und  der  jiächsten  mit  <f  'gleich- 
artigen Ebene.     Für  t^  ergiebt  sich 

^  =  a^te  +  a^tf  +  te  +  T/ 

und  zwar  entsprechen  den  vier  Werthepaaren 

0,0,    0,1,     1,0,     1,1 

von  ttj  und  a^  die  Werthe 

^1  =  ^*  +  Vy  h  =  '^e+  2t/,  t^  =  2r«  +  t/,  t^  =  2r,  +  2tf, 

die  zugehörigen  reducirten  Operationen  sind  daher 

Wie  das  vorstehende  lehrt,  stellen  sie  sich  ein,  wenn  die  oben 
genannte  Translation  resp.  mit 

@,     @(r^     @(r,),     ©(r,  +  r^) 

multiplicirt  wird.  Wird  also  die  Gruppe  Fm  mit  einer  Ope- 
ration der  ersten  Reihe  multiplicirt,  so  treten  auch  die 
Operationen  der  zweiten  Reihe  auf.  Es  giebt  daher  nur  etoei 
verschiedene  Gruppen  dieser  Art,  die  eine  enthält  gleicheeitig  © 
und  ©j  (te  +  T/),  die  andere  ©  (r^)  und  ©i  (t/)  und  umgekehrt. 
Wir  sprechen  das  Gesammtergebnis  der  Untersuchung  in 
folgenden  Sätzen  aus: 


—     403     — 

Lelirsatz  V.  Die  Translationsgru^ßpe  Fin  vom  moncklinen 
Typus  und  eine  m  2t^  senkrechte  Symmetrieebene  bedingen  un- 
endlich viele  parallele  Symmetried>enen  und  unendlich  viele 
Ebenen  mit  TranskUionssymmetrie,  die  in  gleichen  Abständen 
auf  einander  folgen.  Der  Abstand  zweier  gleichartiger  Ebenen  ist 
gleich  t,.  Die  gleichartigen  Ebenen  zerfallen  in  je  zwei  Schaaren 
gleichwerthiger  Ebenen^  deren  Entfernung  2t^  beträgt. 

Bezeichnen  wir  die  sämmtlichen  so  bestimmten  Ebenen, 
wie  oben,  der  Keibe  nach  durch 

<y,       Ö  y      6    j      6       . . . , 

so  ist  ersichtlich,  dass  die  Ebenen  6  und  ö"  einerseits,  6'  und  ö'" 
andrerseits  gleichartige  Ebenen  sind.  Ihr  Abstand  beträgt 
je  die  Hälfte  von  x». 

Der  zweite  Satz,  welcher  aus  dem  Vorstehenden  folgt, 
lässt  sich  folgendermassen  aussprechen: 

Lehrsatz  VI.  Die  monoMine  Translationsgruppe  Fm  und 
die  Operation  @  (r«)  resp.  ©  (r/)  bedingen  unendlich  viele  Ebenen 
gleitender  Symmetrie.  Dieselben  zerfallen  in  zwei  verschiedene 
Arten,  deren  Translationscomponenten  resp.  r«  und  ty  sind.  Je 
zwei  Ebenen  derseTben  Art  haben  den  Abstand  r,,  die  Entfernung 
je  zweier  auf  einander  folgender  ungleichartiger  Ebenen  ist  die 
Hälfte  von  t,.  Endlich  haben  je  zwei  gleicbwerthige  Ebenen  die 
Entfernung  2r,. 

§  5.  Bezeichnen  wir  für  die  wirkliche  Ableitung  der 
Gruppen  S«  die  zu  2t,  senkrechte  Ebene  von  nun  an  durch  ö^^ 
und  die  zugehörige  Spiegelimg  durch  @a;  so  ergiebt  sich 
Folgendes. 

Ist  die  Translationsgruppe  die  Gruppe  Fm,  so  entsteht 
eine  erste  Raumgruppe  dieser  Art  durch  Multiplication  yon 
Ffn  mit  der  Spiegelung  @a  an  einer  zu  r«  senkrechten  Ebene  öh. 
Gemäss  Satz  IV  sind  alle  Operationen  zweiter  Art  reine 
Spiegelungen;  die  spiegelnden  Ebenen  sind  sämmtlich  parallel 
und  folgen  im  Abstand  r,  aufeinander.  Die  zugehörige  Gruppe 
möge  durch 

bezeichnet  werden. 

26* 


—     406    — 

§  6.  Die  Hemimorphie  des  monoklinen  Systenus.  Die 
Heinimorphie  des  monoklinen  Systems  ist  durch  die  Pankt- 
gruppe  C^  gekennzeichnet^  sie  enthält  die  Operationen  1  und  St, 
entsteht  also  durch  Multiplication  der  Identität  mit  einer 
ümklappung. 

Um  die  ihr  isomorphen  allgemeinen  Gruppen  abzuleiten, 
haben  wir  eine  der  beiden  Translationsgruppen  Fm  und  F^  mit 

%{n),    resp.    «(ä,  0 

zu  multiplicireU;  wo  t  eine  halbe  primitive  Translation  parallel 
zu  Axe  a  ist.  Jede  dieser  Gruppen  enthält  unendlich  viele 
zweizählige  Axen,  welche  Drehungsaxen  oder  Schraubenaxen 
sein  können  und  sämmtlich  zu  einander  parallel  sind. 

Die  bezüglichen  Gruppen  unterscheiden  sich  nach  den 
Operationen,  die  sie  abgesehen  von  den  Translationen  noch 
enthalten.  Eine  vorläufige  üeberlegung  zeigt,  dass  drei  ver- 
schiedene Arten  solcher  Gruppen  ezistiren  können.  Entweder 
nämlich  sind  alle  Axen  Drehungsaxen,  oder  alle  Axen  sind 
Schraubenaxen,  oder  endlich  giebt  es  beide  Gattungen  von 
Axen.  Diese  drei  Typen  von  Gruppen  existiren  in  der  That. 
Ehe  wir  zur  Aufstellung  dieser  Gruppen  übergehen, 
untersuchen  wir,  in  wie  viele  verschiedene  Schaaren  gleich- 
werthiger  Axen  die  sämmtlichen  Axen  einer  jeden  Gruppe 
zerfallen.  Wie  aus  Satz  X  von  Cap,  V  folgt,  ist  die  Ver- 
theilung  der  Axen  von  den  zu  ihnen  parallelen  Translations- 
componenten  unabhängig,  sie  ist  also  im  besondem  dieselbe, 
ob  die  erzeugende  Axe  a  eine  Drehungsaxe  oder  Schraubenaxe 

ist.  Gemäss  Cap.  VI  §  6  haben 
wir  diejenigen  Axen  in's  Auge  zu 
fassen,  welche  das  Innere  oder  den 
Umfang  des  dort  m\i  AÄ^Ä^A^  be- 
zeichneten Parallelogramms  treffen. 
^  Dieses  Parallelogramm  wird  ausser 

durch  a  durch  diejenigen  Axen  a^^^s;  ^  bestimmt,  welche  aus  a 
in  Folge  der  primitiven  Translationen  entstehen. 

Wir  fassen  zunächst  die  Gruppe  Fm  in's  Auge.     Für  sie 
ist  (Fig.  46) 


—     407     - 

AAi  =  2t„  AA^  =  2tf,  AA^  =  2r,  +  2r/; 
Gemäss  §  3  und  5  von  Cap.  Y  wird  daher  das  Parallelogramm 
AA^A^A^  nur  in  den  Mitten  B,C,D  der  Seiten  AA^^  AAi,  AA^ 
von  Axen  b,  c,  d  getroffen,  und  zwar  sind  alle  Axen  a,  hj  c,  d 
gleichartig  aber  nicht  gleichwertig.  Sie  sind  daher  entweder 
sämmtlich  Drehungsaxen  oder  sämmtlich  Schraubenaxen. 

Für  die  Gruppe  Fm  betrachten  wir  für  die  vorliegende 
Untersuchung  am  zweckmässigsten 

als  primitives  Tripel.  In  diesem  Falle  sind  AA^  und  AA^  nur 
die  Frojectionen  von  2r^  und  2x^  auf  der  zu  den  Axen  senk- 
rechten Ebene;  AA^A^A^  ist  daher  nicht  mehr  primitives  Pa- 
rallelogramm fOr  die  der  Netzebene  entsprechende  Gruppe^ 
vielmehr  ist 

AA^  =  t«,    AA^  =  r/,    AA^  =  r«  +  ty. 

Im  übrigen  bleibt  die  Axenvertheilung,  da  sie  nach  Satz  X 
des  fünften  Gapitels  von  der  Gomponeute  r«  unabhängig  ist, 
die  nämliche  wie  oben;  auch  hier  werden  nur  die  Mitten 
jB,  C,  D  der  Seiten  AA^^^  -^^9  -^J,  von  Axen  b,  c,  d  ge- 
troffen. Ist  a  eine  Drehungsaxe,  so  sind  dem  eben  genannten 
Satz  zufolge  b  und  c  Schraubenaxen,  während  d  wieder  eine 
Drehungsaxe  ist.  Der  Abstand  zweier  nächsten  gleichartigen 
Axen  ist  daher  die  Hälfte  einer  zu  den  Axen  senkrechten 
Translation.  Alle  vier  Axen  sind  wiederum  ungleichwerthig, 
also  folgt: 

Lehrsatz  Vin.  In  jeder  Baumgrufipe,  welche  der  Hemir 
morphie  des  monoklinen  Systems  entspricht^  giebt  es  vier  ver- 
schiedene Schaaren  gleichtoerthiger  snveiaäMiger  Axen. 

§  7.  Nunmehr  ist  es  leicht,  die  Gruppen  selbst  auf- 
zustellen. Zunächst  ergeben  sich  zwei  verschiedene  Gruppen 
durch  Multiplication  von  Fm  mit  fL(n),  resp.  5S[(ä,  r,);  wir 
bezeichnen  sie  durch 

6,^  =  {r,,  ?1(ä)}   und  S,*  =  {r«,  a(;r,  r,)}. 

Die  erste  von  ihnen  enthält,  wie  das  Vorstehende  zeigt,  lauter 
Drehungsaxen,  die  letztere  dagegen  lauter  Schraubenaxen. 


—    408     - 

Wird  die  Translationsgruppe  Dn  mit  einer  Umklappung  31 
multiplicirty  so  werden,  wie  wir  eben  sahen,  die  Axen  b  und  c, 
welche  die  Seitenmitten  des  Parallelogramms  treffen,  die 
Schraubenaxen,  während  die  durch  D  gehende  Aze  d  eine 
Drehungsaze  ist.  Es  wird  daher  das  eine  Paar  gegenüber- 
liegender Ecken  von  den  Drehungsazen,  das  andere  von  den 
Schraubenaxen  getroffen. 

Es  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  die  vorstehende  Charac- 
teristik  der  Axenlage  sich  an  das  beliebig  gewählte  Netz- 
parallelogramm AÄ^A^A^  anschliesst,  und  deshalb  bei  anderer 
Wahl  des  primitiven  Translationensystems  nicht  erfüllt  zu 
sein  braucht.  Dies  ist  in  der  That  der  Fall.  Wir  können 
nämlich  (Gap.  III,  §  6)  F^  auch  durch  die  Translationen 

tf  +  tzy     T,  —  r«,     Te  -f-  Xf 

definiren.    In   diesem  Fall  treten   statt  der  Parallelogramme 
Fig.  47.  AAj^A^A^j  resp.  ABCD 

_^'  A ^,      (Fig.   47)   die   Parallelo- 

gramme AÄ  A^A^y  resp. 
AB^CD  auf  und  es  sind 
die  Punkte  A  und  2),  durch 
welche  die  Drehungsaxen 
hindurchgehen,  sowie  die  Punkte  B^  und  (7,  welche  von  den 
Schraubenaxen  getroffen  werden,  anliegende  Ecken.  Wir  be- 
zeichnen die  bezügliche  Gruppe  durch 

6*»={r»,  31}. 

Da  die  Grruppe  unter  ihren  Bewegungen  auch  eigentliche 
Schraubenbewegungen  91  (»,  x,)  enthält,  so  führt  die  Multipli- 
cation  der  Translationsgruppe  Fm^  mit  %  (sr,  t,)  gemäss  Satz 
XXY  des  vorigen  Capitels  nicht  zu  einer  neuen  Gruppe. 
Denmach  erhalten  wir  folgendes  Resultat: 

Lehrsatz  XI«  Es  gid>t  drei  verschiedene  Typen  von  Banm- 
grupperif  welche  der  Hemimorphie  des  monohlinen  Systems  ent- 
sprechen. Zwei  von  ihnen  enthalten  F«,  eine  F^  als  Translations- 
gruppe. 

Für  die  analytische  Darstellung  der  gleichwerthigen 
Punkte  nehmen  wir  das  Coordinatensystem  so   an,   dass  die 


\^\ 

y^ 

\n          / 

?c 

~\/ 

^. 

A 

-    409     ~ 

Axe  a  mit  der  Z-Axe  identisch  wird.  Nun  sind  die  beiden 
Coordinatentripel  der  Punktgruppe  C^  durch  xy z  und  xy  0 
dargestellt;  folglich  erhalten  wir  folgende  Werthe  fär  die 
einer  jeden  Gruppe  entsprechenden  Coordinaten  des  Funda- 
mentalsystems: 

62^:  xy0  und  xyZy  ßj*:  xya  und  xyz-^-t^, 
(£3^:  xy  0  und  o;  y  ;s;. 
Die  Gruppen  Sj^  und  Kg*  sind  daher  diejenigen  Gruppen,  für 
welche  sich  alle  gleichwerthigen  Punkte  dadurch  ergeben,  dass 
zu  den  gleichwerthigen  Coordinatentripeln  der  isomorphen 
Punktgruppe  die  Translationen  der  bezüglichen  Translations- 
gruppe hinzugefügt  werden.  Sie  können  durch  Multiplication 
der  Punktgruppe  0^  mit  JH«,  resp.  Fm  gebildet  werden. 

§  8.  Die  Holoedrie  des  monoklinen  Systems.  Die 
Symmetrie  der  monoklinen  Holoedrie  wird  durch  die  Punkt- 
gruppe (7/  dargestellt,  deren  Operationen 

1,  a,  @,  31© 
sind.  Die  Symmetrieebene  6  steht  auf  der  Axe  a  senkrecht; 
die  Operation  %®  ist  daher  einer  Inversion  3  äquivalent.  Die 
Gruppe  C^^  kann  mithin  durch  Multiplication  der  Gruppe  C^ 
mit  ©  oder  mit  3  erzeugt  werden.  Für  die  zu  C^^  isomorphen 
Baumgruppen  (S^h  bieten  sich  daher  gleichfalls  zwei  ver- 
schiedene Entstehungsarten  dar,  je  nachdem  wir  die  erzeugende 
Operation  isomorph  zu  @  oder  3  annehmen.  Nun  sind  alle 
zu  3  isomorphen  Operationen  selbst  Inversionen,  folglich  kann 
jede  Gruppe  (£2,«  durch  Multijplication  einer  Gruppe  (S^  ^^^ 
einer  Inversion  gebildet  werden.  Wir  ziehen  jedoch  vor,  diese 
Erzeugungsart  nicht  zu  wählen,  sondern  hierzu  eine  mit  © 
isomorphe  Operation  zu  verwenden,  d.  h.  eine  Spiegelung  © 
oder  eine  Gleitspiegelung  ©  (r),  deren  Ebene  e  auf  den  Axen 
senkrecht  steht  Wie  in  §  5  bezeichnen  wir  sie  wieder  durch 
@A  resp.  ©A(r)  und  nennen  die  zugehörige  Ebene  6^.  Jede 
derartige  Operation,  welche  das  Axensystem  einer  Gruppe  (S^ 
so  in  sich  überführt,  dass  die  in  §  13  des  letzten  Capitels 
erörterten  allgemeinen  Bedingungen  erfüllt  sind,  führt  zu 
einer  Gruppe  (£2,^.    Um  auch  die  Erzeugung  dieser  Gruppen 


-     410     — 

durch  Inversion  deatlich  zu  machen,  werden  wir  für  jede  von 
ihnen  die  Lage  der  Symmetriecentra  ebenfalls  angeben.  Ist 
die  Lage  eines  Symmetriecentrums  bekannt,  so  folgen  die 
andern  aus  dem  in  §  3  enthaltenen  Lehrsatz  III. 

Die  angezogene  Bedingung  von  Cap.  VI,  13  ist,  da  die 
Translationscomponente  der  Schraubenbewegungen  denWerth  x^ 
hat,  für  jede  der  drei  Gruppen  Sg  erfüllt.  Die  erzeugende  Ope- 
ration darf  nur  gleichartige  Axen  in  sich  überführen.  Da  die 
Spiegelung  @a  jede  Axe  in  sich  -  selbst  überführt,  so  liefert 
sie  für  jede  der  drei  Gruppen  ©j^,  S^*,  ^%  eine  Gruppe  62,4. 
Ihre  Operationen  werden  einerseits  von  den  Bewegungen  der 
genannten  drei  Gruppen  gebildet,  andrerseits  von  denjenigen 
Operationen  zweiter  Art,  welche  die  Existenz  der  Operation  ©* 
resp.  @A(r)  zur  Folge  hat  Hierüber  ergiebt  sich  im  Einzelnen 
Folgendes. 

Für  diejenige  Gruppe,  welche  sich  aus  ^  ableiten  lässt, 
sind  gemäss  Satz  IV  alle  zu  6},  parallelen  Ebenen  reine  Sym- 
metrieebenen; je  zwei  derselben  haben  den  Abstand  r,  von 
einander.  Die  Symmetriecentra  sind  so  vertheilt,  dass  in  jeden 
Schnittpunkt  einer  Drehungsaxe  mit  einer  Symmetrieebene 
ein  solches  Centrum  fallt.  Wir  bezeichnen  die  bezügliche 
Gruppe  durch 

e,.**  =  {e.S©»}'={S,S3}. 

Die  Gruppe,  welche  sich  aus  ^  durch  Multiplication 
mit  @A  ableiten  l'asst,  enthält  gemäss  Satz  IV  ebenfalls  un- 
endlich viele  Symmetrieebenen,  die  in  Abständen  von  r«  auf 
einander  folgen.  Nach  dem  Satz  XIY  von  Cap.  Y  fallen  die 
Symmetriecentra  für  diese  Gruppe  ebenfalls  sämmtlich  in  die 
Axen,  aber  in  die  Mitte  zwischen  je  zwei  auf  einander  fol- 
gende Ebenen.     Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch 

6,y={S,*,  @,}  =  {6,«,  3m}. 

Die  aus  ^  mit  @a  ableitbare  Gruppe  bezeichnen  wir  durch 

6,/={e,»,  ©*}  =  {(£,»,  3}. 

Die  Operationen,  welche  der  Spiegelung  @  der  Punktgruppe 
zur  Seite  stehen,  ergeben  sich  in  diesem  Fall  durch  Multi- 


—     411     - 

plication  von  @a  mit  der  Translationsgruppe  r«*;  sie  sind 
daher  gemäss  Satz  Y  theils  reine  Spiegelungen,  theils  Ope- 
rationen ©hite-^-t/),  und  zwar  folgen  die  zugehörigen  Ebenen 
abwechselnd  in  einem  Abstand  gleich  der  Hälfte  von  r,  auf 
einander.  Die  Symmetriecentra  liegen  auf  den  Drehungsaxen 
in  den  Schnittpunkten  mit  den  Symmetrieebenen,  auf  den 
Schraubenazen  dagegen  fallen  sie  in  die  Schnittpunkte  mit 
den  Ebenen  gleitender  Symmetrie. 

Durch  Multiplication  der  Gruppen  ^^^  ^2*9  ^^  ^^^  ^^^ 
Operation  @a(t),  wo  t  eine  halbe  Translation  parallel  der 
spiegelnden  Ebene  ist,  ergiebt  sich  ebenfalls  je  eine  neue 
Gruppe  @2,A.  Was  nämlich  zunächst  die  Gruppen  Sj^  und  ^^^ 
betri£Ft,  so  sind  ihre  verschiedenen  Axen  arten  sämmtlich  gleich- 
artig, und  der  Abstand  je  zweier  der  vier  Axen  a,  b,  c,  d  ist 
eine  halbe  Translation  r;  die  Operation  @a(t)  bringt  daher 
die  Axen  unter  einander  zur  Deckung.  Für  die  Gruppe  (S^^ 
sind  die  Axen  theils  Drehungsaxen,  theils  Schraubenaxen,  und 
zwar  so,  dass,  wie  oben  S.  407  erwähnt  wurde,  der  Abstand 
je  zweier  nächster  Drehungsaxen,  resp.  je  zweier  nächster 
Schraubenaxen,^  eine  halbe  zu  den  Axen  senkrechte  Trans- 
lation ist  Es  führt  also  auch  für  die  Grappe  Sj^  die  Ope- 
ration ©a(t)  für  jede  zu  den  Axen  senkrechte  Translation  2r 
die  Axen  so  in  sich  über,  dass  nur  die  gleichartigen  auf  ein- 
ander fallen.  Da  keiner  dieser  Translationen  eine  ausgezeich- 
nete Bedeutung  für  die  Gruppe  JH»^  zukommt,  so  ist  es 
gleichgiltig,  welche  von  ihnen  in  die  erzeugende  Operation 
eingeht« 

Wir  bezeichnen  die  drei  bezüglichen  Gruppen  resp.  durch 

<£».*»  =  {(£,»,  ©»(r)}  =  {©,*,  3.) 

6«/={<S,»,  ©*(r)}  =  {6.»,  3x}. 

Diejenigen  Operationen,  welche  der  Spiegelung  @  der  Punkt- 
gruppe isomorph  sind,  sind  wieder  die  nämlichen,  die  wir  in 
§  4  für  die  Gruppen  (S^/  und  (£/  kennen  gelernt  haben,  also 
für   ®2,A*   und   62,**^   lauter  Operationen  @ä(t)   an   parallelen 


—    412    — 

Ebenen  im  Abstand  r«,  für  die  Gruppe  Sg.^^  dagegen  wechseln 
je  zwei  Ebenen  mit  einander  ab,  für  welche  ®h(te)  und  ®h(t/) 
die  zugehörigen  Operationen  sind. 

Was  die  Inversionen  der  drei  Gruppen  betrifft,  so  föllt 
diesmal  keines  der  zugehörigen  Symmetriecentra  in  eine  Aze, 
da  sonst,  wie  Satz  XIY  von  Cap.  Y  zeigt,  die  bezüglichen 
Gruppen  von  den  drei  ersten  Gruppen  dieser  Art  nicht  ver- 
schieden wären.  Die  Symmetriecentra  liegen  daher  in  den 
Mitten  zwischen  je  zwei  gleichartigen  Axen,  so  dass,  wie  es 
Satz  in  verlangt,  die  Entfernung  je  zweier  von  ihnen  gleich 
einer  halben  Translation  ist.  In  der  That  ist  auch  unmittel- 
bar ersichtlich,  dass  für  jede  der  drei  Gruppen  die  bezügliche 
Inversion  das  gesammte  Axensystem  in  sich  überführt. 

Wir  erhalten  daher  schliesslich  folgendes  Resultat: 

Lehrsatz  X.  Es  gid>t  sechs  verschiedene  Typen  von  Baum- 
gruppen,  welche  der  Holoedrie  des  monoMinen  Systems  entsprechen. 
Vier  von  ihnen  enthalten  Fm  als  Untergruppe^  die  beiden  an- 
dern Fm- 

Bemerkung.  Wir  können  die  sechs  Gruppen  auch 
danach  unterscheiden,  in  welcher  Weise  sie  die  Axen  der 
Gruppen  6^  zur  Deckung  bringen.  Es  ist  ersichtlich,  dass 
die  ersten  drei  Gruppen  jede  Axe  in  sich  selbst  überführen, 
während  die  letzten  je  zwei  der  vier  Axenschaaren  unter  ein- 
ander vertauschen. 

Für  die  Darstellung  der  Coordinaten  des  Fundamental- 
systems nehmen  wir  das  Coordinatensystem  in  gleicher  Lage 
an,  wie  für  die  Hemiedrie  und  Hemimorphie;  die  Axe  a  wird 
also  Z-Axe,  und  die  Ebene  6  der  erzeugenden  Operation  wird 
XF- Ebene.  Gemäss  S.  201  sind  die  Coordinatentripel  der 
Punktgruppe  Cg*  resp. 

xyz,    xy0y    xye,    xye, 
sie  entsprechen  der  Reihe  nach  den  Operationen 

1,    «,     @,    «©. 
Wir  erhalten  daher,  wie  unmittelbar  ersichtlich,  folgende  Co- 
ordinaten für  die  vier  gleichwerthigen  Punkte  einer  jeden  der 
sechs  Gruppen: 


—    413 


e^»^: 

xye, 

xye, 

xye, 

xye 

6*.»': 

xyg, 

xye, 
+  t. 

«y«, 

xye 

es.»": 

xye, 

xye. 

xye, 

xye 

6,,**: 

xye, 

xye, 

xye. 

xye 

6,.*»: 

xye. 

xye. 

xye, 

xye 

+  t. 

+  r 

+  r-[ 

e«/:    xye,    xye,    xye,    xye. 

Die  Gruppen  ©s.a^  und  ©g,**  sind  diejenigen  Gruppen,  für 
welche  sich  die  Coordinaten  aller  gleichwertigen  Punkte  da- 
durch ergeben,  dass  die  bezüglichen  Coordinatentripel  der  iso- 
morphen Punktgruppe  um  alle  Translationen  der  bezüglichen 
Translationsgruppe  vermehrt  werden,  die  also  durch  Multi- 
plication  von  Cj*  mit  Fm  resp.  F«^  erzeugt  werden  können. 
Diese  Gruppen  sind  gleichzeitig  diejenigen,  welche  die  Gesammt- 
Symmetrie  der  beiden  monoklinen  Baumgüter  characterisiren. 


Achtes  Capitel. 
Die  Gruppen  des  rhombischen  Systems« 

§  1.    Vorbemerkiingen.    Das  rhombische  System  enthält 
diejenigen  Krystallclassen,  welche  den  Punktgruppen 

F*,     F,    C,^ 

entsprechen.  Die  ihnen  isomorphen  Raumgruppen  sind  daher 
durch  eine  oder  darch  drei  einander  senkrechte  Schaaren  zwei- 
zähliger  Axen  ausgezeichnet.  Die  Punktnetze,  welche  von  jeder 
Axenschaar  in  den  zu  ihr  senkrechten  Ebenen  erzeugt  werden, 
sollen  Äxennetze  genannt  werden.  Sie  sind  von  den  in  diese 
Ebenen  fallenden  Translationennetzen  wohl  zu  unterscheiden 
Die  in  den  Raumgruppen  enthaltenen  Translationsgruppeu 
sind  gemäss  Cap.  III  von  viererlei  Typus.  Das  Tripel  primi- 
tiver Translationen  hat  eine  der  vier  folgenden  Formen: 

Ztxf  ^'^Vi  ^'^»y 

Xx  "f~  'Py;  Xx  tTy,  ^Xgy 

%  +  ^«7  "^i  +  ^«;  ^a:  +  ^yy 

Xy  "T—  Xz  Xxj      Xf  -f"  Xx  T'y;      Xx  "t"  "^y         ^«* 

Die    zugehörigen    Translationsgruppen    bezeichnen    wir,    wie 
oben,  durch 

Wir  bemerken  noch,  dass,  im  Gegensatz  zu  den  bisher  be- 
nutzten Translationsgruppen,  Xx,  Xy,  x,  sämmtlich  bestimmte 
Richtung  haben,  also  auch  bestimmte  Translationen  bedeuten. 
Jedes  Azennetz  besteht,  dem  Character  der  vorstehen- 
den Translationsgruppen  entsprechend,  aus  Rechtecken  oder 
Rhomben. 


—    415    - 

§  2.  Allgemeine  Eigenaohaften  der  hemimorphen  Gruppen. 
Wir  beginnen  mit  der  Hemimorphie  des  Systems,  deren  Punkt- 
gruppe  G^^  ist.  Dieselbe  entsteht  (ygl.  Cap.  Y,  8  des  ersten 
Abschnitts)  durch  Multiplication  der  Gruppe  G^  mit  der  Spie- 
gelung ©9,  deren  Ebene  durch  die  Drehungsaze  der  Gruppe 
geht,  und  enthält  die  vier  Operationen 

1,  a,  ©.,  «©.. 

Die  zu  G^  isomorphen  Raumgruppen  sind  dem  Fundamental- 
theorem gemäss  durch  Multiplication  einer  Gruppe  @^g  mit 
einer  Operation  ©«  resp.  @o(t)  zu  bilden;  diese  Operation 
muss  die  Eigenschaft  haben,  das  Axensystem  der  Gruppe  S^ 
so  in  sich  überzufahren,  dass  die  Bedingung  des  Satzes  XXII 
von  Cap.  VI  erfiillt  ist«  Dies  ist,  da  jede  Translationscompo- 
nente  t,  selbst  ist,  stets  der  Fall.  Jede  Operation  @,  resp. 
@e(r),  welche  die  gleichartigen  Axen  zur  Deckung  gelangen 
lässt,  fährt  daher  zu  einer  Raumgruppe,  welche  der  Hemi- 
morphie des  rhombischen  Systems  entspricht. 

Wir  bezeichnen  die  Gruppen  dieser  Art  durch  ©2,«.  Ueber 
die  Operationen,  die  sie  enthalten,  lässt  sich  im  Allgemeinen 
Folgendes  aussagen.  Zunächst  ist  zu  bemerken,  dass  die  Be- 
wegungen einer  jeden  von  ihnen  mit  denjenigen  der  Gruppe  (S^ 
identisch  sind,  aus  denen  sie  entsteht.  Die  Operationen  zweiter 
Art  stehen  den  Operationen  ©«  und  Sl©«  der  Punktgruppe 
zur  Seite.  Diese  Operationen  sind  Spiegelungen,  deren  Ebenen 
senkrecht  auf  einander  stehen  und  durch  die  Drehungsaxe 
gehen.  Jede  Gruppe  Sa,«  enthält  daher  zwei  zu  einander  senk- 
rechte, den  Axen  parallele  Ebenenschaaren,  die  entweder  Sym- 
metrieebenen oder  Ebenen  mit  Translationssymmetrie  sind. 
Jede  dieser  Ebenenschaaren  ist  bezüglich  ihrer  Lage,  sowie 
bezüglich  der  ihr  entsprechenden  Operationen  durch  eine  von 
ihnen  und  die  Translationsgruppe  bestimmt;  ihre  Natur  und 
Vertheilung  unterliegt  denselben  Gesetzen,  die  wir  in  Cap.  VII, 
§  4  für  die  Gruppen  6«  des  monoklinen  Systems  abgeleitet 
haben. 

Um  die  sämmtlichen  Gruppen  dieser  Art  zu  erhalten, 
haben  wir  zu  prüfen,  wie  sich  für  jede  der  drei  Gruppen 


-    416    — 

eiiie  Ebene  6^,  parallel  den  Axen  legen  lässt^  so  dass  die  Ope- 
ration @„  oder  die  Operation  ©„  (r)  eine  Deckoperation  des  ge- 
sammten  Äxensystems  dieser  Gruppe  ist.  Diese  Gruppen  sind 
sicher  verschieden,  wenn  sie  das  Axensystem  der  Gruppe  S^ 
auf  verschiedene  Art  in  sich  überführen.  Das  Umgekehrte  ist 
jedoch  nicht  immer  richtig;  vielmehr  ist  zu  bemerken,  dass 
hier  derjenige  Fall  Platz  greift,  auf  den  im  Anschluss  an  den 
Satz  XXVI  von  Gap.  VI  hingewiesen  wurde.  Wenn  nämlich  das 
Axensystem  einer  Gruppe  62  durch  eine  Operation©»  oder  ©»(r) 
in  sich  übergeht,  so  ist  dies  auch  für  die  Operationen  ©«(r«) 
resp.  ©r(r  +  r,)  der  Fall;  diese  Operationen  sind  daher  gleich- 
falls zur  Erzeugung  von  Gruppen  Ggi,  zu  verwenden.  Aller- 
dings können  die  so  definirten  Gruppen  identisch  werden; 
dies  ist  in  jedem  Fall  besonders  zu  untersuchen. 

Um  die  Natur  der  durch  die  Operationen  ©,,  und  ©«(r) 
bewirkten  Decklagen  des  Axensystems  zu  kennzeichnen,  ver- 
fahren wir  folgendermassen.  Jede  dieser  Operationen  führt 
die  vier  Schaaren  gleichwerthiger  Axen  der  Gruppe  S^  ^^  ®^' 
ander  über.  Die  Art,  in  der  dies  geschieht,  ist  hinreichend 
definirt,  wenn  bekannt  ist,  auf  'welche  Weise  sich  die  vier 
Axen  a,  &,  c,  d,  welche  die  Axenschaaren  vertreten,  unter  ein- 
ander vertauschen.  Die  Permutation,  welche  diese  Vertauschung 
ausdrückt,  soll  jedesmal  angegeben  werden,  wir  bezeichnen 
sie  so,  dass  wir  die  bezüglichen  Axen  in  Klammern  ein- 
schliessen.  Beispielsweise  bedeutet  {aV)  die  gegenseitige  Ver- 
tauschung von  a  und  &,  während  (c)  ausdrückt,  dass  die  Axe  c 
in  sich  selbst  übergeht,^)  u.  s.  w. 

Die  Permutationen,  welche  hier  einzig  und  allein  in  Frage 
kommen,  sind  solche,  welche  eine  der  vier  Axen  a,  &,  (?,  d 
entweder  in  sich  selbst  übergehen  lassen,  oder  zwei  von 
ihnen  unter  einander  vertauschen.  Da  nämlich  diese  Ver- 
tauschungen der  Operation  ©  resp.  ©(t)  entsprechen,  so  ist 
die  zweimalige  Ausführung  derselben  einer  der  bezüglichen 
Gruppe  ^2  aiigehörigen  Bewegung  äquivalent,  sie  muss  daher 


1)  Vgl.  die  Bemerkung  auf  8.  412. 


—    417     — 


jede  Axe  wieder  in  eine   mit  ihr  gleichwertige  Axe  zurück- 
fahren. 

Jeder  Gruppe  (S^j,«  entspricht  eine  derartige  Permutation; 
derselben  Permutation  dagegen  werden,  wie  oben  bemerkt, 
im  Allgemeinen  ewei  verschiedene  Gruppen  (S^2,9  zugehoren. 
Dieselben  sind  gemäss  Gap.  VI,  §  14  immer  verschieden,  aus- 
genommen den  im  Satz  XXV  dieses  Gapitels  vorgesehenen 
Fall,  dass  die  mit  ©i,  resp.  ©»(r)  er- 
zeugte Gruppe  bereits  die  Operation  ©„(r,) 
resp.  ©e  (r  +  r,)  von  selbst  enthalt. 

Für  die  den  Symmetrieebenen  der 
Gruppe  6,"  isomorphen  Ebenen  6^,  der 
Gruppen  @2,9  führen  wir  nachstehende 
einheitliche  Bezeichnung  ein.  Wir  sahen 
bereits,  dass  das  Axennetz,  welches  von 
den  Axen  a,  b,  c,  d  der  Gruppen  ßg  bestimmt  wird,  entweder 
rechtwinklig  oder  rhombisch  ist.  Im  ersten  Fall  verstehen 
wir  (Fig.  48)  unter 


A 

Fig.  48. 

t^ 

t   , 

A* 

ff' 

C 

\D 

'1? 


^mj 


-»»ii 


die  Ebenen  durch  ABy  AC  und  die  zu  AB  und  AC  paral- 
lelen Mittellinien.     Im  zweiten  sollen  (Fig.  49,  S.  423) 

6d     und     6a, 
diejenigen  sein,  welche  durch  die  Rhombendiagonale  AD  und 
die  zu  ihr  senkrechte  Diagonale  laufen.     Endlich  werden  wir 
für  jede  Ebenenart  die  einander  parallelen  Ebenen,  wie  im 
vorigen  Capitel,  durch 

tf,  o  ,  ö ', . . .  tfj ,  6y,  öi'y .  . .  6d,  6d   Od, . . . 
bezeichnen. 

§  3.     Die  hemimorphen  Gruppen  mit  der  Translations- 
gmppe  r*«,.     Für  die  Translationsgruppe  F«  bilden 

2T;};,  2Ty,  2Xa 

das  primitive  Tripel.  Nur  die  Gruppen  (Sj'  und  ^  können 
80  specialisirt  werden,  dass  ihre  Translationsgruppe  F^  wird; 
zu  diesem  Zweck  setzen  wir 


2  t«  =  2T;t;     2Ty  =  2iry, 

Sehoenflios,  Kxyitalliitractur. 


27 


—     418     - 

das  Parallelogramm  AB  CD  des  Axemietzes  geht  daher  in  ein 
Rechteck  über,  und  es  wird 

AB  =  tx,      AC  =  Ty,      AD  ==  Ta:  +  '«^y 

Alle  Äxen  sind  gleichartig.  Jede  Ebene  6^,  welcher  eine  Deck- 
operation des  Netzes  entspricht,  geht  daher  entweder  durch 
eine  Rechteckseite  oder  sie  schneidet  das  Rechteck  in  einer 
den  Seiten  parallelen  Mittellinie.  Die  Gesammtheit  aller  der- 
artigen Ebenen  jeder  Raumgruppe  (S^,«  resp.  aller  derjenigen 
Operationen,  welche  durch  eine  von  ihnen  und  die  Trans- 
lationsgruppe bedingt  sind,  regelt  sich  nach  §  4  des  vorigen 
Capitels.  Im  besondern  folgt  für  di^enigen  Gruppen  ©2,«,  deren 
TranslcUionsgruppe  F«  ist,  dass  alle  fsu  einander  parallelen  Ebenen 
einer  jeden  Schaar  gleichartig  sind,  und  dass  je  ewei  auf  ein- 
ander folgende  von  ihnen  den  Abstand  Xx  resp.  Xy  haben. 

Da  die  Gruppen  ^^  und  ^^  lauter  gleichartige  Axen 
enthalten,  die  auf  gleiche  Weise  angeordnet  sind,  so  lassen 
sie  die  nämlichen  erzeugenden  Operationen  zu;  in  der  That 
ist  hierfür  nur  die  Axenvertheilung  von  Einfluss.  Wir  be- 
ginnen mit  der  Gruppe  SjS  deren  Axen  sämmtlich  Drehungs- 
axen  sind.  Zunächst  kann  <r«  die  Symmetrieebene  6  sein,  welche 
in  die  Rechteckseite  AB  föllt;  alsdann  geht  auch  durch  AC 
sowie  durch  jede  Gerade  des  in  der  Hauptebene  a  liegenden 
rechtwinkligen  Axennetzes  eine  Symmetrieebene.  Damit  sind 
gemäss  §  4  des  vorigen  Capitels  alle  Ebenen  tf»  erschöpft. 
Wir  bezeichnen  die  bezügliche  Gruppe  durch 

Die  ihr  entsprechende  Axenpermutation  ist  durch 

(«),    (&),    ic),    (ß) 
dargestellt. 

Wird  die  Gruppe  Kg*  mit  einer  Spiegelung  an  der  durch 
AB  gehenden  Ebene  6  multiplicirt,  so  ist  die  Axenpermu- 
tation ebenfalls  durch 

(fl),    (6),    (c),    {d) 

repräsentirt.  Zu  der  durch  AC  gehenden  Ebene  6^  gebort 
jetzt   gemäss  Cap.  Y    Satz   XIX   eine  Operation  @i(ts);   das 


—    419     — 

gleiche  gilt  für  die  durch  BD  gehende  Ebene  6^ ,  während 
die  Ebene  ff,  welche  CD  enthält,  reine  Symmetrieebene  ist. 
Die  eine  Ebenenschaar  besteht  daher  aus  Sjmmetrieebenen, 
die  andere  ans  Ebenen  mit  Translationssymmetrie.  Die  be- 
zügliche Gruppe  bezeichnen  wir  durch 

(£^.«={S,»,  ©}  =  {(£,«,  @,(r.)}. 

Wählen  wir  nicht  ©,  sondern  ©(r)  als  erzeugende  Ope- 
ration für  die  Gruppen  (S,^  und  ^,  so  kann  x  zunächst  gleich 
%M  sein.  Die  Axenpermutation  ändert  sich  dadurch  nicht.  Die 
sich  aus  (S^^  ergebende  Gruppe  sei 

■e...'-{62S@W}-=|6,S©.(r,)}, 
sie  steht  der  Gruppe  62,»^  parallel  zur  Seite;  statt  der  Sym- 
metrieebenen dieser  Gruppe  erscheinen  jedoch  bei  der  hier 
vorliegenden  Gruppe  lauter  Operationen  @(t«)  an  denselben 
Ebenen.  Dagegen  führt  die  Multiplication  von  ^  mit  @(r«) 
nicht  zu  einer  neuen  Gruppe;  die  Gruppe  6«,«^  enthält  näm- 
lich bereits  die  Operation  ®i(t«)  an  der  durch  AC  gehenden 
Ebene  6^,  und  beide  Rechteckseiien  haben  die  gleiche  Lage 
zur  Gesammtheit  der  Axen. 

Statt  Xg  kann  auch  r«  resp.  r«  -f-  x,  die  bezügliche  Trans- 
lationscomponente  der  erzeugenden  Operation  sein.  Die  Axen- 
permutation ist,  da  die  Translation  r«  jede  Axe  in  sich  selbst 
verschiebt,  in  beiden  Fällen  die  gleiche;  sie  wird  durch 

{ah),    {cd) 
dargestellt. 

Wir  betrachten  zunächst  diejenigen  Gruppen,  die  sich 
durch  Multiplication  von  ^  und  ^^  mit  @(tx)  ergeben. 
Für  beide  Gruppen  gehört  zu  allen  mit  6  parallelen  Ebenen 
6,  6\  d" . . .  die  Operation  @  (rar).  Um  die  Natur  derjenigen 
Operation  zu  ermitteln,  welche  durch  Multiplication  von  @ 
mit  %  entsteht,  beachten  wir,  dass  sie  zur  Operation  9t ©^ 
von  C^*  isottiorph  ist;  ihre  Ebene  steht  also  auf  6  senkrecht. 
Andrerseits  muss  sie  die  oben  genannte  Permutation  des  Axen- 
Systems  bewirken;  eine  Operation  dieser  Art  ist  entweder  die 
Spiegelung  ©„.  oder  die  Gleitspiegelung 

27* 


—     420     — 

deren  Ebene  tf^»  das  Rechteck  AB  CD  in  der  zu  -4(7  und  BD 
parallelen  Mittellinie  trifft.  Da  sich  aber  die  Translations- 
componente  r,  nach  Cap.  V,  Satz  XIX  nur  dann  einstellen 
kann,  wenn  sie  in  der  Operatioo  Ä  enthalten  ist,  so  folgt, 
dass  in  der  aus  ©2^  abgeleiteten  Gruppe  die  Spiegelung  ©;„, 
auftritt^),  in  der  aus  ^  abgeleiteten  die  Gleitspiegelung 
®mi(t^»)-     Wir  bezeichnen  die  erste  dieser  Gruppen  durch 

e,.,*={S,S©(r.)}  =  {6,S@„.}, 
für  sie  sind  die  zur  Translation  Xy  parallelen  Ebenen  6m^j  ^m^, 
<Tml  ...  sämmtlich  Symmetrieebenen.     Für  die  zweite  Gruppe, 
die  durch 

bezeichnet  werden  soll,  ist  unter  den  genannten  Ebenen  keiner- 
lei Symmetrieebene;  sie  sind  sämmtlich  Ebenen  mit  Trans- 
lationssymmetrie. 

Endlich  haben  wir  als  erzeugende  Operation  die  Gleit- 
spiegelung ©  {tx  +  tg)  zu  verwenden.  Wie  im  Vorstehenden 
ergiebt  sich,  dass  für  beide  aus  @^^  und  6^^  hierdurch  ableit- 
baren Grruppen  alle  zur  Operation  ©,,  von  (7/  isomorphen 
Operationen  von  derselben  Art  sind.  Für  die  mit  St©»  iso- 
morphen Operationen  bleiben,  da  sie  ebenfalls  die  Axen- 
permutation  (ab)  (cd)  bewirken,  die  obigen  Schlüsse  unver- 
ändert bestehen;  eine  von  ihnen  ist  daher  entweder  ©^^  oder 
©mi(t^#).  In  diesem  Fall  enthält  aber  die  erzeugende  Operation 
©(^or-h^«)  die  Translationscomponente  r«,  demnach  muss 
diesmal  in  der  aus  d^^  ableitbaren  Gruppe  die  Gleitspiegelung 
®mi(t»)  auftreten,  in  der  aus  Sg^  entstehenden  dagegen  die 
Spiegelung  ©,„^.  Die  Natur  der  Ebenen  tf^i,  ^m,7  «^ml . . .,  die 
zu  Ty  parallel  sind,  ist  daher  die  umgekehrte,  wie  für  die 
Gruppen  (5«,»*  imd  62,6^.  Wir  bezeichnen  die  so  definirten 
Gruppen  resp.  durch 

e^c'  =  {^',  @(r«  +  t.)]  =  {S,«,  ©„.}. 

1)  Dies  Besnltat  läset  sich  auch  durch  Rechnung  ableiten.    Es  ist 

WO  @i  die  Spiegelang  gegen  eine  durch  AC  gehende  Ebene  ist. 


-     421     — 

Ausser  den  beiden  vorstehenden  Azenpermutationen  kann 
an  und  ffir  sich  noch  diejenige  auftreten,  welche  durch 

(acO,  (hc) 
dargestellt  ist.  Sie  bringt  je  zwei  Axen  zur  Yertauschung, 
die  durch  die  Gegenecken  von  AB  CD  gehen.  Gruppen  dieser 
Art  existiren  wirklich.  Als  Ebene  <T«  der  erzeugenden  Ope- 
ration kann  die  Ebene  6m  gewählt  werden,  welche  durch  die- 
jenige Mittellinie  des  Rechtecks  geht,  die  den  Seiten  AB  und 
CD  parallel  ist;  die  zugehörige  Operation  ist  die  Gleitspiege- 
lung @»,(rx)  oder  ©m(i^a;+ i^^)-  Wir  fassen  zunächst  die  durch 
die  erste  erzeugten  Gruppen  in's  Auge.  Auch  für  sie  sind, 
da  dies  einzig  und  allein  von  der  Art  der  Translationsgruppe 
abhängt,  alle  zu  6m  parallelen  Ebenen  von  derselben  Art. 
Um  eine  Operation  zu  finden,  welche  der  Spiegelung  Sl©„ 
der  Punktgruppe  C^^  isomorph  ist,  suchen  wir  wieder  eine 
solche  Operation,  deren  Ebene  zu  6m  senkrecht  ist,  und  die 
ausserdem  die  obenstehende  Axenpermutation  bewirkt.  Hier- 
für kommen  wieder  zwei  verschiedene  Operationen  in  Frage, 
nämlich 

®m,  (ry)     und     @m,  {ty  +  r*) , 
wenn  die  zugehörige  Ebene  tf^i  die  zu  -4C  und  BD  parallele 
Mittellinie  des  Rechtecks  enthält.     Wie  oben  folgt  nun,  dass 
die  erstere  der  aus  d^^  abgeleiteten  Gruppe  angehört,  die  letz- 
tere der  aus  d^^  ableitbaren.     Diese  Gruppen  sind  daher 

Wird  endlich  @m(^«  +  '^»)  »Is  erzeugende  Operation  gewählt, 
so  bleiben  alle  vorstehenden  Resultate  in  Kraft,  mit  dem  ein- 
zigen unterschied,  dass  analog  zu  den  oben  angestellten  Ueber- 
legungen  diesmal  die  Operation  ©m,(i^y  +  i^#)  der  aus  S^*  ab- 
geleiteten Gruppe  angehört,  und  @iiix(i^y)  derjenigen,  die  sich 
aus  @2^  ergiebt.  Die  sich  auf  diese  Weise  aus  (S^^  ergebende 
Gruppe  ist  aber  mit  d^^J^  identisch;  denn  da  die  letztere  die 
Operation  ©m(^y  +  '^s)  enthält,  so  unterscheiden  sie  sich  nur 
in  der  Bezeichnung  von  einander.  Wir  erhalten  daher  nur 
eine  neue  Gruppe,  nämlich 


—    422     — 


Sa  "  ■ 


{6,»,  Q^(t.  +  r.)}=^  {6,S  ©„.(*.  +  ^«)}- 


Es  folgt: 

Lelirsatz  1.  Es  gieht  zehn  Baumgruppm  von  der  Symmetrie 
der  rhombischen  Hemimorphie,  deren  Translationsgruppe  F^  ist 

Um  die  Coordinaten  des  Fondamentalsystems  gleich- 
werthiger  Punkte  au&ustellen^  welche  den  vorstehenden 
Gruppen  entsprechen,  setzen  wir  voraus,  dass  die  Coordinaten- 
axen  die  Richtung  der  Translationen  r«,  r^,  r«  haben.  Die 
Axe  a  nehmen  wir,  wie  bisher,  als  Z-Axe.  Nun  fanden  wir 
(S.  201)  für  die  Punktgruppe  C^"  folgende  vier  gleichwerthige 
Punkte: 

xyz,    xygy    xyz,    xye, 
die  resp.  den  Operationen 

1,  «,  ©.,  a@. 

entsprechen;  von  ihnen  weichen  die  Coordinaten  des  Funda- 
mentalsystems, wie  8.  392  bewiesen,  nur  durch  Translations- 
componenten  ab.  Wir  beschränken  uns  von  nun  an  darauf, 
diese  Translationen  anzugeben;  damit  ist  das  Fundamental- 
System  hinreichend  characterisirt  Einer  besonderen  Unter- 
suchung bedürfen  die  Coordinatenwerthe  nur  für  diejenigen 
Gruppen,  bei  denen  die  erzeugende  Ebene  nicht  eine  Coordi- 
natenebene  ist,  d.  h.  für  die  Gruppen  Ss,/,  &s,«^  und  (S«,«^®. 
Für  sie  ist  6^  die  spiegelnde  Ebene.  Aber  die  Spiegelung  ©„ 
ist  der  Spiegelung  @  in  Verbindung  mit  der  durch  Xy  dar- 
gestellten Translation  äquivalent,  daher  führt  @m  den  Punkt 

xyz    in    xyz-\'ty 

über.  Demnach  ergiebt  sich  folgende  Tabelle  der  zusätzlichen 
Translationscomponenten : 


0,  0,  0,  0; 

0,  X,,  0,;  X, 

0,  0,  X,,  X, 

0 ,  "f^i,  tx,  ^«  +  1^. ; 

0,  0,  Xx  +  x,,  ta,  +  r,; 


—    423    — 


6»..': 


0,    T,,  -tx  +  r., 

0,       0,         t^  +  Xy, 

0>       0?        ^x  +  tTy  +  T,, 


'^x  +  ry  +  t,, 

rx  +  ty  +  t,. 


Die  Tabelle  zeigt,  dass  nur  (£s,v^  durch  Multiplication  der 
Punktgruppe  (7/  mit  fi  erzeugbar  ist. 

§  4.  Die  hemimorphen  Ghrappen  mit  der  TranslationB- 
gmppe  F/.  Die  Translationsgruppe  F/  ist  diejenige  der  vier 
Translationsgruppen  vom  rhombischen  Typus,  die  sich  nach 
den  drei  zu  einander  senkrechten  Richtungen  verschieden  ver- 
hält. Eine  dieser  Richtungen,  nämlich  t«,  steht  den  beiden 
andern  gegenüber.  Nun  kann  aber  jede  dieser  Richtungen  mit 
der  Axenrichtung  der  Gruppen  &2  zusammenfallen;  wir  haben 
daher  die  beiden  Fälle  zu  unterscheiden,  dass  die  Axe  mit  der 
j^Richtung  oder  mit  einer  der  beiden  andern  Richtungen  zu- 
sammenfallt. Wir  beginnen  mit  dem  ersten  Fall,  nehmen  also 
die  Axe  a  als  ;ehAxe.     Alsdann  bilden 

2t^,      '''X  H"  "^yj      '^x  —  '^y 

ein  primitives  Tripel.  Die  Gruppe  ist  ein  specieller  Fall 
der  Gruppe  Tm»  es  können  daher  derartige  Raumgruppen 
($2,9  nur  aus  ^  und  ^  entstehen.  Wir  haben  zu  diesem 
Zweck  die  in  Fm  auftretenden  Translationen 

uXf    ^^    Xx   T"    Xy  ,  aX^   ^=5    Xg^    Xy 

ZU  setzen.  Das  Parallelogramm 
ÄBCD  des  Axennetzes  geht 
dadurch  (Fig.  49)  in  einen  Rhom- 
bus über,  dessen  Diagonalen 
AD  und  BC  resp.  die  Länge 
Xx  und  Xy  haben.  Als  spiegelnde 
Ebenen  können  nur  solche  auf- 
treten, welche  den  Diagonalen 
des  Rhombus  parallel  sind.  Für 
beide  Gruppen  (S^^  und  (S^*  ist  die  Axenvertheilung  die  gleiche, 
also  sind  für  sie  die  gleichen  erzeugenden  Operationen  zu- 
lässig.  Wie  aus  §  4  von  Cap.  VII  folgt,  sind  aber  in  diesem 


Yig.  49. 


—     424     — 

Fall  nicht  alle  zu  einander  parallelen  Ebenen  gleichartig; 
vielmehr  gerfallen  fwr  jede  Gruppe  62,»,  deren  Translations- 
gruppe r/  ist^  alle  parallelen  Ebenen  einer  jeden  ScJiaar  in  sswei 
verschiedene  Arien,  die  abwechselnd  auf  einander  folgen.  Je  zwei 
gleichartige  haben  die  Entfernung  r«  resp.  Xy  von  einander^ 
und  die  zugehörigen  Operationen  unterscheiden  sich  durch  die 
Translationscomponente  Xy  resp.  Xx  von  einander. 

Zunächst  gestattet  das  Axensystem  beider  Gruppen  eine 
Spiegelung  ©«2  gegen  die  durch  AB  gehende  Ebene  64,  Für 
die  Gruppe  Sg^  sind  alle  Axen  Drehungsaxen;  daher  existirt 
auch  eine  zu  6^  senkrechte  Symmetrieebene  tf^^,  welche  durch 
a  geht.  Dagegen  ist;  dem  Vorstehenden  gemäss ,  die  durch 
BG  gehende  Ebene  <T^  eine  Ebene  mit  Translationssymmetrie. 
Durch  ^1-4-2  geht  dann  wieder  eine  reine  Symmetrieebene  u.8.  w. 
Daraus  folgt,  dass  durch  jede  Biagonäle  des  in  den  Hauptebenen 
liegenden  Transldiionennetsses  je  eine  reine  Stfmmetrieebene  geht^ 
während  die  Rhomben  des  Axennetzes  die  Eigenschaft  haben, 
dass  durch  eine  ihrer  Diagonalen  eine  Symmetrieebene  geht^ 
durch  die  andere  dagegen  eine  Ebene  mit  Translations- 
symmetrie; die  bezüglichen  Gleitspiegelungen  sind  @d(trx)  resp. 
©rfj(ry).    Die  zugehörige  Gruppe  sei 

Für  diejenige  Gruppe,  welche  aus  ^^  entsteht,  tritt  die 
Modification  ein,  dass  die  durch  a  gehende  zu  6d  senkrechte 
Ebene  6^^  nicht  mehr  reine  Symmetrieebene  ist;  vielmehr  ent- 
spricht ihr  nach  Satz  XIX  von  Cap.  V  die  Operation  ©  (r.). 
Unter  den  mit  <Tj,  parallelen  Ebenen  ist  daher  gemäss 
Cap.  VII,  4  keine  reine  Symmetrieebene;  die  Translations- 
componenten  der  bezüglichen  Gleitspiegelungen  sind  r«  und 
Xy  4~  '^i-  In  dieser  Gruppe  finden  sich  also  gleichzeitig  die 
Operationen 

@;     ®(r.),     @(r.),     @(r,  +  r,). 

Wir  bezeichnen  sie  durch 

Für  jede  der  beiden  vorstehenden  Gruppen  ist  die  Per- 
mutation der  Axen  durch 


-    425    - 

(a),    (c),    (bd) 
darzustellen. 

Statt  der  Spiegelung  ©^  dürfen  wir,  wie  oben  bei  recht- 
winkligem Netz,  auch  die  Operationen 

zur  Erzeugung  von  Gruppen  ®2,»  verwenden.  Wir  beginnen 
mit  ©^(r,).  Die  zugehörige  Axenpermutation  ist,  da  die  Trans- 
lation tg  jede  Axe  in  sich  verschiebt,  mit  der  vorstehenden 
identisch.  Zunächst  ergiebt  sich  aus  ^^  die  Gruppe 

sie  unterscheidet  sich  augenscheinlich  von  der  Gruppe  62,»" 
nur  dadurch,  dass  für  jede  Ebene  ö  noch  die  Translations- 
componente  t,  auftritt;  sie  enthält  daher  im  besondern  auch 
die  Gleitspiegelungen 

®d(r:c  +  r,)     und     ©^^  (r^  +  t,). 

Aus  der  Gruppe  S^^  dagegen  kann  sich  eine  neue  Gruppe 
nicht  ergeben-,  die  Gruppe  @8,e^^  enthält  nämlich  bereits  die 
Operation  ©di(T,),  deren  Ebene  durch  a  und  eine  Rhomben- 
diagonale geht 

Da  in  den  Gruppen  62,»"  und  62,»^*  bereits  eine  Opera- 
tion ©d(ra.)  vorkommt,  deren  Ebene  eine  Diagonale  von  AB  CD 
enthält,  so  ergeben  sich  mit  ihr  neue  Gruppen  nicht.  Das- 
selbe gilt  für  die  Operation  ©^(ra.  +  r«).  Einerseits  enthält 
nämlich  die  Gruppe  (£2,0'^  die  der  vorstehenden  äquivalente 
Operation  ©rfX'^y  +  ^^)>  andrerseits  kommt  in  der  Gruppe 
©2,»^^  <lie  Operation  @d(^*  +  ^#)  selbst  vor. 

Damit  sind  die  sämmtlichen  Gruppen  @2,9  der  betrach- 
teten Art  abgeleitet. 

Für  die  Darstellung  der  Goordinatenausdrücke  bedarf  es 
besonderer  Vorbemerkungen  nicht.  Legen  wir  die  Coordinaten- 
axen,  wie  oben  S.  422,  so  ergeben  sich  für  das  Pundamental- 
system  gleichwerthiger  Punkte  augenscheinlich  folgende  Trans- 
lationscamponenten : 

©2..'^-     0,     0,     0,     0;  ©2,.^':     0,     t.,     0,    ^,5 

e»,«^»:     0,     0,     r„     r,. 


—    426     — 

Die  Gruppe  @8,p^^  kann  daher  durch  Multiplication  der 
Gruppe  Gj*  mit  F/  gebildet  werden. 

§  5.  Wir  haben  nun  den  Fall  zu  prüfen,  dass  die  Dre- 
hungsaxe  nicht  mit  der  ausgezeichneten  Richtung  der  Gruppe  F/ 
übereinstimmt,  um  die  Bezeichnung  der  bisher  gebrauchten 
anzupassen,  denken  wir  uns  die  Axenrichtang  nach  wie  vor 
als  jE^-Axe,  alsdann  ist  das  System  primitiver  Translationen 
der  Gruppe  F/  durch 

2txy  2ry,  2r„  ty  +  %»    resp.     2xx,  ty  +  r.,  Xy  —  r- 
zu   characterisireu.     Baumgruppen  @^2,«9   welche   diese  Trans- 
lationsgruppe  enthalten,   können   daher  nur  aus  ^^  hervor- 
gehen. 

Das  primitive  Tripel  entspricht  derjenigen  Wahl,  die  wir 
in  §  7  des  vorigen  Capitels  getroffen  haben.  Setzen  wir  näm- 
lich (vgl.  Fig.  47,  S.  408) 

AA^  =  t^*  +  iy  ^  2txy  AA!  «» tyy  AD  =  tx,  AB^  ^  \%y^ 
so  ist  AA' A^A^  dasjenige  Rechteck,  in  welches  das  a.  a.  0. 
betrachtete  Parallelogramm  AA^A^A^  für  den  vorliegenden 
Fall  übergeht  Die  Drehungsaxen  gehen  nämlich  durch  A  und 
D  und  die  Schraubenaxen  durch  C  und  B^.  Das  Reckteck 
AB^CD  entspricht  also  wirklich  dem  Parallelogramm  AB^CD. 

Die  Ebene  6  der  erzeugenden  Operation  ist  jedenfalls 
den  Reckteckseiten  parallel.  Wie  das  primitive  Tripel  der 
Gruppe  rj  erkennen  lässt,  gerfallen  die  Ebenen  6,  ö',  tf" . . ., 
welche  der  Seite  AB  parallel  sind,  in  jnoei  verschiedene  Schaaren 
gleichartiger  Ebenen,  toährend  die  andere  Ebenenschaar  ans  lauter 
gleichartigen  Ebenen  besteht.  Der  Abstand  zweier  Ebenen  der 
zweiten  Schaar  ist  r«,  der  Abstand  zweier  Ebenen  der  ersten 
Schaar  ist  die  Hälfte  von  r^,  die  zugehörigen  Translations- 
componenten  unterscheiden  sich  um  r«. 

Wird  als  erzeugende  Operation  die  Spiegelung  @  an  der 
durch  AB  gehenden  Ebene  6  benutzt,  so  geht  auch  durch 
AG  eine  Sjmmetrieebene  6^.  Alle  Ebenen  beider  parallelen 
Schaaren  gehen  durch  die  Rechteckseiten;  von  den  zu  6  pa- 
rallelen Ebenen  gehen  die  Symmetrieebenen  durch  die  Dre- 
hungsaxen, die  Ebenen  mit  Translationssymmetrie  durch  die 


—     427     - 

Schraabenaxen.  Die  bezügliche  Axenyertaaschung  entspricht 
der  Permutation 

(«),   Q>).  (c),  (d). 

Wir  bezeichnen  die  so  definirte  Gmppe  darch 

6M"={e,»  ©}  =  {(£,»,  ©,}. 

Dieselbe  Permutation  wird  auch  durch  die  Operation  @(r^) 
an  der  durch  AB  gehenden  Ebene  6  erreicht  Eine  solche 
Operation  ist  in  der  yorstehenden  Gruppe  nicht  vorhanden^ 
also  f&hrt@(r«)  zu  einer  neuen  Gruppe.  Zu  den  sämmtlichen 
Ebenen  6^,  6\,  6'\ . . .  gehört  die  Gleitspiegelung  ©j  (r«),  von  den 
zu  6  parallelen  Ebenen  enthalten  die  Symmetrieebenen  die 
Schraubenaxen.     Die  Gruppe  sei 

Wir  haben  nunmehr  wiederum  zu  prüfen,  ob  sich  auch 
mit  den  Gleitspiegelungen 

©  (t;,)     und     @  (ir,  +  r,) 
neue   Gruppen  Ss^^  aus   ^^  ableiten   lassen.     Die   durch   sie 
eintretende  Axenvertauschung  entspricht  in  beiden  Fällen  der 
Permutation 

(a6),    {cd) 

und  ist  daher  zulässig.  Um  die  Lage  und  Natur  der  zu  AG 
parallelen  Ebenen  zu  ermitteln ,  beachten  wir  wieder,  dass 
auch  die  Spiegelung  an  der  za  AC  parallelen  Mittelebene  6^^ 
die  genannte  Permutation  bewirkt,  und  ebenso  die  Operiition 
®n>i  (^a)  cui  dieser  Ebene.  Nun  kann  durch  Multiplication  der 
Drehung  Sl  mit  ©(r^.)  eine  Translationscomponente  x,  nicht 
entstehen,  demnach  gehört  die  Spiegelung  ©m,  der  mit  ©(r;^) 
erzeugten  Gruppe  an,  und  die  Operation  ©mi(^«)  derjenigen, 
die  durch  Multiplication  mit  ©  {x^  +  r,)  entsteht.  Die  be- 
züglichen Gruppen  sind 

Für  die  erste  Gruppe  sind  alle  zu  AC  parallelen  Ebenen  reine 
Symmetrieebenen.  Die  zweite  Gruppe  enthält  dagegen  keine 
eigentliche  Symmetrieebene. 


-     428     — 

Für  die  analytische  Darstellung  der  Coordinatenwerthe 
der  vorstehenden  vier  Gruppen  nehmen  wir  das  Coordinaten- 
system  wieder  in  der  üblichen  Weise  an.  Da  jede  der  vier 
Gruppen  mit  einer  Operation  erzeugt  wird,  deren  Ebene  die 
XZ- Ebene  ist^  so  ergeben  sich  für  das  Fundamentalsystem 
gleich werthiger  Punkte  die  folgenden  Translationscomponenten : 
©2..^*:     0,  0,    0,    0;  ©8,.^^:     0,  0,  r.  r, 

Sa,.^^:    0,  0,    r,,  r,;         6«,.^^•     0,  0,  t^  +  r.     r,  +  r. 
Die  Gruppe  ß»,»^*  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication  der 
Gruppe  C^^  mit  F'^  entsteht.     Endlich  können   wir  noch   fol- 
denden  Satz  aussprechen: 

Lehrsatz  II.  Es  giebt  sieben  Baumgruppen  von  der  Symmetrie 
der  rhombischen  Hemimorphie,  deren  Translaiionsgruppe  FJ  ist. 

§  6.  Die  hemimorphen  Gruppen  mit  der  Translations- 
gruppe  F/'.  Das  primitive  System  der  Translationsgruppe  F/' 
besteht  aus  den  Translationen 

Ty  -\-  '^sj    '^z  ~r  ^X}    '^x  T"  '^y^ 

die  Gruppe  P/'  ist    daher   von   dem    gleichen  Typus  wie  die 
Gruppe  Fm*    Demnach  können  Raumgruppen  ©2,»,  welche  FJ' 
als  Translationsgruppe  enthalten,  nur  aus  S^^  entstehen. 
Setzen  wir  (Fig.  46,  S.  406) 

AB=^\x^,  AC=\ty,  AB  =^  )^{t,  +  xyl 
so  ist  AA^Al^A^  dasjenige  Rechteck,  in  welches  sich  das  oben 
Gap. Vit,  §6  betrachtete  Parallelogramm  AA^A^A^  specialisirt, 
ebenso  entspricht  das  Rechteck  AB  CD  dem  von  den  Axen 
der  Gruppe  (S^*  bestimmten  Parallelogramm  ABCB.  Die 
Drehungsaxen  gehen  durch  A  und  2),  die  Schraubenaxen  durch 
B  und  G.  Da  die  Axen  verschiedenartig  sind,  so  sind  an  und 
für  sich  nur  solche  Yertauschungen  der  Axenschaaren  möglieb, 
welche    gleichartige  Axen  zur  Deckung  bringen. 

Die  erzeugende  Ebene  6p  ist  auf  alle  Fälle  den  Recht- 
eckseiten parallel.  Wie  die  Natur  der  Gruppe  F/'  zeigt,  zer- 
fäUt  jede  der  beiden  parallelen  Ebenenschaaren  in  je  zwei  ver- 
sdiiedene  Schaaren  gleichartiger  Ebenen^  die  abwechselnd  auf 
einander  folgen;  der  Abstand  je  zweier  gleichartiger  Ebenen  ist 


-     429     - 

die  Hälfte  von  r«  resp.  ty.  Ist  zunächst  6^  die  Symmetrie- 
ebene 0y  welche  durch  AB  geht^  so  gebt  die  nächste  Ebene 
durch  CD  ;  die  ihr  entsprechende  Operation  kann  mit 

©(r,)  oder  @(r,) 
bezeichnet  werden.  Jede  dieser  Operationen  ist  vorhanden 
and  kann^  da  Xs  -\-  x^  eine  primitive  Translation  ist^  als  re- 
ducirte  Form  der  zugehörigen  Gleitspiegelungen  angesehen 
werden.  Da  a  Drebungsaxe  ist,  so  geht  durch  AC  eine 
Symmetrieebene  6^-^  fär  die  mit  ihr  parallele  Ebenenschaar 
existiren  die  Operationen  ©j,  ©i  (r^),  ©iC^,).    Die  zugehörige 

Axenpermutation  ist 

(o)  (6)  (c)  (d). 

Wir  bezeichnen  die  bezügliche  Gruppe  durch 

Die  Gruppe  besitzt  nach  den  x-  und  y-Eichtungen  die  gleichen 
Operationen.  Da  sie,  wie  oben  gezeigt ,  auch  Operationen 
@(ra.)  und  ©(r,)  enthält,  deren  Ebene  durch  eine  Rechteck- 
seite geht,  so  führen  diese  Operationen  nicht  zu  neuen  Gruppen. 
Endlich  ist  auch  diejenige  Gleitspiegelung  gegen  6  als  er- 
zeugende Operation  ausgeschlossen,  deren  Translationscompo- 
nente  die  Hälfte  von  r^  -|-  x^  ist;  denn  sie  würde  die  ungleich- 
artigen Axen  a  und  &  vertauschen. 

Es  ist  zweitens  zu  untersuchen,  ob  die  erzeugende  Ebene 
auch  durch  eine  Mittellinie  des  Rechtecks  AB  CD  gehen  kann, 
resp.  was  auf  dasselbe  hinauskommt,  ob  es  Operationen  giebt, 

welche  die  durch 

(ad)    (bc) 

dargestellte  Axenpermutation  bewirken.  Dies  ist  in  der  That 
der  Fall;  es  genügt  die  Gleitspiegelung  ©m('^);  deren  Ebene  öm 
die  zu  AB  parallele  Mittellinie  enthält,  wenn  x  die  halbe 
Translation 

ist.  Die  Grosse  x  ist  die  einzige  halbe  Translation,  welche 
die  genannte  Axenpermutation  hervorbringt.  Dieselbe  Permu- 
tation wird  auch  durch  die  analog  gebildete  Operation  ©miC'Ti) 
herbeigeführt,  deren  Ebene  die  zu  AC  parallele  Mittellinie 
enthält,  und  deren  Translationscomponente  den  Werth 


-     430    — 

hat.  Diese  Operation  gehört  daher  gemäss  Satz  XXV  Yon 
Cap.  VI  der  yorliegenden  Gruppe  an.  Die  Gruppe  enthält 
wieder  nach  der  x-  und  y-Axe  die  analogen  Operationen; 
keine  yon  ihnen  ist  eine  reine  Spiegelung,  ihre  Translations- 
componenten  unterscheiden  sich  in  der  in  Cap.  YII,  §  4  an- 
gegebenen Weise.     Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch 

®m"=  {©,»,  ©mW)  =  {(£,»,  ©».(r,)}. 

Für  die  analytische  Bestimmung  der  Coordinatenwerthe 
haben  wir  zu  beachten,  dass  sich,  wie  oben  erwähnt^  die  Spie- 
gelung @m  durch  die  Spiegelung  gegen  die  XZ- Ebene  und  eine 
Translation,  die  gleich  der  Hälfte  von  Xy  ist,  ersetzen  lässt. 
Demgemäss  ergeben  sich  für  das  Fundamentalsystem  der 
gleichwerthigen  Punkte  die  Zusatztranslationen  in  folgender 
Form 

©2,.'*:    0    0    0    0; 

©2,/'    0     0    ^(r, +  r,  +  r,)     |(r,  +  r^  +  r,) 
Die  Gruppe  62,»'®  kann   daher   durch   Multiplication  von  G^ 
mit  der  Translationsgruppe  jT/'  erhalten  werden.  Wir  erhalten 
noch  den 

Lehrsatz  HI.  Es  giebt  sswei  Gruppen  von  der  Symmetrie 
der  rhofhbischen  Hemimarphie,  deren  Translationsgruppe  Fj'  ist. 

§  7.  Die  hemimorphen  Grtipi>en  mit  der  Translations- 
gruppe  F/^'.  Es  sind  endlich  noch  diejenigen  Gruppen  ©2,« 
zu  ermitteln,  deren  Translationsgruppe  T/''  ist  Als  primitives 
Tripel  dieser  Gruppe  wählen  wir  zu  diesem  Zweck  am  besten 
die  Translationen 

2t,,      tx  -{-  ty  -^  Xzj      tx  —  l^y  +  '^^«• 

Dieselben  entsprechen  der  Gruppe  F^;  es  können  daher 
nur  aus  der  Gruppe  ß,'  Gruppen  ®2,»  entstehen,  welche  F/" 
als  Translationsgruppe  enthalten. 

Wir  setzen  (vgl.  Fig.  49) 

A-A-i  s=  tx  ITy,      A.A2  =  tx  ~\~  Ty;      JoLA^  =  ^txj 

80  sind  die  beiden  Rhomben  AA^A^Ä^  und  ABCD  diejäoigen 


—    431     — 

Figuren,  in  welche  die  Cap.  VII,  6  betrachteten  Parallelo- 
gramme AAiA^A^  und  AB  CD  in  diesem  Fall  übergehen. 
Die  Drehungsaxen  gehen  durch  A  und  D,  die  Schraubenaxen 
durch  B  und  C. 

Die  erzeugende  Ebene  öi,  hat  in  allen  Fällen  die  Richtung 
einer  Rhombendiagonale.  Jede  der  beiden  parallelen  Ebenen- 
scJuMren  besteht  aas  ewei  verschiedenen  Ebenenarten  ^  die  ab- 
wechselnd auf  einander  folgen;  der  Abstand  etveier  gleichartigen 
Ebenen  ist  resp.  tx  und  ty.  Die  Translationscomponenten  unter- 
scheiden sich  für  jede  der  beiden  Schaaren  resp.  um  Xx  +  '^z  und 

^y  +  '^s. 

Wird  als  erzeugende  Operation  die  Spiegelung  ©^  an  der 
durch  AD  gehenden  Ebene  6d  gewählt,  so  geht,  da  a  Dre- 
hungsaxe  ist,  durch  a  noch  eine  zweite  zu  6d  senkrechte 
Symmetrieebene  64^.  Die  Ebenenlage  stimmt  daher  mit  der 
oben  far  die  Gruppe  ©2,«^^  geschilderten  überein.  Im  Rhombus 
AA^A^A^  geht  durch  jede  Diagonale  eine  reine  Symmetrie- 
ebene; dagegen  ist  von  den  Ebenen,  welche  die  Diagonalen 
der  von  den  Äxen  gebildeten  Rhomben  enthalten,  nur  eine 
eine  reine  Symmetrieebene,  nämlich  diejenige,  welche  die  Dre- 
hungsaxen enthält.  Für  die  anderen  sind  @d  (%x  +  '^z)  resp. 
@d,  (Ty  -|-  r,)  die  bezäglichen  Operationen.  Wir  bezeichnen  die 
Gruppe  durch 

6,,,«»  =.{(£,»,  ©.}  =  {©,»,  ©<,.}. 

Wie  das  vorstehende  zeigt,  kommt  in  dieser  Gruppe  eine 
Gleitspiegelnng  @<i(^«)  nicht  vor.  Wir  erhalten  daher,  wenn 
wir  sie  als  erzeugende  Operation  benutzen^  eine  neue  Gruppe. 
Statt  der  beiden  Symmetrieebenen  64  und  6d^  treten  die  Ope- 
rationen ®d  {xg)  und  @d^  (r«)  auf;  die  andern  Operationen  dieser 
Art  werden  daher  @d(ra.)  resp.  ©^^(Ty).  Wir  bezeichnen  die  Gruppe 

durch  _ 

©^."  =  {©,»,  ©.(r,))  =  {©,»,  @..(r.)}. 

Die  den  beiden  Gruppen  entsprechende  Axenpermutation 

hat  die  Gestalt 

(o),    (d),     (6c). 

Ausser  den  Yorstehend  betrachteten  Operationen  @  und 
@(ir,)  sind  nun  noch  die  Operationen 


—    432     - 

®d(t^)    und    ©d(r.^  +  r,) 

bezüglich  derselben  durch  AD  gehenden  Ebene  öa  zu  unter- 
suchen.    Dieselben  entsprechen  der  Axenpermutation 

(ad),  (b),  (c) 
und  führen  daher  zu  neuen  Gruppen.  Wir  beginnen  mit  der- 
jenigen, die  sich  durch  Multiplication  mit  ®di^z)  ableiten  lässt 
Wie  wieder  aus  Cap.  VII,  §  4  folgt,  ist  unter  den  zu  6  pa- 
rallelen Ebenen  keine  Symmetrieebene,  die  bezüglichen  Ope- 
rationen sind 

©(r,)     und     ©(r,). 

Was  die  zweite  Ebenenschaar  betrifft,  so  ist  zu  beachten,  dass 
die  vorstehende  Axenpermutation  durch  Spiegelung  an  einer 
durch  BC  gehenden  Ebene  tf^/  eintritt,  und  ebenso  durch  die 
Operation  ©  (r,)  gegen  diese  Ebene.  Von  ihnen  kann  aber 
nur  die  Spiegelung  der  Gruppe  angehören;  denn  sie  bedingt 
gemäss  Gap.  V,  Satz  XIX  mit  der  Axe  b  zusammen  die  in 
der  Gruppe  enthaltene  Operation  ©^(r,)  gegen  die  Ebene  öj, 
welche  durch  B  geht  Weiter  folgt  nun,  dass  für  die  Ebene 
6d^  ©  (ty  +  tz)  die  zugehörige  Operation  ist  Wir  bezeichnen 
die  so  bestimmte  Gruppe  durch 

«»..*»=  {e,»,©.W}  =  {©,»,©./}. 

Es  wäre  schliesslich  noch  die  Operation  ©  {tx  +  t,)  an 
der  durch  AB  gehenden  Ebene  öa  zur  Erzeugung  einer  neuen 
Gruppe  zu  benutzen.  Die  so  entstehende  Gruppe  ist  aber 
von  der  vorhergehenden  nicht  verschieden,  da  derselben,  wie 
eben  gezeigt,  bereits  die  analoge  Operation  ©  (ty  -|-  r«)  an  einer 
nur  Drehungsaxen  enthaltenden  Ebene  angehört. 

Da  die  beiden  vorstehenden  Axenpermutationen  die  ein- 
zigen sind,  die  bei  rhombischem  Axennetz  auftreten  können, 
so  kann  es  andere  Gruppen  dieser  Art  nicht  geben;  also  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Es  gid>t  drei  Raumgmppm  von  der  Symmetrie 
der  rhombischen  Hemimorphie,  deren  TranslcUionsgrufpe  F/"  ist 

Die  analytische  Darstellung  des  Fundamentalsystems 
gleichwerthiger  Punkte  macht,  da  die  erzeugenden  Operationen 
sich  sämmtlich  auf  die  durch  AD  gehende  Ebene  6d  beziehen, 
eine  besondere  Voruntersuchung  nicht  nöthig.  Vielmehr  ergiebt 


-     433     — 

sich  unmittelbar  folgendes  Schema  der  Translationscompo- 
nenten : 

(^/^:   0,  0,  0,  0;     (S»,,":    0,  0,  r„  r,;     ©«,  «:   0,  0,  r^,,  r,. 

Die  Gruppe  6«,»^  ist  diejenige,  welche  sich  durch  Mul- 
tiplication  der  Punktgruppe  C^^  mit  der  Translationsgruppe  T/' 
erzeugen  lässt. 

Endlich  sprechen  wir  noch  folgenden  Satz  aus: 

Lehrsatz  V.  Es  gid>t  22  verschiedene  Baumgruppen,  welche 
die  Symmetrie  der  rhombischen  Hemimorphie  hesiteen. 

§  8.  Allgemeine  Bemerkungen  über  die  hemiedrisohon 
Gtmppen.  Der  Hemiedrie  des  rhombischen  Systems  entspricht 
die  Yierergmppe  V  mit  den  Operationen 

1,    U,    SB,    SB. 

Die  Vierergruppe  V  kann  durch  Multiplication  der  Gruppe  C^ 
mit  einer  Umklappung  erzeugt  werden;  analog  können  daher 
die  zu  V  isomorphen  Raumgruppen  SS  gebildet  werden.  Wir 
ziehen  jedoch  vor,  einen  Weg  einzuschlagen,  welcher  dem 
symmetrischen  Verhalten  der  Vierergruppe  nach  den  drei  zu 
einander  senkrechten  Richtungen  entspricht.    Die  Operationen 

1,U,    1,»,    1,2B 

bilden  nämlich  je  eine  in  ihr  enthaltene  Untergruppe;  das 
Analoge  trifft  daher  gemäss  Cap.  VI,  Lehrsatz  XVI  für  die 
isomorphen  Raumgruppen  SB  zu.  Jede  Gruppe  SB  besitzt  also 
drei  Untergruppen  (Sj,  deren  Axen  resp.  zu  m,  t;,  u)  parallel 
laufen;  um  alle  diese  Gruppen  zu  finden,  haben  wir  dem- 
gemäss  alle  möglichen  Gombinationen  von  drei  Gruppen  Sg 
zu  suchen. 

Wir  theilen  die  Gruppen  85  wieder  nach  den  in  ihnen 
enthaltenen  Translationsgruppen  ein,  unterscheiden  also  die 
vier  Classen,  welche  resp.  den  Gruppen  JH,,  F/,  T/',  JT/"  ent- 
sprechen. Die  einer  jeden  Axenrichtung  entsprechende  Gruppe  Gg 
ist  durch  die  Art  der  Translationsgruppe  unmittelbar  bestimmt. 
Die  Translationsgruppe  bedingt  eine  Gruppe  ^  oder  (S^^,  wenn 
keine  Translation  existirt,  die  eine  Componente  Xxj  ty^  r,  hat 

Sehoen flies,  KrystiOlitnictiir.  28 


-     434 


Fig.  60. 

f.  0 


Existirt  dagegen  eine  derartige  Translation,  so  erfordert  die 
Translationsgruppe  eine  Gruppe  @^,^ 

Hieraus  folgt;  dass  für  diejenigen  Raumgruppen  ä},  deren 
Translationsgruppe  JT»  ist,  die  Axen  nach  jeder  der  drei  Rich- 
tungen einer  Gruppe  ^^  oder  ^^  angehören.  Es  sind  daher 
bezüglich  der  Natur  der  Axen  die  vier  Möglichkeiten  denkbar, 
dass  die  Axen  parallel  m,  t?,  w  resp.  eine  Gruppe 

bilden.  Wir  werden  zei- 
^/  gen,  douss  jeder  dieser 
Möglichkeüen  eine  und 
genau  eine  Baumgruppe 
vom  Symmetrieeharader 
der  Viererffruppen  ent- 
spricht 

Hierzu  bedürfen  wir 
einiger   Hilfssätze,   die 
C'   zunächst  abgeleitet  wer- 
den sollen. 

Wir  denken  uns  ein 
rechtwinkliges  Parallelepipedon  (Fig.  50),  dessen  Kanten  nach 
Länge  und  Richtung 

sind.     Ferner  seien 

%(%y2ta),    83(^,2^^)     und     S(ä,24) 

Schraubenbewegungen,  deren  Axen  a,  &  und  c  in  die  Seiten 
OAy  B^O^  und  A^B  fallen,  also  einander  nicht  schneiden. 
Wir  betrachten  das  Product  dieser  drei  Bewegungen.  Denken 
wir  uns  durch  irgend  einen  Punkt  drei  zu  a,  &,  c  parallele 
Axen,  so  ist  das  Product  der  zu  9,  93,  S  isomorphen  Um- 
klappungen, wie  im  ersten  Abschnitt  (S.  62)  bewiesen,  der 
Identität  äquivalent  Nach  Cap.  Y  §  9  folgt  daher,  dass  das 
Product  von  0,  93,  6)  jedenfalls  eine  Translation  ist 

Um  dieselbe  zu  finden,  suchen  wir  den  Ort,  an  welchen 
ein    beliebiger   Raumpunkt    nach   Ausführung    der    drei    Be- 


ry    ^y^ 

— 7^ 

^■^ 

"^^.^. 

% 

«^ 

B, 

"*  's. 

— -> 

€■ 

l^ 

< 

^ 

^ 

^ ' 

-     435    — 

wegungen  gelangt.  Wir  wählen  dazu  den  Punkt  -4',  für  wel- 
chen nach  Länge  und  Richtung  ÄA  =^2ta  ist  Dieser  Punkt 
kommt  in  Folge  der  Bewegung  Sl  nach  A.  Von  hier  bringt 
ihn  die  Bewegung  95  nach  B',  und  von  dort  kommt  er  durch 
Umklappung  um  die  Äxe  c  nach  C  und  schliesslich  durch 
die  dann  eintretende  Translation  der  Bewegung  (S  wieder 
nach  A\  Die  resultirende  Translation  hat  also  die  Grosse 
Null;  d.  h.  es  ist 

1)  Sia3S=l. 

Es  ist  zu  bemerken  y  dass  die  Lage  der  Äxen  und  die 
Richtung  der  zugehörigen  Translationscomponenten  nicht  be- 
liebig innerhalb  des  Parallelepipedons  ist.  Die  Axen  sind  drei 
zu  einander  senkrechte  Kanten^  die  sich  nicht  schneiden:  und 
die  Translationscomponenten  2  4,  2tb,  2^  sind  so  gerichtet^  dass 

2)  2ta  +  2h  +  2tc  =  2td 

ist^  wenn  2td  die  Länge  derjenigen  körperlichen  Diagonale  (7(7, 
ist,  welche  von  keiner  der  drei  Axen  getroffen  wird. 

Aus  der  obigen  Gleichung  werden  wir  nun  verschiedene 
Polgerungen  ziehen.  Wir  multipliciren  sie  mit  ß"-^,  so  geht 
sie  in 

über.  Setzen  wir  nun  zunächst  f«  =  0,  ^6  =  0,  so  werden  % 
und  93  Drehungen  und  die  Axe  c  wird  das  gemeinsame  Loth 
für  a  und  h^  also  folgt: 

1.  Zwei  UnMappungefiy  deren  Axen  a  und  h  sich  recht- 
winklig  hreueen,  bedingen  eine  Schraubenbewegung  vom  Winkel  n, 
deren  Axe  c  das  gemeinsame  Loth  von  a  und  b  ist  und  deren 
TranskUionscomponente  gleich  der  doppelten  Entfernung  dieser 
Axen  ist 

Bemerkung.  Es  ist  natürlich  nicht  ausgeschlossen,  dass 
in  einer  Gruppe,  welche  die  Axen  a  und  b  enthält,  die  Axe  c 
eine  Drehungsaxe  ist.  Der  Satz  giebt  nur  diejenige  Bewegung 
an,  welche  nothwendig  durch  Sl  und  83  bedingt  wird.  Ist 
daher  c  eine  Drehungsaxe,  so  folgt  nunmehr,  entsprechend 
den  Sätzen  von  Gap.  Y,   §  4,   dass   in  Richtung  von  c  eine 

28* 


—     436    — 

Translation  existirt^  die  gleich  dem  doppelten  Abstand  yon  a 
und  h  ist 

Setzen  wir  dagegen  ^e  °=  0,  so  fallen  die  Axen  a  und  b 
in  dieselbe  Ebene^  während  die  Axe  c  ihren  Platz  nicht  ändert. 
Also  folgt: 

2.  Zwei  Schranhefibewegungen  vom  Winkel  x,  deren  Axen 
sich  schneiden,  bedingen  eine  Umklappung  um  eine  bu  ihnen  senk- 
rechte AxCy  die  nicht  durch  ihren  Schnittpunkt  gehL 

Setzen  wir  drittens  ta  «=  0,  ^c  =  0,  so  werden  a  und  c 
Drehungsaxen;  gleichzeitig  fällt  b  in  die  Gerade  OB  und 
es  folgt: 

3.  Eine  Umklappung  und  eine  Schraubenbewegung  vom 
Winkel  x,  deren  Axen  sich  schneiden,  bedingen  zusammen  eine 
neue  Umklappung,  deren  Axe  senkrecht  0u  ihnen  liegt  und  die 
Axe  der  Schraubenbewegung  schneidet}) 

Diese  Hilfssätze  genügen^  um  die  zur  Yierergruppe  iso- 
morphen Raumgruppen  S3  abzuleiten.  Die  Yierergruppe  ist 
dadurch  characterisirt,  dass  ihre  Operationen  jede  ihrer  drei 
Axen  einzeln  in  sich  überführen.  Gemäss  unserm  Fundamental- 
theorem  bilden  daher  die  drei  Gruppen  ^,  deren  Axen  resp. 
parallel  zu  u,  v,  w  sind,  immer  und  nur  dann  eine  Raum- 
gruppe ä}y  wenn  jede  dieser  Gruppen  die  beiden  andern  in 
sich  überführt  und  sich  ausserdem  eine  Translationsgruppe 
einstellt,  welche  das  Yorgeschriebene  Tripel  primitiver  Trans- 
lationen besitzt. 

Ferner  ist  unmittelbar  ersichtlich,  dass,  wenn  St  irgend 
eine  zweizählige  Deckbewegung  für  die  Axen  einer  Gruppe  (S^ 
ist,  die  Gerade  a  die  Axen  von  S,  entweder  schneidet  oder  in 
der  Mitte  zwischen  je  zweien  von  ihnen  yerläuft.  Die  in 
einer  Gruppe  S3  Yorkommenden  Axen  verschiedener  Richtung 
schneiden  sich  daher,  oder  sie  durchsetzen  einander  in  mittleren 
Abständen. 

§  9.  Die  hemiedrisehen  Gxnppen  mit  der  Translations- 
grappe  JT,.     Für  die  Combination 

1)  Dieser  Satz  ist  ein  specieller  Fall  des  Satzes  XV  in  Cap.  VI. 


—     437     — 


sind  alle  Axen  Drehungsaxen,  folglich  ist  gemäss  der  6e- 
merkuDg  zum  ersten  Hilfssatz  jedes  gemeinsame  Loth  zweier 
Axen  eine  Drehungsaxe;  die  Axen  bilden  daher  (Fig.  51)^)  die 


Vlg.51. 


Xlg.  52. 


y 

y 

w 
A 

y 

^& 

y 

A 


^Jf 


^ 


sämmtlichen  Kanten  eines  rechtwinkligen  Raumgitters.  Andrer- 
seits ist  unmittelbar  eyident;  dass  jede  Operation  einer  der 
drei  Gruppen  ^  Deckoperation  für  die  Gesammtheit  der 
Axen  ist  und  dass  als  primitive  Translationen  sich  wirklich 
^Xxy  2ty,  2tM  ergeben,  wenn  txy  tyj  t»  die  Kanten  des  vor- 
stehenden aus  den  nächsten  Axen  der  drei  Gruppen  ^  ge- 
bildeten Parallelepipedons  sind.  Wir  bezeichnen  dieses  Parallel- 
epipedon  durch  p  und  die  zugehörige  Gruppe  durch 

Für  die  Gombination 

sind  die  Axen  n  und  t;  Drehungsaxen,  dagegen  die  Axen  w 
Schraubenaxen.  Daraus  folgt  mit  Bücksicht  auf  Cap.  lY,  4 
des  ersten  Abschnitts  zunächst,  dass  eine  Axe  u  und  eine 
Axe  V  sich  nicht  schneiden;  sie  laufen  daher  in  mittleren  Ab- 
ständen durch  einander  durch.  Femer  zeigt  der  erste  Hilfs- 
satz, dass  die  Axe  w  die  Axen  u  und  t;  schneidet.'  Dies  giebt 
die  obenstehende  Yertheilung  der  Axen  (Fig.  52),  welche 
allen  Bedingungen  genügt.  Die  so  bestimmte  Gruppe  be- 
zeichnen vnr  durch 

1)  In  den  Fig.  61  bis  69  sind  die  Drehongsaxen  dorch  starke  ans- 
gezogene  Linien,  die  Schraubenaxen  durch  gestrichelte  Linien  dar- 
gestellt. 


—     438 


e». 


6,* 


Bei  der  CombiDation 

sind  die  Axen  w  Drehangsaxen,  die  Axen  u  und  t;  dagegen 
Schraubenaxen.  Nach  dem  dritten  Hilfssatz  darf  w  keine  der 
Axen  u  und  v  schneiden,  weil  sonst  Drehungsaxen  entstehen, 
welche  die  Richtung  der  Axen  u  resp.  t;  haben.  Dagegen 
schneiden  sich  die  Axen  u  und  v  gemäss  dem  zweiten  Hilfs- 
satz. Dies  führt  zu  der  in  Fig.  53  gezeichneten  Lage  der  Axen. 

Fig.  54. 


? 


In? 


Jf 


L^—H-^-^i^ 


y 


Dieselbe  genügt  andrerseits  den  allgemeinen  Bedingungen  und 
führt  demnach  zu  einer  Gruppe  mit  den  Translationen  2tx, 
2ry,  2r,.     Wir  bezeichnen  sie  durch 

Für  die  vierte  Combination 

sind  alle  Axen  Schraubenaxen.  In  Folge  des  zweiten  Hilfs- 
satzes dürfen  sich  keine  zwei  von  ihnen  schneiden;  sie  laufen 
daher  sämmtlich  windschief  durch  einander  durch.  Dem  ent- 
spricht nur  (Fig.  54)  die  obenstehende  Lage  der  Axen.  Die 
allgemeinen  Bedingungen  sind  für  sie  gleichfalls  erfüllt,  also 
gehört  zu  ihnen  eine  Gruppe,  die  wir  durch 

bezeichnen.    Es  folgt  noch: 

Lehrsatz  VI.  Es  giebt  vier  Baumgruppen  von  der  Sym- 
metrie der  rhombischen  Semiedrie,  deren  Translationsgruppe  Fp  ist. 

Für  die  Bestimmung  der  Fundamentalwerthe  der  gleich- 
werthigen  Punkte  legen  wir  das  Goordinatensystem  so  einfach 
wie  möglich.     Es   lässt  sich  aber  nicht   erreichen,   dasa    die 


-     439     - 

Coordinatenaxen  immer  mit  den  Axen  der  Gruppen  SJ  zu- 
sammenfallen. Um  nun  diejenigen  Goordinaten  zn  bestimmen^ 
welche  aus  dem  Ausgangspunkt  xyst  durch  Bewegung  um 
eine  nicht  durch  den  Anfangspunkt  gehende  Axe  entstehen^ 
ersetzen  wir  letztere  gemäss  Satz  Y  von  Gap.  Y  durch  eine 
Translation  und  die  analoge  Bewegung  um  die  durch  den 
Anfangspunkt  gehende  Axe.  Auf  diese  Weise  lassen  sich  alle 
Goordinatenwerthe  ohne  Mühe  bestimmen. 

Den  Anfangspunkt  des  Goordinatensystems  legen  wir  für 
alle  vier  Gruppen  in  die  Ecke  Ä  des  Parallelepipedons  p^  sa 
ergeben  sich  neben  den  Ausdrücken 


xya,    xyzy    xyz^    xyz^ 

welche  den  Drehungen 

1,    U,    »,    SB 

der  Punktgruppe  F  entsprechen,  für  S5^,  SS*,  SS*,  SS*  noch  fol- 
gende Translationscomponenten: 

as^:  0,  0,  0,  0 

»«:  0,  0,  r„  X, 

«^•  0,  r,-fty,  r,  +  ry,  0 

SS*:  0,  Xx^r'^yy  '^y  +  '^s,  ts  +  tx. 

Die  Gruppe  SS^  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication 
der  Gruppe  V  mit  der  Translationsgruppe  F^  erzeugt  wer- 
den kann. 

§  10.  Die  hemiedrisohen  Gruppen  mit  der  Translations- 
gmppe  r/.    Für  die  Translationsgruppe  F/,  welche  durch 

tx    "t"    tyf  tx  ty^  jStg 

characterisirt  ist,  existirt  keine  Translation,  deren  Gomponente 
r,  ist.  Dagegen  kommen  die  Gomponenten  Zx  und  ty  in  den 
primitiven  Translationen  vor.  Daraus  folgt,  dass  die  Axen  u 
und  V  je  eine  Gruppe  Sg^  bilden,  die  Axen  to  dagegen  eine 
Gruppe  ©2^  oder  Sg*.  Es  ergehen  sich  daher  in  diesem  Fäll 
noch  zwei  mögliche  Gomhinationen  der  Gruppen  ß,,  nämlich 

e,«,  s,«,  s,^  und  e/,  (£,«,  e,^^.-.- 


—    440    — 


Die  Lage  der  Azen  muss  einerseits  denselben  allgemeinen  Be- 
dingungen genügen,  wie  in  den  bisher  betrachteten  Fällen. 
Andrerseits  sind  hierfür  noch  einige  besondere  Erwägungen 
massgebend.  Die  Axen  w  treffen  nämlich  jede  zu  ihnen  senk- 
rechte Ebene  in  einem  rhombischen  Netz;  und  daraus  folgt 
unmittelbar,  dass  jede  der  Drehungsaxen  u  und  v  eine  der 
Diagonalen  dieses  Netzes  ist  (vgl.  Fig.  49,  S.  423). 

Wir  betrachten  zunächst  die  zweite  Combination.  Für  sie 
sind  die  Axen  w  sämmtlich  Schraubenaxen,  daher  dürfen  sich 
zwei  Drehungsaxen  u  und  v  nicht  schneiden.  Andrerseits  folgt 
aus  dem  ersten  Hilfssatz,  dass  jede  Axe  u?  eine  Drehungsaxe  u 
und  eine  Drehungsaxe  v  trifft  Daher  liegen  in  jeder  zu  w 
senkrechten  Ebene  Axen  nur  einer  Richtung,  und  zwar  so, 
dass  sie  in  die  Diagonalen  des  rhombischen  Netzes  fallen, 
welches  in  dieser  Ebene  von  den  Axen  tv  gebildet  wird.  Dies 
führt  nothwendig  zu  der  nachstehenden  Yertheilung  der  Axen 


Fig.  56. 


I  I 

1^ 


T- 

I  I  I 


X i^^' r 


L 


ng.M. 


TD 

4 


vy^ : 


M 
V 


(Fig.  55).  Die  allgemeinen  Bedingungen  sind  für  dieselbe  er- 
füllt, also  giebt  es  eine  so  definirte  Raumgruppe  83.  Wir  be- 
zeichnen sie  durch 

Für  die  erste  der  beiden  obigen  Gombinationen  sind  alle 
Axen  w  Drehungsaxen.  Im  Hinblick  auf  die  vorstehenden 
Erörterungen  ergiebt  sich,  dass  in  diesem  Fall  je  zwei  Dre- 
hungsaxen u  und  V  sich  schneiden.  Dasselbe  kann  übrigens 
auch  aus  dem  Zusatz  des  ersten  Hilfssatzes  gefolgert  werden. 
Jede  zu  w  senkrechte  Ebene,  welche  Axen  u  enthält,  enthält 
also  auch  Axen  v\  dieselben  fallen  wieder  in  die  Diagonalen 
des  in  dieser  Ebene  von  den  Axen  w  gebildeten  rhombischen 


—    441     — 

Netzes.  Dies  führt  mit  Nothwendigkeit  zu  derjenigen  Yer- 
tiieiinng  der  Axen/  welche  durch  die  vorstehende  Figur  56 
yeranschaulicht  wird.  Die  bezügliche  Gruppe  entspricht  den 
allgemeinen  Bedingungen;  wir  bezeichnen  sie  durch 

»"  =  {6,»,  e,',  e,M 

und  erhalten: 

Lehrsatz  VII.  Es  gid>t  ßvoei  Baumgruppen  von  der  Sym- 
metrie der  rhombischen  Hemiedrie,  deren  Translationsgruppe  FJ  ist. 

Um  die  Coordinaten  des  Fundamentalsystems  gleich- 
werthiger  Punkte  zu  ermitteln,  legen  wir  den  Anfangspunkt 
wieder  in  die  Ecke  Ä  des  Parallelepipedons  p.  Alsdann  er- 
giebt  sich,  mit  Bücksicht  auf  die  Bemerkungen  des  vorigen 
Paragraphen,  dass  die  Coordinatenwerthe  ausser  den  Aus- 
drücken 

xye,    xyg,    xya,    xyß 

noch  folgende  Translationscomponenten  enthalten: 

85^:     0,    0,    r„    r,;  83«:     0,     0,    0,     0. 

Die  Gruppe  SB«  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication  der 
Punktgruppe  V  mit  der  Translationsgruppe  Fj  entsteht. 

§  11.  Die  hemimoiphen  Grappen  mit  der  Trajnslations- 
gmppe  F/'.    Das  primitive  Tripel  ist  durch 

^y-^-  tay      t,  -j-  tx,      tx  +  ty 

darstellbar;  die  Gruppen  Sg  ^^^^  daher  sämmtlich  vom  Cha- 
racter  der  Gruppen  ^.  Es  giebt  in  Folge  dessen  nur  eine 
mögliche  Gombination,  nämlich 

6,»,  ^\  e.«. 

Wie  wir  in  §  6  gesehen  haben,  schneidet  jede  Axenschaar  die 
zu  ihr  senkrechten  Ebenen  in  einem  rechtwinkligen  Netz. 
Wir  betrachten  wieder  (vgl.  Fig.  48)  dasjenige,  welches  die 
Axen  u)  bestimmen.  Da  die  Drehungsaxen  die  Gegenecken 
des  Rechtecks  treffen,  so  muss  die  erzeugende  Axe  u,  damit 
sie  das  Netz  in  zulässiger  Weise  in  sich  überführt,  noth- 
wendig  in  eine  Bechteckseite  fallen.  In  welche  Seite  sie  ge- 
legt wird,  ist  ohne  Belang,  da  alle  Seiten  zur  Gesammtheit 
der  Axen  die  gleiche  Lage   haben.    Wir  legen   sie   m  AB* 


—     442     — 

Alsdann  fallt  die  erzeugende  Drehungsaxe  v  in  die  Gerade  ÄCj 
dagegen  mass  nun   mit  BD  und  CD  je  eine  Schraubenaxe 

zusammenfallen^  weil  sonst  die  durch 

g.  57.  ^   jg  ^^gp  ^  gehenden  Axen  Drehungs- 

axen  werden  müssen.    Die  Vertbei- 

lung  der  Axen  ist  also  nur  auf  eine 

Weise  möglich,  und  zwar  so,  wie 

die  nebenstehende  Figur  57  es  zeigt. 

Die  Drehungsaxen  gehen  sämmtlich 

"^4'    durch  zwei  Gegenecken  des  Parallel- 

x"  epipedons  p^   während  die  übrigen 

sechs  Kanten  desselben  Schrauben- 

axen  sind.     Die  so  bestimmte  Gruppe  bezeichnen  wir  durch 

und  erhalten: 

Lehrsatz  Vm.  Es  giebt  nur  eine  Baumgruppe  von  der 
Symmetrie  der  rhombischen  Hemiedriej  deren  Translationsgruppe 
r;'  ist. 

Es  möge  noch  besonders  bemerkt  werden,  dass  die  Lange 
der  Kanten  des  Parallelepipedons  p  in  diesem  Fall  nur  die 
Hälfte  von  tx,  tyj  t,  ist,  in  den  übrigen  Fällen  aber  r«,  Ty,  t, 
selbst. 

Das  Parallelepipedon  p  enthält  drei  durch  den  Eck- 
punkt A  gehende  Drehungsaxen.  Legen  wir  in  diese  Ecke 
den  Goordinatenanfangspunkt,  so  ist  das  Fundamentalsystem 
gleichwerthiger  Punkte  augenscheinlich  yon  Translationscom- 
ponenten  frei;  die  Gesammtheit  aller  gleichwerthigen  Punkte 
entsteht  durch  Addition  der  Translationen  zu  den  gleich- 
werthigen Punkten  der  Punktgruppe  F.  Die  Gruppe  kann 
daher  durch  Multiplication  der  Vierergruppe  V  mit  der  Trans- 
lationsgruppe r/'  erzeugt  werden. 

§  12.  Die  hemimoiphen  Gruppen  mit  der  TranslatioDs- 
gruppe  JT/".  Characterisiren  wir  die  Translationsgruppe  F^"' 
durch  die  Translationen 

2tx,     2xyy     2r,,    ra.-f-ry  +  ^*; 
so  wird  ersichtlich,  dass  auch  sie  lauter  Gruppen  ^  bedingt. 


-     443     — 


Es    giebt   daher    ebenfalls    nur    eine    mögliche   Combination, 
nämlich 

©,»,    ^\    6,». 

Jede  Axenschaar  bestimmt  in  den  zu  ihr  .senkrechten 
Ebenen  gemäss  §  7  ein  rhombisches  Netz.  Um  die  Begriffe 
zu  fixiren,  betrachten  wir  die  Axen  w.  Wie  im  vorstehenden, 
folgt  auch  hier,  dass  die  Drehungsaxen  u  und  v  nur  die  Bich- 
tung  der  Diagonalen  dieses  Netzes  haben  können,  damit  das 
Netz  durch  ümklappung  um  diese  Axen  in  sich  übergeht. 
Ist  nun  s  die  Netzebene,  ist  (vgl.  Fig.  49)  AB  CD  ein  Rhom- 
bus des  Axennetzes  und  gehen  durch  A  und  D  die  Drehungs- 
axen, durch  B  und  C  die  Schraubenaxen^  so  kann  die  er- 
zeugende Axe  u  sowohl  in  die  Diagonale  AD,  als  auch  in 
die  Diagonale  BG  fallen.  Dem  entsprechen  zwei  verschiedene 
Gruppen. 

Fällt  eine  Drehungsaxe  u  in  die  Diagonale  AD,  so  geht 
durch  den  Schnittpunkt  A  der  Drehungsaxen  u  und  w  auch 
eine  Drehungsaxe  v.  Die  Drehungsaxen  u  und  v  liegen  also 
in  derselben  Ebene.  Da  aber  das  Axennetz  in  jeder  zu  den 
Axen  senkrechten  Ebene  rhombisch  ist, 
so  folgt,  dass  in  der  Ebene  s  nur 
Drehungsaxen  liegen,  und  ebenso  in 
den  andern  Ebenen,  und  dass  dieselben 
je  ein  rechtwinkliges  Netz  bestimmen, 
das  aus  den  Diagonalen  des  rhom- 
bischen Netzes  besteht.  Damit  ist  auch 
die  Lage  der  Schraubenaxen  festgelegt; 
fQr  sie  gilt  dasselbe  in  denjenigen 
Hauptebenen,  die  im  mittleren  Abstand  zwischen  den  eben 
genannten  Hauptebenen  verlaufen. 

Dem  entspricht  die  vorstehende  Axenvertheilung  von 
Fig.  58.  Die  allgemeinen  Bedingungen  sind  für  sie  erfüllt. 
Die  zugehörige  Gruppe  bezeichnen  wir  durch 

Fällt  die  Drehungsaxe  u  in  die  Diagonale  BC,  so  kann 
die  erzeugende  Axe  v  nicht  ebenfalls  in  die  Ebene  b  fallen; 


Pig.  58. 


^ 

11 

m          \ 
A 

A 

y 

—     444     — 


Flg.  59. 


m 


P^^f^ 


.^ 


u 


>JI\ 


^=w^ 


y' 


denn  sonst  schnitten  sich  in  B  zwei  Drehungsaxen,   und  w 
müsste  ebenfalls  Drehungsaxe  sein.    Die  Drehongsaxen  t«  und  i; 

liegen  also  in  verschiedenen  Ebenen; 
dieselbe  Ebene  enthält  daher  Drehungs- 
axen  der  einen  und  Schraubenaxen  der 
andern  Richtung.  Dies  gilt  ffir  jede 
der  drei  Ebenen,  ffir  jede  Ebene  ist 
damit  die  Lage  der  Axen  eine  be* 
stimmte.  Es  ergiebt  sich  daher  mit 
Noth  wendigkeit  die  Fig.  59  gezeichnete 
Yertheilung  der  Axen.  Die  allgemeinen 
Bedingungen  sind  f&r  sie  erfüllt;  die  zugehörige  Gruppe  be- 
zeichnen wir  durch 

Demnach  ergiebt  sich: 

Lehrsatz  IX.  Es  giebt  zwei  Baumgmjapen  von  der  5ym- 
mekie   der   rhombischen   Hemiedrie,    deren    Translationsgruppe 

rr  ist 

Um  die  Coordinatenwerthe   für   das  Fundamentalsystem 
gleichwerthiger  Punkte  zu  geben,  legen  wir  in  beiden  Fällen 
den  Anfangspunkt   in   die   Ecke  Ä  des   Parallelepipedons  p 
Alsdann  ergeben  sich  folgende  Translationscomponenten  der 
beiden  Gruppen: 

»«:    0,  0,  0,  0;      «^:    0,  t„  r^,  v 
Die  Gruppe  S^  ist  daher  diejenige,  welche  durch  Multiplication 
der  Vierergruppe  V  mit  der  Translationsgruppe  F/"   erzeugt 
werden  kann. 

Hiermit  sind  die  zur  Yierergruppe  V  isomorphen  Raum- 
gruppen sämmtlich  abgeleitet.  Das  Ergebniss  fährt  zu  dem 
folgenden 

Lehrsatz  X.  Es  gid>t  neun  Baumgruppen  von  der  Stfmmeirie 
der  rhombischen  Hemiedrie, 

Unter  diesen  Gruppen  sollen  noch  diejenigen  besonders 
angemerkt  werden,  deren  Axen  nach  allen  drei  Richtungen 
symmetrisch  verlaufen.  Es  sind  diejenigen,  welche  nur  eine 
Art  von  Untergruppen  Sj  enthalten,  nämlich  die  Gruppen 


—    445     - 

§  13.  Allgemeine  Bemerkungen  über  die  holoedrischen 
Gruppen.  Diejenigen  Raumgruppen,  welche  der  Holoedrie 
des  rhombischen  Systems  entsprechen;  besitzen  als  isomorphe 
Punktgmppe  die  Gruppe  Fä.   Dieselbe  enthält  die  Operationen 

1,  u,  SS,  SB,      ©,  u@,  as©,  as@ 

und  entsteht  durch  Multiplication  der  Vierergruppe  mit  einer 
Spiegelung  ®,  deren  Ebene  auf  einer  Axe  der  Vierergruppe 
senkrecht  steht.  Welche  Axe  hierzu  gewählt  wird  ist  gleich - 
giltig.  Die  zu  F^  isomorphen  Raumgruppen  können  daher 
durch  Multiplication  einer  Gruppe  fß  mit  einer  zu  @  iso- 
morphen Operation  erzeugt  werden.  Wir  bezeichnen  sie 
durch  83«. 

Die  Gruppe  F^  enthält  auch  eine  Inversion  3;  demgemäss 
kann  jede  zu  F*  isomorphe  Gruppe  SSa  durch  Multiplication 
einer  Gruppe  fß  mit  einer  zu  3  isomorphen  Operation,  d.  h. 
also  mit  einer  Inversion  erzeugt  worden.  Jeder  Punkt,  welcher 
Sjmmetriecentrum  der  Axenschaaren  einer  Gruppe  fß  ist,  führt 
zu  einer  Gruppe  S3a.  Wegen  der  einfachen  Natur  des  Sym- 
metriecentrums ziehen  wir  vor,  die  Gruppen  83*  durch  Multi- 
plication mit  Inversionen  abzuleiten.  Dabei  ist  nur  zu  be- 
achten, dass  gemäss  Cap.  V,  Satz  XIII  das  Product  von  zwei 
Inversionen  eine  Translation  ist,  deren  Länge  die  doppelte 
Entfernung  der  Symmetriecentra  isi  Es  sind  daher  nach 
Cap.  VI,  §  14  0t€ei  mittelst  einer  Inversion  gebildete  Gruppen 
nur  dann  identisch,  wenn  die  Entfernung  beider  Symmetriecentra 
eine  halbe  Translation  der  Gruppe  ist,  oder  wenn  sie  über  ein- 
stimmende  Lage  zum  gesammten  Axensystem  haben. 

Jede  der  drei  Gruppen  S^,  welche  in  einer  Gruppe  83  ent- 
halten ist,  bestimmt  mit  der  erzeugenden  Inversion  eine 
Gruppe  (Sj,*.  Welche  dies  ist,  geht  aus  der  Lage  des  Sym- 
metriecentrums hervor,  und  ist  in  §  8  des  letzten  Capitels  an- 
gegeben worden.  Aus  den  bezüglichen  Untersuchungen  folgt 
noch,   dass  eine  Gruppe  83a  reine  Symmetrieebenen  nur  dann 


-     446     - 

enthäU,  wenn  das  Symmetriecentrum  in  eine  Axe  fällt;  ist  dies 
nicht  der  Fall,  so  sind  alle  Ebenen  solche  mit  Translations- 
symmetrie. Die  Art  und  Lage  derselben  kann  in  allen  Fällen 
aus  den  obigen  Untersuchungen  direct  entnommen  werden. 
Zu  ihrer  Characteristik  genügt  es,  die  bezüglichen  Unter- 
gruppen ^2,h  von  SSa  jedesmal  anzugeben. 

Symmetriecentra  für  irgend  eine  der  vorstehend  abgelei- 
teten Gruppen  ^  können  nur  solche  Punkte  sein,  welche  in 
eine  Axe,  oder  in  die  Mitte  zwischen  je  zwei  Axen  fallen. 
Es  können  daher  nur  die  Ecken,  die  Mitten  der  Kanten  und 
Seitenflächen,  sowie  der  Mittelpunkt  der  in  den  vorigen  Para- 
graphen construirten  Parallepipeda  p  Symmetriecentra  abgeben. 
Wir  wollen  für  dieselben  eine  einheitliche  Bezeichnung  ein- 
führen und  zwar  sollen 

•u  >       ^9i      0/>       Om 

die  Inverionen  gegen  eine  Ecke,  gegen  die  Mitte  der  Grund- 
fläche und  Seitenfläche,  sowie  gegen  die  Mitte  von  p  bedeuten, 
während 

Sjfc,    resp.     3u,  3ü,  3« 

die  Inversion  gegen  eine  Eantenmitte,  resp.  wenn  diese  Kante 
eine  Axe  ist,  gegen  die  Mitte  einer  u-Axe,  v-Axe  oder  tr-Axe 
darstellen.     Ferner  sollen  durch 

Ay     G,    F,    M,    E,     Uy     r,     W 
die   zugehörigen   Punkte   bezeichnet   werden.     (Vgl.  die  vor- 
stehenden Figuren.) 

§  14.  Die  holoedrischen  Gruppen  mit  der  TranslationB- 
gruppe  F«.     Da  die  Translationen 

das  primitive  System  bilden,  so  führen  die  Symmetriecentra, 
deren  Abstand  tx^  Ty,  Xz  ist,  zu  derselben  Gruppe  JBa-  Für 
die  Gruppe  83^  kann  jeder  der  im  vorstehenden  Paragraphen 
genannten  Punkte  ein  Symmetriecentrum  abgeben;  da  aber 
alle  Richtungen  gleichwerthig  sind,  so  liefern  nur  vier  dieser 
Symmetriecentra  verschiedene  Gruppen  S3a>  z-  B.  diejenigen, 
welche  resp.  in  die  Ecke  A,  in  die  Mitte  M  von  jp,  in 
die  Mitte   W  der  Kante  w,  oder  in  die  Mitt«  O  der  Grund- 


—     447     - 

fläche  falleD.  Jede  der  drei  Untergruppen  ®2,ä  ist  eine  Gruppe 
@2,A^  oder  S2,/i^  je  nachdem  das  Symmetriecentrum  in  eine 
Axe  fallt  oder  nicht  Von  den  zugehörigen  Gruppen  JBa  ent- 
halt daher  die  erste  drei  Schaaren  paralleler  Symmetrieebenen, 
also  drei  Untergruppen  ©2,*';  jede  Seitenfläche  von  p  ist  eine 
Symmetrieebene.  Für  die  zweite  Gruppe  existirt  keine  Sym- 
metrieebene, ihre  Untergruppen  sind  vielmehr  sämmtlich  von 
der  Form  ©2,4*.  Für  die  dritte  Gruppe  ist  diejenige  Unter- 
gruppe, welche  die  M;-Axen  enthält,  eine  Gruppe  ©2,*^;  alle 
ihre  Ebenen  sind  daher  Symmetrieebenen  und  zwar  geht  eine 
von  ihnen  durch  die  Mitte  von  p.  Jede  der  beiden  andern 
Gruppen  ist  dagegen  eine  Gruppe  62, ä*«  Endlich  sind  wieder 
alle  Untergruppen  der  vierten  Gruppe  von  der  Form  ©2,** 
Wir  bezeichnen  die  zugehörigen  Gruppen  durch 

»*^={»S    3}  «  {»S    ©}      »A*={S3S3m} 

Sa'={»S3«,}  =  {SBS©.}    Sa*={»S3,} 

Für  die  Gruppen  SS*  und  83^  sind  nur  die  beiden  Rich- 
tungen u  und  V  gleichwerthig,  nach  der  dritten  Richtung  to 
zeigen  sie  abweichendes  Verhalten.  Die  in  die  Grundfläche 
und  eine  der  Seitenflächen  von  p  fallenden  Symmetriecentren 
führen  daher  im  Allgemeinen  zu  verschiedenen  Gruppen,  doch 
werden  einige  von  ihnen  gemäss  Cap.  VI,  §  14  dadurch 
identisch,  dass  die  betreffenden  Symmetriecentra  gleiche  Lage 
zur  Gesammtheit  aller  Axen  erhalten. 

Durch  Inversion  gegen  die  Ecke  Ä  von  p  entsteht  aus 
SS*  dieselbe  Gruppe,  wie  durch  Inversion  gegen  die  Mitte  einer 
Seitenkante  ti;,  da  die  beiden  Punkte  A  und  W  analoge  Lage 
zu  den  Axen  u  und  v  haben.  Nehmen  wir  als  erzeugendes 
Symmetriecentrum  die  Ecke  Ä,  so  bildet  sich  aus  den  Axen 
u  eine  Gruppe  ^s,h\  aus  den  Axen  v  eine  Gruppe  ©2,;^  während 
die  Axen  w  eine  Gruppe  (£2,**  liefern.  Als  Symmetrieebenen 
treten  daher  diejenigen  Seitenflächen  von  p  auf,  welche  die 
Axen  V  enthalten,  sowie  die  zur  Grundfläche  parallele  Mittel- 
ebene öm-     Wir  bezeichnen  die  Gruppe  demgemäss  durch 


-     448     — 

Zweitens  betrachten  wir  diejenige  Gruppe,  welche  durch 
Inversion  gegen  die  Mitte  M  von  p  hervorgeht  Sie  ist  mit 
derjenigen  identisch,  welche  durch  Inversion  gegen  die  Mitte  G 
der  Grundfläche  entsteht;  M  liegt  ebenso  zu  den  Axen  Vy  wie 
G  zu  den  Axen  u.  Die  Gruppe  enthält  keinerlei  Symmetrie- 
ebene, die  bezQglichen  Untergruppen  sind  daher  resp.  @2,A^ 
©2,**;  62,  *^     Wir  bezeichnen  sie  durch 

JB,e_{gs2^3^}  _  {iB2^3^j, 

Von  denjenigen  Symmetriecentren,  die  in  die  Eantenmitten 
fallen,  haben  wir  noch  die  in  der  Grundfläche  liegenden  zu 
berücksichtigen.  Da  die  Kanten  verschiedenartig  sind,  so 
führen  die  zugehörigen  Inversionen  zu  verschiedenen  Gruppen. 
Fällt  das  Symmetriecentrum  in  die  Mitte  U  einer  Axe  u,  so 
entsteht  eine  Gruppe,  deren  Untergruppen  nach  den  drei 
Richtungen  resp.  Ss,»^,  Ss,a^,  62,^^  sind.  Als  einzige  Symmetrie- 
qbene  innerhalb  p  tritt  daher  die  der  wv- Ebene  parallele 
Mittelebene  tf^^  auf.  Die  Gruppe  ist  im  Sinne  von  Cap.  VI,  14 
mit  derjenigen  identisch,  für  welche  das  erzeugende  Symmetrie- 
centrum in  die  Mitte  Feiner  Axe  v,  also  zugleich  in  die  Mitte  F 
einer  Seitenfläche  fällt.     Wir  bezeichnen  sie  durch 

s*^  =  {»»,  3«}  «={«*,  ©„.} 

Wenn  dagegen  das  Symmetriecentrum  in  diejenige  Kante 
der  Grundfläche  fällt,  welche  keine  Axe  enthält,  so  ergiebt 
sich  keinerlei  reine  Symmetrieebene;  die  bezüglichen  Unter- 
gruppen sind  resp.  ^%,h\  ®2,a*,  ®2a*-  Die  Gruppe  bezeichnen 
wir  mit 

S߻8={S*,   3*}. 

Die  Gruppe  S3^  liefert  im  Ganzen  sechs  verschiedene 
Gruppen  S3a.  Wir  legen  das  Symmetriecentrum  zunächst  in 
die  Ecke  A  von  p,  so  wird  die  Grundfläche  eine  Symmetrie- 
ebene. Die  Untergruppen  sind  resp.  ®2,ä^  ß%A^  62,*^;  nur  die 
Grundflächen  von  p  sind  daher  Symmetrieebenen.  Die  be> 
zügliche  Gruppe  bezeichnen  wir  durch 

»,»={8»,  S}  =  {»«,  ©} 

Für  diejenige  Gruppe,  welche  durch  Inversion  gegen  die 
Mitte  M  von  p  entsteht,  existirt  keine  reine  Symmetrieebene. 


--     449     — 

Ihre  Untergruppen  sind  daher  ^,h%  @^,A^  @2,a^  Wir  bezeichnen 
sie  darch 

Die  Symmetriecentren,  welche  in  die  Seitenkanten  fallen, 
sind  von  zweierlei  Art  und  liefern  daher  zwei  verschiedene 
Gruppen.  Die  Inversionen  gegen  die  Mitten  der  Grund- 
flachenkanten erzeugen  im  Sinne  von  Gap.  VI,  14  die  gleiche 
Gruppe;  die  zweite  Gruppe  ergiebt  sich  durch  Inversion  gegen 
die  Mitte  einer  Axe  w.  Wird  für  die  erstere  das  Symmetrie- 
centrum in  eine  w-Axe  gelegt,  so  sind  Sg^A*,  6«,/,  ©2,**  die 
bezüglichen  Untergruppen,  die  durch  die  t;-Axen  gehende 
Mittelebene  6^^  von  p  ist  eine  Symmetrieebene.  Für  die  zweite 
der  genannten  Gruppen  ist  die  zur  Grundfläche  parallele 
Mittelebene  6m  von  p  eine  Symmetrieebene;  die  Untergruppen 
sind  ßg^A^  62,  A^  Sa,A^     Wir  bezeichnen   beide  Gruppen  durch 

sSa^i«:  {SB«,  X]  =  {as\  @.j 
asA^»=  {as%s.i  =  {Sß^  @.i. 

Endlich  lassen  sich  neue  Gruppen  durch  Inversion  gegen 
die  Flächenmitten  bilden.  Fällt  das  Symmeti'iecentrum  in  die 
Mitte  Q  der  Grundfläche,  so  wird  gemäss  Cap.  V,  Satz  XIV, 
jede  Seitenfläche  ö^  von  p  eine  Symmetrieebene,  die  Unter- 
gruppen sind  daher  S2,A^  S2,A^  6«,/.  Wenn  dagegen  die  In- 
version gegen  die  Mitte  F  einer  Seitenfläche  erfolgt,  so  existirt 
keinerlei  Symmetrieebene;  die  Untergruppen  sind  bezüglich 
£2,A^  62,A^  ^2,h^'     Die  so  definirten  Gruppen  sind 

Endlich  ist  die  Gruppe  83*  zur  Erzeugung  neuer  Gruppen 
zu  verwenden.  Aus  ihr  entstehen  nur  zwei  Gruppen  83a. 
Erstens  ist  nämlich  das  Axensystem  nach  allen  drei  Rich- 
tungen gleichartig  angeordnet,  zweitens  ist  aber  zu  beachten, 
dass  die  Axen  auch  gegen  die  Ecken  und  die  Mitte  von  p^ 
sowie  gegen  die  Kantenmitten  und  die  Flächenmitten  die 
gleiche  Lage  haben.  Wir  erhalten  daher  die  bezüglichen 
Gruppen,  wenn  wir  das  Symmetriecentrum  in  eine  Ecke  A 
und  in  die  Mitte  6r  der  Grundfläche  legen. 

Schoenfliei,  Kr^stallstructur.  29 


-    450    - 

Die  Gruppe^  welche  durch  Inversion  gegen  einen  Eck- 
punkt Yon  p  entsteht;  hat  keinerlei  Symmetrieebene;  ihre 
Untergruppen  sind  (£8,A^  62,A^  ©2.*^  Dagegen  sind  für  die- 
jenige Gruppe ;  welche  mit  der  Inversion  3^  gebildet  wird^ 
die  zur  w-Axe  senkrechten  Seitenflachen  ö^  reine  Symmetrie- 
ebenen. Die  bezüglichen  Untergruppen  sind  (S2,A^  ®2,A^  ®8.a^ 
Die  Gruppen  selbst  bezeichnen  wir  durch 

SS***  =  {«*,  3},     «*»»  =  {«*,  3.)  =  {«*,  @i }. 
Demnach  ergiebt  sich: 

Lehrsatz  XL  Es  giebt  16  Baumgruppen  von  der  Symmetrie 
der  rhombischen  Holoedrie,  deren  Translationsgruppe  Fp  ist. 

§  15.  Um  die  Translationscomponenten  zu  bestimmen, 
welche  in  das  Fundamentalsystem  gleichwerthiger  Punkte 
eingehen,  haben  wir  zu  beachten,  dass,  nach  Satz  XIII  von 
Cap.  V,  jede  Inversion  gegen  einen  beliebigen  Punkt  0  durch 
eine  Inversion  gegen  einen  ebenfalls  beliebigen  Punkt  0^  und 
diejenige  Translation  ersetzbar  ist,  welche  gleich  200^  ist. 
Ferner  verwandelt  die  Inversion  jede  Translation  in  die  ent- 
gegengesetzte; da  aber  immer  nur  halbe  Translationen  r«,  r^, 
r,  auftreten,  und  die  Addition  von  2rx,  2ry,  2r,  zu  den  Coor- 
dinaten  gestattet  ist,  so  können  wir  den  Einfiuss  der  Inversion 
auf  die  Translationscomponenten  unberücksichtigt  lassen.  End- 
lich ist  zu  bemerken,  dass  die  Inversion  gegen  den  Anfangs- 
punkt des  Coordinatensystems  aus  dem  Punkt  xya  den  Punkt 
xyz  hervorbringt;  damit  sind  die  Vorbereitungen,  welche  zur 
Herstellung  des  Fundamentalsystems  nöthig  sind,  erledigt. 

Zunächst  sind  die  gleichwerthigen  Punkte  der  Gruppe  F\ 
wenn  die  Inversion  als  erzeugende  Operation  gewählt  wird, 
in  der  Tabelle 

xyz    xyz    xyz    xyz        xyz    xyz    xyz    xyz 

enthalten;  sie  entsprechen  der  Reihe  nach  den  Operationen 

1,    U,    «,    SS,    3,    U3,    «3,    aB3, 

von  denen  die  letzten  die  Spiegelungen  gegen  die  drei  zu  den 
Axen  senkrechten  Symmetrieebenen  darstellen. 


—    451     — 

Legen  wir  nun  wieder  für  die  Grappen  8S',  SS*,  W,  58* 
den  Anfangspunkt  des  Coordinatensystems  in  die  Ecke  0 
von  p,  80  ei^eben  sich  ftlr  die  aus  $^  abgeleiteten  Gruppen 
folgende  zusätzliche  Translationscomponenten: 

««»:  0,  0,  0,  0 

0,  0,  0,  0 

SB»*:  0,  0,  0,  0 

^x  +  ty  +  r,,  r,4-Ty4-rj,  r^-\-ry-\-x„  Tx  +  t,j-\-t, 

SS*»:  0,  0,  0,  0 

Xsj  Tjj  Xfy  T- 

SS»*:  0,         0,  0,         0 

Xx   "P  tyy  Xx   +  Ty,        Xx   ~T"  "fy,       '^x   "F  ^y 

Denken  wir  uns  die  Gruppen  SSa^,  83a^,  SSa',  SS*®  bezüglich 
durch  die  Inversionen  3,  3^,  3^,  3*  erzeugt^  so  ergeben  sich 
für  diese  Gruppen  folgende  Translationen: 

tz 
tz 

^29  ^x  +  ^y  +  ^* 

tz 

tx   +  t, 

tz 

Xyy  Xyy  ^y    "^    Xgj  ty    "^    Xg 

Für  die  aus  SS^  abgeleiteten  Gruppen  ergeben  sich  fol- 
gende zusätzliche  Translationscomponenten: 

»*":    0,  tx  +  xy,  r.  +  ty,  0 

0,  Xx    +    Xy,  Xx    +    Ty,  0 

«A^*^:  0,  Xx  +  Xy,  Xx  +  r„  0 

^x  +  Ty  +  r-,    r.,  r^,  rjr  +  ^y  +  ^» 

«a":  0,  r,  +  ry,  r,  +  r^,  0 

^y;  txt  txf  Xy 

29* 


SS»'': 

0, 

0, 

t„ 

0, 

0, 

■^', 

«»*: 

0, 

0, 

^■., 

■fr  +  Tj,, 

T,  +  r„ 

r^  +  ty 

«/: 

0, 

0, 

«.-, 

Tx, 

Tx, 

rx  +  r„ 

S/: 

0, 

0, 

t^., 

—    452    — 


«*•*:  0, 

Tx  +  ty, 

Tx  +  Tj, 

0 

^o 

^x  4-  i^y  +  *«> 

«X  +  «y  4-  T.. 

X, 

«*":  0, 

Tx  +  *„ 

Tx  +  Xy, 

0 

T,  +  Xy, 

0, 

0, 

Tx  +  T, 

«»":  0, 

fr  +  Xy, 

Tx  +  Xy. 

0 

Tx  +  ^», 

Xy    +  X„ 

Zy    +  T^, 

tx  +  r. 

«»»'*:  0, 

Tx  +  Ty, 

0. 

^»  +  ^v, 

»*":  0, 

Tx  4-  T», 

Tx  + 

%, 

0, 

Denken  wir  uns  endlich  die  Gruppen  S**^  und  S*^^,  wie 
oben;  durch  die  Inversionen  3  und  3^  erzeugt,  so  ergeben 
sich  folgende  Werthe  der  Tranlationscomponenten 

%y    -p    Tj,  Xz    -J-    %x 

'^y  +  ^^;  ^*  +  1^« 

Ty  -f-  T,,  Xz  "T~  ^x 

Tx  ~i     '^3}  Xy  -\-  Xg 

Unter  den  sämmtlichen  vorstehenden  Gruppen  ist  SS«^  die 
einzige,  für  welche  sich  alle  Translationscomponenten  auf 
Null  reduciren,  die  also  durch  Multiplication  der  Gruppe  F* 
mit  der  Translationsgruppe  Fp  erzeugbar  ist.  Sie  stellt  daher 
die  Gruppe  des  durch  r„  charakterisirten  Baumgitters  dar. 

§  16.  Die  holoedrischen  Gruppen  mit  der  Translations- 
gruppe  r/.  Die  Gruppen,  deren  Translationsgruppe  JT/  ist, 
entstehen  aus  S}^  und  S}^  Für  beide  sind  die  Axen  u  und  v 
gleichartig  angeordnet,  die  Axen  w  haben  eine  besondere  Ver* 
theilung.  Das  primitive  Tripel  der  Gruppe  T/  bedingt,  dass 
diejenigen  Symmetriecentra  dieselbe  Gruppe  liefern,  deren 
Entfernung  resp. 

ist.  Im  besondern  erzeugt  also  das  Symmetriecentrum  G  die- 
selbe Gruppe  wie  Aj  und  das  Symmetriecentrum  M  dieselbe 
Gruppe,  wie  W.  Eine  Gruppe,  welche  das  eine  der  genannten 
Symmetriecentra  enthält,  enthält  auch  das  andere.  Dasselbe 
gilt  schliesslich  auch  für  diejenigen  Symmetriecentra,  die  in 
den  Mitten  der  Grundflächenkanten ^  resp.  in  den  Mitten  der 
Seitenflächen  liegen. 


—    453     — 

Aus  der  Gruppe  SS*  ergeben  sich  nur  zwei  Gruppen  85*. 
Wird  das  Symmetriecentrum  in  die  Ecke  Ä  gelegt,  so  tsllt 
es  gleichzeitig  in  eine  Axe  u  und  eine  Axe  W]  die  bezüglichen 
Untergruppen  sind  daher  S2,A^  ®2,a^  Sa,**.  Diejenige  Seiten- 
fläche, welche  die  Axen  v  und  w  enthält,  sowie  die  zur  Grund- 
fläche parallele  Mittelebene  sind  Symmetrieebenen.  Die  Gruppe 
stimmt  im  Sinne  von  Gap.  VI,  14  mit  derjenigen  überein,  för 
welche  das  erzeugende  Symmetriecentrum  in  die  Mitte  W  einer 
Axe  w  fallt;  es  entsteht  daher  auch  durch  Inversion  gegen 
die  Mitte  M  von  p  keine  neue  Gruppe,  Wir  bezeichnen  die 
Gruppe  durdi 

»A"  =  {«^  3}  =  {»^  ©™}. 

Von  den  Symmetriecentren,  welche  in  die  Kantenmitten 
fallen,  sind  nur  noch  diejenigen  zu  benutzen,  welche  in  der 
Grundfläche  liegen.  Beide  Centra  geben,  wie  oben  geschehen, 
zu  derselben  Gruppe  Veranlassung;  die  entstehende  Gruppe 
enthält  sie  gleichzeitig.  Wir  legen  das  erzeugende  Symmetrie- 
centrum in  eine  Axe  w;  demnach  sind  die  zugehörigen  Unter- 
gruppen ß2,A^  ©2,4^  S2,A^  Die  zu  dcu  Axen  v  und  w  parallele 
Mittelebene  6m^  ist  die  Symmetrieebene.  Die  Gruppe  ist  im 
Sinn  von  Cap.  VI,  14  mit  derjenigen  identisch,  für  welche  die 
erzeugenden  Symmetriecentra  in  die  Mitten  der  Seitenflächen 
fallen.     Wir  bezeichnen  sie  durch 

Da  alle  möglichen  Lagen  des  Symmetriecentrums  erledigt 
sind,  so  sind  dies  die  beiden  einzigen  aus  9S^  ableitbaren 
Gruppen. 

Mit  8S^  lassen  sich  vier  Gruppen  SSa  erzeugen.  Wir  legen 
das  erzeugende  Symmetriecentrum  zunächst  in  eine  Ecke  A 
von  p,  so  fallt  es  gleichzeitig  in  eine  Axe  w,  v,  w\  alle  Seiten- 
flächen von  p  sind  daher  Symmetrieebenen.  Die  bezüglichen 
Untergruppen  sind  ©2,**,  S«,*^?  62,**.  Wir  bezeichnen  die 
Gruppe  durch 

S8,|9={SS«,  3}  =  {SS^  ©}. 

Durch  Inversion  gegen  die  Mitte  M  von  p  entsteht  eine 
neue  Gruppe;  für  sie  ist  die  zur  Grundfläche  parallele  Mittel- 


—    454    — 

ebene  6m  eine  Symmetrieebene;  die  bezQglichen  Untergruppen 
sind  daher  6«.a^  ©«.a^  ®2,a^     Die  Gruppe  sei 

Die  vorstehende  Gruppe  enthält  auch  diejenigen  Symnie- 
triecentra,  welche  in  die  Seitenkanten  w  fallen.  Die  Inversion 
gegen  die  Eantenmitten  führt  daher  nur  dann  zu  einer  neuen 
Gruppe,  wenn  das  Centrum  in  die  Mitte  einer  Grundflächen- 
kante fällt.  Alle  vier  Symmetriecentra  dieser  Art  kommen 
gleichzeitig  in  der  Gruppe  vor.  Sie  bedingen  zwei  einander 
senkrechte  Symmetrieebenen  6^^^  welche  durch  die  Mittelhohe 
von  p  verlaufen.  Die  bezüglichen  Untergruppen  sind  daher 
®2,A^  Ss,**,  ®8,A*.     Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch 

SS*"  =  !«^  3«}  =  {«*,©„..}. 

Von  den  Symmetriecentren,  welche  in  die  Flächenmitten 
fallen,  liefern  nur  diejenigen  eine  neue  Gruppe,  welche  in  den 
Seitenflächen  liegen.  Die  bezügliche  Gruppe  enthält  die  vier 
Symmetriecentra  gleichzeitig.  Keine  Ebene  ist  reine  Symme- 
ebene,  die  Untergruppen  sind  ®2,a^  ®2,A^  Sg^A*.  Die  Gruppe 
bezeichnen  wir  durch 

Also  folgt: 

Lehrsatz  XII.  Es  giebt  sechs  Baumgruppen  von  der  Sym- 
Dietrie  der  rhombischen  Holoedrie,  deren  Translationsgruppe 
r;  ist. 

Um  die  Coordinaten  des  Fundamentalsystems  gleich- 
werthiger  Punkte  zu  erhalten,  denken  wir  uns  wie  zulässig 
die  Gruppe  SSa^'^  durch  die  Inversion  3  gegen  die  Ecke  A 
und  SSa^®,  wie  oben  angegeben,  durch  die  Inversion  3«  erzeugt, 
deren  Centrum  in  die  Drehungsaxe  u  fallt.  Das  Coordinaten- 
system  nehmen  wir  wie  oben  so  an,  dass  der  Anfangspunkt 
in  die  Ecke  A  fallt,  alsdann  ergeben  sich  folgende  Werthe 
für  die  Zusatztranslationen: 


»*":     0, 

0, 

^', 

t. 

0, 

0, 

^', 

t. 

SB*":     0, 

0, 

t., 

t. 

^', 

T^, 

r,  +  r.. 

tx  +  r> 

—    455     - 

Denken  wir  uns  93^'^  durch  Inversion  gegen  die  Mitte 
einer  Seitenaxe  w  erzeugt,  legen  das  Symmetriecentrum  für  SS^^^ 
in  eine  Axe  u  und  für  ^i?^  in  die  u«? -Ebene,  so  erhalten  wir: 


»*": 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0 

SB*^: 

0, 

0, 

0, 

0 

■'', 

^n 

^', 

t. 

«**': 

0, 

0, 

0, 

"    0 

^«, 

^^x, 

^x, 

tx 

S3a«^:     0,  0,  0,  0 

rx  +  t,y        tx  +  tzy        tx  +  t:,        t:,   +  r. 

Die  Tabelle  zeigt,  dass  die  Gnippe  SSa^^  diejenige  ist, 
welche  durch  Multiplication  der  Gruppe  F*  mit  der  Trans- 
lationsgruppe r/  entsteht.  Sie  ist  ddlher  die  Gruppe  des  durch 
F/  lestimmten  Baumgitters. 

§  17.  Die  holoedrisohen  Gruppen  mit  der.  Translations- 
grappe  r/'.  Die  Translationsgruppe  A"  kommt  nur  in  der 
Gruppe  S3^  vor;  für  sie  sind  alle  drei  Axenarten  wieder  gleich- 
artig angeordnet.  Aus  ihr  lassen  sich  nur  zwei  Gruppen  93^ 
erzeugen,  da  nur  die  Mitte  M  und  die  Ecken  von  p  Sym- 
metriecentra  des  Axensystems  sind.  Da  das  primitive  Trans- 
lationssystem 

^y  +  ^z,  r,  +  Xxy  Xx  +  ry 
ist,  so  enthält  eine  aus  W  abgeleitete  Raumgruppe  S3a,  für 
welche  eine  dieser  Ecken  ein  Symmetriecentrum  ist,  nur  noch 
drei  andere  Ecken  als  Symmetriecentra;  also  z.  B.  ausser  A 
die  Ecken  A\  A'\  A"\  Wird  A^  als  erzeugendes  Symmetrie- 
centrum benutzt,  so  sind  ^/,  A^\  A^"  die  drei  andern  Centra; 
beide  so  erzeugbaren  Gruppen  sind  aber  nach  Cap.  VI,  §  14 
identisch.  Von  den  Flächen  von  p  sind  nur  die  drei  in  A 
zusammenstossenden  die  Symmetrieebenen  der  bezüglichen 
Gruppe;  wir  bezeichnen  sie  durch 

«A^^  ={«*',    3}    =    {»A^    ©}. 

Die  bezüglichen  Untergruppen  IS^^a  sind  sämmtlich  vom 
Typus  63,A^ 


—    456     — 

Für  das  Pundamentalsystem  gleichwerthiger  Punkte  treten 
daher  Translationscomponenten  nicht  auf;  die  Gruppe  ist  auch 
durch  Multiph'cation  der  Gruppe  F*  mit  der  Translations- 
gruppe r/'  erzeugbar,  und  steUt  die  Symmetrie  des  der  Gruj^ 
Ff,"  entsprechenden  Baumgitters  dar. 

Für  diejenige  Gruppe  SBa,  welche  sich  aus  9S'  durch  Mul- 
tiplication  mit  der  Inversion  3m  gegen  die  Mitte  M  von  p 
erzeugen  lässt^  existirt  eine  Symmetrieebene  nicht.  Alle  drei 
Untergruppen  sind  vom  Typus  Ka,*^     Sie  werde  durch 

»„^={«/;,  3m} 

bezeichnet.  Aus  den  obigen  Ausführungen  folgt ,  dass  nicht 
jedes  Parallelepipedon  p  in  seiner  Mitte  ein  Symmetriecentrum 
enthält;  dies  trifft  nur  für  je  zwei  solche  Parallelepipeda  zu, 
die  eine  Kante  gemein  haben. 

Die    Translationscomponenten    des    Fundamentalsystems 
haben  für  beide  Gruppen  wie  ersichtlich  die  Werthe: 
^u'':  0,  0,  0,  0 

0,  0,  0,  0 

Ȁ^^-  0,  0,  0,  0 

-i(rz+ry-jrt,),  ^(r^+t,j+t,),  i(r,+ty+^c),  Kr^+r^j+r,) 

Wir  erhalten  schliesslich: 

Lehrsatz  XIII.  Es  giebt  zwei  Baumgruppen  von  der 
Syn\metrie  der  rhombischen  Holoedrie,  deren  TranslcUionsgruppe 
r;'  ist. 

§  18.  Die  holoedxisohen  Q-mppen  mit  der  Translations- 
gruppe  r/".  Es  ist  endlich  noch  übrig,  die  Gruppen  SS®  und 
S?^,  deren  Translationsgruppe  T/"  ist,  zur  Erzeugung  von 
Gruppen  93a  zu  benutzen.  In  beiden  sind  die  Axen  nach'  den 
drei  Richtungen  gleichartig  angeordnet.     Die  Translation 

'^x  +  ry  +  r, 
zeigt,  dass  die  Inversion  gegen  eine  Ecke,  sowie  gegen  die 
Mitte  von  p  dieselbe  Gruppe  SSa  liefert;  eine  Raumgruppe, 
welche  einen  dieser  Punkte  als  Symmetriecentrum  enthält, 
enthält  auch  die  andern.  Ebenso  enthält  diejenige  Gruppe, 
welche   durch    Inversion   gegen   die   Mitte   einer  Seitenfläche 


-    457     -- 

eDtstehty  auch  die  Mitten  zweier  Grundflächenkanten  als  Sym- 
metriecentra. 

Fällt  für  5J®  das  Symmetrieeentrum  in  eine  Ecke  von  p, 
so  sind  alle  Seitenflächen  von  p  Symmetrieebenen.  Jede  der 
drei  Untergruppen  ist  von  der  Form  S2,A^  Wir  bezeichnen 
die  Gruppe  durch 

SB,8ö=  {SB«,  3}  =  {»«,  ©}. 

Das  in  eine  Seitenkante  fallende  Symmetriecentrum  er- 
zeugt eine  Gruppe  SSa,  für  die  nur  eine  Schaar  von  Sym- 
metrieebenen existirt.  Wir  legen  das  Symmetriecentrum  in 
eine  Axe  w,  alsdann  treten  ®2,A^  Sa,*^  E«,a*  als  Untergruppen 
auf.    Die  Gruppe  werde  durch 

«/,*"={««,  3„}  =  {«»,©„} 
bezeichnet.     Die  Symmetrieebene   ist   die  Mittelebene  6jn,  die 
zur   Grundfläche    parallel    ist.     Damit    sind    die   bezüglichen 
Gruppen,  die  aus  SS®  entstehen,  erledigt. 

Aus  SB^  lassen  sich  ebenfalls  zwei  Gruppen  93a  ableiten-, 
sie  ergeben  sich  für  die  gleiche  Lage  des  Symmetriecentrums. 
Diejenige,  welche  durch  Inversion  gegen  die  Ecke  A  von  p 
entsteht,  enthält  keinerlei  Symmetrieebene,  ihre  drei  Unter- 
gruppen sind  sämmtlich  vom  Typus  62,  a*.  Wir  bezeichnen 
sie  durch 

»a"={SB^  3}. 

Die  zweite  bilden  wir  durch  Inversion  gegen  die  Mitte 
der  Grundfläche.  Das  in  G  fallende  Symmetriecentrum  be- 
dingt zwei  Schaaren  von  Symmetrieebenen;  die  zu  den  Axen  v 
senkrechten  Mittelebenen,  sowie  die  diesen  Axen  parallelen 
Seitenflächen  0^  gehören  ihnen  an.  Die  Untergruppen  sind 
bezüglich  ®2,a*,  62.A*,  S«.ä^  Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch 
SB,28_{SB.^  3^}  _  {SB9^  @j^ 

Demnach  folgt: 

Lehrsatz  XIV.  Es  giebt  vier  Baumgruppen  von  der  Symmetrie 
der  rhombischen  Holoedrie^  deren  TranslaHonsgi-uppe  F/"  ist 

Die  Translationscomponenten  des  Fundamentalsystems 
ergeben  sich  bei  der  vorstehend  angenommenen  Erzeugung 
der  vier  Gruppen  ohne  Schwierigkeit  vne  folgt: 


-r     458 


»*«: 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0 

«*": 

0, 

0, 

0, 

0 

T., 

«., 

^', 

t. 

«*": 

0, 

«», 

»«, 

T, 

0, 

^x, 

T«, 

Ty 

«*»«: 

0, 

^^.. 

^»; 

r. 

''^*  +  ^y)  0,  Ty,  Ta:. 

Die  Gruppe  Sa*^  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication 
der  Gruppe  F*  mit  der  Translationsgruppe  T/"  erzeugbar  ist; 
sie  steUt  daher  die  Symmetrie  des  durch  F^"  bestimmten  Baum- 
gitters  dar. 

Endlich  können  wir  das  Gesammtresultat  folgendermassen 
aussprechen : 

Lehrsatz  XV.  Es  gicbt  28  Baumgruppen,  deren  Symmetrie 
diejetiige  der  rhombischen  Holoedrie  ist 


Neuntes  Capitel. 
Die  Gruppen  des  rhomboedrischen  Systems. 

§  1.  VorbemerkTuigen.  Das  rhomboedrische  System  um- 
fasst  diejenigen  Symmetrieelassen,  welche  den  Punktgruppen 

A^   A,   c,%   c,\  c, 

entsprechen.  Der.  specifische  Symmetriecharacter  desselben  be- 
steht in  einer  dreizähligen  Hauptaxe.  Jede  zu  einer  der  vor- 
stehenden Gruppen  isomorphe  Raumgruppe  enthält  daher  eine 
Schaar  paralleler  dreizähliger  Axen;  dieselben  können  Dre- 
hungsaxen  oder  Schraubenaxen  sein.  Wir  bezeichnen  sie  als 
Hauptaacen  und  nennen  die  zu  ihnen  senkrechten  Ebenen 
Hauptebenen.  Die  Gesammtheit  der  Schnittpunkte,  welche  von 
den  Hauptaxen  in  einer  Hauptebene  bestimmt  wird,  soll  wieder 
Axennd»  heissen. 

Die  Translationsgruppe,  welche  durch  die  dreizähligen 
Axen  bedingt  wird,  kann,  wie  aus  den  Betrachtungen  von 
Gap.  III  folgt,  an  und  für  sich  sowohl  diejenige  des  rhom- 
boedrischen  Systems,  als  diejenige  des  hexagonalen  sein,  also 
eine  der  beiden  Gruppen  J^a  und  Ja,  die  durch  die  primitiven 
Translationen 

iöT,,    ZXjti)    ^tn 

2ti,  2tr2,  2t^,  2tr^;  ^i  +  ^2  +  i^s  =  0 
characterisirt  sind.  Bezüglich  der  Raumgitter  ergab  sich,  dass 
ein  GitteTf  dessen  Gruppe  Fk  ist,  von  selbst  sechszählige  Sym- 
metrieaxen  besitzt.  Diese  Eigenschaft  braucht  jedoch  für  die 
mit  dreizähligen  Axen  behafteten  allgemeinen  Molekelhaufen, 
resp.  die  zugehörigen  Baumgmppen  nicht  erfüllt  zu  sein.  Wir 
haben  daher  zu  versuchen,^ Raumgruppen  von  der  Symmetrie 
des  rhomboedrischen  Systems  auch  mittelst  der  Translations- 


—     460     — 

gruppe  Fk  aufzustellen.  Wie  das  Folgende  zeigt,  existiren  der* 
artige  Gruppen  mit  nur  dreizähligen  Axen  in  Wirklichkeit; 
der  Beweis,  dass  ihre  Symmetrie  dem  rhomboedrischen  System 
entspricht,  wird,  wie  oben  in  Aussicht  gestellt,  erst  im  Cap.  XIII 
geliefert  werden  können. 

Die  Translationsgruppe  Ja  besitzt  keine  Translation,  deren 
Projection  auf  den  Hauptaxen  ein  Bruchtheil  von  2tr,  ist  Da- 
gegen sind  die  Translationen  2%^^  2tm,  2tn  der  Gruppe  FrA 
sämmtlich  von  dieser  Art,  ihre  Componente  parallel  zu  den 
dreizähligen  Axen  ist  der  dritte  Theil  von  2tr,.  Wir  bemerken 
übrigens,  dass  auch  für  die  Gruppe  Frh  Translationen  2t/, 
2t2y  2 Tg'  senkrecht  zu  den  Hauptaxen   existiren,  für  welche 

^1  +  <  +  <  =  0 
ist;  sie  bestimmen  aber  mit  2r,  keine  primitiven  Tripel. 

Die  Gruppe  A  ist  hiernach  die  einfachere;  wir  werden 
daher  die  ihr  entsprechenden  Raumgruppeu  zuerst  ableiten. 
Zuvor  schicken  wir  folgende  Bemerkungen  allgemeineren  Cha- 
racters  voraus. 

Für  diejenigen  Baumgruppen,   deren  Translationsgruppe 

Fh   ist,   stimmen   gemäss  Cap.  VI,   Satz  X   die  Translations- 

componenten  der  reducirten  Bewegungen  für  alle  dreizähligen 

Axen  überein.    Gemäss  Satz  VIII  desselben  Capitels  kann  die 

Translationscomponente  t  die  drei  Werthe 

n         2  4 

0,     yr„      ,^r, 

haben;  ihnen  entsprechen  drei  verschiedene  Arten  von  Raum- 
gruppen. 

Wenn  dagegen  eine  Raumgruppe  als  Translationsgruppe 
die  Gruppe  Fr/*  enthält,  so  müssen  die  vorstehenden  drei 
Translationscomponenten  gleichzeitig  in  ihr  auftreten.  Ist 
nämlich  a  irgend  eine  dreizählige  Axe  und  ^(a^t)  die  zuge- 
hörige Bewegung,  so  gehen,  wie  a.  a.  0.  eröriiert,  durch  Multi- 
plication  von  ^  mit  den  Translationen  2ti  und  4T(  Bewegungen 
hervor,  deren  Translationscomponenten  resp. 

2  t,  4t 


—    461     - 

sind;  und  da  t  selbst  eiaen  der  obigen  drei  Werthe  hat^  so 
sind  diese  Werthe  in  jedem  Fall  den  obigen  äquivalent 

§  2.  Die  Tetartoedrie.  Die  Raamgruppen,  welche  der 
rhomboedrischen  Tetartoedrie  entsprechen,  besitzen  als  iso- 
morphe Punktgruppe  die  Gruppe  C,,  mit  den  Drehungen 

1,  %  a« 

um  die  Axe  a.  Die  Gruppe  lässt  sich  durch  Multiplication 
der  Identität  mit  der  Drehung  %  erzeugen.  Jede  zu  C^  iso- 
morphe Raumgruppe  S3  entsteht  daher,  dem  Fundamental- 
theorem gemäss,  durch  Multiplication  der  Translationsgruppe 
mit  einer  der  Bewegungen 

Ist  die  Translationsgruppe  zunächst  die  Gruppe  Fk,  so  sind 
alle  Axen,  wie  wir  eben  sahen,  gleichartig.   Setzen  wir  (Fig.  60) 

2ri  =  -4-4,,    2t2  =  AA^y    2t^  =  AA^, 
so  ist  jede  Ecke  des  Sechsecks  A^A^A^Ar^A^Aß  ein  Punkt  des 
Translationennetzes;  durch  jeden  dieser  Punkte  geht  eine  mit 
a  gleichwerthige  Axe.  Damit  sind  die 
Axen  aber  nicht  erschöpft«   Vielmehr 
gehen,  wie  aus  Cap.  V,  §  3  und  5 
folgt,   auch    durch    die   Mitten   aller 
gleichseitigen  Dreiecke,  in  welche  das 
Translationennetz  zerfällt,  dreizählige 
Hauptaxen.  Diejenigen,  welche  inner- 
halb  AA^A^y    resp.   AA^A^    liegen, 
bezeichnen  wir  durch  h  und  c. 

Das  Parallelogramm  AA^A2A^ 
ist  ein  primitives  Parallelogramm  des  Translationennetzes-, 
daher  müssen,  wie  Cap.  VI,  §  6  erwiesen,  alle  Hauptaxen 
einer  Gruppe  S3  mit  einer  der  Axen  a,  6,  c  gleichwerthig 
sein.  Dagegen  sind  a,  h,  c  selbst  augenscheinlich  sämmtlich 
ungleichwerthig;  das  Axensyst&tn  zerfällt  daher  in  drei  ver- 
schiedene Schaaren  gleichwerthiger  Axen;  je  drei  saldier  Axen 
bilden  ein  gleichseitiges  Dreieck,  Dies  gilt,  von  welcher  Art 
auch  die  zur  Axe  a  gehörige  Bewegung  ist. 


—     462     — 

Es  giebt  drei  Gruppen  63  der  vorstehend  erörterten  Art 
Wir  bezeichnen  diejenige ,  welche  durch  Multiplication  der 
Gruppe  Fh  mit  einer  Drehung  %  entsteht,  durch 

Die  beiden  anderen  ergeben  sich  durch  Multiplication  mit  den 
Schraubenbewegungen 

wir  bezeichnen  sie  durch 

Multiplicirt  man  für  die  zweite  von  ihnen  die  erzeugende  Be- 
wegung %  mit  — 2tgf  so  entsteht  eine  Bewegung 

sie  unterscheidet  sich  von  der  erzeugenden  Bewegung  der 
Gruppe  ©3*  nur  durch  die  Richtung  der  Translationscompo- 
nente.  Solche  Schraubenbewegungen  besitzen,  wie  wir  S.  336 
sahen,  verschiedenen  Windungssinn;  die  eine  ist  eine  links- 
gewundene,  die  andere  eine  rechtsgewundene  Schraubenbewegung. 
Die  Differenz  stimmt  mit  derjenigen  überein,  die  bei  den 
Erystallformen  als  Enantiomorphie  auftrat.  Es  ist  daher  klar, 
dass  die  bezüglichen  Raumgruppen  resp.  die  ihnen  entsprechen- 
den Molekelhaufen  zur  Darstellung  enantiomorpher  KrystaUe  be- 
nutet werden  können.    Es  folgt  noch: 

Lehrsatz  I.  Es  giebt  drei  Raumgruppen  von  der  Symmetrie 
der  rhomboedrischen  Tetartoedrie,  deren  Translationsgruppe  Fh  ist. 

§  3.  Die  Bestimmung  der  Coordinaten  für  das  Funda- 
mentalsystem gleichwerthiger  Punkte  bedarf  keiner  weiteren 
Voruntersuchung.  Wir  legen  die  Z-Axe  in  die  Gerade  a  und 
nehmen  die  andern  Axen  so  an,  dass  die  X-Axe  mit  der 
Translationsrichtung  2ir^  zusammenfallt  Dies  entspricht  dem  im 
Cap.VIII,  §  11  des  ersten  Abschnitts  eingeführten  Coordinaten- 
System.  Für  die  Punktgruppe  C^  ergaben  sich  a.  a.  0.  folgende 
Coordinatentripel 


-     463     - 

wo  Xiff^js^,  ^sVi^i  ^^^  ^  ^  0*  bestimmten  Werthe  haben. 
Beachten  wir  noch^  dass  die  Bewegung  Sl^  die  doppelte  Trans- 
lationseomponente  besitzt,  wie  die  Bewegung  %  so  folgt;  dass 
sich  fär  (i^\  ^3^,  6^3^  folgende  Zusatztranslationen  einstellen: 

g,»:   0,   0,   0;       e,*:   0,   ^,   -';       S,»:   0,   -^',   ^. 

Femer  wollen  wir  zweitens  das  in  §  12  des  genannten 
Capitels  benutzte  Coordinatensystem  zu  Grunde  legen,  und 
zwar  wählen  wir  die  Axen  so,  dass  ihre  Projectionen  auf  der 
zu  a  senkrechten  Hauptebene  resp.  mit  2r^,  27,,  2^3  zusammen- 
fallen.    Die  Coordinatentripel  der  Gruppe  C^  sind  diesmal 

xyZy    zxy,    yzx. 

Da  nun  die  Axe  a  durch  den  Anfangspunkt  des  Coordi- 
natensystems  geht^  so  ist  einleuchtend,  dass  die  zusätzlichen 
Translationen  ebenfalls  die  vorstehenden  Werthe  haben.  Nur 
ist  zu  beachten,  dass  in  diesem  Fall  die  mit  2r.  bezeichnete 
Translation  nicht  in  die  5-Axe  fällt. 

Es  folgt  noch,  dass  die  Gruppe  (S,^  diejenige  ist,  welche 
durch  Multiplication  der  Punktgruppe  C^  mit  Fh  entsteht. 

§  4.  Ist  die  Translationsgruppe  die  Gruppe  Frhj  so  seien 
(Fig.  61) 

2t.  «  OA, ,     2r^  =  OAm ,     2r„  =  OAn 

die  primitiven  Translationen.    In  der  zu  den  Axen  senkrechten 

Ebene   haben    in   diesem   Fall   die 

Translationen   2ri,    2x^,   2x^   resp.  Fig.  ci. 

die  Werthe  4^^ 

2ti  "«  Af,iAnf      ^tTg  =  AnAi, 

2ir3  =  A^Am' 
Dagegen  sind  AAi,  AAm,  AAny  wo 
A  die  Mitte  des  Dreiecks  A^AmAn 
ist,  keine  Translationen  der  Gruppe. 
Durch  Af  Ai,  Am,  An  gehen  die- 
jenigen mit  a  gleichwerthigen  Axen, 
welche  aus  a  durch  Transformation  mit  den  primitiven 
Translationen   hervorgehen.     Wie  aus  Cap.  V,   Satz  X   folgt, 


—    464     — 

existiren  auch  in  diesem  Fall  zwei  Axen  b  und  c,  welche  zu 
den  vier  genannten  Punkten  die  gleiche  Lage  haben,  wie  die 
entsprechenden  Axen  b  und  c  der  Gruppen  S,^^  (S^^\  (S^^  zu 
den  Punkten  Ä,  A^y  Ä^,  A^.  Die  Gesammtheit  aller  Axen  zer- 
fällt also  wieder  in  drei  verschiedene  Schaaren  gUichwertkiger  Axen. 
Wir  haben  schon  oben  gesehen,  dass  zu  den  Axen  a,  b^  c 
verschiedene  Translationscomponenten  gehören;  dies  folgt  aber 
auch  daraus y  dass,  wenn  zwei  Componenten  einander  gleich 
wären,  eine  der  Geraden  AAi^  AAm,  AAn  nach  Gap.  V,  §  3 
eine  Translation  der  Gruppe  sein  müsste.  Endlich  stellen  wir 
hierüber  noch  folgende  Rechnung  an.  Betrachten  wir  das 
Pioduct  ^936,  wenn  zunächst  %,  93;  S  Drehungen  sind.  Jede 
dieser  Drehungen  ist  einer  um  dieselbe  Axe  stattfindenden 
Drehung  Ä' vom  gleichen  Winkel  isomorph.  Aber  da  dasProduet 

ist;  so  muss  S193@^  jedenfalls  eine  Translation  sein.  Nun  ge- 
langt nach  Ausführung  der  Drehungen  Sl,  95,  S  der  Punkt  A 
wieder  an  seine  Stelle,  folglich  ist 

?l  93(5  =  1. 
Sind  jetzt  ^,  93,  S  allgemeine  Bewegungen 

a(\".'.).  »(¥.'.).  ^':,'.). 

die  wir  natürlich  in  reducirter  Form  annehmen,  so  muss  die 
resultirende  Bewegung  eine  den  Axen  parallele  Translation  % 
sein;  demnach  ist 

ta  +  tb  +  tc  =  2mt,. 
Nun  sind  aber  ta,  h,  U  ungleich,  andrerseits  haben  sie  einen 
der  Werthe 

daher  folgt,  dass  wir 

ta  =  0,     /^  =  -^  7     ^c  =  -^- 

setzen  können.  Die  Bewegung  %  setzen  wir  demgemäss  als 
Drehung  voraus  und  bezeichnen  nun  die  bezügliche  Gruppe  durch 


-     465    — 

Wir  erhalten  also  folgendes  Resultat: 

Lehrsatz  IL  Es  giebt  eine  Raumgruppe  van  der  Symmetrie 
der  Tetartoedrk  des  rhcmiboedrischen  Systems,  deren  Translations- 
gruppe Frh  ist 

Da  die  erzeugende  Operation  eine  Drehung  ist,  so  er- 
geben sich  für  das  Fundamentalsystem  der  gleichwerthigen 
Punkte,  welches  der  beiden  obigen  Coordinatensysteme  wir 
auch  zu  Grunde  legen,  keine  zusätzlichen  Translationscompo- 
nenten.  Die  Gruppe  kann  daher  durch  Multiplication  der 
Punktgruppe  C^  mit  der  Translationsgruppe  Frh  erzeugt  werden. 

§  5.  Die  paramorphe  Hemiedrie.  Die  Raumgruppen, 
welche  in  diese  Classe  gehören,  sind  der  Punktgruppe  Q*  resp. 
Sq  isomorph.    Diese  enthält  die  Operationen  (vgl.  S.  71) 

1,  »,  %']  3,  «3,  ?t*3. 
Da  alle  zu  einer  Inversion  isomorphen  Operationen  selbst  In- 
versionen sind,  so  lässt  sich  jede  zu  C^*  isomorphe  Raum- 
gruppe @8,t  durch  Multiplication  einer  Gruppe  (S,  mit  einer 
Inversion  erzeugen.  Da  aber  die  Gruppen  fS^^  und  €3^  nur 
Axen  von  einerlei  Windungssinn  enthalten,  so  sind  nur  für 
die  Gruppen  (S,^  und  63^  die  allgemeinen  Bedingungen  des 
Satzes  XXII  von  Cap.  VI  erfüllt.  Das  erzeugende  Symmetrie- 
centrum muss  entweder  in  eine  Axe  oder  in  die  Mitte  zwischen 
zwei  Axen  fallen.  Es  ist  aber  leicht  zu  sehen,  dass  jede 
Gruppe  Ss,,-  Symmetriecentra  von  beiderlei  Art  enthält.  Um 
die  Begriffe  zu  fixiren,  legen  wir  es  in  die  Axe  a,  so  ist  die 
zugehörige  Axenpermutation  durch 

(a),     (be) 
gekennzeichnet,  in  die  Axen  b  und  c  fallen  daher  keine  Sym- 
metriecentra.   Nun  sind  für  ©3^  alle  Axen  gleichartig;  es  giebt 
daher  nur  eine  derartige  aus  ßj^  ableitbare  Gruppe;  wir  be- 
zeichnen sie  durch 

Jede  Hauptebene  enthält  Symmetriecentra  beiderlei  Art; 
je  drei  bilden  ein  gleichseitiges  Dreieck. 

Für  (£3^  sind  die  Axen  ungleichartig,  aber  in  diesem  Fall 
folgt  aus  dem  oben  angezogenen  Satz  XXII  von  Cap.  VI,  dass 

Sohoennies,  KryataUetructar.  30 


-     466     — 

eine  andere  Permutation  als  die  vorstehende  ausgeschlossen 
ist.  Es  giebt  daher  gleichfalls  nur  eine  Gruppe  dieser  Art, 
wir  bezeichnen  sie  durch, 

Sv*={63*,  3}. 
Da  das  Product  von  zwei  Inversionen   eine  Translation   der 
Gruppe  ist,  so  liegen  die  zwischen  b  und  c  fallenden  Sym> 
metriecentra  mit  denjenigen,  die  in  die  Axen  fallen ,  nicht  in 
derselben  Hauptebene.    Es  folgt  noch: 

Lehrsatz  ni.  Es  giebt  zwei  Baumgruppen^  ivelche  die  Sym- 
metrie der  paramorphen  Hemiedrie  des  rhomboedrischen  Systems 
besitzen.  Die  eine  enthält  die  Translationsgruppe  Fh,  die  andere 
die  Translationsgruppe  Trh- 

Jede  dieser  beiden  Gruppen  kann  durch  Multiplication 
der  Punktgruppe  C^^  mit  der  bezüglichen  Translationsgruppe 
gebildet  werden.  Da  nämlich  das  erzeugende  Symmetriecentrum 
in  eine  Axe  a,  also  auch  in  den  Coordinatenanfangspunkt  ge- 
legt werden  kann,  so  treten  zusätzliche  Translationscompo- 
nenten  nicht  auf. 

§  6.  Die  hemimoiphe  Hemiedrie.  Diejenige  Punki^ruppe, 
welche  der  Hemimorphie  des  rhomboedrischen  Systems  iso- 
morph ist,  ist  die  Gruppe  C^^,  deren  Operationen 

sind.  Sie  enthält  ausser  der  Drehungsaxe  a  drei  durch  die- 
selbe gehende  Symmetrieebenen  tf^,  tf/,  <^p",  welche  Winkel 
von  60°  mit  einander  bilden.  Für  die  isomorphen  Raum- 
gruppen existiren  daher  ausser  den  parallelen  dreizähligen 
Axen  drei  Schaaren  paralleler  Ebenen,  die  entweder  Sym- 
metrieebenen oder  Ebenen  mit  Translationssymmetrie  sind. 

Als  erzeugende  Operation  kann  entweder  die  Spiegelung  @ 
oder  die  Operation  ©(t)  auftreten,  wenn  r  irgend  eine  zu  6 
parallele  halbe  primitive  Translation  ist  Sie  kann  augen- 
scheinlfch  nur  dann  eine  Deckoperation  des  Axensystems  sein, 
wenn  die  ihr  zugehörige  Ebene  6  einer  Seite  oder  einer  Hohe 
des  Dreiecks  ABC  parallel  läuft.  Aus  Satz  V  von  Cap.  VH 
folgt  daher^  dass,  welches  auch  die  Translationsgruppe  sein 
mag,  die  einander  parallelen  Ebenen  6,  (/,  o'' . . .  für  jede  der 


-     467     — 

drei  Richtungen  in  je  zwei  verschiedene  Schaaren  gleichartiger 
Ebenen  zerfallen. 

Die  im  Satz  XXII  von  Cap.  VI  aufgestellte  allgemeine 
Bedingung  fOr  die  Existenz  von  Raumgruppen  der  vorliegen- 
den Art  ist  wiederum  nur  für  die  Gruppen  ^  und  ^  erfüllt 
Aus  der  ersteren  ergeben  sich  vier,  aus  der  letzteren  zwei 
Gruppen  des  fraglichen  Typus. 

Wir  beginnen  mit  der  Gruppe  63*;  für  sie  kann  die  er- 
zeugende Symmetrieebene  sowohl  durch  eine  Seite  als  durch 
eine  Höhe  des  Dreiecks  ABC  gehen;  in  jeder  Lage  führt  sie 
das  Axensystem  in  sich  über.  In  welche  Seite  oder  Höhe  sie 
fallty  ist  bei  der  Gleichartigkeit  aller  Axen  ohne  Belang.  Um 
die  Begriffe  zu  fixiren,  legen  wir  sie  durch  a;  da  a  eine 
Drehungsaxe  ist,  so  existiren  in  beiden  Fällen  drei  Schaaren 
paralleler  Symmetrieebenen.  Bezeichnen  wir  die  Symmetrie- 
ebene,  je  nachdem  sie  die  Seite  AB  oder  die  Höhe  AA^  des 
Dreiecks  ABC  enthält,  durch  <T«  resp.  6ay  so  können  die  be- 
züglichen Gruppen  durch 

bezeichnet  werden. 

Die  beiden  Axenpermutationen,  welche  den  vorstehenden 
Gruppen  entsprechen,  sind  resp.  durch 

(a),  (6),  (c)    und    («),  (Je) 
dargestellt. 

Ist  die  Operation  @(r)  die  erzeugende  Operation,  so  kann, 
wie  leicht  zu  sehen,  t  nur  den  Werth  r,  haben.  Die  Ver- 
theilung  der  Ebenen  <^,  (/,  (j"  ist  von  der  Translationscompo- 
nente  x»  unabhängig;  sie  ist  daher  für  jede  der  drei  bezüg- 
lichen Richtungen  dieselbe,  wie  für  die  vorstehenden  Gruppen. 
Eine  eigentliche  Symmetrieebene  tritt  jedoch  in  den  mit  @(t«) 
abgeleiteten  Gruppen  nicht  auf,  alle  Ebenen  sind  Ebenen  mit 
Translationssymmetrie.  Die  Axenpermutationen  sind  die  näm- 
lichen, wie  oben  angegeben.  Wir  bezeichnen  die  beiden  so 
definirten  Gruppen  durch 

ßs,/  -  { ßaS  ©*  W }     und     (£3,.*  =  { ßsS  ©«  W } . 

30* 


-     468     -- 

FOr  die  Gruppe  63^  müssen  sich,  den  Bedingungen  des 
Satzes  XXII  von  Cap.  VI  entsprechend,  die  Axen  b  und  c 
unter  einander  vertauschen,  so  dass 

(o),    (hc) 

die  zugehörige  Äxenpermutation  darstellt.  Die  spiegelnde 
Ebene  geht  daher  durch  die  Axe  a  und  fallt  in  eine  Hohe 
des  Dreiecks  ABC.  Andrerseits  ist  klar,  dass  sie  in  dieser 
Lage  wirklich  eine  zulässige  Deckoperation  des  Axensystems 
bewirkt.  Da  a  eine  Drehungsaxe  ist,  so  giebt  es  drei  Schaaren 
paralleler  Symmetrieebenen.  Die  so  definirte  Gruppe  bezeich- 
nen wir  durch 

e3/={V,    ©a}. 

Neben  der  Spiegelung  @a  kann  auch  ©a(^«)  wieder  als 
erzeugende  Operation  benutzt  werden;  die  drei  Schaaren  pa- 
ralleler Ebenen  <;,(/,(/'...  sind  wiederum  sämmtlich  Ebenen 
gleitender  Symmetrie.    Die  zugehörige  Gruppe  möge  durch 

bezeichnet  werden. 

Hiermit  sind  alle  Raumgruppen  ©3,»,  welche  der  Punkt- 
gruppe C3*  isomorph  sind,  abgeleitet  Das  Ergebniss  drückt 
sich  folgendermassen  aus: 

Lehrsatz  IV.  Es  giebt  sechs  Baumgruppen^  deren  Symmetrie 
der  hemimorphen  Hemiedrie  des  rhomboedrischen  Systems  ent- 
spricht. Vier  von  ihnen  enthalten  Fn  ais  Translationsgruppe^  die 
zwei  anderen  Fr*. 

Um  die  Bestimmung  des  Fundamentalsystems  gleich- 
werthiger  Punkte  zu  geben,  lassen  wir  die  erzeugende  Sym- 
metrieebene mit  der  XZ-Ebene  zusammenfallen,  analog  zu 
den  bezüglichen  Festsetzuugen  für  die  Gruppe  Cg*.  Die  Trans- 
lation 2t^  fällt  dann  allerdings  nicht  für  jede  der  vorstehenden 
Gruppen  in  die  X-Axe.  Dies  hat  jedoch  auf  das  Fuudamental- 
system  keinen  Einfluss;  nur  die  aus  demselben  mittelst  der 
Translationsgruppe  abzuleitenden  Punkte  resp.  deren  Coordi- 
naten  werden  dadurch  modificirt.  Die  Ausdrücke  des  Funda- 
mentalsystems, welche  sich  für  63,»*  und  E3,/  ergeben,  stim- 
men daher  mit  denjenigen  überein,  welche  den  Gruppen  63,  „^ 


—     469     — 

und  @3,/  entsprechen;  doch  fallen  für  die  letzteren  die  primi- 
tiven Translationen  2tiy  2%^^  2t^  mit  den  Symmetrieebenen 
zusammen  y  während  sie  für  die  ersteren  die  Winkel  dieser 
Ebenen  halbiren. 

Legen  wir  zunächst  das  gewohnlich  benutzte  Goordinaten- 
system  zu  Grunde^  so  sind  die  der  Punktgruppe  C^^  ent- 
sprechenden Punkte 

Als  zusätzliche  Translationscomponenten  stellen  sich  fol- 
gende ein: 

©8,,*  und  ©3.,«:     0,   0,   0,   0,   0,   0 
63,/  und  6s,c*:     r„  r.,  r,,  r^,,  r„  r, 
63,/:  0,   0,   0,    0,   0,   0 

Es,ü^:  1^2,  ^5,  1^5,  t:.,  Tj,  r. . 

Dieselben  Gomponenten  treten  auch  für  das  andere  Coordi- 
natensystem  auf.^)  Es  folgt  noch,  dass  die  Gruppen  Ss,»^ 
6s,»^,  Ss,»^  durch  Multiplication  der  Punktgruppe  Q"  mit  der 
Translationsgruppe  erzeugbar  sind. 

§  7.  Die  enantiomorphe  Hemiedrie.  Dieser  Glasse  ent- 
sprechen solche  Raumgruppen,  deren  isomorphe  Punktgruppe 
die  Gruppe  Dg  ist.     Ihre  Operationen  sind  die  Drehungen 

1, 31, 81^  u,  2iu,  a«u, 

von  denen  die  letzteren  Umklappungen  um  die  drei  zur  Haupt- 
axe  senkrechten  Nebenaxen  u,  n^,  u^  bedeuten.  Die  isomorphen 
Raumgruppen  2)3  enthalten  daher  ausser  den  dreizähligen 
Uauptaxen  einer  Gruppe  (£3  noch  drei  zu  den  Hauptaxen  nor- 
male Schaaren  zweizähliger  Axen,  deren  jede  eine  Gruppe  6^2 
bestimmt.  Jeder  dieser  zweizähligen  Axen  entspricht  eine 
Deckbewegung  der  Gruppe  63  resp.  ihrer  dreizähligen  Axen; 
daraus  folgt,  dass  sie  nothwendig  einer  Seite  oder  Höhe  des 
Dreiecks  ABC  parallel  laufen.  Nun  haben  in  Bezug  auf  jede 
dieser  Axenrichtungen,  wie  unmittelbar  ersichtlich,  die  primi- 
tiven  Translationen   eine  solche  Lage,    wie   sie   nur   bri  der 


1)  Wegen  der  Richtung  von  x,  vgl.  S.  468. 


-     470     — 

Gruppe  (Sg'  auftritt;  die  drei  zweizähligeu  Axenschaaren  bilden 
daher  je  eine  Gruppe  (S^\  Es  befinden  sich  daher  unter  ihnen 
stets  Drehungsaxen.  Hieraus  folgt  nun  schliesslich,  jlass  zur 
Erzeugung  der  Gruppen  S),  stets  eine  reine  Umklappung  ge- 
wählt werden  kann.  Alle  Banmgruppen  der  hier  gesuditen  Art 
lassen  sich  daher  durch  MtiUiplication  einer  Gruppe  S,  mit  einer 
UnMappung  erzeugen,  deren  Axe  in  eine  Seite  oder  Höhe  des 
Breiecks  ABC  fällt. 

Wir  fassen  zunächst  die  drei  Gruppen  63*,  ßj*,  ßj*  in's 
Auge  und  lassen  einige  Bemerkungen  folgen,  welche  die  Ver- 
theilung  der  zweizähligen  Axen  im  Raum  betreffen.  Dieselbe 
bestimmt  sich  für  jede  der  drei  Gruppen  ^  nach  dem,  was 
darüber  in  Cap.  VII,  §  6  abgeleitet  wurde.  Wie  eben  be- 
wiesen, schneidet  die  erzeugende  Umklappungsaxe  u  eine  drei- 
zählige  Axe.  Wir  betrachten  zunächst  Axen  derselben  Richtung 
und  zwar  im  besondern  diejenigen  von  ihnen,  die  in  einer  zu 
den  dreizähligen  Axen  parallelen  Ebene  b  liegen.  Nun  existirt 
für  die  Gruppen  S3*,  ßj^,  (£3^  keine  Translation,  deren  Com- 
ponente  parallel  den  dreizähligen  Axen  kleiner  als  2rf  ist, 
also  liegen  gemäss  Gap.  YI,  Satz  X  ftir  diese  Gruppen  in  jeder 
Ebene  e  Axen  nur  einer  Art,  welche  im  Abstand  r«  auf  ein- 
ander folgen.  Die  Lage  der  zweizähligen  Axen  verschiedener 
Richtung  gehorcht  dem  in  Cap.  YI  hierüber  abgeleiteten 
Satz  XY;  mit  Hilfe  desselben  lässt  sie  sich  für  jede  Gruppe 
2)3  leicht  angeben. 

§  8.  Aus  der  Gruppe  ^^  lassen  sich  zwei  Raumgruppen 
der  Gattung  2)3  ableiten,  je  nachdem  die  erzeugende  zwei- 
zählige  Drehungsaxe  u  in  die  Seite  AB  oder  in  die  Hohe  AA^ 
des  Dreiecks  ABC  fälli  Wir  bezeichnen  sie,  resp.  die  zu- 
gehörigen Umklappungen,  dementsprechend  durch 

w„  Ua    und     U,,  U«. 

Da  a  eine  Drehungsaxe  ist,  so  gehen  in  jedem  Fall  durch 
den  Punkt  A  gleichzeitig  drei  zweizählige  Axen  u,  H|,  u^. 
Die  sämmtlichen  Axen  yertheilen  sich  daher  auf  Hauptebenen, 
die  im  Abstand  r«  auf  einander  folgen.  Die  bezüglichen 
Gruppen  bezeichnen  wir  durch 


—    471     — 

FQr  die  erste  ist  Ug  die  erzeugende  Axe,  sie  trifft  also  gleich- 
zeitig Axen  a,  6,  c.  Für  die  zweite  Gruppe  ist  m«  die  er- 
zeugende Axe.  Sie  trifft  nur  Axen  a;  die  Axen  b  und  c  werden 
von  den  zweizähligen  Axen  nicht  getroffen.  Der  ersten  Gruppe 
entspricht  daher  die  Permutation 

(«),    (&),    (.c), 

während  die  zweite  durch 

(«),     (pc) 
gekennzeichnet  ist. 

Aus  den  Gruppen  S,^  und  63^  lassen  sich  ebenfalls  je 
zwei  Gruppen  2)3  ableiten.  Da  sich  die  Axenschaaren  beider 
Gruppen  nur  in  Bezug  auf  den  Windungssinn  der  zugehörigen 
Schraubenbewegung  unterscheiden,  so  genügt  es^  die  aus  ^3^ 
ableitbare  Gruppe  SD3  genauer  zu  untersuchen;  die  Resultate 
sind  mit  denen,  welche  die  Gruppe  €3^  betreffen,  bis  auf  den 
Windungssinn  identisch. 

Die  erzeugende  zweizählige  Axe  u  fallt  wiederum  in  die 
Seite  AB  oder  in  die  Höhe  AA^  des  Dreiecks  ABCy  doch 
geht  in  diesem  Fall,  da  a  eine  Schraubenaxe  ist,  durch  den 
Punkt  A  keine  weitere  zweizählige  Axe,  vielmehr  schneiden 
nach  dem  oben  angezogenen  Satz  die  Axen  U|  und  ti^  die 
Axe  a  in  Punkten,  deren  Abstand  je  der  dritte  Theil  von  r, 
ist  Da  die  Axen  u,  u^,  Ug  zu  den  homologen  Axen  der  iso- 
morphen Punktgruppe,  also  auch  zu  denen  der  vorstehenden 
Gruppen  J)^*  und  2)3*  parallel  sind,  so  werden  wiederum,  wenn 
die  Axe  u  die  Gerade  Ug  ist,  alle  Axen  a,  b,  c  von  den  zwei- 
zähligen Axen  getroffen,  wenn  dagegen  Ua  die  erzeugende  Axe 
ist,  so  gehen  nur  durch  die  Axe  a  zweizählige  Axen.  Die 
Axenpermutationen  sind  daher  mit  den  oben  angegebenen 
identisch.     Die  so  bestimmten  Gruppen  bezeichnen  wir  durch 

^3*  =  { 6»*,  U. }     und     %*  =  {  ^3*,  Wa ) . 
Ihnen  fügen  sich  die  analogen  Gruppen  an,  die  durch  Multi- 
plication  von  ß^^  mit  U«  resp.  Ua  entstehen,  nämlich 

S)3*={e,»,  u.)   und  ®s''=(e3Mi4- 


—    472     — 

Es  steht  noch  aus,  die  Gruppe  S3*  in  analoger  Weise  zu 
behandeln.  Für  sie  darf  die  erzeugende  zweizählige  Symmetrie- 
axe  nur  in  eine  von  A  ausgehende  Dreieckseite  fallen;  denn  da 
die  drei  Äxenschaaren  a,  h,  c  nicht  gleich werthig  sind,  so 
muss  jede  derselben  in  sich  selbst  übergehen.  Andrerseits 
entspricht  dieser  Lage  der  Axe  u  auch  wirklich  eine  Deck- 
operation des  Axensystems.  Da  sie  a  schneidet,  so  gehen 
durch  Ä  gleichzeitig  drei  verschiedene  zweizählige  Symmetrie- 
axen,  die  sämmtlich  mit  den  Seiten  des  in  dieser  Ebene 
liegenden  Dreiecksnetzes  coincidiren.  Je  zwei  Punkte  von  a, 
die  von  Drehungsaxen  getroffen  werden,  haben  den  Abstand  r.. 
Durch  die  Punkte  B  und  C  der  Schi'aubenaxen  b  und  c  hin- 
gegen geht  nur  je  eine  Axe;  für  sie  folgen  dem  oben  ge- 
nannten Satz  gemäss  die  Axen  Uy  u^,  u^  in  der  Weise  auf 
einander,  wie  bei  den  Gruppen  3)3*,  also  in  Abstanden  gleich 
dem  dritten  Theil  von  r«.  Die  so  bestimmte  Gruppe  be- 
zeichnen wir  mit 

Hiermit  sind  alle  Gruppen  2)3  abgeleitet,  also  folgt: 
Lehrsatz  V.  Es  giebt  sieben  Baumgruppeny  deren  Symmetrie 
der  enantiomorphen  Heniiedrie  des  rhomboedrischen  Systems  ent- 
spricht.    Sechs  von  ihnen  besitzen  die   Gruppe  F*   als  Trans- 
lationsgnippe,  dagegen  nur  eine  die  Gruppe  FrA. 

Um  das  Fundamentalsystem  der  gleichwerthigen  Punkte 
am  zweckmässigsten  zu  bestimmen,  lassen  wir  den  Goordinaten- 
anfangspunkt  stets  in  den  Schnittpunkt  der  Axen  a  und  u 
fallen  und  geben  im  übrigen  der  Axe  u  diejenige  Lage  zu 
den  Goordinatenaxen,  die  wir  im  ersten  Abschnitt  fär  die 
Gruppen  D,  angenommen  haben.  Dadurch  wird  unmittelbar 
bewirkt,  dass  aus  jedem  Punkt  liyS  ®i°®r  Gruppe  (£3  mittelst 
der  Umklappung  U  der  nämliche  Punkt  entsteht,  in  welchen 
der  Punkt  £17^  der  Punktgruppe  C^  in  Folge  derselben  Um- 
klappung resp.  der  zugehörigen  Goordinatentransformation 
übergeht;  es  können  daher  ßir  die  durch  U  abzuleitenden  Coor- 
dinaten  neue  zusätzliche  Translationscomponenten  nicht  auftreten; 
nur  diejenigen  stellen  sich  ein,  welche  der  Gruppe  ©3  ent- 
sprechen, resp.  aus  ihnen  durch  die  Umklappung  U  hervor- 


—     473    — 

gehen.  Dies  regelt  sich  durch  die  Erwägung,  dass  die  Um- 
klappnng  U  jede  zu  ihr  senkrechte  Translationscomponente  r 
in  — X  verwandelt. 

Nun   sind   die  Coordinaten    der   gleichwerthigen  Punkte 
der  Gruppe  Dj  resp. 


Zu  ihnen  kommen  für  die  einzelnen  Gruppen  folgende  Trans- 
lationscomponenten : 

®3*  und  ©3^    0,    0,       0,       0,    0,       0 

2r,        4t.  4t         2t 

©»»und®,*:    0,    -3-',    Y>    0,    ~     -3- 

4t.       2t,                 2t.       4t. 
^  5  und  5^  *•     0       -  -         —       0       -      - 

©3':  0,     0,        0,        0,     0,        0. 

Die  Gruppen  S),*,  S),*,  2)3''  sind  diejenigen,  welche  sich  durch 
Multiplication  der  Punktgruppe  D,  mit  den  Translations- 
gruppen Fk  resp.  Frh  erzeugen  lassen.  Die  ersten  beiden 
unterscheiden  sich  in  der  Lage  der  primitiven  Translationen 
zu  den  zweizähligen  Axen;  für  D^  fallt  die  X-Axe  mit  der 
Translation  2x^  zusammen,  während  für  2)3^  die  X-Axe*den 
Winkel  zweier  primitiver  Translationen  halbirt.  Das  gleiche 
gilt  auch  für  ©j^  und  ©3*  sowie  für  ©3^  und  S),^ 

Das  nämliche  gilt,  wenn  man  das  zweite  der  in  diesem 
Gapitel  benutzten  Goordinatensysteme  zu  Grunde  legt;  denn 
auch  bei  dieser  Lage  der  Axen  verwandelt  die  Umklappung  u 
die  in  der  Axe  a  liegende  Translationscomponente  in  die  ent- 
gegengesetzt gleiche. 

§  9.  Die  Holoedrie.  Die  Punktgruppe,  welche  die  rhom- 
boedrische  Holoedrie  characterisirt,  ist  die  Gruppe  D^^\  ihre 
Operationen  lassen  sich  (S.  95)  in  der  Form 

1,  SU,    a»;      u,     u„     u, 

darstellen.  Sie  ergiebt  sich  durch  Multiplication  von  D, 
mit  ©4. 


-     474     ~ 

Unter  ihren  Operationen  zweiter  Art  befindet  sieh  aber 
auch  (vgl.  S.  95)  eine  Inversion;  sie  ist  demjenigen  der  letzten 
drei  Producte  der  zweiten  Zeile  äquivalent,  fQr  welches  die 
Symnietrieaxe  auf  der  Symmetrieebene  0^  senkrecht  steht.  Sie 
kann  daher  auch  durch  Multiplication  von  D,  mit  der  Inver- 
sion 3  erzeugt  werden. 

Nach  dem  Fundamentaltheorem  über  die  Erzeugung  iso- 
morpher Raumgruppen  und  Punktgruppen  ist  daher  jede 
Gruppe  S)3,<i  mittelst  einer  zu  ©^  oder  3  isomorphen  Operation 
zu  bilden  y  und  zwar  ist  die  noth wendige  und  hinreichende 
Bedingung  die,  dass  dieselbe  eine  Deckoperation  des  Axen- 
systems  von  D^  ist  und  dass  die  Bedingung  des  Satzes  XXU 
von  Cap.  VI  erfüllt  ist.  Solche  Operationen  direct  zu  finden^ 
tvird  um  so  schwieriger,  je  complidrter  und  mannigfacher  das 
Axensystem  einer  Itaumgruppe  ist;  es  wird  im  Allgemeinen  nur 
gelingen,  wenn  dies  Axensystem  durch  genaue  Figuren  der 
Anschauung  zugänglich  gemacht  wird.  Schon  für  einzelne 
Gruppen  ^^  machte  sich  dieser  Umstand  geltend.  Aus  diesem 
Grunde  empfiehlt  es  sich,  nach  Methoden  zu  suchen,  welche 
ohne  Kenntnis  der  Figur  entscheiden  lassen,  welche  Operationen 
für  jede  Gruppe  in  Frage  kommen  um  sie  als  erzeugende 
Operationen  zur  Bildung  von  Gruppen  höherer  Symmetrie  zu 
benutzen.  Hierfür  dürfte  sich  am  besten  das  nachstehende 
Verfahren  eignen,  das  wir  im  Folgenden  fast  ausschliesslich 
benutzen  werden,  und  dessen  Grundgedanken  wir  fiir  die 
Construction  der  Gruppen  S)s,<i  ausführlicher  erörtern  wollen. 

Wir  greifen  zu  diesem  Zweck  zunächst  auf  die  Punkt- 
gruppen 2)3  resp.  Dg**  zurück.  Die  Operation  ©^  resp.  3,  mit 
welcher  Dg  multiplicirt  wird,  um  Dg**  zu  erhalten,  fahrt  die 
dreizählige  Axe  a  in  sich  selbst  über;  ferner  giebt  es  unter 
den  zweizähligen  Axen  u,  u^,  u^  mindestens  eine,  welche  in 
Folge  dieser  Operationen  gleichfalls  in  sich  übergeht,  nämlich 
diejenige,  welche  auf  der  Symmetrieebene  6a  senkrecht  steht. 
Aus  den  Sätzen  über  die  Beziehungen  zwischen  isomorphen 
Baumgruppen  und  Punktgruppen  folgt  daher,  dass  auch  die- 
jenige zu  ©d  resp.  3  isomorphe  erzeugende  Operation,  mit 
welcher  sich  aus  ^g  eine  Gruppe  S)s,c<  bilden  lässt,  die  drei- 


—    475    — 

zähligen  Axen^  d.  h.  das  Azensystein  von  (S3;  sowie  die  zwei- 
zähligen  Axen  mindestens  einer  Gruppe  (Sg  in  sich  überfahrt. 
Umgekehrt  folgt  nun  aber  aus  Satz  XIX  von  Cap.  YI,  dass  auch 
jede  derartige  Operation  S,  welche  för  die  Axen  einer  Gruppe 
S^y  sowie  für  die  Axen  der  Gruppe  Sj  gleichzeitig  eine  Deck- 
operation ist,  es  auch  fOr  die  Axen  von  Dj,  ist,  mithin  zur 
Erzeugung  einer  Gruppe  S)8,d  geeignet  ist.  Nun  ist  aber  die 
Operation  S  entweder  zu  ©«i  oder  3  isomorph;  sie  bestimmt 
daher  mit  ^  stets  eine  Gruppe  (Sa,A  und  mit  S,  eine  Gruppe  65, 9 
oder  (S3,t-  Demnach  ist  zu  folgern,  dass  du  betfügliche  Operation  S 
die  nothtvendige  und  hinreichende  Bedingung  erfüllen  muss,  dass 
sie  gleichzeitig  aus  der  Gruppe  Sj  eine  Gruppe  Sa.*,  und  aus  der 
Gruppe  @3  eine  Gruppe  (Ss,«  resp,  Ss^t  entstehen  lässt.  Jede 
Operation  S  dieser  Art  liefert  eine  Gruppe  Ds^^. 

Der  Kunstgriff,  von  dem  hier  Gebrauch  gemacht  ist,  be- 
ruht also  auf  dem  einfachen  Gedanken,  statt  für  das  com- 
plicirtere  Axensystem  einer  Gruppe  D^  Deckoperationen  zu 
suchen,  solche  Operationen  zu  finden,  welche  gleichzeitig 
Deckoperationen  für  die  leicht  zu  übersehenden  Axenschaaren 
der  Gruppen  S3  und  S^  ^^^^*  Diesem  Gedanken  wollen  wir 
hier  zum  ersten  Male  nachgehen.  Um  die  Begriffe  zu  fixiren, 
werden  wir  als  Gruppe  S,  iiuDier  diejenige  wählen,  welcher 
die  erzeugende  Axe  u  angehört. 

§  10.  Zunächst  ist  zu  bemerken,  dass  nach  Gap.  VI 
Satz  XXII  nur  die  Gruppen  ©3^,  S)»*,  ©3^  zur  Erzeugung 
von  Gruppen  ©s,^  geeignet  sind.  Wir  beginnen  mit  der 
Gruppe  3)3^ 

Aus  jeder  Gruppe  ©2  lassen  sich  gemäss  Cap.  VII,  8  zwei 
verschiedene  Gruppen  (£2,*  ableiten;  als  erzeugendes  Symmetrie- 
element dient  einerseits  eine  zu  den  Axen  senkrechte  Sym- 
metrieebene, andrerseits  ein  Symmetriecentrum,  das  zwischen 
zwei  nächsten  Axen  gelegen  ist.  Für  die  Gruppe  2)3^  kommt 
daher  als  erzeugende  Operation  erstens  eine  Spiegelung  in 
Frage,  deren  Ebene  auf  der  Symmetrieaxe  w,  senkrecht  steht. 
Dieselbe  bildet  mit  der  Gruppe  63^  die  Gruppe  Ss,c*;  sie  ge- 
nügt demnach  der  durch  Cap.  VI,  Satz  XIX  vorgeschriebenen 
allgemeinen  Bedingung  und  fuhrt  mithin  zu  einer  Gruppe  2)3,d. 


—     476     — 

Wählen  wir  die  Bezeichnungen  der  Symmetrieebenen,  resp. 
der  zugehörigen  Operationen,  wie  in  §  6,  so  lässt  sich  die 
so  bestimmte  Gruppe  durch 

darstellen.  Da  a  eine  Drehungsaxe  ist,  so  schneiden  sich  in 
ihr  drei  Symmetrieebenen.  Keine  derselben  enthält,  wie  dies 
auch  der  Lage  der  Symmetrieelemente  von  D^'*  entspricht, 
eine  zweizählige  Symmetrieaxe.  Die  Yertheilung  aller  Sym- 
metrieebenen ist  dieselbe,  wie  für  die  Gruppe  63.»*. 

Das  Symmetriecentrum,  welches  mit  (Sg  zusammen  eine 
Gruppe  (£2,A  bestimmt,  liegt  in  der  Mitte  zwischen  zwei  nächsten 
Axen  u.  Soll  es  zu  einer  Gruppe  S)s,^  führen,  so  muss  es 
gleichzeitig  aus  ©j*  eine  Gruppe  ©3,«  erzeugen.  Dem  wird 
genügt,  wenn  es  in  einen  Punkt  der  Axe  a  fallt,  welcher  in 
der  Mitte  zwischen  zwei  um  r,  entfernten  Axen  u  liegt  Auf 
jeder  dreizähligen  Axe  liegen  dem  Character  der  Gruppe  Ss,,^ 
entsprechend  in  den  analogen  Punkten  ebenfalls  Symmetrie- 
centra.  Der  Gruppe  kommt  keine  eigentliche  Symmetrieebene 
zu.     Wir  bezeichnen  sie  durch 

Aus  der  Gruppe  ^3^  lassen  sich  die  analogen  zwei  Gruppen 
3)3,d  ableiten.  Die  erzeugenden  Operationen,  welche  durch 
die  Gruppe  (S^  vorgeschrieben  sind,  können  sich  nicht  ändern; 
und  ebenso  liefern  sie  wiederum  eine  Gruppe  Es.»  resp.  ©,-,3*, 
vorausgesetzt,  dass  das  Symmetriecentrum  wieder  in  die  Axe  a 
und  zwar  in  die  Mitte  zwischen  zwei  nächste  Axen  u  fallt 
Die  Gruppe  S3,»  ist  übrigens  in  diesem  Fall  die  Gruppe  ®8,c*, 
da  die  bezügliche  Symmetrieebene  durch  eine  Seite  Yon  ABC 
geht.     Wir  bezeichnen  die  Gruppen  durch 

®s/  =  { ©3',  ©. }     und    ©3/  -=  { S)3^  3 } . 

Die  letztere  hat  keine  eigentliche  Symmetrieebene;  für 
die  erstere  dagegen  giebt  es  drei  Schaaren  paralleler  Sym- 
metrieebenen. 

Es  steht  noch  aus,  die  Gruppe  S),''  zu  discutiren.  Ihre 
dreizähligen  Axen  bilden  die  Gruppe  Q>^\  Sie  liefert  ebenfalls 
zwei  Gruppen  S)3,d-     Symmetrieebene   und   Symmetriecentrum 


—     477     — 

müssen  die  analoge  Lage  haben,  wie  bisher.  Die  durch  a 
gehende  Symmetrieebene  bestimmt  mit  den  dreizähligen  Axen 
die  Gruppe  Ss,/,  ist  also  als  erzeugende  Operation  zulässig. 
Sie  ist  zu  Ug  senkrecht  und  enthält  daher  lauter  Axen  a,  und 
da  a  eine  Drehungsaxe  ist^  so  giebt  es  drei  Schaaren  solcher 
Ebenen.     Wir  bezeichnen  die  bezügliche  Gruppe  durch 

2)3./  ={©3^    ©a}. 

Das  Symmetriecentrum,  in  dem  gleichen  Punkt  der  Axe  a 
liegend,  wie  bisher,  erzeugt  mit  Sg*  die  Gruppe  Ss,,-^,  stellt 
also  gleichfalls  eine  erzeugende  Operation  für  die  Gruppe  ^3^ 
dar.  In  jede  dreizählige  Axe  fallen  Symmetriecentra,  ihre 
Lage  ist  die  oben  in  §  5  angegebene;  Symmetrieebenen  besitzt 
die  Gruppe  nicht.     Wir  bezeichnen  sie  durch. 

3)s./={®,',  3}. 

Für  diese  Gruppe  ist  die  Vertheilung  aller  Axen  bereits 
eine  ziemlich  complicirte^  da  in  je  zwei  Hauptebenen,  die  um 
den  dritten  Theil  von  t,  entfernt  sind,  Axen  verschiedeuer 
Richtung  fallen.  Dagegen  führen  die  vorstehenden  Ueber- 
legungen  leicht  und  einfach  zum  Ziel.  Wir  sprechen  das 
Ergebniss  noch  in  folgendem  Satz  aus: 

Lehrsatz  VL  Es  giebt  sechs  Raumgruppen,  deren  Symmetrie 
der  Holoedrie  des  rhomboedrischen  Systems  entspricht  Vier  von 
ihnen  besitzen  die  Gruppe  F*  als  Translationsgruppe,  die  beiden 
andern  die  Gruppe  jH-a. 

Das  Fundamentalsystem  gleichwerthiger  Punkte  lässt  sich 
für  die  mit  der  Spiegelung  ©«  erzeugten  Gruppen  ^34,  S)»,/, 
Da,/  leicht  angeben.  Legen  wir  für  diese  Gruppen  den  Goor- 
dinatenanfangspunkt  in  den  Schnittpunkt  der  Axen  u  und  a, 
und  geben  diesen  Axen,  sowie  der  Symmetrieebene,  dieselbe 
Lage  zum  Goordinatensystem,  die  im  ersten  Abschnitt  für 
die  Punktgruppe  D^^  angenommen  wurde,  so  ist  ersichtlich, 
dass  für  jede  der  drei  obigen  Gruppen  die  nämlichen  Sym- 
metrieelemente existiren,  wie  für  die  Gruppe  D^"^,  Es  können 
daher  zusätzliche  Translationscomponenten  bei  den  Goordi- 
naten  des  Fundamen talsystems  nicht  auftreten.  Jede  dieser 
drei    Gruppen    lässt    sich    durch    Multiplication    der    Punkt- 


—    478     - 

gruppe  B^^  mit  der  bezüglichen  Translationsgruppe  erzeugen. 
Dass  die  Gruppe  jQ  zwei  Gruppen  S)8,d  liefert,  liegt  wiederum 
daran y  dass  das  Axensystem  von  D^  zweierlei  Lage  zu  ihr 
haben  kann.  Für  die  Gruppe  ^^^  fallen  nämlich  die  pri- 
mitiyen  Translationen  2t^;  272,  2x^  in  die  Symmetrieebenen 
für  ^s,/  dagegen  in  die  zweizähligen  Nebenaxen.  Hierdurch 
werden,  wie  oben  erwähnt,  die  Coordinaten  der  mit  dem  Pun- 
damentalsystem  gleichwerthigen  Punkte  beeinflusst. 

Für  die  Gruppen  S)8,<i*,  ®8,d*>  S)«,/  benutzen  wir  dieselben 
Coordinatenaxen.  Dann  entspricht  der  Inversion,  welche  aus 
Dj  die  Gruppen  2)3,d  erzeugt,  in  allen  drei  Fällen  diejenige 
Coordinatentransformation,  welche  einen  Punkt 

Irii  in  5ijg  +  ^* 
verwandeltw  Wird  diese  Substitution  für  alle  sechs  Coordi- 
natentripel  von  S)s^,  2)3^  ^3^  durchgeführt,  so  ergeben  sich 
die  Coordinatenwerthe  für  ©s,/,  S)3,d*,  2)»,/.  Beachten  wir 
nun,  dass  die  Coordinatenwerthe  der  drei  genannten  Gruppen 
2)3  von  allen  Translationscomponenten  frei  sind,  so  folgt,  dass, 
während  für  die  Gruppen 

2)3.dS     S)8./,     2)v^ 
das  Fundamentalsystem  durch 

0,      0,      0,      0,       0,      0 

0,       0,       0,      0,       0,      0 
characterisirt  ist,  es  für  die  Gruppen 


die  Form 


2)3/,       S)3,A       2)3./ 

0,      0,      0,       0,      0,      0 

^5J  ^*»  "^ZJ  "^ZJ  ^r«  '^Z 


hat. 

Endlich  sei  bemerkt,  dass  die  Gruppe  2)3,/  die  Gesammt- 
Symmetrie  des  der  Gruppe  Frh  entsprechenden  rliomboedrischen 
Eaumgitters  darstellt 


Zehntes  Capitel. 
Das  tetragonale  System. 

§  1.  VoTbemerktingen.  Dem  tetragonalen  System  ge- 
hören die  Punktgruppen 

A»,  2)„  F^  CA  CA  Q,  S, 
an.  Sie  besitzen  sämmtlich  eine  yierzählige  Hauptaxe.  Die 
ihnen  isomorphen  Baumgruppen  sind  daher  durch  eine  Schaar 
paralleler  vierzähliger  Hauptaxen  ausgezeichnet,  wobei  zu  be- 
merken ist;  das  diese  Axen  für  5^  und  V"^  in  dem  S.  49  an- 
gegebenen Sinn  als  Axen  zweiter  Art  zu  bezeichnen  sind. 
Die  Translationscomponenten  können  für  diese  Axen  gemäss 
Satz  VIII  Ton  Cap.  VI  die  vier  Werthe 

haben,  wenn,  wie  immer,  2%^  die  den  Axen  parallele  primitive 
Translation  ist.  Die  Schraubenbewegungen,  welche  dem  zweiten 
und  vierten  dieser  Werthe  entsprechen,  unterscheiden  sich 
nur  durch  den  Windungssinn. 

Die  Translationsgruppen  des  tetragonalen  Systems  sind 
von  zweierlei  Typus;  die  eine  von  beiden,  nämlich  Fj,  hat  die 
Translationen 

£i  Xx  f  ^  ty  ,  ^  T  •  ,  Tjf    =^    Xy 

als  primitives  System.  Die  Translationen  der  andern,  F/, 
lassen  sich  durch 

äTj-,      ^'^yy       ^'^»f      '^x  'V  "^y     l     "^zy      "^x  ^^  ^y 

characterisiren.  Für  die  Gruppe  Fq  giebt  es  keine  Translation, 
deren  Gomponente  parallel  zu  den  Axen  kleiner  als  2xg  ist; 
daher  stimmen  nach  Satz  X  von  Cap.  VI  für  jede  zugehörige 


—     480     - 

Raumgruppe  die  TranslatiouBcomponeuten  aller  vierzähligen 
Axeu  übereiD^  d.  h.  alle  diese  Axen  sind  gleichartig.  Dagegen 
bedingt  die  Translation  r^.  +  r^  +  r^,  dass  jede  Raumgruppe, 
welche  F/  als  Translationsgruppe  enthält^  zweierlei  vierzählige 
Axen  besitzt.  Ihre  Traoslationscompouenten  unterscheiden 
sich  um  tg]  dieselben  haben  daher  entweder  die  Werthe 

0,     r.     oder      ^,     -^. 

Wie  im  vorigen  Capitel  bezeichnen  wir  die  zu  den  Haupi^ 
axen  senkrechten  Ebenen  als  Hauptebenen  und  das  in  ihnen 
von  den  Hauptaxen  gebildete  Netz  als  Axennetg, 

§  2.  Die  sphenoidiBohe  Tetartoedrie.  Diese  Tetartoedrie 
ist  durch  eine  vierzählige  Axe  zweiter  Art  characterisirt.  Die 
ihr   entsprechende   Punktgruppe   S^^   enthält  die   Operationen 

1,    «s    ä,    f«, 
wo  (vgl.  S.  77) 

ist.  Die  Gruppe  kann  daher,  wie  übrigens  auch  aus  Hilfssatz  5, 
S.  84,  hervorgeht;  durch  Multiplication  der  Punktgruppe  C^ 
mit  der  Operation  %  erzeugt  werden.  Die  zu  S^  isomorphen 
Raumgruppen  ©^  werden  daher  erhalten,  wenn  eine  der 
Gruppen  ßj  ^^^  einer  zu  %  isomorphen  Operation  multiplicirt 
wird,  welche  die  Axen  von  ßg  in  sich  überführt.  Aber  jede 
zu  81  isomorphe  Operation  ist,  wie  Cap.  VI,  §  4  bewiesen 
worden,  selbst  von  der  Form  81;  es  muss  daher  jede  erzeugende 
Operation  von  der  Form  81  sein. 

Nach  dem  Satz  XXIV  von  Cap.  VI  sind  die  vierzähligen 
Axen  zweiter  Art  gleichzeitig  zweizählige  Drehungsaxen  erster 
Art;  die  Axe  der  erzeugenden  Operation  81  fällt  daher  noth- 
wendig  in  eine  Drehungsaxe  einer  Gruppe  ®2-  Andrerseits 
ist  jede  Drehungsaxe  hierzu  geeignet,  falls  81  eine  Deckoperation 
für  die  gesammte  Axenschaar  repräsentirt.  Es  fällt  demnach 
die  Gruppe  Sg',  welche  nur  Schraubenaxen  enthält,  für  die 
Erzeugung  von  Gruppen  ©4  aus. 

Dagegen  lässt  sich  sowohl  aus  (S^S  als  ^  je  eine  Gruppe 
@4  ableiten;  natürlich  vorausgesetzt,  dass  die  Translatious- 
gruppe  den  besonderen  Character  der  Gruppe  Fq  resp.  r/  an- 


~     481     - 

nimmt.  Für  S,^  sind  alle  Axen  gleichartig;  jede  Axe  kann 
daher  als  Axe  von  91  gewählt  werden.  Für  ^^  sind  die 
beiden  Drehnngsaxen  a  und  c  ebenfalls  gleichartig;  jede  von 
ihnen  kann  wieder  Axe  der  Operation  $[  sein.  Wir  bezeichnen 
die  so  bestimmten  Gruppen  durch 

Da  neue  Axen  in  Folge  der  Operation  31  nicht  auftreten,  so 
ist  das  Axensjstem  mit  demjenigen  der  Gruppen  62^  und 
©2*  identisch;  das  von  ihnen  bestimmte  Axennetz  ist  aber 
quadratisch.  Je  zwei  Gegenecken  eines  Quadrates  werden, 
wie  wir  auf  den  nächsten  Seiten  beweisen,  von  vierzähligen 
Axen  getroffen,  das  andere  Gegeneckenpaar  von  zweizähligen. 
Es  folgt: 

Lehrsatz  I.  Es  gkht  zwei  Raumgruppen^  deren  Symmetrie  der 
sphenoidischen  Tetartoedrie  des  tetragoncUen  Systems  entspricht. 
Die  eine  enthält  die  Gruppe  Fg  als  Translationsgruppe,  die  andere 
die  Gruppe  F/, 

Denken  wir  uns,  um  das  Fundamentalsystem  der  gleich- 
werthigen  Punkte  zu  bestimmen,  die  Z-Axe  in  die  Axe  a 
gelegt;  und  lassen  den  Anfangspunkt  mit  dem  Mittelpunkt 
der  Operation  Sl  zusammenfallen,  so  hat  das  Ooordinaten- 
System  für  die  Gruppen  ©4*  und  ®^  dieselbe  Lage,  wie  für 
die  Gruppe  S^.  Demnach  haben  die  Coordinaten  der  gleich- 
werthigen  Punkte  für  alle  drei  Gruppen  die  nämliche  Form; 
Translationscomponenten  erscheinen  nicht.  Jede  der  beiden 
vorstehenden  Gruppen  kann  daher  durch  Multiplication  der 
Punktgruppe  S^  mit  der  bezüglichen  Translationsgruppe  erzeugt 
werden. 

§  3.  Die  Tetartoedrie  erster  Art.  Diese  Tetartoedrie 
ist  durch  die  Punktgruppe  C4  characterisirt,  deren  Operationen 
die  Drehungen 

1,     31,     MS     W 

sind.  Die  Existenz  der  Bewegung  31^  bewirkt,  dass  in  den 
mit  C^  isomorphen  Raumgruppen  64  ausser  den  vierzähligen 
auch  zweizählige  Axen  vorkommen  können.  Dies  ist  in  der 
That  der  Fall. 

Sohoenfliea,  Erystallstructttr.  31 


-     482     - 


Wir  betrachten  zunächst  die  Gruppen  6^,  deren  Trans- 
lationsgruppe die  Gruppe  Fq  ist,  deren  vierzählige  Axen  also 
sämmtlich  gleichartig  sind.     Es  sei  (Fig.  62) 

ferner  sei  B  der  Mittelpunkt  des  Quadrates  AA^A^A^^  so  ge- 
hört nach  Cap.  V,  3  die  Axe  6 
als  vierzählige  Axe  der  Gruppe  S^ 
an.  Gleichzeitig  folgt^  dass  andere 
vierzählige  Axen  innerhalb  des 
Quadrates  AA^A^A^  nicht  existiren. 
Nun  lässt  sich  aber  a  auch  als 
zweizählige  Axe  auffassen,  ent- 
sprechend dem  ihr  zugehörigen 
Drehungswinkel  sr;  daher  werden 
auch  die  Mitten  von  AA^  und  AA^  von  zweizähligen  Axen 
getroffen;  wir  bezeichnen  sie  durch  c^  und  c^. 

Denken  wir  uns  a,  h^  c  als  Drehungsaxen,  so  besteht 
für  die  zugehörigen  Drehungen  die  bemerkenswerthe  Rela- 
tion, dass 

ist.  Nämlich  einerseits  muss  dies  Producta  da  die  Summe 
der  Dreh ungs winke!  23t  ist,  einer  Translation  äquivalent  sein, 
andrerseits  gelangt  der  Punkt  A  nach  Ausführung  aller  drei 
Bewegungen  wieder  an  seine  ursprüngliche  Stelle;  folglich  ist 
das  Product  die  Identität  Die  Gleichung  ist  derjenigen  analog, 
die  wir  S.  464  für  die  Gruppen  Sj  abgeleitet  haben. 

Entsprechend  den  oben  genannten  vier  Werthen  der  Trans- 
lationscomponente  ergeben  sich  vier  verschiedene  Gruppen  E^; 
wir  bezeichnen  sie  durch 


Die  zweite  und  vierte  Gruppe  unterscheiden  sich  nur  durch 
den  Windungssinn  der  bezüglichen  Schraubenbewegungen. 
Für  jede  Gruppe  giebt  es  drei  verschiedene  Arten  von  gleich- 
werthigen  Axen,  nämlich 


—    483    — 
a,    6,    c; 

von  ihnen  sind  a  und  h  mit  einander  gleichartig.  Die  Axen  c 
sind  für  ^^  und  64^  Drehungsaxen,  für  die  beiden  andern 
Gruppen  Schraubenaxen.     Es  folgt  daher: 

Lehrsatz  II.  Es  gieht  vier  Baumgruppen,  welche  die  Sym- 
metrie der  quadratischere  Tetartoedrie  erster  Art  besitzen,  und 
die  Grvppe  F,  als  Translationsgruppe  enthalten. 

um  die  Bestimmung  des  Fundamentalsystems  gleich- 
werthiger  Punkte  zu  geben  ^  lassen  wir  die  Axe  a  mit  der 
Z'Axe  zusammenfallen.  Die  Coordinatentripel  für  die  Punkt- 
gruppe C^  waren  (S.  216)  resp. 

xysf,    yxe,    xye,    yx0 

Beachten  wir  nun,  dass  die  Bewegung  W  die  doppelte  Trans- 
lationscomponente  besitzt,  wie  31,  u.  s.  w.,  so  ergeben  sich  die 
bezüglichen  Translationscomponenten  in  folgender  Form: 

6/:    0,    0,    0,    0         e/:     0,       \,      ^,    ^ 

6/:     0,    r„    0,     t.         S/:     0,       ^,     ^,      ^. 

Die  Gruppe  S^^  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication 
der  Punktgruppe  CJ^  mit  der  Translationsgruppe  Fq  erhalten 
werden  kann. 

§  4.  Ist  die  Translationsgruppe  die  Gruppe  F/,  so  sind 
die  vierzähligen  Axen ,  wie  bereits  oben  erwähnt,  nicht 
sämmtlich  gleichartig.  Wie  in  Cap.  V,  Satz  X  bewiesen  wurde, 
wird  aber  die  Axenvertheilung  hierdurch  nicht  beeinfiusst. 
Das  Axennetz  stimmt  daher  mit  dem  vorstehend  betrachteten 
überein. 

Die  Axen  c^  und  c^  können  Drehungsaxen  oder  Schrauben- 
axen sein.  Nun  bilden  die  sämmtlichen  Bewegungen  vom 
Winkel  ä  eine  Gruppe  (S^'.  Sind  daher  c^  und  c^  Schrauben- 
axen, so  müssen  a  und  b  zweizählige  Drehungsaxen  repräsen- 
tiren;  daher  entsprechen  ihnen  (vgl.  S.  480)  die  Translations- 
componenten 0  und  tz.  Sind  dagegen  c^  und  c^  zweizählige 
Drehungsaxen,  so  stellen  a  und  b  auch  als  zweizählige  Axen 

31* 


—     484     - 

Schraubenaxen  dar,  ihre  Translationscomponenten  sind  daher 
(vgl.  oben  S.  480) 

2  2    ' 

sie  bestimmen  in  diesem  Fall  vierzählige  Axen  von  verschie- 
denem Windungssinn.  Wir  bezeichnen  die  beiden  Gruppen 
dieser  Art  durch 

6/=  {«(f),  A'}  und  e,«=  {«(i-,  ^),  r,'}. 

Für  jede  von  ihnen  zerfallen  die  Axen  in  drei  verschiedene 
Schaaren  gleichwerthiger,  die  durch 

a,     b,     c 
repräsentirt  sind.     Es  folgt  noch: 

Lehrsatz  IIL  Es  giebt  Bwei  RaumgruppeUy  deren  Symmetrie 
der  ersten  Tetartoedrie  des  tetragonalen  Systems  entspricht,  und 
deren  Translationsgruppe  F/  ist. 

Wir  haben  in  Cap.  III,  §  12  gesehen,  dass  das  primitive 
Tripel  der  Translationsgruppe  F/  in  zwei  verschiedenen  Formen 
auftrat;  es  soll  daher  noch  untersucht  werden,  welche  Lage 
die  Axen  f&r  beide  Gruppen  zu  den  primitiven  Translationen 
haben. 

Für  die  Gruppe  6^/  sind  c^  und  Cj  Schraubenaxen,  daher 
sind  ÄA^  und  ÄA^  keine  Translationen  der  Gruppe;  dagegen 
ist,  weil  a  und  b  zweizählige  Drehungsaxen  repräsentiren,  AA^ 
eine  Translation.  Setzen  wir  nun  in  Uebereinstimmung  mit 
den  bisherigen  Bezeichnungen 

AC^=\txy    AC^  =  \tyy    -4JB  =  ^(r,  +  iTy), 
so  kann  das  primitive  Tripel  durch 

ty  +  tgj       tß  -f-  tx)       tx  "T~  Ty 

dargestellt  werden;  ferner  bilden  jetzt 

^x  +  ^k     ^^^     '^x  —  tTy 
das  primitive  Translationenpaar  parallel  den  Hauptebenen. 

Wenn  dagegen  dieses  primitive  Paar  durch  2tx  und  2%^ 
bezeichnet  werden  soll,  so  ist 

AB  =  iTx,    AB^  =  Ty,     AA^  '=^  tx  -{-  ty 
zu   setzen.     In   diesem  Fall   wird   durch   die  Axen  a  und  c^, 


—     485    — 
wenn  wir  a  als  zweizählige  Axe  betrachten,  bedingt^  dass  auch 

^x  +  ^y  +  ^* 
eine  Translation  der  Gruppe  ist.   Wir  können  daher  zu  beiden 
Formen   des   primitiven  Tripels   gelangten  und  zwar   dadurch, 
dass   wir   die   Richtung   von  Xx   und  ty   in   geeigneter  Weise 
wählen. 

Für  die  Gruppe  @/  gilt  das  Nämliche.  Jetzt  ist  nämlich, 
wenn 

ACi  =  ^rx,    ÄC^^^itj,,    AB  =  \(tx  +  ty) 

gesetzt  wird,  a  als  zweizählige  Axe  eine  Schraubenaxe,  wäh- 
rend Ci  Drehungsaxe  ist.  Es  ist  also  weder  AA^  noch  AA^ 
eine  Translation  der  Gruppe,  es  ergeben  sich  aber  wieder 

Ty    -p    T3,  tz    -f-    txf     tx    "7"    ty 

als  primitive  Translationen,  und  als  primitives  Paar  parallel 
den  Hauptebenen 

Tx  +  ty    und     tx  —  ty. 

Ebenso  bleiben  die  weiteren  Schlüsse  in  Kraft.   Also  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Wird  bei  den  Gruppen  6/  und  (5/  der  Ab- 
stand jnceier  nächsten  Axen  als  Riehtung  der  Translationen  Xx 
und  ty  gewählt,  so  bilden 

ty    -p    tgf  Tj    -{-    txf  tx    "f"    ty 

das  primitive  Tripel;  wenn  dagegen  zwei  nächste  vierisaKlige  Axen 
die  Richtung  von  tx  wnd  ty  bestimmen,  so  ist  die  Translations- 
gruppe  dwrch 

2rx,    2ty,    2t g,    1^«  +  ^y  +  ^* 
gekennzeichnet. 

Um  die  Ausdrücke  für  das  Fundamentalsystem  der  gleich- 
werthigen  Punkte  zu  geben,  legen  wir  die  ^-Axe  wieder  in 
die  Axe  a.  Für  die  Gruppe  @/  können,  da  a  Drehungsaxe 
ist,  Translationscomponenten  nicht  auftreten;  für  @/  erscheint 

— ,   also  ergeben  sich  folgende  Zusatzwerthe 

6/:    0,    0,     0,    0;         6,«:    0,    \,    x„    ^, 

Die  Gruppe  (£4*  ist  daher  diejenige,  welche  sich  durch  Multi- 
plication  der  Gruppe  C4  mit  der  Translationsgruppe  F/  bilden 
lässi     Wir  sprechen  noch  folgenden  Satz  aus: 


—    486     - 

Lehrsatz  V.  Es  giebt  sechs  Ba/amgruppen  van  der  Sym- 
metrie der  tetragonalen  Tetartoedrie  erster  Art. 

§  5.  Allgemeine  Bemerkungen  zur  Hemimorphie  des 
tetragonalen  Systems.  Die  Symmetrie  dieser  Klasse  von 
Erystallen  ist  durch  die  PuDktgrappe  (7/  gegeben ,  deren 
Operationen 

1,  a,  a«,  «»5  @„  a@e,  «'©r,  «'©. 

sind.  Sie  enthält  vier  durch  die  Aze  gehende  Symmetrieebenen 
und  entsteht  durch  Multiplication  der  Gruppe  C^  mit  der 
Spiegelung  ©,.  Die  zu  ihr  isomorphen  Raumgruppen  ^4,9 
lassen  sich  daher  durch  Multiplication  der  Gruppen  (S^  mit 
einer  zu  @,  homologen  Operation  @p  oder  ©«(O  erzeugen, 
vorausgesetzt,  dass  dieselbe  das  Axensystem  der  Gruppen  S4 
in  zulässiger  Weise  in  sich  überführt.  Für  jede  Gruppe  (£4 
giebt  es  vier  Schaaren  spiegelnder  Ebenen,  die  jedoch  nur  in 
manchen  Fällen  gleichzeitig  Symmetrieebenen  sind«  Natur 
und  Yertheilung  derselben  ist  durch  die  Translationsgruppe 
bedingt,  sie  unterliegt  den  allgemeinen  Gesetzen  von  Gap.  YII, 
§  4  und  kann  dorther  ohne  Mühe  bestimmt  werden. 

Da  die  allgemeine  Bedingung  des  Satzes  XXII  von 
Cap.  VI  für  die  Gruppen  6^'  und  ®/  nicht  erfüllt  ist,  so 
können  nur  64^  64',  64*,  64*  zur  Construction  Ton  Gruppen 
&4,9  benutzt  werden. 

Wir  unterscheiden  die  Gruppen  wieder  nach  der  Permu- 
tation der  Axen.  Die  beiden  Permutationen,  die  allein  zu- 
lässig sind,  sind 

(ab),  c  und  (a),  (6),  (c); 

jeder  von  ihnen  können  wieder  zwei  verschiedene  Gruppen  E4,, 
entsprechen,  je  nachdem  @  oder  @(t«)  als  erzeugende  Ope- 
ration benutzt  wird. 

Soll  eine  Symmetrieebene  6  eine  Deckoperation  des  Azen- 
systems  liefern,  so  muss  sie  mit  einer  Seite  oder  Diagonale 
des  Quadrates  AC^BC^  zusammenfallen.  Wir  bezeichnen  diese 
Ebenen  durch 

<^«;       ^af       ^bg       ^0 

je  nachdem  sie  ABy  AA^^  SB^,  C^C^  enthalten;  die  zu- 
gehörigen Spiegelungen  sind  @«,  @a,  ©6;  ©c* 


-     487     — 

Die  Permutation  (a),  (b),  (c)  kann  durch  Spiegelung  &, 
gegen  die  Ebene  (T«  bewirkt  werden.  Da  a  und  b  vierzählige 
Azen  sind,  so  gehen  durch  sie  je  yier  spiegelnde  Ebenen, 
es  geht  daher  auch  durch  jede  Seite  des  Quadrates  AGiBC^ 
eine  derartige  Ebene.  Dagegen  kommt  die  Permutation  {äb)(c) 
durch  die  Spiegelung  gegen  die  Ebene  öe  zu  Stande.  In  diesem 
Fall  gehen  je  zwei  Ebenen  durch  die  zweizähligen  Azen  Cj^ 
und  c^y  es  geht  aber  keine  spiegelnde  Ebene  durch  eine  vier- 
zählige Aze.  Dies  gilt  sowohl  für  diejenigen  Gruppen,  die 
sich  mit  ©  erzeugen  lassen,  als  auch  für  die  mit  ©(r^)  ab- 
geleiteten. 

§  6.  Die  hemimorphen  Gruppen  mit  der  Trauslations- 
gmppe  Fj.  Für  die  Gruppen  ©4^  und  ®/  sind,  da  alle  Azen 
gleichartig  sind,  beide  Azenpermutationen  zulässig.  Benutzen 
wir  zunächst  die  Spiegelungen  @«  und  @c  t^Is  erzeugende  Ope- 
rationen, so  entstehen  die  Gruppen 

e*,.*  =  {<£/,  ®.}  =  {©/,  ©-} ;   e*..*  =  {S.S  ®o). 

Die  erste  Gruppe  besitzt  yier  Schaaren  reiner  Symmetrie- 
ebenen, die  Gruppe  ©4,»*  jedoch  nur  zwei;  die  letzteren  ent- 
halten, wie  wir  eben  sahen,  lauter  Azen  0. 

Die  aus  (£4^  analog  ableitbaren  Gruppen  bezeichnen 
wir  durch 

«*..'=•  {e/,  ©.}  =•  W,  ©aW);   ®4..*-{64',  ©.}. 

Da  in  diesem  Falle  a  nur  zweizählige  Drehungsaze  ist,  so 
besitzt  die  erste  Gruppe  nur  zwei  durch  a  gehende  reine 
Symmetrieebenen.  Sie  laufen  durch  AB  und  AB^,  während 
zu  den  durch  AC^^  und  AC^  gehenden  Ebenen  gemäss  Cap.  Y, 
Satz  XIX  die  Gleitspiegelung  @(t,)  gehört. 

Die  zweite  Gruppe  enthält  ebenfalls  zwei  zu  einander 
senkrechte  Schaaren  Ton  Symmetrieebenen;  sie  gehen  wiederum 
sämmtlich  durch  Azen  c. 

Diejenigen  Gruppen,  welche  sich  durch  die  Operation 
@(r,)  erzeugen  lassen,  sind  von  den  bisher  gefundenen  yer- 
schieden.  Für  (S^^  ist  dies^  da  a  Drehungsaze  ist,  evident; 
für  S/  ist  es  aber  auch  der  Fall.  Im  Gegensatz  zur  Gruppe 
©4,/  gehen  nämlich  bei  der  mit  @«  (t,)  erzeugten  Gruppe  die 


-     488     — 

Symmetrieebenen  durch  ÄC^  und  ÄC^,  während  die  Ebenen 
gleitender  Symmetrie  durch  AB  und  ÄB^  gehen.  Ausser  der 
eben  erwähnten  Gruppe  können  die  andern  drei  mit  @(r«) 
ableitbaren  Gruppen  reine  Symmetrieebenen  nicht  besitzen, 
alle  ihre  Ebenen  sind  solche  mit  Translationssymmetrie.  Wir 
bezeichnen  sie  durch 

6^.^  =  {e,S@.(r.)}  =  {a;,s®a(T^..)} 

und  erhalten: 

Lehrsatz  VI.  Es  giebt  acht  Baumgruppen  von  der  Sym- 
metrie der  teiragonälen  Hemimorphie,  deren  Translationsgruppe 
r,  ist. 

Da,3  Fundamentalsystem  der  gleichwerthigen  Punkte  wollen 
wir  zunächst  für  diejenigen  Gruppen  ableiten,  fQr  welche  (f, 
die  erzeugende  spiegelnde  Ebene  ist.  Lassen  wir  die  X-  und 
7-Axe  wieder  mit  2rx  und  2%y  zusammenfallen,  so  hat  die 
Ebene  6,  dieselbe  Lage  zum  Coordinatensystem,  wie  für  die 
Punktgruppe  C^,    Zu  den  Coordinatentripeln  von  C/,  die  durch 

xysiy  yx0,  xyBy  yxB\    yxe,  xyg,  yx0,  xye 

darzustellen  sind,  kommen  daher  zunächst  diejenigen  zusätz- 
lichen Translationscomponenten,  welche  von  den  Gruppen  6^4 
selbst  herstammen  und  in  §  3  enthalten  sind.  Beachten  wir 
nun,  dass  in  ihnen  nur  die  Translation  r.  auftritt,  und  dass 
tg  durch  die  bezügliche  Spiegelung  in  sich  selbst  übergeht, 
so  folgt,  dass  neue  Translationscomponenten  nur  für  die  mit 
@(tr«)  gebildeten  Gruppen  auftreten,  und  zwar  ist  r»  selbst 
diese  Translation. 

Für  die  übrigen  Gruppen  geht  die  erzeugende  Symmetrie- 
ebene nicht  mehr  durch  die  Z-Aze  des  Coordinatensystems, 
sondern  durch  C^C^.  Wir  haben  es  aber  in  der  Hand,  für  die 
Bestimmung  der  Coordinaten  der  Fundamentalpunkte  auch 
eine  andere  geeignete  Operation  zur  Erzeugung  der  bezüg- 
lichen Gruppen  zu  verwenden.     Wir  wählen  diejenige  Ebene, 


—    489     - 

welche  durch  Ci  geht  und  auf  öc  senkrecht  steht.  Diese 
können  wir  nun  durch  eine  Spiegelung  ©  resp.  eine  Opera- 
tion ©(t,)  gegen  die  durch  AB  gehende  Ebene  6,  in  Ver- 
bindung mit  einer  Trauslation  von  der  Lange  C^Ci  =  tx  —  ty 
ersetzen.  Beachten  wir  nun,  dass  für  das  Fundamental- 
system der  gleichwerthigen  Punkte  r,  +  i^y  statt  t^  —  ty  ge- 
setzt werden  kann,  so  erhalten  wir  schliesslich  die  folgende 
Tabelle: 


6«,/: 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0 

6v»: 

0, 

0, 

0, 

0 

T^  +  t„ 

r^  +  Ty, 

T,  +  Tj,, 

r,  +  r. 

6...»: 

0, 

^'> 

0, 

fi 

0, 

t,, 

0, 

t. 

64./: 

0, 

T--, 

0, 

r. 

^x  +  t,j, 

tx  +  r.j  +  r„ 

t^  +  Ty, 

tx  +  Ty  +  t, 

64./: 

0, 

0, 

0, 

0 

^', 

■'z, 

T., 

T, 

64,.«: 

0, 

0, 

0, 

0 

Vx  +  ty+t,, 

^»  +  tj,  +  ^-v 

l^x  +  l^y  +  ^., 

1^«  +  1^»  +  ^^ 

64..^ 

0, 

1^0 

0, 

T, 

■f», 

0, 

T„ 

0 

64.,«: 

0, 

^', 

0, 

r. 

tx  +  r^  +  ts, 

■'x+ty, 

^«  +  ^»+T^, 

tx  +  Xy. 

Die  Gruppe  (£4,/  ist   diejenige^    welche   sich  durch  Multipli- 
cation  der  Punktgruppe  C^  mit  Fq  erzeugen  lässt. 

§  7.  Die  hemimorphen  Gruppen  mit  der  Translaüens- 
gmppe  Fq.  Für  die  Gruppe  (£/  ist  wegen  der  üngleichartig- 
keit  der  Axen  a  und  6  nur  die  Permutation  (a),  (6),  (c)  zu- 
lassig. Eine  Symmetrieebene,  welche  aus  (i^  eine  Gruppe  S«,« 
erzeugt,  kann  durch  AB  gelegt  werden.  Andrerseits  entsteht 
so  wirklich  eine  neue  Gruppe;  wir  bezeichnen  sie  durch 


—    490    — 

Da  nämlich  a  eine  Drehungsaze  ist,  so  gehen  durch  a  vier 
Symmetrieebenen,  so  dass  auch  öa  Symmetrieebene  ist.  Da- 
gegen sind,  weil  b  die  TranslationscompoDente  r«  enthält,  unter 
den  Ebenen  durch  b  nur  zwei  Symmetrieebenen  vorhanden; 
die  durch  BC^  und  BC^  gehenden  Ebenen  sind  mit  Trans- 
lation ssymmetrie  behaftet. 

Die  Operation  ©(t,)  an  der  durch  AB  gehenden  Ebene  <y, 
führt  wieder  zu  einer  neuen  Gruppe,  da  die  vorstehende,  weil 
a  Drehungsaxe  ist^  eine  derartige  Operation  nicht  enthält.  In 
diesem  Fall  sind  alle  Ebenen  durch  a  Ebenen  mit  Trans- 
lationssymmetrie, dagegen  gehen  durch  BC^  und  BC^  eigent- 
liche Symmetrieebenen.  Wir  bezeichnen  die  zugehörige  Gruppe 
durch 

ei,."  =  {®A®.W}-{V,  ©»}. 

Für  die  Gruppe  ©/  können  dem  Satz  XXII  von  Cap.  VI 
gemäss  nur  solche  erzeugenden  Operationen  in  Frage  kommen, 
welche  die  links-  und  rechtsgewundenen  Azen  a  und  b  in  ein- 
ander überführen,  also  der  Permutation  (ab),  (c)  entsprechen. 
Die  erzeugende  Symmetrieebene  ist  daher  durch  die  Äzen  c^ 
und  c^  zu  legen.  Da  diese  Äxen  Drehungsaxen  sind,  so  giebt 
es  zwei  Schaaren  von  Symmetrieebenen.  Wir  bezeichnen  die 
bezügliche  Gruppe  durch 

6m""{6A©c}- 

Da  c  Drehungsaxe  ist^  so  ist  die  Operation  @c(^j)  in  der 
vorstehenden  Gruppe  nicht  enthalten;  diese  Operation  führt 
daher  zu  einer  neuen  Gruppe.  Diese  Gruppe  enthält  nur 
Ebenen  gleitender  Symmetrie.     Wir  bezeichnen  sie  durch 

Damit  sind  alle  Gruppen  dieser  Art  abgeleitet  Es 
folgt  noch: 

Lehrsatz  VII.  Es  giebt  vier  Baumgruppen  von  der  Sym- 
metrie  der  tetragonalm  Hemimorphie,  deren  Translationsgruppe 
Fg  ist. 


—    491    — 

Legen  wir  das  Coordinatensystem  so,  wie  für  die  Gruppeu 
des  §  6,  so  müssen  sich  für  das  Fundamentalsystem  der 
gleichwerthigen  Punkte  die  gleichen  bezüglichen  Zusatztrans- 
lationen ergeben.  Denn  die  erzeugenden  Operationen  sind  mit 
den  oben  benutzten  identisch.  Wir  erhalten  daher  mit  Rück- 
sicht auf  die  den  Gruppen  @/  und  (S^^  entsprechenden  Trans- 
lationen folgende  Translationscomponenten: 


eM«*:   0, 

0,                    0, 

0 

0, 

0,                    0, 

0 

6«./»:  0, 

0,                   0, 

0 

tz 

t^>                                         ■^M, 

r. 

©4..":  0, 

8', 

2 

^.+ 

^V> 

■'x-{-t„  +  Y>  ^»+^»  +  *»>. 

3tr, 

©4.,":  0, 

2'                          *' 

8t, 

T,  +  1 

fy  +  t,, 

St 

«»  +  «y  +  Y' 

Die  Gruppe  ©4,»^  ist  diejenige,  welche  sich  durch  Multipli- 
cation  der  Gruppe  C^  mit  der  Translationsgruppe  F/  ergiebt. 

§  8.    Die  paramorphe  Hemiedrie.     Die  Operationen  der 
entsprechenden  Punktgruppe  sind 

1,  31,  %\  a»;     ©Ä,  31©Ä,  a«©.,  «'©A. 

Die  Gruppe  entsteht  durch  Multiplication  der  Gruppe  C^  mit 
der  Spiegelung  ©a.  Da  das  Product  ä^©*  einer  Inversion  3 
äquivalent  ist^  so  kann  sie  auch  durch  Multiplication  von  C^ 
mit  3  gebildet  werden.  Die  ihr  isomorphen  Raumgruppen  &4,a 
lassen  sich  daher  durch  Multiplication  einer  Gruppe  @4  mit 
einer  der  Operationen  ©a,  ©a(0  und  3  erzeugen,  wenn  die- 
selben Deckoperationen  des  Axensystems  der  Gruppe  S4  sind. 
Gemäss  Cap.  VI,  §  13  sind  wieder  die  Gruppen  6^*  und  6/ 
von  der  Betrachtung  auszuschliessen. 

Die    einer    Gruppe    S^    angehorigen    Bewegungen    vom 
Winkel  n  bilden  die  in  S^  enthaltene  Untergruppe  (S,.     Es 


—     492     - 

können  daher  für  die  Gruppen  S^  nur  solche  erzeugenden 
Operationen  zulässig  sein,  die  bei  den  Gruppen  6^  atiftreten. 
Nun  haben  wir  in  Cap.  VII,  8  aus  jeder  Gruppe  Sg  zwei  ver- 
schiedene Gruppen  62,*  abgeleitet,  die  eine  mittelst  einer  Sym- 
metrieebene oder  eines  in  eine  Axe  fallenden  Symmetrie- 
centrums, die  andere  durch  Multiplication  mit  der  Operation 
©(r)  resp.  mit  einer  Inversion,  deren  Centrum  in  die  Mitte 
zwischen  zwei  nächste  Axen  fällt.  ~  Die  analogen  Gruppen 
treten  auch  hier  auf.  Für  die  erste  wird  die  Axenpermutation 
durch 

(«),  (P),  (") 

dargestellt,  für  die  zweite  durch 

ial),    (c). 
Die    Vertheilung    der    Symmetriecentra    und    der    Ebenen    6 
stimmt,  da  sie  nur  von  der  Translationsgruppe  abhängt,  mit 
der  für  die  Gruppen  ®2,a  angegebenen  überein. 

Wir  beginnen  mit  den  Gruppen  (S^*  und  ©4',  deren  Trans- 
lationsgruppe Fq  ist.  Für  sie  sind  beide  Axenpermutationen 
gestattet.  Wir  benutzen  als  erzeugende  Operation  zunächst 
eine  zu  den  Axen  senkrechte  Symmetrieebene  öh]  es  giebt  un- 
endlich viele  solche  Ebenen,  die  im  Abstand  r«  auf  einander 
folgen,  jeder  Schnitt  mit  einer  Axe  ist  ein  Symmetriecentrum. 
Die  bezüglichen  Gruppen  bezeichnen  wir  durch 

64/=  {6,S  ©*}  =  {S,S  3);  6m*=  {64',  ©*}  =6/,  3}. 
Die  erzeugende  Operation,  welche  der  zweiten  Permutation 
entspricht,  ist  entweder  ©A(ra;  +  ry),  oder  die  Inversion  gegen 
die  Mitte  von  AB.  Die  zu  6^  parallelen  Ebenen  sind  sämmt* 
lieh  Ebenen  mit  Translationssymmetrie,  kein  Symmetriecentrum 
fallt  daher  in  eine  Axe.  Wir  bezeichnen  dem  entsprechend 
die  zugehörigen  Gruppen  durch 

(£4/  =  {e,»,  3J  =  {©,»,■  ©A(r,  +  r,)). 

Für  die  Gruppe  6/  sind  nur  solche  Operationen  mög- 
lich, welche  jede  Axe  in  sich  überführen.  Dies  geschieht 
durch  die  Spiegelung  Sh.     Es  giebt  unendlich  viele  parallele 


-     493     - 

Symmetrieebenen;  zwischen  je  zweien  läuft  gemäss  Cap.  VII,  4 
eine  Ebene  gleitender  Symmetrie.  Wir  bezeichnen  die  zuge- 
hörige Gruppe  durch 

Für  die  Gruppe  6^/  endlich  muss  nach  Satz  XXII  von 
Cap.  VI  die  erzeugende  Operation  die  Axen  a  und  6  ver- 
tauschen. Wir  benutzen  dazu  die  Inversion  gegen  die  Mitte 
von  AB.  Symmetrieebenen  treten  nicht  auf-,  die  bezügliche 
Gruppe  bezeichnen  wir  durch 

Andere  Gruppen  ^^h  kann  es  nicht  geben,  also  folgt: 

Lehrsatz  VIII.  Es  giebt  sechs  Baumgruppen,  deren  Sym- 
metrie der  paramorphen  Hemiedrie  des  tetragonalen  Systems  ent- 
spricht; vier  von  ihnen  enthalten  Fq  ais  Translationsgruppe,  die 
beiden  andern  Fq. 

Die  Ermittelung  des  Fundamentalsystems  gleichwerthiger 
Punkte  bedarf  nur  für  die  Gruppe  ©4,^®  einer  besonderen  Er- 
örterung. Wir  legen  das  Coordinatensystem  so,  dass  die  er- 
zeugende Ebene  6k  die  X  IT- Ebene  wird,  im  übrigen  überein- 
stimmend mit  den  Angaben  von  §  3.  Nun  haben  wir  oben 
(S.  485)  gesehen,  dass  wir  der  Translationsgruppe  Fq  zwei 
verschiedene  Lagen  zum  Coordinatensystem  ertheilen  können, 
wir  nehmen  sie  so  an,  dass  tx  und  ty  mit  ÄÄ^^  und  ÄA^ 
zusammenfallen;  alsdann  ist,  wie  dort  gezeigt,  2AB  =  rx-\'ry, 
daher  ist  die  Inversion  gegen  die  Mitte  von  AB  durch  die 
Inversion  gegen  den  Anfangspunkt  des  Coordinatensystems 
und  eine  Translation  gleich  der  Hälfte  von  t^  -f-  ty  er- 
setzbar. 

Nun  sind  die  gleichwerthigen  Punkte  der  Gruppe  C^\ 
wenn  wir  die  Inversion  als  erzeugende  Operation  wählen, 

xyz,  yx0,  xyzj  yx0]    xye,  yx0,  xyz,  yxjs. 

Um  aus  ihnen  die  bezüglichen  Punkte  für  die  Gruppen  £4,^ 
zu  erhalten,  haben  wir  zur  ersten  Zeile  die  oben  in  §  3  an- 
gegebenen Translationscomponenten  zu  fügen.  Beachten  wir 
nun,  dass  die  Inversion  das  Vorzeichen  von  r«  umkehrt,  so 


—    494    — 

ergeben  sich  die  sämmtlicheD  ZusatzcompoDenten  in  folgender 
Form: 


64.*»: 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0 

S,,»*: 

0, 

^', 

0, 

T, 

0, 

^', 

0, 

r. 

64.»»: 

0, 

0, 

0, 

0 

fx  +  ^y, 

t^  +  t:j„ 

tx+Ty, 

tx+r. 

64,**: 

0, 

Tr, 

0, 

ts 

^x  +  r^, 

^«  +  ^»  +  ^., 

tx  +  r,, 

tx  +  rf  +  X. 

64,»'*: 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0 

64,*«: 

0, 

2  ' 

T,, 

8r, 
2 

'x  +  'y 

'x  +  ^  +  8t. 

r,  +  T,  +  2t, 

'«  +  S  +  '. 

2       ' 

2             ' 

2             ' 

2 

Die  Gruppen  (£4,^^  und  64,71^  können  durch  Multiplication  der 
Grappe  (7/  mit  Fq  resp.  F/  erzeugt  werden. 

§  9.  Allgemeine  Bemerkungen  über  die  sphenoidisohe 
Hemiedrie*  Diese  Erystallclasse  ist  durch  die  Punktgruppe 
V^  =  S^  mit  den  Operationen 

1,  U,  i8,  SB;  @<„U@d,.iB@„2B@^ 
characterisirt.  Sie  kann  durch  Multiplication  der  Vierer* 
gruppe  V  mit.  der  Spiegelung  ©^  erzeugt  werden;  und  zwar 
halbirt  die  Ebene  64  den  Winkel  zwischen  den  Azen  u  und  v. 
Die  mit  ihr  isomorphen  Raumgruppen  ^d  ergeben  sich  also, 
wenn  eine  Gruppe  SS  mit  einer  der  zu  ©^  isomorphen  Ope- 
rationen @d  oder  ©d(0  multiplicirt  wird,  welche  das  Axen- 
system  der  Gruppe  85  in  erlaubter  Weise  in  sich  überführt. 
Natürlich  ist  dabei  vorauszusetzen,  dass  die  Translationsgruppe 
von  93  den  Oharacter  des  tetragonalen  Systems  aufweist. 
Ferner  ist  ersichtlich,  dass  die  Bedingung  des  Satzes  XXII 
von  Gap.  VI,  da  die  Gruppen  93  nur  zweizahlige  Azen  ent- 
halten, immer  erfüllt  ist 


-    495    — 

Da  die  Ebene  <fd  den  Winkel  zweier  Axenrichtungen 
halbirty  so  ist  sie  in  allen  Fallen  einer  Diagonalebene  des  für 
die  Gruppen  93  characteristischen  Parallelepipedons  p  parallel. 
Ueberdies  kann  sie  stets  parallel  zu  den  Axen  w  gewählt 
werden.  Für  diejenigen  Gruppen  93,  deren  drei  Axenscbaaren 
symmetrische  Lage  zu  einander  haben,  ist  dies  evident;  für 
die  andern  Gruppen  ist  es  dadurch  geboten,  dass  bei  ihnen 
nur  die  Axen  u  und  v  gleichartig  angeordnet  sind.  Das 
Parallelepipedon  p  ist  daher  als  quadratische  Säule  zu  be- 
trachten. 

Die  Frage  nach  der  Identität  oder  Verschiedenheit  der 
so  erzeugten  Gruppen  entscheidet  sich  durch  folgende  üeber- 
legung.  Die  Punktgruppe  V  enthält  als  Untergruppe  eine 
Gruppe  Cg",  gebildet  von  den  Operationen 

1,     SB,    @rf,     äB@d5 

es  enthält  daher  gemäss  Satz  XVI  von  Cap.  VI  jede  Gruppe  93^ 
eine  Untergruppe  6^»,  deren  Axen  die  Axen  w  sind.  Sie  wird 
durch  diese  Axen  und  die  erzeugende  Operation  ©^  resp.  ®d(t) 
bestimmt.  Es  ist  demnach  oflfenbar,  dass  ewei  Gruppen  SS^, 
die  aus  derselben  Gruppe  SS  mit  verschiedenen  Operationen  ®a 
resp.  ®d(t)  erzeugt  werden^  identisch  oder  verschieden  sind,  je 
nadhdem  diese  Operationen  dieselbe  oder  verschiedene  Unter- 
gruppen S2,p  liefern.  Für  die  Gruppen  ßg,»  sind  aber  die  be- 
züglichen Fragen  in  Cap.  VIII,  3  bis  7  ausführlich  erledigt 
worden;  die  dortigen  Ergebnisse  gestatten  daher,  die  Identität 
von  Gruppen,  die  auf  verschiedene  Art  erzeugt  sind,  unmittel- 
bar zu  erkennen.  Was  schliesslich  die  Anordnung  und  Natur 
der  Ebenen  6  betrifft,  so  ist  sie  durch  die  Gruppe  ^2,9  un- 
mittelbar bestimmt 

Diejenige  Axe  der  Punktgruppe  F**,  durch  welche  die 
Symmetrieebenen  iS^  gehen,  ist  bekanntlich  eine  vierzählige 
Axe  zweiter  Art.  Es  müssen  daher  auch  unter  den  Axen  w 
einer  jeden  Gruppe  85^  vierzählige  Axen  zweiter  Art  auf- 
treten. Es  fragt  sich,  welche  dies  sind.  Zunächst  sei  daran 
erinnert,  dass  es  gemäss  Cap.  VI,  Satz  XXIV  nur  Drehungs- 
axen   sein   können.     Ferner  drückt  sich,   wie   wir  S.  93   be- 


—     496    — 

wiesen  haben,  die  Vierzähligkeit  der  Hauptaxe  durch  die 
Gleichung  • 

aus;  ist  nun  %  eine  Translation  von  der  Länge  t  parallel  zu 
den  Axen  w,  so  folgt 

wo  der  Abstand  der  Synimetrieebene  6^  von  der  Ebene  6u  die 
Hälfte  von  t  ist.  Dieser  Satz  genügt,  um  die  vierzähligen 
Axen  und  die  Lage  der  zugehörigen  spiegelnden  Ebenen  zu 
bestimmen. 

Da  die  Gruppen  SS^,  SS*,  fß^  Drehungsaxen  tv  nicht  ent- 
halten, so  können  sich  aus  ihnen  Gruppen  ^a  nicht  ableiten 
lassen. 

Für  die  übrigen  Gruppen  bedarf  die  in  ihnen  enthaltene 
Translationsgruppe  noch  einer  Bemerkung  allgemeiner  Art 
Die  Translationsgruppe  von  95^  und  85*  ist  r^;  dieselbe  geht 
für  die  aus  ihnen  ableitbaren  Gruppen  SSd  in  die  Gruppe  Fq 
über.  Das  gleiche  gilt  aber  auch  für  die  Gruppe  8S^;  ihre 
Translationsgruppe  F/  kann  sich  ebenfalls  nur  zu  Fq  specia- 
lisiren.  Dies  entspricht  auch  dem  oben  erwähnten  Umstand, 
dass  die  Translationsgruppe  Fq  zwei  verschiedene  Lagen  zum 
Coordinatensystem  haben  kann.  Analog  leuchtet  ein,  dass  die 
rhombischen  Translationsgruppen  r/'  und  F/"  für  die  tetra- 
gonalen  Gruppen  95^  beide  in  Fq  übergehen;  die  Art,  in  der 
es  geschieht,  ist  oben  in  §  4  ausführlich  erörtert  worden. 

Das  vorstehende  ist  auf  die  in  den  Gruppen  SSd  auftreten- 
den üntergmppen  Sg,^  von  Einfluss.  Um  diese  Gruppen  zu 
ermitteln,  fassen  wir  (vgl.  die  Figuren  des  Cap.  VIII)  das  von 
den  Axen  tv  in  den  Hauptebenen  gebildete  Axennetz  in's 
Auge.  Dieses  Netz  ist  in  allen  Fällen  quadratisch.  Je  nach- 
dem nun  (Sa  durch  eine  Seite  oder  Diagonale  eines  Quadrates 
geht,  treten  diejenigen  Gruppen  62,»  auf,  welchen  ein  recht- 
winkliges oder  ein  rhombisches  Netz  eigenthümlich  isi 

§  10.  Die  Gruppen  der  sphenoidischen  Hemiedrie  mit 
der  Translationsgmppe  Fq.     Für    die  Gruppe  S3^   bilden  die 


—     497     — 

Äxen  w  eine  Gruppe  S^^^-  ^^^  Ebene  öd  hat  die  Richtung  der 
Diagonale  des  Quadrates,  also  haben  wir  die  bezOglichen 
Gruppen  (S^^^  für  rhombisches  Netz  zu  betrachten.  Es  giebt 
zwei  verschiedene  Gruppen  (£2,»  dieser  Art,  die  erste  ist  62,»", 
die  zweite  62,»^';  für  ©2,»^*  ist  ©^  die  erzeugende  Operation, 
für  ®2,«^'  ist  es  ©d(r,).  Es  giebt  daher  auch  zwei  zugehörige 
Gruppen  9?^;  wir  bezeichnen  sie  durch 

S^i  =  (SB^  @rf}     und     »/  =  {SS  ©rf(r,)}. 

Aus  den  obenstehenden  Angaben  folgt,  dass  die  vierzähligen 
Axen  zweiter  Art  in  die  Gegenkanten  von  p  fallen;  die  zu- 
gehörige Ebene  6  ist  für  die  erste  Gruppe  die  Grundfläche 
von  py  für  die  zweite  Gruppe  die  Mittelebene. 

Für  85^  bilden  die  Axen  w  wiederum  eine  Gruppe  G^^ 
Die  Ebene  6^  hat  wieder  die  Richtung  der  .Diagonale  des 
Quadrates  und  jede  der  beiden  Operationen  @d  und  @d(^«)  ist 
Deckoperation  für  das  Axensystem  von  93^  Die  bezüglichen 
Verhiiltnisse  sind  daher  den  vorstehenden  völlig  analog;  wir 
bezeichnen  die  so  entstehenden  Gruppen  durch 

SB/  =  {83^  ©,};     fß/  ==  {«^  ©.(r,)}. 
Die    vierzähligen   Axen    zweiter   Art    sind    diesmal    von   den- 
jenigen, durch  welche  die  Ebe;ne  6^  geht,  verschieden;  denn 
sonst  müssten  die  letzteren  von  Drehungsaxeu  u  und  v  ge- 
schnitten werden. 

Für  die  Gruppe  SS®  fallt  die  Ebene  c^  in  eine  Seite  des 
Axennetzes.  Es  ist  daher  die  Gruppe  6^2^  ^lit  rechtwinkligem 
Netz  in's  Auge  zu  fassen.  Aus  ihr  lassen  sich  vier  verschie- 
dene Gruppen  (£2,9  ableiten,  nämlich 

62,rS    ^2,.\    62,/       und       62,,^ 

Die  erzeugenden  Operationen  sind 

©rf,     ©rf(^0,     ®d{tä),     ©rf(rd+r,), 
wenn  6^  in  allen  vier  Fällen  die  Diagonalfläche  von  p  ist  und 

^rf  =  i  (^*  +  ^y)  • 
Jede  dieser  Operationen  ist  nun  eine  Deckoperation  für 
die  Axen  von  95®;  demnach   entsprechen  ihnen   vier  verschie- 
dene Gruppen  ^d,  nämlich 

Schoenflici,  KryttaUstractnr.  32 


—    500    — 

Gruppen  unterscheiden  sich  dadurch,  dass  die  Ebenen,  welche 
mit  den  Axen  zweiter  Art  verbunden  sind,  bei  der  ersten 
solche  Punkte  der  Axe  w  treffen,  durch  welche  Drehungsaxen 
gehen,  während  bei  der  zweiten  Gruppe  durch  die  genannten 
Punkte  Schraubenaxen  laufen. 

Bei  den  Gruppen  SS®  und  83^  treten  wieder  Gruppen  E«^,, 
mit  rechtwinkligem  Netz  auf;  und  zwar  ist  das  Netz  für  beide 
Gruppen  von  der  Art,  dass  die  Gegenecken  des  Quadrates  von 
gleichartigen  Axen  getroffen  werden.  Derartiger  Gruppen  ©«,« 
haben  wir  aus  ^  zwei  verschiedene  abgeleitet,  nämlich 

e^,«     und     (£^.«5 

ihre  erzeugenden  Operationen  sind,  wie  aus  den  Betrach- 
tungen von  Cap.  Vni,  §  6  folgt^  mit 

@rf    und     @d  (xt) 

zu  bezeichnen,  wo  wie  auf  S.  294 

rr  =  i(rar  +  ry  +  r.) 

zu  setzen  ist.  Von  ihnen  ist  ©j  eine  Deckoperation  nur  für 
das  Axensystem  von  9S®,  während  @d(Tr)  augenscheinlich  nur 
das  Axensystem  von  SB*  in  sich  überfuhrt.  Wir  erhalten  daher 
folgende  zwei  Gruppen: 

SJ/*  =  { SB»,  ©dW } ;     r.  =  i (r,  +  r,  +  t,). 

Jede  Drehungsaxe  w  geht  in  eine  vierzäh  lige  Axe  zweiter  Art 
über;  die  zugehörige  Ebene  6  fällt  für  JB^*^  in  die  Grund- 
fläche, bei  ^d^  ist  sie  von  der  Grundfläche  um  den  vierten 
Theil  von  r,  entfernt.  Die  Ebenen  <y,  welche  je  zwei  nächsten 
Axen  w  entsprechen,  haben  den  Abstand  r^     Es  folgt  noch: 

Lehrsatz  X.  Es  gieht  vier  Baumgruppen  mit  der  Trans- 
lationsgruppe Fqy  deren  Symmetrie  der  sphenoidalen  Hemiedrie 
des  tetragonalen  Systems  entspricht 

Die  Bestimmung  des  Fundamentalsystems  gleichwerthiger 
Punkte  bedarf  auch  hier  keiner  besonderen  Erörterungen, 
wenn  wir,  wie  evident,  der  Ebene  Ca  dieselbe  Lage  geben, 
wie  für  die  Gruppe  F^.    Beachten  wir,  dass  sie  tg  mit  ty  ver- 


—    501     - 

tauscht,  so  ergeben  sich  die  Translationscomponenten  für  die 
Coordinatentripel  in  folgender  Form: 


'  und  Sß, 

:":     0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0 

»d^»: 

0, 

0, 

0, 

0 

^; 

^', 

^', 

t. 

»^«: 

0, 

r., 

««, 

Xy 

^^r, 

W, 

w, 

i^/, 

wenn  tr,  t/,  Xr\  r/"  die  auf  S.  294  angegebenen  Werthe 
haben.  Diejenigen  Gruppen  SS^,  welche  durch  Multiplication 
der  Gruppe  V^  mit  der  Translationsgruppe  JT/  entstehen, 
sind  SS/  und  SS^^^  Für  die  erste  ist  F^  ein  Specialfall  von 
r/',  für  die  zweite  eine  specielle  Form  von  JT/". 

Wir  gelangen  demnach  schliesslich  zu  folgendem  Re- 
sultat: 

Lehrsatz  XI.  Es  giebt  im  Ganzen  12  Baumgruppen,  deren 
Symmebie  der  sphenoidischen  Hemiedrie  des  tetragonalen  Systems 
entspricht 

§  12.  Allgemeine  Bemerkungen  über  die  enantiomorphe 
Hemiedrie.  Diese  Hemiedrie  ist  durch  die  Punktgruppe  D^ 
mit  den  Drehungen 

1,  a,  a»,  a»;  u,  au,  a»u,  si»u 

charucterisirt;  sie  entsteht  durch  Multiplication  von  C^  mit 
einer  Umklappung.  Die  isomorphen  Gruppen  2)4  sind  daher 
durch  Multiplication  einer  Gruppe  S^  mit  einer  zu  U  iso- 
morphen Bewegung  zu  bilden.  Die  Axe  dieser  Bewegung  läuft, 
da  sie  das  in  den  Hauptebenen  liegende  quadratische  Axen- 
netz  in  sich  überführen  soll,  den  Seiten  oder  Diagonalen 
dieses  Netzes  parallel.  Den  vier  zweizähligen  Nebenaxen  von 
2)4  entsprechen  vier  Schaaren  zweizähliger  Axen  für  S)^,  jede 
derselben  bildet  eine  Gruppe  (S,;  zwei  Axenrichtungen  stim- 
men mit  den  primitiven  Netztranslationen  überein,  die  beiden 
andern  halbiren  die  Winkel  zwischen  ihnen.  Die  letzteren 
bilden  daher  in  jedem  Fall  Gruppen  S^^    Unter  ihren  Axen 


—    502    — 

existiren  nun  immer  Drehungsaxen;  als  ereeugende  Operaiion 
kann  daher  stets  eine  Umklajppwng  gewählt  werden. 

Für  jede  Gruppe  64  giebt  es  zwei  verschiedene  vier- 
zählige  Axen  a  und  &;  die  Gruppen  ^^  können  daher  durch 
eine  der  beiden  Permutationen 

(a),  (&)     und    (ah) 

characterisirt  werden. 

Je  zwei  zu  einander  senkrechte  Nebenaxen  der  Punkt- 
gruppe 2)4  bestimmen  mit  der  Hauptaxe  die  drei  Axen  einer 
Yierergruppe  V]  das  gleiche  gilt  also  für  die  isomorphen 
Gruppen  2)4.  Jede  von  ihnen  enthalt  daher  zwei  Unter- 
gruppen SB.  Diese  Vierergruppen  sollen  für  jede  Gruppe  5D4 
angegeben  werden;  einerseits  bedürfen  wir  ihrer,  um  die 
Gruppen  des  regulären  Systems  in  möglichst  einfacher  Weise 
zu  construireU;  andrerseits  ist  durch  Angabe  der  Yierer- 
gruppen  auch  die  Lage  aller  Axen  im  Räume  gekennzeichnet. 
Für  die  Axenvertheilung  ist  auch  der  in  Gap.  VI  abgeleitete 
Satz  XY  zu  beachten.  Ihm  entsprechend  gehen  durch  den 
Schnittpunkt  einer  zweizähligen  und  einer  vierzahligen  Dre- 
hungsaxe  je  vier  zweizählige  Axen,  so  dass  die  Hauptebenen 
im  Abstand  tg  auf  einander  folgen.  Femer  wird  eine  vier- 
zählige  Schrai4benaxe,  deren  Translationscomponente  Tj  ist^  in 
demselben  Punkt  von  zuoei  zweizähligen  Drehungsaxen  ge- 
troffen, und  es  folgen  die  Hauptebenen  in  einem  Abstand 
gleich  der  Hälfte  von  r«.  Endlich  geht  durch  jeden  Punkt 
einer  vierzahligen  Schraübenaxe,  deren  Translationscomponente 
die  Hälfte  von  tg  ist,  nur  je  eine  zweizählige  Axe;  je  zwei  auf 
einander  folgende  bilden  einen  Winkel  von  45^  mit  einander 
und  ihr  Abstand  ist  der  vierte  Theü  von  %,.  Das  gleiche  gilt 
daher  für  die  bezüglichen  Hauptebenen. 

Wir  bezeichnen  die  erzeugende  zweizählige  Axe,  je  nach- 
dem sie  in  (S.  482)  AB,  AA^  oder  C^Q  fällt,  durch 

u„  Ua    resp.    Ucy 
und  die  zugehörigen  Umklappungen  durch 

U.,      Ua,      He. 

Wie  das  vorstehende  lehrt,  kommen  in  jeder  Gruppe  2)4  die 


-     503     - 

Operationen  U«  und  VLa  zugleich  vor.  Sie  entsprechen  beide 
der  Permutation 

(«),     (J),    (c), 
während  die  ümklappung  Uc  die  Permutation 

(ab),    (c) 
be¥rirkt.    Die  beiden  in  ^4  enthaltenen  Yierergruppen  sollen 
durch 

SB«    und     »0 

dargestellt  werden;  die  erstere  ist  diejenige,  deren  Axen  zu 
AÄi  und  ÄA2  parallel  laufen,  während  die  Axen  von  93c  die 
Richtung  AB  und  CiC^  besitzen. 

§  13.  Die  enanüomorphen  Gruppen  mit  der  Trans- 
lationsgrappe  Fq.     Für  die  Gruppen 

64s  64*,  64',  ©4' 

ist  Fq  die  Translationsgruppe;  ihr  primitives  Tripel  ist 

1)  2r:c  =»  AAi ,    2ry  =  AA^,     2t,. 
Für  die  Vierergruppe  85«  sind  daher 

2)  2rj  =  2r^,    2r^  =  2ry,     2r8  =  2r, 

ein  Tripel  primitiver  Translationen.  Für  die  Gruppe  S5c  da- 
gegen fällt  die  eine  Axenrichtung  mit  der  Diagonale  AB  zu- 
sammen, folglich  ist  für  sie  als  System  primitiver  Trans- 
lationen resp. 

3)  2Tj  =  Xx  -{*  ^y;       2t^  ==  tx  —  Ty,       2t^  =s  2Xg 

zu  betrachten.  Auf  Grund  dieser  Bemerkungen  lassen  sich 
die  bezüglichen  Gruppen  95«  und  ä5e  jedoßmal  leicht  bestimmen. 

Alle  vierzähligen  Axen  sind  für  die  obigen  vier  Gruppen 
gleichartig;  es  sind  daher  beide  vorstehend  genannten  Per- 
mutationen gestattet  Die  erzeugende  zweizählige  Axe,  welche 
die  Permutation  (a),  (6)  bewirkt,  ist  in  die  Seite  AA^  oder 
in  die  Diagonale  AB  zu  legen,  diejenige^  welche  {ab)  ent- 
spricht, in  die  Diagonale  0^0^. 

Wir  beginnen  mit  der  Gruppe  (S^^  Im  ersten  Fall  gehen, 
da  a  eine  Drehungsaxe  ist,  vier  zweizählige  Axen  durch  A* 
Wir  bezeichnen  die  bezügliche  Gruppe  durch 


-    504    — 

Die  Gruppe  S«  ist  augenscheinlich  die  Gruppe  SS*;  die  Gruppe 
SScy  den  ihr  zugehörigen  Translationen  2)  entsprechend,  die 
Gruppe  fß\ 

Fällt  die  zweizählige  Axe  in  die  Diagonale  C^C^y  so 
gehen  durch  Ci  und  C^  je  zwei  zweizählige  Drehungsaxen. 
Durch  Ä  und  B  kann  eine  solche  Axe  nicht  laufen.  Beachten 
wir  nuU;  dass  alle  vierzähligen  Axen  Drehungsaxen  sind,  so 
folgt,  dass  die  Gruppe  fßa  nur  die  Gruppe  93^  sein  kann,  während 
die  Gruppe  85o  wieder  die  Gruppe  SS^  sein  muss.  Die  Natur  der 
Gruppe  93^  bewirkt,  dass  keine  Axe  der  Richtung  Ua  von  a,&,c 
getroffen  wird.     Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch 

Für  die  Gruppe  @/  sind  die  vierzähligen  Axen  Schrauben- 
axen,  und  zwar  so,  dass  sie  auch  als  zweizählige  Axen 
Schraubenaxen  bleiben;  sie  bestimmen  daher  eine  Gruppe  S^^ 
Fällt  die  erzeugende  SjmmetrieaxC'  in  die  Seite  ÄÄi,  so  ist 
demgemäss  die  Gruppe  SSa  eiiie  Gruppe  93^,  dagegen  ist 
93o  eine  Gruppe  fß\  Der  Abstand  zweier  Hauptebenen  be- 
trägt den  vierten  Theil  von  r«;  durch  keinen  Punkt  einer 
Hauptaxe  gehen  mehrere  Nebenaxen.  Wir  bezeichnen  die  zu- 
gehörige Gruppe  durch 

Fällt  dagegen  die  erzeugende  zweizählige  Axe  in  die  Gerade 
C^Ci,  so  ist  die  Gruppe  SJc  die  Gruppe  85*,  weil  eine  andere 
Gruppe  93  dieser  Art  nicht  existirt.  Dagegen  kann  93a  nur 
die  Gruppe  93^  sein.  Wäre  sie  nämlich  93^,  so  wQrde  diese 
Gruppe  2)4  mit  der  vorstehenden  identisch  sein,  was  mit 
Rücksicht  auf  die  verschiedene  Axenpermutation  unmöglich 
ist.     Die  Gruppe  soll  durch 

bezeichnet  werden. 

Für  63^  sind  die  Hauptaxen  a  und  b  zweizählige  Dre- 
hungsaxen, sie  bilden  also  wieder  eine  Gruppe  Cg^  Wird  zu- 
nächst Ha  als  erzeugende  Sjmmetrieaxe  gewählt,  so  sind  die 
Gruppen  93«  und  93c  wie  für  ^^^  resp.  die  Gruppen  93*  und  93^ 


-    505     - 

Durch  denselben  Punkt  Ä  der  Axe  a  gehen  aber  in  diesem 
Fall  nur  zwei  zu  einander  senkrechte  Axen.  Der  Abstand 
zweier  Hauptebenen  beträgt  die  Hälfte  von  r».  Wir  bezeich- 
nen die  bezügliche  Gruppe  durch 

Ist  Ue  die  erzeugende  Symmetrieaxe,  so  ist,  wie  für  ^^, 
'  die  Gruppe  SSc  die  Gruppe  85*  und  85«  die  Gruppe  SSI  Wie 
bei  der  Gruppe  S)^*  werden  die  Hauptaxen  a  und  6  von  den 
Nebenaxen  der  Richtung  Ua  nicht  getroffen;  dagegen  giebt  es 
auf  jeder  Axe  c  Punkte^  durch  welche  zwei  zu  einander  senk- 
rechte Axen  hindurchgehen.  Der  Abstand  je  zweier  Hauptr 
ebenen  ist  die  Hälfte  von  r,.  Wir  bezeichnen  die  Gruppe 
durch  ^ 

Die  Gruppe  (£/  unterscheidet  sich  von  ©/  nur  durch  den 
Windungssinn  der  vierzähligen  Axen;  es  müssen  sich  daher 
aus  ihr  die  gleichen  Gruppen  S)^  ableiten  lassen,  wie  aus  (S^^; 
natürlich  mit  anderem  Windungssinn.    Diese  Gruppen  sind 

Die  vorstehenden  Gruppen  besitzen  sämmtlich  die  Trans- 
lationsgruppe Fq,  also  folgt: 

Lehrsatz  Xu.  Es  giebt  acht  Baumgruppen  mit  der  Trans- 
lationsgruppe  Fq,  deren  Symmetrie  der  enantiomorphen  Hemiedrie 
des  tetragonälen  Systems  entspricht. 

Um  das  Fundamental  System  der  gleichwerthigen  Punkte 
zu  bestimmen,  legen  wir  das  Coordinatensystem  in  allen  Fällen 
so,  dass  die  Geraden  ÄÄ^  und  ÄÄ^  die  X-  und  Y-Axen  dar- 
stellen. Die  Goordinatentripel  für  die  Punktgruppe  D^  sind 
(S.  216) 

xy0,  yx0,  xyg,  yxs\    yxz,  xyz,  yxz,  xyz\ 
sie  entsprechen  der  Reihe  nach  den  Operationen 

1,  a,  a^  a«;  u,  au,  a^u,  am, 

und  zwar  unter  der  Voraussetzung,  dass  die  erzeugende  Axe  u 
den  Winkel  zwischen  der  positiven  X-  und  F-Axe  halbirt. 
Zu  der  ersten  Reihe  kommen  die  oben  in  §  3  angegebenen 


—    506    — 

TranslatioDSComponenten,  es  handelt  sich  wieder  nur  um  die- 
jenigen,  welche  zur  zweiten  Zeile  hinzuzufügen  sind. 

Für  die  Gruppen  3)^^  S)^^  5D/  und  ©4'  ist  direct  U,  die 
erzeugende  Operation;  durch  sie  werden  daher  neue  Trans- 
lationscomponenten  nicht  bedingt.  Sie  verwandelt  t,  in  — r, 
und  vertauscht  r«  mit  ty]  demnach  erhalten  wir  folgende 
Translationscomponenten  für  die  bezüglichen  Gruppen: 

3)4^:     0,    0,        0,        O5  0,    0,        0,        0 

r  2t.        3r  3  t.        2t  t. 

*^4  •      ^;        2    f        2    '        2    '  '        2    '        2    '        2 

3)/:     0,     r„       0,        r,;  0,     r„       0,         r, 

_  3t,        2t.         t,  t,         2  t,        3t, 

*^4  •      ^;        2    '        2    ^        2    '  '        2    '        2    '        2    ' 

Für  die  mit  U«  abgeleiteten  Gruppen  ersetzen  wir  die 
erzeugende  Operation  für  den  vorliegenden  Zweck  durch  eine 
ümklappung,  deren  Axe  auf  Uc  senkrecht  steht  und  c^  trifft 
Eine  derartige  ümklappung  existirt  immer.  Die  Hauptebene^ 
in  welche  sie  fallt,  nehmen  wir  zur  XF- Ebene.  Diese  Um- 
klappung lässt  sich  durch  die  Umklappung  um  AB  und  eine 
Translation  von  der  Länge  (T^C^  ersetzen,  deren  Ausdruck 
daher  r,  —  r^  ist;  für  die  Coordinatendarstellung  kann  dafür 
tx  +  ty  geschrieben  werden.  Demnach  ergeben  sich  folgende 
Translationscomponenten : 

®J:     0,  0,  0,  0 

Tx  -\~  Xfjj      ^*  "T  'J^y  >  ^x  "T"  '^yy                   **  T"  "^y 

T,  2t,                            3  t, 

*^4  •      ^>                  2  '  2    '                              2 

3  t,  2  t,  t, 

tx  +  Xy,    rx  +  ry  +  —,    r:,  +  ry  +  -2-,     ^x  +  ^y  +  y 
3)4^-    0,  r„  0,  r, 

^x  +  "Py,       ^x  +  ^y  +  1^*,  "^x  +  ^y;  ^x  +  l^y  +  ^* 

-^  «  St,  2t.  t. 

T,  2t,  3t, 

^x  +  t^y,      ^x  +  ty  +  Y  '         ""^x  +  ty  +  -g-  ,       t;s  +  ty  +  -^  . 


-     507     — 

Die  Gruppe  S)^^  ist  diejenige^  welche  sich  durch  Multiplication 
Yon  2)4  mit  Fq  erzeugen  lässt. 

§  14.  Die  Gruppen  mit  der  Translationsgrappe  F/.  Für 
die  Gruppen  S/  und  ©/  sind  die  vierzähligen  Axen  a  und  6 
ungleichartig;  daher  sind  als  erzeugende  Deckoperationen  nur 
solche  zulässig,  welche  jede  Axenart  in  sich  überführen ,  also 
der  Permutation  (a),  (6)  entsprechen.  Dies  leistet  in  beiden 
Fällen  die  ümklappung  U«  oder  U,. 

Wie  in  §  4  ausgeführt  worden  ist,  haben  wir  für  die 
Gruppe  SSo  die  Translationen 

ty  -\-  ^5;      ta  "7"  "^X}      "^x  "T~  '^y^ 

und  für  die  Gruppe  SSc  die  Translationen 

^"^xj    ^^tfy    ^"^zy    "^x  "x     "^y  ~T~  "^z 

als  primitive  zu  betrachten.  Die  Gruppe  S3a  muss  daher  in 
beiden  Fällen  die  Gruppe  SS'  sein,  während  S5o  entweder  SS® 
oder  SS^  sein  kann.  Dies  hängt  davon  ab,  ob  drei  sich  in 
einem  Punkt  schneidende  Axen  auftreten  oder  nicht. 

Für  ©/  sind  die  Hauptaxen  a  und  6  zweizählige  Dre- 
hungsaxen,  sie  bestimmen  daher  mit  der  Schraubenaxe  c  eine 
Gruppe  (^2*.  Da  a  selbst  Drehungsaxe  ist,  so  gehen  durch  A 
vier  Nebenaxen,  also  sowohl  Axen  Ua  als  Axen  w,.  Demnach 
ist  die  Gruppe  S$c  eine  Gruppe  SS^  Die  Axen  6  bewirken, 
dass  der  Abstand  zweier  Hauptebenen  die  Hälfte  von  r»  ist. 
Die  Gruppe  werde  durch 

bezeichnet. 

Für  S/  repräsentiren  die  Hauptaxen  gleichfalls  eine 
Gruppe  Sjj';  die  Drehungsaxen  sind  die  Axen  c.  Durch  die 
Punkte  Cj  und  Cg  gehen  zwei  zu  einander  senkrechte  Axen, 
durch  A  und  B  geht  nur  eine  derartige  Axe.  Die  Gruppe  SSc 
ist  daher  die  Gruppe  SS^,  während  SS«  wieder  die  Gruppe  SS' 
ist.  Der  Abstand  zweier  Hauptebenen  ist  in  diesem  Fall  der 
vierte  Theil  von  r,.     Wir  bezeichnen  die  Gruppe  durch 

Hiermit  sind  alle  Gruppen  2)^  abgeleitet.    Es  folgt  also : 


—    508    — 

Lehrsatz  Xni.  Es  gieht  iswei  Baumgruppen,  deren  Symmetrie 
der  enantiomorphen  Hemiedrie  des  tetragonalen  Systems  ent^richt 
und  deren  Translationsgruppe  Fq  ist. 

Da  für  beide  Gruppen  die  erzeugende  Operation  eine 
Umklappung  U«  ist,  so  ergeben  sich,  wenn  wir  die  Goordi- 
natenaxen  in  derselben  Weise  annehmen,  wie  bisher,  für  das 
Fundamentalsystem  der  bezüglichen  gleich werthigen  Punkte 
folgende  Translationscomponenten: 

2)/:      0,     0,      0,         0,  0,      0,       0,         0 

*  '222'  222 

Die  Gruppe  ^^^  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication  von 
D4  mit  Fq   entsteht 

§  15.  Allgemeine  Bemerkungen  über  die  holoedrischen 
Gruppen.  Für  die  tetragonale  Holoedrie  ist  die  Punktgruppe 
2)4*  mit  den  Operationen  (S.  94) 

1,  sr,  «*,  a»,  u,  u„U3,  u, 
@»,  m„  si«@*,  «»©*,  VLB,,  Ui©A,  u,@»,  u,©* 

characteristisch.  Sie  entsteht  aus  D4  durch  Multiplication  mit 
der  Spiegelung  ©*;  da  sie  ein  Symmetriecentrum  enthalt,  so 
kann  sie  auch  durch  Multiplication  der  Gruppe  D^  mit  der  Inver- 
sion 3  erzeugt  werden.  Ausser  der  Symmetrieebene  <?*  kommen 
ihr  noch  vier  durch  die  Hauptaxe  und  je  eine  Nebenaxe  ge- 
hende Symmetrieebenen  <y,  a',  ö",  <?'"  zu.  Je  zwei  von  ihnen, 
die  auf  einander  senkrecht  stehen,  bestimmen  mit  der  Haupt- 
axe je  eine  in  D/  enthaltene  Untergruppe  F*. 

Jede  zu  D^  isomorphe  Baumgruppe  2)4, a  kann  daher 
durch  Multiplication  einer  Gruppe  3)^  mit  eiuer  Inversion 
oder  mit  einer  zu  @a  isomorphen  Operation  abgeleitet  werden, 
vorausgesetzt,  dass  dieselbe  eine  zulässige  Deckoperation  des 
gesammten  Axensystems  der  Gruppe  D^  ist. 

Wir  wählen  die  Inversion  als  erzeugende  Operation  und 
stützen  uns  für  die  Ableitung  aller  Gruppen  S)«,^  auf  den 
Satz  XIX  des  Cap.  VI.  Nun  entsteht  (vgl.  S.  207)  die  Punkt- 
gruppe 2)4  durch  Multiplication  der  Gruppe  C^  mit  einer 
Gruppe  C^y  deren  Axe  u  auf  der  vierzähligen  Axe  senkrecht 


-     509     - 

steht;  demnach  hat  dem  genannten  Satz  zufolge  die  ergeugende 
Inversion  die  nothtoendige  und  hinreichende  Bedingung  m  er- 
füllen, dass  sie  für  die  Gruppe  ©4,  d.  h.  also  für  die  Hauptaxen 
der  Gruppe  8)4  und  gleich  für  eine  Schaar  paralleler  gwei- 
ziädiger  Nd>enaxen  eine  Deckoperation  darstellt  Diese  Bedin- 
gung lässt  sich  auf  folgende  Art  in  eine  bequemere  Form 
bringen. 

Das  erzeugende  Symmetriecentrum  bestimmt  mit  der 
Gruppe  &4  stets  eine  Gruppe  64, «.  Es  föUt  daher  gemäss 
§  8  entweder  in  eine  yierzählige  Axe  a  oder  in  die  Mitte 
zwischen  zwei  nächste  yierzählige  Axen  a  und  b.  Um  seine 
Lage  genauer  zu  bestimmen^  benutzen  wir  den  Umstand,  dass 
die  Gruppe  3)4  zwei  Untergruppen  SS«  resp.  SS«  enthält.  Mit 
jeder  von  ihnen  erzeugt  das  Sjmmetriecentrum  eine  Gruppe 
SBa;  wobei  zu  bemerken  ist,  dass  die  Axen  a  und  b  mit  den 
Axen  w  der  Gruppe  S3  zusammenfallen.  Wie  der  Satz  XTY 
von  Gap.  VI  schliessen  lässt,  braucht  aber  das  Symmetrie- 
centrum nur  der  Bedingung  zu  genügen,  für  eine  der  beiden 
Gruppen  eine  erzeugende  Operation  darzustellen.  Wir  wählen 
hierzu  am  zweckmässigsten  die  Gruppe  SS«;  demnach  folgt, 
dass  ein  Symmetriecentrum  stets  und  nur  dann  eine  Deckoperation 
für  die  Gruppe  %^  abgiebt,  u?€nn  dies  für  die  in  *S)^  enthaltenen 
Gruppen  S4  und  85«  zugleich  der  Fall  ist.  Nun  haben  wir 
eben  gesehen,  dass  das  Symmetriecentrum  entweder  in  die 
Axe  a  selbst  oder  in  die  Mitte  zwischen  a  und  b  fallen  muss, 
um  eine  Gruppe  ^«^a  zu  liefern.  Der  ersten  Lage  wird  ge- 
nügt, wenn  es  in  die  Ecke  oder  in  die  Mitte  einer  derjenigen 
Kanten  des  zu  fßa  gehörigen  Parallelepipedons  p  föllt,  welche 
yierzählige  Axe  yon  ^4  ist;  um  der  zweiten  Lage  zu  ent- 
sprechen, ist  es  in  die  Mitte  der  Grundfläche  oder  in  den 
Mittelpunkt  dieses  Parallepipedons  zu  legen. 

Um  die  Natur  und  Vertheilung  der  in  den  einzelnen 
Gruppen  S)«,»  auftretenden  Symmetrieelemente  zu  kennzeichnen, 
genügt  es  gewisse  in  ihnen  enthaltene  Untergruppen  an- 
zugeben. Aus  jeder  der  Gruppen  S3a  und  93c  entsteht  zunächst 
eine  Gruppe  fßh]  jede  von  ihnen  werden  wir  bestimmen.  Dies 
bedarf   aber    einer    besonderen   Vorbemerkung.     Wir    wollen 


—     510    — 

die  Axenvertheilung  der  Gruppen  S5  wieder  durch  die  Paralle- 
pipeda  p  veranschaulichen-,  es  mögen  für  die  folgenden  Be- 
trachtungen pa  und  pc  diejenigen  sein,  welche  den  Gruppen 
SSa  und  SSc  entsprechen.  Die  Grundflächen  dieser  Korper 
bilden  die  Hauptebenen  der  Gruppe  2)4.  Enthält  nun  eine 
Hauptebene  Nebenaxen  aller  vier  Richtungen,  so  haben  jj«  nndjpc 
die  gleiche  Grundfläche;  wenn  dagegen  keine  Hauptebene  von 
S)^  Axen  von  mehr  als  zwei  Richtungen  in  sich  trägt,  so  sind 
die  Grundflächen  von  pa  und  pc  verschieden.  Ist  ferner  Uc  die 
Symmetrieaxe,  mit  welcher  die  Gruppe  ^4  gebildet  ist,  so  ist 
C^Cg  diejenige  Gerade  der  Hauptebene,  mit  der  Uc  zusammen- 
fallt-, daher  sind  in  diesem  Fall  (vgl.  Fig.  62)  die  Kernten  von  po 
die  isweizähligen  Axen,  wahrend  die  vierzählige  Axe  die  Mittdhöke 
von  Pc  ist.  Endlich  ist,  um  die  Lage  des  Symmetriecentrums 
gegen  das  Axensystem  von  SS«  und  SSc  richtig  anzugeben, 
noch  zu  beachten,  dass  die  Diagonalflächen  von  pa  die  Seiten- 
flächen von  Pc  bilden  und  umgekehrt. 

Die  vier  Symmetrieebenen  6^,,  (j/,  <?/',  <y/"  der  Punkt- 
gruppe D4'*  bestimmen  zusammen  mit  der  vierzähligen  Haupt- 
axe  eine  in  D^*  enthaltene  Untergruppe  Q*.  Es  besitzt  daher 
auch  jede  Raumgruppe  3)4, a  eine  Untergruppe  64, r«  Ist  sie 
bekannt,  so  sind  dadurch  auch  diejenigen  Operationen  voll- 
ständig bestimmt,  welche  den  Spiegelungen  an  6t,,  <?/,  6^",  0^' 
isomorph  sind.  Es  soll  daher  auch  die  Untergruppe  £4^9  für 
jede  Gruppe  %^h  angegeben  werden. 

Da  für  die  Gruppen 

»*»,  s)/,  %:,  ©,« 

die  Bedingung  des  Satzes  XXH  von  Cap.  VI  nicht  erfüllt  ist, 
so  kommen  zur  Erzeugung  von  Gruppen  %4^h  nur 

S).S    2),*,    S),^    %,\    %:,    2)," 
in  Frage. 

§  16.  Die  holoedrifichen  Gruppen  mit  der  Translaücns- 
gnippe  Fg.  Für  die  Gruppe  %^  bilden  die  Hauptaxen  eine 
Gruppe  64^,  ihre  Untergruppen  SJ«  und  SJc  sind  resp.  W  und 
SS®,  und  es  fallen  die  Grundflächen  von  pa  und  pc  in  dieselbe 
Hauptebene.    Das  erzeugende  Symmetriecentrum  kann  sowohl 


—    511     — 

(vgl.  die  Figuren  des  Cap.  VIII)  in  die  Ecke  A  voii|}a  als  auch 
in  die  Mitte  W  der  Kante  w  gelegt  werden*  In  beiden  Fällen 
stellt  sich  ^^h'  als  Untergruppe  ein.  Aus  W  und  S3^  entstehen 
im  ersten  Fall  die  Untergruppen  9$a^  und  SJ^^^,  im  zweiten  Fall 
die  Gruppen  S5a'  und  58^*^  Die  bezüglichen  Gruppen  bezeichnen 
wir  durch         ^.^^.^{s,^.,   3}   ={S),i   ©,} 

a)M'={2)4\  3u,}  =  {3)4^  ©ml- 
Die  erstere  enthält  nämlich  im  Punkt  A  alle  Symmetrieebenen, 
welche  der  Punktgruppe  2)/  eigen  sind,  die  zweite  besitzt 
die  zur  Grundfläche  parallele  Mittelebene  von  pa  und  pc  als 
Symmetrieebene.  Als  Untergruppen  (£4,»  treten  daher  resp. 
(£4,/  und  64,/  auf. 

Wird  das  Symmetriecentrum  in  die  Mitte  G  der  Grund- 
fläche oder  in  die  Mitte  M  von  pa  gelegt,  so  bildet  sich  die 
Gruppe  (£4,*^,  ferner  sind  SSa*  und  SS**  die  aus  SS«  entste- 
henden Gruppen.  Aus  SSc  dagegen  gehen,  da  das  Symmetrie- 
centrum den  obigen  Bemerkungen  gemäss  in  die  Mitte  einer 
Seitenkante  resp.  Seitenfläche  fällt,  die  Gruppen  ^i?^  und  S3a^^ 
hervor.     Wir  bezeichnen  die  so  deflnirten  Gruppen  durch 

a)M«  =  {2)4S3.}  =  {®/,  ©c} 

S)4/={S)4S  3«.}. 
Der  Gruppe  ^^^j?  gehört  nämlich,  wie  aus  Cap.  VIII,  §  16 
folgt,  auch  die  oben  mit  6g  bezeichnete  Symmetrieebene  an, 
welche  durch  CjCa  geht.  Die  Gruppe  S)4,a*  enthält  dagegen 
keinerlei  Symmetrieebene.  Hieraus  folgt,  dass  diesmal  ^^^ 
und  64,/  die  bezüglichen  Untergruppen  sind. 

Für  die  Gruppe  *S)^  bilden  die  Hauptaxen  wieder  eine 
Gruppe  64^,  aus  ihr  gehen  daher,  je  nach  der  Lage  des  Sym- 
metriecentrums, wieder  die  Gruppen  £4,**  und  (£4,^*  hervor. 
Die  Gruppe  SS^  ist  wiederum  SS^,  dagegen  ist  SSa  die  Gruppe 
83*.  Die  Grundflächen  von  pa  und  jpc  fallen  wieder  in  dieselbe 
Hauptebene. 

Fällt  das  Symmetriecentrum  in  die  Ecke  A  von  pa  oder 
in  die  Mitte  W  einer  Seitenkante  w,  so  stellt  sich  auch  die 
zu  den  Kanten  w  senkrechte  Symmetrieebene  ein,  im  ersten 
Fall  die  Grundfläche  6^,  im  zweiten  die  Mittelebene  tfm-    Die 


—    512     - 

aus  S5a  dadurch  entstehenden  Gruppen  sind  SSä^  und  fßh^K 
Wir  bezeichnen  die  zugehörigen  Gruppen  S)^;*  durch 

®m'={S)4*,  3«}  =  {2)4',  ©«}. 

Da  die  Gruppe  3)/  mit  Uc  gebildet  ist,  so  ist,  den  obigen  Er- 
örterungen gemäss,  diesmal  die  Mittelhöhe  von  pe  die  vier- 
zählige  Axe,  also  sind  für  iße  die  Punkte  G  und  M  die  be- 
züglichen Symmetriecentra.  Sie  liefern  dieselben  Gruppen, 
wie  oben,  nämlich  SS*^^  und  S5a*®.  Für  3)4, a^  treffen  sich  in 
jeder  Ecke  von  pc  drei  einander  senkrechte  Symmetrieebenen; 
sie  gehen  aber  sämmtlich  durch  zweizählige  Axen.  Daher 
sind  (£4,/  und  64,»^  die  zugehörigen  Untergruppen. 

Wenn  das  Symmetriecentrum  in  die  Grundflächenmitte  G 
oder  in  den  Mittelpunkt  M  von  pa  fällt,  so  sind  SJ**'  und  85a^^ 
die  aus  SSa  entstehenden  Gruppen.  Für  S3o  sind  diese  Punkte 
als  U  resp.  F  zu  bezeichnen;  aus  f8c  müssen  daher  wieder 
S?A*^  und  S?A*^  hervorgehen.  Wir  bezeichnen  die  so  definirten 
Gruppen  durch 

3)4/  =  {®/,  3«}. 

Die  Gruppe  ^^^h  enthält  nämlich  die  auf  0^0^  senkrechte 
Ebene  ög  als  Symmetrieebene,  während  2)4,a^  keinerlei  reine 
Symmetrieebene  besitzt  Demgemäss  sind  (£4,»^  und  ©4.»*  die 
bezüglichen  Untergruppen. 

Für  die  Gruppe  S)^^  bilden  die  Hauptaxen  eine  Gruppe  (£4^; 
aus  ihr  entsteht,  je  nach  der  Lage  des  Symmetriecentrums, 
eine  Gruppe  64,*^  oder  (£4,/*.  Die  Untergruppen  85«  und  SSc 
sind  wieder  SS^  und  SS^;  aber  die  Grundflächen  der  Parallele- 
pipeda  pa  und  pe  sind  nicht  identisch,  die  Grundfläche  des 
einen  fällt  mit  der  Mittelebene  des  andern  zusammen.  End- 
lich ist  zu  beachten,  dass  die  vierzähligen  Axen  als  Drehungs- 
axen  nur  zweizählig  sind. 

Wird  das  Symmetriecentrum  in  die  Ecke  A  von  pa  ge- 
legt, so  fällt  es  demgemäss  in  die  Mitte  W  der  Kante  tp  von 
Pc  und  umgekehrt.     Dadurch  entstehen  die  Gruppen 


-     513    — 

Die  Gruppe  3)4, a^  enthält  SSa^  und  Sa"^  als  Untergruppen,  die 
Gruppe  3)4,A^^  dagegen  85a^  und  SBa^^-  Für  die  erstere  treten 
daher  an  der  Ecke  Ä  von  pa  drei  zu  einander  senkrechte 
Symmetrieebenen  auf,  für  die  letztere  in  den  Ecken  von  jjc5  sie 
bilden  fCLr  pa  die  Mittelebene  öm  sowie  zwei  zu  ihr  senkrechte 
Diagonälebenen.  Die  Untergruppe  €4,9  ist  daher  in  diesen 
Fällen  (£4,,^,  resp.  64,0'. 

Wenn  das  Symmetriecentrum  in  die  Mitte  G  der  Grund- 
fläche oder  in  den  Mittelpunkt  M  von  pa  fällt,  so  sind  wieder 
SSa*  und  85a*  die  aus  SS«  entstehenden  Gruppen;  aus  85c  ergeben 
sich,  wie  aus  dem  obigen  ersichtlich,  SSa**  und  85a*^  Wir  be- 
zeichnen die  zugehörigen  Gruppen  2)4, a  durch 

2)4,*"=  {3)/,  3»}  =  {3)/,  @c}. 
Die   letztere   enthält   nämlich  wieder  die  auf  AB  senkrechte 
Symmetrieebene  tfe>  deren  Lage  die  einer  Diagonalebene  von  pa 
ist.     Die    erstere   Gruppe    enthält    keinerlei   Symmetrieebene. 
Ihnen  kommen  resp.  ©4,/  und  S4,/  als  Untergruppen  zu. 

Die  Gruppe  3)/  enthält  S/,  sowie  8^  =  85«  und  8?«  =  85« 
als  Untergruppen.  Die  Parallelepipeda  jp«  und  pc  haben,  wie 
für  S)/,  verschiedene  Grundfläche,  und  da  2)/  mit  der  Um- 
klappung Uc  erzeugt  ist,  so  ist,  wie  für  3)/,  die  vierzäblige 
Axe  die  Mittelbohe  von  pe^  Daraus  lassen  sich  die  bezüg- 
lichen Verhältnisse  leicht  entnehmen.  Wir  gelangen  zunächst 
wieder  zu  zwei  Gruppen: 

a)M"={S54*,  3)  =  {»/,  @»} 

©4.»"=  {3)4',  3.}  =  {3)/,  ©„}. 

Die  erstere  enthält  8Sa^  und  8Sa^^  als  Untergruppen,  die  letztere 
SSa^  und  ^k^^.  Für  diese  stellen  sich  in  den  Ecken  von  85c 
drei  einander  senkrechte  Symmetrieebenen  ein,  während  für 
jene  nur  die  Grundflächen  von  SS«,  resp.  die  Mittelebenen  von 
Pc  Symmetrieebenen  sind.  Sie  besitzen  resp.  ©4,,®  und  64^  »* 
als  Untergruppen. 

Sohoenflies,  KrysUllstruotur.  33 


-     514    - 

Die  andern  beiden  aus  2)^^  ableitbaren  Gruppen,  für  welche 
das  erzengende  Symmetriecentram  in  die  Mitte  G  der  Grund- 
fläche von  pa  oder  in  den  Mittelpunkt  M  (allty  sind 

Für  pe  fällt  das  erzeugende  Symmetriecentrum,  wie  oben,  in 
die  Mitte  einer  Seitenfläche  oder  Seitenkante.  Die  Gruppe 
2)4, A^^  enthält  SSa^^  und  SSa*^  als  Untergruppen,  jede  Seiteu- 
fläche 0a  von  Pa  ist  daher  Symmetrieebene,  also  auch,  was 
dasselbe  ist,  jede  durch  die  Mittelhohe  gehende  Diagonalebene 
von  jpc.  Dagegen  sind  für  S)4,a'*  die  Gruppen  SSa'®  und  85**^ 
die  bezüglichen  Untergruppen;  demnach  stellt  sich  diejenige 
auf  C1C2  senkrechte  Symmetrieebene  6,  ein,  welche  Diagonal- 
ebene  von  Pa  ist,  und  durch  die  Mittelhöhe  von  pe  geht  Die 
bezüglichen  Untergruppen  64,«  sind  demgemäss  (^4,9^  resp.  @4,o^ 
Wir  erhalten  schliesslich: 

Lehrsatz  XIV.  Es  giebt  16  Baumgruppen,  welche  die  Trans- 
lationsgruppe  Fq  enthalten  und  die  Symmetrie  der  tetragonalen 
Holoedrie  besitzen. 

Um  die  Coordinaten  des  Fundamentalsystems  zu  be- 
stimmen, legen  wir  wieder  das  in  §  13  benutzte  Goordiuaten- 
system  zu  Grunde.  Es  genügt,  wenn  wir  uns  darauf  be- 
schränken ,  diejenigen  Translationscomponenten  anzugeben, 
welche  in  den  Coordinaten  von  Zeile  III  und  IV  der  für  B^ 
oben  S.  216  aufgestellten  Tabelle  erscheinen.  In  Verbindung 
mit  den  in  §  13  enthaltenen  Zusatztranslationen  bilden  sie 
die  Gesammtheit  aller  Translationen  für  das  Fundamental- 
system. 

Da  die  Inversion  jede  Translation  in  die  entgegengesetzte 
verwandelt,  und  im  übrigen  in  bekannter  Weise  (vgl.  Satz  XIII 
von  Gap.  V)  durch  eine  Inversion  gegen  den  Anfangspunkt 
und  eine  Translation  ersetzbar  ist,  so  erhalten  wir  ohne  Mühe 
folgende  Tabelle  der  bezüglichen  Zusatztranslationen: 

S)4,//:  0,         0,         0,         0 

0,         0,         0,         0 


—    515    — 


®4.»': 

^>, 

^s, 

^o 

T., 

T«, 

t., 

^., 

T., 

»4.*»: 

X,  +  ^y, 

».  +  ty, 

^x  +  «^y, 

Tx  +  Ty, 

T»  +  ty, 

fx  +  t„ 

T,  +  Ty, 

Tx  +  Ty 

5)4.*^: 

T,  +  Tr,  +  T„ 

Tx  +  Tt  +  t,, 

^X+ty  +  X., 

Tx  +  Ty  +  T, 

^x  +  Ty  +  T„ 

^X+ty  +  X,, 

I^X  +  ty  +  X., 

Tx  +  Ty  +  T, 

®4,**: 

0, 

0, 

0, 

0, 

T,  +  Ty, 

Tx  +  1^», 

»^X  +  Ty, 

Tx  +  Ty 

S>4.*'': 

r,, 

t., 

T», 

T, 

^* +  %+*»> 

^x  +  Ty  +  T., 

Tx  +  «Ty  +  T„ 

T.  +  Ty  +  T, 

©4.*': 

■'X    +  Ty, 

Tx  +  T», 

Tx  +  Ty, 

Tx  +  Ty 

0, 

0, 

0, 

0 

3)4.*": 

**  +  T,  +  T„ 

^X  +  Xy+X„ 

T.  +  Ty  +  T„ 

^x  +  Ty  +  T, 

«^., 

■'; 

T., 

T, 

®4.*»: 

0, 

f', 

0, 

T, 

0, 

^; 

0, 

T, 

©4.*"': 

»», 

0. 

^; 

0 

"t., 

0, 

^', 

0 

®4.a": 

fx  +  r», 

"^X+Xy+X., 

T«  +  Ty, 

Tx  +  Ty  +  T, 

Tx   +  Ty, 

■^X   +   Xy-\-X„ 

Tx  +  Ty, 

Tx  +  Ty  +  T, 

3)4.*": 

^^x  +  Ty  +  T„ 

Tx  +  Xy, 

Tx  +  Ty  +  T„ 

Tx  +  Ty 

Tx  +  ^y+'o 

tx   +  ty, 

Tx  +  Ty  +  T„ 

Tx  +  Ty 

3)4.»»: 

0, 

^z, 

0, 

T, 

T»  +  T», 

^X  +  Xy  +  X., 

Tx  +  Ty, 

Tx  +  Ty  +  T, 

3)4.*": 

»^.; 

0, 

T., 

0 

*x  +  «^»4-«., 

Tx  +  Xy, 

Tx  +  Ty  +  T,, 

T«  +  Ty 

3)4.*": 

«^x  +  r„ 

1^x  +  ry  +  T,, 

Tx  +  Ty, 

Tx  +  Ty  +  T, 

0, 

*.| 

0, 

T, 

3),,»'«: 

Tx+»l-  +  «^^. 

Tx  +  Ty, 

Tx  4-  Ty  +  T„ 

Tx  +  Ty 

■t', 

0, 

T», 

3J 

0 
1« 

-     516     - 

Die  Gruppe  ^4^h  ist  diejenige^  welche  durch  Multiplicatiou 
der  Punktgruppe  D^  mit  der  Gruppe  F^  gebildet  werden 
kann.  Sie  stellt  die  Gruppe  des  durch  Fq  repräsentirten  Baum- 
gitters  dar. 

§  17.  Die  holoedrischen  Gruppen  mit  der  TnmslfttionB- 
grnppe  F/.  Für  die  Gruppe  S)^®  bilden  die  Hauptaxen  eine 
Gruppe  (S/.  Sie  lässt  nur  solche  Deckoperationen  zu,  welche 
die  vierzähligen  Axen  a  und  b  gesondert  in  sich  überfahren; 
das  erzeugende  Symmetriecentrum  föUt  daher  in  die  Axe  a 
selbst.  Die  Gruppe  fßa  ist  die  Gruppe  SS^,  dagegen  ist  9$c 
die  Gruppe  85®.  Die  Grundflächen  von  pa  und  po  fallen  zu- 
sammen. Wird  die  Ecke  Ä  von  pa  als  erzeugendes  Symmetrie- 
centrum gewählt^  also  die  durch  sie  laufende  Gerade  to  als 
vierzählige  Drehungsaxe  a  vorausgesetzt;  so  gehen  durch  sie 
alle  Symmetrieebenen  der  Punktgruppe  D^,  Die  zweite 
mögliche  Lage  des  Symmetriecentrums  ist  die  Mitte  W  der 
Kante  w  von  pc\  es  bedingt  die  zu  u?  senkrechte  Symmetrie- 
ebene 6jn'  Da  die  Höhe  von  pa  nur  die  Hälfte  derjenigen 
von  Po  ist,  so  ist  auch  Punkt  Ay^  der  oberen  Grundfläche  von 
Pa,  resp.  der  vierzähligen  Schraubenaxe  b  ein  Symmetriecentrum. 
Durch  dieses  Symmetriecentrum  werden  nach  Cap.  VHI,  §  17 
drei  zu  einander  senkrechte  Symmetrieebenen  bedingt,  die 
sich  in  Ä^  schneiden.  £8  entstehen  daher  im  ersten  Fall  aus 
SJ'  und  aS®  die  Untergruppen  85**'  und  8SA*^  im  zweiten  Fall 
SSa^'  und  85a^.  Wir  bezeichnen  die  zugehörigen  Gruppen  durch 

®4,A^«=    {2)/,    3.}    =    {©4',    ©m}. 

Die  bezüglichen  Untergruppen  6^4,«  sind  augenscheinlich  (£4,9^ 
und  64..'^. 

Endlich  ergeben  sich  auch  aus  ^^^^  je  zwei  Gruppen  3)4,*. 
Die  Hauptaxen  bilden  die  Gruppe  (£4^;  sie  gestattet  nur  solche 
Deckoperationen,  welche  a  und  b  vertauschen,  das  erzeugende 
Symmetriecentrum  fällt  daher  zwischen  a  und  b.  Die  Gruppe 
fßa  ist  wieder  83*^,  dagegen  ist  83c  diesmal  83^  Die  Grundflächen 
von  Pa  und  pe  haben  einen  Abstand,  der  gleich  dem  vierten 
Theil  von  r^  ist.     För  83^  lässt   sich   das   Symmetriecentrum, 


—     517     — 

da  es  nicht  in  eine  Axe  fallen  darf,  nur  in  die  Mitte  Pflegen; 
es  bestimmt  mit  93'^  die  Gruppe  ^h^^,  doch  ist  zu  beachten, 
dass  gemäss  Gap.  VIII;  §  17  eine  verschiedene  Anordnung  der 
Symmetriecentra  auftritt,  wenn  wir  das  erzeugende  Sym- 
meiriecentrum  in  zwei  benachbarte  Parallelepipeda  pa  legen. 
Dadurch  wird  bewirkt,  dass  es  für  das  der  Gruppe  S3^  ent- 
sprechende Parallepipedon  pe  entweder  in  die  Mitte  der  Grund- 
fläche oder  in  den  Mittelpunkt  fölli  Dem  entsprechen  zwei 
yerschiedene  Gruppen  ^4,,h]  die  aus  SS«  entstehenden  Gruppen  SS^ 
sind  für  die  erstere  yon  ihnen  SS^'^,  für  die  letztere  dagegen 
SBä*^    Wir  bezeichnen  die  zugehörigen  Gruppen  durch 

2)4,.^'- {»4'^  3«.}  =  {2)4^3}. 

Nach  Gap.  VIII,  §  18  enthält  nämlich  die  erstere  zwei  Seiten- 
flächen von  pc  als  Symmetrieebenen;  die  letztere  enthält  keine 
eigentliche  Symmetrieebene ,  aber  jede  Ecke  yon  pc  ist  eben- 
falls ein  Symmetriecentrum.  Die  Gruppe  2)4,  ä^^  enthält  ofienbar 
64,,^^  als  Untergruppe,  S)^,*^®  dagegen  die  Gruppe  S4,»".  Es 
folgt  noch: 

Lehrsatz  XV.  Es  giebt  vier  Baumgruppen  ^  welche  die 
Symmärie  der  tetragonalen  Holoedrie  besitzen  und  F/  als  Trans- 
lationsgruppe enthalten. 

Behalten  wir  das  in  §  14  benutzte  Goordinatensystem  bei, 
betrachten  also  AC^  und  AC^  als  X-  und  F-Axe,  so  ist  (S.485) 

AC^    =i^ta:y  AC^    =    ^Xyy  AB    =    ^{X:o    +    ty), 

daher  ergeben  sich  für  die  den  Zeilen  III  und  IV  entsprechen- 
den Coordinaten  folgende  Zusatztranslationen: 

®4,A^':   0,  0,  0,  0 

0,  0,  0,  0 

3)4,*^®:    tsj  Xsy  r,,  T, 

Xgy  Tjf,  Tiy  tg 


^. 


+  x  X    -\- 1         3t      t  4-t  t    -4- t 


7 


fr.,  -^^  + 


—    518    — 

5^     20.     !^  +  ^4-r        "«  +  ^4.^*'       ^-  +  ^^       ^^  +  ^    I    "* 
A^i,*    .  2  r^M  2  '      2   '  2       '  2  "^  2 

2  '    ^''  2  '2'  2~    '  2  '    "2"' 

Die  Gruppe  S)4,a^^  ist  diejeDige;  welche  sich  durch  Mul- 
tiplication  von  D/  mit  F/  erzeugen  lässt.  Sie  gui>t  die  Ge- 
sammtsymmetrie  des  durch  F/  repräsentirten  BaumgiUers  an. 

Hiermit  sind  die  zu  D^^  isomorphen  Raumgruppen  ins- 
gesammt  abgeleitet.     Es  folgt  daher: 

Lehrsatz  XVI.  Es  giebt  20  Baumgruppen,  deren  Symmetrie 
mit  derjenigen  der  Holoedrie  des  tetragoncUen  Systems  überein- 
stimmt. 


Elftes  Capitel. 
Das  hexagonale  System. 

§  1.  Vorbemerkungen.  Dem  hexagonalen  System  ge- 
hören die  Punktgruppen 

an.  Den  ersten  fünf  kommt  eine  sechszählige  Hauptaxe^  den 
letzten  zwei  eine  dreizäUige  Hauptaxe,  ausserdem  aber  eine 
zu  ihr  senkrechte  Symmetrieebene  zu.  Von  den  isomorphen 
Baumgruppen  besitzen  die  ersten  fünf  eine  Schaar  paralleler 
sechszähliger^  die  letzten  beiden  eine  Schaar  dreizähliger  Axen. 
Wir  nennen  sie  wieder  Hauptaaen,  bezeichnen  die  zu  ihnen 
senkrechten  Ebenen  als  Hauptebenen  und  das  von  den  Axen 
in  den  Hauptebenen  gebildete  Netz  als  Axennete.  Wir  be- 
handeln die  letzten  beiden  Classen  zunächst  (Fig.  60;  S.  461). 

Wie  das  dritte  Capitel  in  §  7  zeigt,  sind  mit  einer  drei- 
zähligen  Hauptaxe  zwei  verschiedene  Translationsgruppen  ver- 
einbar^ nämlich  Frh  und  F*.  Da  aber  die  hier  in  Betracht 
kommenden  Gruppen  C^^  und  Dj*  eine  zur  Axenrichtung  senk- 
rechte Symmetrieebene  besitzen,  so  ist  die  Translationsgruppe 
Frhf  deren  primitives  Tripel  durch 

2ri,  2tmf  2r«,     ti  -f-  r„,  -f-  r„  =  r^ 
dargestellt  ist,  auszuschliessen,  denn  ihr  kommt  diese  Sym- 
metrieebene nicht  zu. 

§  2.  Die  Tetartoedrie  mit  dreizähliger  Hauptaxe.  Die 
Gruppe  Gj*  enthält  die  Operationen 

1,  a,  a»,  @A,  a@„  a«@» 

und  entsteht  durch  Multiplication  von  Q  mit  der  Spiegelung  ©*• 
Eine  Inversion  enthält  die  Gruppe  nicht.  Die  isomorphen  Raum- 


-    520    - 

gruppeu  Ss^A  ergeben  sich  daher  nur  durch  Multiplication  einer 
Gruppe  6^3  mit  einer  zu  @a  isomorphen  Operation^  yoraus- 
gesetzt^  dass  dieselbe  die  Axen  von  @g  in  zulässiger  Weise  in 
sich  überfQhri  Nach  Cap.  VI,  Satz  XXII  ist  dies  nur  für 
die  Gruppen  63^  und  63^  möglich;  die  letztere  enthält  aber 
Frh  als  Translationsgruppe  und  ist  daher  gleichfalls  auszu- 
schliessen.  Die  erzeugende  Operation  ist  entweder  von  der 
Form  ©Ä  oder  von  der  Form  ©A(t),  wo  r  eine  halbe  primi- 
tive Translation  ist.  Die  Spiegelung  @a  föhrt  jede  Axe  in 
sich  über;  sie  erzeugt  daher  aus  (S^^  eine  Gruppe  (Ss,«.  Nun 
beträgt  der  Abstand  zweier  dreizähligen  Axen  niemals  eine 
halbe  Translation  ^  folglich  ist  @a(t)  keine  mögliche  Deck- 
operation des  AxensystemSy  also  auch  nicht  erzeugende  Ope- 
ration fQr  eine  Gruppe  Ss^a*  Daraus  folgt^  dass  es  nur  eine 
einzige  Raumgruppe  dieser  Art  giebt^  nämlich 

Die  Axenpermutation  ist  durch 

(«),    (6),    (c) 
gegeben.     Die   von   den  Ebenen  öy  6'  . . .  gebildete  Ebenen- 
schaar  enthält^  wie  die  Natur  der  Gruppe  A  mit  sich  bringt, 
lauter  Symmetrieebenen.    Wir  erhalten  folgenden  Satz: 

Lehrsatz  L  Es  giebt  eine  einzige  Baumgrappej  deren  Synp- 
metrie  der  Tetartoedrie  zweiter  Art  im  hexagonälen  System  ent- 
spricht.    Ihre  Transhüionsgruppe  ist  A. 

Legen  wir  den  Coordinatenanfangspunkt  in  den  Schnitt 
der  dreizähligen  Axe  und  der  Symmetrieebene,  so  gehen  durch 
ihn  die  gleichen  Symmetrieelemente,  wie  bei  der  Punkt- 
gruppe Cq\  Im  Fundamentalsystem  gleichwerthiger  Punkte 
treten  daher  keinerlei  Translationscomponenten  auf.  Die 
Gruppe  ergiebt  sich  durch  Multiplication  der  Punktgruppe  C^^ 
mit  der  Translationsgruppe  Fa« 

§  3.  Die  Hemiedrie  mit  dreiE&hliger  Axe.  Sie  ist  durch 
die  Punktgruppe  D3*  mit  den  Operationen 

1,  «,     a«,     u,     u„    u, 

@A,    21©A,    «»©*,    U@A,   Ui@*,   U,@A 


—    521     — 

gekennzeichnet.  Dieselbe  entsteht  durch  Multiplication  der 
Gruppe  D3  mit  der  Spiegelung  @a-  Sie  besitzt  ausser  der 
Symmetrieebene  6h  noch  drei  andere  Sjmmetrieebenen  tfp,  (t/, 
6^\  welche  durch  die  Hauptaxe  und  je  eine  Nebenaxe  gehen 
und  mit  der  Hauptaze  eine  Gruppe  C^  bestimmen.  Ferner 
ist  zu  beachten,  dass  die  Ebene  öh  mit  der  dreizahligen  Haupt- 
aze die  Gruppe  C^^  bildet 

Die  isomorphen  Raumgruppen  S)s,a  sind  durch  Multipli- 
cation einer  Gruppe  S),  mit  einer  zu  @a  isomorphen  Operation 
zu  bilden.  Die  letztere  erzeugt  nach  Satz  XVI  Ton  Cap.  VI 
mit  den  dreizahligen  Azen  von  S),  eine  Gruppe  (Ss^a.  Wie  wir 
eben  gesehen  haben,  giebt  es  aber  nur  eine  einzige  derartige 
Gruppe,  nämlich  Ss^aS  aus  S,^  entstehend;  es  können  sich 
daher  auch  nur  aus  denjenigen  Gruppen  S^g  Gruppen  S)s,a  ab- 
leiten lassen,  deren  Hauptazen  eine  Gruppe  63^  bilden.  Diese 
Gruppen  sind  S),^  und  ^^.  Ueberdies  muss,  gemäss  den  Er- 
gebnissen des  vorigen  Paragraphen,  die  erzeugende  Operation 
stets  von  der  Form  @a  sein. 

In  allen  Hauptebenen  der  Gruppen  ^^^  und  ^^  haben 
die  Nebenazen  die  gleiche  Lage  zu  dem  in  ihnen  enthaltenen 
Azennetz.  Die  Symmetrieebene  giebt  daher  stets  und  nur 
dann  eine  Deckoperation,  wenn  sie  entweder  in  eine  Haupt- 
ebene 6h  oder  in  die  Mitte  zwischen  zwei  Hauptebenen  föUt. 
In  der  ersten  Lage  enthält  sie  Nebenazen  ««,^1,14,  also  sind 
die  Untergruppen  (S^,«  resp.  (Ss,/  und  (Ss,«^  Für  die  zweite 
Lage  enthält  sie  keine  Nebenaxe;  es  muss  sich  demgemäss 
@3,p*  resp.  ©8,/  als  Untergruppe  einstellen.  Wir  bezeichnen 
die  Symmetrieebene  in  dieser  Lage  durch  6^  und  erhalten 
somit  aus  S)^^  die  Gruppen 

ebenso  aus  S),'  die  analogen  Gruppen 

2)8.A»  «   {  3)3',    ©^  }       und       3)3,A*  =   {  3)3^    ©.  }  . 

Also  folgt: 

Lehrsatz  H.  Es  giebt  vier  Eaumgruppen  ©s,*,  deren  Sym- 
metrie derjenigen  der  hexagonalen  Hemiedrie  mit  dreizähliger  Axe 
entspricht    Ihre  Translationsgruppe  ist  Fa. 


—     522    — 

Um  das  Fundamentalsystem  gleichwerthiger  Punkte  zu 
ermittelu,  legen  wir  das  in  Cap.  IX;  §  6  benutzte  Goordinaten- 
System  zu  Grunde.  Die  erzeugende  Symmetrieebene  fallt 
somit  für  ©».a^  und  S)«,*^  in  die  ZT- Ebene,  für  S),,**  und 
S)3,A^  dagegen  verläuft  sie  parallel  zu  derselben ,  und  zwar  in 
einer  Entfernung,  welche  gleich  der  Hälfte  von  t,  ist.  Daraus 
folgt  sofort,  dass  Zusatztranslationen,  welche  von  @a  resp.  @m 
herrühren,  nur  für  die  letzteren  Gruppen  auftreten,  und  zwar 
ist  Tj  diese  Translation. 

Von  den  Coordinatenwerthen  der  auf  S.  212  enthaltenen 
Tabelle  werden  nur  die  beiden  letzten  Zeilen  durch  ©  beein- 
flusst  Zu  den  beiden  ersten  gehören,  wie  Cap.  IX,  §  8 
zeigt,  Zusatztranslationen  nicht;  folglich  erhalten  wir  folgende 
Tabelle: 


2)s,a'  und  S),,»»: 

0, 

0, 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0, 

0, 

0 

2)».»«  und  S),,»*: 

0, 

0, 

0, 

0, 

0, 

0 

'^»}       "^tf       '^t)        '^tj       '^zy       '^i» 

Dies  zeigt,  dass  die  Gruppen  ©a,*^  und  3)8,*'  durch  Multipli- 
cation  der  Punktgruppe  Dj*  mit  der  Translationsgruppe  F* 
gebildet  werden  können.  Sie  unterscheiden  sich  durch  die  ver- 
schiedene Lage  der  Translationsgruppe  zu  den  Äxen,  und  zwar 
in  derselben  Weise,  wie  es  für  die  in  Cap.  IX  behandelten 
Gruppen  mit  drcizähliger  Axe  (vgl.  S.  473)  der  Fall  ist. 

§  4.    Die  Tetartoedrie  mit  sechszäMiger  Hanptaxe.    Für 

alle  Gruppen  mit  sechszähliger  Hauptaxe  ist  JT*  die  zugehörige 
Translationsgruppe.  Sie  entspricht  dem  Raumgitter  vom  hexa- 
gonalen  Typus;  ihr  primitives  System  wird  daher  in  allen 
Fällen  durch 

2ri,  2t2,  2r3,  2r,;     r^  +  r^  +  rj  =  0 

bestimmt.  Da  keine  Translation  existirt,  deren  Componente 
parallel  den  Axen  kleiner  als  2r«  fst,  so  sind  alle  Axen 
gleichartig.  Wie  aus  Cap.  V,  3  folgt,  sind  sie  in  diesem  Fall 
sogar  sämmtlich  gleichwerthig.  Es  giebt  also  nur  eine  Schaar 
von  gleichwerthigen  Hauptaxen.    Die  Translationscomponenten 


-     523     ^ 

können  gemäss  Cap.  VI,  Lehrsatz  VIII  für  die  Hauptaxen 
einen  der  sechs  Werthe 

^'      8  '      3  '     ^''      3  '      3 

haben.  Die  Schraubenaxen,  welche  dem  zweiten  und  sechsten 
resp.  dem  dritten  und  fünften  dieser  Werthe  entsprechen, 
unterscheiden  sich  nur  durch  den  Windungssinn. 

Der  Tetartoedrie  mit  sechszähliger  Hauptaxe  entspricht 
die  Punktgruppe  Cg,  deren  Operationen  die  Drehungen 

1,  a,  w,  2l^  a*,  a^ 

sind.  Die  Drehungen  ä*  und  81*  bewirken,  dass  in  den  iso- 
morphen Raumgruppen  6^  parallel  zu  den  sechsz'ahligen  Haupt- 
axen auch  zweizählige  und  dreizählige  Axen  auftreten.  Ihre 
Vertheilung  muss  mit  der  Axen- 
vertheilung  derjenigen  Gruppen  (Sg 
resp.  ^3  übereinstimmen,  deren 
Translationsgruppe  von  der  beson- 
deren Art  ist,  wie  die  Gruppe  des 
hexagonalen  Systems.  Die  sechs- 
zähligen  und  dreizähligen  Axen 
haben  also  (vgl.  Fig.  63)  dieselbe 
Lage,   wie   die  Axen   a,  &,  c   im 

Cap.  IX,  §  2;  yv^ährend  die  zweizähligen  Axen  d  die  Seiten 
des  in  der  Hauptebene  liegenden  Hauptaxennetzes  halbiren. 

Entsprechend  den  oben  genannten  Werthen  der  Trans- 
lationscomponenten  giebt  es  sechs  verschiedene  Gruppen  @q. 
Die  erste,  nämlich 

enthält  lauter  Drehungsaxen.     Die  beiden  Gruppen 

enthalten  lauter  Schraubenaxen;  sie  unterscheiden  sich  von 
einander  nur  durch  den  Windungssinn.  Das  letztere  gilt  auch 
von  den  Gruppen 


—    524    — 

Ihre  sechszähligen  uud  dreizähligen  Axen  sind  Schraubenaxen, 
die  zweizähligen  sind  Drehiuigsaxen.  Endlich  sind  f&r  die 
Gruppe 

die  sechszähligen  und  zweizähligen  Axen  Schraubenaxen,  die 
dreizähligen  dagegen  Drehungsaxen.     Wir  erhalten  noch: 

Lehrsatz  in.  Es  gi^t  sechs  verschiedene  Baumgrtippen^ 
deren  Symmetrie  der  Tetartoedrie  erster  Art  des  hexaganaien 
Systems  entsprid^t.    Ihre  Translationsgruppe  ist  r*. 

Die  Coordinatenwerthe  der  Fundamentalsjsteme  lassen 
sich  unmittelbar  angeben.  Wir  legen  die  ^Axe  in  die  Axe  a. 
Welches  der  in  Gap.  VIII  des  ersten  Abschnittes  angewandten 
Coordinatensysteme  wir  nun  auch  zu  Grunde  legen,  so  können 
doch  zusätzliche  Translationscomponenten  nur  parallel  der 
Z-Axe,  resp.  für  die  Goordinaten  0  auftreten.  Da  wir  Viel- 
fache von  2r«  beliebig  zu  den  sich  einstellenden  Translationen 
hinzufugen  können,  so  erhalten  wir  folgende  Tabelle: 
©6*:    0,    0,        0,        0,        0,        0 


e. 


2. 


V:     0,     -^ 


©6*: 


e« 


0, 

«, 

2», 

8«, 

*^. 

6«, 

v 

8    ' 

8    ' 

8    ' 

8 

0, 

6t. 

4*. 

St, 

2r,    • 

*. 

8    ' 

8    ' 

3    ' 

8    ' 

T 

0, 

2», 
3    ' 

8    ' 

0, 

2». 
3   ' 

4', 
8 

0, 

3    ' 

2', 
8    ' 

0, 

8   ' 

2», 
3 

0, 

^', 

0, 

»., 

0, 

r. 

§  5.  Die  hemimorphe  Hemiedrie.  Der  hexagonalen 
Hemimorphie  entspricht  die  Punktgruppe  C^^  mit  den  Ope- 
rationen 

1,  a,    a»,     a»,    «s    a* 
©„  a©.,  a«@.,  w®,,  «*©.,  a«^©.. 

Sie  entsteht  durch  Multiplication  der  Gruppe  C^  mit  &p  und 


—    525    — 
enthält  sechs  durch  die  Hauptaze  gehende  Symmetrieebenen 

<y,  <{,  <r,  6"\  6^\  6^. 

Die  isomorphen  Ranmgruppen  (Se,o  lassen  sich  daher 
durch  Multiplication  einer  Gruppe  6^^  mit  einer  Operation  @p 
oder  ©,(tj)  erzeugen,  welche  eine  Deckoperation  des  Axen- 
Systems  von  ^^  ist.  Da  aber  für  jede  Gruppe  (S^  alle  sechs- 
zahligen  Axen  gleichwerthig  sind,  so  ist  einzig  die  Permu- 
tation (a)  möglich;  daher  können  aus  jeder  Gruppe  gemäss 
Cap.  VI,  §  14  nur  zwei  verschiedene  Gruppen  ©6,»  abgeleitet 
werden;  entsteht  die  eine  durch  Multiplication  mit  ©«,  so  ist 
die  erzeugende  Operation  der  andern  @p(rj).  Nach  dem 
Theorem  XXII  von  Cap.  VI  kommen  überdies  nur  die  Gruppen 
6g^  und  Sg*  in  Frage. 

Jede  dieser  Gruppen  lässt  diejenige  Symmetrieebene  6a  zu, 
welche  zwei  nächste  Axen  a  verbindet.  Aus  der  Gruppe  ^^^ 
entsteht  dadurch  die  Gruppe 

Da  a  eine  Drehungsaxe  ist,  so  gehen  durch  a  sechs  Sym- 
metrieebenen. Die  Lage  der  übrigen  ist  durch  die  Trans- 
lationsgruppe vorgeschrieben;  jede  Schaar  paralleler  Ebenen 
zerfällt  in  zwei  verschiedene  Schaaren  von  gleichartigen  Ebenen. 
Da  die  Gruppe  die  Operation  @a(i^O  gegen  6a  nicht  enthält, 
so  führt  die  Multiplication  mit  @a(^j)  zii  einer  neuen  Gruppe, 
nämlich  zu 

Alle  spiegelnden  Ebenen  sind  in  diesem  Fall  Ebenen  mit 
Translationssymmetrie. 

Aus  der  Gruppe  ®g^  ergeben  sich  ebenfalls  zwei  Gruppen 
de.v  Wir  benutzen  als  erzeugende  Operation  zunächst  wieder 
die  Spiegelung  ©ay  deren  Ebene  6a  durch  ÄÄ^  geht.  Sie 
führt  zu  der  Gruppe 

Drei  der  durch  a  gehenden  Ebenen  sind  Symmetrieebenen, 
den  drei  andern  entspricht  die  Operation  ©(O;  diese  Ebenen 
halbiren  die  Winkel  der  primitiven  Translationen  27^,  2r2,  2t^. 


—     526     - 

Wird  dagegen  die  Gruppe  mit  @a(i^«)  multiplicirt,  so  entsteht 
die  Gruppe 

(£6,/=  {V,@a(r,)l -={©,«,  ®4, 
bei  welcher  die  Ebene  öd  von  @d  den  Winkel  zwischen  AA^ 
und  AAq  halbirt.  Die  Symmetrieebenen  und  die  Ebenen 
gleitender  Symmetrie  haben  daher  die  umgekehrte  Lage,  wie 
bei  der  vorigen.  Beide  Gruppen  sind  also  verschieden.  Wir 
erhalten  daher: 

Lehrsatz  IV.  Es  giebt  vier  Gruppen,  deren  Symmetrie  der 
Hemimorphie  des  hexagonalen  Systems  e)itspricht  Die  Trans- 
lationsgruppe  ist  A. 

Zur  Bestimmung  der  Coordinaten  des  Fundamental- 
systems lassen  wir^  übereinstimmend  mit  den  Festsetzungen 
von  Cap.  Vril  des  ersten  Abschnittes,  die  spiegelnde  Ebene 
die  XZ-Ebene  darstellen.  Alsdann  ergeben  sich  Translations- 
componenten,  welche  von  der  zu  ©»  isomorphen  Operation 
herrühren,  nur  für  die  mit  @fl(T,)  erzeugten  Gruppen  ß^,* 
i^d  ^6,0^7  und  zwar  ist  r«  diese  Componente.  Sie  beeinflusst 
nur  die  in  Zeile  IV  der  Tabelle  (S.  219)  stehenden  Coordi- 
natenwerthe.  Wir  erhalten  daher  folgende  Tabelle  für  die 
Componenten: 


e«./: 

0, 

0, 

0, 

0, 

0, 

0 

0, 

0, 

0, 

0, 

0, 

0 

6«..*: 

0, 

0, 

0, 

0, 

0, 

0 

«»» 

r„ 

^', 

rz, 

T.-, 

Tt 

Sm': 

0, 

^--, 

0, 

^', 

0, 

r. 

0, 

T--, 

0, 

^; 

0, 

r= 

6«..^ 

0, 

^', 

0, 

^', 

0, 

t. 

tsj     0,      ^^,    0,     r,,     0. 

Die  Gruppe  (Se,«^  ist  diejenige,  welche  durch  Multiplication 
der  Punktgruppe  Q*  mit  der  Translationsgruppe  Ta  gebildet 
werden  kann. 

§  6.    Die  paramorphe  Hemiedrie.    Die  zugehörige  Punkt- 
gruppe  Cfi^  enthält  die  Operationen 


-     527     — 

1,   a,     «l^     3l^     «S     a* 

@„  a©,,  a^®,,  a«©„  a*©„  a^©,, 

sie  entsteht  durch  Multiplication  der  Gruppe  Cg  mit  ©a; 
übrigeDs  enthält  sie  auch  ein  Symmetriecentrum.  Die  ihr  iso- 
morphen Raumgruppen  Se,«  sind  daher  durch  Multiplication 
der  Gruppen  (S^  mit  einer  Inversion  oder  mit  einer  Operation 
@A  resp.  ©a(t)  zu  erzeugen;  und  zwar  kommen,  wie  im  vorigen 
Paragraphen,  wieder  nnr  die  Gruppen  Sg*  und  (£g*  in  Frage. 
Die  Spiegelung  ©a  führt  jede  Axe  in  sich  selbst  über  und  ist 
daher  für  beide  Gruppen  als  erzeugende  Operation  zu  ver- 
wenden. Dagegen  ist  eine  Operation  ©a(t)  nicht  zulässig,  da 
zwei  sechszählige  Axen,  deren  Abstand  eine  halbe  Translation 
ist,  nicht  existiren.  Wir  erhalten  daher  nur  die  beiden  Gruppen 

®M»={66S©*I  =  {66»,  3}, 

Für  beide  Gruppen  folgen  die  Symmetrieebenen  im  Abstand  tg 
auf  einander.  Die  Symmetriecentra  fallen  für  ^6,^^  in  die  Sym- 
metrieebeneu,  für  Se,**  in  die  Mitten  zwischen  denselben.  Somit 
ergiebt  sich: 

Lehrsatz  V.  Es  gieht  zwei  Baumgruppen  (£«,a,  deren  Syn^ 
melrie  der  paramorphen  Hemiedrie  des  hexagonälen  Systems  ent- 
spricht.   Ihre  Translationsgruppe  ist  F*. 

Um  die  Goordinaten  des  Fundamentalsystems  zu  ermitteln, 
denken  wir  uns  analog  zu  S.  219  die  vorstehenden  Gruppen 
durch  Multiplication  mit  3  erzeugt.  Das  Symmetriecentrum 
fällt,  wie  wir  eben  sahen,  stets  in  eine  Axe  a.  Betrachten 
wir  es  als  Coordinatenanfangspunkt,  so  können  durch  die  In- 
version 3  zusätzliche  Translationen  nicht  auftreten.  Es  stellen 
sich  daher  nur  diejenigen  ein,  die  von  den  Goordinaten  der 
Zeile  I  der  Tabelle  auf  S.  219  herrühren.  Demnach  er- 
giebt sich: 

ße.;.':     0,     0,      0,*    0,      0,     0 
0,     0,      0,     0,      0,     ö 

Se,//:     0,     T„     0,     tr„     0,     r, 
0,     T„     0,     T„     0,     r,. 


-     528    — 

Die  Gruppe  (Se^^  ist  ^liejenigey    welche   durch  Multiplication 
von  C^  mit  A  entsteht. 

§  7.  Die  enantlomorphe  Hemiedrie.  Dieser  Hemiedrie 
entspricht  die  Gruppe  Dg,  deren  Operationen  die  Drehungen 
1,  St,  «S  %\  %\  %^ 
U,  U,,  U,,  U3,  U„  U5 
sind.  Sie  ergiebt  sich  durch  Multiplication  der  Gruppe  G^  mit 
einer  ümklappung  IL  Die  isomorphen  ßaumgruppen  %^  sind 
daher  durch  Multiplication  der  Gruppen  6^^  mit  einer  zu  U 
isomorphen  Bewegung  zu  bilden.  Jede  zu  U  isomorphe  Be- 
wegung, welche  die  Axen  einer  Gruppe  6^^  in  sich  überführt, 
kann  als  erzeugende  Operation  benutzt  werden.  Nun  haben 
die  Axen  für  alle  sechs  Gruppen  (Sg  dieselbe  Lage  zu  einander, 
es  können  daher  für  alle  Gruppen  6^^  die  gleichen  Operationen 
zur  Erzeugung  der  Raumgruppen  S)^  gewählt  werden. 

Für  die  Punktgruppe  ^g  existiren  sechs  verschiedene  zwei- 
zählige  Axen  u,  u^  . . .  Ug.  Es  giebt  daher  auch  für  jede 
Gruppe  ^g  sechs  verschiedene  Schaaren  paralleler  Nebenaxen; 
jede  Schaar  bildet  eine  Gruppe  (S,;  und  zwar,  wie  aus  der 
Natur  der  Translationsgruppe  Fa  folgt,  insbesondere  eine 
Gruppe  6^2^-  "^^^  Gruppen  2)g  enthalten  daher  sämmtlich 
Drehungsaxen;  jede  von  ihnen  "kann  somit  durch  Multiplication 
einer  Gruppe  ßg  mit  einer  Uniklappung  erzeugt  werden.  Die 
Axe  u  derselben  fallt  nothwendig  in  eine  Seite  oder  Hohe 
des  Dreiecks  ÄÄiA^.  Nun  kommen  aber  die  den  bezüg- 
lichen Richtungen  entsprechenden  Axen  u  in  jeder  Gruppe  5Dg 
gleichzeitig  vor;  es  ergiebt  sich  daher  aus  jeder  Gruppe  6g  nur 
je  eine  Gruppe  S)g.  Wir  legen  die  erzeugende  Axe  u  stets  in 
die  Gerade  ÄA^  und  bezeichnen  sie  durch  m«;  U«  sei  die  sra- 
gehörige  ümklappung.  Die  Lage  der  Hauptebenen,  welche  die 
zweizahligen  Nebenaxen  enthalten,  regelt  sich  nach  Satz  XV 
von  Cap.  VL 

Für  die  aus  6g^  sich  ergebende  Gruppe 

®6'={V,   IIa} 

ist  a  eine  Drehungsaxe;  es   gehen  daher  durch  Ä  sechs  ver- 
schiedene Nebenaxen.    Je  zwei  Hauptebenen  folgen  daher  im 


-     529     - 

Abstand  tg  auf  einander.  lu  allen  diesen  Ebenen  ist  die  Lage 
der  Axen  die  gleiche. 

Für  diejenige  Gruppe^  welche  sich  aus  ^^  ableiten  lässt, 
ist  a  eine  Schraubenaxe;  es  geht  daher  durch  A  nur  eine 
Aze  u.  Die  Hauptebenen  folgen  in  einer  Entfernung,  welche 
der  sechste  Theil  von  r«  ist.  Jede  Ebene  enthalt  Axen  von 
nur  einer  Richtung.     Die  so  bestimmte  Gruppe  sei 

Die  aus  6^^  ableitbare  Gruppe  unterscheidet  sich  von  der  vor- 
stehenden nur  durch  den  Windungssinn  der  Schraubenaxen; 
sie  ist 

Die  aus  ^^  und  6^3^  ableitbaren  Grup|>en 

»«'-{Se*,  U«}    und    S)e*={(£eMla) 

unterscheiden  sich  ebenfalls  nur  durch  den  Windungssinn  der 
Schraubenaxen.  Der  Abstand  zweier  Hauptebenen  beträgt  für 
sie  den  dritten  Theil  von  %,.  Die  Axe  a  isi  zweizählige 
DrehungsaxC;  daher  gehen  durch  A  zwei  Axen  u^  und  jede 
Hauptebene  enthalt  Axen  von  zwei  zu  einander  senkrechten 
Richtungen. 

Für  die  Gruppe  (S^^  ist  die  Axe  a  eine  dreizählige  Dre- 
hungsaxe;  durch  A  gehen  daher  Drehungsaxen  u  von  dreierlei 
Richtung.  Die  Hauptebenen  .  folgen  in  eimem  Abstand,  der 
gleich  der  Hälfte  von  t«  ist,  auf  einander;  in  jeder  dieser 
Ebenen  gehen  durch  den  Schnitt  mit  a  dr^i  Drehungsaxen  u^ 
und  in  je  zwei  dieser  Ebenen,  deren  Entfernung  r«  beträgt, 
ist  die  Lage  der  Nebenaxen  die  gleiche.  Die  bezügliche  Gruppe 
bezeichnen  wir  durch 

Wir  erhalten  also  schliesslich  folgenden  Satz: 

Lehrsatz  VI.  Es  giebt  sechs  Baumgrüppen,  welche  die  Sym- 
metrie der  enantiomorphen  Hemiedrie  des  hexaganalen  Systems 
besüjsen.    Ihre  Translationsgruppe  ist  F*. 

Um  das  FnndamentalsjBtem  gleichwerthiger  Punkte  zu 
bestimmen,  nehmen  wir,  entsprechend  den  Festsetzungen  von 
Gap.  Vin  des  ersten  Abschnittes,  die  Axe  u  stets  als  X-Axe  an. 

Sohoenfliei,  Krysiallitruotiur.  84 


—    530    - 

Für  die  Coordinaten  der  Zeile  II  von  S.  220  treten  daher 
neue  Translationscomponenten  nicht  auf;  es  stellen  sich  nur 
diejenigen  ein^  die  durch  die  Coordinaten  der  Zeile  I  veran- 
lasst sind.  Da  nun  die  Umklappung  U  die  Translation  x, 
in  —  r,  verwandelt,  so  ergiebt  sich  die  folgende  Tabelle: 
SJß^:  0,  0,  0,  0,  0,  0 
0,     0,        0,        0,        0,        0 

^  «  ^.  2t  3r^  4r.  5t, 

'^ß  •     ^'       8    '  3    '       3    '        3    '        8 

ör,  4r^  3t^  2f,  ^ 

^'        3    '  3    '        3    '        3    '        3 

3)8.    0    i!^     ^     ^     !!^     A 

'^ö  '      ^'        3    '        3    '        3    '        3    '        3 
r.         2r  3t.        4t  5t. 


"; 

3    ' 

3    ' 

3    ' 

3    ' 

3 

3)6*: 

0, 

2», 
3   ' 

8    ' 

0, 

2». 
3   ' 

3 

0, 

4^, 
3    ' 

2«. 
3    ' 

0, 

4r, 

3   ' 

3 

©e'*: 

0, 

4», 

3   ' 

2*s 
8    ' 

0, 

4», 
8   ' 

2r, 
3 

0, 

2'. 
3    ' 

4«, 

3    ' 

0, 

2r, 
3   ' 

3 

3)e': 

0, 

■f; 

0, 

T«, 

0, 

tz 

0,      T,,  0,  T,,  0,  T, 

Diejenige  Gruppe,   die   durch  Multiplication   von  D^  und  Fa 
gebildet  werden  kann,  ist  ^^\ 

§  8.    Die  Holoedrie.     Die  Punktgmppe  der  hexagonalen 
Holpedrie  ist  Dg*;  ihre  Operationen  sind  (S,  94) 

1,  a,  a^  w,  «S  a^ 
u,  Ux,  n,,  U3,  u„  u, 
©,,  as,,  a«©A,  a»©*,  a*@A,  a*®* 

U@A,  U,©,,  U,©*,  U3©A,  U,©A,  U5©*. 
Sie  ergiebt  sich  durch  Multiplication  von  D^  mit  ©a.    Da  sie 


-    531    — 

ein  Symmetriecentrum  enthält,  so  kann  auch  3  als  erzeugende 
Operation  benutzt  werden.  Mit  der  sechszahligen  Axe  be- 
stimmt die  Symmetrieebene  6h  eine  Gruppe  C^^.  Ausser  der 
Ebene  6k  treten  noch  sechs  andere  durch  die  Hauptaxe 
gehende  Symmetrieebenen  auf;  welche  mit  dieser  eine  Gruppe 
C;»  bilden. 

Die  isomorphen  Raumgruppen  S)e,A  können  gemäss  dem 
Fundamentaltheorem  durch  Multiplication  einer  Gruppe  S)^  mit 
einer  Inversion  oder  mit  einer  zn  @a  isomorphen  Operation 
erzeugt  werden.  Mit  den  sechszahligen  Axen  muss  dieselbe 
eine  Gruppe  (Se,*  liefern.  Nun  sind  aber  Gruppen  (S^,*  nur  aus 
Sg^  und  (Se^  ableitbar^  also  haben  wir  auch  nur  die  Gruppen 
S)«^  und  %^  in  Betracht  zu  ziehen. 

Da  die  Gruppe  D^  (S.  207)  durch  Multipb'cation  der 
Gruppe  Q  mit  einer  Gruppe  G^  erzeugt  werden  kann^  die 
einer  Nebenaxe  entspricht,  so  hat  die  erzeugende  Operation 
gemäss  Satz  XIX  von  Gap.  VI  die  Bedingung  zu  erfüllen,  dass 
sie  einerseits  die  sechszahligen  Hauptaxen,  andrerseits  die 
Nebenaxen  einer  Richtung  in  sich  überführt.  Daraus  folgt, 
dass  aus  jeder  der  Gruppen  ^^  und  S)^®  zwei  Gruppen  S)«,* 
ableitbar  sind.  Wird  nämlich  das  Symmetriecentrum  als  er- 
zeugendes Symmetrieelement  gewählt,  so  ist  es  jedenfalls  in 
die  Axe  a  zu  legen,  und  zwar  entweder  in  den  Schnittpunkt 
mit  Ua  oder  in  die  Mitte  zwischen  zwei  nächste  Axen  Ua* 
Hieraus  ergiebt  sich  noch,  dass  diese  Gruppen  auch  durch 
Spiegelungen  erzeugt  werden  können,  deren  Ebenen  die  in 
Cap.  y,  Satz  XIY  genannte  Lage  haben. 

Für  die  Gruppe  ^e^  ^^^  ^^^  ^^^^  dieser  Ebenen  eine 
Hauptebene,  die  andere  liegt  in  der  Mitte  zwischen  zwei 
Hauptebenen.  Bezeichnen  wir  die  bezüglichen  Inversionen 
durch  3  und  3m,  die  Spiegelungen  durch  ©a  und  ©«,  so  er- 
geben sich  die  beiden  Gruppen 

Die  Ebene  6h  enthält  sechs  Nebenaxen  u;  diese  bedingen  sechs 
durch  a  gehende  Symmetrieebenen,  welche  mit  den  Hauptaxen 

34* 


—     532     - 

die  Gruppe  Se,*^  bestimmen.  Für  die  zweite  Gruppe  enthält 
die  Ebene  6m  keine  Nebenaxe^  es  kann  di^er  anch  keine  dureh 
ü  gehende  Syiqmetrieebene  existiren;  alle  diese  Ebenen  be- 
sitaen  Translationseymmetrie  und  bilden  daher  mit  den  Haupt- 
axen  die  Gruppe  ©e,/. 

Für  die  Gruppe  S)^^  föUt  jedes  der  beiden  Symmetrie- 
centra  in  eine  Hauptebene.  Man  sieht  auch  hier  direct^  dass 
die  Ebenen^  welche  gleiche  Axen  enthalten^  in  gleichem  Ab- 
stand mit  einander  abwechseln^  so  dass  jede  von  ihnen  eine 
Symmetrieebene  der  gesammten  Axenschaaren  isi.  Wir  be- 
zeichnen die  ihnen  entsprechenden  Spiegelungen  wieder  mit 
®k  nnd  @m-  Da  a  zweizählige  Schraubenaxe  isi,  so  fiedlen  die 
Symmetriecentra  nicht  in  die  Symmetrieebenen,  also  ergeben 
sieh  die  beiden  Gruppen 

Die  Ebene  0k  enthält  drei  Nebenaxen  u,  unter  ihnen  diejenige, 
welche  in  AA^  fällt.  Da  a  dreizählige  Drehungsaxe  ist,  so 
giebt  es  drei  durch  a  gebende  Symmetrieebenen,  die  Gruppe, 
die  sie  mit  den  Hauptaxen  bilden,  ist  didier  Se,^  Ebenso 
.giebt  es  für  S^,/  drei  durch,  a  gehej9L4e  Symmetrieebenen,  die 
zugehörige  Gruppe  ist  aber  dißßmal  (Se,/. 

Dnroh  die  Ejenntniss  di00er  Untergruppen  iüt  die  Lage 
aller  SyjometrieelepQiente  für  jede  deir  vorstehenden  Gruppen 
.  bestimmt  und  an.  jedem  gegebeuen  Fall  leicht  zu  ermitteln. 
Wir  schliessen  mit  folgendem . 

Lahrsatz  YIL  Es  giebt  vier  Bamngruppen  von  der  Sym- 
metrie der  heüßagonalen  Hdoedrie;  ihre  TramlatMmsgruppe  ist  Fa. 

Für  die  Bestimmung  des  Fundamentalsysteme  legen  wir 
wieder  das  bisher  benutzte  Coordinatensystem  zu  Grunde.  Als- 
dann fällt  die  Ebene  6h  mit  der  ZF-^Ebene  zusammen.  Neue 
Translationscomponenten  erscheinen  daher  nur,  wenn  das  er- 
zeugende Symmetriecentrum  nicht  in  den  Anfangspunkt  fällt, 
d.  h.  für  die  beicfen  Gruppen  ®6,a*  und  S)«,*^;  der  Werth  dieser 
Zusatztranslation  ist  stets  r«.  Beschränken  wir  uns  auf  An- 
gabe derjenigen  Translationen,  welche  deq  Zeilen  III  und  IV 


-     533     — 

der    auf  S.  220    angegebenen   Tabelle  der  Gruppe  D«   ent- 
sprechen, so  ergiebt  sich: 

S)«,A»:    0,     0,     0,     0,  0,  0 

0,     0,     0,     0,  0,  0 

.      3)«,*»:     0,     0,     0,     0,  0,  0 

^*}        'l'i?        ^if        "^»y       ^9)        ^« 

3)6,a':     0,      r,,     0,     r„     0,      r, 
r,,     0,     T„     0,     r,,     0. 

2)6,//:     0,      r,,     0,      r„     0,      r. 
0,      t„     0,      T,,     0,      r. 

Diese  Translationswerihe   bilden   mit   den   im   vorigen  Para- 
graphen angeführten  die  sämmtlichen  Zasatztranslationen. 

Die  Gruppe  S)«,*^  ist  durch  Multiplicatiou  der  Punkt- 
gruppe  Dß^  mit  Fa  erzeugbar.  Sie  ist  diejenige  Gruppe^  welche 
die  Gesamnitsymmetrie  des  durch  Fk  clmracterisirten  Raumgitters 
angiebt. 


Zwölftes  Capitel. 
Das  reguläre  System. 

§  1.  VoTbemerknng.  Die  Erystallclassen  des  regulären 
Systems  sind  durch  die  Punktgruppen 

0*,  0,  T^  T\  T 
characterisirt.  Sie  besitzen  sämmtlich  vier  dreizählige  Axen 
und  drei  zu  einander  senkrechte,  bald  zweizäblige,  bald  vier- 
zählige  Axen.  Die  letzteren  sollen  Haupiaxen  genannt  werden. 
Sie  sind  überdies  gleichwerthige  Axen  und  kommen  durch 
die  Operationen  der  bezüglichen  Gruppen  unter  einander  zur 
Deckung.  Dasselbe  muss  daher  für  die  ihnen  parallelen  Axen- 
schaaren  der  isomorphen  Raumgruppen  der  Fall  sein. 

Die  Translationsgruppen  des  regulären  Systems  sind  von 
dreierlei  Typus;  es  sind   die  Gruppen  Fe,  F/,  F/'.     Ihre  pri- 
mitiven Tripel  lassen  sich  in  der  Form 
2tx,    2ry,     2r, 

Ty  -f-  Tj,      1^«  "T"  '^Xf      '^x  +  '^yy 

£iXr    =  Xy  -f-  Xz  Xxy       ^Xr     ==  Xg  -{-  Xx  —  fy, 

2Xr      =  Xx  -T"  Xy Tj 

darstellen^  wo  immer  der  Länge  nach 

Xx    ^^   Xy    ^=    Xz 

ist,  und  2xxf  2xy,  2xa  die  primitiven  Translationen  in  Richtung 
der  Hauptaxen  sind. 

§  2.  Die  Tetartoedrie.  Die  zugehörige  Gruppe  ist  die 
Tetraedergruppe  T,  deren  Operationen  (vgl.  S.  69)  die 
Drehungen 

1,  u,  »,  38;   a,  r,  a",  r';   %',  «-*,  «"^  «'"« 


-     535    — 

sind.  Die  Operationen  der  ersten  Zeile  bilden  die  Vierer- 
gruppe  F;  während  die  zweite  und  dritte  Zeile  die  Drehungen 
um  die  dreizähligen  Axen  darstellen.  Die  Tetraedergruppe 
kann  durch  Multiplication  der  Yierergruppe  mit  der  Drehung  % 
erzeugt  werden;  bei  der  zugehörigen  Deckbewegung  gehen  die 
Axen  der  Vierergruppe  V  cyclisch  in  einander  über.  Das 
gleiche  gilt  von  der  Drehung  %K 

Die  zu  T  isomorphen  Raumgruppen  %  können  daher  durch 
Multiplication  einer  Gruppe  SS  mit  einer  solchen  zu  S(  iso- 
morphen Operation  erzeugt  werden,  welche  die  drei  zu  ein- 
ander senkrechten  Axenschaaren  cyclisch  in  einander  über- 
führt. Da  diese  Axenschaaren  deckbar  gleich  sein  sollen,  so 
müssen  die  von  ihnen  bestimmten  Gruppen  (Sg  identisch  sein. 
Es  können  also  nur  die  Gruppen 

«S  «*,  ^\  »«,  SB« 
zur  Bildung  von  Raumgruppen  %  benutzt  werden.  Entsprechend 
den  vier  dreizähligen  Axen  der  Punktgruppe  F  giebt  es  für 
jede  Gruppe  2^  vier  in  ihr  enthaltene  Untergruppen  (£3,  aus 
lauter  dreizähligen  Axen  bestehend.  Die  Lage  dieser  Axen 
zur  Translationsgruppe  zeigt,  dass  die  Axen  in  allen  Fällen  je 
eine  Gruppe  ©3*  bilden.  Unter  ihnen  giebt  es  daher  stets 
Drehungsaxen;  als  erzeugende  Operation  der  Gruppen  %  kann 
daher  stets  eine  Drehung  $1  bentägt  toerden.  Umgekehrt  folgt 
aus  dem  Fundamentaltheorem,  dass  jede  Drehung  %,  welche 
eine  Deckoperation  für  die  Axen  der  obigen  fünf  Gruppen  ist, 
eine  Raumgruppe  %  liefert. 

Die  für  die  Gruppen  93  characteristischen  Parallelepi- 
peda  p^)  gehen  für  alle  Raumgruppen  des  regulären  Systems 
in  Würfel  über.  Jede  Diagonale  eines  solchen  Würfels  kann 
im  Allgemeinen  eine  dreizählige  Axe  werden,  mit  Ausnahme 
der  Gruppe  93^,  für  welche  die  Diagonale  nothwendig  durch 
diejenigen  Gegenecken  gehen  muss,  in  denen  sich  je  drei 
Drehungsaxen  schneiden.  Es  ist  aber  zu  bemerken,  dass  auch 
jede  der  andern  Gruppen  %  nicht  gleichzeitig  mehrere  dieser 
Diagonalen   als    dreizählige   Symmetrieaxen    enthalten    kann. 


1)  Vgl.  die  Figuren  des  Cap.  VIII,  §  8  ff. 


—    536     - 


Fig.  64. 


Zwei  sich  schneidende  dreizählige  Symmetrieaxen  bedingen 
nämlich  stets  zweizählige  Axen^  die  durch  ihren  Schnittpunkt 
gehen.  Diese  Axen  sind  aber  in  den  bezüglichen  Gruppen  83 
nicht  enthalten;  sie  können  daher  bei  der  Multiplication.  der 
Gruppe  SS  mit  der  Drehung  %  nicht  auftreten. 

Aus  den  oben  genannten  f&nf  Gruppen  S  entstehen  auf 
die  so  bestimmte  Weise  die  Gruj)pen 

Lehrsatz  I.  Es  giebt  fünf  Beumgruppen  van  der  Symmetrie 
der  Tetarioedrie  des  reffulären  Systems,  Zwei  von  ihnen  'ent- 
halten die  Translatiansgruppe  Fe;  0wei  andere  Fc'y  die  letzte 
endlich  F/. 

Bei  den  ersten  drei  Gruppen  trifft  die  dreizählige.  Axe  in 

beiden  Würfelecken  je 
drei  zu  einander  senk- 
rechte Drehungsaxen; 
in  Folge  dessen  gehen 
durch  jeden  dieser 
Punkte  vier  dreizählige 
Axen  y  nämlich  alle 
Axen  einer  Punkt- 
gruppe  T.  In  jeden 
der  acht  Würfel^  die 
in  A  zusammenatoss^ 
tritt  (Fig.  64)  eine 
solche  Axe.  Beachtet 
man  noch^  dass  jede 
Schaar  paralleler  dreizähliger  Axen  eine  Gruppe  (S^^  bildet, 
deren  Translationsgruppe  resp.  Fe,  F/,  Fe"  ist^  so  ist  damit 
die  Yertheilung  dieser  Axen  durch  den  Raum  hinreichend 
gekennzeichnet 

Keine  zwei  dreizähligen  Axen  der  Gruppen  %^  oder  %^ 
können  einander  schneiden.  Zwei  sich  schneidende  dreizählige 
Axen  bedingen  nämlich  nothwendig  drei  durch  ihren  Schnitt- 
punkt gehende  zweizählige  Axen^  und  diese  sind  f&r  %^  oder  %^ 


-     537     — 


nicht  YorhaDden.  Je  zwei  dreizählige  Axen  yerschiedener 
Richtung  dieser  Gruppen  liegen  also  windschief  zu  einander. 
Ihre  Lage  in  acht  nebeneinander  liegenden  Würfeln  ist  aus 
beistehender  Figur  zu  entnehmen^  deren  Richtigkeit  sich  leicht 
bestätigen  lässt.  Man 
construirt  sie  am  ein- 
fachsten, indem  man  zu- 
nächst die  Hauptdiagonale 
zieht,  und  dann  die  Dia- 
gonalen der  Theilwürfel 
der  Reihe  nach  so  an- 
bringt, dass  keine  die  be- 
reits vorhandenen  schnei- 
det. Jede  Axenschaar 
bildet  wieder  eine  Gruppe 
^3^ ;  die  Translations- 
gruppen sind  Fe  resp.  Fe'. 

Der  Natur  der  Gruppe  S3*  entsprechend  enthält  übrigens 
jede  Gruppe  %  auch  dreizählige  Schraubenaxen. 

§  3.  Die  paramorphe  Hemiedrie.  Die  Punktgruppe  T^, 
welche  dieser  Hemiedrie  entspricht,  enthält  die  Operationen 
(vgl.  S.  98) 

@A,      U@*,     «@A,     2B@,5 

a©.,  a'@Ä,  «"©„,  «'"©*; 
8i*©A,  a''®A,  «"'©A,  a'"*®Ä. 

Sie  ist  durch  Multiplication  der  Gruppe  T  mit  der  Spie- 
gelung @A  gebildet  worden.  Die  erste  Zeile  repräsentirt  die 
Gruppe  F*;  demnach  kommen  der  Gruppe  T*  drei  zu  ein- 
ander senkrechte  Symmetrieebenen,  sowie  ein  Symmetrie- 
centrum zu.  Sie  lässt  sich  in  Folge  dessen  auch  durch  Mul- 
tiplication der  Gruppe  T  mit  der  Inversion  S  erzeugen.  Die 
Inversion  führt  jede  dreizählige  Axe  der  Gruppe  T  in  sich 
Über  und  bildet  mit  ihr  eine  Untergruppe  Cj*. 

Die  zu  T*  isomorphen  Raumgruppen  können  daher  durch 
Multiplication  einer  Gruppe  2^  mit  einer  zu  9  isomorphen 
Operation   abgeleitet  werden.    Jede    derartige  Operation  ist 


1,    U,     »,      SB; 
a»,  %'',  «"»,  «'"«; 


-     538    — 

aber  selbst  eine  Inversion.  Soll  ^ie  eine  erzeugende  Operation 
für  eine  Gruppe  %k  sein^  so  genügt  es  nach  Satz  XIX  von 
Cap.  Yly  t4?mn  sie  gleichseitig  Deckoperation  für  die  Crruppe  %, 
sowie  für  eine  der  vier  dreizähligen  Äxenschaaren  ist  Jede 
Inversion,  welche  beiden  Bedingungen  zugleich  genügt,  erzeugt 
mit  2;  eine  Gruppe  %k. 

Die  Inversion  S  bildet  mit  der  Gruppe  €3^  eine  Gruppe 
(Ss,o  und  zwar  ist  dies  stets  die  Gruppe  @8,i';  andere  Gruppen 
dieser  Art  sind  nämlich  nach  Cap.  IX^  §  5  aus  (S,^  nicht  ab- 
leitbar. Das  erzeugende  Symmetriecentrum  dieser  Gruppe 
föllt  in  eine  Drehungsaxe.  Nun  soll  das  Symmetriecentrum 
gleichzeitig  eine  Deckoperation  für  die  Gruppe  S3  liefern^  es 
muss  daher  in  eine  Ecke  oder  in  die  Mitte  des  Würfels  p 
fallen.  Bestimmen  diese  beiden  Lagen  verschiedene  Gruppen 
^h,  so  sind  auch  die  Gruppen  X^  verschieden,  sind  aber  die 
Gruppen  93a  identisch;  so  trifft  das  Gleiche  auch  für  die 
Gruppen  %k  zu. 

Die  Gruppen  SJa  sollen  für  jede  Gruppe  Zk  angegeben 
werden.  Mit  ihnen  sind  auch  die  zu  den  drei  Symmetrieebenen 
ö,  6\  6"  von  93*  isomorphen  Symmetrieebenen  unmittelbar 
bestimmt. 

Für  die  Gruppe  S3^  sind  die  beiden  bezüglichen  Gruppen 
9Ja  verschieden;  die  erstere  ist  SSa\  die  zweite  ist  SSa*.  Es 
giebt  daher  zwei  zugehörige  Gruppen  %h.  Die  erste  besitzt 
drei  durch  A  gehende  senkrechte  Symmetrieebenen,  die 
zweite  besitzt  keinerlei  reine  Symmetrieebene.  Die  Gruppen 
mögen  durch 

v  =  {a;s3)  -  {%\  ©}  und 

bezeichnet  werden.  Für  die  erstere  ist  jede  Ecke  eines 
Würfels  p  ein  Symmetriecentrum,  für  die  letztere  fallen  die 
Gentra  in  die  Mittelpunkte  der  Würfel  p. 

Aus  der  Gruppe  %\  lassen  sich  ebenfalls  zwei  ver^ 
schiedene  Gruppen  Xa  ableiten,  da  aus  93^  durch  Inversion 
gegen  die  Ecke  und  die  Mitte  von  p  verschiedene  Gruppen 
entstehen,  nämlich  93a''  und  93a^-  Die  Translationsgruppe 
ist  F/.    Sie  bewirkt,  wie  auf  S.  455  gezeigt  wurde,  dass  für 


_    539     -     ^      ' 

fßk^  nur  die  eine  der  beiden  von  der  drejzähligen  Axe  ge- 
troffenen Ecken  ein  Sjmmetriecentrum  enthält;  und  dass  für 
^f^^  nur  in  solche  zwei  Würfel  p,  die  eine  Kante  gemein 
haben^  Sjmmetriecentra  fallen.  Die  Gruppe  S3a^  enthält  auch 
drei  zu  einander  senkrechte  Symmetrieebenen.  Wir  bezeichnen 
die  Gruppen  durch 

Für  die  Gruppen  ^,  93^  und  S3^  sind  die  mit  den  beiden 
Inversionen  abgeleiteten  Gruppen  identisch;  die  bezüglichen 
Gruppen  sind  resp.  SBA^^  SSa**  und  »a".  Aus  %\  2*  und  %^ 
entsteht  daher  nur  je  eine  Gruppe  %n.  Wir  legen  das  er- 
zeugende Sjmmetriecentrum  in  eine  Ecke  von  p  und  bezeichen 
die  bezüglichen  Gruppen  durch 

%'  =  {%\  3}  =  {3:^  ©} 
a;A^  =  {x*,  3},    v  =  {2:^3l. 

Die  Gruppe  %^  enthält  die  Translationsgruppe  Fcf  daher  ist 
jede  Ecke  eines  Würfels  p  ein  Sjmmetriecentrum.  Für  %^ 
und  Z^  ist  Fo"  die  Translationsgruppe^  demnach  fallen  die 
Sjmmetriecentra  in  die  Ecken  und  in  die  Mitten  der  Würfel  p. 
Endlich  folgt^  dass  für  Xa^  jede  Seitenfläche  von  p  eine 
Sjmmetrieebene  ist,  während  für  2a^  und  Zh  eigentliche 
Symmetrieebenen  nicht  ezistiren.    Also  erhalten  wir: 

Lehrsatz  II.  Es  giebt  sieben  Baumgmppen  von  der  Sffmmetrie 
der  paramorphen  Hemiedrie  des  regulären  Systems,  Drei  von 
ihnen  enthalten  Fe  als  TranslaMonsgruppe,  je  zwei  Fe  resp.  Fc\ 

§  4.  Die  hemimorphe  Hemiedrie.  Dieser  Hemiedrie 
entspricht  die  Punktgruppe  T^  mit  den  Operationen  (vgl.  S.  98) 

1,    U,    SB,     SB,      ©rf,      U©rf,    »©,,     SB©^, 

«,  «',  %'\  a'",    «©a,  31'©^,  a"@^,  21'"©^, 

2(2^    31'2^  5(-2^  31-2^      a^g^^  3l'2(g^^  3l-2@^^  3l-2@^^ 

Sie  entsteht  durch  Multiplication  der  Tetraedergruppe  T 
mit  der  Spiegelung  ©4,  deren  Ebene  zwei  drei^ählige 
Axen   enthält.    Solcher  Ebenen   giebt   es   sechs;   durch  jede 


-     540    — 

dreizählige  Axe  gehen  drei,  die  mit  ihr  eine  Grnppe  G^^  be- 
stimmen. Mit  der  in  T  enthaltenen  Vierergmppe  F  be- 
stimmen die  Ebenen  6a  je  eine  Gruppe  F'. 

Die  zu  T^  isomorphen  Raumgruppen  X<i  können  dem- 
gemäss  durch  Multiplication  der  Gruppen  %  mit  einer  zu  @<f 
isomorphen  Operation  gebildet  werden.  Hat  diese  Operation 
die  Eigenschaft^  einerseits  die  Axen  der  in  %  enthaltenen 
Gruppe  3};  andrerseits  die  dreizähligen  Axen  einer  Gruppe  ^ 
in  sich  überzuführen,  so  ist  sie^  gemäss  Satz  XIX  von  Cap.  VI, 
eine  Deckoperation  für  das  gesammte  Axensystem  von  %y  und 
erzeugt  mit  %  eine  Gruppe  %a.  Die  nothwendige  und  hin- 
reichende Bedingung,  dass  irgend  eine  mit  ©^  isomorphe 
Operation  zur  Erzeugung  einer  Gruppe  %d  benutzbar  ist,  be- 
steht also  darin,  dass  sidi  mit  ihr  gleichzeitig  eine  Ortippe  fßdj 
sowie  eine  Gruppe  Ss,«  hüden  lässt  Dui*ch  die  Besonderart 
der  Gruppen  SS^  und  Ss,»  ist  zugleich  die  Lage  aller  Sym- 
metrieelemente YoUständig  fixirt. 

Aus  (S^^  haben  wir  in  Cap.  IX^  6  mittelst  der  Operation 
®d  die  Gruppe  (Ss,*^  abgeleitet,  ferner  mittelst  der  Operation 
@d(r)  die  Gruppe  ßs,/.  Die  spiegelnde  Ebene  geht  in  beiden 
Fällen  durch  die  Drehungsaxen.  Andrerseits  gestatten,  wie 
Cap.  X/§  10  und  11  erörtert  worden,  von  den  in  den  Gruppen  % 
enthaltenen  Untergruppen  SS  nur  folgende  vier 

»S    SB^    93«,    Sß^ 
die  Ableitung  einer  Gruppe  SB^;  es  können  daher  auch  nur  fQr 

%\  i»,   ^^   z' 

Gruppen  2^^  existiren. 

Benutzen  wir  zunächst  die  Spiegelung  ®d  als  erzeugende 
Operation,  so  ist  Ss,«^  die  bezügliche  Untergruppe.  Durch  die 
dreizählige  Axe  a  gehen  drei  verschiedene  Symmetrieebenen; 
sie  nehmen  im  Würfel  p  die  Lage  der  drei  Diagonalebenen  an. 
Jede  von  ihnen  kann  die  erzeugende  Symmetrieebene  dar- 
stellen; um  die  Begriffe  zu  fixiren,  wählen  wir  dazu  diejenige, 
welche  auf  der  Grundfläche  des  Würfels  p  senkrecht  steht 
Das  analoge  gilt  für  die  Grnppe  (Sa,»^  und  die  zugehörigen 
Ebenen  gleitender  Symmetrie. 


—    541     — 

Solche  Gruppen  "Sß^,  die  $ich  durch  Hultiplication  mit  der 
Spiegelung  @<i  gegen  die  genannte  Diagonalebene  ergebei^, 
sind  nur  für  die  in  %^,  %*,  %^  enthaltenen  Untergruppen  85^, 
^\  SB»  zulässig.  Die  bezüglichen  Gruppen  sind  SS/,  SS/,  SSd'^ 
Mittelst  der  Spiegelung  @4  lassen  sich  daher  Gruppen  %4  nur 
aus  %\  2*,  %^  ableiten;  wir  bezeichnen  sie  durch 

Um  diejenigen  Gruppen  zu  bilden,  für  welche  ©^(r)  die 
erzeugende  Operation  ist,  haben  wir  zu  beachten,  dass  sich  t 
als  halbe  primitive  Translation  parallel  der  dreizäMigen  Axe  a 
deuten  lässt  Die  halbe  primitive  Translation  parallel  dieser  Axe 
ist  bei  den  Gruppen  W  gleich  der  Diagonale  von  j),  bei  W 
ist  sie  die  doppelte  Diagonale,  bei  S3^  und  SS^  dagegen  die 
halbe  Diagonale.  Wie  die  Figuren  der  Würfel  p  lehren,  ist 
in  Folge  dessen  die  bezügliche  Operation  ©d(r)  für  I^,  %^ 
und  %^  eine  zulässige  Deckoperation  des  Axensystems,  für 
%^  jedoch  nicht.  Die  zugehörigen  Gruppen  SSd  sind  resp. 
S5/,  SS/^  und  95/*.  Es  ergeben  sich  demnach  mittelst  der 
Operation  @<<(r)  noch  drei  nisue  Gruppen  %d,  sie  mögen  durch 

2:d*-{3:\(S.(r)},  %j^{%\Qa{t)]r  3:d«-{a:^@d(T)} 

bezeichnet  werden.  Für  keine  von  ihnen  existirt  eine  eigent- 
liche Symmetrieebene.  Die  Hauptaxen  werden,  wie  S.  49(3 
gezeigt  ist,  zum  Theil  vierzählige  Axen  zweiter  Art.  Wir 
erhalten  also  den  Satz: 

Lehrsatz  ni.  Es  giebt  sechs  Baumgruppen  von  der  Sym- 
metrie der  hemimorphen  Hemiedrie  des  regtdären  Systems.  Zwei 
derselben  enthalüff  Fe  als  Translationsgruppe ,  sswei  andere  Fe 
und  die  beiden  übrigen  Fe'. 

§  ö.  Die  enantioniiorphe  Hemiedrie.  Die  Punktgrnppe, 
welche  die  Symmetrie  dieser  Hemiedrie  characterisirt,  ist  die 
Octaedergruppe  0  mit  den  Drehungen  (vgl.  S.  70) 

I,    »^   95'^  95"^     U',  U",   »,.   »* 
a,   «',   31",   «'",      Sß\  SB",  58',  »'» 

%\  w\  a"^  a'"^   SB',  SB",  ö",  ^"'\ 


—    542    — 

Sie  kann;  wie  S.  209  bewiesen  wurde^  durch  Multiplication 
der  Tetraedergruppe  T  mit  der  Umklappung  U'  gebildet 
werden.  Die  Axe  u'  halbirt  den  Winkel  zweier  zweizähligen 
Axen  der  Tetraedergruppe  T  und  steht  auf  der  dritten  zwei- 
zähligen Axe  sowie  auf  zweien  von  den  dreizähligen  Axen 
senkrecht  Mit  den  letzteren  bestimmt  sie  je  eine  Gruppe  2)$, 
mit  der  Vierergruppe  V  dagegen  eine  Gruppe  D^, 

Die  zu  0  isomorphen  Baumgruppen  können  durch  Mul- 
tiplication einer  Tetraedergruppe  %  mit  einer  zu  U^  isomorphen 
Operation  U  gebildet  werden.  Nacb  Cap.  VI,  Satz  XIX  muss 
dieselbe  einerseits  für  die  Axen  der  in  %  enthaltenen  Unter- 
gruppe SS,  andrerseits  fQr  eine  der  vier  Schaaren  paralleler 
dreizähliger  Axen  eine  Deckoperation  sein.  Jede  Schaar  pa- 
ralleler dreizähliger  Axen  bildet,  wie  wir  oben  sahen,  eine 
Gruppe  (^3^;  mit  ihr  bestimmt  daher  die  erzeugende  Operation  11 
in  allen  Fällen  eine  Gruppe  ^^.  Eine  andere  Gruppe  S),, 
welche  ^  als  Untergruppe  enthält,  existirt  nämlich  nicht 

Um  die  Begriffe  zu  fixiren,  fassen  wir  (Fig.  64,  S.  536) 
diejenige  Axenschaar  in's  Auge,  welcher  die  Eörperdiagonale  a 
des  Würfels  p  angehört  Aus  ihr  ergiebt  sich  die  bezügliche 
Gruppe  S)s^  mittelst  einer  Umklappung,  deren  Axe  u  auf  a 
senkrecht  steht  Da  diese  Axe  gleichzeitig  parallel  zur  Axe  u 
der  Punktgruppe  liegt,  so  hat  sie  die  Richtung  derjenigen 
Flächendiagonale  des  Würfels  j>,  welche  der  Grundfläche  von  p 
parallel  läuft.  Um  daher  alle  Bautngrujppen  D  0u  construireny 
haben  toir  alle  Axen  u  der  genannten  Richtung  zu  suchen,  welche 
Symnietrieaxen  für  das  Axensystem  der  in  den  Gruppen  %  ent- 
haltenen Gruppen  SJ  sind.^)  Jede  von  ihnen  liefert  eine  er- 
zeugende Operation  für  eine  Gruppe  O,  wobei  natürlich  die 
Identität  oder  Verschiedenheit  der  Gruppen  nach  Gap.  VI,  §  14 
zu  entscheiden  ist.  Ein  Kriterium  hierfür  besteht  auch  darin, 
ob  die  Gruppe  S)^^  beide  erzeugenden  Axen  u  gleichzeitig  enir 
hält,  oder  nicht 

Die  Lage  der  Axen  ist  von  der  Natur  der  bezüglichen 
Gruppe  S)^,  welche  ü  mit  der  Untergruppe  SB  bestimmt,  ab- 


1)  Fig.  64  enthält  zwei  verschiedene  derartige  Axen. 


^    543    - 

hängig.  Da  die  Axen  der  Gruppen  S)^  oben  angegeben  sind^ 
so  ist  damit  auch  die  Azenvertheilang  der  bezüglichen 
Gruppe  £)  hinreichend  gekennzeichnet 

Die  auf  a  senkrechte  Axe  u  entspricht  stets  und  nur 
dann  einer  Deckoperation  des  Würfels  p  resp.  der  Gruppe  %, 
wenn  sie  durch  die  Mitte  M  oder  durch  die  Ecke  A  des 
Würfels  p  geht.  Es  ist  nur  zu  prüfen,  ob  die  bezüglichen 
Gruppen  identisch  sind  oder  nicht.  Dies  hängt  davon  ab;  ob 
die  Würfeldiagonale,  in  welche  die  Axe  a  fallt,  nach  Länge 
und  Richtung  eine  Translation  der  Gruppe  ist.  Ist  dies  der 
Fall,  so  ist  das  Product  beider  Umklappungen  eine  Trans- 
lation der  Gruppe,  die  Gruppen  sind  also  identisch;  wenn 
nicht,  so  sind  die  Gruppen  verschieden. 

Für  die  Gruppe  %^  ist  die  Diagonale  keine  Translation, 
da  die  Translationsgruppe  F«  ist.  Wir  erhalten  daher  zwei 
Gruppen,  die  wir  durch 

£)i«{Ji,  U}  und  D*={3:\U«) 
bezeichnen.  Die  Gruppe  S)^  ist  für  die  erstere  die  Gruppe  3)^^, 
f&r  die  letztere  die  Gruppe  S)^^  Dies  ist  daher  ersichtlich , 
dass  bei  der  Gruppe  O^  die  Axe  u  mit  den  Axen  der  Vierer- 
gruppe 9S^  in  derselben  Ebene  liegt,  bei  der  Gruppe  D*  aber 
nicht.  Für  O^  sind  daher  alle  vierzähligen  Axen  Drehungs- 
axen,  für  D^  dagegen  Schraubenaxen  mit  der  Translations- 
componente  r«. 

Für  %^  ist  Fe  die  Translationsgrnppe,  also  ist  erst  die 
vierfache  Diagonale  von  p  eine  Translation«  Es  ergeben  sich 
demnach  auch  aus  %^  zwei  verschiedene  Gruppen,  nämlich 

O'  =  {Z\  U}     und    D*  «=  [%\  U^}. 

Im  Punkt  Ä  des  Würfels  p  schneiden  sich  drei  einander 
senkrechte  zweizählige  Axen,  welche  für  O,  von  der  Axe  u 
getroffen  werden.  Die  Gruppe  D*  enthält  daher  S)/  als  Unter- 
gruppe; ihre  vierzähligen  Axen  sind  theils  Drehungsaxen, 
theils  Schraubenaxen  mit  der  Translationscomponente  r^. 
Die  ersteren  gehen  durch  A,  die  letzteren  dagegen  durch  A', 
Die  Gruppe  D*  enthält  demgemäss  S)^^^  als  Untergruppe,  in 
ihr   kommen   daher   vierzählige  Schraubenaxen  von  zweierlei 


—    546     - 
^2^      a'^,     «"«,      Sl'"«,       838'       SB",      SB",     58"* 
©,      »«©,  85'^®,  S"«©,    U'@,    ü"@,   S@,    S9'@ 

si@,  r@,  r'©,  si"'©,    s'©,  SB"©,  »'©,  »"© 

r©,  a'*©,  r-«©,  «'"''©,    SB'©,  38"©,  »"©,  S9"*©. 

Sie  ist  durch  Multiplication  der  Gruppe  0  mit  der  Spie- 
gelung ©  gebildet  Sie  besitzt  drei  einander  senkrechte  durch 
die  vierzähligen  Hauptaxen  gehende  Sjmmetrieebenen,  sowie 
sechs  andere  Symnietrieebenen,  welche  je  zwei  dreizählige  Axen 
enthalten.  Ueberdies  besitzt  sie  ein  Sjmmetriecentrum,  und 
kann  demnach  auch  durch  Multiplication  der  Gruppe  0  mit 
einer  Inversion  erzeugt  werden. 

Die  zu  0^  isomorphen  Raumgruppen  Ca  lassen  sich, 
dem  Fundamentaltheorem  gemäss,  durch  Multiplication  einer 
Gruppe  JD  mit  einer  Inversion  3  aufstellen,  vorausgesetzt,  dass 
dieselbe  eine  Deckoperation  des  gesammten  Axensjstems  der 
Gruppe  D  ist.  Nun  lässt  sich  jede  Gruppe  O  durch  Multi- 
plication einer  Gruppe  %  mit  einer  zweizähligen  Drehungs- 
axe  u  erzeugen;  nach  Satz  XIX  von  Cap.  YI  hat  demgemäss 
das  erzeugende  Symmetriecentrum  die  nothwendige  und  hinreichende 
Bedingung  zu  erfüllen^  dass  es  mit  %  eine  Gruppe  %h  bildet 
und  gleichzeitig  eine  Deckoperation  für  die  zu  u  parallelen  Axen 
abgieht  Der  ersten  Bedingung  zufolge  muss  das  Symmetrie- 
centrum in  der  Ecke  A  oder  in  der  Mitte  M  von  p  liegen; 
der  zweiten  Bedingung  wird  genügfc,  wenn  es  entweder  in  eine 
Axe  u  oder  in  die  Mitte  zwischen  zwei  parallele  Drehungs- 
axen  u  fallt. 

Für  die  Punktgruppe  0*  bildet  das  Symmetriecentrum 
mit  jeder  in  0  enthaltenen  Gruppe  D^  eine  Gruppe  D/.  Für 
die  Raumgruppen  Dh  bestimmt  es  daher  mit  den  in  ihnen 
enthaltenen  Gruppen  3)^  je  eine  Gruppe  S)*,*.  Diese  Gruppe 
soll  zur  Kennzeichnung  aller  Symmetrieelemente  von  Da  jedes- 
mal angegeben  werden. 

Die  Gruppe  D^  enthält  die  Gruppen  %^  resp.  S)^^  Die 
Gruppe  %^  lässt  sowohl  die  Ecke  Ä  als  die  Mitte  M  von  p 
als  Symmetriecentrum  zu,  und  beide  zugehörigen  Gruppen  %k 
sind  verschieden.     Dasselbe  gilt  von  den  Gruppen  2)4,«.     Die 


-     547    — 

bezüglichen  Untergruppen  sind  im  ersten  Fall  %k^  und  ^4,a^ 
An  den  Ecken  Ä  und  Ä'  des  Würfels  p  treten  alle  diejenigen 
Symmetrieebenen  auf,  welche  auch  der  Punktgruppe  0*  eigen- 
thümlicb*  sind.     Dem  entspricht   eine  Gruppe,   die  wir  durch 

bezeichnen  wollen. 

Fällt  das  Sjmmetriecentrum  in  die  Mitte  M  von  p,  so 
entstehen  die  Gruppen  %k^  und  S)4,a*.  In  die  Mitte  jedes 
Würfels  p  fällt  ein  Sjmmetriecentrum,  dagegen  tritt  eine 
eigentliche  Symmetrieebene  gemäss  den  Eigenschaften  dieser 
Gruppen  nicht  auf.     Die  zugehörige  Gruppe  sei 

Die  Gruppe  D^  enthält  als  Untergruppen  die  Gruppen  %^ 
und  S)/,  es  lassen  sich  daher  aus  O^  ebenfalls  zwei  Gruppen  Dh 
ableiten.  Die  zugehörigen  Untergruppen  sind  %h^  und  X*^ 
resp.  S)4,A^  und  S)4,ä^*.  Fällt  das  Symmetriecentrum  in  die 
Ecke  Ä  von  py  so  treten  in  den  Ecken  A  und  A\  wie  die 
Gruppe  Zh"  zeigt,  drei  einander  senkrechte  Symmetrieebenen 
auf,  wenn  dagegen  die  Mitte  M  von  p  das  Symmetriecentrum 
abgiebt,  so  ist,  wie  die  Gruppe  S)4,a^*  erkennen  lässt,  jede 
Diagonalebene  von  p  eine  Symmetrieebene.  Die  bezüglichen 
Gruppen  bezeichnen  wir  demgemäss  durch 

'£)»»=={£)%    3}  =  {€*,  ©»}     und 

Für  die  Gruppe  D'  sind  %^  und  3)/  die  bezüglichen 
Untergruppen.  Aus  der  Gruppe  %^  entstehen  durch  Multipli- 
cation  mit  dem  Symmetriecentrum  die  Gruppen  %k^  und  2^*; 
und  zwar  fallt  das  erzeugende  Symmetriecentrum  für  %h^  in 
die  Ecke  A,  für  SCa*  dagegen  in  die  Mitte  M  von  p.  Nun 
bildet  aber  die  Diagonale  a  des  Würfels  p  (Fig.  57,  S.  442) 
in  diesem  Fall  nur  den'  vierten  Theil  einer  Translation  der 
Gruppe;  daher  geht  nur  durch  A  eine  zweizählige  Axe  u 
durch  A'  dagegen  nicht.  Für  O^  entsprechen  daher  nur  die 
in  A  resp.  A'  fallenden  Symmetriecentra  einer  Deckoperation 
des   genannten    Axensystems.     Nun   sind    aber  die   durch   A 

85* 


-     548    — 

und  A'  gehenden  Axeü  der  Gruppe  D^  verschiedenartig,  denn 
durch  A  gehen  (vgl.  S.  516  und  543)  vierzählige  Drehungs- 
axen,  durch  A'  dagegen  Schraubenaxen  mit  der  Componente  r«. 
Es  ergeben  sich  daher  auch  verschiedene  Gruppeu  Da,  je 
nachdem  das  Symmetriecentrum  in  A  oder  A'  fallt  Die- 
selben haben  ®4,a"  und  2)4,**®  zu  Untergruppen.  Für  die 
erstere  sind  in  A  alle  diejenigen  Symmetrieelemente  vor- 
handen, welche  der  Punktgruppe  0*  angehören,  für  die  zweite 
gehen  durch  A!  drei  zu  einander  senkrechte  Symmetrieebenen. 
Wir  bezeichnen  die  Gruppen  durch 

D.«={D«,  3'}  =  {0»,  @m). 

Die  Gruppe  D*  enthält  neben  H}  die  Gruppe  S)^^^  als 
Untergruppe.  Die  Diagonale  a  wird  nur  in  den  Mitten  der 
Würfel  f  von  zweizahligen  Axen  u  geschnitten ,  und  zwar 
ist  der  Abstand  zweier  Schnittpunkte  Xx-\'  Xy'\-Xt^=^2AA'  \ 
daher  fallt  nicht  in  jeden  Würfel  p  eine  zu  u  parallele  Axe. 
Ist  (Fig.  64)  M.  ein  Punkt,  durch  den  eine  Axe  u  hindurch- 
geht, so  geht  durch  M!  keine  Axe.  Es  geben  daher  die 
Punkte  M  und  M!  Symmetriecentra  des  gesammten  Axen- 
systems  ab,  die  Ecken  von  p  jedoch  nicht.  Da  M  und  JIT 
verschiedene  Lage  zum  Axensystem  haben  und  überdies  nicht 
0iigleich  in  den  bezüglichen  Gruppen  Oa  als  Symmetriecentra 
vorkommen,  so  entstehen  auf  diese  Weise  zwei  Gruppen  D*; 
sie  enthalten  S)^.***  und  2)4.**°  als  Untergruppen.  Wir  be- 
zeichnen sie  durch 

D*«  =  {D*,  3m.}. 
Die  erstere  enthält  die  drei  durch  die  Diagonale  a  gehenden 
Ebenen  0d  als  Symmetrieebenen. 

Die  Gruppe  O^  enthält  die  Untergruppen  I*  und  S)^^ 
Jede  von  ihnen  lässt  zwar  beide  Lagen  des  Symmetriecentrums 
zu,  es  ergiebt  sich  aber  dadurch  nur  je  eine  Gruppe,  nämlich 
%h^  und  £4,A*^-  Da  das  erzeugende  Symmetriecentrum  in  die 
Ecke  von  p  fallen   kann,   so  treten  in  jeder  von  der  Axe  a 


-     549    — 

getroflFenen  Ecke  alle  Symmetrieebenen   der  Punktgruppe  0* 
auf.    Wir  bezeichnen  die  zugehörige  Raumgruppe  durch 

Die  letzte  Gruppe,  welche  eine  Gruppe  Oh  liefert,  ist  D\ 
Sie  enthält  die  Gruppen  %^  und  S)^^®  als  Untergruppen.  Aus 
der  Gruppe  %^  ergiebt  sich  nur  eine  Gruppe  %h,  nämlich  3^*^; 
sie  enthält  gleichzeitig  beide  Sjmmetriecentra.  Beide  Lagen 
des  Symmetriecentrums  führen  daher  auf  dieselbe  Gruppe. 
Die  Untergruppe  S)4,a  ist  die  Gruppe  ^4,**°.  Eigentliche 
Symmetrieebenen  können  nicht  auftreten,  da  sie  weder  in  %fj 
noch  in  ^^h^  vorkommen.  Wir  bezeichnen  die  so  definirte 
Gruppe  durch 

0*"={D«,  3}. 

Hiermit  sind  sämmtliche  Gruppen  Oh  abgeleitet  Aus 
den  Gruppen  D^  und  O^  lassen  sich  nämlich  derartige  Gruppen 
nicht  erzeugen,  da  jede  von  ihnen  nur  Schraubenaxen  von 
einerlei  Windungssinn  besitzt,  und  dies  gegen  die  im  Satz  XXII 
von  Cap.  VI  ausgesprochene  Bedingung  verstosst  Wir  erhalten 
daher  schliesslich: 

Lehrsatz  V.  Es  giebt  gehn  Baumgruppen,  u^lche  die  Sym- 
metrie der  Holoedrie  des  regulären  Systems  besitzen.  Vier  von 
ihnen  enthalten  die  Translationsgruppe  Fe,  vier  die  Gruppe  Fo 
und  mvei  die  Gruppe  Fc\ 

§  7.  Die  Coordinaten  der  gleiohwerthigen  Fxmkte.  Um 
das  Fundamentalsystem  der  gleichwerthigen  Punkte  zu  er- 
mitteln, legen  wir  dasselbe  Coordinatensystem  zu  Grunde, 
welches  wir  für  die  Vierergruppen  benutzt  haben;  der  Anfangs- 
punkt fallt  in  die  Ecke  Ä  des  Würfels  p.  Es  stimmt  mit  dem  im 
ersten  Abschnitt  S.  223  benutzten  Coordinatensystem  überein. 
Die  dort  für  die  Holoedrie  des  regulären  Systems  gefundenen 
Coordinatenwerthe  ordnen  wir  folgendermassen  an: 

I)  xygj  xy0,  xyz,  xyz       II)  yxZy  yxz,  yxz,  yxz 
zxy,  zxy,  zxy,  zxy  xzy,  xzy,  xzy,  xzy 

yzx,  yzxy  yzx,  yzx  zyx,  zyx,  zyx,  zyx 


—     550    — 

III)    xy0y  xye,  xyz^  xyz      IV)  yxZy  yxz,  yxz,  yxz 
zxy,  zxy,  zxy,  zxy  xzy,  xzy^  xzy^  xzy 

4fzx^  yzx,  yzx,  yzx  zyx,  zyx,  zyx],  zyx 

und  zwar  giebt  I  allein  die  Coordinaten  der  Tetartoedrie, 
I  und  II  diejenigen  der  enantiomorphen  Hemiedrie,  I  und  III 
diejenigen  der  paramorphen  Hemiedrie,  endlich  I  und  IV  die 
der  hemimorphen  Hemiedrie.  Die  erste  Zeile  von  I  liefert 
diejenigen  Punkte^  welche  aus  xyz  durch  die  Operationen  der 
Gruppe  V  entstehen;  aus  ihnen  gehen  die  Punkte  der  zweiten 
und  dritten  Zeile  (S.  213)  durch  die  Drehungen  Sl  und  Sl*  her- 
vor. Die  Punkte  von  11  entstehen  aus  I  durch  die  ümklappung 
U;  welche  die  Richtung  der  erzeugenden  Axe  der  Gruppen  O 
beMtzt;  also  (S.  213)  xyz  in  yxz  überführt.  Endlich  entsteht 
in  und  IV  aus  I  und  II  durch  die  Inversion  3. 

Jede  Gruppe  3^  entsteht  durch  Multiplication  einer  Gruppe  95 
mit  der  Drehung  81,  welche  dieselbe  Lage  zum  Coordinaten- 
system  hat,  wie  für  die  Punktgruppe  T]  daher  können  durch 
sie  neue  Translationscomponenten  nicht  verursacht  werden. 
Um  diejenigen  zu  bestimmen,  welche  aus  den  Punkten  der 
ersten  Zeile  stammen,  ist  zu  beachten,  dass  die  Drehung  S( 
die  Translationen  tx,  ty^  t,  cyclisch  in  einander  überführt. 

Da  für  die  Gruppen  SS\  SS',  SS®  die  Coordinatenwerthe 
des  Fundamentalsystems  mit  denen  der  Punktgruppe  V  über- 
einstimmen, so  folgt,  dass  dies  auch  für  die  Gruppen  2^3^^  2' 
der  Fall  ist.  Diese  Gruppen  entstehen  also  aus  T  durch  Mul- 
tiplication mit  den  Translationsgruppen  fc;  -T/,  ^c'. 

Wir  brauchen  daher  die  Translationscomponenten  nur  für 
%^  und  %^  anzugeben.    Gemäss  dem  vorstehenden  erhalten  wir 


0, 

r,   +    «y, 

Xy  +  x„ 

i:z  +  rx 

0, 

Xy  +  x„ 

r.  +  r«, 

tx  +  Xy 

0, 

r,  +  r„ 

^«  +  «y, 

Xy  +  X. 

0, 

^', 

^x, 

Xy 

0, 

««, 

Xy, 

X, 

0, 

^», 

^n 

tx 

Die  Coordinatenwerthe  der  Gruppe  T*  werden   durch  I) 
und  III)  der  Tabelle  dargestellt.     Fällt  das  erzeugende  Sym- 


-     551    — 

metriecentrum  d^r  Gruppe  %k  in  die  Ecke  Ä  des  Würfels  p, 
so  treten  neue  Translationscomponenten  nicht  auf.  Dies  ge- 
schieht nur,  wenn  es  in  der  Mitte  von  p  liegt;  die  Zusatz- 
translation ist  immer  die  Würfeldiagonale  a  von  p^  deren 
Länge  für  %^ 

2tr  =  rx  +  tTy  +  i^*/) 

für  %*  dagegen 

ist.  Im  übrigen  führt  die  Inversion  jede  der  drei  Translationen 
in  die  entgegengesetzte  über;  da  nun  in  den  Tabellen  für  I* 
und  X^  nur  halbe  Translationen  auftreten,  so  sind  die  be- 
züglichen reducirten  Werthe  mit  den  ursprünglichen  identisch. 

Die  Gruppen  %h\  3^**,  %h^  sind  diejenigen,  deren  Funda- 
mentalsystem von  allen  Translationscomponenten  frei  ist;  sie 
entstehen  durch  Multiplication  der  Gruppe  T*  mit  Tc,  f/,  r*c". 

Für   die   Gruppen   Zi,^,   %h\   Z^^   und   %^'^    erhalten    die 
Translationscomponenten  der  oben  in  II_  auftretenden  Coordi-        HU 
naten  folgende  Werthe: 


2»*: 

2rr, 

2rr, 

2Xr, 

2Xr 

2Xr, 

2r„ 

2Tr, 

2Xr 

2r., 

2r., 

2Xr, 

2Xr 

%H*: 

Tr, 

■^n 

«r, 

Xr 

Xr, 

^o 

■^r, 

tr 

l^r, 

^n 

^r, 

.«/• 

%.': 

0, 

r,  +  ry, 

«»  +  f=, 

r, +  T, 

0, 

ty  +  %„ 

t.  +  Tx, 

Tx  +  ty 

0, 

^»  +  ■'x, 

^x  +  ■'y, 

ty  +  r. 

a;*': 

0, 

^>, 

«X, 

Ty 

0, 

^', 

*». 

^s 

0, 

Xy, 

^', 

tx 

Da   die  Gruppen  3;^^,  %d\  %/  im  Anfangspunkt  Ä  die- 
selben Symmetrieelemente  aufweisen,  wie  die  Gruppe  J^,  so 


1)  Die  Bezeichnung  stimmt  mit  der  auf  S.  294  eingeführten  überein. 
Uebrigens  ist  2xr  keine  Translation  der  Gruppe  %^  oder  X'. 


—    552    — 

ist  das  Fundamentalsystem  ihrer  gleichwerthigen  Punkte  von 
allen  Translationscomponenten  frei;  diese  Gruppen  ergeben 
sich  daher  durch  Multiplication  der  Punktgruppe  T*^  mit  den 
Translationsgruppen  Fo,  Fo,  Fo'.  Dagegen  treten  für  die 
mit  @<i('r)  abgeleiteten  Gruppen  neue  Translationscomponenten 
auf,  nämlich  för  XJ'  und  S/  die  Translation  (S.  541) 

2Xr  =  tTaj  +  ty  +  r, 
für  %d    dagegen  die  Translation 

Tr  =  i(r:,  +  ry +  r,). 
Beachten  wir  schliesslich,  dass  die  erzeugende  Spiegelung  ®d 
die  in  den  Coordinatenwerthen  der  Tabelle  I  auftretenden 
Translationen  Xx  und  ty  vertauscht  und  t,  unverändert  lässt, 
so  ergeben  sich  zu  den  Coordinatenwerthen  der  Tabelle  IV 
folgende  Translationscomponenten: 


%i*'  und  %i\ 

2tr, 

2Xr, 

2tr, 

2Xr 

2Xr, 

2Xr, 

2Xr, 

2Xr 

2tr, 

2rr, 

2tr, 

2Xr 

%/: 

■'r, 

rr", 

tr", 

x; 

tr, 

r;\ 

<\ 

tr, 

<, 

r'" 

Xr    , 

r", 

WO  r/,  Tr\  Xr"  die  auf  S.  294  angegebenen  Werthe  haben. 

Geht  die  erzeugende  Axe  u  der  Gruppen  O  durch  die 
Ecke  A  von  j),  d.  h^  durch  den  Anfangspunkt  des  Coordinaten- 
Systems,  so  werden  durch  sie  neue  Translationscomponenten 
nicht  verursacht.  Daraus  folgt  bereits,  dass  die  Fundamental- 
systeme der  Gruppen  D\  D®,  D^  keinerlei  Translationscom- 
ponente  enthalten.  Diese  Gruppen  können  daher  durch  Mul- 
tiplication der  Punktgruppe  0  mit  den  Translationsgruppen 
fc,  -T/;  Fe  gebildet  werden.  Geht  dagegen  die  Axe  u  nicht 
durch  A^  so  ist  sie  durch  eine  Axe  w,  welche  durch  A  geht, 
und  eine  Translation  gleich  der  ganzen  oder  halben  Würfel- 
diagonale zu  ersetzen;  dieselbe  ist  für  D^  gleich  2rr,  für  D*, 
D*  und  D®  gleich  r^,  endlich  für  D^  gleich  3rr.  Femer  ist 
zu  bemerken,  dass  die  ümklappung  u  die  in  der  Tabelle  I 
enthaltenen  Translationen  x»  und  Xy  mit  einander  vertauscht 


-    553    — 

und  Ta  umkehrt.  Das  letztere  hat  aber  denselben  Effect,  als 
ob  r«  ungeändert  bleibt,  folglich  erhalten  wir  folgende  Werthe 
der  Translationscomponenten  für  die  Coordinatentripel  der 
Gruppen  O. 

2Zry  ^Try  ^"^ry  ^Ty 
Jtry  ^^ry  ^"^rt  ^'^r 
'^ry       '^ry  '^r; 


Auch  diese  Coordinatenwerthe  lassen  erkennen,  dass  sich  D^ 
und  O^  nur  durch  den  Windungssinn  der  Schraubenaxen 
unterscheiden. 

Die  zu  den  Gruppen  Da^,  D^*  und  Da^  gehörigen  Funda- 
mentalsysteme  enthalten  keinerlei  Translationscomponente,  und 
können  daher  durch  Multiplication  der  Punktgruppe  0^  mit 
Fcy  Fcy  Fe'  erzeugt  werden.  Für  die  übrigen  Gruppen  sind 
diejenigen  Translationscomponenten,  welche  den  Coordinaten- 
werthen  von  I  und  II  der  Tabelle  entsprechen,  eben  abgeleitet 
worden;  es  brauchen  daher  nur  noch  diejenigen  angegeben  zu 
werden,  welche  zu  den  Coordinaten  von  III  und  IV  gehören. 
Neue  Translationscomponenten  treten  nur  auf,  wenn  das  er- 
zeugende Symmetriecentrum  nicht  im  Anfangspunkt  des  Coor- 
dinatensystems  liegt,  d.  h.  für  die  Gruppen  Da*,  Da*;  Da*,  Da' 


—    554    — 


und  Oa^  Für  die  ersten  drei  Gruppen  lässt  sich  die  bezfig- 
liche  Inversion  durch  Inversion  gegen  den  Anfangspunkt  A 
und  die  Translation  2rr  ersetzen;  fQr  Dy^  ist  die  bezügliche 
Translationscomponente  rr,  für  D/,®  endlich  3rr.  Die  Inversion 
ändert  das  Vorzeichen  von  Xr.  r/,  r/',  t/".     Wir  erhalten 


Tf      f'T    f 


Da*: 


D/: 


^try  ^trj  ^try  ^^r) 

2tr,  2tr,  2tr,  2r,; 

2xr,  2Tr,  2tr,  2r,; 

0,  0,  0,  0 

0,  0,  0,  0 

0,  0,  0,  0 

/T,.,  ^Tfj  ^try 


2rr.     2rr,     2i 


«T, 


2r„ 

2r,,  2r,, 

2r,,  2i:,, 

2r„  2r„ 


2r, 


'•; 


Da«: 


•t;  «Tj  »t; 

UT;-;  OXry  ÖXf 


2Xr 
2Xr 
2Xr 
2Xr,  2Xr 
2Xr,  2Xr 
2Xr,       2Xr 

Xry  Xr^ 

•fr-, 


öXfj       öXfj       OXfj      öXfl 


Da»»:  0, 
0, 
0, 


^Xy 


^y) 


"VJ 


«'J/J 


x^: 


2Xry  2Xry  ^Xry  2Xr 
^Xry  ^Xry  ^Xfp  aXf 
2Xry  2Xry  2Xry  2Xr 
2Xr 
2Xr 
2Xr 

0 
0 
0 

2Xr 


2Xry       2Xry       2Xr 

Ä  Xf  j  £  Xf  y  Ä  T| 

u  Xf ,       ^  Xf .       ^Xi 


ry 


ry 


0, 
0, 
0, 


0, 
0, 
0, 


0. 
0, 
0. 


2Xry      2Xry      2Xr 

2Xry      2Xry       2Xry      2Xr 

2Xry      2Xry      2Xry      2Xr 


0, 
0, 
0, 


0, 
0, 
0, 


0, 
0, 
0, 


0 
0 
0 


2Xry  2Xry  2Xry  aXf 

2Xry  2Xry  2Xry  2Xr 

2Xry  2Xry  2try  2Xr 

^rj  Xf     ^  Xr  9  Xi 


^r    y 


^ry 


Xr'y 


r 
/// 


Die  Gruppen  Oh,  Da^  und  D*^  sind  diejenigen,  welche  die  Ge- 
sammtsymmetrie  der  durch  Pej  Fay  F/'  bestimmten  BaumgiUer 
characterisiren. 

§  8.  Tabelle  aller  Banmgmppen.  Die  folgende  Tabelle 
giebt  die  Zahl  der  einer  jeden  Erystallclasse  entsprechenden 
Raumgruppen  nebst  der  zugehörigen  Translationsgruppe  an. 
Wir  ordnen  die  Gruppen  nach  den  Krystallsystemen. 


—    565    — 

Triklines  System.     F«. 

Äj.      Holoedrie.  1 

C^,      Hemiedrie.  1 

Monoklines  System.  F,«,  F,,/ . 

Ci*.     Holoedrie.  4  2 

S.        Hemiedrie.  2  2 

Cj.      Hemimorphie.  2  1 

Rhombisches  System.  A,  T/,  F/',  F/ 

F\     Holoedrie.  16     6      2       4 
F.       Hemiedrie.  4     2      12 

C/.     Hemimorphie.  10     7      2       3 

Bhomboedrisohes  System.  Frh,  F^. 

Ds^.    Holoedrie.  2      4 
Dj).     Enautiomorphe  Hemiedrie.  1      6 

Gj*.     Hemimorphe  Hemiedrie.  2      4 
Cy.      Paramorphe  Hemiedrie.  1       1 

Cj.      Tetari;oedrie.  1      3 

Tetragonales  System.  Fg,  F/. 

D/.    Holoedrie.  16     4 

Z)^.     Enautiomorphe  Hemiedrie.  8     2 

(74*.     Hemimorphe  Hemiedrie.  8     4 

(7^*.     Paramorphe  Hemiedrie.  4     2 

C4.      Tetartoedrie.  4    2 

iS4^     Hemiedrie  mit  Axe  zweiter  Art.         8     4 
^4.       Tetartoedrie  mit  Axe  zweiter  Art.      1     1 

Hexagonales  System.  Fa. 

DqK    Holoedrie.  4 

Dg.     Enantiomorphe  Hemiedrie.  6 

Cß^,     Hemimorphe  Hemiedrie.  4 

(7g*.     Paramorphe  Hemiedrie.,  2 

Cß.      Tetartoedrie.  6 

7)3*.     Hemiedrie  mit  dreizähliger  Axe.        4 
C^\     Tetartoedrie  mit  dreizähliger  Axe.     1 


-     556    - 

Beguläres  System. 

n, 

r' 

r/'. 

0*. 

Holoedrie. 

4 

4 

2 

0. 
T*. 

Enantiomorphe  Hemiedrie. 
Hemimorphe  Hemiedrie. 
Paramorphe  Hemiedrie. 
Tetartoedrie. 

4 
2 
3 
2 

2 
2 
2 

1 

2 
2 

2 
2 

Wir  schliessen  mit  folgendem 

Hanptsatz.  Es  giebt  im  Garusen  230  krystcUlographisch  ver- 
wendbare Raumgruppen. 

Die  Systematik  der  Tabelle  schliesst  sich  in  natürlicher 
Weise  an  die  Symmetrieverhältnisse  der  Baumgitter  an.  Für 
die  einzelnen  Systeme  treten  im  Allgemeinen  diejenigen  Trans- 
lationsgruppen als  characteristisch  auf,  welche  die  Symmetrie 
der  holoedrischen  Abtheilung  besitzen.  Nur  die  Erystallclassen 
mit  dreizähliger  und  sechszah liger  Hauptaxe  zeigen  wiederum 
eine  Ausnahme.  Ihnen  kommen  zwei  Translationsgruppen  von 
verschiedenem  Symmetriecharacter  zu,  nämlich  A  und  Frh' 
Die  letztere  Gruppe  erscheint  der  Natur  der  Sache  nach  aller- 
dings nur  bei  solchen  Erystallclassen,  welche  eine  dreizählige 
Hauptaxe  besitzen,  dagegen  kann  die  Gruppe  Ja  sowohl  bei 
dreizähliger  als  bei  sechszähliger  Hauptaxe  auftreten.  Eine 
Scheidung  aller  Classen  des  rhomboedrischen  und  hexagonalen 
Systems  in  der  Weise,  dass  für  jedes  System  eine  Trans- 
lationsgruppe bestimmter  Symmetrie  auftritt,  ist  daher  aus- 
geschlossen. 

Dieser  umstand  beweist  von  neuem  die  im  ersten  Ab- 
schnitt S.  138  ausgesprochene  Thatsache,  dass  sich  die 
Systematik  aller  Erystalle  in  wechselnder  Gestalt  aufstellen 
lässt.  Eeine  Eintheilung  hat  einen  absolut  zwingenden  Cha- 
racter;  doch  zeigt  die  vorstehende  Tabelle,  dass  sich  vom 
Standpunkt  der  Structurtheorie  aus  diejenige  Systematik  am 
meisten  empfiehlt,  welche  sich  practisch  an  der  Hand  der 
Erfahrung  ausgebildet  hat;*es  ist  diejenige,  die  in  Cap.  VI,  24 
des  ersten  Abschnittes  enthalten  ist.  Ob  man  das  rhombo- 
edrische  System,  wie  a.  a.  0.  geschehen,  als  ünterabtheilung 
des  hexagonalen  betrachten  will,  ist  dabei  ziemlich  unerheblich. 


—     557     - 

Bei  dieser  Gelegenheit  möge  noch  auf  die  mehrfach  er- 
wähnte Thatsache  hingewiesen  werden ,  dass  innerhalb  des 
rhomboedrischen  Krystallsystems  die  Translationsgruppe  F« 
zwei  verschiedene  Lagen  zu  den  zweizähligen  Axen  haben 
kann.  Angenscheinlich  entspricht  dieser  umstand  den  zwei 
verschiedenen  Arten  von  Flächenausbildungen ,  die  bei  den 
bezüglichen  Erystallformen  auftreten  und  theoretisch  als  Pris- 
men und  Pyramiden  erster  resp.  zweiter  Stellung  unterschieden 
werden^).  Diese  und  ähnliche  Differenzen  in  der  Lage  der 
Translationsrichtungen  zu  den  Axenrichtungen  hat  L.  Wulff 
benutzt^  um  darauf  die  Aufstellung  verschiedener  Hemiedrieen 
gleicher  Symmetrie  zu  basiren^).  Sollte  es  sich  übrigens  em- 
pfehlen, neben  der  Eintheilung  nach  der  Symmetrie  für  jede 
Erystallclasse  soweit  möglich  noch  weitere  ünterabtheilungen 
allgemeinerer  Art  au&ustellen,  so  würde  sich  hierzu  allerdings 
die  Sonderung  der  Baumgruppen  nach  der  iu  ihnen  ent- 
haltenen Translationsgruppe  am  besten  eignen. 

1)  Aoaloge  Verhältnisse  treten  auch  im  tetragonalen  System  anf, 
vgl.  S.  499  und  601. 

2)  Ueber  die  Hemiedrieen  nnd  Tetartoedrieen  der  Krystallsysteme, 
Zeitschr.  f.  Krystallogr.  Bd.  13,  S.  474  ff. 


Dreizehntes  Gapitel. 
Die  regelmässigen  Holekelbanfen. 

§  1.  Die  regnläre  Banmtheilimg.  um  die  Eigenschaften 
der  regelmässigen  Molekelhaufen  möglichst  einfach  zu  über- 
blicken, ist  es  zweckmässig,  einen  neuen  geometrischen  Be- 
griff einzuführen,  nämlich  denjenigen  der  regulären  Raum- 
theilung.  Um  die  Bedeutung  desselben  darzulegen,  wollen  wir 
von  irgend  einem  Raumgitter  ausgehen.  Das  Raumgitter  zer- 
legt den  ganzen  unendlichen  Raum  in  lauter  congruente 
Parallelepipeda.  Diese  Parallelepipeda  haben  eine  ganz  eigen- 
artige Lage  zu  einander;  jedes  von  ihnen  ist  nämlich  von  der 
Gesammtheit  aller  übrigen  auf  die  gleiche  Weise  umgeben. 
In  der  That,  in  welches  Parallelepipedon  wir  auch  eintreten, 
wir  erhalten  von  ihrer  Lage  und  Anordnung  im  Raum  stets 
das  gleiche  Bild. 

Die  Raumgitter  repräsentiren  den  einfachsten  Fall  einer 
solchen  Zerlegung  des  gesammten  unendlichen  Raumes  in 
lauter  gleiche  Bereiche,  bei  welcher  jeder  Bereich  von  der 
Gesammtheit  der  übrigen  auf  gleiche  Art  umgeben  ist  Eine 
derartige  Zerlegung  des  Raumes  heisst  eine  reguläre  Baum' 
theilung,  Ihr  geometrischer  Character  entspricht  genau  dem- 
jenigen, durch  welchen  die  regelmässigen  Punktsysteme  und 
die  regelmässigen  Molekelhaufen  ausgezeichnet  sind;  der  Zu- 
sammenhang dieser  geometrischen  Gebilde,  sowie  die  Nützlich- 
keit der  Einführung  der  regulären  Raumtheilung  ist  hieraus 
leicht  zu  erkennen. 

Bei  der  Erörterung  der  regelmässigen  Punktsysteme  und 
Molekelhaufen  haben  wir  von  vornherein  angenommen,  dass 
die  Gleichartigkeit  der  Anordnung  sowohl  die  Eigenthümlich- 


—    559    — 

keit  congruenter,  als  auch  spiegelbildlich  gleicher  Gegenstände 
zeigen  kann.  Denselben  Standpunkt  nehmen  wir  in  Folge 
dessen  auch  in  Bezug  auf  reguläre  Raumtheilungen  ein.  Wir 
setzen  also  voraus^  dass  die  Bereiche  nicht  sämmtlich  con- 
grnent  zu  sein  brauchen,  sondern  dass  ausser  den  congruenten 
auch  solche  auftreten,  die  ihnen  spiegelbildb'ch  gleich  sind, 
und  dass  ebenso  die  verschiedenen  Anordnungen  aMer  Bereiche 
um  jeden  einzelnen  sowohl  congruente  Bilder  liefern  können^ 
als  auch  solche,  die  sich  wie  Körper  und  Spiegelbild  ver- 
halten, wobei  natürlich  die  Frage,  ob  derartige  Raumtheilungen 
der  einen  und  der  andern  Art  überhaupt  existiren,  zunächst 
ofiPen  bleiben  muss.  Der  Nachweis  ihrer  Existenz  wird  in  §  8 
geführt  werden. 

Wir  sprechen  den  Inhalt  der  vorstehenden  Bemerkungen 
folgendermassen  aus: 

Unter  einer  regulären  Raumtheilung  verstehen  wir  eine 
solche  Zerlegung  des  Baumes  in  lauter  gleicJie  Bereiche,  bei 
welcher  jeder  Bereich  von  der  Gesammtheit  aUer  übrigen  auf 
gleiche  Art  umgeben  ist 

Man  pflegt  die  einzelnen  Bereiche  auch  Fundamental' 
bereiche  zu  nennen,  wir  bezeichnen  sie  durch  %  9?^,  9^2; .. . 

§  2.  Es  liegt  nahe,  die  Frage  in's  Auge  zu  fassen,  ob 
resp.  wie  die  reguläre  Raumtheilung  mit  den  Raumgruppen 
zusammenhängt.  In  dem  Fall  des  Raumgitters  liegt  die  Ant- 
wort auf  der  Hand.  Das  Raumgitter  geht  nämlich  durch  un- 
endlich viele  Translationen  in  sich  über,  die  eine  Raumgruppe 
bilden.  Ist  nun  2r  eine  von  ihnen,  so  muss  sie  mit  dem 
Raumgitter  a^ch  die  sämmtlichen  Parallelepipeda  zur  Deckung 
bringen,  und  umgekehrt. 

Analog  sind  die  Beziehungen  in  jedem  andern  Fall.  Es 
bedarf  nur  weniger  Ueberlegungen,  um  zu  demjenigen  Haupt- 
satz zu  gelangen,  welcher  diese  Behauptung  rechtfertigt.  Sind 
nämlich  84  und  Sk  irgend  zwei  congruente  Bereiche  der  Raum- 
theilung, so  giebt  es  sicher  eine  Bewegung,  welche  Si  auf  St 
fallen  lässt;  ebenso  giebt  es,  wenn  die  Bereiche  Si  und  St 
spiegelbildlich  gleich  sind,  eine  Operation  zweiter  Art^  welche 
8i  in   Sjt  überfährt.    Wenn   wir   nun   die   in   der   Definition 


—    560    — 

vorausgesetzte  Gleichheit  der  Anordnung  um  Si  und  St  in 
bestimmterer  Weise  dahin  pracisiren,  dass  die  Anordnungen 
den  Character  der  Gongruenz  besitzen,  wenn  Si  und  Sk  selbst 
congruent  sind^  dass  sie  hingegen ,  wenn  S{  und  Sk  spiegel- 
bildlich gleich  sind,  ebenfalls  in  dem  Yerhältniss  stehen,  wie 
spiegelbildlich  gljBiche  Figuren,  so  leuchtet  ein,  dass  sowohl 
die  Bewegung,  als  auch  die  Operation  zweiter  Art^  welche  Si 
mit  Sk  zur  Ooincidenz  führt,  zugleich  eine  Deckoperation  der 
gesammten  Bereiche  ist;  sie  führt  jeden  einzelnen  Bereich 
wieder  in  einen  die  Raumtheilung  constituirenden  Bereich 
über.  Ferner  sind  zwei  Deckoperationen  der  Raumtheilung, 
wenn  sie  hinter  einander  ausgeführt  werden,  aus  den  S.  256 
angegebenen  Gründen  stets  wieder  einer  Deckoperation  äqui- 
Yalent;  die  Gesammtheit  derselben  bildet  also  eine  Raum- 
gruppe.    Also  lassen  sich  folgende  Sätze  aufstellen: 

Lehrsatz  L  Alle  Deckoperationen  einer  regulären  Baum- 
theilung  bilden  eine  räumliche  Gruppe  von  Operationen. 

Lehrsatz  II.  Jede  reguläre  Eaumtheilung  geht  durch  un- 
endlich viele  Beckoperationen  in  sich  über,  welche  eine  Baum- 
gruppe häden.  Es  gieht  stets  Deckoperationen,  welche  zwei  hdidng 
gewählte  Bereiche  zur  Coincidenz  bringen. 

Gehört  so  zu  jeder  regulären  Raumtheilung  eine  Raum- 
gruppe, so  fragt  sich,  ob  auch  das  umgekehrte  der  Fall  ist. 
Wir  werden  zeigen,  dass  diese  Frage  zu  bejahen  ist  und  dass 
in  den  Sätzen  über  Raumtheilung  und  Raumgruppen  nur  ver- 
schiedene Seiten  einer  und  derselben  geometrischen  Wahrheit 
zu  Tage  treten.  Was  daher  von  dem  S;mmetriecharacter  der 
Raumgruppen  gilt,  gilt  in  analoger  Form  auch*  von  den  zu- 
gehörigen Raumtheilungen  und  ihren  Fundamentalbereichen, 
und  umgekehrt.  Da  nun  die  Raumtheilungen  der  Anschauung 
zugänglicher  sind,  als  die  Raumgruppen,  so  empfiehlt  es  sich, 
die  Entwickelungen  über  die  Symmetrieverhältnisse  der  Raum- 
gruppen und  Molekelhaufen  möglichst  an  die  Raumtheilungen 
anzuschliessen. 

§  3.  Reguläre  Baumtheilnng  tmd  regelmässige  Punkt- 
systeme.   Ehe  wir  zur  theoretischen  Erörterung  der  Eigen- 


—     561     — 

Schäften  der  regulären  Raumtheilungen  übergehen,  sollen  ihre 
Beziehungen  zu  den  regelmässigen  Punktsystemen  kurz  skizzirt 
werden.  Wir  knüpfen  zu  diesem  Zweck  wieder  an  das  ein- 
fachste Beispiel  des  Raumgitters  an.  In  diesem  Fall  tritt  die 
fragliche  Beziehung  unmittelbar  an's  Licht,  sie  kann  aber 
durch  folgende  üeberlegungen  noch  durchsichtiger  gemacht 
werden.  Wir  bezeichnen  die  congruenten  Parallelepipeda,  von 
einem  derselben  beginnend,  in  irgend  einer  Reihenfolge  durch 

77,    77i,    77,..., 

nehmen  in  77  einen  beliebigen  Punkt  P  an  und  fixiren  in 
jedem  Parallelepipedon  den  homolog  gelegenen  Punkt.  Die 
so  bestimmten  Punkte 

bilden  ein  reguläres  Punktsystem,  und  zwar  ein  Punktsystem 
derselben  Art,  wie  es  die  Ecken  des  Raumgitters  bilden.  Ist 
nämlich  0  eine  Ecke  von  77,  so  geht  augenscheinlich,  wenn 
man  dem  Raumgitter  die  Translation  OP  ertheilt,  in  jedem 
Parallelepipedon  /7,-  der  zu  0  analoge  Eckpunkt  0.-  in  den 
Punkt  Pi  über.  Nehmen  wir  daher  die  durch  das  ursprüng- 
liche Raumgitter  bestimmte  parallelepipedische  Raumtheilung 
als  gegeben  an,  so  können  wir  ein  regelmässiges  Punktsystem 
von  der  Natur  der  Gitter  dadurch  gewinnen,  dass  in  jedem 
Parallelepipedon,  resp.  in  jedem  Fundamentalbereich  ein  homo- 
loger Punkt  fixirt  wird.  Der  Ausgangspunkt  P  ist  beliebig; 
durch  ihn  sind  alle  andern  Punkte  bestimmt. 

Analoge  Verhältnisse  bestehen  für  jede  reguläre  Raum- 
theilung.    Es  seien  in  irgend  einer  Reihenfolge 

die  Fundamental bereiche  der  Raumtheilung;  wie  in  §  1  be- 
wiesen, giebt  es  unter  ihren  Deckoperationen  stets  eine  solche, 
welche  den  Bereich  g?  in  einen  beliebigen  Bereich  g?,-  über- 
führt. Nehmen  wir  nun  den  Punkt  P  in  dem  Bereich  g?  be- 
liebig an  und  fixiren  in  g?^,  (p^  . , .  die  homolog  gelegenen 
Punkte  Pj,  Pg .  . .,  so  erhalten  wir  unendlich  viele  Punkte 

P,     Pj,     Pg .  . ., 

SohoenfUeSf  Krystalletructar.  36 


—    562    — 

welche  ein  regaläres  Punktsystem  bilden.  Der  Beweis  ist  un- 
mittelbar aus  der  Definition  zu  entnehmen.  Jede  Deckoperation 
der  Raumtheilung  führt  nämlich  nothwendigerweise  mit  den 
Bereichen  auch  die  homologen  Punkte  der  Bereiche  in  sich 
über,  also  auch  die  Punkte  F^  F^y  F^*  *  •  Fällt  femer  bei 
irgend  einer  Deckopeoration  der  Bereich  q>  mit  dem  Bereich  tpi 
zusammen,  so  fallt  der  Punkt  F  in  den  Punkt  P^  und  da  Fi 
ein  beliebiger  Punkt  ist,  so  genügen  die  Punkte  P,  P^ ,  Pj  •  •  • 
der  Bedingung  der  Regelmässigkeit.    Also  folgt: 

Lehrsatz  in.  Für  jede  reguläre  Baumtheilung  bilden  die 
homologen  Funkte  der  Fundamentalbereiche  ein  regelmässiges 
Punktsystem. 

Ersetzen  wir  den  beliebig  gewählten  Punkt  P  durch 
irgend  einen  andern  Punkt  des  Fundamentalbereichs,  so  er 
zeugt  er  ebenfalls  ein  regelmässiges  Punktsystem.  Beide 
Punktsysteme  besitzen  dieselben  Deckoperationen ,  nämlich 
diejenigen,  welche  auch  der  Raumtheilung  eigenthümlich  sind. 
Beide  sind  daher  auch  mit  derselben  Symmetrie  behaftet. 

Der  Yortheil  der  vorstehenden  Auffassung  besteht  darin, 
dass  wir  aus  einer  als  fest  angenommenen  Raumtheilung 
gleichzeitig  unendlich  viele  reguläre  Punktsysteme  ableiten 
können;  und  zwar  ist  jedes  von  ihnen  durch  Annahme  eines 
einzigen  Punktes  vollständig  characterisirt.  Bei  der  parallel- 
epipedischen  Raumtheilung  sind  alle  Punktsysteme,  die  sich 
mit  verschiedenen  Ausgangspunkten  P,  Q,  i2 . . .  bilden  lassen, 
augenscheinlich  einander  gleichartig;  bei  den  andern  regulären 
Raumtheilungen  ist  dies  jedoch  nicht  mehr  der  Fall;  sind  die 
Ausgangspunkte  P,  Q,  Jß . . .  verschieden,  so  sind  auch  die 
ihnen  entsprechenden  regelmässigen  Punktsysteme  im  All- 
gemeinen verschieden,  sie  gestatten  aber  sämmtlich  die  näm- 
lichen Deckoperationen.  Die  regulären  Raumtheilungen  kom- 
men daher  der  Anschauung  dadurch  wesentlich  zu  Hilfe,  dass 
sie  gestatten,  viele  Punktsysteme  desselben  Symmetriecharac- 
ters  auf  einmal  vorzustellen,  und  demgemäss  erkennen  lassen, 
wie  durch  die  Lage  des  Ausgangspunktes  die  Gesammt- 
vertheilung  aller  Punkte  auf  das  mannigfachste  verändert 
werden  kann« 


—    563     - 

§  4.  üeber  die  Construction  der  regelmässigen  Punkt- 
systeme leiten  wir  noch  einen  zweiten  Satz  ab^  den  wir  direct 
ans  ihrer  Definition  entnehmen.  Er  wird  uns  später  wichtige 
Dienste  leisten^  um  die  Beziehungen  der  Baumtheilung  zu  den 
Punktsystemen  zu  kennzeichnen. 

Sind,  wie  bisher, 

1)  p,  p„  p,... 

die  Punkte  eines  regulären  Punktsystems,  so  giebt  es  stets 
eine  Deckoperatiou,  welche  P  in  den  beliebig  herausgegriffenen 
Punkt  Fi  überführt;  ebenso  muss  umgekehrt  jede  zulässige 
Deckoperation  des  Punktsystems  den  Punkt  P  mit  einem 
Punkt  Pjc  des  Systems  zur  Ooincideuz  führen.  Die  Deckope- 
rationen des  Punktsystems  lassen  sich  daher  so  anordnen, 
dass  sie  den  Punkt  P  der  Reihe  nach  mit  den  in  1)  ge- 
nannten Punkten  zusammenfallen  lassen.  Diese  Operationen 
bilden  eine  Raumgruppe  F,  wir  bezeichnen  sie  der  genannten 
Reihenfolge  entsprechend  durch 

1,    SRi,    SR,... 
Dies  lässt  sich  nun  auch  so  aussprechen,  dass  alle  Lagen,  in 
welche    der  Punkt  P  durch   die  Operationen   der  Gruppe  F 
übergeht,  das  reguläre  Punktsystem  bilden. 

Gehen  wir  umgekehrt  von  einer  beliebigen  Raumgruppe  F 
aus,  deren  Operationen 

1,    9li,    8fl,... 
sind,  und  leiten  wir  aus  einem  beliebig  angenommenen  Punkt  P 
mittelst  derselben  der  Reihe  nach  die  Punkte 

P,  Pj,  Pj . . . 
ab,  so  folgt  ebenfalls,  dass  diese  Punkte  ein  reguläres  Punkt- 
system bilden.  Ist  nämlich  SR,-  diejenige  Operation,  welche  den 
Punkt  P  nach  P,-  führt,  so  muss  auch  jeder  andere  Punkt  P' 
des  Punktsystems  in  Folge  der  Operation  9l<  mit  einem  System- 
punkt zusammenfallen.  Um  dies  zu  beweisen,  fassen  wir  die 
Operation  W  der  Gruppe  F  in's  Auge,  welche  P  nach  P' 
gelangen  lässt  Nun  sei  W  diejenige  Operation  von  F,  für 
welche 

36  • 


—     564    — 

ist,  und  P"  der  Punkt,  in  welchen  P  vermittelst  der  Ope- 
ration SR"  gelangt,  so  ist  P"  gleichzeitig  derjenige  Punkt,  in 
welchen  P'  durch  die  Operation  SR,-  übergeht  In  der  That 
zeigt  die  vorstehende  Gleichung,  dass  der  üebergang  von  P 
nach  P"  so  bewerkstelligt  werden  kann,  dass  man  zunächst 
P  mittelst  der  Operation  91'  nach  P'  führt  und  von  hier 
nach  P",  und  zwar  mittelst  der  Operation  SR,-. 

Damit  ist  gezeigt,  dass  jeder  Punkt  JP'  bei  jeder  Deck- 
operation wieder  in  einen  Systempunkt  übergeht,  also  folgt: 

Lehrsatz  IV.  Alle  Lagen,  in  welche  ein  beliebiger  Punkt  P 
in  Folge  aller  Operationen  einer  Batimgmppe  F  übergeht,  bilden 
ein  regelmässiges  Punktsystem,  für  welches  die  Operationen  von  F 
Deckoperationen  sind. 

§  5.  Mit  Hilfe  des  vorstehenden  Satzes  ist  es  leicht, 
sich  eine  Vorstellung  von  der  Structur  eines  regelmässigen 
Punktsystems  zu  verschaffen.  Besitzt  das  Punktsystem  eine 
Symmetrieebene,  so  liegen  je  zwei  Punkte  symmetrisch  zu  ihr; 
dies  bedarf  einer  besonderen  Erörterung  nicht.  Ist  a  eine 
n-zählige  Axe  des  Punktsystems  und  P  irgend  ein  Punkt  des- 
selben, so  sind  auch  diejenigen  Punkte  vorhanden,  welche  aus 
a  durch  Drehung  um  die  n-zählige  Axe  entstehen.  Diese 
n  Punkte  bilden  ein  regelmässiges  n-Eck,  dessen  Mittelpunkt 
auf  a  liegt;  die  Gesammtheit  aller  Punkte  ordnet  sich  daher 
in  lauter  regelmässige  n-Ecke,  deren  Ebenen  auf  der  Axe  a 
senkrecht  stehen  und  deren  Mittelpunkte  auf  a  liegen.  Ist  b 
eine  m-zählige  Schraubenaxe,  deren  Translationscomponente  t 
ist,  so  sind  neben  P  alle  diejenigen  Punkte  vorhanden,  welche 
aus  P  durch  die  bezügliche  Schraubenbewegung  um  b  hervor- 
gehen. Sie  liegen  auf  einem  Rotationscylinder  um  b  als  Axe 
und  bilden  eine  Schraubenlinie,  so  dass,  wenn  die  Axe  b 
m-zählig  ist,  immer  m  Punkte  einem  Schraubengang  von  der 
Höhe  mt  angehören.  Die  Projection  dieser  m  Punkte  auf  eine 
zu  b  senkrechte  Ebene  bildet  ebenfalls  ein  reguläres  m-Eck, 
dessen  Mittelpunkt  auf  b  liegt.  Die  Gesammtheit  aller  System - 
punkte  gruppirt  sich  zu  lauter  solchen  Schraubenlinien,  die 
sämmtlich  auf  bestimmten  Rotationscylindem  um  b  als  Axe 
liegen  und   sämmtlich  die  Ganghöhe  mt  besitzen.     Je  näher 


—    565    — 

ein  Systempunkt  der  Axe  b  liegt,  um  so  steiler  ist  daher  die 
SchraubeDÜnie,  welcher  er  augehort. 

Mit  diesen  Bemerkungen  ist  aber  die  Schilderung  der 
Structur  des  Systems  keineswegs  erschöpft.  Vielmehr  besteht 
seine  Eigenart  darin,  dass  alles,  was  wir  für  die  Axen  a  und 
b  abgeleitet  haben,  für  jede  Drehungsaxe  und  jede  Schrauben- 
axe  zutriflft,  welche  der  dem  Punktsystem  zugehörigen  Raum- 
gruppe r  angehört.  Für  jede  Drehungsaxe  ordnen  sich  daher 
die  sämmtlichen  Systempunkte  in  reguläre  Polygone,  und  für 
jede  Schraubenaxe  stellen  sich  analoge  Schraubenlinien  ein 
wie  oben,  und  zwar  so,  dass  für  jede  Drehungsaxe  oder 
Schraubenaxe  andere  Punkte  des  Systems  die  Polygone  resp. 
die  Schraubenlinien  bilden.  Bedenkt  man,  dass  die  Zahl  der 
Axen  eines  regelmässigen  Punktsystems  in  allen  Fällen  un- 
endlich gross  ist,  und  dass  überdies  die  Punktanorduung  um 
gleichwerthige  Axen  die  nämliche  ist,  so  erhält  man  einen 
Begriff  von  dem  hohen  Grad  von  Regelmässigkeit,  welcher 
das  Punktsystem  auszeichnet. 

Endlich  fügen  wir  hierzu  noch  folgende  Bemerkung.    Ist 
a  eine  n-zählige  Drehungsaxe,  welche  von  einer  zweizähligen 
Drehungsaxe  u  geschnitten  wird,  so  ist  neben  jedem  regulären 
n-Eck,  dessen  Mittelpunkt  auf  a  liegt, 
auch  dasjenige  vorhanden,  welches  aus  ^«'  ^^• 

dem  ersteren  durch  Umklappung  um  ti 
entsteht.  Die  Projection  beider  n-Ecke 
auf  eine  zu  a  senkrechte  Ebene  zeigt 
die  nebenstehende  Figur.  Analog  ist 
ersichtlich,  dass,  wenn  die  m-zählige 
Schraubenaxe  b  von  einer  zweizähligen 
Drehungsaxe  u  geschnitten  wird,  auf 
jedem   Rotationscylinder   um   b    zwei 

verschiedene  Schraubenlinien  verlaufen,  nämlich  ausser  der 
oben  betrachteten  auch  diejenige,  welche  durch  Umklappung 
um  u  aus  ihr  entsteht.  Die  Projectionen  beider  Schrauben- 
linien auf  Ebenen  senkrecht  zu  b  bilden  wieder  zwei  gegen 
einander  gedrehte  reguläre  m-Ecke,  wie  sie  die  Figur  67 
kenntlich  macht. 


-    566    — 

§  6.  Beziehungeii  zwischen  Banmtheilnng  und  Banm- 
gmppen.  Die  in  §  1  aufgedeckten  Beziehongen  der  Raum- 
theilong  zu  den  Raumgruppen  bedürfen  einer  eingehenderen 
Untersuchung.  Wir  haben  den  Nachweis  zu  erbringen,  dass 
jeder  Raumgruppe  Raumtheilungen  entsprechen ,  deren  Be- 
reiche durch  die  Operationen  der  Gruppe  in  einander  über- 
gehen. Genauer  soll  die  Aufgabe  ^  die  zunächst  zu  erledigen 
isty  folgendermassen  präcisirt  werden.  Es  sei  F  irgend  eine 
Raumgruppe,  und  2  irgend  eine  ihrer  Operationen,  die  nicht 
die  Identität  ist,  so  ist  die  Existenz  einer  Raumtheilnng  27 
zu  erweisen,  welche  bei  allen  diesen  Operationen  fi  so  in  sich 
übergeht,  dass  jeder  Bereich  von  Z  mit  einem  andern  Be- 
reich zusammenfällt.  Die  Bedingung  verlang^  also,  dass,  ab- 
gesehen Ton  der  Identität,  keine  Deckoperation  von  F  existirt^ 
welche  einen  Bereich  in  sich  selbst  überführt.  Von  einer 
RaumiheUung  Z  und  einer  Baumgruppe  F,  die  in  dem  genann- 
ten VerMUniss  zu  einander  stehen,  sagen  wir,  sie  gehören  ßu 
einander-^  wir  nennen  sie  im  besonderen  eine  einfache  Raum- 
theilnng und  bezeichnen  ihren  Bereich  als  einfachen  Funda- 
mentalbereich der  Gruppe  F. 

Im  Interesse  der  Anschaulichkeit  wollen  wir  uns  zunächst 
ein  Beispiel  einer  solchen  Raumtheilnng  verschaffen.  Wir 
gehen  dazu  von  der  Gruppe 


«**-{«(f'Y)^ 


aus.  Dieselbe  enthält  zweizählige  und  vierzählige  Axen,  die 
sämmtlich  Schraubenaxen  sind.  Die  vierzähligen  Axen  a  und  h 
bestimmen  (Fig.  62,  S.  482)  in  einer  Hauptebene  je  ein  quadra- 
tisches Axennetz;  die  zweizähligen  Axen  c  treffen  die  Mitten 
der  bezüglichen  Quadrate.    Die  zugehörigen  Bewegungen  sind 

wo,  wie  gewöhnlich,  2r^  die  den  Axen  parallele  Trans- 
lation ist 

Man  zeichne  nun  (Fig.  68)  dasjenige   quadratische  Netz 
der  Hauptebene,  für  welches  AG^  und  AC^  die  Seitenlängen 


-     567     - 

sind,   und   errichte   über  demjenigen  Quadrat,   dessen  Seiten 
ACi  und  AC^  sind,  eine  Säule  von  der  Hohe  2r«,  so  bildet 
diese   Säule   den    Fundamentalbereieh   9 
einer  zur  Gruppe  64*  gehörenden   regu-  *' 


s 

B 

0 

lären  Raumtheilung.  Die  andern  Bereiche 
ergeben  sich  folgendermassen.  Ueber  jedes 
Quadrat  der  Hauptebene  stelle  man  eine 
zu  97  congruente  Säule,  so  dass  ihre  un- 
tere Grundfläche  die  in  der  Figur  ange- 
gebene Entfernung  von  der  Zeichnungs- 
ebene hat.  Die  so  entstandene  Säulenschicht 
wird  nun  der  Translation  2ir«  unterworfen;  dadurch  entsteht 
eine  zweite  Schicht  über  der  ersten,  und  wird  die  Translation 
2t«  in  positiver  und  negativer  Richtung  wiederholt  ausgeführt, 
80  wird  allmählich  der  ganze  Baum  mit  congruenten  quadra- 
tischen Säulen  erfüllt,  welche  eine  zur  Gruppe  ©4*  gehörige 
reguläre  Raumtheilung  repräsentiren. 

Um  das  letztere  nachzuweisen,  haben  wir  zweierlei  zu 
erhärten,  erstens,  dass  jede  Operation  von  ^^  die  sämmtlichen 
Säulen  zur  Deckung  bringt,  und  zweitens,  dass  es  unter  ihnen, 
abgesehen  von  der  Identität,  keine  giebt,  die  eine  Säule  in 
sich  überführt,  und  dazu  Deckoperation  der  Raumtheilung  ist 
Dies  ist  leicht  auszuführen.  Zunächst  ist  klar,  dass  jede  der 
primitiven  Translationen  der  Gruppe  ^^  die  sämmtlichen 
Säulen  in  sich  überführt.  Für  die  Translation  2r«  folgt  dies 
aus  der  Oonstruction  der  Säulen,  und  für  die  Translationen 
2ri  =  2J.(7i  und  2t2  =  2J.C2  ist  es  aus  der  Figur  direct 
ersichtlich.  Da  nun  die  Raumgruppe  ^^  gemäss  Cap.  X,  §  3 
durch  Multiplication  der  Gruppe  Fj  mit  der  Bewegung  Ä  ent- 
steht, so  haben  wir  die  Richtigkeit  obiger  Behauptung  nur 
noch  für  eine  einzige  Schraubenbewegung  nachzuweisen.  Für 
die  vier  um  den  Punkt  A  liegenden  Säulen  ist  unmittelbar 
ersichtlich,  dass  sie  durch  die  Bewegung  %  zur  Deckung  ge- 
langen; ferner  liegen  je  vier  Säulen  um  jeden  Punkt  A  gleich- 
artig herum,  und  dasselbe  gilt  von  je  vier  Säulen  um  die 
Punkte  JB.  Da  nun  die  Bewegung  Ä  alle  Axen  a,  6,  c  unter 
einander  zur  Deckung   bringt,   so   muss   dies   auch  von   den 


-     568    — 

Säulen  gelten.  Andrerseits  ist  aber  auch  evident^  dass  es 
keine  Operation  von  S^^  giebt,  welche  eine  Säule  in  sich 
selbst  überführt;  die  quadratischen  Säulen  bilden  daher  in 
der  That  eine  zur  Gruppe  @4^  gehörige  Baumtheilung. 

Wir  wollen  dies  Beispiel  nicht  verlassen,  ohne  die  zu- 
gehörigen Punktsysteme  in's  Auge  zu  fassen.  Wir  nehmen 
der  Einfachheit  halber  den  Ausgangspunkt  P  in  der  Netz- 
ebene an.  Liegt  er  in  der  Nähe  von  A,  so  liegen  alle  Punkte 
nahe  bei  den  Axen  a,  und  um  jede  einzelne  Axe  a  herum 
befinden  sich  die  sämmtlichen  Punkte,  welche  aus  P  durch 
die  bezügliche  Schraubenbewegung  %  hervorgehen,  auf  einer 
Schraubenlinie;  dieselbe  liegt  auf  einem  Cylinder,  dessen 
Badius  AP  ist.  Die  Punkte  des  Punktsystems  gruppiren  sich 
aber  auch  zu  Schraubenlinien  um  die  Axen  &;  für  diese 
Schraubenlinien  ist  der  Badius  des  zugehörigen  Cy linders  BP] 
übrigens  haben  alle  Schraubenlinien  denselben  Windungssinn. 
Endlich  ist  nun  leicht  ersichtlich,  wie  sich  mit  der  Lage  des 
Ausgangspunktes  P  die  Natur  der  Schraubenlinien,  also  auch 
die  Ansicht  des  Punktsystems  ändert,  u.  s.  w. 

§  7.  Um  ein  zweites,  noch  anschaulicheres  Beispiel  zu 
geben,  gehen  wir  von  einem  Bravais'schen  Würfelgitter  aus. 
In  jedem  dieser  Würfel  W  denken  wir  uns  die  vier  körper- 
lichen Diagonalen;  zu  ihnen  fügen  wir  die  drei  Ebenen,  welche 
den  Seitenflächen  parallel  durch  die  Mitte  des  Würfels  gehen. 
Sie  theilen  den  Würfel  W  in  acht  kleinere  Würfel  w,  deren 
jeder  von  einer  der  vier  Würfeldiagonalen  durchsetzt  wird. 
Die  so  bestimmten  Geraden  bilden  das  Axensystem  der  Baum- 
gruppe %\  wie  die  auf  S.  536  befindliche  Figur  64  erkennen 
lässt.  Die  primitiven  Translationen  sind  nach  Länge  und 
Bichtung  gleich  den  Kanten  des  Würfels  W]  die  wiederholte 
Ausführung  dieser  Translationen  bringt  den  Würfel  W  mit 
allen  andern  Würfeln  zur  Deckung.  Die  acht  Theilwürfel  w 
gehen  durch  Umklappung  um  die  durch  das  Centrum  gehen- 
den zweizähligen  Axen  und  durch  Spiegelung  an  den  von 
ihnen  bestimmten  Ebenen  in  einander  über.  Wir  legen  nun 
in  einen  dieser  Theilwürfel  durch  die  ihn  durchsetzende  Dia- 
gonale irgend  drei  Ebenen,  die  sich  unter  dem  Winkel  von 


—    569    — 

120^  schneiden  und  den  Würfel  w  in  drei  congruente  Stücke 
theilen,  so  wird  jedes  dieser  Stücke  der  Fuudamentalbereich  9 
einer  Baumtheilung,  die  zar  Gruppe  %h^  gehori  Um  die 
Raumtheilung  zu  erhalten ,  haben  wir  die  andern  Theilwürfel 
auf  analoge  Weise  zu  zerlegen.  Zu  diesem  Zweck  denken  wir 
uns  den  Würfel  w  durch  die  genannten  Drehungen  und  Spie- 
gelungen mit  den  andern  Theilwürfeln  zur  Coincidenz  gebracht 
und  fügen  in  diese  Würfel  diejenigen  drei  Ebenen  ein,  in 
welche  die  in  dem  Ausgangswürfel  u)  enthaltenen  £benen  bei 
den  genannlen  Operationen  übergehen.  Dasselbe  führen  wir 
für  jeden  der  Hauptwürfel  aus.  Da  der  Ausgangs würfel  W 
in  diese  Würfel  durch  die  Translationen  der  Gruppe  Xk^  über- 
geht, so  bringen  wir  die  bezüglichen  Diagonalebenen  in  jedem 
Würfel  in  derjenigen  Lage  an,  welche  sich  bei  Ausführung 
der  zugehörigen  Translation  einstellt. 

Es  ist  nun  zu  beweisen,  dass  die  auf  diese  Weise  con- 
struirte  Raumtheilung  zur  Gruppe  X^^  gehört.  In  der  That 
lässt  die  eben  ausgeführte  Construction  unmittelbar  erkennen, 
dass  erstens  alle  Hauptwürfel  W  durch  die  Translationen  der 
Gruppe  in  einander  übergehen ,  und  dass  zweitens  die  Opera- 
tionen der  Punktgruppe  T*  die  24  Bereiche,  in  welche  der 
Ausgangswürfel  W  zerrällt,  und  damit  auch  die  Gesammtheit 
aller  Würfel,  resp.  aller  Bereiche  in  einander  überführen.  Da 
nun  die  Gruppe  %h^  das  Product  aus  der  Translationsgruppe  Fe 
und  der  Punktgruppe  T*  ist  (S.  551),  so  ist  damit  die  Be- 
hauptung erwiesen. 

Was  endlich  die  Punktsysteme  betrilGFfc,  welche  dieser 
Raumtheilung  entsprechen,  so  erkennen  wir  in  ihnen  leicht 
diejenigen  wieder,  welche  wir  oben  im  Anschluss  an  die  Theorie 
der  Brayais' sehen  Molekelgitter  betrachtet  haben  (S.  323). 

Wir  lassen  diesen  ^Beispielen  jetzt  die  allgemeine  Er- 
örterung der  bezüglichen  Verhältnisse  folgen. 

§  8.     Es  sei  r  eine  Raumgruppe,  und 

1,       3*1,       9?2;       Sts  .  .  • 

seien  in  irgend  einer  Reihenfolge  ihre  Operationen.  Wir  stellen 
uns  die  Aufgabe,  einen  Bereich  zu  construiren,  welcher  den 


—    570    - 

Fundamentalbereich  der  zu  F  gehörigen  Baumtheilung  dar- 
zustellen geeignet  ist  Wird  ein  beliebiger  Punkt  P  des  Baumes 
den  Operationen  von  F  unterworfen,  so  bilden,  wie  oben  be- 
wiesen, die  dadurch  entstehenden  Punkte 

-r,     -Tj,     F^,     -tj  •  •  • 

ein  regelmässiges  Punktsystem,  welches  zur  Gruppe  F  gehört 
und  bei  allen  Operationen  von  F  in  sich  übergeht.  Wir  wollen 
alle  diese  Punkte  als  gleichwerthige  Punkte  des  Raumes  be- 
zeichnen (S.  391).  Wird  P  durch  andere  Punkte  Q,  B  , . ,  er- 
setzt, so  bilden  auch  die  Punkte 

Qf    Qu   Q,>    ÖS... 


je  ein  regelmässiges  Punktsystem. 

Ist  P  ein  beliebig  gewählter  Punkt,  so  haben  je  zwei 
Punkte  Fi  und  Pt  einen  endlichen  Abstand  von  einander. 
Eine  Ausnahme  kann,  da  alle  Operationen  yon  F  yon  end- 
licher  Grösse  sind,  nur  dann  eintreten,  wenn  P  bei  gewissen 
Operationen  yon  F  seinen  Platz  nicht  ändert,  d.  h.  wenn  P 
auf  einer  Drehungsaxe  oder  einer  Symmetrieebene  der  Gruppe  F 
liegt.  Diesen  Fall  schliessen  wir  zunächst  ausdrücklich  aus, 
setzen  also  den  Ausgangspunkt  P  in  allgemeiner  Lage  voraus. 
Ist  dies  der  Fall,  so  kann  offenbar  auch  kein  anderer  Punkt  Pi 
in  eine  Axe  oder  Ebene  der  Symmetrie  fallen. 

Nun  sei  P^  derjenige  Punkt,  welcher  P  am  nächsten  liegt, 
und  es  sei 

SO  hat  fQr  jeden  Punkt  Pi  der  ihm  zunächst  gelegene  Punkt 
den  Abstand  e.  Wir  denken  uns  nun  um  P  eine  kleine  Kugel, 
deren  Radius  kleiner  als  die  Hälfte  von  e  ist,  und  legen  um 
Pji,  P2,  Ps . . .  Kugeln  mit  demselben  Radius,  so  liegen  alle 
diese  Kugeln  ausserhalb  von  einander.  Daraus  lässt  sich 
schliessen,  dass  Iceine  dieser  Kugeln  zwei  gleichtoerthige  Punkte 
enthält.  Denn  wenn  sich  in  einer  von  ihnen  zwei  derartige 
Punkte  Q  und  Q^  fänden,  so  müsste  es  eine  Operation  von  F 
geben,   welche  Q  mit  Q^  zur  Deckung   bringt     Da  nun  die 


-    571    - 

Operationen  von  F  die  Punkte  P,  Pj,  P^  •  •  •  ^^  einander  über- 
führen, so  gehen  durch  sie  auch  die  Kugeln  so  in  sich  über, 
dass  jede  mit  einer  andern  zur  Deckung  gelangt;  eine  Ope- 
ration der  eben  genannten  Art  existirt  daher  nichi 

Die  Yorstehenden  Schlüsse  bleiben  bestehen ,  wenn  wir 
die  Engeln  sich  ausdehnen  lassen,  bis  sie  sich  berühren.  Für 
den  Berührungspunkt  kann  dabei  der  Ausnahmefall  eintreten, 
dass  er  ein  Punkt  ist,  der  sich  selbst  entspricht;  dagegen 
haben  die  Kugeln  immer  noch  die  Eigenschaft,  in  ihrem 
Innern  lauter  ungleichwerthige  Punkte  zu  enthalten.  Nun 
lasse  man  die  um  P  construirte  Kugel  sich  nach  allen  Rich- 
tungen weiter  ausdehnen  und  setze  dieser  Erweiterung  in 
jeder  Richtung  erst  dann  eine  Grenze,  wenn  sich  bei  fort- 
gesetzter Ausdehnung  gleichwertige  innere  Punkte  einstellen 
würden,  so  ist  der  so  definirte  geschlossene  Bereich  9  der 
Fundamentalbereich  der  zur  Gruppe  F  gehörigen  Raumtheilung. 

Dies  lässt  sich  folgendermassen  beweisen.  Wir  unter- 
werfen den  Bereich  9  den  sämmtlichen  Operationen 

1,    SR|,    Slg?     SR3 . . . 
der  Gruppe  F,  so  entstehen  dadurch  die  Bereiche 

9;      9i;      92;      9^3  •  •  •; 

welche  die  Punkte  Pj,  JP^,  Pj .  - .  auf  dieselbe  Weise  umgeben, 
wie  der  Bereich  q>  den  Punkt  P;  natürlich  darf  auch  hier 
nicht  ausser  Acht  gelassen  werden,  dass,  wenn  F  eine  Be- 
wegungsgruppe ist,  alle  Bereiche  congruent  sind,  dass  jedoch, 
wenn  F  eine  Gruppe  zweiter  Art  ist,  congruente  Bereiche  mit 
solchen,  die  den  ersteren  spiegelbildlich  gleich  sind,  ab- 
wechseln. Die  yorstehenden  Bereiche  gehen  bei  jeder  Ope- 
ration von  F  in  einander  über,  da  dies  für  die  Gesammtheit 
der  Punkte  gilt,  welche  die  Bereiche  constituiren.  Zu  jedem 
inneren  Punkt  Q  von  q>  giebt  es  daher  in  9)^  einen  und  nur 
einen  gleichwerthigen  inneren  Punkt  Q^  und  umgekehrt;  keiner 
der  Bereiche  enthält  demnach  zwei  gleichwerthige  Punkte, 
ebenso  wenig  kann  in  Folge,  dessen  ein  Punkt  zugleich  im 
Innern  von  zwei  verschiedenen  Bereichen  liegen.  Andrerseits 
muss  aber  auch  jeder  Punkt  des  Raumes  dem  Innern  oder  der 


—     572     — 

Oberfläche  eines  Bereiches  angehören.  Zunächst  ist  ersichtlich, 
dass  dies  für  diejenigen  Punkte  zutrifft,  welche  den  Bereich  q> 
umgeben.  Existirten  nämlich  in  der  Nähe  des  Bereiches  q) 
Punkte,  die  weder  9  noch  einem  Nachbarbereich  angehörten, 
so  würde  eine  Lücke  zwischen  9  und  einem  Nachbarbereich 
vorhanden  sein,  der  Bereich  9  wäre  daher  nicht  richtig  be- 
stimmt und  liesse  sich  in  der  oben  angegebenen  Weise  er- 
weitern. Daraus  folgt  bereits,  dass  der  Bereich  9?  von  seinen 
Nachbarbereichen  lückenlos  umschlossen  wird.  Das  analoge 
gilt  daher  auch  für  die  andern  Bereiche.  Denn  da  der  Be- 
reich (p  so  mit  jedem  Bereich  (pi  zur  Coincidenz  gebracht 
werden  kann,  dass  alle  Bereiche  zur  Deckung  gelangen,  so 
müssen  sich  alle  Bereiche  hierin  gleichartig  verhalten. 

Beachten  wir  nun  noch,  dass  jeder  Bereich  lauter  un- 
gleichwerthige  Punkte  enthält,  also  bei  keiner  Operation  der 
Gruppe  r  in  sich  übergeht,  so  ergiebt  sich: 

Lehrsatz  V.  Der  Fundamentalbereich  einer  einfachen  Baum- 
iheilung,  welche  zu  einer  Raumgruppe  F  gehört,  ist  so  zu  con- 
struiren,  dass  sein  Inneres  und  seine  Oberfläche  von  jeder  Art 
ungleichwerthiger  PunJcte  mindestens  einen  enthält,  und  dass  im 
Innern  keine  zwei  gleichwerthigen  Punkte  liegen.  Zu  jeder 
Gruppe  F  gehören  reguläre  Raumtheilungen  dieser  Art. 

Den  so  definirten  Bereich  bezeichnen  wir  auch  als  den 
einfachen  Fundamentcdbereich  der  Gruppe  F  und  erhalten: 

Lehrsatz  VL  Wird  der  einfache  Fundamentalbereich  einer 
Raumgruppe  F  den  sämmtlichen  Operationen  von  F  unterworfen, 
so  bilden  die  aus  ihm  Jiervorgehenden  Bereiche  eine  einfache 
reguläre  Raumtheilung,  die  zur  Gruppe  F  gehört. 

§   9.     Die  Form   des  Fnndamentalbereiohes.     Die   vor- 
stehende   Deduction    lässt   die  Form    des  Bereiches   9    völlig 
pj   gg  unbestimmt.  Diese  wollen  wir  nun  der 

Untersuchung  unterwerfen. 

Es  sei  (Fig.  69)*)  P'  ein  Punkt 
der  Oberfläche  von  9.  Jeder  Theil 
der  Oberfläche   von  9?   gehört   gleich- 

1)  Die  Figur  ist  nur  schematisch  aufzufassen. 


/ 

/ 

/ 

\ 
//  \ 

—     573     — 

zeitig  einem  gewissen  Nachbarbereich  an;  wir  nehmen  an, 
dies  sei  der  Bereich  g>^.  Nun  sei  81  diejenige  Operation  von  F, 
welche  den  Bereich  q)^  in  q)  überführt,  während  9  durch  sie 
in  9/  übergehen  mag.  Im  Allgemeinen  werden  die  Bereiche 
€Pi  und  9,  verschieden  sein.  Wir  bezeichnen  den  Punkt  P\ 
insofern  wir  ihn  als  Punkt  von  q)^  betrachten,  durch  Q^,  Der- 
jenige Punkt,  welcher  aus  ihm  durch  die  Operation  91  her- 
vorgeht, liegt  auf  der  gemeinsamen  Grenze  von  9  und  9/ 
und  ist  als  solcher  durch  Q  resp.  P/  zu  bezeichnen.  Der 
Bereich  9)  enthält  also  auf  seiner  Oberfläche  die  zwei  gleich- 
werthigen  Punkte  P'iQi)  und  P/CO);  »'so  ergiebt  sich: 

Lehrsatz  VII.  Die  auf  der  Oberfläche  eines  Fundamental- 
hereichs  gelegenen  Punkte  paaren  sich  in  der  Weise,  dass  zu 
jedem  von  ihnen  ein  zweiter  mit  ihm  gleichwerthiger  existirt. 

Es  kann  im  besondern  der  Fall  eintreten,  dass  der 
Punkt  P'  bei  der  Operation  91  ungeändert  bleibt.  In  diesem 
Fall  liegen  in  P'  zwei  im  Allgemeinen  verschiedene  Punkte 
vereinigt.  Dies  ist  natürlich  nur  dann  möglich,  wenn  91  eine 
Drehung  um  eine  Axe  oder  eine  Spiegelung  an  einer  Ebene 
ist,  und  wenn  überdies  der  Punkt  P'  zugleich  auf  der  Ober- 
fläche von  q)  und  auf  der  bezüglichen  Symmetrieaxe  oder 
Symmetrieebene  liegt.  Diese  Punkte  sind  aber  nicht  etwa  die 
Schnittpunkte  des  Fundamentalbereichs  mit  der  Axe  oder 
Ebene  der  Symmetrie,   vielmehr  gilt  hierüber  folgender  Satz: 

Lehrsatz  VIII.  Keine  Drehungsaxe  oder  Symmetrieebene 
dringt  in  das  Innere  eines  einfachen  Fnndamentalbeieichs  ein; 
vielmehr  gehören  alle  diese  Axen  und  Ebenen  den  Oberflächen 
der  Fundamentalhereiche  an. 

Wenn  nämlich  eine  Drehungsaxe  a  von  F  in  das  Innere 
von  q)  eintritt,  so  möge  e  irgend  eine  zu  a  senkrechte  Ebene 
sein,  welche  das  Innere  von  9  durchsetzt  und  die  Axe  a  in 
Ä  schneidet  Ferner  sei  q  der  kleinste  Abstand  eines  auf  £ 
liegenden  Punktes  der  Oberfläche  des  Bereiches  q)  von  a,  Ist 
nun  P  ein  Punkt  auf  s,  dessen  Entfernung  von  A  kleiner  ist 
als  Q,  so  würden  die  aus  P  durch  die  Drehung  Ä  hervor- 
gehenden Punkte  ebenfalls  innerhalb  des  Bereiches  9)  liegen; 


—     574    — 

dies  ist  jedoch  ausgeschlossen ^  da  innerhalb  tp  keine  zwei 
gleichwerthigen  Punkte  liegen.  Ganz  entsprechend  wird  die 
obige  Behauptung  für  die  Symmetrieebenen  dargethan. 

§  10.  Andere  Bedingungen  als  die  des  letzten  Satzes 
existiren  für  die  Gestalt  des  Fundamentalbereiches  nicht; 
seine  Form  ist  in  hohem  Grade  unbestimmt,  und  kann  auf 
das  mannigfachste  yariirt  werden.  Dies  lässt  sich  am  ein- 
fachsten an  dem  Fundamentalbereich  11  der  parallelepipe- 
dischen  Raumtheilung  ersehen.  Man  denke  sich  zu  diesem 
Zweck  von  77  ein  beliebiges  Stück  p  abgeschnitten  und  be- 
zeichne den  Rest  von  77  durch  77'^  so  das»  11  '^  11'  ^  p  ist. 
Dasselbe  thue  man  für  jedes  andere  Parallelepipedon,  so  dass 
jedes  von  ihnen  in  die  analogen  Theile  77/  und  pi  zerfällt,  und 
zwar  ist  pi  immer  derjenige  Bestandtheil  von  77»-,  in  welchen 
p  übergeht,  wenn  11  in  Ili  übergeht.  Ist  nun  77^  dasjenige 
Parallelepipedon,  welches  an  p  angrenzt,  so  bildet  auch  77/+ p 
einen  einfachen  Raumtheil,  welcher  die  Rolle  des  Fundamental- 
bereichs zu  übernehmen  geeignet  ist.  Wenn  nämlich  die 
ganzen  Parallelepipeda  in  einander  übergehen^  so  geschieht 
dies  so,  dass  alle  Körper  77"  und  pt  gesondert  zur  Deckung 
gelangen;  und  damit  ist  die  Richtigkeit  der  Behauptung  dar- 
gethan. Dies  kann  durch  die  Anschauung  unmittelbar  be- 
stätigt werden.  Denkt  man  sich  in  allen  77<  die  angegebene 
Theilung  wirklich  ausgeführt,  so  gelingt  es  ohne  grosse  Mühe, 
je  zwei  anstossende  Bereiche  77^  und  p  zu  einem  Gesammt- 
bereich  zu  verschmelzen  und  diesen  als  Fundamentalbereich 
einer  Raumtheilung  aufzufassen. 

Diese  Ueberlegungen  lassen  sich,  wie  man  leicht  sieht, 
auf  alle  andern  Raumtheilungen  unmittelbar  ausdehnen.  Denn 
für  jede  von  ihnen  kann  man  ebenso  alle  Bereiche  in  zwei 
ungleichwerthige  Theile  zerlegen,  und  da  auch  in  diesem  Fall 
die  bezüglichen  Theile  gesondert  zur  Deckung  gelangen,  so 
können  zwei  derartige,  aus  yerschiedenen  Bereichen  genommene 
Theile  zusammen  einen  Fundamentalbereich  der  nämlichen 
Raumgruppe  repräsentiren.  Dabei  ist  es  überdies  ohne  Belang, 
ob  diese  beiden  Theilgebiete  getrennt  von  einander  liegen,  oder 
zusammenhängen.    Endlich  sieht  man  auch^  dass,  anstatt  den 


-     575     ~ 

Bereich  (p  in  zwei  Theile  zu  zerlegen  ^  auch  eine  Zerlegung 
in  beliebig  viele  Theile 

p?  p  ,  p  ,  p    ' '  ' 

gestattet   ist;   und   wenn   nun  je  ein  derartiger  Theilbereich 
aus  verschiedenen  Bereichen 

9^0      Vif      9i     •      • 

beliebig  ausgewählt  wird,  so  bildet  die  Summe 

Pi  +  pU  +  Pi^'  +  •  •  • 

stets  einen  Fuudamentalbereich  der  zur  Gruppe  F  gehörigen 
Eaumtheilung. 

Dies  möge  genügen,  um  die  bezüglichen  Verhältnisse  zu 
beleuchten.  Die  Willkür  bei  der  Wahl  des  Fundamentalbereichs 
tritt  durch  die  vorstehenden  Bemerkungen  hinlänglich  hervor, 
andrerseits  aber  auch  die  Zweckmässigkeit,  denselben  so  ein- 
fach wie  möglich  zu  wählen,  so  wie  es  in  den  oben  behan- 
delten Beispielen  geschehen  ist. 

§  11.  Baumtheilnngen  allgemeinster  Art.  Die  bisher 
betrachteten  Raumtheilungen  waren  so  characterisirt,  dass 
ausser  der  Identität  keine  Operation  der  Gruppe  F  existirt, 
welche  einen  Fundamental  bereich  q>  in  sich  selbst  überführt. 
Den  zugehörigen  Bereich  97  haben  wir  als  den  einfachen 
Fundamentalbereich  der  Gruppe  F  bezeichnet.  Diese  Raum- 
theilungen sind  aber  nicht  die  einzigen,  deren  Bereiche  bei 
allen  Operationen  der  Gruppe  unter  einander  zur  Coincidenz 
gelangen.  Nun  ist  klar,  dass  nicht  ein  Theil  von  97  geeignet 
sein  kann  als  Fundamentalbereich  zu  dienen,  dagegen  können 
sehr  wohl  mehrere  Bereiche  97  zusammen  den  Fundamental- 
bereich O  einer  Raumtheilung  repräsentiren,  für  welche  alle 
Operationen  von  F  Deckoperationen  sind.  Dies  führt  uns  zu 
denjenigen  Raumtheilungen,  die  wir  zunächst  ausgeschlossen 
hatten;  sie  sind,  wie  sich  zeigen  wird,  dadurch  ausgezeichnet, 
dass  der  Bereich  O  bei  gewissen  Operationen  von  F  in  sich 
selbst  übergeht  Derartiger  Raumtheilungen  bedürfen  wir  für 
spätere  Entwickelungen ,  wir  müssen  ihnen  deshalb  einige 
Aufmerksamkeit  zuwenden.     Es  scheint  angemessen,  die  ein- 


-     576     - 

schlägigen  Verhältnisse  zunächst  wieder  an  einigen  Beispielen 
zu  illustrireu. 

Wir  gehen  hierzu  zu  der  oben  betrachteten  Raumtheilung 
zurück^  welche  zur  Gruppe  %h^  gehört;  sie  liefert  in  den 
Würfeln  w  unmittelbar  eine  Raumtheilung  der  fraglichen  Art, 
und  zwar  ist  w  der  Fundamental bereich  O,  während  die 
Gruppe  r  nach  wie  vor  die  Gruppe  Xa*  ist.  In  der  That  ist 
jede  Operation  von  F  eine  Deckoperation  der  aus  den  Wür- 
feln w  bestehenden  Raumtheilung*,  andrerseits  ist  auch  er- 
sichtlich, dass  der  Würfel  w  die  für  O  characteristische  Eigen- 
schaft hat,  denn  er  geht  bei  den  Drehungen  um  die  ihn 
durchsetzende  dreizählige  Axe  in  sich  selbst  über.  Wir  können 
diese  Raumtheilung  noch  auf  eine  zweite  Weise  als  Beispiel 
verwerthen.  Nämlich  es  hat  auch  die  Gesammtheit  der 
Würfel  W  selbst  die  Eigenschaft,  dass  jede  Operation  von  F 
eine  Deckoperation  für  sie  ist,  so  dass  in  Folge  dieser  Ope- 
rationen jeder  Würfel  W  entweder  in  sich  selbst  oder  in 
einen  andern  Würfel  W  übergeht.  Der  Würfel  W  entspricht 
wieder  einem  Bereich  ^;  aber  während  im  vorigen  Beispiet 
drei  Bereiche  (p  den  Bereich  O  bildeten,  sind  es  jetzt  vier- 
undzwanzig solcher  Bereiche.  Dementsprechend  giebt  es  jetzt 
vierundzwanzig  Operationen  von  F,  welche  den  Würfel  IT  in 
sich  überführen;  sie  bilden,  wie  evident  ist,  eine  Tetraeder- 
gruppe T*,  deren  Axen  die  durch  die  Mitte  von  W  gehenden 
Mittellinien  und  Diagonalen  sind. 

§  12.  Wir  wollen  nun  im  Anschluss  an  diese  Beispiele 
der  Frage  näher  treten,  welches  die  allgemeinste  Form  einer 
Raumtheilung  ist,  für  welche  alle  Operationen  von  F  Deck- 
operationen sind.     Hierüber  beweisen  wir  folgende  Sätze. 

Lehrsatz  IK.  Die  m  Fundamentalbereiche  q),  9>i . . .  9>m--i 
der  Gnippe  F  constituiren  immer  und  nur  dann  den  Funda- 
mentalbereich  O  einer  Aenfälls  eur  Gruppe  F  gehörigen  Baum- 
theilung,  wenn  es  Operationen  von  F  giebt,  welche  die  m  Bereiche 
in  sich  überführen. 

Wir  beweisen  zunächst,  dass  die  im  Satz  enthaltene  Be- 
dingung eine  nothwendige  ist.  Wir  nehmen  also  an,  die 
m  Bereiche 


—    577     - 

seien  so  gewählt^  dass  sie  zusammen  den  Bereich  O  einer  zur 
Gruppe  r  gehörigen  Raumtheilung  bilden.  Es  sei  9«  irgend 
einer  dieser  Bereiche  und  fi  diejenige  Operation  von  F,  welche 
den  Bereich  9  mit  9«  zur  Deckung  bringt  Da  nach  Annahme  £ 
eine  Deckoperation  der  aus  den  Bereichen  9  bestehenden 
Raumtheilung  ist,  so  gehen  durch  sie  die  Bereiche  O  ganz 
in  einander  über;  und  daraus  folgt  nun  sofort,  dass  9  durch 
die  Operation  fi  in  sich  selbst  übergeht.  Die  Gruppe  F  ent- 
hält daher  Operationen,  die  O  in  sich  überführen.  Die  Ge- 
sammtheit  derselben  bildet  eine  Crruppe,  und  zwar  tme  evident, 
eine  PtmJUgruppe.  Wir  bezeichnen  sie  durch  G\  Diese  Gruppe 
kennzeichnet  die  Symmetrie  des  Bereiches  O,  also  folgt  noch, 
dass  der  Bereich  O  stets  die  Natur  eines  symmetrischen  Po- 
lyeders hat 

Wir  haben  nun  zu  zeigen,  dass  die  Bedingung  des  Satzes 
auch  eine  hinreichende  ist  Wir  denken  uns  also,  dass  es 
einen  aus  m  Bereichen 

9,     9>i . . .  (fm—l 
von  F  bestehenden  Bereich  O  giebt,  der  bei  allen  Operationen 
einer  Gruppe  G'  in  sich  übergeht.     Die  Operationen  von  G' 
seien 

1)  1,    ß/,    S',...SWi 

Nun  giebt  es  nach  dem  Satz  XX  von  Gap.  VI  eine  unend- 
liche Reihe  von  Operationen  (Reihe  5)  auf  S.  385) 

2)  1,    a»!,    SR^  .  .  . 

so  dass  durch  einseitige  Multiplication  dieser  Reihe  mit  den 
Operationen  von  G'  alle  Operationen  von  F  hervorgehen. 
Jede  Operation  von  F  ist  daher  in  einem  der  Ausdrücke 

3)  2Ro  ßi'SR,-,  S/a»,- . . .  ß'^-iSK. 

enthalten;  gemäss  Satz  VI  entsteht  mithin  die  gesammte  aus 
den  Bereichen  q>  gebildete  Raumtheilung,  wenn  der  Bereich  9 
den  sämmtlichen  Operationen  unterworfen  wird,  welche  durch 
diese  Reihe  dargestellt  werden.  Es  sei  9k  der  Bereich,  in 
welchen    O   durch    die   Operation   SR*   übergeht.     Nun    führt 

Sohoenflies,  KryitoUitrnctnr.  37 


—    578    — 

jede  der  Operationen  Si/  die  m  Bereiche  von  9  in  sich  Ober, 
also  folgt,  dass  die  Operationen 

4)  SRt,    Si'SR*,    S,'aR* . . .  SV-iSR* 

sämmtlich  den  Bereich  ^  in  die  Lage  0k  bringen.   Sind  femer 

5)  a».,  Si'aw.,  Sj'aR. . . .  s;_ia». 

diejenigen  Operationen,  welche  ^  in  0i  überführen^  so  ist 
nun  zu  zeigen,  dass  zwei  Bereiche  Ot  und  9«  keinen  Bereich  9 
gemein  haben.  Wir  nehmen  an,  es  gäbe  einen  derartigen  Be- 
reich q>e]  6r  ist,  welche  Lage  er  auch  sonst  haben  mag,  da- 
durch definirt,  dass  er  aus  je  einem  Bereich  von  9  durch  Wtt 
resp.  3R*  hervorgeht.  Wir  bezeichnen  diese  Bereiche  noch 
durch  <pk  und  tp/.  Nun  führt  die  Operation  Wtr^^  den  Be- 
reich 9«  nach  <Z>  zurück,  also  auch  den  Bereich  q>e  nach  %. 
Das  Product 

bringt  daher  den  Bereich  tpk  nach  9«  und  von  da  nach  9><;  es 
ist  somit  eine  Operation,  welche  zwei  Bereiche  von  O  in  ein- 
ander überführt.  Jede  derartige  Operation  ist  aber  eine  Ope- 
ration der  Zeile  1),  also  muss 

aR*a»,-i  =  s,'  und  fotk  =  Si'aR. 

sein.  9Rik  müsste  also  einer  Operation  der  Zeile  5)  äquivalent 
sein,  was  nur  dann  der  Fall  ist,  wenn  die  Bereiche  0t  and  4>( 
identisch  sind. 

Hiermit  ist  bewiesen,  dass  erstens  die  Bereiche  9  den 
Baum  lückenlos  erfüllen,  und  dass  zweitens  keine  zwei  von 
ihnen  einen  Raumtheil  gemein  haben-,  sie  bilden  daher  eine 
wirkliche  Raumtheilung. 

Der  vorstehend  bewiesene  Satz  IX  zeigt,  dass  nicht  jede 
Gruppe  r  Raumtheilungen  mit  Fundamentalbereichen  9  liefert. 
Es  enthält  nämlich  nicht  jede  Gruppe  F  eigentliche  Punkt- 
gruppen G'  als  Untergruppen.  Dies  ist  augenscheinlich  nur 
für  solche  Gruppen  F  der  Fall,  in  denen  Drehungen,  Spiege- 
lungen oder  Inversionen  auftreten.  Es  giebt  aber  eine  ganze 
Reihe  von  Gruppen  F,  deren  Bewegungen  —  abgesehen  von 
den  Translationen  •—  sämmtlich  Schraubenbewegungen  sind, 


—    579    — 

und  deren  Operationen  zweiter  Art  sämmtlich  aus  Gleit- 
spiegelungen besteben;  für  keine  derartige  Gruppe  existiren 
Bereiche  <P^). 

§  13.  Die  Fnndamentalbereiche  der  Ranmtheiltingen 
allgexneiiuiter  Art.  Ist  F  eine  Baumgruppe,  welche  eine  ßaum- 
theilung  in  Bereiche  O  gestattet^  so  hängt  es  in  letzter  Linie 
nur  von  unserem  persönlichen  Ermessen  ab,  ob  wir  als  Fun- 
damentalbereich den  Bereich  g>  oder  O  wählen.  Zunächst 
werde  daran  erinnert,  dass  jeder  Bereich  O  aus  lauter  Be- 
reichen (p  besteht;  wenn  wir  daher  in  Gedanken  jeden  Be- 
reich O  in  seine  einzelnen  Bestandtheile  g>  zerlegen,  so  ist 
damit  der  Uebergang  von  der  einen  Baumtheilung  zur  andern 
bereits  vollzogen.  Ebenso  leuchtet  aber  das  umgekehrte  ein. 
Gehen  wir  von  den  Bereichen  q)  aus,  so  wird  es  bei  hin- 
reichender Uebung  gelingen  müssen,  sich  durch  Zusammen- 
fassung Yon  je  m  Bereichen  <p  zu  einem  Bereich  ^  das- 
jenige Bild  zu  verschaffen,  welches  der  Baumtheilung  mit 
dem  Bereich  O  entspricht;  zu  diesem  Zweck  sind  immer  die- 
jenigen m  Bereiche  zu  vereinigen,  welche  an  solchen  Punkten 
zusammenstossen ,  die  Mittelpunkte  der  Sjmmetrieelemente 
der  Gruppe  G'  sind. 

Für  jede  Baumgruppe,  welche  Untergruppen  G'  besitzt, 
sind  daher  verschiedene  Auffassungen  *  der  zugehörigen  ein- 
fachen Baumtheilung  zulässig.  Je  grösser  die  Zahl  dieser 
Untergruppen  ist,  um  "so  mannigfacher  sind  die  bezüglichen 
Baumtheilungen.  Zu  jeder  Art  von  Punktgruppen  6r',  die  in  F 
enthalten  sind,  gehört  eine  bestimmte  Anordnung  der  zu  F 
gehörigen  einfachen  Baumtheilung  in  grössere  Bereiche  O, 
welche  aus  mehreren  Bereichen  g?  bestehen  und  die  Symmetrie 
der  Gruppe  G'  besitzen. 

Das  einfachste  Beispiel  von  Gruppen  F,  welche  Baum- 
theilungen mit  Bereichen  ^  gestatten,  bilden  diejenigen  Baum- 
gruppen, welche  sich  durch  Multiplication  einer  Punktgruppe 
mit   einer   Translationsgruppe    erzeugen   lassen.    Für   sie  re- 


1)  Die  meisten  dieser  Gruppen  finden  sich  unter  denjenigen,   die 
nur  eine  Schaar  paralleler  Axen  enthalten. 

37* 


—    580    - 

ducirt  sich,  wie  wir  in  Cap.  VI,  §  12  gesehen  haben,  die 
Reihe  1)  auf  die  Translationsgruppe  A,  wahrend  der  Be- 
reich ^  in  ein  Polyeder  von  der  durch  G'  bestimmten  Sym- 
metrie übergeht.  Aus  ihm  entsteht  die  ganze  Baumtheilung 
durch  Ausführung  aller  Translationen  der  Gruppe  F«;  der 
Bereich  O  ist  daher  nichts  anderes  als  das  primitive  Parallel- 
epipedon  des  zur  Gruppe  F«  gehörenden  Raumgitters,  resp. 
der  bezüglichen  Gittertheilung. 

Die  einer  Untergruppe  6r'  entsprechende  Raumtheilung 
braucht  nicht  in  allen  Fällen  eine  Raumtheilung  von  der  Art 
zu  sein,  wie  sie  für  unsere  Zwecke  ausschliesslich  in  Frage 
kommt.  Wir  haben  im  Eingang  dieses  Capitels  festgesetzt, 
dass  der  Bereich  <p  in  sich  zusammenhängend  sein  soll.  Dies 
braucht  aber  für  den  aus  m  Bereichen  q)  gebildeten  Complex  O 
nicht  immer  der  Fall  zu  sein;  nirgends  in  den  Entwickelungen 
der  vorstehenden  Paragraphen  ist  davon  die  Rede.  Dass  es 
der  Fall  sein  kann,  zeigen  die  oben  behandelten  Beispiele;  es 
giebt  aber  auch  Gruppen  G'^  für  welche  der  zugehörige  Be- 
reich O  auf  keine  Art  als  geschlossener  Bereich  construirbar 
ist  Wir  werden  diese  Verhältnisse  an  einem  Beispiel  aus- 
führlich klar  legen,  sprechen  aber  zuvor  das  Ergebniss  der 
vorstehenden  Untersuchungen  in  folgendem  Satz  aus: 

Lehrsatz  X.  Jeder  Punktgruppe  G\  welche  Untergruppe 
einer  Baumgruppe  F  ist,  entspricht  eine  bestimmte  Anordnung 
der  zu  F  gehörigen  einfachen  Baumtheilung  in  grössere  Be- 
reiche O,  Der  Bereich  ®  besitzt  äie  Symmetrie  der  Gruppe  G\ 
er  braucht  aber  nicht  immer  ein  einfaches  geschlossenes  Polyeder 
ßu  sein, 

§  14.  Das  Beispiel,  welches  wif  discutiren  wollen,  ist 
die  Gruppe  S)»,/  des  rhomboedrischen  Systems,  welche  durch 
Multiplication  der  Punktgruppe  B^^  mit  der  Translations- 
gruppe Frh  erzeugbar  ist.  Die  Punktgruppen  6r',  welche  an 
und  für  sich  Untergruppen  einer  Gruppe  ^s^^  sein  können, 
stimmen  mit  den  Untergruppen  der  zu  ^s,/  isomorphen 
Gruppe  B^^  überein;  in  dem  vorliegenden  Fall  sind  sie  über- 
dies wirklich  Untergruppen  von  S)s,/. 


—    581     — 

Die  Gruppe  D^^  enthält  folgende  Untergruppen 
A^  A,  G,S  C,%  G,,  C,\  C„  5„  8,  C,. 
Die  ersten  fünf  entsprechen  den  Unterabtheilungen  des  rhom- 
boedrischen  Krystallsystems;  die  Gruppe  C^^  enthält  irgend 
eine  der  zweizähligen  Axen  und  die  zu  ihr  senkrechte  Sym- 
metrieebene, S2  liefert  die  Inversion,  C^  gehört  zu  einer  der 
zweizähligen  Nebenaxen  allein,  8  entspricht  einer  der  Sym- 
metrieebenen und  C^  ist  die  Identität. 

Lassen  wir  zunächst  G'  die  Gruppe  D^'*  selbst  bedeuten, 
so  erhalten  wir  diejenige  Zusammenfassung  der  Bereiche  % 
welche  auf  die  Gittertheilung  hinauskommt.  Der  Bereich  ^ 
ist  ein  einfacher  geschlossener  Bereich;  er  ist  das  primitive 
Rhomboeder  des  bezuglichen  Raumgitters  und  zerfällt  in  zwölf 
Bereiche  (p,  die  abwechselnd  congruent  und  spiegelbildlich 
gleich  sind. 

Die  Form  des  Bereiches  <p  ist  nicht  vollständig  bestimmt, 
sie  unterliegt  nur  den  in  §  9  abgeleiteten  Bedingungen.  Aus 
ihnen  folgt,  dass  erstens  die  dreizählige  Axe  a  eine  gemeinsame 
Kante  für  alle  Bereiche  ist,  dass  zweitens  jede  Symmetrieebene 

ng.  70. 


ein  Stück  Oberfläche  der  einzelnen  Bereiche  abgiebt  und  dass 
drittens  auch  jede  zweizähligeAxe  der  Ober  fläche  eines  Bereiches 
angehört.  Eine  Kante  braucht  diese  Axe  jedoch  nicht  dar- 
zustellen. Der  Einfachheit  wegen  haben  wir  (Figur  70)^)  die 
Bereiche  so  angenommen,  dass  jeder  von  ihnen  ganz  oberhalb 


1)  Die  Figuren  70  a  und  70  &  geben  die  über,  resp.  unter  der  Mittel- 
ebene des  Bhomboeders  liegenden  Bereiche  an. 


—     582     — 

oder  ganz  unterhalb  der  von  den  Nebenaxen  gebildeten  Haupt- 
ebene liegt  Welche  Gestalt  dem  Bereich  <p  aber  auch  gegeben 
werden  mag,  so  ist  klar,  dass  sich  ein  geschlossener  grosserer 
Bereich  O  für  eine  Gruppe  G'  dann  nicht  einstellt,  wenn  eine 
der  Symmetrieebenen  6p  ihn  durchschneidet,  ohne  der  Gruppe  G' 
anzugehören.  Denn  in  diesem  Fall  entsteht  durch  Spiegelung 
gegen  69  stets  ein  von  O  verschiedener  Bereich  4)^;  jeder 
dieser  Bereiche  liegt  nun  theils  diesseits,  theils  jenseits  der 
Symmetrieebene,  überdies  enthält  er  die  in  tf«  liegende  Haupt- 
axe  a  als  Kante,  er  kann  daher  ein  geschlossener  Bereich 
nicht  sein.  Dies  wird  sich  in  jedem  einzelnen  Fall  leicht  be- 
stätigen lassen. 

Wird  G'  =  Dg  gesetzt,  so  haben  wir  diejenigen  sechs 
Bereiche  in's  Auge  zu  fassen,  die  aus  einem  Bereich  q>  mit- 
telst aller  Operationen  von  D,  hervorgehen.  Dies  sind  die 
Bereiche 

9)     9i>     9>A7     %;     98?     9io* 
Dieselben  bilden,  wie  die  Figur  zeigt,  keinen  einfach  zusammen- 
hängenden Bereich  O.    Die  andern   sechs  Bereiche  9  bilden 
den  Bereich  O^^,  welcher  aus  O  durch  irgend   eine  Operation 
zweiter  Art  hervorgeht.    Beide  Bereiche  durchsetzen  einander. 

Wird  G'  =  Cj*  gesetzt,  so  ist  ^  derjenige  Bereich,  wel- 
cher aus  q>  durch  alle  Operationen  von  Gj*  hervorgeht,  also  aus 

9,     g>2>     9^4;     9>79     99)     Vn 
besteht.     Auch  in  diesem  Fall  entsteht  ein  geschlossener  Be- 
reich   nicht;    die    beiden    Bereiche    ^    und    O^    durchdringen 
einander. 

Wird  G'  «=  Cj*  gesetzt,  so  ist  der  Bereich  0  aus 

Vf  9i}  Vif  Vsy  9i}  96 
zusammengesetzt.  In  diesem  Fall  ist  also  O  ein  geschlossener 
einfacher  Bereich;  die  Gruppe  Cj*  bedingt  daher  eine  eigent- 
liche Baumtheilung,  deren  Fundamentalbereich  ^  ist  Durch 
Umklappung  um  irgend  eine  der  drei  Nebenaxen  geht  9  in 
a>i  über. 

Dagegen  liefern  die  Gruppen  G'  =  Q  und  G'  =  (7^*  eine 
eigentliche   Baumtheilung   nicht,   wie   wir   auch    den  Funda- 


—    583    — 

mentalbereich  q>  annehmen  mögen.  Der  durch  die  Drehungen 
Ton  C^  aus  q>  entstehende  Bereich   9  setzt  sich  nämlich  aus 

zusammen  und  bildet  daher  keinen  geschlossenen  Körper; 
ebensowenig  können  die  den  Fundamentalbereich  von  C^^  con- 
stituirenden  Bereiche 

einen  geschlossenen  Körper  darstellen. 

Wird  G'  =^  C^  gesetzt,  so  besteht  9  aus  den  Bereichen 
ff  und  9^;  in  diesem  Fall  ergiebt  sich  daher  ein  einfacher 
Körper.  Dasselbe  findet  statt,  wenn  G'  die  Gruppe  S  ist, 
alsdann  sind  tp  und  q>^  die  zugehörigen  Bereiche.  Den  Gruppen 
C^  und  S  entspricht  daher  eine  eigentliche  Raumtheilung. 

Ist  G'  die  Gruppe  8^,  so  sind  q>  und  fp^  die  bezüglichen 
Bereiche.  Wie  aber  auch  (p  angenommen  werden  mag,  so 
bilden  sie,  wie  ihre  Lage  gegen  die  Symmetrieebenen  6^  be- 
weist, niemals  einen  einfachen  Bereich  q>, 

Ist  endlich  G'  die  Identität  C!^,  so  stellt  sich,  wie  wir 
oben  ausgeführt  haben,  die  Raumtheilung  mit  den  Bereichen 
9>  selbst  ein. 

§  15.  Wir  schliessen  die  Betrachtungen  über  die  Baum- 
theilungen  allgemeinster  Art  mit  einem  Satz,  welcher  erkennen 
lehrt,  welchen  Gruppen  G'  jedenfalls  ein  geschlossener  Be- 
reich O  entspricht.  Da  die  Gruppe  G'  eine  Punktgruppe  ist, 
so  gehen  die  ihr  angehörigen  Symmetrieelemente  der  Gruppe  F 
sämmtlich  durch  einen  und  denselben  Punkt  0  des  Raumes. 
Er  ist  im  allgemeinen  ein  bestimmter  Punkt;  sollte  G'  nur 
eine  einzige  Symmetrieaxe  oder  Symmetrieebene  enthalten,  so 
kann  jeder  ihrer  Punkte  dafür  eintreten.  Bezeichnen  wir  nun 
durch  Gm  die  Punktgruppe  höchster  Symmetrie,  welche  von 
den  durch  0  gehenden  Symmetrieelementen  der  Gruppe  F  ge- 
bildet wird,  so  ist  Gm  eine  Gruppe,  welcher  ein  geschlossener 
Bereich  ^  entspricht.  In  diesem  Fall  bilden  nämlich,  wie  un- 
mittelbar einleuchtet,  die  sämmtlich en  Bereiche  9,  welche 
durch  die  Operationen  von  Gm  in  einander  übergehen,  ein 
geschlossenes  symmetrisches  Polyeder,  dessen  Mittelpunkt  0 


-     584    — 

ist.  Dieses  Polyeder  ist  der  Bereich  *;  er  wird  von  allen 
Symmetrieaxen  nnd  Symmetrieebenen  der  Gruppe  G'  durch- 
setzt. Die  Verhältnisse  sind  also  denen  analog,  welche  in 
dem  vorstehenden  Beispiel  die  Gruppe  D^**  selbst  characte- 
risiren. 

Solcher  Punkte ,  die  mit  0  gleichwerthig  sind,  giebt  es 
in  dem  System  der  Axen  und  Ebenen  von  F  unendlich  viele. 
Jeder  geht  aus  0  durch  irgend  eine  Operation  der  oben  mit 
1)  bezeichneten  Reihe  hervor,  und  jeder  dieser  Punkte  ist 
Mittelpunkt  eines  Bereiches  O,  Wir  sprechen  das  Ergebniss 
unserer  Betrachtungen  folgendermassen  aus: 

Lehrsatz  XI.  Ist  die  Punktgruppe  Gm  eine  solche  Unter- 
gruppe  von  F,  welche  alle  durch  einen  gewissen  Punkt  0  gehen- 
den Symmetrieelemente  von  F  enthält,  so  entspricht  ihr  eine 
reguläre  Baumtheilung  in  lauter  geschlossene  Bereiche  von  der 
Symmetrie  Gm- 

§  16.  Die  regelmässigen  Molekelhaufen  mit  beliebiger 
MolekeL     Es  sei  F  irgend  eine  Raumgruppe,  und 

<p,     q>i,     g?2  . . . 
seien,   wie  oben,   die  Bereiche  einer  zu  ihr  gehörenden  ein- 
fachen Raumtheilung.    Wird  innerhalb  jedes  Bereiches  je  ein 
homologer  Punkt  angenommen,  so  bilden  diese  Punkte  • 

-r,  Pi,  Pj  .  .  . 
nach  Satz  III  ein  reguläres  Punktsystem,  welches  durch  jede 
Operation  von  F  in  sich  übergeht.  Wir  denken  uns  jetzt  in 
dem  Fundamentalbereich  q>  eine  ganze  Zahl  von  Punkten 
P,  Q,  22...,  die  wir  sehr  nahe  bei  einander  annehmen,  so 
entspricht  jedem  von  ihnen  ein  regelmässiges  Punktsystem. 
Stellen  wir  uns  vor,  dass  die  innerhalb  <p  angenommenen 
Punkte  zu  einer  Molekel  verschmelzen,  so  gilt  das  gleiche 
von  den  analogen  Punkten  der  andern  Fundamentalbereiche; 
es  entsteht  ein  unbegrenzter  Molekelhaufen,  welcher  bei  allen 
Operationen  der  Gruppe  F  in  sich  übergeht  Wie  das  vor- 
stehende zeigt,  kann  die  Ausgangsmolekel  (i  jede  beliebige 
Form  annehmen,  wir  setzen  sie  daher  als  Molekel  allgemeinster 
Qualität  voraus.    Es  seien 


—    585    — 

die  Molekeln,  welche  den  Molekelhaufen  constituiren.  Ist  nun 
2  eine  Bewegung  yon  F,  welche  (i  mit  (ii  zusammenfallen 
lässt,  so  sind  (i  und  (ii  congruente  Molekeln;  wenn  dagegen 
3R  eine  in  F  enthaltene  Operation  zweiter  Art  ist,  und  (im 
die  Molekel,  mit  welcher  (i  in  Folge  von  ^  zusammenfällt, 
so  sind  (i  und  (im  augenscheinlich  spiegelbildlich  gleich.  Dies 
gilt  sowohl  von  der  Form  und  Zusammensetzung,  als  auch 
von  der  Qualität  der  Molekeln.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XIL  Werden  in  die  sämmüichen  Fundamental- 
bereiche  einer  zur  Gruppe  F  gehörigen  einfachen  Baumtheilung 
Jwmologe  Molekeln  in  homologer  Lage  eingefügt,  so  bilden  die- 
selben einen  regulären  Molekelhaufen ,  welcher  bei  allen  Opera- 
tionen von  F  in  sich  übergeht. 

Aus  den  Eigenschaften  der  einfachen  Raumtheilung  folgt, 
dass  es  keine  Operation  von  F  giebt^  welche  eine  Molekel  in 
sich  überfahrt.  Auch  die  Bestimmung,  die  wir  über  die  Qua- 
lität der  Molekel  getroffen  haben,  schliesst  derartige  Opera- 
tionen aus.  Wir  nennen  den  Molekelhaufen  deshalb  einen 
einfachen  regelmässigen  Mölekethaufen, 

Enthält  die  Raumgruppe  F  ausschliesslich  Bewegungen, 
so  sind  alle  Molekeln,  wie  das  vorstehende  zeigt,  einander 
congruent.  Wenn  dagegen  in  F  auch  Operationen  zweiter  Art 
auftreten,  so  besteht  der  Molekelhaufen  aus  Molekeln  von 
zweierlei  Typus;  die  einen  sind  den  andern  spiegelbildlich 
gleich.  Damit  ist  die  auf  S.  240  behauptete  Nothwendigkeit, 
derartige  Molekelhaufen  in's  Auge  zu  fassen,  dargelegt.  Wir 
werden  nach  wie  vor  die  sämmüichen  Molekeln  eines  jeden 
Molekelhaufens  als  gleichartige  Molekeln  bezeichnen.  Dies  ist 
um  so  mehr  erlaubt,  als  sie  sich  nur  durch  den  Gegensatz 
von  rechts  und  links  unterscheiden. 

§  17.  Wir  beweisen  nun,  dass  auch  umgekehrt  jeder 
einfache  regelmässige  Molekelhaufen  auf  die  angegebene  Art 
erzeugt  werden  kann.  Es  sei  $  irgend  ein  derartiger  Molekel- 
haufen, so  giebt  es  der  Definition  gemäss  unzählige  Deck- 
operationen  desselben.     Sind  2   und   9R   irgend   zwei   dieser 


—    586    - 

Operationen,  so  ist,  nach  einem  mehrfach  angewandten  Schluss- 
.  verfahren,  auch  fiSDl  eine  Deckoperation.  Die  Gesammtheit 
dieser  Deckoperationen  bildet  daher  eine  Gruppe  von  Ope- 
rationen. Lässt  die  Operation  S  die  Molekel  (i  auf  ^i  fallen, 
so  gehört  auch  die  Operation  Sr^,  welche  (ii  wieder  in  die 
Anfangslage  [i  zurückführt,  der  Gruppe  an;  also  folgt: 

Lehrsatz  Xni.  Die  Gesammtheit  aller  Deckaperatümen  eines 
einfachen  regelmässigen  Molekelhaufens  $  hildet  eine  Baum- 
gruppe  F  van  Operationen,  toelche  eu  jeder  Operation  die  inverse 
enthält 

Da  die  Gruppe  F  die  Operationen  2  und  Sr^  zugleich 
enthält,  so  gehört  ihr  auch  die  Identität  an. 

Mit  diesem  Hilfssatz  lässt  sich  der  genannte  Beweis 
leicht  führen.    Es  seien  wieder 

die  Molekeln  des  Haufens  $.  Der  Definition  gemäss  giebt  es 
Deckoperationen  des  Haufens,  welche  die  Molekel  ft  der  Reihe 
nach  mit  den  andern  Molekeln  zur  Coincidenz  bringen;  wir 
bezeichnen  sie  durch 

jede  dieser  Operationen  gehört  daher  sicher  der  Gruppe  F  an. 
Gelangt  die  Molekel  fi  in  Folge  der  Operation  £»•  nach  ft,-, 
so  kann  es  eine  zweite  Operation  dieser  Art  in  der  Gruppe  F 
nicht  geben.  Wäre  nämlich  2*  eine  von  fi  verschiedene  Ope- 
ration dieser  Art,  so  gehörte  dem  obigen  Satze  gemäss  auch 
Sr*  der  Gruppe  F  an,  also  auch  das  Product  StSr^  Dieses 
Product  stellt  aber  eine  Deckoperation  dar,  welche  die  Mo- 
lekel [i  unverändert  lässt.  Eine  der  Gruppe  F  angehörige 
eigentliche  Deckoperation  dieser  Art  existirt  nun  nicht,  also 
muss  obiges  Product  der  Identität  äquivalent  sein,  d.  h.  es  ist 
2,  =  2*.     Demnach  folgt: 

Lehrsatz  XIV.  Jeder  einfache  regelmässige  Molekelhaufen 
kann  dadurch  erzeugt  werden,  dass  eine  bdiebige  Molekel  ii  den 
sämmtlichen  Operationen  derjenigen  Baumgruppe  F  unterworfen 
wird,  welche  alle  Beckoperationen  des  Molekelhaufens  enthält 
Jede  Molekel  entsteht  dadurch  genau  einmal. 


—    587    — 

Wir  geben  dem  vorstehenden  Satz  noch  eine  etwas  andere 
Form,  welche  die  Umkehrnng  des  Satzes  XII  enthält  und  aus- 
sagt, dass  jeder  regelmässige  Molekelhaufen  auf  die  dort  ge- 
nannte Art  erzeugbar  ist.  Wir  gehen  dazu  von  einer  einfachen 
regulären  Baumtbeilung  aus,  welche  der  Gruppe  F  entspricht. 
Der  Fundamentalbereich  q>  derselben  läset  sich  stets  so  wählen, 
dass  (i  ganz  innerhalb  desselben  liegt.  Unterwerfen  wir  nun 
den  Bereich  <p  nebst  der  in  ihm  enthaltenen  Molekel  [i  allen 
Operationen  von  F,  so  entsteht  aus  <p  die  Raumtheilung  und 
aus  (i  der  Molekelhaufen;  also  folgt: 

Lehrsatz  XV.  Jeder  einfache  regelmässige  MolekeVmufen 
kann  so  erzeugt  werden,  dass  in  alle  Fundamentalhereiche  einer 
einfachen  Eaumtkeilung  gleichartige  Molekeln  in  homologer  Lage 
eingefügt  werden. 

§  18.  Der  Satz  XY  ist  eine  Verallgemeinerung  der  in 
Cap.  IV  abgeleiteten  Sätze,  welche  das  Verhältniss  der 
Molekelgitter  zu  den  Translationsgruppen  betreffen.  Er  lehrt, 
dass  sich  die  für  die  Molekelgitter  nachgewiesene  Erzeugungs- 
art auch  auf  die  allgemeinen  Molekelhaufen  erstreckt.  Wäh- 
rend aber  die  Translationen,  einer  Translationsgruppe  Ft  für 
alle  Molekeln  eines  Molekelgitters  parallele  Lage  und  Orien- 
tiruDg  bedingen,  ist  dies  für  die  Molekeln  der  allgemeinen 
Molekelhaufen  nicht  mehr  der  Fall.  Es  ist  aber  zu  beachten, 
dass  unter  den  Operationen  einer  jeden  Raiimgruppe  F  auch 
Translationen  enthalten  sind;  es  existiren  daher  für  jede  Mo- 
lekel fA  eines  allgemeinen  Molekelhaufens  alle  diejenigen  Mo- 
lekeln, welche  mit  ft  ein  Molekelgitter  bestimmen,  dessen 
Translationsgruppe  die  in  F  enthaltene  Gruppe  Ft  ist. 

Diese  Verhältnisse  lassen  sich  noch  etwas  genauer  er- 
örtern, wenn  wir  auf  die  Ent Wickelungen  des  Cap.  VI  über 
die  Beziehungen  der  Raumgruppe  F  zu  der  ihr  isomorphen 
Punktgruppe  G  zurückgehen.  Bezeichnen  wir  zu  diesem  Zweck, 
wie  S.  375  geschehen,  die  Operationen  der  Punktgruppe  G  durch 

1,    Ä',    2R',    SR'... 
so  steht  gemäss  Cap.  VI,  §  9  der  Operation  S'  ein  Ausdruck 


-    588     - 

der  Baiimgruppe  F  zur  Seite ;  und  zwar  enthält  derselbe  alle 
diejenigen  zu  einander  und  zu  &'  isomorphen  Operationen 

1)  ß,  s,,  s,... 

der  Gruppe  F,  welche  sich  ergeben^  wenn  eine  von  ihnen  mit 
den  sämmtlichen  Translationen  von  F«  multiplicirt  wird.  Jede 
Operation  S;  ist  daher  dem  Product  aus  der  Operation  2  und 
einer  Translation  %i  äquivalent.  Ist  nun  fii  diejenige  Molekel, 
in  welche  die  Ansgangsmolekel  fi  durch  die  Operation  S  über- 
geht, so  ist  die  durch  fi,-  entstehende  Molekel  genau  diejenige, 
welche  sich  bei  Ausführung  der  Translation  %i  aus  (ii  ergiebt. 
Diejenigen  Molekeln,  welche  den  Operationen  der  oben  ste- 
henden Beihe  entsprechen,  gehen  also  dadurch  aus  (ii  hervor, 
dass  fii  den  sämmtlichen  Translationen  der  in  F  enthaltenen 
Translationsgruppe  unterworfen  wird;  sie  bilden  das  durch 
[ii  und  Ft  bestimmte  Molekelgitter. 
Nun  seien 

1,  s,  a»,  31... 

irgend  welche  den  Operationen  von  G  isomorphe  Operationen 
von  P,  und 

diejenigen  Molekeln,  welche  sieh  aus  ft  bei  Ausführung  der 
vorstehenden  Operationen  ergeben.  Es  ist  klar,  dass  sich  keine 
zwei  dieser  Molekeln  in  paralleler  Orientirung  befinden.  Wird 
jetzt  aus  jeder  dieser  Molekeln  das  durch  JT«  bestimmte  Mo- 
lekelgitter abgeleitet,  so  ist  die  Gesammtheit  der  so  erhaltenen 
Molekelgitter  mit  dem  zu  F  gehörigen  regelmässigen  Molekel- 
haufen identisch.  Bezeichnen  wir  noch  die  Zahl  der  Opera- 
tionen von  G  durch  p,  so  folgt: 

Lehrsatz  XVI.  Jeder  zu  einer  Baumgruppe  F  gehörige 
einfaclie  regelmässige  Molekelhanfen  kann  in  eine  endliche  Änsfahl 
p  gleicher  Molekelgitter  aufgelöst  werden.  Keine  zwei  Molekeln, 
die  verschiedenen  Gittern  angehören,  haben  parallele  Orientirung. 
Die  Zahl  p  giebt  die  Anzahl  der  Operationen  der  zu  F  iso- 
morphen Funktgruppe  G  an. 

Wie  wir  S.  375  gesehen  haben,  ist  es  gleichgiltig,  welche 
Operation   der  Beihe   1)  wir  durch  fi   bezeichnen.     Das   ein- 


—    589     — 

fachste  ist  es,  diejenige  zu  wählen ,  die  wir  auch  bei  der  Be- 
stimmung des  Fundamentalsjstems  gleichwerthiger  Punkte 
benutzt  haben.  Wenn  wir  dies  für  jede  Art  isomorpher  Ope- 
rationen von  r  ausführen,  so  haben  die  zugehörigen  Molekeln 
eine  solche  Lage,  dass  ihre  Schwerpunkte  mit  den  gleich- 
werthigen  Punkten  des  Fundamentalsystems  identisch  sind, 
und  die  mit  diesen  p  Molekeln  erzeugbaren  p  Molekelgitter 
bilden  die  sämmtlichen  Molekeln  des  regelmässigen  Molekel- 
haufens. 

Um  die  Vorstellung  von  der  inneren  Structur  der  regel- 
mässigen Molekelhaufen  in's  Einzelne  auszugestalten,  brauchen 
wir  nur  die  Auseinandersetzungen  von  §  5  durchzulesen. 
Sie  lassen  sich  ohne  Weiteres  auf  die  Molekelhaufen  über- 
tragen ;  mit  ihnen  gewinnen  wir  daher  ein  hinreichend  an- 
schauliches Bild  von  der  Anordnung  der  Molekeln.  Eine  Be- 
schreibung derselben  für  die  einzelnen  Raumgruppen  zu  geben, 
kann  daher  unterbleiben,  und  dies  um  so  mehr,  als  wir  in 
den  früheren  Capiteln  die  Lage  aller  Axen  und  Ebenen  jeder 
Raumgruppe  ausführlich  angegeben  haben.  An  der  Hand  der- 
selben lässt  sich  die  jeder  Raumgruppe  entsprechende  Structur 
ohne  Mühe  bestimmen.  Nur  nach  einer  Richtung  wollen  wir 
die  vorstehenden  Erörterungen  noch  weiter  ausdehnen.  Wir 
fassen  zu  diesem  Zweck  zwei  Raumgruppen  in's  Auge,  die 
sich  nur  durch  den  Windungssinn  der  Schraubenaxen  unter- 
scheiden, beispielsweise  die  Gruppen  S)^*  und  Sj^  Jede  von  ihnen 
enthält  dreizählige  Schraubenaxen  und  zweizählige  zu  ersteren 
senkrechte  Neben axen.  Nun  sei  (i  eine  beliebige  Molekel;  wir 
unterwerfen  sie  allen  Bewegungen  der  Gruppe  Sg^  und  er- 
halten einen  aus  lauter  congruenten  Molekeln  bestehenden 
Molekelhaufen  $.  Jetzt  sei  (i  eine  Molekel,  die  der  Molekel  ii 
spiegelbildlich  gleich  ist.  Geben  wir  ihr  die  analoge  Lage  zu 
den  Axen  von  S,^,  welche  (i  zu  den  Axen  von  Sg^  hatte,  so 
geht  aus  f*'  ein  Molekelhaufen  hervor,  welcher  das  Spiegelbild 
des  Haufens  ^  darstellen  kann.  Die  beiden  Molekelhaufen  ^ 
und  §'  stehen  daher  in  demselben  Verhältniss  zu  einander,  wie 
0wei  enantiomorphe  Krystalle,  sie  können  daher  zur  Repräsen- 
tation enantiomorpher  Erystallsubstanzen  benutzt  werden. 


—     590    — 

Schliesslich  möge  noch  die  Bemerkung  eine  Stelle  finden, 
dass  die  vorstehenden  Eigenschaften  der  regelmässigen  Mo- 
lekelhaufen in  analoger  Weise  von  den  Bereichen  der  Baum- 
theilung  gelten.  Dies  geht  einfach  daraus  hervor,  dass  die 
Molekel  ii,  wenn  wir  sie  wachsen  lassen,  bis  sie  den  Bereich 
g>  ausftUlty  direct  in  den  Bereich  g)  übergeht 

§  19.  Die  regelmässigen  Molekelhatifen  mit  symme- 
trisoher  Molekel.  Wir  lassen  jetzt  die  bisher  festgehaltene 
Voraussetzung  fallen,  dass  keine  der  Deckoperationen  eines 
regulären  Molekelhaufens  ^  die  Molekel  (i  in  sich  selbst 
überfährt.  Wir  bezeichnen  die  Gesammtheit  aller  Molekeln 
wieder  durch 

Zunächst  ist  klar,  dass  die  Deckoperationen  des  Molekel- 
haufens auch  in  diesem  Fall  die  characteristische  Gruppen- 
eigenschaft besitzen.  Es  sei  wieder  F  die  bezügliche  Raum- 
gruppe, und 

1,  s,  2.,  ...a»,  aK„... 

seien  ihre  Operationen;  jede  von  ihnen  führt  den  Molekelhaufen 
in  sich  über.  Unter  diesen  Operationen  giebt  es  der  Annahme 
nach  in  diesem  Fall  eine  Zahl  von  Operationen,  welche  die 
Molekel  fi  in  sich  überführen;  dieselben  bilden  ebenfalls  eine 
Gruppe  und  zwar  augenscheinlich  eine  der  32  Punktgruppen. 
Wir  bezeichnen  sie  durch  G\  Die  Molekel  ist  demgemäss 
symmetrischer  Natur;  und  zwar  ist  ihre  Symmetrie  mindestens 
diejenige,  welche  durch  die  Punktgruppe  G'  gekennzeichnet 
ist.  Ihre  Symmetrie  kann  zwar  auch  höher  sein,  als  die 
Gruppe  G'  angiebt,  aber  für  die  Symmetrie  des  gesammten 
Molekelhaufens  ^  kommen  offenbar  nur  diejenigen  Deck- 
operationen der  Molekel  (i  in  Frage,  welche  zugleich  Deck- 
operationen des  Molekelhaufens  selbst  sind.  Diese  sind  stets 
durch  Cr'  bestimmt;  wir  nennen  die  durch  G'  definirte  Sym- 
metrie der  Molekel  /t  ihre  characteristische  Symmetrie.  Ihre 
eventuellen  sonstigen  Symmetrieeigenschaften  haben  keinerlei 
Bedeutung;  es  ist  gleichgiltig,  ob  sie  vorhanden  sind  oder  nicht. 
Da  die  Raumgruppe  F  die  Punktgruppe  G'  als  ünt«r- 


—    591     — 

gruppe  enthält^  so  gehören  auch  die  Symmetrieaxen  und  Sym- 
metrieebenen von  G'  den  Symmetrieelementen  von  F  an*,  sie 
gehen  überdies  durch  das  Centrum  von  (i. 

Nun  giebt  es  stets  eine  reguläre  Baumtheilung^  deren 
Fundamentalbereich  aus  solchen  m  einfachen  Bereichen 

der  Gruppe  F  gebildet  ist,  welche  bei  den  Operationen  der 
Gruppe  G'  in  einander  übergehen.     Es  seien 

a>,    a>i,    a>, . . . 

die  Bereiche  dieser  Raumtheilung.  Wir  fügen  in  jeden  Be- 
reich je  eine  gleichartige  Molekel  (i  von  der  Symmetrie  G' 
so  ein,  dass  sie  bei  allen  Operationen  der  Gruppe  6r'  in  sich 
übergeht  und  dass  alle  Molekeln  homologe  Lage  innerhalb 
der  Bereiche  haben,  so  ist  der  so  gebildete  Molekelhaufen 
mit  dem  eben  betrachteten  identisch.  Dies  ist  leicht  zu  be- 
weisen. Erstens  ist  jede  Operation  der  Gruppe  F  eine  Deck- 
operation für  die  Bereiche  der  Raumtheilung  und  damit  auch 
für  die  in  ihnen  befindlichen  Molekeln;  zweitens  ist  aber  auch 
umgekehrt  jede  Deckoperation  des  Molekelhaufens  aus  ana- 
logen Gründen  eine  Deckoperation  für  die  Fundamental- 
bereiche der  Raumtheilung.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XYIL  Lässt  sich  für  die  Haumgruppe  F  eine 
Baumtheüung  construiren,  deren  Bereiche  die  Symmetrie  G'  he- 
sitzen  y  und  fügt  man  in  jeden  Bereich  eine  Molekel  fi,  deren 
Symmetrie  mindestens  G'  ist,  so  ein,  dass  die  Äocen  von  fi  mit 
den  Axen  von  9  übereinstimfneny  so  entsteht  ein  Molekelhaufen, 
dessen  Deckoperationen  durch  die  Gruppe  F  bestimmt  werden. 

§  20.  Ebenso  ist  aber  auch  das  umgekehrte  richtig.  Es 
sei  nämlich  wieder  (i  die  Ausgangsmolekel,  F  die  Gruppe  des 
Molekelhaufens,  und  G'  wie  oben  diejenige  Untergruppe  von  F, 
deren  Operationen  (i  in  sich  überführen.  Wir  fassen  zunächst 
die  sämmtlichen  Operationen 

1,    2,    S„  ...  2R,    SR,,  ... 

von  F  ins  Auge.  Jede  führt  den  Molekelhaufen  in  sich  über; 
sie  lassen  daher  wieder  die  Molekel  fi  resp.  mit 


—    592     — 

zusammenfallen;  allerdings  giebt  es  in  diesem  Fall  mehrere 
Operationen,  welche  (i  in  irgend  eine  Lage  f*,  führen.  Wir 
denken  uns  nun  wieder  den  obigen  Bereich  ^^  welcher  aus 
den  m  einfachen  Bereichen 

besteht,  die  bei  den  Operationen  von  G'  in  einander  über- 
gehen. Unterwerfen  wir  ihn  den  Operationen  von  F,  so  gehen 
dadurch  die  Bereiche 

hervor;  auch  hier  giebt  es  mehrere  Operationen,  welche  O  in 
Oi  überführen.  Welche  dies  aber  auch  sind,  so  ist  evident, 
dass  jede  Operation,  die  O  nach  Oi  bringt,  auch  ft  nach  ^j 
bringt,  und  dass  immer  die  Molekeln  und  die  Bereiche  gleich- 
zeitig in  einander  übergehen.  Damit  ist  die  obige  Behauptung 
erwiesen;  also  folgt: 

Lehrsatz  XVIIL  Jeder  aus  symmetrischen  Molekeln  fi  auf- 
gehaute  regelmässige  Molekelhaufen  kann  so  erzeugt  werden,  dass 
man  in  die  Bereiche  einer  Baumiheüung  mit  symmetrischem 
FundamentaJbereich  je  eine  gleichartige  Molekel  fi  in  homologer 
Lage  einfügt 

Es  ist  zweckmässig,  das  vorstehende  Resultat  noch  in 
anderer  Form  auszusprechen.  Hierzu  beachten  wir  die  Sätze 
allgemeiner  Art,  welche  oben  über  die  aus  den  Bereichen  O 
bestehenden  Ranmtheilungen  abgeleitet  worden  sind.  Wir 
haben  gesehen,  dass  die  Gruppe  F  eine  solche  Zerlegung  in 
eine  Punktgruppe  G'  und  eine  unendliche  Reihe  von  Opera- 
tionen r'  zulässt,  dass  alle  Bereiche  9,  ^^y  Og . . .  aus  4> 
durch  die  Operationen  der  Reihe  JT"  hervorgehen.    Also  folgt: 

Lehrsatz  XIX.  Jeder  zur  Gruppe  F  gehörige  regelmässige 
Molekelhaufen,  dessen  Molekel  11  hei  den  Operationen  der  in  F 
enthaltenen  Gruppe  G'  in  sich  übergeht,  kann  dadurch  erzeugt 
werden,  dass  man  die  Molekel  ^  einer  gewissen  Beihe  F'  von 
Operationen  unterunrft.  Diese  ist  so  bestimmt,  dctös  F  durch 
Multiplication  von  G'  und  V  entsteht 


-     593     - 

Bemerkung.  Wir  sind  in  §  14  zu  der  Erkenntniss  ge- 
langt, dass  der  Bereich  O  nicht  in  allen  Fällen  einfach 
zusammenhängend  ist.  Eine  Raumtheilung^  deren  Funda- 
mentalbereiche sich  gegenseitig  durchdringen ,  würde  auf 
Molekelhaufen  führen ,  deren  Molekeln  sich  gleichfalls  theil- 
weise  durchdringen.  Derartige  Gebilde  sind  selbstverständlich 
ohne  jede  krystallographische  Bedeutung  und  können  daher 
unberücksichtigt  bleiben.  Aus  diesem  Grunde  sind  die  vor- 
stehenden Sätze  meist  so  abgefasst  worden,  dass  sie  an  die 
Molekelhaufen  und  nicht  an  die  Raumtheilung  anknüpfen. 

§  21.  Beispiele  von  Molekelhanfen  mit  symmetrischen 
Molekeln.     Die  Theorieen  von  Sohnoke  und  Wulff.     Die 

einfachsten  Beispiele  von  Molekelhaufen  mit  symmetrischer 
Molekel  sind  die  Bravais 'sehen  Molekelgitter.  Wir  haben 
dieselben  an  den  verschiedenen  Stellen  dieser  Schrift  so  aus- 
führlich erörtert;  dass  wir  einer  nochmaligen  Discussion  der- 
selben enthoben  sind. 

Auch  die  Wulff 'sehe  Theorie^)  operirt,  wie  bereits  am 
Ende  von  Cap.  IV  erwähnt  worden  ist,  mit  symmetrischen 
Molekeln  y  resp.  mit  symmetrischen  Atomcomplexen,  welche 
die  individuelle  Einheit  des  Krystallaufbaues  darstellen.  Aus 
Gründen,  von  denen  hier  abgesehen  werden  kann,  behält 
Wulff  von  allen  regelmässigen  Molekelhaufen  nur  diejenigen 
bei,  in  welchen  eine  „natürliche*'  Zusammenfassung  der  Mo- 
lekeln zu  symmetrischen  Complexen  möglich  ist.^)  Dies  heisst 
aber,  in  die  hier  gebräuchliche  Ausdrucks  weise  übersetzt^ 
nichts  anderes,  als  dass  nur  diejenigen  Molekelhaufen,  resp. 
nur  diejenigen  Raumgruppen  F  benutzt  werden,   für  welche 


1)  Vgl.  üeber  die  regelmässigeD  Punktsysteme,  Zeitschr.  f.  Ery  stall. 
Bd.  13,  S.  603  £P.  Der  Wertb  dieser  Arbeit  besteht  darin,  dass  Wulff 
zum  ersten  Mal  für  jedes  der  Sohn cke' sehen  Punktsysteme  (vgl.  S.  694) 
nachwies,  welche  besondere  Symmetrie  ihm  zukommt.  Dies  war  von 
Sohncke  selbst  nicht  in  so  detaillirter  Weise  geschehen.  Vgl.  auch 
die  Bemerkungen  auf  S.  617  ff.  Bezüglich  der  grossen  Zahl  von  Unter- 
abtheilungen, welche  in  dieser  Arbeit  für  jedes  Ery  stall  system  postulirt 
werden,  verweise  ich  auf  S.  667. 

2)  a.  a.  0.    S.  607  ff. 

Schoen flies,  Kryttellstnietar.  88 


—     594    — 

ein  symmetrischer  Bereich  O  existirt^  dessen  Symmetrie  genau 
mit  der  Symmetrie  der  zu  F  isomorphen  Punktgruppe  G 
übereinstimmt  Hierauf  läuft  die  von  Wulff  aufgestellte  For- 
derung einer  natürlichen  Zusammenfassung  der  Molekeln  in 
letzter  Linie  hinaus.  Alle  andern  Raumgruppen  werden  daher 
von  Wulff  als  krystallographisch  untauglich  betrachtet  und 
deshalb  verworfen,  im  besondern  alle  diejenigen,  welche  eigent- 
liche Schraubenstructur  aufweisen.*)  Die  Bravais'schen  Molekel- 
gitter und  die  WulflF'schen  Punktsysteme  sind,  wenn  man 
die  Bravais'sche  Molekel  in  ihre  Atome  auflost,  identisch; 
die  Differenz  reducirt  sich  auf  einen  blossen  Unterschied  in 
der  Bezeichnung. 

Die  Sohncke'sche  Theorie  benutzt  zur  Erzeugung  der 
regelmässigen  Molekelhaufen  Aur  Bewegungsgruppen.  Dies 
gilt  sowohl  von  derjenigen.  Form  derselben,  in  welcher  sie 
zuerst  zur  Darstellung  gelangte,  als  auch  von  der  ihr  später 
gegebenen  Erweiterung.  Die  Folge  hiervon  ist,  dass  auch  bei 
dieser  Theorie  die  Symmetrie  der  Molekelhaufen  nicht  in  allen 
Fällen  ausschliesslich  in  der  Structur  begründet  ist.  Dies  ist 
vielmehr  nur  für  diejenigen  der  Fall,  welche  ausschliesslich 
mit  Axensymmetrie  behaftet  sind.  Um  diese  Behauptung  zu 
erhärten,  erinnern  wir  daran,  dass  ein  Molekelhaufen,  der  mit 
beliebiger  Ausgangsmolekel  (i  aus  einer  Bewegungsgruppe  F 
abgeleitet  wird,  gemäss  §  16  nur  diejenige  Axensymmetrie 
besitzt,  welche  der  zu  F  isomorphen  Punktgruppe  G  eigen- 
thümlich  ist.  Um  nun  Molekelhaufen  zu  construiren,  welche 
auch  Ebenensymmetrie  enthalten,  wird  der  Schwerpunkt  der 
Molekel  ft  in  eine  besondere  Lage  gebracht,  nämlich  in  die- 
jenige Ebene,  welche  Symmetrieebene  werden  soll.  Soll  z.  B. 
ein  Molekelhaufen  hergestellt  werden,  welcher  der  Holoedrie 
des  rhomboedrischen  Systems  entspricht,  so  hat  man  von 
irgend  einer  Gruppe  2)3,  z.  B.  von  Dg*,  auszugehen  und  den 
erzeugenden  Constructionspunkt  M  in  die  Ebene  Ca  zu  legen, 
welche  (vgl.  Fig.  60,  S.  461)  gemäss  Cap.  IX,  §  10  eine  Sym- 
metrieebene des  Axensysteras  der  Gruppe  S)^*  ist. 


1)  a.  a.  O.    S.  509  ff. 


—    595    - 

Der  regelmässige  Molekelhaafen^  dessen  Schwerpunkte  das 
aus  einem  beliebigen  Punkt  M  entstehende  Punktsystem  bilden, 
hat  nämlich,  wie  eben  erwähnt,  im  Allgemeinen  nur  die  Axen- 
Symmetrie  der  Gruppe  2)3*.  Nun  bestimmt  die  Ebene  Ca  mit 
der  Gruppe  Sig*,  wie  wir  a.  a.  0.  gesehen  haben,  die  Gruppe 
^s^d\  andrerseits  geht  der  in  6a  liegende  erzeugende  Punkt  M 
durch  Spiegelung  gegen  öa  in  sich  selbst  über-,  es  entsteht 
daher,  wenn  dieser  Punkt  M  den  sämmtlichen  Operationen  der 
Gruppe  ^3^d  unterworfen  wird,  dasselbe  Punktsystem,  das  sich 
auch  bei  Ausführung  der  Bewegungen  der  Gruppe  Dj^  ein- 
stellt. Es  folgt  daher,  dass  das  aus  3)3^  abgeleitete  Punkt- 
system in  diesem  Fall  wirklich  die  Symmetrie  der  Gruppe  ^s^/ 
besitzt. 

Nun  ist  aber  der  Punkt  M  nur  der  Vertreter  einer  Mo- 
lekel n]  geht  daher  der  Punkt  M  bei  einer  Deck  Operation  in 
sich  selbst  über,  so  gilt  dies  auch  von  der  Molekel,  welche 
durch  ihn  dargestellt  wird.  Demnach  folgt,  dass  die  Molekel  (i 
eine  Symmetrieebene  besitzt,  nämlich  die  Ebene  öa'  Wir 
können  hinzufügen,  dass  der  Molekelhaufen  derjenigen  Raum- 
theilung  mit  symmetrischem  Fundamentalbereich  O  entspricht, 
die  wir  oben  als  vorletztes  Beispiel  auf  S.  583  erörtert  haben. 

In  dieser  Weise  ist  immer  zu  verfahren,  wenn  die 
Sohncke'sche  Theorie  Molekelhaufen  liefern  soll,  die  auch 
Symmetrieeigenschaften  zweiter  Art  aufweisen.  Eine  Gruppe  F, 
welche  derartige  Molekelhaufen  zu  erzeugen  im  Stande  ist, 
hat  stets  die  Eigenschaft,  dass  sich  aus  ihr  durch  Multipli- 
cation  mit  einer  Symmetrieebene  oder  einem  Symmetrie- 
centrum eine  Gruppe  Fj  höherer  Symmetrie  ableiten  lässt. 
Wird  nun  der  erzeugende  Gonstructionspunkt  in  das  bezQg- 
liche  Symmetrieelement  verlegt,  so  kommt  allerdings  dem  aus 
der  Gruppe  F  abgeleiteten  Punktsystem  die  höhere  Symmetrie 
der  Gruppe  F^  zu;  gleichzeitig  wird  aber  dadurch  der  er- 
zeugenden Molekel  eine  Symmetrieeigenschaft  aufgeprägt.  Es 
ist  klar^  dass  jede  Ortsbeschränhung  des  Constfw^ionspunkies  auf 
eine  Specialisirung  der  Molekel  hinausläuft 

Die  letztere  Thatsache  ist  lange  übersehen  worden,  und 
zwar  deswegen,   weil   man  allgemein   statt  mit  den   Molekel- 

38  • 


-     596     - 

häufen  mit  den  von  ihren  Schwerpunkten  gebildeten  Punkt- 
systemen operirte.  Der  Punkt  besitzt  aber  die  Symmetrie 
einer  homogenen  Kugel;  wenn  man  daher  bloss  mit  Punkt- 
systemen operirt,  so  bedeutet  dies  nicht  mehr  und  nicht 
weniger,  als  dass  man  den  Molekeln  stillschweigend  die 
höchste  Symmetrie  beilegt,  die  es  giebt.  Natürlich  können 
die  fßr  Punktsysteme  abgeleiteten  Resultate  auch  för  be- 
liebige Molekeln  giltig  bleiben;  es  kann  aber  auch  umgekehrt, 
wie  in  dem  vorliegenden  Fall,  die  Einführung  der  Punkte  von 
Einfluss  auf  die  Qualität  der  Molekel  sein,  welche  durch  den 
Punkt  repräsentirt  wird. 

Als  letztes  specielles  Beispiel  behandeln  wir  die  von 
Mallard  construirte  Structur  des  Quarzes.^)  Der  Quarz  ge- 
hört dem  rhomboedrischen  Krystallsystem  an,  und  zwar  der 
enantiomorphen  Hemiedrie  desselben,  deren  Symmetrie  durch 
die  Gruppe  D3  dargestellt  wird.  Im  Hinblick  auf  die  dem 
Quarz  eigenthümliche  Circularpolarisation  des  Lichts  hat  man 
schon  seit  längerer  Zeit  versucht,  für  die  Molekularstrnctur 
eine  Form  zu  finden,  welche  die  Rechtsdrehung  resp.  Links- 
drehung unmittelbar  verständlich  macht.  Einen  Anhalt  hier- 
für bietet  die  Entdeckung  von  Reusch,  dass,  wenn  man  eine 
Zahl  Glimmerblättchen  von  möglichst  gleicher  Dicke  so  über 
einander  legt,  dass  die  optischen  Axenebenen  je  zweier  auf 
einander  folgenden  Blättchen  in  demselben  Sinn  einen  Winkel 
von  120®  bilden,  diese  Glimmcjrcombination  ebenfalls  Circular- 
polarisation zeigt,  und  zwar  Rechtsdrehung  oder  Linksdrehung, 
je  nachdem  der  Drehungssinn  des  bezüglichen  Winkels  der  Uhr- 
zeigerbewegung oder  der  umgekehrten  Bewegung  entspricht*) 

Dementsprechend  hat  Mallard  folgende  Structur  des 
Quarzes  angegeben.  Man  denke  sich  ein  gleichseitiges  Punkt- 
netz (vgl.  Fig.  60,  S.  461)  und  stelle  in  jeden  Netzpunkt  eine 
Molekel,  die  eine  zweizählige  Symmetrieaxe  besitzt,  und  zwar 
so,  dass  die  Symmetrieaxe  in  eine  Seite  oder  in  eine  Höhe 
des  primitiven   gleichseitigen  Dreiecks   fällt.     Femer  ertheile 


1)  Vgl.  trait^  de  cristallogr.    Bd.  2,  S.  813. 

2}  üeber  Glimmercorobinationen.  Poggend.  Annalen,  Bd.  138,  S.  628. 


—    597     — 


Pig.  71. 

A' 


man  allen  Molekeln  des  Netzes  parallele  Orientirung.  Schichtet 
man  nun  solche  Ebenen  so  über  einander,  dass  in  je  zwei 
auf  einander  folgenden  Ebenen  die  Molekeln  resp.  deren  Axen 
um  120^  gedreht  sind^  so  entsteht  der  von 
Mallard  für  den  Quarz  construirte  Mo- 
lekelhaufen. Die  Lage  der  Molekeln  resp. 
ihrer  Axen  in  zwei  folgenden  Ebenen  ist 
durch  nebenstehende  Figur  dargestellt^) 

Der  so  beschriebene  Molekelhaufen 
kann  aus  einer  der  Gruppen  2)..,^  resp.  ^^ 
erzeugt  werden.  Beispielsweise  benutzen  wir 
hierzu  die  Gruppe  ^3^  Sie  enthält  lauter 
dreizählige  parallele  Schraubenaxen,  welche 
resp.  durch  -4,  B,  Gy  A^,  A^ . . .  und  die  entsprechenden  Netz- 
punkte hindurchgehen.  Ausserdem  enthält  sie  zweizählige 
Neben  axen ;  welche  in  Ebenen  gleichen  Abstandes  auf  ein- 
ander folgen.  Jede  Ebene  enthält  nur  Axen  einer  Richtung; 
die  durch  A  und  A'  gehenden  Axen  u  und  u^  zeigt  die  vor- 
stehende Figur.  Wird  nun  die  Ausgangsmolekel  fi  so  an- 
genommen^ dass  sie  die  Gerade  u  als  Symmetrieaxe  besitzt 
und  den  Punkt  A  enthält,  so  geht  aus  ft  durch  die  Bewe- 
gungen der  Gruppe  ^3  oder  auch  durch  diejenigen  von  63' 
genau  der  Mallard'sche  Molekelhaufen  hervor.')  In  die  Axe  a 
fallen  nämlich  wegen  der  zu  a  gehörigen  Schraubenbewegung 
lauter  um  je  120^  gedrehte  Molekeln,  und  dasselbe  gilt  daher 
für  die  mit  a  gleichwerthigen  Axen  a^^  a^  \x.  s.  w.  In  die 
Axen  h  und  c  dagegen  fällt,  da  sie  mit  a  nicht  gleichwerthig 
sind,  keine  Molekel.  Dies  zeigt,  dass  in  der  That  hier  ein  mit 
symmetrischer  Molekel  gebildeter  Molekelhaufen  allgemeiner 
Structur  vorliegt;  die  Symmetrie  der  Molekel  ist  durch  die 
Gruppe  G^  bestimmt,  nebenbei  bemerkt,  die  einzige  in  ^^ 
euthaltene  Punktgruppe  wirklicher  Symmetrie. 

Wir  fügen  schliesslich  uoch  eine  Bemerkung  darüber  an, 

1)  Die  Axe  der  Molekel  ist  in  der  Figur  in  eine  Höhe  des  Drei- 
ecks ABC  gelegt  worden. 

2)  Vgl.  Sohncke,  Ueber  Spaltnngsflächen  u.  b.  w.    Zeitschrift  f. 
Kiystall.   Bd.  13,  S.  234. 


—     598     — 

zu  welchen  Structuren  man  bei  der  Bravais'schen  Gitter- 
theorie^  bei  der  Sohncke'schen  Theorie  und  bei  der  reinen 
Structurtheorie  im  engeren  Sinn  überhaupt  gelangt 

Von  der  Bravais'schen  Theorie  haben  wir  gesehen ,  dass 
ihre  Molekelhaufen  sich  nur  mittelst  solcher  Raumgruppen  F 
erzeugen  lassen^  welche  die  zu  F  isomorphe  Punktgruppe  G 
als  Untergruppe  enthalten.  Die  Symmetrie  der  Molekel  ist 
stets  durch  die  Gruppe  G  gekennzeichnet.  Ihre  Anzahl  ist 
nicht  gross-,  jeder  Krystallclasse  entsprechen  im  Allgemeinen 
soviele,  als  es  Translationsgrnppen  fQr  dieselbe  giebt^);  im 
Ganzen  existiren  73  solcher  Gruppen. 

Molekelhaufen^  welche  der  Sohncke'schen  Theorie  ent- 
sprechen,  lassen  sich  erstens  aus  allen  Bewegungsgruppen  ab- 
leiten^ zweitens  aber  auch  aus  denjenigen  Raumgruppen,  die 
aus  einer  Bewegungsgruppe  durch  Multiplication  mit  einer 
Spiegelung  oder  Inversion  hervorgehen.  Die  Symmetrie  der 
Molekel  ist  durch  S  resp.  S^  gegeben.  Dagegen  gelangt  man 
von  der  ursprünglichen  Sohncke'schen  Theorie  aus  nicht  zu 
denjenigen  Molekelhaufen,  deren  Raumgruppe  unter  ihren 
Operationen  zweiter  Art  eine  reine  Spiegelung  oder  eine  In- 
version nicht  enthält  Solcher  Raumgruppen  giebt  es  39,  so 
dass  die  Sohncke'sche  Theorie  im  Ganzen  191  verschiedene 
Gattungen  von  Molekelhaufen  herstellen  kann. 

Endlich  ist  zu  sagen,  dass,  wenn  die  Bravais'schen  Mo- 
lekeln und  die  symmetrischen  Sohncke'schen  Molekeln  in 
Atomcomplexe  aufgelöst  werden,  aus  den  Molekelhaufen  mit 
symmetrischer  Molekel  diejenigen  einfachen  Molekelhaufen  ent- 
stehen, welche  den  Raumtheilungen  mit  dem  Bereich  q)  ent- 
sprechen. Für  diese  Molekelhaufen  läuft  daher  bei  der  Auf- 
losung der  Molekeln  in  gleichwerthige  Atomcomplexe  der 
Unterschied  der  Theorieen  auf  eine  Differenz  der  Bezeich- 
nungsweise hinaus. 

Handelt  es  sich  z.  B.  um  einen  Molekelhaufen,  welcher 
sich    mit   beliebiger  Ausgangsmolekel  durch   die  Operationen 

1)  Unbeschadet  deijenigen,  bei  denen  das  Gitter  fiberflussige  Sym- 
metrie besitzt,  vgl.  S.  315. 


—     599     - 


Kg.  7». 


^\ 

o*y 

6, 

der  Gruppe  64, a^  ergiebig  so  können  wir  ihn  folgendermassen 
construiren.  Da  die  Gruppe  64,*^  das  Product  der  Punkt- 
gruppe C^  mit  der  Translationsgruppe  F^  ist,  so  unterwerfen 
wir  zunächst  die  Molekel  fi  allen  Operationen  von  (7/;  da- 
durch ergeben  sich  acht  Molekeln  1,  2,  3,  4,  resp.  1',  2',  3',  4', 
und  zwar  sind  1,  2,  3^  4  congruent^  die 
übrigen  jedoch  mit  ft  spiegelbildlich  gleich. 
Sie  liegen  um  die  Axe  a^  wie  Figur  72 
zeigt,  und  symmetrisch  gegen  die  Zeich- 
nungsebene, so  dass  die  Projectionen  von 
1,  1\  2,  2^,  3,  3',  4,  4'  auf  dieser  Ebene 
zusammenfallen.  Diesen  Molekelcomplex 
unterwerfen  wir  nun  den  sämmtlichen 
Translationen  von  jT,,  so  entsteht  dadurch  der  zu  ^4,^^  ge- 
hörige Molekelhaufen;  um  jeden  Punkt  des  in  der  Zeichnungs- 
ebene entstehenden  quadratischen  Netzes  liegt  je  ein  Complex 
von  acht  Molekeln.  Fassen  wir  nun  in  diesem  Molekelhaufen 
jedes  Paar  1  1',  2  2',  3  3',  4  4t  zu  je  einer  einheitlichen  Mo- 
lekel fi'  zusammen ;  so  erhalten  wir  den  der  Sohncke'schen 
Theorie  entsprechenden  Molekelhaufen,  und  wenn  wir  endlich 
jeden  Molekelcomplex  zu  einer  körperlichen  oder  ideellen  Ein- 
heit verbinden,  so  ergiebt  sich  die  Structur  des  bezüglichen 
Bravais'schen  Molekelgitters. 

§  22.  Symmetrie  der  regelmässigen  Molekelhaufen. 
Wir  haben  die  Symmetrie  eines  Molekelhaufens  durch  die 
Deckoperationen  deßnirt,  welche  ihn  in  sich  überführen.  Bil- 
den diese  Deckoperationen  die  Gruppe  Fj  so  ist  F  diejenige 
Gruppe,  welche  die  Symmetrie  bestimmt.  Nun  ist  aber  jede 
Baumgruppe  F  einer  der  32  Punktgruppen  G  isomorph,  und 
zwar  besteht  der  Isomorphismus  der  Gruppen  G  und  F  darin, 
dass  jeder  n- zähligen  Axe  von  G  eine  Schaar  paralleler 
n- zähliger  Axen  von  F  und  jeder  Symmetrieebene  von  G 
eine  Schaar  paralleler  Ebenen  von  F  entspricht,  die  entweder 
Symmetrieebenen  oder  Ebenen  gleit-ender  Symmetrie  sind.  Die 
Symmetrieelemente  von  F  unterscheiden  sich  also  von  denen 
der  Gruppe  G  nur  durch  Translationen.  Diese  kommen  aber 
für  die  Symmetrie  nicht  in  Betracht;  die  Symmetrie  eines  Mo- 


—     600    — 

lekelhaufens,  dessen  sämmtliclie  Deckoperationen  die  Gruppe  F 
bilden,  wird  daher  durch  die  Gruppe  G  gekennzeichnet. 

Um  ein  Beispiel  anzuführen,  betrachten  wir  einen  Mo- 
lekelhaufen, welcher  sich  mittelst  einer  zur  Tetraedergruppe  T 
isomorphen  Raumgruppe  %  erzeugen  lässt  Wir  gehen  zu 
diesem  Zweck  auf  die  allgemeinen  Anforderungen  zurück,  die 
an  einen  Molekelhaufen  zu  stellen  sind,  damit  man  ihm  die 
Symmetrie  der  Gruppe  T  beilegen  kann.  Die  Tetraeder- 
gruppe T  besitzt  drei  zu  einander  senkrechte  zweizählige  und 
vier  dreizählige  Axen;  ihre  gleich werthigen  Geraden 

ergeben  sich,  wenn  g'  allen  den  bezüglichen  Drehungen  unter- 
worfen wird.  Ein  Molekelhaufen,  der  die  Erystallsymmetrie  T 
besitzt,  muss  daher  die  Eigenschaft  haben,  dass  die  zu  g'y  ^/, 
92  ' ' '  gN—i  parallelen  Geraden,  welche  ihn  durchsetzen,  phy- 
kalisch  gleichwerthig  sind,  d.  h.  gleiche  Lage  zur  Gesammt- 
heit  der  Molekeln  haben.  Diese  Forderung  zerfallt  in  zwei 
Theile.  Was  die  parallelen  Geraden  betrifft,  so  haben  wir 
bereits  Cap.  I,  §  6  (S.  242)  gesehen,  dass  die  Forderung  nicht 
für  alle  parallelen  Geraden  erfüllt  ist  und  erfüllt  zu  sein 
braucht;  nur  diejenigen  parallelen  Geraden  haben  gleiche  Lage 
zur  Gesammtheit  der  Molekeln,  welche  aus  einer  durch  die 
Deckschiebungen  des  Molekelhaufens  hervorgehen.  Der  zweite 
Theil  der  obigen  Forderung  beschränkt  sich  daher  darauf, 
dass  es  im  Molekelhaufen  für  eine  beliebige  Gerade  g,  die 
zu  g'  parallel  ist,  irgend  eine  zu  g'i  parallele  Gerade  (/,-  giebt, 
welche  die  nämliche  Lage  zur  Gesammtheit  der  Molekeln 
hat,  wie  g.  Geht  nun  g'i  aus  /  durch  die  Drehung  Sf  hervor, 
so  giebt  es  in  jeder  Gruppe  %  Bewegungen  91,  die  zu  9t' 
isomorph  und  gleichzeitig  Deckoperationen  des  Molekel- 
haufens sind.  Da  nun  isomorphe  Bewegungen  in  der  Axen- 
richtung  und  im  Winkel  übereinstimmen,  so  giebt  es  wirklich 
eine  Gerade  gi  parallel  zu  p,',  welche  die  gleiche  Lage  zu  den 
Molekeln  hat,  wie  g, 

Uebrigens  ist  zu  bemerken,  dass  es  auch  für  jedes  Bra- 
vaift'sche  Molekelgitter  N  gleichwerthige  Geraden 


—     601     — 

giehi,  die  sich  iu  demselben  Punkte  schneiden.  Jeder  Gitter- 
punkt hat  diese  Eigenschaft.  Für  die  andern  Molekel  häufen 
existiren  derartige  Punkte  nicht. 

Das  vorstehende  ist  davon  unabhängig,  ob  die  Molekeln  fi 
symmetrisch  sind  oder  nicht.  Für  die  obigen  Schlüsse  kommen 
nämlich  immer  nur  die  Deckoperationen  der  Gruppe  F  selbst 
in  Frage,  während  es  ganz  ohne  Belang  ist,  worin  die  Mög- 
lichkeit der  Deckoperationen  begründet  ist.    Also  folgt: 

Lehrsatz  XX.  Die  aas  gleichartigen  Molekeln  (i  gebildeten 
regelnlässigen  Molehelhaufen  zerfallen  rücksichtlich  ihrer  Symme- 
trie in  dieselben  32  Glassenf  tvie  die  Krystalle,  welches  auch  die 
Qualität  der  constituirenden  Molekeln  fi  sein  mag. 

Damit  ist  der  in  Cap.  I  (S.  244)  in  Aussicht  gestellte 
Nachweis  geliefert;  gleichzeitig  ist  damit  von  neuem  die  Noth- 
wendigkeit  in's  Licht  gesetzt,  mit  Molekeln  von  zweierlei 
Typus,   congruenten  und  spiegelbildlich  gleichen,  zu  operiren. 

Bezüglich  der  Art,  in  welcher  die  Symmetrie  des  Molekel- 
baufens  von  der  Structur  und  der  Molekelqualität  abhängt, 
besteht  dagegen  eine  wesentliche  Differenz  zwischen  denjenigen 
Molekelhaufen,  die  mit  beliebigen,  und  denjenigen,  die  mit 
symmetrischen  Molekeln  aufgebaut  sind.  Für  die  letzteren 
existiren  Deckoperationen,  welche  die  einzelnen  Molekeln  in 
sich  überführen.  Die  Deckoperationen  der  Gruppe  F  sind 
daher  theilweise  durch  die  Symmetrie  der  Molekel  bedingt. 
Es  ist  klar,  dass,  wenn  wir  der  Molekel  (i  ihre  Symmetrie 
nehmen,  nicht  mehr  alle  Deckoperationen  der  Gruppe  F  zulässig 
bleiben.  In  diesem  Fall  beruht  demnach  die  Symmetrie  des 
Molekelhaufens  zum  Theil  auf  der  Symmetrie  der  Molekel, 
und  nur  zum  Theil  auf  der  Anordnung  der  Molekeln,  d.  h^  auf 
der  Structur. 

Ebenso  ist  das  Umgekehrte  richtig.  Es  sei  $  ein  Mo- 
lekelhaufen,  welcher  aus  gleichartigen  Molekeln  besteht.  Wir 
nehmen  an,  dass  G^^  die  Gesammtsymmetrie  der  Molekel  dar- 
stelle, und  nennen  wie  immer  F  die  Gruppe  der  für  den 
Molekelhaufen  characteristischen  Deckoperationen.     Nun  sind 


—     602     — 

zwei  Fälle  möglich.  Entweder  giebt  es  unter  den  Operationen 
von  r  —  abgesehen  von  der  Identität  —  keine;  welche  die 
Molekel  fi  in  sich  überführt,  oder  es  giebt  solche  Operationen. 
Findet  das  erste  statt,  so  ist  die  vorausgesetzte  Symmetrie 
der  Molekel  auf  die  Symmetrie  des  Molekelhaufens  ohne  Ein- 
flusS;  der  Molekelhaufen  entspringt  aus  einer  einfachen  Baum- 
theilung  in  Bereiche  fp,  und  seine  Symmetrie  ist  ausschliess- 
lieh  von  der  Structur  abhängig.  Trifft  dagegen  der  zweite 
der  obigen  Fälle  zU;  so  ist  die  Symmetrie  des  Molekelhaufens 
auch  von  der  Molekelsymmetrie  abhängig.  Ist  jetzt^  wie  oben, 
G'  diejenige  grosste  Untergruppe  von  F,  deren  Operationen 
die  Molekel  ft  in  sich  überführen,  so  ist  in  dem  auf  S.  590  an- 
gegebenen Sinn  G'  die  für  die  Molekel  characteristische  Sym- 
metrie; der  Molekelhaufen  entspringt  daher  aus  einer  Raum- 
theilung  in  Bereiche  O,  welche  der  Gruppe  G'  entspricht. 
Alle  Molekeln  gehen  aus  einer  von  ihnen  durch  die  in 
Satz  XIX  genannte  Reihe  I^  von  Operationen  hervor  und  diese 
Reihe  bestimmt  die  Anordnung  der  Molekeln  und  damit  die 
Structur  des  Haufens  $.     Also  folgt: 

Lehrsatz  XXI.  Bilden  die  Deckoperationen  eines  Molekel' 
liaufens  die  Gruppe  JT,  so  beruht  seine  Symmetrie  ausschliesslidi 
auf  der  Structur^  wenn  er  mittelst  der  zu  F  gehörenden  einfachen 
BereieJie  tp  gebildet  ist  Wenn  dagegen  der  Molekelhaufen  mittelst 
der  Bereiche  9  von  der  Symmetrie  G'  entsteht,  so  beruht  seine 
Symmetrie  theils  auf  der  Structur y  tJheüs  auf  der  Symmetrie  der 
Molekeln,  Die  cJiaracteristische  Molekelsymmetrie  ist  mit  der 
Symmetrie  G'  des  Bereiclies  O  identisdi. 

§  23.  Die  überhaupt  möglichen  Strooturtheorien, 
welche  mit  regelmässigen  Molekelhaufen  operiren.  Es  sei 
K  ein  Krystall,  dessen  Symmetrie  durch  die  Gruppe  G  ge- 
kennzeichnet ist.  Es  fragt  sich,  auf  wie  vielerlei  Art  der- 
selbe durch  einen  Molekelhaufen  dargestellt  werden  kann, 
dessen  Symmetrie  mit  derjenigen  der  Gruppe  G  überein- 
*^  stimmt.  Ist  F  eine  zu  G  isomorphe  Raumgruppe,  so  ist  zu- 
nächst klar,  dass  jede  derartige  Gruppe  F  benutzt  werden 
kann,  um  einen  Molekelhaufen  von  der  Symmetrie  G  zu  con- 
struiren.    Besitzt  nun  F  keinerlei  Untergruppe  G\  so  ist  dies 


-     603     — 

allein  so  möglich ,  dass  eine  beliebige  Molekel  fi  sämmt- 
liehen  Operationen  von  F  unterworfen  wird.  Die  Form  und 
Qualität  der  Ausgangsmolekel  bleiben  ganz  unbestimmt.  Wenn 
dagegen  die  Gruppe  F  Punktgruppen  G'  als  Untergruppen 
enthält;  so  sind  im  Allgemeinen  mehrere  Methoden  vorhanden, 
um  einen  Molekelhaufen  ^  zu  erzeugen,  dessen  Deckopera- 
tionen die  Gruppe  F  bilden.  Wenn  nämlich  die  Gruppe  G 
zu  einer  Raumtheilung  mit  einfachen  geschlossenen  Funda- 
mentalbereichen 0  gehört;  so  lässt  sich  ein  zur  Gruppe  F 
gehöriger  Molekelhaufen  auch  mittelst  symmetrischer  Molekeln 
erzeugen;  die  Symmetrie  der  Molekel  muss  in  diesem  Fall 
mindestens  diejenige  der  Gruppe  G'  sein,  im  übrigen  aber  ist 
die  Molekel  nach  Form  und  Qualität  beliebig.  Jeder  Gruppe  Cr' 
der  betrachteten  Art  entspricht  dem  Satz  XXI  zufolge  eine 
andere  Structur  des  Molekelhaufens.  Wir  erhalten  daher  so 
viele  Möglichkeiten,  Molekelhaufen  von  der  Symmetrie  G 
und  der  Gruppe  F  zu  bilden,  als  in  F  Untergruppen  G'  der 
betrachteten  Art  existiren.  Beachten  wir,  dass,  wie  aus  dem 
genannten  Satz  folgt,  für  jeden  solchen  Molekelhaufen  die 
Structur  durch  die  Operationen  J^,  die  Molekelqualität  durch 
die  Gruppe  G'  bestimmt  ist,  so  ergiebt  sich: 

Lehrsatz  XXII.  Molekelhaufen ^  deren  Symmetrie  G,  und 
deren  BaumgruppO'  F  ist,  lassen  sieh  auf  so  viele  Arten  bilden, 
als  es  in  F  üntergruj^pen  G'  giebt,  denen  eine  Baumtheilung  in 
geschlossene  Bereiche  entspricht.  Die  Gruppe  G'  bestimmt  die 
Moldcelqualität,  die  Operationen  r',  aus  denen  die  Gruppe  F 
durch  Multiplication  mit  G'  entsteht,  stellen  die  Structur  dar. 

Der  vorstehende  Satz  ist  von  ausserordentlicher  Wich- 
tigkeit; gegen  ihn  darf  bei  der  Gonstruction  der  Molekular- 
structur  eines  Krystalles  nicht  Verstössen  werden. 

Jede  hypothetische  Structur  eines  Krystalles  muss  daher 
mit  ihm  in  Uebereinstimmung  befindlich  sein,  wenn  sie  nicht 
allein  eine  einzelne  Erscheinung  erklären,  sondern  auch  die 
Symmetrie  des  Krystalles  zur  Anschauung  bringen  soll.  Diese 
Thaisache  ist  bei  der  Angabe  der  Molekelanordnungen,  welche 
einen  Krystall  darzustellen  bestimmt  sind,  nicht  immer  beachtet 
worden.     Dies   trifft   unter   anderm   auch   diejenigen  Molekel- 


—    604    — 

häufen,  durch  welche  Mallard  die  mit  Circularpolarisation 
behafteten  Krystalle  des  tetragonalen  resp.  regulären  Systems 
erklären  will.^)  Diese  Molekelhaufen  sind  mit  einem  Gitter 
des  tetragonalen  Systems  ^  aber  mit  asymmetrischer  Molekel 
aufgebaut,  ihre  Symmetrie  kann  daher  unmöglich  durch 
eine  dem  tetragonalen  System  zugehörige  Gruppe  characte- 
risirt  sein. 

§  24,  Wir  haben  oben  bei  der  Discussion  der  Raum- 
theilungen  darauf  hingewiesen,  dass  es  schliesslich  von  unserer 
Auffassung  abhängt,  ob  wir  die  Bereiche  97  oder  die  grosseren 
Complexe  ^  als  die  Fundamentalbereiche  betrachten.  Es  ist 
möglich  für  die  eben  erörterten  Molekelhaufen  ähnliche  üeber- 
legungen  geometrischer  Art  anzustellen.  Sie  sind  denen  analog, 
die  wir  oben  bei  der  Untersuchung  der  Bravais'schen  Molekel- 
gitter angetroffen  haben.  Wir  haben  dort  angenommen,  dass 
die  in  jedem  Gitterpunkt  vorhandene  Molekel  aus  mehreren 
getrennten  Eörperelementen  besteht,  die  aus  einem  beliebigen 
durch  die  Deckoperationen  der  Molekel  hervorgehen.  Es  liegt 
nahe,  diesem  Gedanken  auch  für  die  vorstehenden  Molekel- 
haufen nachzugehen,  und  jede  symmetrische  Molekel  (i  in 
ihre  einzelnen  Elementarbestandtheile  ft',  ft"  .  .  .  aufzulösen. 
Ist  G'  wieder  die  Gruppe  von  ft,  resp.  von  *,  so  hat  dies 
so  zu  geschehen,  dass  sich  aus  einem  dieser  Bestandtheile  fi' 
alle  übrigen  durch  die  Operationen  von  G'  ergeben.  In  jeden 
der  Bereiche  97,  aus  denen  der  Bereich  ^  zusammengesetzt 
ist,  tritt  dabei  je  einer  dieser  Bestandtheile;  die  Gesammtheit 
derselben  bildet  daher  denjenigen  Molekelhaufen,  welcher  sich 
mittelst  der  Deckoperationen  von  F  aus  dem  beliebigen  Ele- 
mentarth eilchen  ft'  erzeugen  lässt. 

Umgekehrt  ist  aber  auch  ersichtlich,  dass  ein  mittelst 
der  vorstehenden  Gruppe  F  aus  einer  beliebigen  Ausgangs- 
molekel abgeleiteter  Molekelhaufen  diejenige  Auffassung  zu- 
lässt,  von  der  wir  ursprüglich  ausgingen.  Wie  wir  nämlich 
je  m  Bereiche  tp  einer  einfachen,  zu  F  gehörigen  Raumtheilung 
in  Gedanken  zu  einem  Bereich  O  zusammenfassen  können,  so 

1)  Traitä  de  cristallographie,  Bd.  2,  S.  320  ff. 


—     605    — 

lassen  sich  auch  die  m  Molekeln  (i^  welche  in  diesen  Be- 
reichen fp  liegen^  zusammen  als  eine  höhere  körperliche  Einheit 
betrachten.  Wenn  wir  dieser  Vorstellung  Raum  geben,  so 
erscheint  sofort  der  Molekelhaufen  aus  lauter  Molekelcomplexen 
aufgebaut,  von  denen  jeder  die  Symmetrie  der  Gruppe  G'  besitzt. 
Wir  erhalten  also  den  Molekelhaufen,  von  dem  wir  oben  ausgingen. 
Wenn  wir  daher  bei  den  hier  betrachteten  Molekelhaufen  die 
symmetrischen  Molekeln  in  der  angegebenen  Weise  in  Einzel- 
atome auflösen,  so  ist  eine  geometrische  Differenz  zwischen  den 
MolekeThaufen,  die  mit  leliehiger  oder  mit  symmeUischer  Molekel 
gebildet  sind,  überhaupt  nicht  mehr  vorhanden.  Die  Vorstellung, 
die  wir  uns  von  ihnen  bilden,  ist  wechselnder  Natur,  sie  hängt 
davon  ab,  worin  wir  die  letzte  individuelle  Einheit  des  Kry- 
stallaufbaues  erblicken  wollen.  Hierin  haben  wir  vollständige 
Freiheit. 

Ausdrücklich  möge  bemerkt  werden,  dass  die  Symmetrie 
des  Molekelhaufens  dadurch  in  keiner  Weise  beeinSusst 
wird.  In  der  That  leuchtet  ein,  dass  die  Symmetrie  eine 
geometrische  Eigenschaft  ist,  die  unmöglich  von  der  sub- 
jectiven  Festsetzung  darüber  abhängig  sein  kann,  worin  wir 
die  letzten  individuellen  Bestandtheile  der  Molekelhaufen  er- 
blicken wollen. 

Wenn  wir  daher  mittelst  einer  Gruppe  F  Molekelhaufen 
construiren  wollen,  welche  einem  Krystall  von  der  Gruppe  G 
entsprechen,  so  haben  wir  uns  zunächst  darüber  zu  entscheiden, 
wie  wir  den  Erystallbaustein  annehmen  wollen,  symmetrisch 
oder  nicht.  Wie  wir  eben  bewiesen  haben,  ist  dies  für  den 
Fall,  dass  die  Gruppe  F  Untergruppen  6?'  besitzt,  auf  ver- 
schiedene Weise  möglich;  jede  Wahl  entspricht  einer  dieser 
Untergruppen  G\  Ist  aber  diese  Wahl  einmal  erfolgt,  so  ist 
damit  auch  die  die  Krystallsubstanz  bildende  letzte  Körper- 
einheit bestimmt;  für  den  mit  ihr  gebildeten  Molekelhaufen 
unterliegt  daher  die  Einheit  des  Krystallaufbaues  nicht  mehr 
dem  Wechsel.  Den  oben  erwähnten  geometrischen  Zerle- 
gungen und  Zusammenfassungen  ist  daher  ein  unmittelbarer 
krystallographischer  Sinn  für  einen  aus  bestimmten  Individuen 
aufgebauten  Molekelhaufen  nicht  mehr  beizulegen.  Die  Willkür 


—    606    — 

der  Auffassung,  die  sich  in  ihnen  ausspricht,  tritt  vielmehr 
krystallographisch  darin  zu  Tage,  dass  bei  der  Construction 
des  Molekelhaufens,  welcher  den  Krystall  repräsentiren  soll, 
die  Walil  der  Ausgangsmolekel  in  gewisser  Beziehung  unserm 
Ermessen  anheimgestellt  bleibt.  Uebrigens  wird  man  im 
Interesse  der  Anschaulichkeit  die  Molekeln  so  weit  als  mög- 
lich zu  symmetrischen  Bausteinen  zusammenfassen.    Es  folgt: 

Lehrsatz  XXIIL  Durch  jede  Untergruppe  G'  einer  Raum- 
gruppe  F,  die  zu  einer  aus  geschlossenen  Bereichen  <b  besteftenden 
Raumtheilung  führt,  wird  eine  andere  Auffassung  über  den  Auf- 
hau der  Krystallmasse  ermöglicht.  Sie  ist  dadurch  gekennzeichnet, 
dass  die  Structur  immer  durch  die  Operationen  f  repräsentirt 
wird,  welche  durch  Multiplication  mit  6?'  die  Gruppe  F  erzeugen, 
wahrend  die  Gruppe  6r'  den  Krystallhausteinen  die  durch  sie 
bestimmte  Symmetrie  aufprägt. 

§  25.  An  und  für  sich  lässt  sich  keine  der  hiermit  an- 
gedeuteten molekularen  Erzeugungsarten  des  Erystalles  abweisen; 
man  kann  daher  die  Symmetrie  eines  Molekelhaufens,  welcher 
einen  gegebenen  Krystall  darzustellen  geeignet  ist,  in  mannig- 
facher Weise  begründen.  Historisch  liegt  allerdings  die  Sache 
so,  dass  im  Wesentlichen  nur  zwei  der  bezüglichen  Auffas- 
sungen zur  consequenten  Ausgestaltung  von  Structurtheorien 
benutzt  worden  sind.  Für  die  eine  ist  die  Untergruppe  <?' 
direct  die  zu  F  isomorphe  Punkt^uppe,  für  die  andere  ist  sie 
die  Identität. 

Die  erstere  Auffassung  entspricht  der  Bravais'schen  Gitter- 
theorie. Sie  setzt  voraus,  dass  die  Molekeln  ft,  welche  den 
Krystall  aufbauen,  genau  die  Symmetrie  des  Krystalles  be- 
sitzen. Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  verlieren  die  Molekelhaufen 
—  wenigstens  theilweise  —  ihre  Symmetrieeigenschaften; 
die  Bravais'sche  Theorie  erklärt  daher  die  Symmetrie  der 
Molekelhaufen  nur  zum  Theil  aus  der  Structur.  Da  sie  ver- 
langt, dass  die  Raumgruppe  F,  welche  zur  Construction  des 
Molekelhaufens  zu  benutzen  ist,  die  zu  F  isomorphe  Punkt- 
gruppe als  Untergruppe  enthält,  so  beschränkt  sie  sich  auf  den 
Gebrauch  derjenigen  Raumgruppen,  welche  sich  durch  MuUipli' 


—     607     - 

cation  der  Punhtgruppe  G  mit  einer  geeigneten  Translationsgruppe 
bilden  lassen.  Für  jede  der  32  Krystallclassen  sind  derartige 
Raumgrappen  vorhanden;  wie  wir  in  den  vorstehenden  Ca- 
piteln  abgeleitet  haben,  giebt  es  für  jede  Krystallclasse  im 
Allgemeinen  so  viele,  als  die  Zahl  der  Translationsgruppen 
beträgt,  welche  für  das  bezügliche  Krystallsystem  vorhanden 
sind.  Eine  Ausnahme  tritt  nur  für  das  rhomboedrische,  te- 
tragonale  und  hexagonale  System  ein;  für  sie  giebt  es  in 
manchen  Fällen  mehrere  Raumgruppen ^  welche  durch  Multi- 
plication  der  bezüglichen  Punktgruppe  mit  derselben  Trans- 
lationsgruppe entstehen.^) 

Die  Auffassung,  welche  G'  als  die  Identität  voraussetzt, 
ist  diejenige,  welche  sich,  wenn  man  von  den  allgemeinsten 
Raumgruppen  ausgeht,  zunächst  darbietet.  Für  sie  repräsen- 
tiren  die  Operationen  der  Reihe  I^  die  Raumgruppe  F  selbst; 
jede  Baumgruppe  F  kann  daher  zur  Construction  solcher  Molekel- 
häufen  benutzt  werden.  Die  Aasgangsmolekel,  aus  welcher  der 
Molekelhaufen  in  Folge  der  Operationen  von  F  entsteht,  ist 
beliebig;  ihre  Form  und  Zusammensetzung,  sowie  ihre  Wir- 
kungsweise unterliegt  keinerlei  Bedingungen.^)  Die  Symme- 
trie dieser  Molekelhaufen  beruht  somit  ausschliesslich  auf  der 
Structur. 


1)  Vgl.  S.  567. 

2)  Die  Molekel  kann  im  Allgemeinen  aacb  symmetrisch  angenommen 
werden,  ohne  dass  sich  der  Symmetriecharacter  des  Molekelhaufens  da- 
durch ändert.  Es  kann  jedoch  Ausnahmefalle  geben.  Bisweilen  bedingt 
nämlich  eine  mit  gewisser  Symmetrie  behaftete  Molekel  neue  Deck- 
operationen des  Molekelhaufens.  Man  vergleiche  z.  B.  die  Erörterungen 
von  §  21.  Dies  wird  bei  einem  zur  Gruppe  F  gehörigen  Molekelhaufen 
immer  und  nur  dann  der  Fall  sein,  wenn  sich  aus  F  eine  Gruppe  höherer 
Symmetrie  T^  ableiten  lässt,  und  die  Molekel  eine  solche  Lage  hat,  dass 
sie  durch  die  erzeugende  Operation  in  sich  übergeht.  In  diesem  Fall  hat 
der  Molekelhaufen  die  Symmetrie  der  Gruppe  F^;  er  ist  von  der  Art 
derjenigen,  welche  wir  oben  betrachtet  haben.  Soll  daher  der  Molekel- 
haufen die  Symmetrie  F  erhalten,  so  haben  wir  zu  vermeiden,  dass  ^ 
die  angegebene  Eigenschaft  besitzt.  Eiue  eigentliche  Beschränkung 
liegt  jedoch  hierin  nicht  vor.  Theoretisch  nämlich  ist  die  Thatsache, 
dass  höhere  Eigenschaften,  als  diejenigen,  welche  die  Theorie  noth- 
wendig   vorschreibt,   zu  höherer  Symmetrie   führen,   selbstverständlich. 


-     608    — 

Die  einzige  wirkliche  Besonderheit,  welche  die  Theorie 
der  Molekel  auferlegt,  besteht  darin,  dass  sie  für  alle  Erystalle, 
welche  Sjmmetrieeigenschaften  zweiter  Art  besitzen,  zweier 
Arten  von  Molekeln  bedarf;  die  einen  sind  den  andern  nach 
Form  und  Qualität  spiegelbildlich  gleich.  Dass  hierin  eine 
Beschränkung  nicht  zu  erblicken  ist,  dass  vielmehr  nur  eine 
natürliche  Consequenz  der  kry stall ographischen  Gleichwerthig- 
keit  der  Symmetrieeigenschaften  erster  und  zweiter  Art  vor- 
liegt, haben  wir  bereits  oben  ausgeführt.  Hier  sei  auf  eine 
andere  Folgerung  hingewiesen.  Jeder  Molekelhaufen,  welcher 
einen  Krystall  darstellen  soll,  der  nur  Axensymmetrie  besitzt, 
ist  aus  lauter  congruenten  Molekeln  aufgebaut.  Die  Erystalle 
dieser  Art  haben  bekanntlich  die  Eigenthümlichkeit,  in  en- 
antiomorphen  Formen  auftreten  zu  können.  Die  Molekel- 
haufen, welche  zwei  derartige  Krystalle  darzustellen  geeignet 
sind,  müssen  daher  einander  spiegelbildlich  gleich  sein;  für 
ihren  Aufbau  sind  also  gleichfalls  spiegelbildlich  gleiche  Mo- 
lekeln zu  verwenden,  natürlich  so,  dass  jeder  einzelne  Molekel- 
haufen sich  aus  lauter  congruenten  Individuen  zusammensetzt. 
Dass  auch  der  Windungssinn  der  Schraubenaxen  für  beide 
Molekelhaufen  der  umgekehrte  ist,  haben  wir  oben  S.  589 
ausgeführt. 

Die  Gruppen  G  und  die  Identität  sind  die  einzigen, 
welche  in  jeder  der  32  Punktgruppen  G  als  Untergruppen 
auftreten.  Dies  hat  zur  Folge,  dass  jede  der  beiden  eben  ge- 
schilderten Theorieen  die  Symmetrie  für  jeden  Krystall  auf 
die  gleiche  Weise  zu  begründen  vermag.  Dies  ist  eine  Eigen- 
schaft, welche  sehr  zur  Empfehlung  derselben  beiträgt.  Sie 
erfiillt  eine  Bedingung  formaler  Natur,  welcher  eine  einheit- 
liche Theorie  zu  genügen  hat,  und  befriedigt  daher  diejenigen 
Ansprüche,  welche  wir  in  erkenntnisstheoretischer  Hinsicht 
jeder  Theorie  von  vornherein  stellen  müssen.    Für  jede  andere 


und  practisch  liegt  ja  gerade  der  Schwerpunkt  der  obigen  Theorie 
darin,  dass  sie  mit  symmetrielosen  Molekeln  operirt.  Uebrigens  sind 
derartige  selbstverständliche  Beschränkungen  der  Molekelqualität  auch 
der  Bravais'Bchen  Theorie  eigen. 


—     609     — 

Vorstellung,  welche  wir  Mr  den  Aufbau  der  Erystallsubstanz 
zu  Grunde  legen  können,  trifft  dies  nicht  mehr  zu;  es  giebt 
keine  andere  Gruppe  ö',  welche  in  allen  Punktgruppen  G  als 
Untergruppe  enthalten  ist.  Damit  ist  eine  andere  Möglichkeit, 
für  alle  Kystalle  eine  gleichartige  Erklärung  der  Symmetrie 
zu  geben,  ausgeschlossen.  In  der  That  operiren  diejenigen 
Auffassungen  der  Molecularstructur,  welche  ausser  den  oben 
genannten  bisher  zur  Darstellung  gelangt  sind,  bald  mit  qua- 
litätlosen Molekeln,  bald  aber  mit  Molekeln,  die  mit  Sym- 
metrie begabt  sind.  ^) 

§  26.  Die  variablen  Grössen  der  reinen  Stmcturtheorie. 
Wir  haben  in  Cap.  IV,  §  7  ausführlich  dargestellt,  dass  för 
die  Bravais^Hche  Gittertheorie  einerseits  die  Form  der  Molekel, 
andrerseits  in  den  meisten  Fällen  auch  das  Raumgitter  mehrfach 
ausgewählt  werden  kann.  Damit  sind  die  variablen  Parameter 
der  Gittertheorie  genügend  gekennzeichnet.  Es  fragt  sich,  welche 
Variabilität  der  Molekelhaufen  mit  derjenigen  Theorie  vereinbar 
ist,  bei  welcher  die  Symmetrie  ausschliesslich  auf  der  Structur 
beruht  und  die  wir  daher  als  reine  Stmcturtheorie ,  resp.  im 
Gegensatz  zur  Gittertheorie  auch  als  Stmcturtheorie  im  engeren 
Sinne  bezeichnen  können.  Hier  ist  zu  bemerken,  dass  einerseits 
für  jeden  Erystall  so  viele  Gruppen  F  zur  Verfügung  stehen, 
als  der  Erystallclasse  entsprechen,  welcher  er  angehört,  und 
dass  andrerseits  die  Molekel  in  Form  und  Qualität  ganz  un- 
bestimmt bleibt  In  der  That  haben  wir  ja  gesehen,  dass  die 
Molekel  weder  in  ihrer  Form  noch  in  ihrer  Wirkungsweise 
irgend  einer  wirklichen  Beschränkung  unterliegt;  die  Varia- 
bilität derselben  ist  daher  die  höchste,  die  überhaupt  möglich 
ist.  Zweitens  möge  darauf  hingewiesen  werden,  dass  die  Lage 
der  Ausgangsmolekel  fi  zum  Axensystem  der  Gruppe  F,  resp. 
was  dasselbe  ist,  ihre  Lage  im  Fundamentalbereich  beliebig 
angenommen  werden  kann;  je  nach  dem  Platz,  welchen  fi  im 
Fundamentalbereich  einnimmt,  ergeben  sich  Molekelhaufen 
von  anderem  Aussehen,  und  es  wäre  nicht  undenkbar^  dass 
die    bezügliche    Lagendifferenz    gewisse    physikalische   Eigen- 


1)  Vgl  S.  593  und  617  ff. 
Sohoenfliei,  Krjstalliitniottix  89 


—    610     - 

Schäften  des  Erystalls^  wie  z.  B.  die  Ausbildung  der  Flächen 
beeinflusst.  ^) 

Endlich  treffen  aber  hier  auch  diejenigen  Bemerkungen 
zu,  welche  oben  bei  Gelegenheit  der  Gittertheorie  Platz  ge- 
funden haben;  wie  dort  lässt  sich,  wenn  nöthig^  die  Trans- 
lationsgruppe so  specialisiren,  dass  ausser  der  Symmetrie  ge- 
wisse geometrische  Besonderheiten  der  Erystallgestalten  eine 
Erklärung  finden.  Es  ist  nicht  nothig,  die  dort  angestellten 
Ueberlegungen  hier  zu  wiederholen.  Um  die  Gleichartigkeit 
dieser  Verhältnisse  für  beide  Theorieen  in's  Licht  zu  setzen, 
genügt  es^  auf  die  Erörterungen  von  S.  315  hinzuweisen;  sie 
zeigen,  dass  für  die  geometrischen  Eigenthümlichkeiten,  die 
in  dem  bevorzugten  Auftreten  gewisser  Erystallflächen,  in  der 
Ausbildung  der  Grenzformen  u.  s.  w.  zu  Tage  treten,  beide 
Theorieen  übereinstimmende  Erklärungen  liefern. 

§  27.  Unmöglichkeit  anderer  Stmctnrtheorieen,  welche 
mit  regelmässigen  Molekelhaufen  operiren.  Diejenigen  Structur- 
theorieen,  welche  mit  lauter  gleichartigen  Molekeln  operiren, 
sei  es  dass  sie  congruent  oder  auch  spiegelbildlich  gleich  sind, 
haben  wir  im  vorstehenden  eingehend  dargestellt.  Es  er- 
übrigt^ den  Versuch  zu  machen,  ob  wir  dadurch  zu  neuen 
Theorieen  gelangen,  dass  wir  Molekelhaufen  zu  Grunde  legen, 
die  sich  aus  mehreren  verschiedenen  Molekelarten  aufbauen. 
Ein  solcher  Versuch  schlägt  fehl. 

Wir  definiren,  wie  nothwendig,  den  Symmetriecharacter 
eines  Molekelhaufens  wiederum  durch  die  Deckoperationen, 
die  ihn  in  sich  überführen,  resp.  durch  die  von  ihnen  gebildete 
Gruppe  r.  Merken  wir  zunächst  an,  dass  wir  im  Besitz  aller 
dieser  Gruppen  sind;  jede  von  ihnen  findet  sich  unter  denjenigen, 
die  wir  abgeleitet  haben.    Die  Deckoperationen   des  Molekel- 

1)  Die  drei  Tetartoedrien ,  welche  Wulff  innerhalb  des  regulären 
Systems  aufgestellt  hat,  unterscheiden  sich  nur  nach  der  Lage  des  Con- 
struetionspunktes  im  Fundamentalbereich.  Vgl.  Üeber  die  Existenz  ver- 
schiedener Tetaxtoedrien  im  regulären  System,  Zeitschr.  für  Kiystall. 
Bd.  13,  S.  276.  Ueber  das  Verhältniss  derartiger  Begriffsbestimmongen 
zu  den  gewöhnlichen  Principien  der  Systematik  tgl.  S.  319  nnd  S.  657 
dieser  Schrift. 


—     611     — 

haufeDS  sind  so  zu  verstehen;  dass  jede  Molekel  nur  in  gleich- 
artige Molekeln^  d.  h.  eongruente  resp.  spiegelbildlich  gleiche 
übergeht.     Es  seien 

a,     ß,    r  .  .  . 

die  verschiedenen  Molekeln,  oder  genauer  gesprochen  solche, 
die  nicht  mit  einander  zur  Deckung  gelangen.  Wir  fassen 
wieder  die  zur  Gruppe  F  gehörige  Raumtheilung,  resp.  ihren 
Fundamentalbereich  97  ins  Auge.  Derselbe  ist  dadurch  de- 
finirt,  dass  er  von  allen  verschieden werthigen  Punkten  des 
Raumes  in  seinem  Innern  je  einen  enthält;  es  muss  daher 
•auch  von  jeder  Molekelart  je  eine  in  ihm  liegen,  wir  können 
diese  Molekeln  geradezu   durch 

a,     ß,     y    .    ,    . 

bezeichnen.  Daraus  folgt,  auf  Grund  der  Untersuchungen 
von  §  17  ff.,  dass  der  ganze  Molekelhaufen  auf  die  Art  erzeugt 
werden  kann,  dass  diese  Molekeln  den  sämmtlichen  Deck- 
operationen der  Gruppe  F  unterworfen  werden. 

Ist  Je  der  Complex,  welcher  von  den  Molekeln  a,  /3,  y... 
gebildet  wird,  so  setzt  sich  der  gesammte  Molekelhaufen  aus 
lauter  solchen  gleichartigen  Complexen  Je  zusammen.  Nun 
haben  wir  oben  gesehen,  dass  für  die  allgemeinen  regel- 
mässigen Molekelhaufen,  die  sich  aus  der  Molekel  (i  durch 
die  Operationen  von  F  ergeben,  die  Molekelqualität  gänzlich 
unbestimmt  bleibt;  es  hindert  also  nichts,  anzunehmen,  dass  ft 
aus  einzelnen  Bestandtheilen  verschiedener  Art  besteht.  Diese 
Annahme  dürfte  sich  in,  den  allermeisten  Fällen  geradezu 
als  eine  Noth wendigkeit  herausstellen.  Mit  andern  Worten, 
wir  dürfen  festsetzen,  dass  wir  unter  der  Molekel  fi  die  Ge- 
sammtheit  aller  Körperelemente  verstehen  wollen,  welche  sich 
innerhalb  des  Fundamentalbereichs  befinden.  Von  diesem  Ge- 
sichtspunkt aus  bedeutet  es  aber  nur  öine  Differenz  im  Aus- 
druck, ob  wir  annehmen,  der  Molekelhaufen  sei  aus  einem 
einzigen  oder  aus  mehreren  verschiedenen  Bausteinen  auf- 
gebaut ;  durch  Einführung  mehrerer  Gonstructionselemente 
verschiedener  Art  können  daher  Molekelhaufen  von  neuer, 
sonst  nicht  vorhandener  Structur  nicht  auftreten.     Damit  ist 

89* 


—    612    — 

die  oben  ausgesprocliene  Behauptung  in   ihrem  ganzen  um- 
fange erwiesen.^) 

§  28.  Vergleich  der  Gittertheorie  Tind  der  reinen 
Struotiirtheorie.  Handelt  es  sich  darum  zu  prQfen,  welcher 
Theorie  der  Vorzug  zu  ertheilen  ist,  so  können  rerschiedene 
Gesichtspunkte  in  Frage  kommen.  Was  zunächst  die  Grund- 
gedanken betrifiFfc,  so  läuft  der  Kunstgriff,  den  Brayais  be- 
nutzte, darauf  hinaus,  den  Molekeln  dieselbe  Symmetrie  bei- 
zulegen, welche  der  Erystall  besitzt.  Er  stattet  die  kleinsten 
Theilchen  genau  mit  denjenigen  Eigenschaften  aus,  deren 
Vorkommen  erklärt  werden  soll;  ein  Verfahren,  das  häufig, 
angewendet  zu  werden  pflegt,  um  die  physikalischen  Erschei- 
nungen unserm  Verständniss  näher  zu  bringen  und  oftmals 
den  ersten  Versuch  in  dieser  Richtung  darstellt  Dem  gegen- 
über bedeutet  der  Wiener-Sohncke'sche  Grundgedanke,  in- 
dem er  zur  Erklärung  der  Symmetrie  die  Structur  allein  in's 
Auge  fasst,  und  die  Forderung  stellt,  hierfür  ganz  auf  die 
Qualität  der  Molekel  zu  verzichten,  einen  bedeutenden  er- 
kenntnisstheoretischen Fortschritt.  Die  an  diesen  Gedanken  an- 
schliessende Auffassung  ist  daher  durch  eine  grössere  Vertiefung 
des  Problems   und  ein  geringeres  Maass  von  Vorassetzungen 

1)  Solche  Systeme  sind  von  Barlow  znm  Zweck  der  Erklärung 
der  Erystalkymmetrie  angegeben  worden;  vgl.  Probable  nature  of  the 
internal  symmetry  of  crystala,  Natnre  Bd.  29,  S.  106  und  205,  sowie 
A  theory  of  the  connection  between  the  crystal  form  and  the  atom 
composition  of  chemical  Compounds,  Chem.  News,  Bd.  63,  S.  3  und  16. 
Eine  Yerallgemeinerong  dieser  Strueturen  bildet  die  Sohncke'Bche  Er- 
weiterung seiner  Theorie,  Zeitschr.  f.  Erystall.,  Bd.  14,  S.  426  ff.  Die- 
selbe lautet:  „Ein  Erystall  (unendlich  ausgedehnt  gedacht)  besteht  ans 
einer  endlichen  Anzahl  in  einander  gestellter  regelmässiger  Punkt- 
systeme, welche  sämmtlich  gleich  grosse  und  gleich  gerichtete  Deck- 
schiebungen  besitzen.**  Ueber  die  Tragweite  dieser  Formulirung  vgl. 
ausser  dem  obigen  Text 'noch  §  31  dieses  Gapitels.  Der  Mangel  der- 
selben beruht  darin,  dass  nicht  die  geometrisch  concipirten  Punkt- 
systeme das  eigentliche  Substrat  der  krystallographischen  Untersuchungen 
bilden,  sndern  die  wirklichen  Molekelhaufen,  und  zwar  macht  sich  dieser 
Mangel  besonders  dann  geltend,  wenn  man,  wie  vielfach  geschehen,  die 
krystallographische  Beziehung  der  Punktsysteme  zu  den  Molekeln  mehr 
oder  weniger  aus  den  Augen  verliert. 


—     613    -V 

ausgezeichnet.  Sie  besitzt  überdies  noch  einen  weiteren  Vorzug 
vor  der  Gittertheorie,  der  darin  besteht,  dass  sie  zu  sämmt- 
lichen  regelmässigen  Structuren  und  Molekelhaufen  führt, 
während  die  Gittertheorie,  wie  wir  auf  S.  598  erörtert  haben, 
nur  die  einfachsten  Arten  zu  Rathe  zieht.  Auch  dürfen  wir 
für  sie  das  von  Sohncke  ausgesprochene  Argument  anführen, 
dass  es  willkürlich  ist,  bei  allen  Erystallen  ohne  Ausnahme 
die  Structur  als  raumgitterartig  Torauszusetzen,  und  dies  um 
so  mehr,  als  andere  regelmässige  Structuren  in  der  Natur 
wirklich  vertreten  sind.  „Warum  sollte  z.  B.  nicht  diejenige 
Structur  möglich  und  sogar  wahrscheinlich  sein,  bei  der  die 
Molekelcentra  ein  Netz  von  regelmässigen  Sechsecken  bilden, 
wie  die  Bienenzellen;  und  doch  ist  eine  solche  Anordnung 
bei  Annahme  der  Raumgitterstructur  ausgeschlossen/' 

Diesen  Thatsachen  gegenüber,  welche  zu  Gunsten  der 
reinen  Structurtheorie  zu  sprechen  scheinen,  wollen  wir  aber 
nicht  verfehlen,  darauf  hinzuweisen,  dass  die  Bravais^sche 
Gittertheorie  ihrerseits  den  Vorzug  theoretischer  Einfachheit 
und  Anschaulichkeit  besitzt.  Vielleicht  wird  sich  im  Allge- 
meinen der  Krystallograph  zur  letzteren,  der  Mathematiker 
zur  ersteren  hingezogen  fühlen.  Das  letzte  Wort  kann  aller- 
dings nur  an  der  Hand  krystallographischer  Erfahrungen  ge- 
sprochen werden.  Es  genügt  nämlich  nicht,  wenn  der  Mo- 
lekelhaufen, welchef^  den  Erjstall  darzustellen  bestimmt  ist, 
die  Symmetrie  des  Erystalles  wiederspiegelt;  es  müssen  sich 
vielmehr  auch  die  sämmtlichen  physikalischen  resp.  cheipischen 
Eigenschaften  aus  seiner  Eigenart  erklären  lassen.  Dies  wird 
einerseits  von  der  Structur  des  Haufens,  andrerseits  von  der 
besonderen  Natur  der  Molekel  abhängen;  Structur  und  Mo- 
lekelqualität  müssen  daher,  soll  die  Theorie  wirklich  brauchbar 
sein,  zweckentsprechend  angenommen  werden  können.  Eine 
Theorie  wird  demnach  nur  dann  eigentlichen  krystallographi- 
sehen  Werth  beanspruchen  dürfen,  wenn  es  im  Rahmen  der- 
selben in  allen  Fällen  möglich  ist,  die  Structur  so  aus- 
zuwählen, und  Form«  und  Qualität  der  Molekeln  so  zu 
special isiren,  wie  es  durch  die  Natur  der  physikalischen  resp. 
chemischen  Erscheinungen  unbedingt  gefordert  wird. 


-   ei4   - 

§  29.  Dass  den  Molekeln,  welche  die  Bildner  der  Krystall- 
substanz  sind,  in  jedem  Fall  bestimmte  Qualitäten  zukommen, 
und  dass  in  ihnen  die  eigentliche  Ursache  für  das  Zusammen- 
treten zu  dieser  oder  jener  Strueturform  zu  erblicken  ist,  ist 
evident.  Die  mathematischen  Erörterungen  der  Structurtheorie 
haben  bisher  davon  abgesehen,  das  hierin  eingeschlossene 
mechanische  Problem  zu  lösen  und  auf  Grund  der  Ausgangs- 
hypothese die  Entstehung  der  Erystallmasse  physikalisch  zu 
erklären.  Sind  die  hiermit  aufgeworfenen  Fragen  augenschein- 
lich auch  diejenigen,  deren  Untersuchung  der  Theorie  erst 
einen  physikalischen  Werth  zu  sichern  im  Stande  ist,  so  ist 
doch  einleuchtend,  dass  der  Natur  der  Sache  nach  zuerst 
genau  festgestellt  werden  muss,  welche  speciellen  Annahmen 
über  die  Molekelqualität  jede  einzelne  Theorie  implicite  ent- 
hält, ehe  man  versuchen  mag,  das  weitere  Ziel,  nämlich  die 
mechanische  Begründung  der  Structur  zu  erreichen.  Dies  ist 
einer  der  Gesichtspunkte,  von  welchen  aus  die  Darstellung 
des  vorliegenden  Werkes  Anordnung  und  Gestalt  erhalten' 
hat.  Die  Absicht  war,  die  vorstehend  präcisirte  mathema- 
tische Seite  der  Theorie  abschliessend  zu  bearbeiten.  Zu 
diesem  Zweck  haben  die  einschlägigen  Verhältnisse  diejenige 
eingehende  Prüfung  erfahren,  welche  noth wendig  schien,  um 
alle  hiermit  zusammenhängenden  Fragen  unzweideutig  zu 
beantworten.  Allerdings  bedurfte  es  hierfür  ziemlich  umfang- 
reicher mathematischer  Voruntersuchungen,  im  besondem  der- 
jenigen, welche  den  Isomorphismus  der  Punkigruppen  und 
Raumgruppen  betreffen;  sie  sind  es  eigentlich,  welche  die  ge- 
wünschte Antwort  auf  alle  den  Symmetriecharacter  der  Mo- 
lekelhaufen betreffenden  Fragen  ermöglichen.  Es  genügt  nicht, 
sich  durch  Gonstruction  gewisser  Punktsysteme  oder  Molekel- 
haufen ein  geometrisches  Abbild  der  molekularen  Beschaffenheit  der 
Kry stalle  zu  verschaffen;  erst  eine  zwingende  Darstellung  der 
Symmetrieverhältnisse  in  exacter  mathematischer  Form  kann  der 
Theorie  denjenigen  Abschluss  geben,  welcher  erforderlich  ist,  um 
über  ihre  Zulänglichkeit  resp.  ihren  Werth  endgiltigzu  uriheilen. 

Von  physikalischen  Fragen  sind  eingehender  besonders  die- 
jenigen an  der  Hand  der  Structurtheorie  behandelt  worden,  welche 


-     615     - 

sich  auf  die  Lage  der  Spaltungsebenen  und  der  Krjstallflächen 
beziehen.  Für  sie  wird  das  bereits  von  Bravais  ausgesprochene 
Princip  zu  Grunde  gelegt,  dass  jede  Ebene,  welche  unendlich  viele 
Punkte  des  bezüglichen  Punktsystems  enthält,  die  Eichtung  einer 
möglichen  Erystallfl&che ,  resp.  Spaltungsebene  darstellen  kann 
(vgl.  Etudes  cristallographiques,  S.  167).  Ueber  die  besonderen 
Bedingungen,  unter  denen  sich  diese  Ebenen  am  leichtesten  aus- 
bilden, sind  von  Bravais  und  Sohncke  verschiedene  Annahmen 
gemacht  worden;  vgl.  Sohncke,  Ueber  Spaltungsflachen  und  natür- 
liche Krjstallflächen  (Zeitschr.  f.  Kryst.  Bd.  13,  S.  214).  Vgl.  über 
diese  Fragen  auch  Mallard,  trait6  de  cristallographie,  Bd.  I, 
S.  302  ff.,  sowie  die  folgenden  Abhandlungen:  Haag,  Die  regu- 
lären Krystallkörper  (Programm  des  Gynmasiums  zu  Bottweil,  1887) 
und  Anordnung  der  Massenpunkte  in  den  Flächen  regulärer  Kry- 
stalle  (Zeitschr.  f.  Krystall.,  Bd.  15,  8.  585),  endlich  L.Wulff,  Bei- 
träge zur  Krystallstructurtheorie  (Zeitschr.  f.  Krystall.,  Bd.  15,  S.  366). 

Man  hat  auch  bereits  angefangen,  für  gewisse  Substanzen  die- 
jenigen Punktsysteme  resp.  Molekelhaufen  anzugeben,  deren  Structnr 
sich  zur  Erklärung  ihres  physikalischen  Verhaltens  am  meisten 
eignet.  Das  Verdienst,  hierin  vorangegangen  zu  sein,  gebührt 
Sohncke;  in  der  eben  genannten  Abhandlnng  (S.  230)  wird  dem 
Quarz  die  Structur  desjeuigens  Molekelhaufens  zugewiesen,  welcher 
der  Gruppe  ^^^  entspricht.  Wegen  der  Circularpolarisation  des 
Quarzes  liegt  es  nämlich  nahe,  sich  vorzustellen,  dass  er  Schrauben- 
structur  aufweist;  Banmgruppen  mit  Schraubenstructur  von  der  für 
den  Quarz  characteristischen  Symmetrie  der  Gruppe  D^  giebt  es 
aber  nur  je  zwei  verschiedene  Typen,  nämlich  3)3*  und  2)3*  einer- 
seits, und  3)s^  und  2)3^  andrerseits;  von  ihnen  haben  beide  Ginippen 
desselben  Typus  verschiedenen  Windungssinn,  was  dem  entspricht, 
dass  sie  rechtsdrehende  und  linksdrehende  Quarze  darstellen  würden. 
Nun  sind  nach  Sohncke  die  Gruppen  2)3'  und  3)3*  zu  verwerfen, 
also  bleiben  nur  die  andern  als  zulässige  Gruppen  übrig.  Dass  nur 
die  hier  genannten  Gruppen  für  den  Quarz  in  Frage  kommen 
können,  war  schon  in  der  Theorie  der  Erystallstructur  S.  244  er- 
wähnt worden. 

In  neuester  Zeit  hat  sich  auch  Fedorow  mit  der  Zuweisung 
von  gewissen  Baumgruppen  an  bestimmte  Erystalle  beschäftigt, 
und  zwar  in  erster  Linie  zu  dem  Zweck,  die  viel  erörterten  ano- 
malen optischen  Erscheinungen  zu  erklären.  (Vgl.  hierüber  einen 
in  den  Verhandlungen  der  Petersburger  mineralogischen  Gesellsch. 
December  1890  in  russischer  Sprache  erschienenen  Aufsatz.)  Da- 
nach werden  dem  Lcucit,  Boracit,  Ferowskit  bei  hoher  Temperatur 
die  Raumgnippen  Da*,  Zdi  %h  des  regulären  Systems  zugetheilt, 
während  sie  bei  gewöhnlicher  Temperatur  durch  die  Gruppen  %^i^ 


—    616    — 

und  SSd*  des  tetragonalen  Systems,  resp.  durch  die  Gruppe  SS**  des 
rhombischen  Systems  darzustellen  sind. 

Schliesslich  möge  für  die  krystallographische  Erörterung  der 
molekularen  Structurtheorieen  noch  auf  die  Groth'sche  Rede  über 
die  Molekularbeschaffenheit  der  Erystalle  hingewiesen  werden 
(München,  1888). 

§  30.  Die  vorstehenden  Erörterungen  legen  es  nahe, 
zum  Schluss  ßine  kurze  Skizze  der  beiden  Theorieen  folgen 
zu  lassen^  die  im  besondern  auch  die  Beschaffenheit  der  con- 
stituirenden  Molekeln  in's  Auge  fassi  Bemerken  wir  zunächst, 
dass  für  die  Molekel  in  letzter  Linie  nur  ihre  physikalische 
Wirkungsweise,  resp.  das  sie  regelnde  Gesetz  in  Frage  kommt, 
so  dass,  wenn  von  der  Symmetrie  der  Molekeln  die  Rede  ist, 
darunter  die  symmetrische  Art  ihres  physikalischen  Verhaltens 
zu  verstehen  ist,  so  erhalten  wir  folgende  Darstellungen: 

I.  Die  Gittertheorie.  Sie  setzt  voraus,  dass  für  jeden 
Erystall  die  Molekeln  raumgitterartig  angeordnet  sind.  Alle 
Molekeln,  aus  denen  der  Erystall  sich  aufbaut,  sind  einander 
congruent.  Jede  Molekel  ist  mit  Symmetrie  begabt,  im  übrigen 
aber  beliebig;  und  zwar  entspricht  ihre  Symmetrie  genau  der 
Symmetrie  des  Erystalls.  Die  Symmetrie  des  Molekelhaufens 
beruht  nur  zum  Theil  auf  der  Structur,  zum  andern  Theil 
auf  der  Symmetrie  der  Molekel.  Dies  gilt  für  jede  mögliche 
Erystallclasse. 

IL  Die  Structurtheorie:  Sie  bedarf  keinerlei  An- 
nahmen über  die  Qualität  der  Molekeln,  die  physikalische 
Wirkungsweise  derselben  unterliegt  keinerlei  wesentlicher  Be- 
schränkung.^) Dagegen  nimmt  sie  an,  dass  die  Molekeln  in 
zwei  verschiedene  Arten  zerfallen,  so  dass  die  der  einen  Art 
denen  der  andern  Art  spiegelbildlich  gleich  sind.  Aus 'ihnen 
sind  die  Erystalle  zu  gleichen  Theilen  aufgebaat,  mit  Aus- 
nahme derjenigen,  welche  nur  Symmetrieaxen  besitzen,  die 
also  in  enantiomorphen  Gestalten  auftreten  können.  Diese 
bestehen  aus  lauter  unter  sich  congruenten  Molekeln.  Von 
zwei  enantiomorphen  Ery  stallen  wird  der  eine  allein  von  Mo- 
lekeln der  einen  Art,   der  andere    von  Molekeln   der  andern 


1)  Vgl.  die  Anmerkung  zu  S.  607. 


—    617     — 

Art  gebildet  Die  Symmetrie  des  Molekelhaufens  beruht  für 
alle  Krystallclassen  allein  auf  der  Structur.^) 

Uebrigens  ist  zu  bemerken ,  dass  die  Gittertheorie  zum 
Aufbau  zweier  euantiomorphen  Krystalle  in  derselben  Weise 
Molekeln  von  zweierlei  Typus  verwenden  muss,  wie  die  eigent- 
liche Structurtheorie. 

Wir  können  uns  daher,  was  die  oben  (S.  612)  aufgestellte 
Forderung  anlangt,  schliesslich  folg^ndermassen  aussprechen. 
Da  bei  der  eigentlichen  Structurtheorie  die  Symmetrie  ihre 
Erklärung  einzig  und  allein  in  der  Structur  findet,  während 
im  Gegensatz  hierzu  für  jede  specielle  physikalische  oder 
chemische  Eigenschaft  des  Krystalles  die  Qualität  der  Molekel 
vollständig  zur  Disposition  steht,  so  ist  die  bezügliche  For- 
derung für  diese  Theorie  augenscheinlich  stets  erfüllt  Für 
die  Gittertheorie  braucht  dies  jedoch  an  und  für  sich  nicht 
immer  der  Fall  zu  sein.  Ob  allerdings  bereits  physikalische 
Thatsachen  vorliegen,  welche  sich  nicht  mehr  auf  Grund  der 
Bravais 'sehen  Hypothese  erklären  lassen .  und  daher  mit 
Nothwendigkeit  zwingen,  die  reine  Structurtheorie  zu  accep- 
tiren,  darüber  dürfte  zur  Zeit  ein  abschliessendes  Urtheil  noch 
nicht  möglich  sein. 

§  31.  Sohncke's  erweiterte  Theorie.  Wir  haben  be- 
reits in  §  21  gesehen,  dass  bei  der  ursprünglichen  Sohn ck er- 
sehen Theorie  die  Symmetrie  nicht  für  alle  Krystalle  aus- 
schliesslich auf  der  Structur  beruht,  dass  vielmehr  zur 
Erzeugung  der  Molekelhaufen,  welche  auch  Symmetrieeigen- 
schaften zweiter  Art  besitzen,  symmetrische  Molekeln  benutzt 
werden.  Die  Symmetrie  der  Molekel  besteht  entweder  in  der 
Existenz  einer  Symmetrieebene,  oder  eines  Symmetriecentrums; 
der  erzeugende  Constructionspunkt  M  wird  nämlich  immer  in 
diejenige  Symmetrieebene,  resp.  in  dasjenige  Symmetriecentrum 
gelegt,  durch  welches  aus  der  Bewegungsgruppe  F  in  der  in 

1)  Die  von  Baumhaner  ausgesprochene  Ansicht,  dass  jeder  holo- 
edrische Erystall  als  eine  Art  von  Zwilling  zn  betrachten  sei,  stimmt 
im  Princip  mit  den  Anschanangen  der  reinen  Structartheorie  überein. 
Vgl.  ZeitBchr.  f.  Kryst.,  Bd.  17. 


—    618    — 

den  früheren  Capiteln  angegebenen  Weise  die  Gruppe  höherer 
Symmetrie  F^  erzeugt  wird. 

Gegen  diese  Methode  ist  von  L.  Wulff  der  Einwand  er- 
hoben worden,  dass  sie  uns  im  Fall  der  paramorphen  Hemi- 
edrie  des  rhomboedrischen  Systems  (resp.  der  rhomboedrischen 
Tetartoedrie  des  hexagonalen  Systems)  im  Stiche  lässt.  Dies 
ist  jedoch  nur  scheinbar  ein  berechtigter  Einwand.^)  Diese 
Hemiedrie  entspricht  nämlich  der  Gruppe  Q',  welche  durch 
Multiplicatiou  der  Gruppe  C^  mit  der  luversion  3  entsteht. 
Die  ihr  isomorphen  Baum'gruppeu  sind  die  Gruppen  (Ss,»^ 
und  ©3,  ,-^5  jede  derselben  ergiebt  sich  durch  Multiplicatiou 
einer  Gruppe  ©3  mit  einem  Symmetriecentrum ,  die  eine  aus 
63^,  die  andere  aus  (£3^  Um  die  Begriffe  zu  fixiren,  fassen 
wir  die  Gruppe  ©3^  in's  Auge.  Das  Symmetriecentrum  kann 
(vgl.  Fig.  60  auf  S.  461),  wie  Cap.  IX,  §  5  nachgewiesen,  in 
die  dreizählige  Axe  a  gelegt  werden;  wir  haben  aber  a.  a.  0. 
gezeigt,  dass  auch  zwischen  zwei  Axen  b  und  c  je  ein  Sym- 
metriecentrum fallt.  Legt  man  daher  den  erzeugenden  Con- 
structionspunkt  M  in  die  Mitte  zwischen  B  und  C  und  unter- 
wirft den  Punkt  M  den  Operationen  der  Gruppe  ^\  so  ergiebt 
sich  ein  Punktsystem,  für  welches  nicht  allein  die  Operationen 
der  Gruppe  63^,  sondern  vielmehr  diejenigen  der  Gruppe  ©3.,-^ 
die  zugehörigen  Deckoperationen  sind.  Keiner  der  Punkte  des 
Systems  fallt  in  eine  Drehungsaxe,  die  durch  den  Punkt  M 
repräsentirte  Molekel  (i  unterliegt  daher  nur  der  Bedingung, 
centrische  Symmetrie  anzunehmen,  entsprechend  den  andern 
S oh ncke' sehen  Punktsystemen  mit  Symmetrieeigenschaften 
zweiter  Art. 

In  Folge  des  Wulffschen  Einwandes  hat  Sohncke 
seine  Theorie  in  der  Richtung  erweitert,  statt  eines  erzeugen- 
den Constructionspunktes  n  verschiedene  krystallographisch 
nicht  gleichwerthige  Ausgangspunkte  anzunehmen.  Wenn  wir 
die  Erweiterung  dahin  präcisiren,  0wei  Constructionspunkte, 
resp.  zwei  geeignete  Ausgangsmolekeln  in  geeigneter  Lage 
anzunehmen,  so  lässt  sich  zeigen,  dass  man  mit  der  so  er- 


1)  Vgl.  S.  621. 


—    619    — 

weiterten  Theorie  wirklich  zu  allen  überhaupt  möglichen 
Strueturen  gelangen  muss.  Es  ist  leicht,  die  Richtigkeit  dieser 
Behauptung  zu  bestätigen.  Beachten  wir,  dass  die  Raum- 
gruppen, mit  welchen  die  Sohncke'sche  Theorie  operirt,  nur 
die  Bewegungsgruppen  sind,  und  fassen  zunächst  die  oben  be- 
trachteten Molekelhaufen  in's  Auge,  die  aus  einer  Bewegungs- 
gruppe F  mittelst  des  in  besonderer  Lage  befindlichen  Punktes  Jf 
abgeleitet  sind.  Werden  statt  des  Punktes  M  zwei  verschiedene 
Punkt«  M'  und  M"  benutzt,  die  symmetrisch  zu  demjenigen 
Symmetrieelement  liegen^  mit  welchem  M  zusammenfallt,  so 
zerfallt  dadurch  die  durch  M  yertretene  symmetrische  Molekel  n 
in  zwei  Molekeln  (i  und  (i",  die  einander  spiegelbildlich  gleich 
sind;  der  zugehörige  Molekelhaufen  kann  daher  auch  aus  einer 
der  beiden  Molekeln  durch  alle  Operationen  derjenigen  Gruppe 
Fl  erzeugt  werden,  welche  aus  der  Bewegungsgruppe  F  durch 
Multiplication  mit  dem  bezQglichen  Symmetrieelement  hervor- 
geht. Beispielsweise  sind  in  dem  oben  betrachteten  Fall  der 
Gruppe  @s^  die  beiden  Molekeln  ^i  und  ii'  so  zu  legen,  dass 
ihre  Verbindungslinie  durch  die  Mitte  von  BC  geht  und  in 
diesem  Punkt  halbirt  wird;  alsdann  entsteht  der  bezügliche 
Molekelhaufen  sowohl  aus  der  einen  Molekel  fi  mittelst  der 
Operationen  von  63,1^,  als  auch  aus  [i  und  ft"  mittelst  der 
Operationen  von  6g\  Jeder  Punkt,  in  welchen  der  Mittel- 
punkt M  des  Molekelpaares  fi'  und  11"  gelangt,  ist  ein 
Symmetriecentrum  des  gesammten  Molekelhaufens. 

Aehnliche  Verhältnisse  greifen  bei  denjenigen  Molekel- 
haufen Platz,  für  welche  die  erzeugende  Gruppe  keine  ein- 
fache Operation  zweiter  Art  enthält,  d.  h.  weder  eine  Spiege- 
lung, noch  eine  Inversion.  Es  ist  das  zweckmässigste,  die 
bezügliche  Betrachtung  an  ein  Beispiel  anzuknüpfen.  Liegt 
z.  B.  die  Gruppe  S«,/  vor,  welche  aus  ©3*  durch  Multiplication 
mit  der  Operation  ©«(t)  entsteht,  und  ist  fi  die  Constructions- 
molekel  und  ^i'  diejenige,  welche  aus  (i  durch  die  Operation 
@«(t)  entsteht,  so  ergeben  sich  alle  mit  [i  congruenten  Mo- 
lekeln, wenn  (i  den  Bewegungen  von  (£3^  unterworfen  wird, 
und  auf  dieselbe  Weise  entstehen  die  mit  /i"  congruenten 
Molekeln.   Der  von  den  Molekeln  f*'  und  fi'  gebildete  Molekel- 


—     620    — 

häufen  kann  daher  -wiederum  auf  zwei  verschiedene  Arten 
erzeugt  werden,  entweder  aus  der  Molekel  [i  mittelst  der 
Gruppe  63,/;  oder  aber  aus  den  beiden  Molekeln  ft'  und  ft" 
mit  Hilfe  der  Gruppe  ©3^  Welche  Erzeugung  resp.  welche 
Auffassung  des  Molekelhaufeus  aber  auch  zu  Grunde  gelegt 
wird;  so  kann  doch,  wie  nochmals  ausdrücklich  bemerkt  wer- 
den möge,  die  Symmetrie  desselben  dadurch  nicht  modificirt 
werden. 

Den  Yorstehenden  Betrachtuugen  ist  Sohncke  bei  der 
Construction  des  Molekelhaufeus  für  die  oben  genannte  Kry- 
stallclasse  ebenfalls  gefolgt.  Doch  hat  er  nicht  erkannt,  dass 
es  ausreicht,  die  erweiterte  Theorie  auf  diejenigen  Fälle  zu 
beschränken,  die  wir  im  vorstehenden  besprochen  haben,  und 
dass  es  sich  in  allen  diesen  Fällen  darum  handelt,  zwei 
spiegelbildlich  gleiche  Molekeln  in  geeigneter  Lage  zur  Con- 
struction zu  verwenden.^)  Es  ist  dies  darin  begründet,  dass 
die  oben  (S.  599)  als  nothwendig  erkannte  Untersuchung  des 
Symmetriecharacters  der  bezüglichen  Molekelhaufen  von  ihm 
nicht  für  alle  Fälle  principiell  erledigt  wurde.  Andrerseits 
hat  aber  auch  eine  irrthümliche  Auffassung  der  Bedeutung 
des  n-Punktners  für  die  Symmetrie  des  Molekelhaufens  hierzu 
beigetragen. 

Die  Verwendung  der  n- Punktner  hat  nämlich  in  den 
meisten  Fällen  gar  nicht  den  Zweck,  die  Symmetrie  des  Mo- 
lekelhaufens positiv  zu  beeinflussen,  sie  dient  vielmehr  dazu, 
Molekeln  anzudeuten,  die  gewisse  Eigenschaften  nicht  besitzen.^) 
Dies  findet  z.  B.  bei  solchen  Punktsystemen  statt,  welche  nur 
Drehungsaxen  einer  einzigen  Richtung  besitzen,  deren  Gruppen  F 
also  durch  Multiplication  einer  Gruppe  Gn  mit  einer  geeigneten 
Translationsgruppe  entstehen.  Eine  solche  Gruppe  ist  z.  B. 
die  Gruppe  (^4^,  welche  nur  vierzählige  und  zweizählige  Dre- 
hungsaxen  enthält.    Für  die  aus  ihr  abgeleiteten  Punktsysteme 


1)  Welche  Lagen  hierfür  nothwendig  und  hinreichend  sind,  wird 
eben  darch  die  Aufstellung  aller  überhaupt  möglichen  Banmgrappen 
angegeben.    Vgl.  noch  S.  625. 

2)  Vgl.  Erweiterung  der  Theorie  der  Erystallstmctur.  Zeitschr.  f. 
Krystall.,  Bd.  U,  S.  435  ff. 


-     621     - 

giebt  es  Symmetrieebenen  senkrecht  zur  Axenrichtung,  was 
daraus  ersichtlich  ist,  dass  sowohl  die  Gruppe  Cj^y  wie  auch 
die  Translationsgruppe  und  der  Punkt  durch  Spiegelung  an 
diesen  Ebenen  in  sich  übergeht^)  Jede  Netzebene  ist  eine 
solche  Symmetrieebene,  aber  natürlich  nur  so  lange,  als  wir 
mit  wirklichen  Punkten  operiren;  der  Moleicelhaufeny  der  mit 
beliebigen  Molekeln  gebildet  ist,  besitzt  diese  Symmetrieebenen 
im  Allgemeinen  nicht,  um  nun  ein  Punktsystem  zu  erhalten, 
welches  ebenfalls  von  der  genannten  Symmetrie  frei  wird, 
verwendet  Sohncke  einen  Zweipunktner  als  !Eilement  des  Auf- 
baues*), und  zwar  einen  solchen,  der  nicht  symmetrisch  zu 
einer  Hauptebene  liegt.  Es  ist  aber  evident,  dass  der  Zwei- 
punktner  der  Molekel,  die  er  vertritt,  keine  positive  Qualität 
auferlegt;  er  soll  vielmehr  nur  ausdrücken,  dass  ihr  eine  ge- 
wisse Qualität  nicht  zukommen  darf.  Die  hierdurch  skizzirte 
Benutzung  von  n-Punktnern  ist  daher,  sobald  man  festhält, 
dass  der  Punkt  eine  beliebige  Molekel  andeuten  soll,  über- 
flüssig; sie  konnte  nur  deshalb  als  nothwendig  erscheinen, 
weil  man  nicht  beachtete,  dass,  wenn  die  den  Punktsystemen 
zugehörige  Symmetrie  stillschweigend  auch  den  Molekelhaufen 
beigelegt  wird,  die  Molekel  dadurch  aufhört,  ein  von  Sym- 
metrieeigenschaften freier  Körper  zu  sein. 

Hiernach  wird  es  nun  deutlich,  wie  der  Wulff  sehe  Ein- 
wand entstanden  ist.  Es  ist  nämlich  klar,  dass  das  Ptmht- 
System,  welches  aus  der  oben  angenommenen  Molekel  M  durch 
die  Gruppe  63^  hervorgeht,  in  der  Netzebene,  welche  M  ent- 
hält, eine  Symmetrieebene  besitzt,  so  dass  die  Symmetrie  des 
Punktsystems  nicht  durch  die  Gruppe  ^s,i\  sondern,  wie  leicht 
ersichtlich,  durch  die  Gruppe  Ee,*^  dargestellt  wird.    Für  den- 


1)  Hierauf,  sowie  auf  die  Schwierigkeit,  die  daraus  beim  Operiren 
mit  Punktsystemen  erwächst,  hat  Sohncke  bereits  in  der  Theorie  der 
Erystallstructnr  mehrfach  hingewiesen;  vgl.  z.  B.  das  Capitel  über  hemi- 
morphe  Krystalle,  S.  199  £f. 

2)  Vgl.  a.  a.  0.  8.  435  £F.  Es  ist  klar,  dass  die  mit  Zweipunktnem 
gebildeten  Punktsysteme  als  geometrische  Gebilde  wirklich  die  Sym- 
metrie besitzen,  die  den  bezüglichen  hemimorphen  Erystallclassen  ent- 
spricht. 


-     622     — 

jenigen  aus  6^3^  entstehenden  Molekelhaufen  dagegen^  dessen 
Ausgangsmolekel  fi  nur  Punktsymmetrie  besitzt,  ist  dies  nicht 
der  Fall*,  bei  beliebiger  Lage  von  /x  können  ihm  die  Deck- 
operationen der  Gruppe  Ee,*^  nicht  zukommen. 

Der  erste  Versuch,  eine  consequente  Theorie  auszugestalten, 
welche  die  Symmetrie  der  Structur  ausschliesslich  durch  die  Structur 
begründet,  ist  in  der  vielfach  genannten  Schrift  von  Sohncke, 
Theorie  der  Krystallstructar,  1879,  enthalten.  Auf  die  zur  Con- 
struction  derselben  benutzten  regelmässigen  Punktsysteme  hatte 
schon  vorher  Chr.  Wiener  in  dem  Werke:  Grundzüge  der  Welt- 
ordnung, 1868,  Bd.  1,  S.  82  ff.  hingewiesen.  Die  Nothwendigkeit, 
die  Sohncke'sche  Theorie  so  auszubilden,  wie  es  durch  die  reine 
Structurtheorie  im  engeren  Sinn  geschieht,  wurde  wohl  zuerst  von 
C.  E.  Pedorow  betont.  Dem  Verfasser  dieser  Schrift  gegenüber 
wurde  der  bezügliche  Gedanke  gesprächsweise  von  F.  Klein  erörtert. 
Eine  dem  entsprechende  Darstellung  der  einschlägigen  Fragen  ist 
in  den  Göttinger  Nachrichten  enthalten,  vgl.  Beitrag  zur  Theorie 
der  Krystallstructur,  1888,  S.  483,  sowie  Ueber  das  gegenseitige 
Verhältniss  der  Theorieen  über  die  Structur  der  Krystalle,  1890. 
Vgl.  ferner  eine  Arbeit  von  Blasius,  Ueber  die  Beziehungen 
zwischen  den  Theorieen  der  Krystallstructur,  Ber.  d.  phys.  math. 
Classe  der  Münch.  Ak.,  1889,  Bd.  19,  S.  47,  die  jedoch  nicht  frei 
von  Mängeln  ist. 

Für  die  mathematischen  Untersuchungen  vgl.  man  C.  Jordan, 
Sur  les  groupes  de  mouvements,  Ann.  di  mat.,  Serie  2^  Bd.  2 
(1869),  sowie  die  in  Bd.  28,  29,  34  der  math.  Ann. , erschienenen 
Arbeiten  des  Verfassers.  In  der  letzteren  fehlen,  wie  Fedorow 
bemerkt  hat,  die  Gruppen  S/,  S/  und  I/,  während  die  Gruppe  SS/ 
doppelt  gezählt  ist. 

Eine  Schrift  von  Fedofow,  welche  eine  vollständige  Ab- 
leitung aller  Eaumgruppen  und  ihre  Beziehung  zur  Krystallsym- 
metrie  enthält,  ist  1890  unter  dem  Titel:  „Symmetrie  der  regel- 
mässigen Systeme  von  Figuren"  in  russischer  Sprache  erschienen. 

§  32.  Die  Mallard*8chen  Strueturformen.  Zum  Schluss 
gehen  wir  auf  diejenigen  Anschauungen  etwas  näher  ein^ 
welche  Mallard  zur  Erklärung  der  optischen  Anomalieen 
und  des  bei  vielen  krystallisirenden  Substanzen  auftretenden 
Dimorphismus  resp.  Polymorphismus  aufgestellt   hat.^)     Wir 

1)  £xplication  des  pb^aomenea  optiqnes  anomaux.  Annales  des 
Mines,  Bd.  10,  S.  60  ff.  (1876),  sowie:  Sur  les  propri^täs  optiquee  des 
mölanges  cristallins  de  substances  isomorphes.  Ebd.  Bd.  19,  S.256  ff.  1881. 


—     623     - 

behandeln  sie  nur  ans  dem  Grande  erst  an  dieser  Stelle,  weil 
die  Mallard'sche  Hypothese  die  Forderung  der  regelmässigen  An- 
ordnung fallen  lässt;  manche  der  Mallard^schen  Structuren 
stimmen  allerdings  doch  wiederum  mit  regelmässigen  Molekel- 
haufen allgemeinster  Art  überein. 

Die  Mallard'schen  Vorstellungen  knüpfen  an  die  Bra- 
vais'sche  Theorie  an.  Von  denjenigen  Krystallen,  denen  man 
eine  Grenzform  zuschreibt,  nimmt  man  bekanntlich  an  (S.317), 
dass  fQr  ihren  Aufbau  ein  Gitter  höherer  Symmetrie  mit  einer 
Molekel  niederer  Symmetrie  zur  Verwendung  gelangt.  Diese 
Grenzformen  sind  es,  welche  den  Ausgangspunkt  der  Mallard'- 
schen Untersuchungen  ausmachen. 

um  die  BegriflFe  zu  fixiren,  denken  wir  uns  einen  „pseudo- 
regulären" Krystall,  d.  h.  einen  solchen,  dessen  geometrischer 
Character  auf  das  reguläre  System  hinweist,  während  seine 
physikalische  Symmetrie  seine  Zuweisung  zu  einem  niederen 
System,  beispielsweise  zum  triklinen  verlangt,  allerdings  mit 
der  Massgabe,  dass  auch  das  physikalische  Verhalten  nur 
wenig  von  dem  Character  des  regulären  Systems  abweicht. 
Zum  Aufbau  dieses  Erystalles  benutzt  Mallard^)  ein  Gitter 
des  regulären  Systems  und  eine  Molekel,  die  zwar  unsymme- 
trisch ist,  aber  in  ihrer  Qualität  doch  einem  regulären  Poly- 
eder sehr  nahe  kommt,  und  die  wir  uns  zweckmässig  als  ein 
deformirtes  reguläres  Polyeder  (Würfel,  Octaeder  u.  s.  w.)  vor- 
stellen können.  Diese  Molekel  wird  bei  der  Drehung  um  die 
Symmetrieaxen  des  Gitters  nicht  mehr  mit  sich  zur  Deckung 
gelangen;  doch  lässt  sich  behaupten,  dass  sich  ihre  so  erhal- 
tenen Lagen  nur  wenig  von  einander  unterscheiden,  und  das- 
selbe ist  der  Fall,  wenn  eine  Spiegelung  gegen  eine  Sym- 
metrieebene des  Gitters  eintritt.  Wir  erhalten  auf  diese  Weise 
im  Ganzen  48  verschieden  orieniirte  Molekeln*),  und  alle  diese 
Molekeln  können,  wie  Mallard  annimmt,  in  einem  und  dem- 
selben  Molekelhaufen    als   Krystallbausteine    auftreten.     Das 

1)  a.  a.  0.  Bd.  10,  S.  162  ff. 

2)  Mallard  operirt  allerdings  nur  mit  denjenigen  12  verschieden 
orientirtcu  Molekeln,  welche  sich  durch  die  Drehungen  der  Tetraeder- 
gruppe  ergeben. 


-     624    — 

Gesetz  ihrer  Yertheilung  kann  die  mannigfachsten  Formen 
annehmen.  Es  kann  einesseits  vorkommen,  dass  überein- 
stimmend mit  der  Anschauung  der  Bravais'schen  Theorie  jede 
dieser  48  Molekeln  einen  besonderen  Erystall  bildet;  es  kann 
aber  auch  vorkommen,  dass  ein  einheitlicher  Erystall  ein 
mehr  oder  weniger  inniges  Gemisch  obiger  48  verschiedenen 
Erystalle  darstellt  und  dadurch  entsteht,  dass  sich  die  letz- 
teren mehr  oder  weniger  regelmässig  in  kleineren  oder  grosse- 
ren Bestandtheilen  neben  einander  lagern.^) 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  hier  von  einem  regel- 
mässigen Aufbau  der  Erystallmasse  nicht  mehr  die  Bede  sein 
kann.  Andrerseits  ist  aber  klar,  dass  die  so  construirte  Ery- 
Stallsubstanz  dasjenige  dem  regulären  System  nahekommende 
physikalische  Verhalten  zeigen  wird,  welches  dem  bezüglichen 
Erystall  eigen  ist;  denn  dies  trifft  augenscheinlich  für  jede 
der  kleinen  Partikeln  zu,  aus  denen  sich  der  Erystall  zu- 
sammensetzt 

Für  die  Art,  in  welcher  die  48  Individuen  einander  durch- 
dringen, lässt  Mallard  die  verschiedensten  Möglichkeiten  und 
graduellen  Unterschiede  zu.  Da  erhebt  sich  sofort  die  theo- 
retische Frage,  in  welchen  Fällen  sich  regelmässige  Gruppi- 
rungen  einstellen,  resp.  wann  ein  regelmässiger  Molekelhaufen 
allgemeiner  Strudur  entstehen  kann.  Diese  Frage  hat  um  so 
mehr  Interesse,  als  Mallard  selbst  derartige  Molekelhaufen 
zur  Erklärung  gewisser  optischer  Erscheinungen  benutzt  hat, 
und  dies  auch  für  den  Fall,  dass  die  Molekel  von  beliebiger 
Qualität  vorausgesetzt  wird.  Es  ergiebt  sich  zunächst,  dass 
alle  Bausteine  von  derselben  Orientirung  für  sich  ein  Gitter 
bilden  müssen;  andrerseits  folgt  aber  auch  aus  Satz  XVI  un- 
mittelbar, dass  der  bezügliche  Molekelhaufen  unter  dieser 
Bedingung  stets  den  Character  der  Begelmässigkeit  besitzt. 
Nun  können  noch  zwei  verschiedene  Fälle  eintreten.  Im  all- 
gemeinen, d.  h.  bei  beliebiger  Lage  der  Gitter  zu  einander. 


1)  .  .  .  les  doaze  cristaux  B'emboltant  ensuite  Tim  dans  Taatre, 
plus  ou  moins  r^guliärement  de  maniäre  ä  figurer  ext^rienrement  an 
cristal  nnique  (S.  163). 


-    625    - 

wird  der  Molekelhaufen  unter  diejenigen  fallen  ^  die  wir  oben 
betrachtet  haben;  alsdann  liegen  in  jedem  primitiven  Parallel- 
epipedon  des  bezüglichen  Raumgitters  die  gleichen  48  Molekeln 
und  stellen  geradezu  die  Gesammtmolekel  eines  Molekelgitters 
vor.^)  Zweitens  aber  können,  wie  Satz  XVI  zeigt^  die  48  Mo- 
lekeln gerade  eine  solche  Lage  haben,  dass  sie  wirklich  einen 
regelmassigen  Molekelhaufen  allgemeiner  Art  bilden.  Dies 
wird  natürlich  nur  unter  ganz  besonderen  Bedingungen  ein- 
treten. Es  ist  aber  yon  Interesse,  dass  Mallard  auch  mit 
derartigen  Gitterdurchdringungen  operirt,  bei  welchen  diese 
Bedingung  erfüllt  ist.  Sie  werden  zur  Erklärung  der  Circular- 
Polarisation  eingeführt.  Im  einzelnen  wird  der  bezügliche 
Molekelhaufen  so  construirt,  dass  man  p  identische  Gitter, 
welche  eine  Hauptaxe  (j9-zählig)  gemein  haben,  so  in  einander 
stellt,  dass  die  zur  Axe  senkrechten  Netzebenen  gleichen  Ab- 
stand Yon  einander  haben  und  zwei  analoge  durch  die  Haupt- 
axe  gehende  Ebenen  einen  Winkel  von  2jt:p  einschliessen.^) 
Es  leuchtet  aber  sofort  ein,  dass  der  so  erhaltene  Molekel- 
haufen aus  einem  Baustein  (i  durch  eine  der  Gruppen  @^  con- 
struirt  werden  kann,  welche  eine  jp- zählige  Schraubenaxe  be- 
sitzt.^) Die  Mallard'schen  Conceptionen  führen  daher  in  diesem 
besonderen  Fall  zu  derjenigen  Structurauffassung,  welche  sich 
auf  regelmässige  Molekelhaufen  allgemeinster  Art  gründet. 

Ob  man  vorzieht,  diesen  Molekelhaufen  als  aus  jp  in  ein- 
ander gestellten  Gittern  zu  betrachten,  ist  natürlich  un- 
wesentlich. Es  ist  aber  zu  bemerken,  dass,  wenn  man  von 
p  beliebig  in  einander  gestellten  Gittern  ausgeht,  der  Molekel- 
complex  im  allgemeinen  keine  Symmetrie  besitzen  wird;  um 
diejenige  Lage  der  Gitter  gegen  einander  zu  ermitteln^  welche 
einzig  und  allein  ein  symmetrisches  Verhalten  verbürgt,  bedarf  es 


1)  Diese  Auffasaang  stimmt  mit  der  Mallard'schen  überein;  vgl. 
die  Art,  wie  die  krystallinische  Strnctur  eines  homogenen  Gemenges 
verscbiedener  isomorpher  EOrper  dargestellt  wird,  Bd.  19,  S.  276.  Man 
vgl.  auch  die  Stracturangaben  über  Boracit  und  andere  Körper,  Bd.  10, 
S.  99  ß, 

2)  a.  a.  0.   Bd.  10,  S.  181,  und  Bd.  19,  S.  273. 

3)  Vgl.  auch  S.  596  ff.  dieser  Schrift. 
Schoenfliei,  Kryitallttractur.  40 


-     626    — 

gerade  der  allgemeinen  Theorie  resp.  der  regelmässigen  McHekd- 
häufen  allgemeiner  Art,  In  der  That  ist  auch  die  Art,  wie 
Mallard  seinen  aas  unsymmetrischen  Molekeln  gebildeten 
Structuren  Symmetrieeigenschaften  beilegt,  mit  derjenigen, 
welche  die  allgemeine  Theorie  fordert,  identisch,  so  dass  die 
Di£ferenz  auch  hier  nur  in  der  Bezeichnung  hervortritt.^)  Der 
Kunstgriff,  mittelst  dessen,  wie  Mallard  es  ausdrückt,  die 
Natur  die  Aufgabe  15st,  einen  Molekelhaufen  aufzubauen, 
dessen  Symmetrie  höher  ist,  als  die  der  Bausteine,  aus  denen 
er  sich  zusammensetzt,  ist  damit  aufgedeckt.^ 


1)  Vgl.  besonders  a.  a.  0.  Bd.  19,  S.  280.  8i  mes  id^es  snr  le  di- 
morphisme  sont  exactes,  la  mol^cule  de  la  prämiere  forme  (symätrique) 
peut  ^tre  regard^e  comme  formte  par  le  groupement,  autoor  de  certains 
axes  de  symätrie,  de  mol^cules  identiques  ä  Celles  de  la  seconde  forme 
(dissym^trique) ;  sowie  das  auf  S.  281  behandelte  Beispiel  des  Feldspaths. 

2)  a.  a.  0.  Bd.  10,  S.  161.  . . .  Tartifice  au  moyen  daquel  la  natare 
r^sont  le  probläme  de  oonstruire  . . .  un  ^difice  plus  sym^triqne  que  les 
mat^riaux  qui  le  compoaent. 


Vierzehntes  Capitel. 
Das  Gesetz  der  rationalen  Indiees. 

§  1.  Fonnnlirnng  der  Aufgabe.  Der  för  die  Krystallo- 
graphie  grundlegeDde  Satis  von  den  rationalen  Indiees  zerföllt 
inhaltlicli  in  zwei  ihrer  Natur  nach  verschiedene  Gesetze. 
Der  eine  Bestandtheil  kommt  darauf  hinaus,  dass  als  Sym- 
metrieaxeu  eines  Erystalles  nur  zwei-,  drei-,  vier-  und  sechs- 
zählige  Axen  auftreten,  er  bezieht  sich  demgemäss  auf  die  durch 
das  Symmetriegesetz  verbundenen  Flächen  eines  Erystalles; 
der  andere  zeigt  den  Zusammenhang,  welcher  beliebige  gleich- 
sam unabhängige  Erystallflächen  mit  einander  verbindet.  Der 
erste  Satz  muss  sich  daher  als  eine  unmittelbare  Folgerung 
der  Structurhypothese  erkennen  lassen^),  während  die  Ab- 
leitung des  zweiten  noch  eine  Angabe  darüber  erforderlich 
macht,  welche  im  Molekelhaufen  verlaufenden  Ebenenrich- 
tungen wir  als  mögliche  Erystallflächen  annehmen  wollen. 
Wir  beschäftigen  uns  zunächst  mit  dem  ersten  Theil,  d.  h. 
mit  der  Darlegung  des  Symmetriegesetzes. 

Es  handelt  sich  also  zunächst  darum,  den  Beweis  zu  er- 
bringen, dass  die  molekulare  Structurhypothese  nur  solche 
Molekelhaufen  zulässt,  deren  Axen  die  genannte  Eigenschaft 
haben.  Bemerken  wir  zuvor,  dass  wenn  sich  dieser  Beweis 
ohne  weitere  empirische  Annahmen  fuhren  lässt,  die  an  unsere 
Hypothese  anschliessende  Auffassung  damit  den  Werfh  einer 
wissenschaftlichen  Theorie  erlangt. 

Wir  legen  dem  Beweis  folgende  Erwägungen  zu  Grunde. 
Die  Molekelhaufen  von  unbegrenzter  Ausdehnung,  die  fcir  die 


1)  Vgl.  auch   die  bezüglichen  Ansffihrnngen  auf  S.  284,  360,  393. 

40* 


—     628     - 

Erystallstructur  Bedeutung  haben,  sind  dadurch  characterisirt, 
dass  je  zwei  Molekeln  einen  angebbaren  endlichen  Abstand 
haben.  Dieser  Abstand  ist  zwar  sehr  klein,  wir  brauchen 
aber  nur  die  Einheit  des  Längenmasses  den  molekularen  Ver- 
hältnissen entsprechend  zu  wählen,  so  erscheinen  die  bezüg- 
lichen Entfemungsgrössen  in  gewöhnlicher  endlicher  Form. 
Jede  Bewegung,  welche  einen  derartigen  Molekelhaufen  in  sich 
überfährt,  muss  daher  ebenfalls  von  endlicher  Grosse  sein. 
Nun  entsteht  (S.  586)  jeder  Molekelhaufen  dadurch,  dass  eine 
Molekel  (i  allen  Operationen  einer  gewissen  Raumgruppe  F 
unterworfen  wird.  Können  wir  daher  von  einer  Raumgruppe  F 
nachweisen,  dass  sich  unter  ihren  Bewegungen  solche  angeben 
lassen,  deren  Drehungswinkel  und  deren  Gleitungscomponente 
kleiner  gemacht  werden  können,  als  jede  noch  so  kleine 
Grösse,  so  kann  eine  solche  Gruppe  F  nicht  Molekelhaufen 
liefern,  welche  die  Substanz  eines  Krystalles  repräsentiren. 
Wir  wollen  die  genannten  Bewegungen  kurz  unendlich  kleine 
Bewegungen  nennen. 

Jede  Raumgruppe  F  von  Bewegungen,  —  augenscheinlich 
reicht  es  aus,  wenn  wir  uns  auf  sie  beschränken  —  ist  nach 
Gap.  VI,  Hauptsatz  II  einer  Punktgruppe  isomorph.  Dieser  Satz 
ist  a.  a.  0.  zwar  nur  für  die  krystallographisch  verwendbaren 
Gruppen  bewiesen  worden,  es  ist  aber  klar,  dass  er  ganz  all- 
gemeine Geltung  hat.  Nun  sind  alle  krystallographisch  ver- 
wendbaren Punktgrnppen  dadurch  ausgezeichnet,  dass  ihre 
Drehungswinkel  in  einem  rationalen  Verhältnis  zu  2%  stehen. 
Dies  wird  daher  das  erste  sein  müssen,  was  von  denjenigen 
Raumgruppen  nachzuweisen  ist,  aus  denen  sich  regelmässige 
Molekelhaufen  der  von  uns  betrachteten  Art  ableiten  lassen. 
Mit  andern  Worten,  wir  wollen  untersuchen,  ob  einer  Raum- 
gruppe, welche  mindestens  eine  Bewegung  von  irrationalem 
Winkel  enthält,  nothwendig  auch  unendlich  kleine  Bewegungen 
angehören. 

Zu  diesem  Zweck  schicken  wir  zunächst  einige  Hilfssätze 
voraus. 

§  2.  Beweis  einiger  Hilfssätze.  1.  Es  seien  (ygl.  Fig.  4, 
S.  23)  a  und  h  zwei  Axen,   die  sich  im  Punkte  0  schneiden, 


—    629     - 

und  deren  positive  Richtungen  den  Winkel  %  —  q>  mit  ein- 
ander bilden,  um  sie  sollen  nach  einander  Rotationen  von 
der  Grosse  £  ausgeführt  werden.  Dieselben  sind;  wie  S.  24 
bewiesen  wurde^  einer  einzigen  Rotation  von  der  Grösse  £, 
um  eine  Axe  c  äquiyalent,  die  mit  a  und  h  ein  gleichschenk- 
liges Dreikant  bestimmt^  so  dass 

und 

ist  Beschreiben  wir  um  0  mit  dem  Radius  1  eine  Eugel, 
so  bilden  die  Punkte  A,  B^  C,  in  denen  sie  von  a,  b,  c  ge- 
troffen wird,  ein  sphärisches  Dreieck.  In  demselben  fallen  wir 
von  C  das  Lot  CD  auf  AB^  so  ergiebt  sich  aus  dem  recht- 
winkligen Dreieck  ACD  die  Relation 

cos  ^(ar — ^6i)  =  cos  ^(ä  — 9?)  sin  ^s. 

Wir  nehmen  nun  aU;  dass  9  und  8,  also  auch  £|  kleine  Werthe 
haben^  und  wollen  in  der  vorstehenden  Gleichung  die  trigono- 
metrischen Grössen  in  Potenzreihen  entwickeln.     Es  ist 

cos  i(Ä— ^)=.sin  ^ 

=  i-(5-)'  +  (5)^.. 

cos  i  (JT  —  g))  =  sin  y 


2  ^2' 


«'"-=:-(i)'  +  (:)' 


folglich  geht  die  obige  Gleichung  in 

^I  (1   +  *  (^lO)  =   ^y  (1   +  *1  (<P^))    (1   +  *2  (^")) 

Über,  wo  ^(«i'),  5ßi(9^),  ^«C«^)  die  bezüglichen  nach  ganzen 
Potenzen  fortschreitenden  Potenzreihen  bedeuten.  Wir  ziehen 
hieraus  die  Consequenz,  dass  bis  auf  Glieder  höherer  Ordnung 
81  und  eg)  einander  gleich  sind,  so  dass  in  der  Gleichung 

1)  ^1  =  £9  +  .  .  . 

nur  Grössen  höherer  Ordnung  weggelassen  sind. 


—     630    — 


'  2.  Es  sei  a  die  Axe  einer  Schraubenbewegung,  deren 
Drehungswinkel  £,  und  deren  Gleitungscomponente  x  ist.  Die 
Lagen  einer  beliebigen  Geraden  yor  und  nach  AusftLhrung 
der  Schraubenbewegung  seien  a^  und  a^\  ferner  sei  tp  der 
Winkel,  den  a^,  also  auch  a^y  mit  a  bildet.  Denken  wir  uns 
nun  durch  irgend  einen  Punkt  0  des  Raumes  die  Geraden  a 
parallel  zu  a  und  a/  parallel  zu  a^  construirt,  und  nennen  a^ 
diejenige  Gerade,  in  welche  a^  in  Folge  der  Drehung  %{b)  um 
die  Axe  a  gelaugt,  so  ist  a^  parallel  zu  a^j  daher  bilden  a^ 
und  ^2  denselben  Winkel  mit  einander,  wie  a^  und  a^ ,  Be- 
zeichnen wir  diesen  Winkel  durch  cd,  und  beachten,  dass  der 
Winkel,  welchen  a^  resp.  a^  mit  a'  bilden,  tp  ist,  so  folgt 
aus  dem  von  a\  a/,  a^  bestimmten  sphärischen  Dreieck ') 
die  Gleichung 
2)  sin  ^  CD  =  sin  4f£  •  sin  y. 

Anstatt  die  Schraubewegung  auszuführen,  können  wir 
erst  die  Rotation  um  a  und  dann  die  Translation  r  eintreten 
lassen.     Durch    die   erstere   gelange  (Fig.  73)  die   Gerade  a^ 

nach  a^\  durch  die  letztere  a/' 
nach  a^.  Nun  sei  A^  ein  be- 
liebiger Punkt  von  a^.  Durch 
ihn  legen  wir  eine  Ebene  ij 
senkrecht  zu  a,  welche  a,  a/',  a^ 
in  JS,  -4/,  A^  schneiden  möge, 
so  ist  -4/  derjenige  Punkt,  in 
welchen  A^  durch  Drehung  um 
a  übergeht.  Ziehen  wir  nun 
durch  A^'  eine  Gerade,  welche 
nach  Länge  und  Richtung  gleich 
X  ist,  so  trifft  dieselbe  augen- 
scheinlich die  Gerade  a^  in 
demjenigen  Punkt  A^^  welcher  durch  die  Schraubenbewegung 
aus  A^  entsteht.  Diese  Gerade  bildet  daher  mit  a^  den 
Winkel  tp. 


Big.  73. 


1)  Vgl.  Fig.  15  (S.  68),   wenn  die  Geraden  c^  a^  h  dieser  Figur 
durch  a\  a^\  a^'  ersetzt  werden. 


—    631    — 

Bezeichnen  wir  nun  BA^  durch  ä  und  A^A^  durch  d^, 
so  ergiebt  sich 

*i  <  A^Ai  +  Aj^A^\ 
Es  ist  aber 

A^Ai    =  2d  sin   ,, 

also  folgt: 

3)  #1  <  2d  sin  -^  +  Ttg©. 

§  3.  Auftreten  unendlich  kleiner  Bewegungen.  Nun- 
mehr wenden  wir  uns  der  oben  angedeuteten  Untersuchung  zu. 

Wir  nehmen  zu  diesem  Zweck  an,  dass  in  einer  Bewe- 
gungsgruppe r  irgend  zwei  Bewegungen 

2l(a,  ta)  und  83  (ft  U) 
enthalten  sind,  von  denen  mindestens  eine,  nämlich  Sl,  einen 
irrationalen  Drehungswinkel  besitzt.  Der  Gruppp  F  gehört, 
wie  in  Gap.  VI,  §  1  bewiesen,  auch  die  Bewegung  ^^  an, 
welche  aus  Sl  durch  Transformation  mit  f8  entsteht,  deren 
Axe  also  diejenige  Gerade  a^  ist,  welche  aus  a  bei  der  um  b 
stattfindenden  Bewegung  hervorgeht. 

Die  Axe  a^  wird  im  Allgemeinen  von  der  Axe  a  ver- 
schieden sein,  den  einen  einzigen  Fall  ausgenommen,  dass  a 
und  b  sich  rechtwinklig  schneiden,  und  S3  eine  Umklappung 
85  (jr)  ist.  In  diesem  Fall  ergeugen  %  und  95  eine  aus  lauter 
endlichen  Bewegungen  besiehende  Gruppe.  Aus  dem  Satz  XV 
von  Gap.  VI  folgt  nämlich,  dass  %  und  85  unendlich  viele 
zweizählige  Drehungsaxen  bj\^b^,..  bedingen,  die  sämmtlich 
31  schneiden.  Der  Winkel  je  zweier  aufeinander  folgenden 
ist  die  Hälfte  von  a,  während  sie  um  die  Hälfte  von  ta  von 
einander  entfernt  sind.  Aus  demselben  Satz  folgt  auch,  dass 
die  Gesammtheit  der  vorstehenden  Bewegungen  den  Gruppen- 
character  hat,  womit  die  Behauptung  erwiesen  ist. 

Die  Axenvertheilung   dieser  Gruppe  stimmt  überein  mit 
derjenigen,  welche  wir  (S.  376)  für  eine  Hauptaxe  einer  Gruppe . 
2)„  und  alle  sie  schneidenden  zweizähligen  Nebenaxen  kennen 
gelernt    haben.    Der   Molekelcomplex,   welcher   sich   mittelst 
dieser   Gruppe  aus   einer    Molekel   fi   erzeugen   lässt,    bildet 


-     632    — 

daher^  wie  S.  564  ausgeführt  worden ;  zwei  auf  demselben 
Rotationscylinder  verlaufende  Schraubenlinien.  Nun  müssen 
aber  die  krystallographisch  verwendbaren  Molekelhaufen  nach 
allen  Dimensionen  unbegrenzt  ausgedehnt  sein;  in  Folge 
dessen  kommt  die  bezügliche  Gruppe  für  die  Structurtheorie 
nicht  in  Frage. 

Wenn  dagegen  S3  keine  blosse  Umklappung  ist,  so  fallt 
die  Axe  a^  nicht  mit  a  zusammen.  Wenn  wir  nun  die  Be- 
wegung %  um  a  hinreichend  oft  wiederholen,  so  können  wir, 
da  das  Verhältniss  a:2?r  irrational  ist,  stets  bewirken,  dass 
der  Drehungswinkel  der  resultirenden  Bewegung  beliebig  klein 
wird.  Dabei  wird  sich  allerdings  die  Translation  in  dem- 
selben Sinne  vergrossern,  aber  wir  können  aus  solchen  Be- 
wegungen andere  ableiten,  bei  denen  auch  die  Translation 
beliebig  klein  wird. 

Wir  wollen  annehmen,  die  endliche  Zahl  n  sei  so  be- 
schaffen, dass  sich  na  von  einem  Vielfachen  von  2ic  beliebig 
wenig  unterscheidet;  wir  setzen 

na  «=  2mÄ  -}-  £, 

so  ist  e  eine  bestimmte  endliche,  aber  kleine  Grösse.  Führen 
wir  nun  die  Bewegung  %  nmal  aus,  so  wird  der  Drehungs- 
winkel der  resultirenden  Bewegung  gleich  b,  während  die  zu- 
gehörige Translation  nta=^t  jedenfalls  einen  endlichen  Werth 
hat.     Wir  bezeichnen  diese  Bewegung  durch 

Sl'(*,r). 
In  derselben  Weise  leiten  wir  aus  9|  die  Bewegung 

um  die  Axe  a^  ab. 

Jetzt  werde  8/  mit  %'  transformirt.  Ist  a,  diejenige 
Axe,  in  welche  a^  durch  die  Bewegung  um  a  übergeht,  so 
erhalten  wir  dadurch  eine  Bewegung 

um  die  Axe  a^.  Durch  einen  beliebigen  Punkt  Ä^  von  a^ 
legen  wir  nun,  wie  oben,  die  Ebene  17  senkrecht  zu  a;  sie 
schneide  a  in  JS  und   o,,   in  Af^'.     Wir   bezeichnen   nun   den 


-     633     - 

Winkel  (a^aj)  durch  g)^  und  den  Winkel  {aai)'^(aa^)  durch  gj, 
und  wenden  im  übrigen  dieselben  Bezeichnungen  an,  wie  oben 
S.  630;  so  folgt  aus  den  Gleichungen  2)  und  3) 

sin  ^9)|  a»  sin  i^£  sin  (p 

d^  <  2d  sin    -  +  rig(p. 

Nun  ist  aber 

sin  ^€  <  ^e, 

wenn  wie  gewöhnlich  £  in  Theilen  von  2«  gemessen   wird, 

also  folgt  schliesslich 

A\  sin  ^9>,  <  -J^f  sin  q> 

Si  <  bS  +  tig<p. 

Wir  transformiren  jetzt  Ä,  mit  8/  und  erhalten  so  eine 
Bewegung  ^  um  die  Axe  a^.  Ist  q>^  der  von  a^  und  a^  ge- 
bildete Winkel,  so  folgt,  wie  eben,  . 

sin  ^9>2  <  ^£  sin  tp^. 

Nun  legen  wir  durch  A^  eine  Ebene  tj^  senkrecht  zu  a^, 
nennen  ihre  Schnittpunkte  mit  a^  und  a,  resp.  B^  und  A^\ 
und  bezeichnen  A^'A^'  durch  S^,  Da  die  Strecke  B^A^'  auf 
a^  senkrecht  steht,  so  ist  sie  sicher  kleiner  als  d^,  also  ist 
gemäss  3)  um  so  mehr 

*2  <  «*i  +  ^  tg  9>i- 
In  demselben  Weise   fahren   wir   fori     Für  je   zwei  Be- 
wegungen Sa  und  Sjb  +  i,   zu  denen  wir  auf  diese  Weise  ge- 
langen, bestehen  die  Relationen 

sin  ^g)k  <  ^e  sin  y*_i 

dt  <  €dk-i  +  ttg(pi^i, 

wo  9>jb  — 1;  (fk,  ^i  — 1;  ^k  analoge  Bedeutung  haben,  wie  bisher. 
Diese  Relationen  zeigen,  dass  wir  q)t  und  dk  beliebig  klein 
machen  können. 

§  4.  Um  hiervon  eine  präcise  Vorstellung  zu  gewinnen, 
wollen  wir  das  Mass  der  Kleinheit  dieser  Grössen  genauer 
bestimmen,  und  zwar  so,  dass  wir  sie  sämmtlich  mit  s  oder 
mit  Potenzen  von  s  vergleichen. 


-     634     - 

Aus  der  Definition  von  £  folgt,  dass  n,  also  auch  t  eine 
Grosse  ist,  die  von  derselben  Ordnung  ist,  wie  s'^K  Die 
Grosse  <p  ist  eine  endliche  Grosse;  daher  ist  ip^  von  der 
Ordnung  e,  <p^  bereits  von  der  Ordnung  e',  also  allgemein  q)k 
von  der  Ordnung  e*. 

Die  Ausgangsgrösse  d  ist  wiederum  endlich,  dagegen 
wird  *i  eine  Grösse  von  der  Ordnung  b-K^)  Für  d^  folgt 
aber  bereits  wieder,  dass  dg  von  der  Ordnung  a^  ist,  dg  ist 
demgemäss  von  der  Ordnung  e,  mithin  ist  allgemein  djt  von 
der  Ordnung  «*  —  *. 

Wir  gelangen  daher,  indem  wir  die  Bewegungen  in  der 
angegebenen  Weise  transformiren,  zu  einer  unbegrenzten  Reihe 
von  Axen,  deren  Drehungswinkel  und  Translationscomponente 
e  resp.  r  ist,  die  sich  überdies  in  ihrer  Richtung  und  Ent- 
fernung immer  mehr  annähern.  Es  liegt  daher  nahe  zu 
schliessen,  dass  sie  auch  sämmtlich  in  einem  endlichen  Ab- 
stand von  der  Geraden  a  selbst  bleiben.  Dieser  Schluss  ist 
jedoch  ohne  Weiteres  nicht  gestattet,  vielmehr  ist  erst  zu 
beweisen,  dass  die  Strecke  BÄ'k  4. 1  bei  unbegrenzt  wachsendem 
Je  immer  endlich  bleibt.    Nun  ist 

BA]t  +  i  <  BA,  +  A,Ä,'  +  A,'A,'  +  ...  +  ^Ui+i, 

das  heisst 

JS^i  +  i  <  d  +  d^  +  d,  +  . . .  +  d,  +  i. 

Nun  nähert  sich  aber,  wie  die  obigen  Betrachtungen  zeigen, 
der  Quotient  zweier  aufeinander  folgenden  Grössen  d^  und 
d^-f  1  dem  Werthe  «,  folglich  ist  die  rechts  stehende  Reihe, 
in's  Unendliche  fortgesetzt,  convergent,  und  zwar  convergirt 
sie  überdies  sehr  stark.  Der  Punkt  Ak-\-i  bleibt  daher  für 
jedes  beliebige  h  in  endlichem  Abstand  von  B,  re^.  von  der  Axe  a. 

§  5.  Auf  Grund  dieses  Resultates  lässt  sich  nunmehr 
die  Existenz  einer  unendlich  kleinen  Bewegung  in  der  Gruppe 
r  leicht  nachweisen.  Eine  solche  Bewegung  wird  durch  das 
Product 


1)  Hier  wird  vorauegesetzt,  dass  tp  kein  rechter  Winkel  ist.  Sollte 
dies  der  Fall  sein,  so  würde  man  statt  der  Reihe  der  Geraden  a^a^  «Og . . . 
die  Reihe  a^^  ck^  .  .  ,  betrachten. 


-     635     - 

dargestellt  Um  dies  zu  zeigen^  resp.  um  die  Bewegung  91  zu 
bestimmen;  verlegen  wir  die  Axe  at  parallel  mit  sich  selbst 
an  den  Punkt  -4i+i,  d.  h.  wir  ersetzen  gemäss  Cap.  V,  §  3 
die  Bewegung  ^^  durch  die  analoge  Bewegung  um  die  durch 
-4*4-1  gehende  Axe  ai  und  durch  eine  Translation  tr^,  deren 
Werth  gemäss  S.  331 

Ti  =  2*jfe.sin  Y 

ist  Bezeichnen  wir  nun  den  Drehungswinkel  von  81  durch  q, 
so  folgt  aus  Gl/1),  dass 

Q  =  eq>k  +  ... 
ist.    Es  ist  daher  nur  noch  die  Translationscomponente  t^  der 
Bewegung  91  zu  bestimmen.     Sie  setzt  sich  aus 

T,    —  t     und    Ti 
zusammen.     Nun  sind  die  Richtungen  t  und  — t  zn  ak  und 
ak-\.i  parallel,  sie  bilden  daher  mit  einander  den  Winkel  g)k 
und  es  ergiebt  sich  als  Resultante  von  t  und  —  t  die  Trans- 
lation 

Tj  «=  2t  sm  — 

=  tffk  +  . . . 
Die   resultirende   Translation   t   ist    daher    die    geometrische 
Summe  von  r^  und  r^;  d.  h.  es  ist 

t  =  edk  +  t(pk  +  ... 
Diese  haben  wir  nun  parallel  und  senkrecht  zur  Axe  r  der 
Bewegung  91  in  die  Componenten  (q  und  tn  zu  zerlegen;  jede 
dieser  Componenten  ist  höchstens  gleich  t  Die  Componente  f^ 
bestimmt  die  Gleitungscomponente  der  Bewegung  91,  die  Com- 
ponente tn  dagegen  bestimmt  den  Abstand  ihrer  Axe  r  vom 
Punkt  Äk-^i.    Bezeichnen  wir  den  Abstand  durch  dr,  so  folgt 

tn  =  2dr  sin  Y  ==  *r  .  f^ik  +  . .  ., 
so  dass  der  Maximalwerth  von  Sr  durch 

«9*  +  .  • . 


—    636    — 

dargestellt  wird.  Nun  haben  wir  aber  oben  gesehen,  dass  ** 
eine  kleine  Grosse  der  Ordnung  ä  —  2,  npk  eine  kleine  Grosse 
von  der  Ordnung  ä—  1  und  £<pk  eine  kleine  Grösse  von  der 
Ordnung  ife  +  1  ist,  folglich  ist  der  vorstehende  Quotient  eine 
Grösse  von  der  Ordnung  f-^.  Er  hat  daher  einen  von  k  un- 
abhängigen Werth.  Die  Axe  r  bleibt  demgemäss  fiir  jedes  k 
in  einem  angebbaren  Abstand  vom  Punkt  Ak.  Hiermit  ist  der 
Satz  bewiesen,  also  folgt: 

Lehrsatz  I.  Sind  91  und  93  0wei  Bewegungen  ^  von  denen 
die  eine^  21,  einen  irrationalen  Drehungsunnkel  hesitdj  so  giAt 
es  in  der  durch  %  und  S5  bestimmten  Gruppe  stets  unend- 
lich Meine  Bewegungen  y  den  einen  Fall  ausgenommen,  dass  S3 
eine  Umklappung  ist,  deren  Axe  h  die  Axe  von  a  senkrecht 
schneidet, 

§  6.  Nachweis  der  Gruppen  endlicher  Translationen. 
Aus  dem  vorstehenden  Satz  folgt,  dass  eine  Raumgruppe  F 
nur  dann  krjstallographisch  brauchbare  Molekelhaufen  liefern 
kann,  wenn  alle  ihre  Drehungswinkel  rational  sind.  Die  ihr 
isomorphe  Punktgruppe  ist  daher  eine  derjenigen,  die  wir  in 
Cap.  IV  des  ersten  Abschnittes  abgeleitet  haben.  Die  Zahl 
der  Drehungsaxen  und  Drehungswinkel  einer  solchen  Gruppe  G 
ist  stets  endlich;  es  ist  daher  auch  die  Zahl  der  Richtungen, 
nach  denen  die  Axen  der  zu  G  isomorphen  Raumgruppe  F 
verlaufen,  eine  endliche.  Andrerseits  existiren,  da  in  der 
Nähe  jeder  Molekel  fi  analoge  Axen  liegen,  unendlich  viele 
Axen;  es  treten  daher  parallele  Axenrichtungen  mit  gleichem 
Drehungswinkel  auf.  Nun  giebt  es  in  jeder  Raumgruppe,  die 
einem  unserer  Molekelhaufen  zugehört,  neben  der  Deck- 
bewegung %  auch  die  entgegengesetzte  Bewegung;  gemäss 
Cap.  V,  §  3  bedingen  demgemäss  die  parallelen  Axen  eine 
Translation  von  endlicher  Grösse.  Hieraus  lässt  sich  nun 
schliessen,  dass  jede  Raumgruppe  von  krystallographischer 
Bedeutung  eine  endliche  Translationsgruppe  enthält;  also  folgt: 

Lehrsatz  ü.  Jeder  regelmässige  Molekelhaufen  geht  durch 
Translationen  in  sich  über,  die  eine  endliche  Gruppe  von  Trans- 
lationen bilden. 


—    637     - 

Die  Translationsgruppen  haben  wir  in  Gap.  III  in  drei 
Gattungen  getheilt;  in  lineare,  ebene  und  räumliche  Trans- 
lationsgruppen. Ist  nun  Q  irgend  eine  Punld^ruppe  und  F 
eine  ihr  isomorphe  Raumgruppe,  welche  eine  räumliche  Trans- 
lationsgruppe Ft  besitzt;  so  ergeben  sich  die  zu  O  isomorphen 
Baumgruppen  mit  ebener  oder  linearer  Translationsgruppe^ 
wenn  von  den  Translationen  eines  primitiven  Tripels  von  Ft 
eine  oder  zwei  gleich  Null  gesetzt  werden.  Alle  diese  Gruppen 
sind  daher  in  den  in  Gap.  YII  bis  XII  aufgestellten  Raum- 
gruppen implicite  enthalten.  Von  den  Gruppen  mit  linearer 
resp.  ebener  Translationsgruppe  ist  aber  augenscheinlich  das- 
selbe zu  sagen ;  wie  von  der  auf  S.  631  betrachteten  Gruppe, 
sie  liefern  keine  Molekelbaufen,  die  sich  nach  aUen  Richtungen 
in's  Unbegrenzte  erstrecken.  Ihnen  kommt  daher  eine  kry- 
stallographische  Bedeutung  nicht  zu.  Molekelhaufen  von  kry- 
stallographischer  Verwendbarkeit  können  demnach  einzig  und 
allein  aus  den  230  in  dieser  Schrift  aufgestellten  Raumgruppen 
gewonnen  werden;  d.  h. 

Lehrsatz  HL  Es  giebt  Iceine  andern  unbegrenzten  regel- 
mässigen Molekelhaufen  von  hrystallographischer  Bedeutung,  als 
diejenigen,  deren  Gruppe  F  einer  der  32  IcrysUMographischen 
Punlctgruppen  isomorph  ist. 

Hierdurch  ist  der  in  Gap.  VI;  §  1  zu  Grunde  gelegte  Satz 
bewiesen.  Das  Symmetriegesetz  ist  damit  als  eine  nothwen- 
dige  Folgerung  der  Ausgangshypothese  erkannt,  und  die  Kette 
unserer  Entwickelungen,  soweit  sie  bestimmt  sind,  den  Sym- 
metriecharacter  der  Erystalle  unmittelbar  aus  der  Structur- 
hypothese  abzuleiten^  ist  mithin  geschlossen. 

§  7.  Das  Gesetz  der  rationalen  Indioes.  Es  erübrigt 
nochy  einige  weitere  Bemerkungen  zu  machen,  welche  das 
Gesetz  der  rationalen  Indices  in  seiner  allgemeinsten  Form 
betreffen.  Dasselbe  lässt  sieb  bekanntlich  folgendermassen  aus- 
sprechen: 

Wählt  man  aus  dem  Fläehencomplex  eines  KrystaUes  irgend 
drei  Flächen  m  Coordinatenehenen  und  sind  e  und  s^  irgend  ewei 
andere  dieser  Flächen,  welche  auf  den  Coordinatenaxen  die  von 


—    638     — 

Null  verschiedenen  Abschnitte  a,  b,  c^  aj,  b^,  c^  bestimmen,  so 
sind  die  Verhältnisse  aia^,  bib^,  c:  c^  stets  rationale  Zahlen.^) 
Um  dieses  Gesetz  aus  der  Theorie  abzuleiten,  bedarf  es, 
wie  wir  in  §  1  erwähnten,  noch  einer  Hypothese  darüber, 
welche  innerhalb  der  regulären  Molekelhaufen  verlaufenden 
Ebenen  die  Richtung  von  Grenzflächen  haben  sollen.  Hierüber 
ist,  wie  bereits  S.  615  erwähnt  wurde,  eine  Hypothese  zuerst 
von  Bravais  ausgesprochen  worden.  Seine  Annahme,  welche 
augenscheinlich  die  am  nächsten  liegende  ist^  lautet,  dass  jede 
Netzebene  des  dem  Molekelhaufen  mgehörigen  Raumgitters  die 
Richtung  einer  möglichen  Krystallfläche  ddrstellen  kann.  Es  ist 
evident,  dass  das  Gesetz  der  rationalen  Indices  aus  dieser 
Hypothese  unmittelbar  als  Folgerung  hervorgeht.  Denken  wir 
uns  nämlich  die  drei  Translationen  eines  primitiven  Tripels 
als  Coordinatenaxen  angenommen,  so  fallen  die  Coordinaten 
aller  Netzpunkte  ganzzahlig  aus,  also  auch  die  Coefficienten 
der  Gleichungen  aller  Ebenen,  welche  durch  irgend  drei  dieser 
Punkte  gehen.  Das  fragliche  Gesetz  ist  daher  in  seinem  vollen 
Umfang  bewiesen;  es  erscheint,  wie  wir  S.  247  behaupteten,  in 
der  That  als  die  an  der  Spitze  der  Theorie  stehende  Folgerung 
von  principieller  Bedeutung. 


1)  In  Wirklichkeit  liegt  die  Sache  übrigens  so,  dass  diese  Ver- 
hältnisse einfache,  in  kleinen  Zahlen  angebbare  Werthe  haben. 


Berichtigungen. 

S.  16,  Z.  3  V.  u.  lies  „Buches"  statt  „Ahschnittes'^ 

S.  24,  Z.  4  V.  u.  Ues  „«  — -Jy"  statt  „i(«  — y)". 

S.  43,  Z.  3  V.  u.  lies  „gerenstellig"  statt  „gegenstellig**. 

S.  46^  Z.  1  y.  n.  lies  ^^ßaches**  statt  „Abschnittes**. 

S.  149,  Z.  23  ist  einzuschalten:  üebrigens  treten  die  Analogiebeziehungen 

wieder  schärfer  heryor,  wenn  man  die  rhomboedrische  Abtheiinng 

als  besonderes  Erystallsjstem  aufTasst;  7g1.  die  Tabelle  auf  S.  665. 
S.  179,  Z.  7  y.  u.  lies  „kreuzen  sich  aber  im  Allgemeinen  nicht**  statt 

„und  kreuzen  sich**. 
S.  220,  Z.  19  ff.  ist_der  Index  4  durch  6  zu  ersetzen. 
S.  224,  Z.  1  lies  „«y«**  statt  „a;t/^". 
S.  313,  Z.  16  ist  yor  „d.  h."  einzuschalten:  „der  an  einer  einfachen  Ery- 

stallform  auftretenden  Flächen*\ 
S.  408,  Z.  6  y.  u.  lies  „IX**  statt  „XI**. 
S.  441,  Z.  20  lies  „hemiedrischen**  statt  „hemimorphen*^ 
S.  442,  Z.  5  y.  u.  lies  „hemiedrischen**  statt  „hemimorphen**. 
S.  501,  Z.  8  ist  der  Bruch  \  zu  tilgen. 


V 


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